Kitabı oku: «Seewölfe Paket 14», sayfa 13
Alain Duval, sein Steuermann, erklärte ihm gerade, daß Monsieur Carberry die Befehle schon eine Minute vor ihm gegeben hätte.
Diesmal verging Pierre Delamotte das Grinsen, als sein Schiffszimmermann ihm mitteilte, daß das verfluchte Meerungeheuer das Ruderblatt zersplittert hätte, so daß es nicht mehr zu gebrauchen sei.
Nachdem Ferris Tucker dafür gesorgt hatte, daß ein Treibanker ausgebracht worden war, besah er sich zusammen mit dem Schiffszimmermann der „Mercure“ den Schaden. Auf dem Achterdeck zurück, meinte er, daß er etwa einen halben Tag für ein neues Ruderblatt gebrauchen würde.
Pierre Delamotte sagte nichts, aber er nickte, als Sir John, der auf Carberrys Schulter hockte, aus tiefster Seele „Merde!“ krächzte.
Ferris begann umgehend mit der Arbeit. Für die anderen begann ein zermürbendes Warten, und Stenmark hatte wieder Ärger mit dem Giftzwerg Marchais, der einfach seine Neugier nicht bezähmen konnte. Ihm hatten es die breiten Ledergürtel der Engländer angetan. Er war überzeugt davon, daß sie Gold oder etwas Ahnliches darin verbargen. Wenn er gewußt hätte, wie nah er mit seinen Vermutungen der Wirklichkeit war, wäre er vor Gier wahrscheinlich verrückt geworden.
Gegen Nachmittag sichtete Bill zwei Mastspitzen. Pierre Delamotte ließ das Schiff vorsichthalber gefechtsbereit machen, obwohl sie mit beschädigtem Ruder gegen einen entschlossenen Feind kaum eine Chance gehabt hätten.
Zu ihrem Glück erwies sich das Schiff als eine griechische Handelsgaleere, die offensichtlich Kurs auf Sizilien steuerte.
Der Kapitän der Galeere ließ anfragen, ob die „Mercure“ Hilfe brauche, aber Pierre Delamotte winkte freundlich ab. Man könne den Schaden selber beheben.
Ferris und der französische Schiffszimmermann arbeiteten wie die Berserker, und tatsächlich hatten sie es nach zwölf Stunden geschafft.
Es war drei Uhr morgens, und am östlichen Horizont war vom beginnenden Tag noch nicht einmal ein schwacher Streifen zu sehen, als Pierre Delamotte Segel setzen ließ und die. „Mercure“ wieder Fahrt aufnehmen konnte.
Sie segelten weiter Kurs Westen zum Süden, und Pierre Delamotte hoffte, daß ihnen die verlorenen zwölf Stunden nicht noch zum Verhängnis werden würden.
11.
Manuel Quintana hatte die Nacht überlebt. Es war eine einzige, von wilden Alpträumen geschüttelte Qual gewesen, doch als er nach drei Stunden Iangem, tiefem Schlaf gegen Morgen von Fernandez an der Schulter gerüttelt wurde, war das Fieber aus seinen Augen verschwunden.
Jesus Valencia hatte befohlen, die Riemen wieder auszulegen, denn der Wind hatte nachgelassen und auf Nordwest gedreht. Jetzt schritt er den Laufgang entlang und ließ seine Blicke über die Rudersklaven gleiten. Er betrachtete Antonio Sotero, der die Auseinandersetzung mit den Aufsehern einigermaßen glimpflich überstanden hatte, und ging dann zu Manuel Quintana hinüber.
Er sah, daß der Mann total erschöpft war, obwohl er kein Fieber mehr zu haben schien.
Auf einen Wink hin traten zwei Aufseher näher.
„Schließen Sie Quintana los!“ befahl Jesus Valencia.
Die Aufseher starrten ihn an und rührten sich nicht. Einer von ihnen sagte: „Der Capitán wird uns auspeitschen lassen, wenn wir Ihren Befehl ausführen, Señor Valencia!“
„Und ich werde euch wegen Insubordination hängen lassen, wenn ihr meinen Befehl nicht ausführt“, erwiderte Jesus Valencia kalt. „Ich habe das Kommando, wenn der Capitán nicht an Deck ist, verstanden?“
Sie senkten die Köpfe, und einer von ihnen bückte sich und schloß die Eisen an Manuel Quintanas Knöcheln auf.
Jesus Valencia wurde es fast übel, als er die schwärenden Wunden sah, die von den Eisenbändern verursacht worden waren.
Quintana war nicht in der Lage, sich ohne Hilfe zu erheben. Der Erste Offizier winkte Teniente Ribera von der vorderen Plattform herbei, und der befahl zweien seiner Soldaten, den Stückmeister nach vorn unter die Plattform zu schaffen. Einer der Soldaten war als Feldscher ausgebildet. Er kümmerte sich um die fürchterlichen Verletzungen Quintanas auf dem Rücken und an den Füßen.
Jesus Valencia ließ noch weitere sieben Mann losschließen, die krank aussahen und sich kaum mehr auf den Beinen halten konnten. Er bat den Feldscher der Seesoldaten, sich auch um sie zu kümmern.
Die beiden letzten Riemen vor der vorderen Plattform ließ er nicht auslegen. Auf seinen Befehl hin wurde die Trommel geschlagen, und im Takt schwangen die Riemen vor, tauchten ins Wasser und schoben die „San Antonio“ vorwärts.
Jesus Valencia zog sich zum Tabernakel zurück, nachdem er die Segel hatte voll setzen lassen. Seine Lippen waren aufeinandergepreßt. Er wußte, daß er Schwierigkeiten kriegen würde, wenn Juan de Faleiro das Deck betrat und feststellte, daß er Manuel Quintana hatte losschließen lassen.
Er überlegte, welche Position sie inzwischen erreicht hatten. Nach seinen Schätzungen mußten sie südwestlich der Insel Kreta stehen. Er begann sich zu wundern, warum sie die Galeone noch nicht eingeholt hatten, und im stillen hoffte er, daß es dem französischen Schiff mit den Engländern an Bord gelungen war, sich im Sturm abzusetzen.
Juan de Faleiro hockte beim Schein einer Öllampe in seiner Kammer und beugte sich über die Seekarte, die vor ihm auf dem Schreibtisch ausgebreitet war. Er hatte sich dieselbe Frage gestellt wie Jesus Valencia. Immer wieder rechnete er seine Etmale durch und die, die die Galeone geschafft haben konnte.
Es war unmöglich! Wenn die Galeone Kurs West gesegelt war, mußte er sie längst eingeholt haben!
Juan de Faleiros Kopf ruckte hoch. Ein Gedanke schoß durch sein Hirn. Er klammerte sich an einem kleinen Wort fest, das er selbst eben ausgesprochen hatte: wenn!
Hatte der Franzose vielleicht gar nicht Kurs West befohlen, sondern war nach Norden ausgewichen, indem er auf den Sturm zugehalten hatte und gegen ihn gekreuzt war?
Er beugte sich wieder über die Karte und begann, fieberhaft zu rechnen. Immer wieder zeichnete er mögliche Kurse der Galeone ein und verglich sie mit seinem eigenen. Dann rechnete er die günstigsten Etmale aus.
Immer wieder gelangte er zu dem gleichen Ergebnis.
Er hatte die Galeone überholt! Sie mußte irgendwo hinter ihm sein!
Erregung packte ihn. Abrupt erhob er sich und ging in seiner kleinen Kammer hin und her. Es hatte keinen Sinn mehr, Kurs West weiter zu halten, aber er konnte auch nicht auf gut Glück nach Norden ablaufen und hoffen, daß er den Kurs der Galeone kreuzte.
Er entschloß sich, zu drehen und zumindest einen Tag lang den Osten abzufächern.
Er stülpte sich die Perücke über und kletterte den Aufgang zum Deck hinauf. Er sah den Rücken seines Ersten Offiziers, der auf dem Tabernakel stand, und die Galle stieg ihm hoch. Doch er beherrschte sich. Er wußte, daß er es nicht zu weit treiben durfte. Seit jemand seinen Zuchtmeister ermordet hatte, war seine Stellung nicht mehr so stark wie vorher. Er hatte gestern abend deutlich die Stimmung gegen sich bemerkt. Er würde sich Jesus Valencia vornehmen, wenn sie zurück in Cadiz waren. Er hatte keineswegs vor, den Mann vor ein Kriegsgericht zu bringen. Das war eine viel zu komplizierte Prozedur. Da gab es andere Mittel. In Cadiz kannte er einen Mann, der ihm für ein paar Dukaten einen Kerl besorgte, der Probleme dieser Art innerhalb von Sekunden mit dem Messer aus der Welt schaffte.
Jesus Valencia trat zur Seite, als er den Kapitän bemerkte.
„Wir ändern den Kurs, Señor Valencia“, sagte de Faleiro. „Lassen Sie lange Schläge um den Generalkurs Ost fahren.“
Jesus Valencia nickte und gab die entsprechenden Befehle. Er ahnte, daß der Kapitän die gleichen Gedanken wie er gehabt hatte und vermutete, daß sie der Galeone weit voraus waren.
Dann sah Juan de Faleiro, daß der eine Stückmeister, der ihn zu Boden geschlagen hatte, nicht mehr an seinem Platz auf der Ducht angekettet war. Er wurde bleich bis unter den Rand seiner Perücke.
Obwohl er ahnte, wer dafür verantwortlich war, winkte er einen Aufseher herbei und fragte zischend: „Wo ist der Meuterer?“
Die Stimme des Aufsehers flatterte, als er antwortete. „Ich habe den Ersten Offizier gewarnt, Señor Capitán! Aber er drohte, uns aufhängen zu lassen, wenn wir Quintana nicht losschließen würden!“
Der Geierkopf Juan de Faleiros ruckte herum, und die kleinen, stechenden Augen durchbohrten Jesus Valencia.
Der Erste Offizier blieb ruhig.
„Der Meuterer und einige andere Sklaven waren nicht in der Lage, zu pullen“, sagte er gefaßt. „Ich habe im Interesse einer gleichmäßigen Fahrt und um Zwischenfälle zu vermeiden zwei Riemen stillgelegt, Señor Capitán. Ich bin fest davon überzeugt, damit in Ihrem Interesse gehandelt zu haben.“
Juan de Faleiro wurde vom Zorn geschüttelt. Dieser verdammte Schleimscheißer! O ja, er würde in Cadiz nicht lange zaudern. Dieser Valencia war fällig.
Er nickte leicht und schickte den Aufseher weg. Er wollte sich umdrehen, als er den Ruf eines der Seeleute hörte: „Galeere Backbord voraus!“
Er ging auf die achtere Plattform und starrte aus zusammengekniffenen Augen dem schlanken Schiff entgegen, dessen Konturen sich aus dem hellen Streifen an der östlichen Kimm schälten.
Teniente Riberas Stimme hallte über Deck. Er befahl seinen Männern, gefechtsbereit zu sein, wenn die Galeere ihren Kurs kreuzte.
„Steuern Sie die Galeere an, Señor Valencia!“ rief Juan de Faleiro.
„Es ist ein Grieche, Señor Capitán!“ ertönte die Stimme des Ausgucks.
Die „San Antonio“ hielt auf die kleine Galeere zu, die ihre Riemen aufgenommen hatte, um zu demonstrieren, daß sie keine feindlichen Absichten hatte und auch nicht die Flucht ergreifen wollte.
Juan de Faleiro ließ dicht an die Galeere heranpullen. Durch ein Sprachrohr schrie er hinüber: „Haben Sie vielleicht eine französische Handelsgaleone gesichtet, Señor? Ihr Name ist ‚Mercure‘! Ein Freund von mir ist der Kapitän dieses Schiffes! Er müßte ungefähr diesen Kurs nehmen!“
„Wir haben die Galeone gesichtet, Señor!“ erhielt er zur Antwort. „Sie lag etwa dreißig Meilen südlich der Westspitze Kretas! Sie hatte offensichtlich einen Ruderschaden, sonst wäre sie sicher schon hier!“
Juan de Faleiro konnte seinen Triumph kaum unterdrücken. Er bedankte sich freundlich für die Auskunft und wartete nicht ab, bis die griechische Galeere aus ihrem Blickfeld entschwunden war. Er stürzte in seine Kammer und begann, den Kurs zu berechnen, auf dem er aller Wahrscheinlichkeit nach den Kurs der „Mercure“ schneiden mußte.
„Ostnordost“, murmelte er.
Er fühlte ein Jucken auf der Brust, und der Haß auf die Engländer, die sein Leben und seine Karriere zerstört hatten, wurde wieder übermächtig in ihm. Er stieg an Deck und gab den Befehl, Kurs Ostnordost zu steuern. Dann schickte er Jesus Valencia unter Deck. Jetzt würde er das Kommando so lange nicht mehr aus der Hand geben, bis er die „Mercure“ vor den Rohren seiner Vierundzwanzigpfünder hatte.
12.
Sie sichteten die Galeone am späten Nachmittag.
Juan de Faleiro, den das Jagdfieber gepackt hatte, wußte, daß die Galeone ihm diesmal nicht entgehen konnte. Der Wind blies immer noch mäßig aus Nordwest.
Eine ganz andere Frage bewegte den Kapitän der „San Antonio“. Er hatte bei ihrem ersten Zusammentreffen gesehen, daß die Bewaffnung der Galeone nicht von Pappe war. Die vier Stücke an den Kuhlseiten konnten ihm einige Scherereien bereiten.
Eigentlich mußte der französische Kapitän froh sein, wenn er die Begegnung mit der spanischen Galeasse ungeschoren überstand. Und Juan de Faleiro nahm sich vor, ihm dies zu versprechen, wenn er die Engländer, die er an Bord hatte, freiwillig herausgab.
Er winkte Jesus Valencia, der wieder an Deck war, zu sich und sagte: „Wir steuern auf Rufweite an den Franzosen heran. Ich möchte einen Kampf vermeiden. Trotzdem werden wir gefechtsbereit sein. Sind die beiden Jager besetzt?“
Jesus Valencia nickte.
„Ich kann allerdings nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, daß die Männer ohne Anleitung ihrer Stückmeister auch Treffer landen werden“, sagte er.
Juan de Faleiro lief rot an, doch er verschluckte seinen Ärger.
„Befehlen Sie Quintana und Sotero wieder an die Geschütze!“ stieß er wütend hervor. „Aber damit ist ihre Strafe nicht aufgehoben!“
„Si, Señor Capitán“, sagte Jesus Valencia, und als er sich umdrehte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er befahl einem Aufseher, die Eisen Antonio Soteros aufzuschließen, und führte den Mann unter die vordere Plattform, wo Manuel Quintana hockte. Der Stückmeister hatte sich einigermaßen erholt, und er nickte sofort, als Jesus Valencia ihn bat, eins der beiden Geschütze zu übernehmen, für die er vorher verantwortlich gewesen war.
„Was hat der Capitan vor?“ fragte Teniente Ribera.
„Er will einen Kampf vermeiden, wenn es geht“, erwiderte Valencia. „Er ist wild auf die Engländer, die an Bord des Franzosen sind.“
„Warum eigentlich?“ fragte Ribera. „Niemand von uns versteht, daß er derart durchdreht, seit er hinter diesem Schiff her ist.“
„Die Engländer sollen damals sein Schiff gekapert haben“, sagte der Erste Offizier leise. „Einer von ihnen hat ihm eine Ladung Blei in die Brust geschossen, an der er beinahe krepiert wäre. Das Ganze hat ihn damals seine Karriere gekostet.“
Ribera nickte. Jetzt war das Verhalten des Kapitäns verständlicher. Ein Mann wie Juan de Faleiro konnte so etwas nie vergessen.
Sie drehten die Köpfe, als sie de Faleiros Stimme auf der achteren Plattform hörten. Der Kapitän gab Anweisung, ihre friedlichen Absichten zu bekunden, indem die Galeasse parallel zur Galeone trieb. Die Galeone hatte inzwischen beigedreht. Deutlich war zu erkennen, daß auch ihre Geschütze feuerbereit waren.
„Señor Capitán!“ brüllte Juan de Faleiro zur Galeone hinüber. „Wir sind auf der Suche nach Feinden der Spanischen Krone! Es handelt sich um Engländer, die sich an Bord Ihres Schiffes befinden müssen!“
Es dauerte eine Weile, bis Antwort von der Galeone gegeben wurde.
„Bedauerlicherweise ist es mir nicht möglich, Ihnen behilflich zu sein, Monsieur!“ rief der Kapitän der Galeone zurück. „Wir haben keine Engländer an Bord!“
Juan de Faleiro zitterte vor verhaltener Wut. Im ersten Moment war er drauf und dran, die Galeasse mit ein paar Riemenschlägen eine Wendung von neunzig Grad durchführen und die beiden Vierundzwanzigpfünder abfeuern zu lassen. Doch dann dachte er daran, daß er die Engländer lebend in die Finger kriegen wollte. Sie sollten keinen leichten Tod erfahren. Nein, sie sollten wie die anderen Feinde Spaniens den Feuertod auf der Plaza von Valladolid erleiden – nachdem er sich selbst an ihnen für alles gerächt hatte, was sie ihm angetan hatten.
„Señor!“ brüllte er zurück. „Ich habe meine Befehle von der Admiralität! Ich bitte, an Bord Ihres Schiffes kommen zu dürfen! Ich muß darauf bestehen, Ihre Aussage zu überprüfen!“
Eine Weile war es auf der französischen Galeone still, dann trat der Kapitän wieder an die Reling des Achterdecks und rief: „Sie sind willkommen an Bord der ‚Mercure‘, Monsieur!“
Das Geiergesicht Juan de Faleiros entspannte sich.
„Teniente Ribera!“ rief er. „Stellen Sie zehn Soldaten ab, die mich zur Galeone hinüberbegleiten! Señor Valencia, lassen Sie das Beiboot zu Wasser!“
Er verschwand kurz unter Deck in seiner Kammer und kehrte nach einigen Minuten in seiner Galauniform und mit seiner Sonntagsperükke wieder zurück.
Der Erste Offizier hatte das Beiboot inzwischen zu Wasser gebracht, und außer acht Rudergasten hatten zehn Seesoldaten auf den Duchten Platz genommen.
Juan de Faleiro ignorierte seinen Ersten Offizier. Er winkte den Aufseher herbei, der den Platz des toten Zuchtmeisters übernommen hatte.
„Sie übernehmen während meiner Abwesenheit das Kommando über die ‚San Antonio‘, Señor Saltillo“, sagte er kalt. „Ich erwarte, daß Sie bei irgendwelchen Zwischenfällen hart durchgreifen. Wenn irgend etwas Unvorhergesehenes auf der Galeone geschieht, greifen Sie sofort an. Ohne Rücksicht auf meine Person, verstanden?“
Der Aufseher, der sich in die Brust geworfen hatte und dessen Augen vor Stolz leuchteten, nickte heftig.
„Sie, Señor Capitán!“ brüllte er.
Juan de Faleiro winkte ab. Sein Geiergesicht mit den stechenden Augen und den messerrückendünnen Lippen verzog sich zu einem leichten Grinsen, als er das blasse Gesicht seines Ersten Offiziers sah. Warte nur, Kerl, dachte er, wenn ich die Engländer erst einmal in meiner Gewalt habe, werde ich mich ein bißchen intensiver um dich kümmern!
Er bestieg das Beiboot und befahl, abzulegen.
Jesus Valencia starrte dem Boot aus brennenden Augen nach. Er spürte deutlich die Gefahr, in der er schwebte.
13.
Die Geschütze der „Mercure“ waren gefechtsbereit. Die Männer auf der Galeone hatten zwar erkannt, daß die Dons diesmal nicht gleich ihre Kanonen auf sie abfeuern wollten, aber das minderte ihr Mißtrauen nicht.
Dann war die Stimme des spanischen Kapitäns zu ihnen herübergedrungen, und durch Ferris Tucker war es wie ein Blitz gefahren.
Die Stimme kannte er!
Er würde sie nie in seinem Leben vergessen. Bilder aus der Vergangenheit stiegen vor seinem geistigen Auge auf, und er sah Dan O’Flynn vor sich auf der Galeere stehen, der schrie: „Ihr Dreckskerle könnt mich hängen oder vierteilen oder kielholen! Ich schlage meine eigenen Kameraden nicht, ich …“
Er hatte Dan zugerufen, vernünftig zu sein und zuzuschlagen, dann hatte ihn selbst und Dan die Peitsche eines Aufsehers getroffen. Dans Haut war am Hals aufgeplatzt, das Blut war ihm über den nackten Oberkörper gelaufen. Und dann hatte der Teufelskerl sich blitzschnell gebückt, seine Eisenfessel hochgerissen und sie dem Peitschenschwinger entgegengeschleudert. Der Mann war zwischen die schreienden Rudersklaven gestürzt. Der nächste Hieb hatte einen Seesoldaten von den Beinen gefegt, und dann hatte das Bürschchen plötzlich eine Muskete in den Händen. Feuer und Rauch schlugen aus der Mündung, und auf der achteren Plattform schrie der geiergesichtige Capitán auf, dem eine Ladung Eisen mitten in die Brust gefahren war …
Ferris Tucker schien es, als wäre alles erst vor ein paar Wochen passiert. Doch es war schon fünfzehn Jahre her. Dennoch – die Stimme des Capitáns hatte er sofort wiedererkannt.
Pierre Delamotte blickte ihn an, und Ferris Tucker begriff, daß der Kapitän ihn um Rat fragen wollte.
„Er will an Bord der ‚Mercure‘ kommen“, sagte Delamotte. „Was sollen wir tun? Kämpfen?“
Ferris Tucker schüttelte den Kopf.
Aus der Deckung des Schanzkleides heraus zischte er: „Lassen Sie den Kerl ruhig an Bord. Wir kennen den Hurensohn. Wir werden ihn uns schnappen und ihn als Geisel benutzen. Die Kerle auf der Galeasse werden sich hüten, uns anzugreifen, wenn wir ihren Kapitän in der Gewalt haben.“
Ferris Tucker zischte Carberry zu, wer dieser Kerl war, der es auf sie abgesehen hatte. Sofort wurde alles für einen Empfang des Dons vorbereitet. Blakky und Luke Morgan besetzten je eine Drehbasse auf dem Achterdeck und der Back. Wenn die Seesoldaten, die mit dem spanischen Kapitän auf die „Mercure“ zufuhren, nicht kampflos umkehren wollten, würde man sie mit ein wenig gehacktem Eisen davon überzeugen, daß es gesünder für sie war.
Sie hörten das dumpfe Pochen, mit dem das Beiboot gegen den Rumpf der Galeone stieg, dann tauchte das Geiergesicht Juan de Faleiros über dem Schanzkleid auf.
Die stechenden, dunklen Augen des Spaniers huschten über die Kuhl. Sie nahmen eine schattenhafte Bewegung unter sich wahr, aber ehe de Faleiro reagieren konnte, hatte ihn eine mächtige Faust an seinem Spitzenkragen gepackt und zerrte ihn über das Schanzkleid.
Juan de Faleiro stieß einen spitzen Schrei aus, der abrupt verstummte, als Carberry ihm die Spitze seines Messers gegen die Kehle drückte.
„Ganz ruhig, du giftiger Pavian!“ sagte er grollend. „Wenn du das Maul aufreißt, werde ich dich zu Fischfutter verarbeiten, kapiert, du Affenarsch?“
Das Gesicht des ersten Seesoldaten schob sich übers Schanzkleid. Der Mann starrte genau in die Mündung von Ferris Tuckers Pistole.
„Sieh dich um, Soldat“, sagte Ferris auf Spanisch. „Keiner von euch wird es überleben, wenn ihr eure Füße auf die Planken dieses Schiffes setzen wollt!“
Der Seesoldat sah, daß sowohl vom Achterdeck als auch von der Back eine Drehbasse auf das Beiboot der „San Antonio“ gerichtet war. Er kannte die fürchterliche Wirkung ihrer Eisenladungen, und fast ruckartig tauchte er hinter dem Schanzkleid weg. Er verfehlte eine Sprosse der Jakobsleiter, das Tau entglitt seinen Fingern, und er stürzte zwischen seine Kameraden.
„Ablegen!“ brüllte der gestürzte Soldat. „Sie haben den Capitan in ihrer Gewalt!“
Die Rudergasten holten die Riemen durch, was das Zeug hielt, und sie brauchten für den Rückweg zur Galeasse höchstens die Hälfte der Zeit wie umgekehrt.
Juan de Faleiro begriff nur allmählich, welchen Fehler er begangen hatte.
Dann brach sich sein Zorn Bahn. Mit einer heftigen Bewegung riß er sich von Carberry los. Die Messerspitze ritzte seine Haut, aber das spürte er nicht.
„Feuer!“ brüllte er zur Galeasse hinüber. „Schießt die Hurensöhne zusammen! Bohrt sie auf den Grund des Meeres!“
Carberry, der dem giftigen Kerl mit seiner gepuderten Perücke einen solchen Ausbruch nicht zugetraut hätte, lief hinter ihm her, aber de Faleiro entwischte ihm, jagte den Aufgang zur Back hinauf und sprang den überraschten Luke Morgan an, der hinter seiner Drehbasse stand und das Beiboot beobachtete, das mit einem Affenzahn zurück zur Galeasse rauschte.
„He!“ sagte Luke, wischte mit der linken Hand durch die Luft und landete einen klatschenden Schlag auf Juan de Faleiros Ohr, daß dem die Perücke davonflog und in hohem Bogen ins Wasser segelte.
„Warum feuert ihr nicht!“ heulte Juan des Faleiro. Er schüttelte seine Fäuste zur „San Antonio“ hinüber. „Rammt die Galeone, ihr Idioten, oder ich werde euch die Haut in Streifen abziehen lassen! Feuer, verdammt noch mal! Valencia, ich werde dich vierteilen, wenn ich …“
Eine kräftige Maulschelle verschloß ihm den Mund.
Ferris Tucker packte den geiergesichtigen Menschenschinder im Genick und schüttelte ihn wie einen nassen Hund.
„Halt’s Maul, oder du fängst noch ein paar, daß du die Engel im Himmel singen hörst“, knurrte er. Er hielt den Spanier am ausgestreckten Arm von sich und reichte ihn Carberry.
„Geschütze bereit zum Feuern?“ rief Ferris Tucker, der auf die Kuhl hinuntersprang.
„Aye, aye, Ferris!“ gaben Stenmark, Jeff Bowie und Marteau zurück.
Sie starrten alle hinüber zur Galeasse, wo sich einiges zu tun schien. Ferris Tucker sah, daß es auf der achteren Plattform ein Handgemenge gab. Offensichtlich war sich die Schiffsführung nach dem Ausfall des Capitáns nicht einig, was nun zu geschehen hätte.
Ferris Tucker entschloß sich, der Meinungsbildung ein wenig nachzuhelfen. Er trat zu Stenmark, der das zweite Geschütz von der Back aus bediente, und sagte: „Wir donnern ihnen ein Geschoß in die Takelage! Dann werden sie merken, was sie erwartet, wenn sie sich mit uns anlegen!“
Mit donnerndem Laut entlud sich das Geschütz. Eine Pulverdampfwolke nahm ihnen die Sicht. Sie hörten ein entferntes Geschrei, und als sich der Pulverdampf verflüchtete, sahen sie, wie genau das Geschoß gelegen hatte. Der Großmast war nach Steuerbord abgeknickt, nur noch gehalten von den Wanten. Die große Lateinerrah mit den aufgegeiten Segeln schwankte wild hin und her und brachte den Mast schließlich zum Einsturz.
Das Schreien der Rudersklaven war deutlich bis herüber auf die „Mercure“ zu hören …