Kitabı oku: «Seewölfe Paket 22», sayfa 22

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Fast eine Stunde verging, in der sich der Admiral fast vor Sehnsucht verzehrte. Verschwand die Eurasierin einmal aus seinem Blickfeld, dann reckte er schon den Hals und wurde nervös. Kehrte sie wieder an Deck zurück, dann ergötzte er sich wieder an ihrem Anblick und war „aufs äußerste fasziniert“.

Dabei überlegte er immer wieder, wie er es anstellen sollte, das Schiff in seine Gewalt zu bringen.

Weniger problematisch war für ihn, wie er die Frau herumkriegen konnte. Das war ganz einfach, nur mußte sich die Gelegenheit bieten, dicht in ihrer Nähe zu sein. Dann würde er auf seine übliche Tour scharwenzeln, seinen Charme ausspielen und die Dame einwickeln. Sie würde ihm mit Sicherheit nicht widerstehen. So einfach war das, so glaubte jedenfalls der Admiral, und so spann er seinen Faden unaufhörlich weiter, während er alles beobachtete.

Zwei Galgenvögel näherten sich etwas schüchtern. Der eine war Pablo, der einer Ratte ähnelte, der andere war Escola, dem die Nase so traurig im Gesicht hing.

„Na, was hat sich in der Kneipe getan?“ forschte Molino. „Warum seid ihr schon zurück?“

Die beiden sahen ziemlich belemmert drein.

„Da war überhaupt nichts los“, sagte Pablo. „Nur drei Kerle erschienen mit einer langen Liste und bestellten etwas bei dem Wirt.“

Als er die drei Kerle beschrieb, drehte sich der Admiral um und musterte Pablo aus schmalen Augen.

„Aha, die waren es also“, sagte er. „Was bestellten sie denn?“

„Das haben wir leider nicht mitgekriegt, Admiral, weil der Schwarzhaarige mit dem Wirt in der Küche verschwand. Aber Holz wollten sie haben, das habe ich genau gehört.“

„Weiter, weiter“, sagte der Admiral ungeduldig.

„Der Wirt muß das Holz erst besorgen, deshalb wollen sie heute nacht noch im Hafen bleiben.“

„Aha, das heißt also, daß sie morgen früh lossegeln werden. Das Holz werden sie wohl später abholen. Aber warum habt ihr Blödmänner eure Ohren nicht weiter aufgesperrt?“

„Wir wußten ja nicht, daß es wichtig war, Admiral“, sagte Pablo. „Aber wir gingen eigentlich aus einem anderen Grund weg.“

Pablo druckste noch ein bißchen herum, bis Molino ihm energisch gegen das Schienbein trat und ihn somit aufforderte, auch noch den Rest zu erzählen.

„Die beiden anderen Kerle fingen Stunk an. Stunk eigentlich nicht direkt, aber immer wenn wir ein Bier bestellten, soffen es uns die beiden grinsend weg. Der Rothaarige war ja nicht so unfreundlich, aber der andere mit den Narben im Gesicht, der Bordgeistliche, der drohte uns ein bißchen versteckt.“

„Der ist Bordgeistlicher?“ fragte der Admiral fassungslos. „Der mit dem gewaltigen Kinn und der brutalen Visage? Bordgeistlicher soll der sein?“

„Ja, das haben wir genau gehört. Er läßt auch immer Bibelsprüche los, und wer ihm widerspricht, den schlägt er zusammen. Wir wollten aber kein Aufsehen erregen, und so sind wir gegangen.“

„Bordgeistlicher“, wiederholte der Admiral immer hoch fassungslos. „Den Hauklotz muß ich mir nachher genauer ansehen. Wie kann so was denn Bordgeistlicher sein?“

„Vielleicht drischt er ihnen das Evangelium mit den Fäusten ein“, sagte Molino. „So was soll es ja geben, und wenn die Señorita sehr fromm ist, sorgt sie eben für Ordnung an Bord, und jedermann hat ebenfalls fromm und gläubig zu sein.“

Bei dieser Theorie kroch dem Admiral ein kühler Schauer über den Rücken, und er stierte wieder zu der Frau hin. Er konnte sich nicht vorstellen, daß die Lady besonders fromm war, denn sonst hätte sie die rote Bluse ganz sicher hochgeschlossen, abgedichtet und verschalkt getragen, damit niemand einen unzüchtigen Blick riskierte.

Sie brauchten auch nicht mehr lange zu warten, denn nach einer weiteren Viertelstunde kehrten die drei Männer auf dem Serpentinenpfad wieder zurück.

Der Admiral stellte sich so, daß er nicht auffiel, denn nach seiner stutzerhaften und kostbaren Kleidung hatten sich die Neugierigen schon mehrmals umgesehen und ihn dabei auch ganz ungeniert angestarrt. Jetzt und hier aber war es besser, wenn die drei Kerle ihn nicht sahen.

Sie gingen ziemlich dicht vorbei und unterhielten sich. Luis Campos nahm ganz besonders den Bordgeistlichen aufs Korn. Wenn der wirklich ein Hochwürden war, wollte er nicht bei dem an Bord sein. Der sah tatsächlich so aus, als würde er mit dem Alten Testament alle kurz und klein schlagen, die an seinem Wort zweifelten. Schon seine Stimme dröhnte so laut wie die Posaunen von Jericho, und dann hängte er an jeden Satz immer ein „Was, wie“ dran. Ein schöner Hochwürden war das, wenn er seinen Schäfchen das Bier wegsoff.

Nach nochmals einer Stunde, in der der Admiral eisern auf seinem Beobachtungsposten blieb, kamen Maultierkarren den Pfad herunter und fuhren auf die Pier. Dann wurden Fässer, Kisten, Tonnen und Ballen abgeladen, und das alles verschwand im unersättlichen Bauch des düsteren Zweideckers.

Bis zum Abend blieb der Admiral auf der Lauer und sah sich Schiff und Leute an. Das schwarzhaarige Weib Wühlte ihn immer mehr auf und machte ihn geradezu rasend.

Vielleicht sucht sie heute abend die Kneipe auf, dachte er. Dann war der erste Schritt getan.

„Wir ziehen uns jetzt zurück“, sagte er kurz vor Einbruch der kurzen Dämmerung. „Ein Dutzend Kerle kann sich heute an Land austoben, die anderen bleiben auf den Schiffen. Die beiden Kapitäne, die zu meinem Stab gehören, haben ebenfalls wachfrei. Sagt ihnen Bescheid und verschwindet jetzt. Später treffen wir uns in der Kneipe da oben am Berg.“

Pablo und Escola verschwanden, während der Admiral mit seinem Adjutanten den Weg zur Kneipe nahm.

8.

„Was ist denn mit euch Transäcken los?“ fragte Carberry zu diesem Zeitpunkt. „Will denn keiner mit? Sonst könnt ihr doch nicht schnell genug an Land rennen. Ribault ist mit ein paar Männern losgezogen, Siri-Tong ebenfalls, und ihr hockt hier, als ob ihr nicht bis drei zählen könnt.“

Die meisten zogen nicht so richtig oder hatten einfach keine Lust, zu Diego hinaufzugehen.

Der verfressene Paddy Rogers sah interessiert hoch.

„Bei Diego gibt’s doch auch was zu futtern, oder?“

„Na klar, jede Menge. Der haut dir ’nen ganzen Ochsen in die Pfanne, wenn’s sein muß. Und das alles wird mit dem Vormarssegel bezahlt.“

Der Profos sah sich im Kreis der Arwenacks um und grinste voller Vorfreude.

„Wieso mit dem Vormarssegel?“ fragte Smoky. „Das gibt’s doch überhaupt nicht.“

„Eben, deshalb brauchen wir ja auch nichts zu bezahlen. Der liebe Diego hält uns alle frei.“

„Haha“, sagte Mac Pellew, „gerade der wird entzückt sein; euch Rabauken freizuhalten. Der geizt doch mit jedem Copper. Der ist genauso geizig wie der alte Plymson.“

„Wenn ich sage, daß er uns freihält, dann stimmt das auch“, versicherte Carberry. „Niemand braucht einen lausigen Nickel mitzunehmen. Darauf halte ich jede Wette.“

Smoky spitzte die Ohren. Für Wetten jeder Art war er immer zu haben. Er wettete leidenschaftlich gern.

„Die Wette halte ich!“ rief er. „Ich wette, daß er uns nicht freihält, und du wettest dagegen.“

„Genau, abgemacht. Will noch jemand wetten?“

Mac Pellew kramte mit grämlichen Blicken in seinen Taschen herum und legte ein paar Münzen auf die Back.

„Sag bloß, du willst mitgehen“, erklärte Ed verwundert.

„Was sonst? Soll ich vielleicht hier herumhocken und Trübsal blasen?“

„Das tust du doch sonst auch immer. Also gut, dann legen wir den ganzen Krempel hier auf die Back, und wer die Wette gewonnen hat, kann das Zeug einstreichen. Wer geht noch mit?“

Smoky wollte mit, Mac Pellew, Paddy Rogers, Jack Finnegan und Matt Davies, der Mann mit der Hakenprothese. Jeder legte sein Scherflein auf die Back und sah den Profos an, der immer noch grinste.

„Das habt ihr verloren“, sagte er. „Das ist so sicher wie der Donner beim Gewitter.“

„Diego hält uns niemals frei“, behauptete Smoky. „Der gibt vielleicht die erste Runde zur Begrüßung aus, aber damit hat es sich dann auch schon. Du wirst dich wundern, Ed.“

„Oder ihr euch.“

Hasard entschied für sich, an Bord zu bleiben, selbst Ferris Tucker wollte nicht mit, und die anderen zogen auch nicht richtig.

Etwas später, über Tortuga war längst die Dunkelheit hereingebrochen, marschierte das halbe Dutzend Arwenacks los.

In Diegos „Schildkröte“ ging es bereits hoch her, als die Männer eintraten. Kerle aller Schattierungen hockten in der labyrinthartig verzweigten Spelunke. Ein paar Huren kicherten, in einer Abseite stritten sich zwei betrunkene Kerle. Hier gaben sich meistens jene Typen ein Stelldichein, die mit dem Teufel einen unheiligen Pakt geschlossen hatten. Aber es gab auch andere.

In einer Nische saßen um einen Tisch herum Siri-Tong, Jean Ribault, Karl von Hutten und das Ungetüm Barba. An anderen Tischen saßen weitere Männer aus Siri-Tongs und Ribaults Crew.

In einer der hintersten Nischen hockte der Admiral mit seinem Adjutanten, den beiden Schaluppenkapitänen und zwölf weiteren Schnapphähnen, die aussahen, als hätten sie rostige Nägel gefressen.

Himmel, sind das Visagen, dachte der Profos, als er sich einmal kurz umsah. Das waren ja Buschräuber der übelsten Sorte, ehrlose Halunken, die wegen eines lausigen Coppers die eigene Mutter umbrachten. Und inmitten dieser Schnapphähne hockte ein aufgeblasener Gockel in übereleganter Kleidung, der das große Wort führte.

Carberry kehrte den Buschräubern den Rücken, lümmelte sich an die Theke und blickte das Schlitzohr Diego grinsend an – seinen „guten Amigo Diego“, dem es unbehaglich über den Rücken rieselte, als er den Profos grinsen sah.

„Wir sind wieder da“, sagte der Profos, als hätte Diego das nicht längst bemerkt. „Freust du dich denn gar nicht? Du hast uns doch heute morgen extra eingeladen und wolltest uns freihalten.“

„Freihalten?“ fragte der alte. Halunke irritiert. „Aber mein lieber Amigo Ed, davon war doch keine Rede. Ich habe nur gesagt, ich hätte ein paar schöne Vögelchen für euch und ihr solltet den heutigen Abend nicht versäumen.“

„Wir sind ja nur sechs Mann“, meinte der Profos, „was ist das schon, wenn da jeder ein Bierchen nuckelt! Ein Klacks ist das, was, wie? Ich habe nämlich gewettet, daß du uns heute freihalten würdest, und ich will doch keine Wette verlieren. Was sollen die anderen Rübenschweine sonst von mir denken.“

„Ich weiß nicht, was die anderen Rübenschweine sonst denken“, murmelte Diego unbehaglich, „aber die Wette wirst du wohl verlieren, mein lieber Amigo Ed.“

Das Grinsen des Profos’ wurde ein bißchen hinterhältiger. Er lümmelte sich noch weiter an die Theke und schob lässig einen ziegenbärtigen kleinen Kerl zur Seite, der neben ihm herumhampelte.

„Du hast doch ein Geheimlager unter deiner Spelunke“, sagte Ed, „das ist mir noch verteufelt gut in Erinnerung, als wir da durchmußten. Von der Küche aus gelangt man da hinein, aber auch durch einen versteckten Zugang in der Schlucht, wenn man den Mechanismus kennt. Ich kenne ihn gut.“

„Um Himmels willen“, sagte Diego beschwörend, „doch nicht so laut, mein lieber Freund.“

Der Profos senkte daraufhin die Stimme zu einem Flüstern.

„In dem Geheimlager gibt es alles, was das Herz begehrt“, sagte er, „vom Schießpulver bis zu Wein, Bier und herrlichen Schnäpsen. Da könnte eine ganze Mannschaft monatelang saufen.“

„Was willst du damit sagen, Amigo?“ jammerte der Wirt.

„Na, ganz einfach, Amigo Diego: Wenn du uns nicht freihältst, werden wir in das Geheimlager durch die Schlucht eindringen und dort den Pegelstand der vielen Fässer und Flaschen ein bißchen verändern, nach unten, versteht sich. Und wenn wir richtig nuckeln, gelangst du in den Besitz vieler leerer Flaschen und Fäßchen. Da ist es doch wohl besser, du gibst hier ein paar Runden aus, damit ich meine Wette gewinne.“

Der Dicke schwitzte Blut und Wasser. Dann schluckte er hart.

„Das ist Erpressung“, keuchte er.

„Das ist eine Alternative oder wie das heißt“, säuselte der Profos. „Eine von zwei Möglichkeiten. Wer wird denn einen lieben Freund erpressen, Amigo? Es handelt sich doch nur um eine lumpige Wette.“

„Die mich ein Vermögen kostet“, klagte der Dicke.

Der Profos grinste immer noch so freundlich, während Diego weiterhin Blut und Wasser schwitzte. Er versuchte es ein letztes Mal.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein.“

„Doch, doch. Mein voller Ernst.“

„Was wird denn dein Kapitän dazu sagen?“ fragte der Dicke.

„Er wird es nie erfahren – und wenn, dann erst, wenn das Geheimlager total gelenzt ist und von der Kneipe nur noch die nackten Felswände übrig sind.“

Da gab Diego sich endlich geschlagen. Nein, dachte er, dann hielt er die Kerle doch lieber frei, weil das immer noch billiger war. Er stellte sich vor, wie dieses Ungetüm von Profos mit den fünf anderen Rabauken im Geheimlager hockte und wie sie über die Wein-, Bier- und Schnapsvorräte herfielen. Dieser Gedanke behagte ihm überhaupt nicht. Wenn die Kerle total abgefüllt waren, zerschlugen sie ihm womöglich noch den Rest, und der Schaden würde ins Unermeßliche gehen.

„Also gut“, murmelte er mit versagender Stimme. „Du hast deine Wette gewonnen. Ich halte euch frei.“

„Lauter, damit die anderen das auch hören“, sagte der Profos heiter.

„Ihr seid heute meine Gäste“, sagte Diego lahm, „ich halte euch heute frei. Ihr könnt trinken, was Ihr wollt.“

Smoky starrte den Wirt perplex an. Die anderen staunten ebenfalls.

„He!“ sagte Smoky verblüfft. „Dann haben wir ja unsere Wette verloren.“

„Genauso ist es“, sagte Ed. „Mit einem ausgewachsenen Profos soll man eben nicht wetten. Diego kann meinem Charme einfach nicht widerstehen.“

„Nein, sein Charme ist wirklich umwerfend“, sagte der Wirt. „Er ist auch immer so bescheiden.“

„Richtig“, murmelte Ed. „Wie heißt es doch: Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“

„Was wollt ihr denn trinken?“ fragte Diego ängstlich.

Carberry überlegte nicht lange. Er hatte da schon ganz gewisse Vorstellungen.

„Lage laufend“, erklärte er lässig.

„Hab’ ich nicht“, sagte Diego. „Was ist das denn?“

„Bier und Schnaps, mein Freund. Lage laufend hat nämlich den Vorteil, daß du den Zapfhahn nicht immer auf- und zudrehen mußt. Du kannst ihn gleich offenlassen und brauchst nur immer die Humpen darunterzuhalten. Wir werden schon dafür sorgen, daß nichts verlorengeht. Wir haben nämlich verflucht großen Durst.“

Der Profos sah sich um und entdeckte den stutzerhaft gekleideten Kerl, der ihn verwundert anstarrte. Daß der Admiral ihn für einen Bordgeistlichen hielt, konnte der Profos allerdings nicht wissen. Als sich ihre Blicke kreuzten, sah der Admiral scheinbar gleichgültig zur Seite.

„Lage laufend“ brachte den dicken Diego ganz schön ins Schwitzen, denn die Kerle legten ein Tempo vor, als wären sie am Verdursten. Kaum hatte er diesem Monstrum von Profos den ersten schäumenden Humpen hingestellt, da soff der ihn auch schon in einem mächtigen Zug aus, wischte sich über die Futterluke und knallte den Humpen auf die Theke.

„Das andere Zeug kann der Schankknecht an den Tisch bringen“, sagte Ed gönnerhaft, „den ersten zischen wir immer am Tresen. Wir setzen uns da drüben hin.“

Er deutete auf einen Tisch, den Diego extra freigehalten hatte, an dem aber der Ziegenbärtige hockte, der eben noch an der Theke gestanden hatte.

Sie setzten sich um ihn herum und kreisten ihn ein. Das Kerlchen mit dem Lotterbart glotzte von einem zum anderen, fühlte sich mächtig unbehaglich und tat das unter ständigem Geräusper kund.

„Hast du Motten im Bart, Gevatter?“ erkundigte sich der Profos. „Du siehst so zerpliesert aus.“

Das dreckige Kerlchen zupfte aufgeregt schluckend an seinem Bart herum und schüttelte den Kopf.

„Motten?“ krächzte er. „Wollen Sie mich beleidigen, Señor?“

„Dieser Tisch ist doch reserviert“, sagte Ed, „aber nicht für ein mottenbärtiges kleines Rübenschwein, sondern für uns. Oder habe ich das falsch verstanden, was, wie?“

Barba blickte grinsend zu ihnen herüber, und auch der Franzose lachte leise, weil Ed es wieder mal nicht lassen konnte. Sie rückten dem Kerlchen noch etwas dichter auf die Pelle, bis der hoffnungslos eingeklemmt zwischen Smoky und dem Profos saß.

Das behagte ihm noch weniger, und den anderen behagte es auch nicht, denn der Kleine stank wie ein Ziegenbock und seine Nähe war nur schwer zu ertragen.

Er schnappte sich seinen Humpen, murmelte etwas und quetschte sich zwischen den beiden hindurch. Mit galligen Blicken hastete er zur Theke und zupfte wieder aufgeregt an seinem Bart.

Die Männer aus Ribaults Crew und auch die von Siri-Tong lachten und schmusten mit Diegos Täubchen. Aus den Nischen waren Gekicher und Gekreische zu hören. Die Mannschaften des Bundes der Korsaren waren heute Diegos bevorzugte Gäste, und sie genossen das sichtlich. Noch mehr bevorzugt wurde allerdings die Crew um Carberry – wegen der geheimen Erpressung. Einer der Schankknechte rannte ständig hin und her, um die Kerle zu versorgen, und er hatte viel zu tun, denn auch Mac Pellew soff heute wie ein Gaul, obwohl er ein Gesicht zog, als würde ihm eimerweise Essig vorgesetzt.

Der dickliche Paddy Rogers bewies wieder einmal, daß er nicht nur viel essen konnte. Im Trinken war er genauso gut und nahm es anfangs auch noch mit dem Profos auf.

„Sieh dir mal diesen Krähhahn an“, raunte Smoky dem Profos zu, „der glotzt dich an, als wolle er dich auffressen. Und die Rote Korsarin hat er mit seinen Blicken schon aufgefressen.“

„Kenne ich nicht“, sagte Ed. „Aber wenn er noch lange so dämlich glotzt, werde ich ihm sein Rüschenhemd verknoten. Wird sowieso Zeit, daß hier mal wieder der Laden gefegt wird.“

Die anderen grinsten, denn der Profos war nun einmal ein Rabauke aus Passion, der keinem Stunk aus dem Wege ging. Aber er beruhigte sich schnell wieder, als vier Täubchen, die Diego geschickt hatte, ihren Tisch ansteuerten.

Die Señoritas kicherten verschämt und fragten noch verschämter, ob sie Platz nehmen dürften, um die Gentlemen ein wenig zu unterhalten.

Klar durften sie, und sie durften sich auch gleich etwas zu trinken bestellen, weil die Männer ja noch „Lage laufend“ guthatten und Bescheidenheit in diesem Fall wirklich nicht angebracht war.

In der hinteren Nische lief dem Admiral und seinen Kerlen langsam die Galle über. Sie kriegten kein Bein auf den Boden, keine Señorita erschien an ihrem Tisch, und sie wurden ziemlich nachlässig bedient, weil die anderen Kerle hier ganz offen bevorzugt wurden. Den Admiral ärgerte das über alle Maßen.

„Da ist wieder dieser Bordgeistliche!“ sagte er entrüstet. „Diese Kerle predigen den anderen Moral, aber sie selbst saufen und huren ungeniert herum. Dieser Hochwürden säuft mehr als ein Ochse.“

Den anderen paßte das ebenfalls nicht. Auf ihren Galgenvogelvisagen erschien allmählich ein drohender Ausdruck.

Luis Campos hatte jetzt allerdings Gelegenheit, die Rote Korsarin genauer in Augenschein zu nehmen, was er auch ungeniert tat. Aus unmittelbarer Nähe stierte er die hübsche Eurasierin an und wurde immer schärfer und erregter.

Er plusterte sich auch wieder auf und riß dumme und zotige Witze, um die Aufmerksamkeit der Señorita zu erregen. Doch die warf ihm zu seinem Ärger nicht einen einzigen Blick zu. Sie nahm ihn überhaupt nicht zur Kenntnis, er war Luft für sie.

Das kratzte mächtig an seiner Eitelkeit und der Einbildung, daß er sich für unwiderstehlich hielt. Auch als er sich mehrmals laut räusperte, reagierte die Angebetete in keiner Weise. Sie unterhielt sich mit einem schlanken, verwegen aussehenden Kerl und lachte hin und wieder perlend.

Was die sich einbildete! Der Fatzke neben ihr sah nicht halb so gut aus wie er, und das Monstrum an ihrem Tisch mit der plattgehauenen Visage war ja wohl das letzte! So dachte der Admiral, doch er wollte die Gelegenheit nutzen um die Señorita kennenzulernen. Wenn die morgen in See ging, war die letzte Gelegenheit vorbei, und er würde sie vielleicht nie wiedersehen.

Diese Frau und das Schiff, dachte er, das ist eine einmalige Kombination. Diesen Gedanken konnte er nicht mehr loswerden, er nistete sich immer fester in ihm ein.

Einmal brüllte er laut nach dem Wirt und beschwerte sich über die lahme Bedienung. Er trat ziemlich herrisch auf, doch auch diese Geste verfehlte ihre Wirkung, weil Diego ärgerlich abwinkte und die Señorita ihn wiederum nicht zur Kenntnis nahm.

Carberry hatte sich halb zur Seite gedreht. Neben ihm saß eine aufgedonnerte Schöne, die an seinen Haaren auf der Brust herumzupfte, die dem Profos wie eine Matte aus dem Hemd quollen.

Er sah genau, was da in der Nische vor sich ging, und hatte auch etwas von einem „Bordgeistlichen“ vernommen. Er grinste still vor sich hin. Demnach hatte der aufgeblasene Gockel also zwei Zuträger, und zwar waren das jene Kerlchen, die heute morgen in der Kneipe gewesen und „einen ausgegeben“ hatten. Er sah die beiden Kerle jedoch nirgends.

„Der Kerl wird ja immer wilder“, raunte Jack Finnegan. „Der kann kaum noch an sich halten. Ein aufdringlicher Gockel ist das. Der will was von der Roten Korsarin.“

„Hab’ ich längst gemerkt“, sagte Ed, „darauf warte ich ja nur. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, werden wir den Gockel mal krähen lassen.“

Die Gelegenheit ergab sich schon bald darauf, denn der Admiral wollte es jetzt ganz genau wissen.

Er beugte sich zu Molino hinüber und sah ihn an.

„Ich möchte die Señorita kennenlernen“, sagte er. „Du, als mein persönlicher Adjutant, erhältst den ehrenvollen Auftrag, die Señorita an meinen Tisch zu bitten. Tu das aber gefühlvoll, charmant und freundlich. Du sagst ihr, daß der Admiral sie bitten läßt, klar?“

„Sehr wohl, Admiral. Sie werden mit mir zufrieden sein.“

Carlos Molino erhob sich mit einem schmierigen Grinsen, das er für besonders anziehend hielt. Dabei versuchte er, seinen Herrn und Meister nachzuahmen, doch das haute nicht hin. Er war und blieb ein Rüpel mit schlechten Manieren. Zudem hatte er nicht den blassesten Schimmer, wen er da ansprach.

Carberry linste wieder hinüber, spitzte die Ohren und sah, wie der Kerl aufstand und sich anschickte, an den anderen Tisch zu gehen.

„Jetzt fängt es an“, sagte er händereibend. „Der Dreckspatz soll für den anderen Gockel die Rote Korsarin ankrähen. Mal sehen, ob ich recht behalte.“

Er behielt recht, der Profos.

Molino trat an den Tisch der Roten Korsarin und blickte sie an. Auf einen Gruß verzichtete er, ebenso ignorierte er die anderen Männer. Und von Charme oder Freundlichkeit war überhaupt nicht die Rede. Er behandelte Siri-Tong so, als sei sie eine von Diegos Schlampen.

„Der Admiral will dich kennenlernen, Süße“, sagte er und starrte grinsend in Siri-Tongs Blusenausschnitt. „Also mach schon, er ist es nicht gewohnt, daß man ihn warten läßt.“

Karl von Hutten grinste sich eins. Jean Ribault schüttelte sich in lautlosem Gelächter, nur Barba hob den massigen Schädel und sah den Kerl bösartig an.

Siri-Tong sagte gar nichts. Sie tat so, als sei der aufdringliche Kerl überhaupt nicht vorhanden.

Molino stierte von einem zum anderen. Er bemerkte verärgert, daß zwei Kerle grinsten und die Frau ihn einfach ignorierte.

„Ich sagte, der Admiral …“

„Was du hier sagst, interessiert niemanden“, entgegnete Barba mit seiner tiefen Stimme. „Aber ich empfehle dir, dich schleunigst zu trollen, sonst laß ich die Kuh fliegen.“

„Wen läßt du fliegen?“ fragte Molino verständnislos.

„Die Kuh“, wiederholte Barba dumpf. „Und wenn ich die Kuh fliegen lasse, dann fliegt sie bis über die Kimm.“

Molino stierte immer noch. Er kannte Barbas Lieblingsspruch nicht und konnte sich auch nichts darunter vorstellen. Offenbar war der Hauklotz bescheuert, wenn er Kühe fliegen lassen wollte.

Barba warf ihm einen zweiten Blick zu. Dieser Blick war so fürchterlich, daß dem Adjutanten das Blut in den Adern gefror. Er sah das narbige wilde Gesicht und die Pranken, die der Kerl jetzt zu gewaltigen Fäusten schloß. Das ernüchterte ihn recht schnell, und so warf er dem wüsten Kerl nur einen irritierten Blick zu.

Dann drehte er sich um und kehrte an den Tisch zurück, wo die anderen ihn erstaunt ansahen.

„Was ist?“ fragte der Admiral ungeduldig. „Was hat sie gesagt?“

„Sie gab überhaupt keine Antwort, Admiral. Die beiden anderen Kerle auch nicht, sie übersahen mich einfach. Und der Hauklotz da vorn faselte davon, daß er die Kuh fliegen lassen würde.“

„Hier gibt’s keine Kühe“, sagte der Admiral verärgert, „also kann er auch keine fliegen lassen. Der Kerl spinnt wohl!“

„Ich schlage vor, daß wir hier mal andere Saiten aufziehen sollten“, sagte Molino. „Der Kerl pöbelte mich ziemlich übel an. Vielleicht verstehen sie eine andere Sprache besser.“

„Da bin ich ausnahmsweise mal ganz deiner Meinung, Molino. Aber vielleicht hast du etwas falsch gemacht. Ich versuche es noch einmal im guten und werde dir zeigen, wie man eine Dame mit Charme und Grandezza erobert. Paß gut auf, du kannst viel dabei lernen.“

Der Admiral erhob sich, pumpte sich auf und drückte die Brust raus, daß er kaum noch seine Stiefel sehen konnte. Dann stelzte er gespreizt zu der anderen Nische hinüber, wobei er sich kühn und verwegen nach allen Seiten umblickte.

„Jetzt kräht der Gockel selbst“, sagte Carberry, dem absolut nichts entgangen war und der sich über Barbas Spruch köstlich amüsiert hatte.

Jetzt würde wirklich gleich die Kuh fliegen, denn er konnte als „frommer Pilger“ nicht zulassen, daß der Gockel Siri-Tong anquatschte.

Grinsend schob er das Täubchen ein wenig zur Seite und hob seinen Bierhumpen hoch.

Der Admiral mußte an ihm vorbei, wenn er zur anderen Nische wollte.

Carberry grinste so freundlich wie ein Rübenschwein und hob den Humpen noch höher, als der Gockel heranstelzte.

Als Luis Campos auf gleicher Höhe war, den Blick jetzt kühn voraus auf die Nische gerichtet, stellte der Profos ihm ein Bein. Er tat das so ganz nebenbei und nahm auch noch einen Schluck.

Der Admiral sah das Hindernis nicht, weil er seine Brust zu sehr aufgebläht hatte. Er stolperte und fiel der Länge nach auf die Nase.

Carberry begann dröhnend und schadenfroh zu lachen. Auch die anderen brüllten lachend los, als der Admiral bäuchlings auf den staubigen Dielen der Kneipe landete.

Der Profos konnte sich kaum beruhigen. Jetzt hatte er genau das erreicht, was er wollte. Der Stunk war da, also konnte man dem Affen gleich etwas genauer auf den Zahn fühlen.

Luis Campos lief knallrot an. Unbeschreibliche Wut stand in seinen Augen, als er mit einem schnellen Satz wieder auf den Beinen war.

„Welcher Hund war das?“ brüllte er.

„Das war ich, der Bordgeistliche“, sagte Carberry feixend. „Warum mußt du auch über meine Knochen stolpern, du Rübenschwein? Du mußt aufpassen, wo du hinlatschst, klar?“

Luis Campos sah rot. Er hatte auf diesen „Hochwürden“ ohnehin schon eine Wut, die er sich nicht erklären konnte, aber jetzt stellte ihm dieser Kerl absichtlich ein Bein und degradierte ihn bis zur Lächerlichkeit. Das konnte nur mit Blut abgewaschen werden.

Blitzschnell griff er zum Gürtel und zog ein langes, dünnes Messer. Sein Arm holte schon aus, da war diese narbige Visage plötzlich verschwunden. Der Stich ging ins Leere.

In der Nische sprangen die Kerle auf, als wären sie von giftigen Nattern gebissen worden. Sie alle wollten ihrem Admiral zu Hilfe eilen, um die Scharte wieder auszuwetzen.

Poch da waren auch noch die Seewölfe und die Männer von Siri-Tong und Jean Ribault, die bereits auf der Lauer lagen.

Carberry stand seitlich neben dem Admiral, der mit einem lauten Wutschrei herumfuhr.

„Dich bring’ ich um!“ kreischte Campos wild.

„Da mußt du aber eine Culverine nehmen“, schlug der Profos vor, „und nicht den Pikser.“

Sein Arm schoß unglaublich schnell vor, packte das Handgelenk, drehte es hart herum und drückte mit aller Kraft zu, bis dem Admiral das Wasser in die Augen stieg und er das Messer fallen ließ.

Mac Pellew bückte sich, hob es auf und sagte trocken: „Danke, Ed. So was kann man immer in der Kombüse brauchen.“

Der Profos nahm Maß und feuerte seine gefürchtete Rechte ab, eine Faust, die einem explodierenden Faß voller Schießpulver glich. Den Admiral erwischte sie voll auf der Brust. Er raste los, überschlug sich, polterte über die Dielen und schrammte hart an die Theke, hinter welcher der dicke Diego zeterte und jammerte.

Aber Campos war auch hart im Nehmen. Zwar hatte ihm dieser harte Schlag die Luft aus den Lungen getrieben, und er sah ständig rote Nebel um sich kreisen, aber jetzt packte ihn ein unglaublicher Jähzorn, eine wilde, heiße Wut. Er schnappte sich den nächsten Humpen von der Theke und wollte ihn Carberry auf den Schädel donnern.

Nun war Diego ein Mann mit einer Marotte, und die bestand darin, daß er ein ausgesprochener Kakteenliebhaber war. Überall in seiner Kneipe standen die Dinger in Töpfen und Schalen herum.

Was sich schon einmal bewährt hat, dachte der Profos, würde sich auch wieder bewähren, und so schnappte er sich einen großen Kaktus mit langen borstigen Stacheln. Als der Humpen niedersauste, trat Ed blitzschnell zur Seite und drückte dem Admiral den Kaktus ins Gesicht.

Die Antwort war ein wilder verzweifelter Schrei, der in der höchsten Tonlage abrupt abbrach.

Der Admiral hatte die Augen geschlossen und sah aus wie ein Stachelschwein im Rüschenhemd, als hätte er sich tagelang nicht rasiert. Die Stacheln ragten nach allen Seiten aus seinem Gesicht.

„Hau ihm bloß nicht auf die Visage, Ed“, maulte Mac Pellew, „sonst verletzt du dich, und ich kann dir die Stacheln wieder rausziehen, wozu ich heute nicht die geringste Lust habe.“

„Ist gut“, sagte der Profos und setzte dem Admiral die Faust knallhart in den Magen.

Luis Campos brach stöhnend zusammen.

Der Profos hievte ihn am Kragen seiner Jacke hoch und schleppte ihn zur Tür, um ihn draußen abzuladen, „weil Stachelschweine hier nichts zu suchen haben“, doch da traf den Profos selbst etwas ins Kreuz.

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