Kitabı oku: «Seewölfe Paket 27», sayfa 27

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7.

Hasard ging auf Nummer Sicher. Er hatte die paar Stunden bis zum Morgen geschlafen und brach mit Sam Roskill und Matt Davies noch einmal auf, um sie als Posten einzuweisen. Sie sollten ein Versteck in der Nähe des Platzes, wo gerodet wurde, beziehen und die Kerle beobachten, beziehungsweise die Schneise bewachen, die zur Bucht führte, jene Schneise, die sie gestern abend geschlagen hatten, als sie zum Kastell aufgebrochen waren.

Es war nicht nötig, den beiden äußerste Vorsicht einzuschärfen. Sobald die geringste Gefahr im Verzug war, sollten sie sich sofort zurückziehen. Gegen Mittag würden Stenmark und Blacky die beiden ablösen.

Hasard klopfte ihnen auf die Schulter und kehrte durch die Schneise zur Bucht und auf Dans Schaluppe zurück. Die acht befreiten Badjao-Frauen befanden sich auf Don Juans Schaluppe und hatten sich dort eingerichtet, freundlich betreut von der Mannschaft, die sie mit Essen und Trinken versorgte.

Es konnte gegammelt werden, aber es war die Ruhe vor dem Sturm. Hasard schaltete wieder ab und packte sich achtern auf die Planken. Gegen vier Uhr nachmittags wollte er geweckt werden.

Er duselte ein – und wurde nach zwei Stunden geweckt. Sam Roskill war erschienen und meldete, bisher sei noch kein Rodungstrupp samt Bewachung aufgetaucht. Und er fügte als Witz hinzu, vielleicht sei heute bei den Mijnheers ein Feiertag.

Hasard fand das keineswegs witzig.

Waren die Kerle mißtrauisch geworden, so mißtrauisch, daß sie ihre Gefangenen unter Verschluß hielten, nachdem in der Nacht die acht „Weiber“ verschwunden waren – und mit ihnen ein gewisser Cornelis?

Das fehlte gerade noch und würde alle Pläne über den Haufen werfen. Verdammt, er mußte die Gefangenen befreien. Er konnte das Kastell erst angreifen, wenn diese Menschen außer Gefahr waren – außerhalb des Kastells, denn das würden die Culverinen der „Santa Barbara“ in einen Trümmerhaufen verwandeln.

Was jetzt? Um diese Zeit gestern waren die Gefangenen längst bei der Fronarbeit gewesen.

Hasard beriet sich mit Dan O’Flynn und Don Juan, der herübergepullt war. Auch die Mannen nahmen an der Beratung teil. Sam Roskill wartete, bis eine Entscheidung gefallen war.

Sie fiel sehr schnell.

Dan O’Flynn schlug vor, einen Zwei-Mann-Spähtrupp zum Kastell vorzuschicken und die Lage peilen zu lassen.

Und wer?

Na ja, zwei Mann, die den Weg bereits kannten. Oder wenigstens einer aus dem nächtlichen Vierer-Trupp: Batuti, Gary Andrews, Don Juan oder Hasard!

„Ich gehe“, sagte Batuti. Es klang so selbstverständlich, als gab’s daran überhaupt nichts zu rütteln.

„Und ich“, erklärte Carberry und setzte treuherzig hinzu: „Sonst krieg’ ich hier die Motten. Außerdem sind mein Freund Batuti und ich aufeinander eingespielt, wie bekannt sein dürfte. Denn wir beiden waren es, die damals auf Tortuga die Wildsau losließen, als die Dons die Insel besetzt und den dicken Diego in der Mangel hatten.“

„Ihr sollt hier aber keine Wildsau loslassen“, entgegnete Hasard, „sondern lediglich die Lage peilen.“

„Wir sind die besten Lagepeiler, die du hast, Sir“, erwiderte Carberry unverfroren, „bessere als uns gibt’s überhaupt nicht.“

Hasard seufzte. „Gut, du bester Lagepeiler aller Zeiten. Aber ich betone ausdrücklich, daß nur die Lage gepeilt wird, nichts anderes, kein Schlagabtausch, gar nichts. Das ist ein Befehl.“

„Aye, Sir, mein Freund Batuti und ich werden keinen Käsefresser anrühren. Darauf kannst du dich verlassen.“

„Ed“, sagte Dan O’Flynn. „Da ist etwa ostnordöstlich des Kastells an der Ostküste der Insel ein Felskegel mit einem Beobachtungsposten der Holländer. Nehmt ein Spektiv mit und ortet den Ausguck, damit ihr wißt, wo er steckt und ihr euch dementsprechend in Deckung haltet.“

„Gut, daß du das erwähnst, Dan“, sagte Hasard und wandte sich an Batuti: „Dieser Ausguck könnte euch sehen, wenn ihr den Dschungel verlaßt und die Plantagen überquert. Vielleicht solltet ihr sie umgehen.“

Batuti nickte. „Das werden wir tun, Sir. Wir umgehen die Plantage westlich. Das bietet sich an.“

„In Ordnung. Viel Glück!“

Carberry holte noch ein Spektiv. Dann wurden die beiden Männer zusammen mit Sam Roskill an Land gesetzt. Sie nahmen wieder den Weg durch die Schneise und schlichen nach Verlassen dieses Pfades zu Matt Davies.

Dort hatte sich nichts verändert. Der Arbeitsplatz lag verödet, keine Gefangenen, keine Aufseher.

Batuti und Carberry zogen weiter und benutzten jetzt den anderen Pfad durch den Dschungel, der ausgetrampelt war. Sie hielten sich am Rand dieses Pfades, um sofort im Buschwerk untertauchen zu können, falls sich vor ihnen jemand nahte. Buschwerk und Schlinggewächse beidseits des Trampelpfads boten sichere Deckung.

Batuti schnürte sichernd voraus, an die acht Schritte vor Carberry. Wenn er stehenblieb, um zu lauschen, verharrte auch der Profos wie ein Standbild, bereit, sich ins Buschwerk zu werfen. Trotz der Pausen gelangten sie zügig voran, bis sie den Rand des Dschungels erreichten.

Batuti sicherte wieder und winkte dann Carberry heran. Auf den Feldern der Plantagen befand sich niemand. Der Felskegel, von dem Dan gesprochen hatte, war von hier aus nicht zu entdecken. Batuti nickte nach Westen und setzte sich wieder in Marsch. Jetzt blieben sie auf der Grenze von Dschungel und der gerodeten Plantagenfläche.

Sie umgingen die Gesamtfläche, bis sie nach Süden abknickte. Jetzt lag der Dschungel westlich von ihnen. Sie pirschten weiter, und dann entdeckte Batuti, der immer wieder nach Osten gespäht hatte, in dieser Richtung einen hohen felsigen Kegel. Sie drückten sich in das Buschwerk rechter Hand, und Carberry holte das Spektiv aus dem Gurt.

Eine kurze Weile schaute er hindurch, dann nickte er und sagte: „Auf dem Ding befindet sich ein Ausguck, aber der linst nicht in unsere Richtung.“

Er reichte Batuti den Kieker. Der beschäftigte sich ebenfalls mit diesem Ausguckposten und stimmte dem Profos zu. Trotzdem war nicht sicher, ob der Kerl auf dem Felskegel in bestimmten Abständen Rundblicke nahm.

Immerhin waren acht Frauen geflohen. Vielleicht hatte er Order, auch das Inselgelände im Auge zu behalten.

Da half jetzt alles nichts, sie mußten sich in der Deckung des Dschungels weiter nach Süden vorarbeiten und dann ostwärts schwenken. Aber das Kastell war nicht mehr weit. Den größten Teil des Weges hatten sie hinter sich gebracht.

Ohne lange zu fackeln, zogen sie ihre Entermesser. Und weiter ging’s. Wo der Weg von Lianen oder anderen Schlinggewächsen versperrt war, setzten sie die Messer ein. Sie umgingen Baumriesen oder zwängten sich durchs Gestrüpp vorwärts.

Als das Gelände abfiel, schwenkten sie nach Osten ein. Die See war nah, sie rochen es. Sie lag rechts von ihnen im Süden. Von dem Felskegel sahen sie nichts mehr – und wurden nicht gesehen. Das Blätterdach über ihnen schützte sie.

Nach kurzer Zeit mußten sie in eine Schlucht absteigen, durch die ein Bach seewärts floß.

Der Profos grinste und flüsterte: „Da sollten wir einen gluckern, auch wenn’s kein Rum ist.“

Batuti nickte und probierte das Wasser. Es war rein und klar und erfrischte. Sie tranken vorsichtig und wischten sich die verschwitzten Gesichter sauber.

Dann stiegen sie den Bach abwärts und erreichten den Strand. Das war auch eine Möglichkeit, weiter nach Osten vorzudringen. Der Weg lag im toten Winkel des Ausguckpostens auf dem Felskegel. Strand und felsiges Gestein wechselten sich ab. Hier gelangten sie gut voran, es war nicht stickig und schwül wie in dem Dschungelverhau.

Der Strand verlief in West-Ost-Richtung, unterbrochen von kleinen Buchten. Und dann versperrte ihnen ein Steilfelsen den weiteren Weg – und auch die Sicht. Das Ding ragte weit in die See, rissig und schrundig und von den Wellen attackiert. Es zu umschwimmen, das mochten die beiden nicht riskieren.

Also Aufstieg.

„Affe müßte man sein“, meinte Carberry.

„Dann hättest du endlich einen echten Affenarsch“, sagte Batuti grinsend und machte sich an den Aufstieg.

Dieser Felsen war an die zweihundert Fuß hoch, bot jedoch Stufen und Simse, über die man sich kletternd und ziehend hocharbeiten konnte. Wer in Wanten auf schwankendem Schiff herumturnte, der bewältigte auch solche Kletterpartien.

Batuti erreichte als erster den buschbewachsenen Kamm und wollte sich aufrichten, sackte aber sofort wieder zusammen.

„Was ist?“ fragte Carberry.

„Das Kastell!“ zischte Batuti. „Nur an die achtzig Yards von uns hier entfernt!“

„Na, das ist doch mal was“, brummte Carberry und schob sich höher, bis er Batuti erreichte, der flach auf dem Bauch lag und durch die Büsche spähte. Er ging daneben in Stellung.

Und da hatten sie des Rätsels Lösung, warum der Rodungsplatz an der Ostküste verwaist geblieben war.

An der Holzpier des Hafens lag eine dickbauchige Fleute, dieser typische Handelssegler der Holländer. Aber armiert war er auch.

Und der Segler wurde entladen. Von wem? Von den Gefangenen, die sonst die Äxte schwingen mußten. Sie schleppten Säcke an Land und zu den Schuppen. Auch die braunhäutigen Frauen schufteten dort, und Carberry knirschte mit den Zähnen, als er das sah.

Und auch die Peitsche fehlte nicht. Schlimmer noch – da lümmelten an die fünfzig oder sechzig Holländer herum – ganz abgesehen von der Schiffscrew –, schauten zu und ließen zwölf Männer und fünf Frauen für sich arbeiten. Und diese siebzehn Menschen leisteten weiß Gott Schwerstarbeit.

Die zwölf Männer waren Weiße, offenbar Spanier oder Portugiesen, nach den dunklen Haaren zu urteilen. Ihrer Kleidung nach konnten sie Seeleute sein. Das war noch zu erkennen, obwohl ihnen das Zeug in Fetzen vom Leib hing. Gleich den Frauen sahen sie zum Gotterbarmen aus.

Die Fleute mußte am frühen Morgen eingetroffen sein. In der Nacht jedenfalls hatte sie noch nicht an der Pier gelegen, das wußte Batuti sehr genau. Ein solcher Segler war nicht zu übersehen.

Noch vor dem Mittag war die Fleute entladen. Da konnte es durchaus sein, daß die Gefangenen wieder zum Roden getrieben wurden – natürlich erst, wenn sich die als Aufseher eingeteilten Kerle an der anstrengenden Arbeit des Zusehens erholt und ihr Mittagsmahl eingenommen hatten.

Batuti und Carberry eilten zurück. Bei der Eiche kontrollierte der Gambia-Mann noch einmal, ob Spuren zu sehen waren. Er fragte Carberry, aber der schüttelte den Kopf. In der Schlucht waren nur ein paar abgeknickte Zweige zu sehen. Doch wer starrte da schon hinunter!

Sam Roskill und Matt Davies waren bereits von Stenmark und Blacky abgelöst worden. Carberry wies sie darauf hin, daß die Aufpasser mit ihren Gefangenen bald erscheinen könnten.

Hasard atmete auf, als er den Grund für das Ausbleiben der Gefangenen hörte. Es schien also doch noch zu klappen. Daß man den Gefangenen für die andere Hälfte des Tages eine Erholung gönnen würde, nahm auch er nicht an. Da paßte eher ein Elefant durchs Nadelöhr.

Gegen zwei Uhr war die Holzfällerarbeit von den geplagten und geschundenen Menschen wiederaufgenommen worden. Blacky hatte es gemeldet. Keiner der Aufseher – es waren wieder fünfzehn – hatte sich sonderlich mißtrauisch gezeigt, geschweige denn die Umgebung des Rodungsplatzes abgesucht oder nach Spuren gefahndet.

Gleichgültigkeit? Sturheit?

Hasard wußte es nicht. Dabei lag nahe, daß die flüchtigen Frauen ins Innere der Insel vorgedrungen waren, und zwar zunächst über bereits geschlagene Pfade, um sich möglichst schnell und weit abzusetzen. Und da war nur der Weg zu den Plantagen und dann der Trampelpfad zu der Rodung.

Aber für die Arwenacks und ihr Vorhaben war das alles nur günstig.

Gegen vier Uhr nachmittags brachen die Männer auf. Die Badjao-Frauen wußten, was die weißen Männer vorhatten. Don Juan hatte es ihnen mittels seiner eindrucksvollen Zeichensprache erklärt. Ja, diese Frauen hatten Geduld. Es war für sie selbstverständlich, daß auch den anderen Gefangenen geholfen wurde. Sie winkten von Bord der Schaluppe, als die Mannen sich noch einmal umdrehten, bevor sie in der Schneise am Buchtufer verschwanden.

In guter Deckung außerhalb der Rodung begann Hasard seine Männer einzuweisen und so zu verteilen, daß sie einen weiten Ring bildeten, der sich allmählich auf den Schauplatz des Überfalls zusammenzog.

Sie würden sich langsam und vorsichtig vorarbeiten. An dem möglichen Fluchtweg über den Trampelpfad – also etwa südwestlich der Rodung – postierte er sich selbst, links von sich Batuti, rechts auf Sichtweite Carberry und Don Juan.

Sie gingen zunächst geduckt vor. Als sie die Stimmen der Kerle hörten, krochen sie auf dem Bauch weiter, schlangengleich und lautlos. Sie hatten mehr als eine Stunde Zeit, bis es zu dämmern begann.

Jeder von ihnen hatte sich auf einen der Aufpasser zu konzentrieren und mußte versuchen, sich ihm auf Sprungweite zu nähern.

Schlagt hart zu! hatte Hasard ihnen eingeschärft. Härter als sonst! Seid nicht zimperlich, die Kerle haben es nicht anders verdient. Und rechnet damit, daß einige harte Schädel haben – dann schlagt doppelt mit dem Pistolengriff zu.

Anschließend sollten die Kerle verschnürt werden, und zwar so, wie es Don Juan und Gary Andrews mit jenem Kerl getan hatten, der als Wachposten südlich des Lagers bei Davao aufgezogen war, wo sie die Muskatnußbäume gefällt hatten. Gleiches bot sich hier an. Man würde sie an die gefällten Stämme fesseln. Lederriemen hatten die Arwenacks bei sich.

Ein schriller Vogelpfiff Hasards würde das Zeichen zum Losschlagen sein.

Hasard peilte seinen Mann an, den er sich vorgenommen hatte – ein ziemlicher Bulle, der offenbar die Oberaufsicht hatte. Jedenfalls tönte er am meisten herum. Dabei saß er dickbramsig auf einem geschälten Stamm und soff ab und zu aus einer Flasche.

Er schwitzte, obwohl er nicht arbeitete. Sein Gesicht war rot und aufgedunsen. Sein Hemd hatte unter den Achseln dunkle Schweißflecke, sauber war es eh nicht.

Ein lieblicher Zeitgenosse war das. Ab und an rülpste er. Vielleicht hatte er in der Nacht zuviel von dem Schweinebraten in sich hineingestopft.

Die Kerle waren außer ihren Messern mit Pistolen bewaffnet, aber die steckten in den Scheiden, beziehungsweise im Gurt. Zur Hand hatten sie nur ihre Peitschen.

Hasard erreichte eine Bodenkuhle und glitt hinein. Von dort schob er sich unter einen Haufen bereits abgeschlagener und aufgeschichteter Zweige, die allerdings lose übereinanderlagen – eine vorzügliche Deckung.

Der Kerl hockte drei Schritte von ihm entfernt und drehte ihm das breite Kreuz zu. Hasard verzog angewidert die Nase. Der Schweißgeruch, vermischt mit Fuselgestank, drang bis zu seiner Deckung.

Ein anderer Kerl setzte sich zu dem Bullen – sein Blick streifte dabei gleichgültig über die aufgeschichteten Zweige. Den Mann darunter sah er nicht. Hasard atmete unhörbar aus. Noch mal gutgegangen!

Die beiden Kerle begannen zu palavern.

Wenn der Kerl dort neben dem Bulligen sitzen blieb, würde er es beiden besorgen müssen. Na ja, einer mehr. Aber sie wandten ihm ja beide den Rücken zu. Er würde erst pfeifen, wenn er zuschlug.

Oh, diese Warterei!

Jetzt zogen sich die Minuten endlos hin. Hasard entspannte sich. Es hatte keinen Zweck, ständig wie eine Feder auf dem Sprung zu sein. Axthiebe drangen an seine Ohren, Keuchen, dazwischen die fluchenden Stimmen der Kerle, Zurufe, das Klatschen einer Peitsche und höhnisches Lachen.

Weiter rechts voraus ein scharfer Ruf, dann Prasseln und ein dumpfer Aufschlag, daß der Boden erzitterte. Ein Baum war gefällt.

Der Kerl neben dem Bullen stand wieder auf und entfernte sich. Das war eine dieser Unwägbarkeiten – je mehr die Kerle herumschlenderten, desto schwieriger würde es sein, sich an sie heranzuarbeiten.

Hasard konnte nur hoffen, daß jeder seinen Mann schnell und auf Anhieb erwischte. Würde ein Schuß im Kastell zu hören sein? Eigentlich kaum, der Dschungel lag dazwischen und wirkte geräuschdämpfend. Der Wind stand immer noch ostwärts, der Knall würde dorthin wehen, nicht nach Süden.

An was man alles denken mußte!

Und doch war keine Planung vollkommen. Jede Situation konnte sich jäh ändern und alles über den Haufen werfen. Dann mußte man reagieren und improvisieren.

Paßt auf, daß keiner entwischt, hatte Hasard seinen Mannen eingeschärft. Keiner darf zum Kastell durchbrechen und die Kerle dort alarmieren.

Hm. Batuti und Carberry hatten gemeint, die männlichen Gefangenen seien spanische oder portugiesische Seeleute. Da hatte er seinen Arwenacks verklart, daß sie wieder die spanische Rolle spielen müßten. Hoffentlich dachten sie daran und verrieten sich nicht. Aber im Grunde konnte er sich auf sie verlassen – es gab keine besseren Männer, und wieviel hatten sie schon durchgestanden, auch Niederlagen!

Konnte sich die Sonne nicht etwas beeilen mit ihrem Abstieg? Doch – die Helligkeit hatte sich um eine Nuance vermindert! Na endlich, dachte Hasard.

Der Bulle setzte wieder die Flasche an und trank. Dann wurde gerülpst. Der Kerl betrachtete die Flasche, kippte die Mündung nach unten. Leer! Eine kurze Bewegung, die Flasche flog nach hinten, prallte auf den Zweighaufen und kullerte vor Hasard auf den Boden.

Hasard hätte am liebsten laut gestöhnt. Das war ja nicht zum Aushalten! Jetzt stieg ihm der Fuselgestank in die Nase. Scheißzeug!

Der Kerl kratzte sich unter der rechten Achsel und brummte etwas vor sich hin.

Die Helligkeit verminderte sich weiter.

Der Bulle klatschte in die Hände – offenbar das Zeichen, die Arbeit allmählich einzustellen.

Es war soweit.

Hasard zog das rechte Bein an. Die Pistole hatte er bereits in der Rechten. Er stemmte sich auf, und dann schnellte er hoch.

Der Vogelpfiff schrillte.

Der Bulle zuckte etwas zusammen. Da war Hasard hinter ihm und drosch ihm den Pistolenknauf auf den Schädel – und gleich noch einmal.

Der Kerl sackte mit einem Ächzen nach vorn und kippte zu Boden.

Blitzschnell schaute sich Hasard um.

Ja, überall waren die Mannen aufgetaucht, dumpfe Schläge ertönten, Kerle brachen zusammen, einige stöhnend, andere stumm.

Nur einer setzte zur Flucht an, Stenmarks Mann, der zu weit von ihm weggewesen war, um ihn sofort zu erreichen. Aber der Schwede mit seinen langen Elchbeinen fegte hinter ihm her, erwischte ihn und knallte ihm die Pistole auf den Kopf. Der Kerl fiel um wie die Bäume, die man hier gefällt hatte.

Die zwölf Männer und die fünf Frauen standen wie vom Donner gerührt, fassungslos über das, was um sie herum geschah. Das war Spuk, Phantasie, eine Fata Morgana. Das gab es nicht.

Auf spanisch rief Hasard: „Zählt die Aufseher – es müssen fünfzehn sein!“

Dan O’Flynn war schon dabei, stieß den Arm hoch und rief: „Fünfzehn, Señor Capitán!“

„Danke – jetzt fesseln, wie besprochen!“

Einer der spanischen oder portugiesischen Männer stürzte zu Hasard, aufgelöst, Tränen liefen ihm in den struppigen Bart.

„Ist es wahr, Señor? Ist es wahr? Sie befreien uns?“ stammelte er.

„So ist es“, sagte Hasard lächelnd. „Beruhigen Sie sich. Wir bringen Sie und Ihre Kameraden nach Davao. Aber fragen Sie jetzt nicht, wir haben noch einiges zu tun.“

„Danke, Señor, danke, der Herr möge Sie beschützen …“ Und der Mann schlug die rissigen Hände vors Gesicht, um die Tränen zu verbergen, die ihm aus den Augen schossen.

Hasard wandte sich zu Don Juan um. „Bring sie an Bord und kümmere dich um sie, Juan. Nimm ein paar von uns mit. Wir kommen gleich nach, sobald wir die Kerle verschnürt haben.“

„Geht klar, Capitán.“ Er blinzelte Hasard zu und sagte etwas leiser: „Mein Gewissen ist nicht belastet – das von Dan auch nicht, damit du das weißt.“ Er drehte sich um und rief die befreiten Gefangenen zusammen. Mit vier Arwenacks zogen sie ab.

Hasard lächelte verstohlen hinter Don Juan her. Dann widmete er sich den bewußtlosen Kerlen und ging jeden einzelnen ab. Seine Mannen waren bereits mit den Fesselungen beschäftigt. Natürlich hatten sie die Kerle gefilzt und ihnen alles abgenommen, was sie an Waffen hatten.

Carberry war dabei, diesen wüsten Burschen Stiefel und Hosen auszuziehen, Gary Andrews und Blacky halfen ihm dabei. Sie feixten bis zu den Ohren.

„Was soll das denn?“ fragte Hasard.

„Spaß muß sein, Sir“, erklärte Carberry energisch. „Außerdem möchte ich, daß ihnen die Sohlen qualmen, wenn sie barfuß den Rückmarsch antreten. Und im Hemdchen macht sich das besonders gut, verstehst du? Sie werden eitel Freude und Wonne sein, wenn sie im Hemd ohne Hose und Stiefel gen Süden wandern. Und was meinst du, was sich ihr Häuptling darüber freuen wird, wenn er diese Gestalten sieht!“

Hasard lachte schallend. Es war ein befreiendes Lachen nach dem Drama, das bei den verbrannten Pfahlbauhütten und den gemordeten Badjao seinen Anfang genommen hatte – bis hierher, wo sie den Kontrapunkt gesetzt hatten.

Jetzt war noch das Kastell dran. Die Endabrechnung war fällig.