Kitabı oku: «Seewölfe Paket 22», sayfa 19

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Hasard preßte die Lippen noch fester zusammen. Sein Blick wurde ausgesprochen finster. Da hatte sie ihm prächtig eins ausgewischt und den Wind aus den Segeln genommen. Er wollte gerade zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, aber Arkana drehte sich um und ging zu der anderen Gruppe hinüber.

Zu allem Überfluß begann jetzt auch noch der Wikinger herumzubrüllen und aufgeregt seinen Helm zu befummeln.

„Hier braucht überhaupt nicht abgestimmt zu werden!“ schrie er. „Das ist doch völlig klar, daß ich mit meinen Kerlen Ribault und Karl von Hutten begleite! Da gibt’s nichts mehr abzustimmen, da ist alles schon im Lot.“

„Gar nichts ist im Lot!“ fauchte die Rote Korsarin den Nordmann an. „Ich protestiere dagegen. Du bestimmst nicht einfach, Thorfin.“

„Und ob ich bestimme!“ brüllte der Wikinger zurück. „Ich will nicht immer auf der Insel hocken und zurückbleiben. Ich und meine Männer gehen mit – und damit basta!“

„Dagegen erhebe ich Einspruch“, sagte Oliver O’Brien. „Das kannst du wirklich nicht allein bestimmen, Mister Njal.“

„Ganz recht“, pflichtete Jerry Reeves bei, „das sehe ich genauso. Ich protestiere ebenfalls dagegen, daß Thorfin das entscheidet.“

Der Wikinger war sauer. Er ließ sich zu etwas hinreißen, was er sonst nie tat. Er riß sich seinen Helm vom Schädel und knallte ihn wutentbrannt auf den Boden.

„He, du ermordest deine nordischen Riesenläuse!“ rief der Profos.

Thorfin gab eine unfeine Antwort, hob den Helm auf, stülpte ihn wieder auf den Schädel und brüllte lautstark herum, daß er von nun an ebenfalls gegen alles protestieren würde, egal was. Und seine nordischen Riesenläuse gingen den Profos einen Scheiß an, er solle lieber sein großes Maul halten, sonst würde ihm mal eine gewaltige Faust im Rachen steckenbleiben.

„Ha, das muß ich mir von diesem behelmten Nordpolaffen gerade noch sagen lassen, was, wie? Dem Weihnachtsmann stopfe ich seinen eigenen Bart zwischen die Zähne!“ rief Carberry ruppig.

Der Stör sprang auf und drohte dem Profos mit der Faust, weil der seinen verehrten Herrn und Meister beleidigt hatte. Es sah ganz nach einer wilden Prügelei aus.

Carberry schnappte nach Luft, als er die erhobene Faust sah. Er wollte schon losstürmen, doch da stand Hasard plötzlich vor ihm und sah ihn hart an.

„Seid ihr eigentlich alle verrückt geworden?“ fragte er sanft.

Carberry lächelte betont harmlos, aber sein narbiges Gesicht war immer noch zornig verzogen.

„Ich wollte nur nachsehen, was der Stör in der Faust versteckt hat, Sir. Vielleicht hat er ein Geschenk für mich.“

Danach kehrte etwas Ruhe ein, und weil Old O’Flynn die ganze Zeit nicht zu Wort gekommen war, meldete er sich jetzt mit etwas schriller, aufgeregter Stimme.

„Von mir redet keiner, was?“ zeterte er los. „Mein Schiff und meine Mannschaft zählen wohl nicht mehr? Aber ich hab’ auch noch ein Wörtchen mitzureden. Genausogut kann ich auch mit meiner Crew und Jean Ribault nach Potosi segeln.“

„Verdammt!“ brüllte der Profos. „Hasard hat dir schon einmal verklart, daß man mit einem Schiff nicht ins Gebirge segeln kann. Du hast wohl immer noch nicht begriffen, wo Potosi liegt, was, wie?“

„Ich will aber nach Potosi!“ brüllte Old O’Flynn.

„Aber doch nicht mit einem Schiff!“ schrie der Profos noch lauter.

„Dann eben mit einem Beiboot, verdammt! Weshalb kann man mit dem Schiff nicht nach Potosi?“

„Himmel, Arsch und Ziegenkäse! Ja, begreifst du das immer noch nicht, du alter Nachtwächter? Wir verklaren dir seit ein paar Stunden, daß Potosi keine Hafenstadt ist und hoch in den Bergen liegt. Aber du mit deiner verdammten Hartnäckigkeit und Sturheit wiederholst immer wieder, daß du nach Potosi segeln willst. Dann hau doch ab mit deinem verdammten ‚Empress‘-Sargdeckel! Du wirst schon sehen, wo du landest.“

„Hast du mein Schiff eben einen verdammten Sargdeckel genannt?“ schrie Old O’Flynn voller Empörung.

„Klar, weil du nicht mehr durchblickst. Aber vielleicht gelingt es dir ja, mit deinem Affenprahm durch die Lüfte zu segeln.“

Jetzt lagen sich die beiden wieder mal in den Haaren. Hasard sagte gar nichts, er schaute nur noch kopfschüttelnd zu. Da hatte Ribault ein Süppchen angerührt, an dem sich jetzt alle die Zungen verbrannten. Verrückt waren die Kerle, total bescheuert, und jetzt prügelten sie sich fast darum, wer mit nach Potosi durfte.

Es kam auch weiterhin keine Einigung zustande. Der einzige, der nicht unbedingt mitwollte, war der alte Hesekiel Ramsgate. Der hockte im Sand und grinste sich eins in seinen silbergrauen Bart.

Schließlich war es Jean Ribault, der die Hand hob und mit lauter Stimme um Ruhe bat.

„So geht das nicht“, sagte er. „Die Diskussionen bringen nichts weiter ein als Ärger. Wir sitzen in den nächsten Tagen noch hier und streiten uns. Ich schlage daher vor, daß wir es so halten, wie wir es immer gehalten haben, wenn es keine Einigung gab. Wir lassen das Los entscheiden, das ist eine gerechte Sache. Seid ihr wenigstens damit einverstanden?“

Den Losentscheid empfanden sie als gerecht, und so drehte sich der Franzose grinsend um und zog sein Entermesser aus dem Gürtel.

„Dann schnitze ich jetzt ein paar Hölzchen zurecht“, sagte er.

Beifälliges Gemurmel erklang von allen Seiten. Das Los würde entscheiden, und dann hatten sich alle zu fügen.

3.

„Hier habe ich fünf kleine Hölzchen“, sagte Jean. „Für jeden der Kapitäne eins, Eins dieser Hölzchen verkürze ich jetzt so weit, daß es sich deutlich unterscheidet. Wer das kurze Hölzchen zieht, wird mich mit seiner Mannschaft begleiten. Einverstanden?“

„Einverstanden“, sagten alle.

„Nicht einverstanden“, sagte Old O’Flynn bockig.

„Wieso nicht?“

„Bin ich vielleicht kein Kapitän, he? Schließlich habe ich ein Schiff, wenn es auch nicht sehr groß ist.“

Hasard seufzte tief. Der Alte ging ihnen heute mächtig auf den Geist mit seinem Potosi und ständigem Gemaule.

„Nun hör mal gut zu, Donegal“, sagte Hasard freundlich. „Du maulst schon den ganzen Tag lang herum, aber du wirst doch wohl hoffentlich endlich mal einsehen, daß du mit deiner kleinen Crew weiß Gott keine zweite Mannschaft darstellen kannst. Du hast drei Leute, aber wenn das Los auf mich fallen sollte, dann sind Nils Larsen und Sven Nyberg logischerweise wieder bei meiner Mannschaft. Oder siehst du das nicht ein?“

O’Flynn maulte zwar noch ein bißchen herum, gab aber schließlich nach, weil er das dann doch einsah. Er wollte zwar noch erzählen, was er früher alles ganz allein gemeistert hätte, aber die anderen vertrösteten ihn auf später.

„Wird sowieso ’ne mistige Scheißstadt sein“, grummelte er, „wenn der Hafen viertausend Yards hoch in den Bergen liegt.“

„Er hat das immer noch nicht kapiert“, sagte Hasard fassungslos, als Old O’Flynn gerade nicht zuhörte. „Mitunter ist es wirklich ein Kreuz mit ihm. Aber jetzt zur Sache.“

Jean Ribault, der die Hölzchen in der Hand hielt, bemühte sich um einen möglichst ehrlichen Gesichtsausdruck, was ihm auch hervorragend gelang. Niemand würde etwas merken, dachte er, sie würden es nicht einmal ahnen, daß er sie kaltblütig begaunerte. Der Zweck heiligte auch in diesem Fall die Mittel.

Er betrieb jetzt das, was die Franzosen mit „corriger la fortune“ bezeichneten, das Glück etwas korrigieren, ihm ein wenig nachhelfen.

Den lieben Gott hatte er schon zweimal um Verzeihung gebeten und sein Gewissen damit erheblich entlastet. Es diente ja alles nur einem guten Zweck, außerdem folgte er einem festen Vorsatz. Hasard und seine Arwenacks waren nun einmal die besten Männer und die besten Kämpfer, und die wollte er unbedingt dabeihaben, ganz besonders den Seewolf, seinen alten Kampfgefährten, denn Hasard war genau der richtige Mann dafür.

So hatte er jetzt noch ein sechstes Hölzchen in der Hand, das mit den vier anderen gleich lang war.

Das gekürzte Hölzchen verbarg er geschickt in der Innenhand, während er die fünf anderen reihum präsentierte.

„Ladies first“, sagte er galant und hielt der Roten Korsarin auffordernd die Hölzchen entgegen, von denen man nur die Spitze sah.

Siri-Tong griff nach einem Hölzchen in der Mitte. Es war ein langes, woraufhin sie enttäuscht das Gesicht verzog.

„Schade“, meinte sie bedauernd.

Der Wikinger griff mit seinen Pranken zu, als wollte er Jean gleich alle Hölzchen aus der Hand reißen. Als er auch ein langes zog, verfinsterte sich sein Gesicht. Er sagte nicht: „Schade“ wie Siri-Tong, er sagte grob: „Ein Scheißspiel ist das, ein verdammtes.“ Dann wollte er sich wieder den Helm vom Schädel reißen, doch Ribault schüttelte lächelnd den Kopf.

„Du hast schon eine Beule drin, Thorfin. Nachher mußt du wieder stundenlang klopfen.“

„Trotzdem ist das ein Scheiß“, grollte der Wikinger.

Jerry Reeves war an der Reihe und zog ebenfalls ein langes Holz.

„Hatte ich auch nicht anders erwartet“, murrte er. „Das Glück ist mir einfach nicht hold.“

Oliver O’Brien trat vor, neben ihm stand Hasard.

Jetzt muß ich ihn leimen, dachte Jean. Der Himmel möge mir zum dritten Male vergeben, aber ich will Hasard dabeihaben und seine Arwenacks.

„Mein lieber Oliver“, sagte er laut lachend, „in der Kürze liegt die Würze, das bewahrheitet sich jetzt und hier.“

Die anderen lachten ebenfalls. Klar, das Sprichwort paßt vortrefflich, dachten sie.

Jedenfalls waren sie für einen winzigen Augenblick abgelenkt und achteten daher nicht so genau auf seine rechte Hand. Als Oliver zog, wurde auch sein Gesicht ziemlich lang. Damit stand der Sieger eigentlich fest, und so schob Ribault blitzschnell geschickt und gekonnt das kurze Hölzchen hoch und ließ das andere in der Innenfläche der Hand verschwinden, als Hasard auch schon zugriff.

Philip Hasard Killigrew hielt das kurze Hölzchen in der Hand. Oliver O’Brien kratzte sich enttäuscht das Kinn.

Aber bei den Arwenacks war jetzt der Teufel los. Die röhrten plötzlich wie die Hirsche, brachen in wildes Hurrageschrei aus und konnten sich kaum noch beruhigen.

„Ab nach Potosi!“ brüllte Ferris Tucker.

„Nichts wie los!“ schrie Smoky. „Am besten gleich heute noch!“

Das Gebrüll wurde immer lauter. Etwas neidisch sahen die anderen zu, wie die Arwenacks sich in die Arme fielen, sich auf die Schultern klopften oder dastanden und einfach nur bis über beide Ohren grinsten.

Ribault sah lächelnd zu. Das überzählige Hölzchen hatte er längst unauffällig verschwinden lassen.

„Tut mir leid für die anderen“, sagte er, „aber so war es nun einmal vereinbart.“

Als das Jubelgeschrei allmählich verstummte, hob er die Hand.

„Hasard und seine Crew segeln also mit uns zusammen“, sagte er laut. „Aber eins möchte ich dabei gleich von Anfang an klar und deutlich hervorheben: Es ist für mich selbstverständlich, daß ich mich mit meiner Mannschaft dem Kommando des Seewolfs unterstelle. Der beste Kapitän soll das Unternehmen leiten und führen, und der beste Kapitän ist nun einmal Hasard, das wird niemand bestreiten wollen. Folglich hat er das Kommando über die Reise.“

Zustimmendes Gebrüll erfolgte von allen Seiten. Nur Hasard blieb ruhig stehen und sagte kein Wort.

Seltsam ist das, fand er. Er selbst maßte sich die dominierende Rolle im Bund der Korsaren nicht an, aber sie wurde immer wieder an ihn herangetragen, ob er wollte oder nicht. Ribault ordnete sich sofort freiwillig unter, die anderen ebenfalls, das bewies die allgemeine Zustimmung von allen Seiten. Sie ließen ihn auch noch hochleben und jubelten ihm zu.

Er blickte Jean an, der ihm zulächelte und vor Freude einen roten Kopf hatte. Aber auch die anderen Kapitäne gratulierten Hasard zu seinem Glück, das der Franzose „etwas“ korrigiert hatte. Aber auf diese Idee wäre niemand verfallen. Ribault hatte dabei allerdings immer noch ein schlechtes Gewissen, daher auch sein rot angelaufener Kopf. Aber das nahmen die anderen als Ausdruck der Freude, weil sie es nicht besser wußten.

„Was sagst du nun, Sir?“ fragte Ribault freudestrahlend den Seewolf. „Anfangs warst du ja sehr dagegen.“

„Ich war damit einverstanden, das Los entscheiden zu lassen, und ich akzeptiere das selbstverständlich. Ja, ich muß zugeben, daß ich mich jetzt auf die neue Aufgabe freue, und ich werde mich ihr auch voll und ganz zuwenden und an die genaue Planung gehen.“

Das war typisch Hasard. Zuerst hatte er fast kategorisch abgelehnt, was Jeans abenteuerlichen Plan betraf, aber jetzt begann es ihn zu reizen, und er würde sich der neuen Aufgabe sehr sorgfältig zuwenden. Vor sich selbst gab er zu, daß ihn der Reiz des Abenteuers doch wieder einmal gepackt hatte. Das war wie ein Fieber, das langsam begann und dann schnell anstieg.

Er sah es auch in den Gesichtern seiner Männer, sah das begehrliche Funkeln ihrer Augen und das erwartungsvolle Grinsen. Vor ihnen lag wieder eine Aufgabe, etwas Neues, eine weite Reise mit all ihren Unwägbarkeiten und Risiken.

„Dann sollten wir das in Donegals Rutsche auch gleich feiern“, schlug Shane mit lauter Stimme vor. „Wir haben uns durstig genug geredet.“

Auch der Vorschlag wurde sofort begeistert aufgenommen, nur der alte O’Flynn war noch etwas grämlich.

„Ich kann hier in meiner Kneipe hocken bleiben, wenn ihr in Potosi einlauft“, sagte er verbiestert. „Inzwischen wird mir das Bier sauer und der Wein trübe.“

Dem Profos klappte der Unterkiefer weg. Er beherrschte sich nur noch sehr mühsam, aber er wollte den Alten auch nicht weiter anranzen, sonst verfiel der noch auf die Idee, ihn mit Kneipenverbot zu belegen. Und das wäre gerade heute sehr schlimm.

„Hör mal zu, Alterchen“, sagte er. „Wir laufen doch gar nicht in Potosi ein, nie und nimmer, das verspreche ich dir. Weil wir nämlich da gar nicht einlaufen können, verstehst du?“

„Damit hast du mich schon mal getröstet.“

„Ein paarmal schon“, sagte der Profos, wobei er sich ernsthaft um einen ruhigen Tonfall bemühte. „Du mußt das mit deiner Kneipe vergleichen, die liegt auch oben in den Bergen, und da kann man nun einmal mit einem Schiffchen nicht hinauf.“

„Ha!“ rief Donegal entrüstet. „Du willst doch wohl diesen lausigen Hafen nicht mit meiner Rutsche vergleichen. Die Dons wenden sicher einen Trick an, ich kenne das.“

„Jaja, vielleicht hast du recht“, sagte der Profos erschlagen, „vielleicht haben sie da auch eine Rutsche und rutschen mit ihren Galeonen einfach den Berg rauf und runter!“

„Das ist alles möglich. Jedenfalls haben sie den Hafen mit Sicherheit gut getarnt.“

Dem Profos standen schon die Tränen in den Augen, und er schielte auf O’Flynns faltigen Hals, als wolle er den ein bißchen in die Länge ziehen. Der alte Bursche hatte sich nun einmal in die Idee verrannt, daß es da oben einen Hafen gab, und das war ihm nicht mehr auszutreiben. Er ging einfach davon aus – basta! Alles, was man ihm darüber sagte, plätscherte ungehört an seinen Ohren vorbei.

Der Profos gab es auf und seufzte tief und entsagungsvoll.

„Was seufzt du denn?“ fragte O’Flynn.

„Bier und Rum, und das nicht zu knapp“, versprach Carberry. „Wir kriegen deine Pinte schon ausgenuckelt.“

„Hä?“ fragte der Alte verdattert. „Bier und Rum? Ich meinte doch etwas ganz anderes.“

„Rum und Bier genügen mir“, reimte Ed bescheiden. „Ich hoffe, du hast noch genügend Vorrat, denn wenn ich mir den Wikinger so ansehen, dann glaube ich, daß der heute seinen Kummer qualvoll ersäufen wird, und dazu braucht er eine ganze Menge.“

Etwas später befand sich die ganze Meute in Donegals Rutsche, die wegen der vielen durstigen Kehlen aus allen Nähten zu platzen drohte.

Vorherrschendes Gesprächsthema war das neue Unternehmen, das in den schillerndsten Farben gemalt wurde. Ribault war der Mann des Tages, denn schließlich war der Gedanke ja auf seinem Mist gewachsen, wie der Profos laut sagte. Daß er das alles zuerst als „Käse“ abgetan hatte, wollte er jetzt nicht mehr wissen.

Es ging hoch her in Old Donegals Rutsche an diesem Abend, obwohl einige Männer enttäuscht und sauer waren, daß sie zurückbleiben mußten.

Ganz besonders traf das auf den Wikinger Thorfin Njal zu. Der saß beleidigt in einer Nische und soff sich den Kragen voll.

„Immer ich“, lallte er, „mein ‚Eiliger Drache über den Wassern‘ kann ja vergammeln und verfaulen, und eines Tages wachsen mir aus meinem Helm noch große Hörner.“

„Vielleicht setzt der Stör dir mal ein paar Hörner auf“, lästerte Smoky und spielte damit auf Thorfins unbegründete Eifersucht gegenüber dem Stör an, auf den der Wikinger stets ein wachsames Auge hatte, sobald Gotlinde in der Nähe war.

Jetzt war Thorfin schon ziemlich abgefüllt. Er schwankte leicht, in seinen Augen loderte der Zorn.

„Wer hat das gesagt?“ fragte er drohend.

„Ich“, sagte Smoky, „aber offenbar verstehst du heute nicht den geringsten Spaß.“

„Versteh’ ich auch nicht!“ brüllte der Wikinger. „Das werde ich dir gleich zeigen.“

Er schwankte hin und her und torkelte auf Smoky zu, der ganz schmale Augen kriegte, als das Monstrum von Wikinger heranwalzte und mit den Händen alles zur Seite fegte, was sich ihm auch nur annähernd in den Weg stellte. Der Poltermann sah rot, und er brauchte ein Ventil, um seine Enttäuschung abzulassen. Da kam ihm Smokys blöde Bemerkung gerade recht.

Erst wollte Hasard eingreifen, doch dann überlegte er es sich anders. Er konnte nicht immer die Glucke spielen, Smoky hätte sich die Bemerkung ja auch verkneifen können.

Der einzige, der nicht im geringsten besorgt schien und schon seit einer ganzen Weile hinterhältig grinste, war Old O’Flynn.

In der Rutsche – daher hatte sie ja auch ihren Namen – gab es eine verborgene Stelle, die unvermittelt ins Freie führte, allerdings über einen ziemlich unangenehmen Umweg. O’Flynn hatte diese Erfahrung seit jenem Tage hinter sich, als er die „Kneipe“ entdeckt hatte. Da war er auch in seiner Neugier zu hastig vorgedrungen, und dann hatte ihm plötzlich der Boden unter den Füßen gefehlt.

Ferris Tucker hatte diese Rutsche jedoch getarnt, und man konnte nicht mehr einfach hindurchfallen. Das ging nur, wenn es gewünscht oder einer zu stark wurde. Dann brauchte O’Flynn hinter der Theke nur auf ein Brett zu treten, das sich augenblicklich um die Achse verkantete und den Störenfried durch die Rutsche sausen ließ.

Als Donegal sah, daß es jetzt ernst wurde und der Wikinger wie ein Büffel in Richtung Steinwand lostobte, hatte er schon sein Holzbein auf dem Brett in Lauerstellung.

„Dir dreh’ ich den Hals um!“ brüllte Thorfin.

„Laß ihn in Ruhe!“ schrie Old O’Flynn.

Aber Thorfin hörte und sah nichts mehr, auch nicht das Grinsen der anderen, die größtenteils ebenfalls angeschickert waren.

Smoky wich dem heranrasenden Koloß blitzschnell aus, aber der Wikinger fuhr brüllend herum und riß noch einen Tisch mit sich. Dann landete er dicht vor der Wand.

Old O’Flynn trat grinsend zu. Zeit zum Abräumen, dachte er, sonst schlägt mir dieser Büffel noch alles zusammen.

Damit war die drohende Schlägerei schon beendet, noch ehe sie begonnen hatte.

Der Wikinger verschwand mit affenartigem Tempo in einem pechschwarzen Loch und sauste abwärts, der Ostbucht entgegen. Passieren konnte ihm nicht viel, denn Haie gab es da unten nicht mehr, seit die Bucht abgesperrt worden war.

Smoky, ebenfalls leicht beduselt, blickte sich verblüfft um. Er hatte gar nicht mitgekriegt, was soeben passiert war. Es war auch alles viel zu schnell gegangen.

Verdattert starrte er auf die Stelle, wo der Wikinger verschwunden war. Aber da war längst wieder glatter Boden, und nichts verriet mehr die hinterhältige Falle.

„Eben war er doch noch da“, murmelte er. „Und jetzt ist er weg, einfach so. Verdammt, kann der Kerl etwa zaubern? Wo isser denn?“

„Ja, wo isser denn?“ höhnten die anderen im Chor. „Vielleicht isser nach Hause gegangen.“

Smoky war so irritiert, daß er immer wieder nach dem Wikinger Ausschau hielt, doch der war und blieb fürs erste verschwunden. Für den verblüfften Smoky schien er sich in Luft aufgelöst zu haben. Er blickte auch nicht durch, als die anderen in brüllendes Gelächter ausbrachen und sich nicht mehr beruhigen konnten.

Thorfin Njal hingegen sah das alles wieder ganz anders.

Von einem Schlag zum anderen ist die Welt untergegangen, dachte er mühsam, weil ihm das Denken außerordentlich schwerfiel. Er hatte Smoky angestiert, und dann war alles ausgewesen, wie das so geht, schlagartig, urplötzlich.

Das also ist das Ende, dachte er benebelt. Jetzt zog er als echter Nordmann ins altnordische Valhöll ein, geleitet von den Walküren. Aber diese Walküren hatten einen sagenhaften Schlag drauf, einen so harten Schlag, als hätten sie ihm die Weltesche Yggdrasil, den die Welt tragenden Urbaum, um die Ohren geschlagen, denn immer noch rumpelte es überlaut an seinem Helm und polternde Geräusche waren ständig zu hören.

Bis zum Abend wird das aufhören, dachte er krampfhaft, denn dann war er bei Odin persönlich zu Gast und wurde von ihm bewirtet. So jedenfalls sagte die nordische Überlieferung, und warum sollte sich etwas daran geändert haben?

Aber mit dem Walhall klappte es auch nicht ganz so, wie sich das Thorfin in seinem benebelten Kopf vorgestellt hatte. Irgendwo war da ein mythologischer Fehler aufgetreten. Vielleicht gab es ja solche Pannen auf derartig unbekannten Routen. Jedenfalls unterzogen ihn die Götter vorher noch einer recht hinterhältigen und üblen Prüfung.

Sie ließen ihn wie einen großen Büffel in kaltes Wasser sausen, und da schlug er mit einer solchen Gewalt ein, daß er glaubte, ganz Walhall würde jetzt mit einem gewaltigen Bersten auseinanderfliegen. Das war vermutlich Thors Hammer, der ihm ins Kreuz gefahren war.

Meine Fresse, das sind vielleicht ein paar üble Grobiane, dachte Thorfin erschüttert, die walken mich erst einmal gehörig durch, bevor ich in die heiligen Hallen darf.

Ziemlich schmerzhaft war diese Prozedur, vor allem, weil sie ihn so lange unter Wasser festhielten. Wieder knallte er mit dem Helm an etwas, dann kriegte er Auftrieb und begann heftig zu paddeln.

Da war ein riesiger dunkler Felsen, sicher der Eingang ins Walhall, und als er ihn endlich erreicht hatte, stoben kreischend zwei schwarze Vögel auf und flogen davon.

Hugin und Munin, dachte er, die beiden Raben Odins, die verteufelt an große Möwen erinnerten. Der eine verkörperte den Gedanken, der andere, Munin, die Erinnerung. Jetzt waren Gedanken und Erinnerungen davongeflogen, und der Nordmann schüttelte sich wie ein nasser Hund.

Es dauerte lange, bis Odins Raben zurückkehrten und der Wikinger etwas ernüchtert in die Wirklichkeit blickte. Er war jetzt eine ganze Weile gekraxelt – über Felsen und Riffe – und strebte mit der einem Betrunkenen eigenen Beharrlichkeit allmählich wieder nach oben. Das dauerte eine kleine Ewigkeit, aber er schaffte es.

So richtig paßt alles noch nicht zusammen, dachte er. Walhall hatte ihn wieder ausgespien, wahrscheinlich hatte er sich danebenbenommen. Und die Walküren, die an seinen Helm geklopft hatten, waren auch verschwunden.

Triefnaß und leise fluchend begab er sich weiter nach oben, bis er aus Donegals Rutsche Stimmen und lautes Lachen hörte.

Verdammt, was war nur genau vorgefallen? fragte er sich immer wieder. Das ging doch alles nicht mit rechten Dingen zu. Endlich erreichte er „Old Donegals Rutsche“ und riß das Schott auf. Dann torkelte er klatschnaß hinein und sah sich um.

Zunächst wurde es eigenartig still und ruhig. Jedes Gespräch verstummte, auch das Gelächter hörte auf. Sie alle starrten den Nordmann an wie einen Geist.

„Der ist schon wieder da“, sagte jemand in die Stille hinein. „Das gibt’s doch gar nicht.“

Daraufhin brüllten sie los, schrien und lachten wie die Gäule. Ein ganz übles Gewieher war das.

Als Thorfin zu Smoky blickte, der sich ebenfalls vor Lachen krümmte, kehrte ein kleiner Teil der Erinnerung zurück – wie er glaubte.

Er ging auf ihn zu und gab ihm die Hand. Dabei grinste er, denn jetzt glaubte er genau zu wissen, was vorgefallen war.

„Alle Achtung“, sagte er. „Respekt, Smoky, Respekt. Du hast ja einen furchtbaren Schlag drauf. Mann, war das ein Hammer! Der hat mich glatt über die Felsen bis nach unten getrieben. Aber nur, weil ich stockbesoffen war“, setzte er einschränkend hinzu.

„Hä?“ fragte Smoky. „Hammer, Felsen? Ich kapier’ das alles nicht mehr so richtig.“

Daraufhin brach wieder ein schauderhaftes Gelächter los, das sich weder Smoky noch der Wikinger richtig erklären konnten. Aber die Kerle waren ohnehin alle ziemlich aufgefüllt, das war jetzt auch nicht mehr so wichtig.

Erneut kreisten die Humpen, und unter dem allgemeinen Gelächter sang Old O’Flynn, zwar nicht schön, aber sehr laut: „Wir segeln nach Potosi, zur heißen Mary-Rosy.“

Aber damit war wiederum seine Snugglemouse nicht einverstanden, die rothaarige Mary O’Flynn. Die verklarte ihrem Alten mit ihrer Reibeisenstimme, daß ihm gleich wieder mal ein Bierhumpen auf dem verdwarsten Schädel zerplatzen würde, falls er weiterhin schmutzige Lieder sänge.

Trotz allem war es doch ein recht gemütlicher Abend, so fanden alle, und jeder hatte seinen Spaß. Selbst der Wikinger fand es urgemütlich, wenn es auch mit dem Einzug in Walhall noch nicht so ganz geklappt hatte.

Erst am frühen Morgen trollten sich die ersten an Bord. Ein paar andere zogen es vor, in Donegals Rutsche zu übernachten, denn sie trauten sich nicht mehr über die Felsen hinunter.

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