Kitabı oku: «Seewölfe Paket 29», sayfa 28
5.
Sie meldeten sich noch vor zweiundzwanzig Uhr beim Profos an Bord zurück, und daß sie bis zu den Ohren grinsten, war nicht zu übersehen, auch wenn nur zwei Bordlampen brannten.
Im übrigen hockten da auf Taurollen auch noch Vater Hasard, Old Donegal, Don Juan de Alcazar, Dan O’Flynn und einige andere, die es an diesem Abend vorgezogen hatten, an Bord zu bleiben. Sie waren ziemlich angegackert, was mit den Buddeln zusammenhing, aus denen sie dann und wann einen gluckerten.
„Noch alles dran bei euch, Männer?“ erkundigte sich der Profos feixend.
„Noch mehr als das, Mister Carberry, Sir“, erwiderte Philip.
„Sie zogen aus wie arme Würstchen – und kehrten heim wie reiche Fürstchen!“ deklamierte Hasard junior.
„Was? Wie?“ fragte der Profos verdattert.
Hasard und Philip grinsten nur, hockten sich hin und entleerten ihre Taschen auf die Planken der Kuhl. Da kam ein ansehnliches Häufchen zusammen samt der fünf Messer, die sie um das Häufchen als Abgrenzung drapierten.
„Ihr habt geklaut!“ fuhr Old Donegal sie an.
„So ist es, Sir“, sagte Philip, und Hasard junior nickte bestätigend. „Hat richtig Spaß gemacht, mal wieder in die Vollen zu langen.“
„Riesigen Spaß“, sagte Bruder Hasard. „Und hat sich wirklich gelohnt.“
„Würde sich jeden Abend lohnen“, sagte Philip sachlich.
„Und ob“, sagte das Bruderherz, fischte die beiden Diamanten aus dem Haufen und ließ sie in seiner rechten Hand klickern. „Die sind alleine mehr als die Jahresheuer eines Seemanns wert.“
„Viel mehr, Brüderlein, viel mehr“, sagte Philip, „die sind mehr wert, als er in seinem ganzen Leben verdient.“
„Wie redet ihr denn hier?“ empörte sich Old Donegal.
Philip feixte ihn an. „Wir waren bei Fatima, Sir. Sie hat einen Rubin im Bauchknöppchen, keine Kirsche! Ein Glück, daß du mit Mac nicht gewettet hast. Die Wette hättest du dicke verloren.“
„Sie waren bei Fatima“, sagte der Alte ächzend und zischte: „Habt ihr mit ihr geschlafen?“
Vater Hasard räusperte sich, hielt ihnen die Flasche hin und sagte: „Mögt ihr ein Schluckchen?“
„Gern, Dad“, Hasard nahm sie entgegen, gluckerte einen und reichte sie seinem Bruder.
„Ah!“ sagte Philip, nachdem er geschluckt hatte. „Das ist was.“ Er blickte zu Old Donegal. „Nein, Sir, wir haben nicht mit Fatima geschlafen. Die ist uns nicht knackig genug. Was Mac an der gefressen hat, wird wohl sein Geheimnis bleiben.“
„Ähem“, sagte Old Donegal irritiert.
„Fatimas Bauchtanz war früher besser“, sagte Hasard junior so nebenbei.
„Wieso früher? Ihr kennt das Weib doch gar nicht“, sagte Old Donegal.
„Doch“, erwiderte Philip, „wir kennen sie, Granddad, und zwar besser als du oder Mac. Und auch Mister Carberry kennt sie, ebenso Onkel Dan, Dad, Mister Conroy, Mister Stenmark, Mister …“
Vater Hasard unterbrach ihn und fragte überrascht: „Kalibans Gauklertruppe?“
„Genau die, Dad“, sagte Hasard junior. „Mac war damals noch nicht an Bord, und Granddad hatte die Vorstellungen nie besucht – damals in Tanger vor zehn Jahren, als ihr uns von Kalibans Truppe wegholtet.“
Die Verblüffung war allgemein. Nur Vater Hasard lächelte.
„Das hab’ ich mir fast gedacht“, sagte er, „als mir berichtet wurde, daß ihr euch so interessiert nach dem Liliputaner und den beiden Muskelprotzen erkundigtet.“
Jetzt waren die Junioren überrascht.
„Du wußtest, warum wir an Land wollten?“ fragte Philip.
Vater Hasard grinste. „So ungefähr. Bei dem Namen Fatima war ich auch hellhörig geworden. Ich dachte, na, dann laß sie mal an Land und möglicherweise alte Freunde begrüßen. Warum nicht?“
„Alte Freunde“, sagte Hasard junior erbittert, „diese Halunken und Beutelschneider! Wir wissen jetzt, wer Granddad und Mac ausgeplündert hat – zumindest, wer es gewesen sein könnte. Wenn Fatima tanzt, sind vier Kerle aus der Truppe zum Klauen unterwegs: Kaliban, Achmed Ali, der damalige Messerwerfer, Muzaffer, der Jongleur, und Hassan, der Schweinehund, der Phil und mich ständig traktierte. Stellt euch vor, ausgerechnet Hassan wollte uns beklauen. Er tauchte hinter Phil auf, nachdem er vorher einen blinden, alten Mann ausgeplündert hatte. Phil langte ihm eine, und dann trugen wir den Kerl zwischen uns in eine Ruine und nahmen ihn aus.“
„Mann-Mann-Mann!“ sagte der Profos. „Das ist ja vielleicht ein Ding! Und weiter?“
Hasard junior grinste wieder.
„Phil hatte die glorreiche Idee, den Spieß umzudrehen“, sagte er. „Das heißt, den vier Taschendieben die Beute abzunehmen und statt dessen – wegen des Gewichtsausgleichs – Kieselsteinchen in die Beutetaschen zu packen. Mister Carberry, Sir, gib bitte die beiden Diamanten wieder heraus! Sie befinden sich in deiner linken Hosentasche!“
Der Profos griff hastig in die linke Tasche. Da waren die Klunkerchen – Himmel-Arsch-und-Kieselsteinchen!
„Die hab’ ich dir eben hineingezaubert“, sagte Hasard junior, „damit ihr wißt, wie Phil und ich das gefummelt haben.“
„Ich werd’ nicht mehr“, ächzte der Profos und mußte schleunigst einen längeren Schluck aus der Pulle tun.
Philip deutete auf das Häufchen und sagte: „Damit hier nicht der falsche Eindruck entsteht, wir hätten tatsächlich fremden Leuten in die Taschen gegriffen – nein, dem ist nicht so. Alles, was hier liegt, stammt aus den Taschen der vier Langfinger. Na gut, wir haben gestohlenes Gut noch einmal gestohlen. Und wenn wir es zum Beispiel an arme Leute verteilen, dann haben wir ein gutes Werk getan. Dem blinden Alten haben wir sowieso schon einen großen Anteil überlassen. Der hat geweint vor Freude. Dann holte ihn sein kleiner Enkel ab und verstaute alles in einem Beutel. In dem Moment tauchte Muzaffer auf, an dem ich dran gewesen war, und wollte dem kleinen Bürschchen den Beutel abknöpfen. Da habe ich Muzaffer was ans Genick geschlagen, habe ihn mir geschnappt und in einen Schuppen getragen. Dort habe ich ihm drei Messer abgenommen, aber den Beutesack mit den Kieselsteinen gelassen. Haben wir richtig gehandelt, Dad?“
„Kein Einwand – ich hätte das gleiche getan“, erwiderte Vater Hasard. „Seid ihr enttäuscht über die ‚alten Freunde‘?“
Die beiden Brüder schauten sich an. Und dann nickten sie.
„Ja“, sagte Hasard junior, „das sind nicht mehr unsere Leute von damals. Sie haben das Gauklergewerbe aufgegeben und klauen statt dessen wie die Raben. Und das mit miesen Tricks! Baobab, Mehmed Bulba und Kiki wissen, wer beklaut wurde. Sie brauchen nur aufzupassen, wo Kaliban zum Beispiel am Werk ist. Nach Fatimas Tanz sammelt Kiki das Zuschauergeld ein und stellt sich vor einen der Beklauten hin. Der kann nicht zahlen und wird als Schwarzgucker von Baobab oder Mehmed Bulba dann zusammengedroschen – was Granddad und Mac geblüht hätte, wären sie den Kerlen nicht zuvorgekommen. Die Wirkung dieser Gewaltdemonstration besteht darin, daß alle Leute fleißig zahlen.“
„Verstehe“, sagte Vater Hasard, „das sind allerdings reichlich miese Methoden. Eure Geschichte ist aber nicht zu Ende, wie?“
„Woher weißt du das?“ fragte Hasard junior.
„Söhnchen“, sagte Vater Hasard, „ich kenne euch doch! Ihr wolltet sehen, was weiter passiert, dann nämlich, wenn die Kerle merken, daß sie selbst gerupft worden sind. Sonst wär’s nur der halbe Spaß, stimmt’s?“
„Stimmt“, erwiderte Philip. „Wir sind ihnen gefolgt, als der ganze Rummel vorbei war. Inzwischen hatte sich Hassan bei den Kerlen eingestellt, dann wurde Muzaffer gesucht und auch gefunden, aber noch bewußtlos, und darauf zog die ganze Bande am Kai entlang nach Norden zu einem Holzschuppen mit Veranda – ihrem Quartier, nicht allzu weit weg von dem Platz, wo die Fähren abfahren oder von drüben anlegen und Fatima tanzt. Ein guter Platz übrigens, weil dort immer viele Leute sind, so daß Fatima sofort ein Publikum hat, wenn sie auftritt. Ich muß mir mal die Kehle anfeuchten, wenn’s recht ist.“
Die Mannen grinsten verständnisinnig, vor allem Carberry, während Old Donegal jedoch mißbilligend das Silberhaupt schüttelte.
„Ich weiß gar nicht“, brummelte er, „woher diese jungen Kerle immer soviel Durst haben.“
„Ich schon“, sagte der Profos hintergründig.
„Und woher?“
„Erbteil vom Großvater“, erwiderte der Profos lakonisch und schluckte ebenfalls aus der Flasche.
„Mir scheint – ähem –, daß diese Angelegenheit eher einen anderen Grund hat“, sagte Old Donegal.
„Und welchen?“ erkundigte sich der Profos.
„Schlechte Beispiele verderben die guten Sitten“, dozierte Old Donegal mit erhobenem Zeigefinger. „So gibt es hier an Bord gewisse Leute, die immer laut tönen, sobald eine Flasche Schnaps in Sicht ist. Die lechzen sozusagen – und geben nicht eher Ruhe, bis in allen Flaschen und Fässern nur noch Luft ist, nichts als Luft. Das ist das Drama.“
„Jaja“, sagte der Profos, setzte sich gemütlich zurecht und gluckerte noch einen. „Wirklich ein Drama“, fügte er hinzu, nachdem er seine Gluckerprozedur beendet hatte. Er schaute sich um. „Wenn hier jemand ist, auf den das zutrifft, was mein alter Freund Donegal eben gesagt hat, dann schreibe er sich das gefälligst hinter die Ohren! Philip, erzähl weiter!“
„Aye, Sir“, sagte Philip grinsend. „Also, im Quartier gab’s natürlich Krach, vor allem, als sich herausstellte, daß in dem Beutesack von Muzaffer nur Kieselsteine waren. Kaliban verdächtigte ihn, er habe seine Beute vergraben. Da gab’s hitzige Debatten. Es war Fatima, die sich mit Kaliban ständig in den Haaren lag. Er hatte auch nicht gerade eine feine Art, sich mit ihr zu unterhalten. Zum Beispiel stänkerte er sie an, daß sie nachts unter die Decke von Muzaffer kröche, worauf sie erwiderte, er sei ja zu so was zu lahm. Sie sagte wörtlich, er brächte ja nichts mehr zustande.“
Old Donegal räusperte sich ausgiebig und nachhaltig.
„Ist was, Donegal?“ fragte der Profos mit freundlicher Miene.
„Nichts ist“, erwiderte Old Donegal gallig. „Was soll denn sein?“
„Na, dachte du hast einen Kloß im Hals“, meinte der Profos, „und da schlage ich vor, daß du ihn mit einem Schlückchen hinunterspülst.“
Wider Erwarten tat das Old Donegal, und es war nicht nur ein „Schlückchen“, es war eine ganze Kette von langen Schlucken. Als er die Buddel absetzte, hielt er sie von sich ab, schüttelte sie und drehte sie um. Nicht mal ein Tröpfchen erschien an der Flaschenmündung.
Carberry atmete tief durch und tönte: „Es soll hier gewisse Leute an Bord geben, die nicht eher Ruhe haben, bis Luft in den Flaschen und Fässern ist, nichts als Luft, das ist das Drama!“
Dieses Mal sagte Old Donegal: „Jaja.“
Nach dem schallenden Gelächter konnte Philip fortfahren.
Er sagte: „Der Rest ist schnell erzählt. Kaliban und seine Leute rätselten herum, wie die Kieselsteine in die Beutetaschen gelangt sein könnten, bis Fatima ihn aufforderte, doch mal zu zeigen, was er alles gemaust hätte. Sie war auf der richtigen Spur und tippte darauf, auch bei ihm wären Kieselsteine drin. Er kippte ziemlich wütend seinen Ledersack aus – Kieselsteine. Fatima lachte schallend und kriegte von Kaliban eine geschmiert. Sie ließ sich das nicht bieten, fiel über ihn her, brachte ihn zu Fall und verzierte sein Gesicht mit ihren Fingernägeln. Die ganze Bude war in Aufruhr. Danach herrschte allgemeine Trübsal – keine Beute, nur Kieselsteine. Und dann war es wieder Fatima, die den richtigen Riecher hatte. Sie sagte, da könnten nur andere Taschendiebe am Werk gewesen sein. Vielleicht lauschten die jetzt draußen und hielten sich die Bäuche vor Lachen. Da sausten wir ab. Das war die ganze Geschichte.“
„Die betrogenen Betrüger!“ sagte Vater Hasard lachend. „Das habt ihr gut gemacht, ihr beiden Langfinger – prost!“
Und sie tranken den beiden „Langfingern“ zu.
Hier hätte die Geschichte zu Ende sein können, war sie aber nicht, jedenfalls nicht für die Zwillinge. Sie fanden sich nicht damit ab, daß die Gaukler, mit denen sie bis zu ihrem siebten Lebensjahr durch die Lande gezogen waren – von der Türkei über Ägypten bis hin nach Nordwestafrika –, ihr Schaugewerbe aufgegeben hatten und zu miesen kleinen Beutelschneidern geworden waren.
Sie fühlten sich persönlich gekränkt, auch enttäuscht wie jemand, der plötzlich erkennt, daß ein guter alter Freund gar nicht das ist, was man von ihm gehalten hatte.
Da kam hinzu, daß sich im Laufe von Jahren in der Erinnerung vieles verklärt und die Ecken und Kanten verliert. Man neigt dann dazu, zu sagen: Na, so schlimm war es ja nun auch wieder nicht!
Nicht anders verhielt es sich bei Hasard und Philip. Was sie an Miesem und Häßlichem in Kalibans Gauklertruppe erlebt hatten, war verdrängt oder in Vergessenheit geraten und hatte sich eher in eine positive Erinnerung gewandelt. Das war auch gut so. Man muß sich von schlechten Erinnerungen befreien können und darf sie nicht zeit seines Lebens mit sich herumschleppen – es sei denn, man hat Schuld auf sich geladen.
Am nächsten Tag waren die beiden Junioren sehr in sich gekehrt und nachdenklich, trotz ihres gestrigen „Erfolges“. Sie halfen dem Kutscher und Mac Pellew in der Kombüse, erledigten ihr Pflichtpensum beim Reinschiff und gingen darüber hinaus dem alten Segelmacher Will Thorne beim Ausbessern von Segeln und Betakeln von Leinen und Tauen zur Hand.
Carberry beobachtete sie und dachte sich seinen Teil. Die brüten wieder was aus, sagte er sich, und das kann nur mit dem alten Gauner Kaliban und seinem Gefolge zusammenhängen. Er hatte sich selbst schon vorgenommen, an diesem Tage einmal Fatimas Darbietungen zu besichtigen.
Auch der Profos hatte Erinnerungen.
Teufel auch, er brauchte nur daran zu denken, wie das damals in Tanger gewesen war. Er war mit Dan, Sten und Al Conroy an Land gezogen, um die Puppen tanzen zu lassen. Tanzen! Fatima hatte getanzt – einen Schleiertanz! Hui-hui, alle Wetterchen, der gute Al Conroy war völlig aus dem Häuschen geraten, als ein Schleier nach dem anderen davonwehte und die Fatima immer nackichter wurde.
Der Profos grinste vor sich hin.
„Ist dir ein Witz eingefallen?“ fragte Stenmark, der große blonde Schwede.
„Ein Witz nicht“, erwiderte der Profos, „ich dachte nur gerade daran, als wir damals in Tanger in Kalibans Zelt dem Schleiertanz Fatimas zuschauten – du, Dan, Al und ich. Erinnerst du dich?“
Da grinste auch Stenmark. „Klar erinnere ich mich. Wir mußten Al festhalten, daß der nicht die Bühne stürmte und Fatima raubte.“ Er rieb sich die Nase. „Was meinst du, eigentlich sollten wir uns Fatima noch einmal anschauen, wie?“
„Dachte ich auch schon“, sagte der Profos, „aber den Schleiertanz bringt sie nicht mehr, nur Bauchwackeln und so.“
„Genügt doch“, meinte Sten, „Mac war jedenfalls hingerissen und hat sofort ‚magischen Kontakt‘ aufgenommen.“
„Der Affenarsch!“ murmelte der Profos. „Der braucht in letzter Zeit nur einen runden Po zu sehen, und schon hat’s ihn erwischt. Weiß auch nicht, was mit dem los ist – scheint irgendwie heiratssüchtig zu sein.“
„Mit Fatima hat er sich bloß verlobt“, schränkte Sten ein.
„Die weiß nur nichts davon“, sagte der Profos. „Außerdem ergreift sie bestimmt die Flucht, wenn sie diesen Sauertopf nur von weitem sieht.“
„Sprecht ihr von mir?“ nölte Mac Pellew, der eine Pütz mit Gemüseresten über Bord gekippt hatte. Zum Glück schien er nicht alles gehört zu haben.
„Von Fatima sprachen wir“, sagte der Profos, „von der Blume von Istanbul, die einen Rubin im Bauchknöppchen hat. Philip und Hasard haben das bestätigt.“
„Natürlich“, erklärte Mac von oben herab, „ich habe ja auch scharfe Augen und kann noch in vierzig Jahren ’ne Kirsche von einem Rubin unterscheiden.“ Er stellte die Pütz an Deck, zog seine Hosen hoch, die immer rutschten, und fügte hinzu: „Ich werde meiner Verlobten heute eine schwarze Perle schenken. Hab’ da noch eine in meinem Klunkerbeutel. Die macht sich im Bauchknöppchen besser als ein Rubin. Ist auch wertvoller. Schwarze Perle auf weißer Haut sieht Spitze aus!“ Mac küßte seine Fingerspitzen.
Der Profos und Stenmark wechselten einen entgeisterten Blick.
Vorsichtig äußerte Stenmark: „Sagtest du nicht, Rubine seien Liebessymbole – je röter, desto heißer entbrenne die Liebe?“
Mac winkte ab, ziemlich großzügig. „Ist ja schon entbrannt zwischen meiner Verlobten und mir, aber die schwarze Perle bildet dann den Höhepunkt.“
„Du meine Güte“, murmelte der Profos, „das kann doch wohl nicht wahr sein.“
Mac zog die Augenbrauen hoch. „Was kann nicht wahr sein?“
„Diese Fatima kennt dich doch gar nicht“, sagte der Profos, „und der willst du gleich ’ne schwarze Perle schenken, die einen unheimlichen Wert hat?“
„So etwas steht meiner Verlobten zu“, sagte Mac spitz.
„Ach ja?“ fragte der Profos höhnisch. „Weiß sie überhaupt schon was von eurer Verlobung?“
„Ich werde mich ihr heute erklären“, sagte Mac herablassend.
„In welcher Sprache?“ erkundigte sich Stenmark.
„Die Sprache der Liebe ist überall gleich“, erwiderte Mac und zog wieder seine Hosen hoch.
Da konnten der Profos und Stenmark nur noch die Köpfe schütteln. Dieser dürre Kombüsenhering war nicht mehr zu retten. Der hatte sich in was verrannt und war völlig vernagelt.
Doch Carberry gab noch nicht auf.
„Was ist, wenn dir die Strolche die schwarze Perle vorher klauen? Einmal bist du ja schon gerupft worden – und es erübrigt sich wohl, dich darauf hinzuweisen, daß deine Verlobte bei dieser verdammten Klauerei die Rolle der Sirene spielt, die anlocken und ablenken soll.“
„Mir klaut keiner mehr was.“
„Na gut. Und weiter?“ fragte der Profos. „Was ist, wenn ihr euch verlobt habt?“
„Dann heiraten wir.“
„Und dann?“ bohrte der Profos.
„Dumme Frage. Dann sind wir verheiratet, und meine Frau heißt Fatima Pellew – ah, das zergeht auf der Zunge wie türkischer Honig mit englischer Marmelade!“
Stenmark feixte. Bei Carberry stieg ein bedrohliches Knurren aus dem mächtigen Brustkasten. Er schoß seine letzte Frage ab.
„Dann willst du also aus der Crew der Arwenacks abmustern, was, wie?“
„Warum das denn?“ fragte Mac erstaunt und zugleich verdattert.
„Bildest du dir ein“, donnerte der Profos, „daß wir deine türkische Honigschlampe bei uns an Bord dulden, du englischer Marmeladenhengst? Meinst du, wir haben Lust, uns beklauen zu lassen? Oder jeden Tag euer verdammtes Geturtel anzusehen? Oder das Bauchgewackel deiner Alten? Bist du behämmert, Mister Pellew? Merk dir eins, du balzender Gockel! Wenn du das Weib heiratest, dann ist Sense! Dann kannst du abmustern und in Istanbul Muselmännchen oder sonst was werden! Und wir schlagen drei Kreuze, wenn du von Bord bist! Denn hier heult doch jeder dreimal am Tag, wenn er dich sieht. Also heirate nur, tu uns den Gefallen. Und laß dir von Kaliban beibringen, wie man in fremde Taschen langt!“ Und plötzlich wurde der Profos lauernd. „Da fällt mir noch was ein. Hasard und Philip berichteten, daß es deine Verlobte zur Zeit mit Muzaffer, einem der Langfinger, treibe. Sie krieche jede Nacht zu ihm unter die Decke. Glaub bloß nicht, daß die da nur Händchen halten! Ja, so ist das!“ Der Profos rieb sich die Hände, als er sah, daß Mac nervös wurde. „Wenn du dich heute abend verlobst“, fuhr er fort, „mußt du erst mal deinen Nebenbuhler aus dem Wege räumen. Fragt sich, ob der sich das gefallen läßt – und was deine Verlobte dazu sagt, wenn sie ihren Bettgenossen verliert!“
Mac Pellew knirschte mit den Zähnen und funkelte den grinsenden Profos an.
„Das stimmt überhaupt nicht mit diesem Muzaffer“, fauchte er, „das hast du dir ausgedacht!“
Der Profos kriegte schmale Augen. „Vorsichtig, Mister Pellew, jetzt marschierst du auf Glatteis. Ich habe lediglich wiederholt, was die Junioren gestern abend berichtet haben. Sie der Lüge zu verdächtigen, müßte als Beleidigung aufgefaßt werden. In diesem Fall kriegst du’s auch mit mir zu tun: ich lasse die beiden Söhne unseres Kapitäns nicht beleidigen, von niemandem, am wenigsten von einem, der sich mit einem Weib einlassen will, das zu einer Bande von dreckigen Beutelschneidern gehört. Ist das klar?“
„Ihr habt euch alle gegen mich verschworen“, sagte Mac erbittert, „alle hacken auf mir herum …“
„Rede keinen Stuß, Mister Pellew!“ fuhr ihn der Profos an. „Du bist derjenige, der den Widerspruch herausfordert – seit du uns gestern diesen Käse mit deinen ‚magischen Kontakten‘ aufgetischt hast. Aber bitte, wenn du das Weib heiraten willst, ist das deine Sache – mit allen Konsequenzen! Eine lautet, daß du dann abmustern wirst. Eine Frau hat an Bord nichts zu suchen, das weißt du genausogut wie alle hier an Bord. Das gilt um so sehr mehr für eine Frau, die als Mitglied einer Bande von Taschendieben zumindest als fragwürdig eingestuft werden muß. Basta!“
„Gwen O’Flynn, die Mutter der Zwillinge, war auch bei euch an Bord!“ trumpfte Mac auf.
Carberry blickte den Kombüsenmann geradezu mitleidig an. „Mac, du weißt wirklich nicht mehr, was du redest. Außerdem warst du damals – das muß 1579 gewesen sein – noch nicht bei uns an Bord. Wir befreiten Gwen O’Flynn sowie Old Shane und andere Engländer in Santo Domingo aus den Klauen der Spanier. Unsere Leute waren dorthin zwangsverschleppt worden – und natürlich waren wir bereit, sie alle nach England zurückzubringen, auch Gwen O’Flynn. Sollten wir sie vielleicht auf Hispaniola allein und sich selbst überlassen? Also kam sie mit an Bord der damaligen ‚Isabella V.‘, das war völlig selbstverständlich. Diese damalige Situation – nämlich eine zwangsverschleppte junge Frau auf unserem Schiff nach England zurückzubringen – mit deinen Heiratsabsichten zu vergleichen, ist so was von absurd, daß sich jedes weitere Wort darüber erübrigt. Du mußt nicht mehr ganz bei Trost sein.“
Mac erwiderte nichts mehr. Er zog zum dritten Male seine Hosen hoch, nahm die Pütz auf und latschte in die Kombüse. Aus seiner Miene ging hervor, daß er die Welt wieder einmal für ein Jammertal hielt.
„Der wird allmählich sonderlich“, sagte der Profos, als Mac in der Kombüse verschwunden war. Natürlich hatte er das Schott betont laut hinter sich dichtgedonnert.
Stenmark grinste. „Das bringt doch gerade das Salz in die Suppe. Stell dir vor, wir hätten keinen Mac an Bord!“
Carberry seufzte. „Hast du auch wieder recht. Aber manchmal geht einem der Kerl mehr auf den Geist als ein vereiterter Backenzahn. Will ’ner alten Schlampe ’ne schwarze Perle schenken! Nicht zu fassen! Wenn der das Weib heiraten sollte, verschleppe ich ihn in der Hochzeitsnacht zurück an Bord und dann Leinen los und ab!“
„Wenn er stur bleibt, wird das die einzige Möglichkeit sein“, sagte Stenmark.
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