Kitabı oku: «Essentials der Theorie U», sayfa 2
Danksagungen
Im Kern dieses Buches geht es zwar um eine neue Methode, bewusstseinsbasierten Systemwandel einzuleiten, aber es geht auch um den Weg des Selbst – in diesem Fall um den Weg meines eigenen Selbst, um den Weg eines Kindes, das auf einem Bauernhof aufwuchs, später Aktivist in sozialen Bewegungen war und dann anfing, Volkswirtschaften und den Aufbau von lernenden Infrastrukturen in Teams, Organisationen und auf gesellschaftlicher Ebene neu zu denken. Ein solcher Entwicklungsweg ist natürlich eingebettet in ein ganzes Beziehungsnetz, das die in diesem Buch beschriebene Arbeit miterschaffen hat.
Mein aufrichtiger Dank geht an das globale Netzwerk von Partnern und Mitarbeitern, die geholfen haben, (1) diesen Bezugsrahmen zu entwickeln, (2) die Methode zu verfeinern und (3) gemeinsam ein Narrativ und eine Bewegung entstehen zu lassen, die angesichts heutiger Herausforderungen nie zeitgerechter hätte sein können.
Ich verbeuge mich in tiefer Dankbarkeit vor denen, die das Presencing Institute mitgestaltet haben:
Die Mitbegründer:
•Katrin Käufer danke ich für ihre Pionierarbeit, in wertorientiert arbeitenden Banken neue Umfelder für Lernen zu entwickeln, indem sie intentionale Kapitalnutzung und Presencing-Praktiken miteinander verbunden hat.
•Arawana Hayashi danke ich für die Etablierung des Social Presencing Theater, einer neuen Methode und Kunstform für integriertes Wissen in sozialen Systemen.
•Kelvy Bird danke ich für die Entwicklung der Methode des generativen Skizzierens, das Presencing-Praktiken durch visuelle Übungen konkrete Formen gibt.
•Marian Goodman danke ich dafür, dass sie ein globales Ökosystem des Lernens um Presencing-Praktiken herum hat wachsen lassen.
•Dayna Cunningham danke ich dafür, dass sie uns beigebracht hat, wie man Presencing-Praktiken in komplexe Umfelder des systemischen Rassismus und der strukturellen Gewalt einführen kann.
•Ursula Versteegen danke ich dafür, dass sie einer auf Achtsamkeit bedachten Landwirtschaft und Bildung Presencing-Praktiken nahegebracht hat.
•Beth Jandernoa und dem Circle of Seven (ein Kreis, der sich mit Fragen der Intention und der kollektiven Aufmerksamkeitsfelder befasst) danke ich für ihre Unterstützung.
Das Kernteam des u.lab:
•Adam Yukelson danke ich für das gemeinsame Erschaffen der Plattform und der Inhalte des u.lab.
•Julie Arts danke ich für die Moderation von u.lab Hub Host und die Mitentwicklung des Ecosystem Leadership Programs.
•Angela Baldini, Florentina Baj und Simoon Fransen danke ich für die Moderation und Unterstützung der multilokalen Gemeinschaft von Hub Host und u.lab.
•Lili Xu und Jayce Lee danke ich dafür, dass sie u.lab China gegründet und darum herum ein erstaunliches landesweites Ökosystem von Innovationen aktiviert haben.
•Martin und Aggie Kalungu-Banda danke ich dafür, dass sie u.lab Africa und das Ubuntu Lab mitgestaltet und als Prototyp entwickelt haben und afrikaweit mit zahlreichen Initiativen der unterschiedlichsten Akteure zusammenarbeiten.
Unsere Partner des Kernteams in verschiedenen Weltgegenden:
•Frans Sugiarta, Dr. Ben Chan und Shobi Lawalata danke ich dafür, dass sie die Programme u.lab und IDEAS in Indonesien in Zusammenarbeit mit »UID« (United in diversity) mitmoderiert und deren Leitung mitübernommen haben.
•Julia Kim und Ha Vinh Tho danke ich dafür, dass sie die Messgröße Bruttonationalglück (BNG) und Presencing-Praktiken in Bhutan, Vietnam und Thailand miteinander kombiniert haben.
•Kenneth Hogg und Keira Oliver danke ich für die Umsetzung von u.lab in der schottischen Regierung, um eine neue Form der Gemeindeentwicklung zu aktivieren.
•Denise Chaer danke ich für ihre wegweisende Arbeit mit Food & Nutrition Lab in Brasilien.
•Katie Stubley danke ich für die Aktivierung der schöpferischen Felder auf Grundlage von Presencing-Praktiken in Australien.
•Manish Srivastava danke ich für die Integration der Presencing-Praxis in die von Gandhi inspirierten Veränderungsprozesse in Indien.
•Gene Toland danke ich für den Aufbau einer lateinamerikanischen Community of Practice.
•Reola Phelps und Wibo Koole danke ich für ihre Arbeit im Sustainable Food Lab in Äthiopien.
•Beth Mount danke ich für die Verknüpfung von Inklusionsarbeit und Social Presencing Theater.
•Liz Solms und Marie McCormick danke ich für die Führung unseres Bildungslabors (Education Lab) in Los Angeles.
•Dieter van den Broeck danke ich dafür, dass er den U-Prozess bei der Restaurierung von natürlichen Ökosystemen weltweit einsetzt.
•Susan Skeji und Kathryn Schuyler danke ich für die Zusammenarbeit hinsichtlich einer bewusstseinsbasierten Aktionsforschung.
•Ich danke John Heller und unseren Kollegen vom Synergos-Institut, die in Labor-Initiativen auf der ganzen Welt arbeiten.
•Ich danke Cherie Nursalim und unseren Kollegen von United in diversity (UID) in Indonesien, Singapur und China.
•Ich danke Claudia Madrazo und unseren Kollegen von La Vaca Independiente in Mexiko.
•Ich danke Wiebke König und Katharina Lobeck von der GIZ (Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) Global Leadership Academy.
Unser Kreis von Beratern und Vorstandsmitgliedern:
•Peter Senge, Edgar Schein, Arthur Zajonc, Diana Chapman Walsh, Eileen Fisher, Isabel Guerrero, Becky Buell, Antoinette Klatzky und Christian von Plessen danke ich dafür, dass sie das Presencing Institute von der Idee zum globalen Einfluss mitangeregt haben.
Und:
•Janice Spadafore danke ich für ihre erstaunliche Fähigkeit, dem ganzen dynamischen Chaos eine Struktur zu geben!
Mit großer Wertschätzung danke ich meinen Kollegen am MIT, unter anderem Deborah Ancona und Phil Thompson, sowie dem Präsidenten Rafael Reif und Sanjay Sarma, Vizepräsident am MIT für digitales Lernen, für seine Weitsicht bei der Entwicklung von MITx, edX und neuen Lernformen, in denen Plattformen wie u.lab gedeihen können.
Großer Dank geht auch an Joseph Jaworski, Brian Arthur, John Milton, Eleanor Rosch, Ikujiro Nonaka, Francisco Varela (1946–2001), Nan Huai-Chin, Henri Bortoft, Betty Sue Flowers, Michael Jung und Adam Kahane, die kritische Beiträge zur ersten Formulierung von Theorie U in den Büchern Theory U und Presence (zusammen mit Peter Senge, Joseph Jaworski und Betty Sue Flowers) leisteten.
Mein Dank gilt nicht zuletzt Katrin Käufer für ihre wertvollen Beiträge zu dem Manuskript; Barbara Mackay, Jan Byars und Rob Ricigliano danke ich für ihre Kommentare zum Entwurf; Janet Mowery dafür, dass sie dem Text ihr großes redaktionelles Geschick hat angedeihen lassen; Kelvy Bird dafür, dass sie die wunderbaren Abbildungen beigetragen hat; Jeevan Sivasubramaniam für den Vorschlag, dieses Buch zu schreiben; und den Teams von Berrett-Koehler und Carl-Auer danke ich dafür, dass sie das Manuskript zu einem Buch gemacht haben, das für die Leserschaft hoffentlich hilfreich und bedeutsam wird.
Ein Dank an euch alle.
Viel Freude beim Lesen!
Otto Scharmer
Cambridge, Massachusetts
April 2019
Teil I: Das soziale Feld sehen lernen
Oft höre ich, dass zwar viel über Veränderung geredet wird, aber genau genommen sehr wenig passiert. Meine Erfahrung ist eine andere. Ich habe in meinem Leben mehrere Male tektonische Verschiebungen erlebt. Ich habe sie erlebt, als 1989 die Berliner Mauer fiel – und mit ihr das System des Kalten Kriegs zusammenbrach. Ich habe sie erlebt, als in Südafrika die Rassentrennung aufgehoben wurde. Ich habe sie erlebt, als eine Jugendbewegung den ersten afro-amerikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ans Ruder brachte. Ich sehe sie darin, wie sich in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten das Zentrum der Weltwirtschaft von der westlichen Welt in den ostasiatischen Raum und von der analogen in die digitale Ökonomie verlagert hat. Und ich sehe sie nun im jüngsten Vormarsch von Autokraten, Nationalisten und illiberalen Rechtsbewegungen als Gegenreaktion auf eine einseitige Globalisierung und als eine Überschattung von einem weitaus bedeutsameren Grundphänomen unserer Zeit: dem Erwachen eines neuen Bewusstseins überall auf der Welt.
Auch wenn nicht alle diese Veränderungen zu einer tektonischen Verschiebung geführt haben, kann man meines Erachtens zu der Schlussfolgerung kommen: Heute kann alles passieren. Ich glaube, dass die wichtigste tektonische Verschiebung zu unseren Lebzeiten nicht hinter uns liegt, sondern direkt vor uns. Diese Verschiebung hat mit der Transformation von kapitalistischen Strukturen, von Demokratie, Bildung und dem eigenen Selbst zu tun.
1Der blinde Fleck
Wir leben in einer Zeit tiefgreifender Möglichkeiten und Umbrüche; in einem Moment, der vom Verschwinden einer alten Mentalität und Organisationslogik geprägt ist und vom Erwachen eines neuen Bewusstseins und Verfahrens, schöpferische soziale Felder zu aktivieren. Was gerade stirbt und zerfällt, ist eine Welt des Mich-zuerst, des Je-größer-desto-besser und der von Sonderinteressen gesteuerten Entscheidungsfindung, die uns in einen Zustand der organisierten Verantwortungslosigkeit geführt hat.
Was gegenwärtig entsteht, lässt sich weniger deutlich umreißen. Es hat zu tun mit der Verschiebung vom Egosystem-Bewusstsein zum Ökosystem-Bewusstsein – einem Bewusstsein, das auf das Wohlergehen aller gerichtet ist. An vielen Orten auf allen Erdteilen können wir tatsächlich das Erwachen dieses Bewusstseins und die ihm eigene Kraft miterleben: die Aktivierung der Intelligenz des Herzens. Gruppen, die auf der Basis eines solchen Bewusstseins handeln, können, um mit den Worten von Eleanor Rosch, Professorin für Kognitionspsychologie an der University of California, Berkeley, zu sprechen, »schockierend effektiv sein«.
Die Ansätze dieser Verschiebung muten – verglichen mit den enormen Herausforderungen, mit denen wir weltweit konfrontiert sind – vielleicht klein und unbedeutend an. Und in vielerlei Hinsicht sind sie es auch. Doch ich glaube, dass in ihnen die Keime für eine tiefgreifende zivilisatorische Erneuerung schlummern, die notwendig ist, um den Wesenskern unseres Menschseins zu schützen und weiter zu aktivieren.
Meine Kollegin und Mitbegründerin des Presencing Institute, Kelvy Bird, hält diese gefühlte Wahrnehmung im Bild eines Abgrunds (s. Abb. 1) fest.
Wenn wir uns auf die linke Seite des Bildes stellen, dann sehen wir eine Welt, die zerfällt und verschwindet (die Strukturen der Vergangenheit); auf der rechten Seite sehen wir die neuen mentalen und sozialen Strukturen, die gerade entstehen. Die Herausforderung ist, wie man den Abgrund überwindet, der die beiden Seiten trennt: Wie bewegt man sich von »hier« nach »da«?
Abb. 1: Die Herausforderung des Umbruchs
Dieses Bild beschreibt, kurz gesagt, den Gang dieses Buches: den Weg über den Abgrund, d. h. von einer jetzigen Realität, die an der Vergangenheit orientiert ist, hin zu einer entstehenden Zukunft, die von unserem höchsten Zukunftspotenzial inspiriert ist.
Drei Abgründe
Dieser Weg ist heutzutage wichtiger als je zuvor. Wenn wir auf die heutige Situation blicken, sehen wir drei Abgründe. Diese sind:
•der ökologische Abgrund: eine noch nie da gewesene Umweltzerstörung – die zum Verlust der Natur führt.
•der soziale Abgrund: ein Auseinanderfallen der Gesellschaft, eine Polarisierung und Fragmentierung, die zum Verlust des sozialen Zusammenhalts führt.
•der spirituelle Abgrund: steigende Zahlen von Burnout-Fällen und Depressionen – was zum Sinnverlust und zum Verlust der Wahrnehmung vom eigenen Zukunftspotenzial führt.
Der ökologische Abgrund lässt sich in einer einzigen Zahl zusammenfassen: 1,7. Derzeit verbraucht unsere Volkswirtschaft die Ressourcen von 1,7 Planeten. Wir beuten die Regenerationsfähigkeit unseres Planeten Erde um das 1,7-Fache aus. Und das ist nur eine globale Durchschnittszahl. Die Vereinigten Staaten beispielsweise beuten den Planeten um mehr als das Fünffache aus.
Der soziale Abgrund lässt sich mit einer anderen Zahl abbilden: 26 Milliardäre besitzen so viel wie die Hälfte der gesamten Menschheit. Ja, das stimmt. Eine kleine Gruppe von Menschen, die man in einem einzigen Bus unterbringen kann, besitzt mehr als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, d. h. 3,8 Milliarden Menschen.
Der spirituelle Abgrund lässt sich mit der Zahl 800.000 resümieren. Jährlich begehen mehr als 800.000 Menschen Suizid – eine Zahl, die größer ist als die Summe aller Menschen, die durch Krieg, Mord und Naturkatastrophen getötet werden. Alle 40 Sekunden ereignet sich ein Suizid.
Im Wesentlichen erzeugen wir kollektiv Ergebnisse, die (fast) niemand wünscht. Zu diesen Resultaten zählen die Zerstörung der Natur, der Verlust von Gesellschaft und der Verlust des eigenen Selbst.
Im 19. Jahrhundert war die öffentliche Diskussion vielerorts auf die Entstehung der sozialen Kluft fokussiert. Im 20. Jahrhundert erlebten wir die Entstehung der ökologischen Kluft, vor allem im letzten Drittel des Jahrhunderts. Auch sie hat unser öffentliches Bewusstsein geprägt.
Und zu Beginn des 21. Jahrhunderts erleben wir die Entstehung einer spirituellen Kluft. Angefacht durch die massiven technologischen Umbrüche, die wir seit der Geburt des WorldWideWeb in den 1990er-Jahren beobachten, wird bis 2050 etwa die Hälfte unserer Arbeitsplätze aufgrund von technischen Entwicklungen wegfallen. Wir sind mit einer Zukunft konfrontiert, die »uns nicht mehr braucht«, um mit den Worten des Informatikers und Mitbegründers von Sun Microsystems, Bill Joy, zu sprechen, und die uns ihrerseits zwingt, unser Menschsein neu zu definieren und zu entscheiden, in welcher Art von Gesellschaft wir zukünftig leben und wie wir diese gestalten wollen. Bewegen wir uns nach den vielfältigen Gewaltherrschaften, wie wir sie im 20. Jahrhundert gesehen haben, jetzt auf eine Tyrannei der Technologie zu? Das ist eine der Fragen, auf die wir treffen, wenn wir in den oben beschriebenen Abgrund blicken.
Mit anderen Worten: Wir leben in einer Zeit, in der unser Planet, unser gesellschaftliches Ganzes und der Wesenskern unserer Menschlichkeit angegriffen werden. Das mag vielleicht etwas dramatisch klingen, aber ich bin davon überzeugt, dass diese Beschreibung die Bedeutung des historischen Augenblicks, in dem wir leben, sogar noch untertrieben ist.
Wo gibt es Hoffnung? Die größte Quelle der Hoffnung liegt darin, dass immer mehr Menschen, vor allem junge Menschen, erkennen, dass die drei Abgründe keine voneinander getrennten Probleme sind. Sie sind eigentlich verschiedene Symptome und Spielarten von ein und demselben Grundproblem. Welches Problem ist das? Der blinde Fleck.
Der blinde Fleck
Den blinden Fleck gibt es im Kontext von Führung, Management und sozialem Wandel. Es ist ein blinder Fleck, der auch unser alltägliches soziales Erleben betrifft. Der blinde Fleck bezieht sich auf den inneren Ort – die Quelle –, aus der unser Wirken hervorgeht, wenn wir handeln, kommunizieren, wahrnehmen oder denken. Wir sehen, was wir tun (Resultate). Wir sehen, wie wir es tun (Prozess). Aber meistens wissen wir nichts über das Woher: über den inneren Ort bzw. die Quelle, aus der unser Wirken entspringt (Abb. 2).
Abb. 2: Der blinde Fleck von Führung
Dem blinden Fleck begegnete ich zum ersten Mal, als ich mit Bill O’Brien, dem langjährigen CEO von Hanover Insurance, sprach. Seine Erkenntnis aus vielen Jahren transformativer Veränderungsprozesse in seinem Unternehmen fasste er wie folgt zusammen: »Der Erfolg einer Intervention hängt vom inneren Zustand des Intervenierenden ab.«
O’Briens Feststellung öffnete mir die Augen: Was zählt, ist nicht nur das, was eine Führungskraft tut und wie sie es tut, sondern auch ihr »innerer Zustand« – d. h. ihre innere Quelle.
Es dämmerte mir, dass Bill O’Brien auf eine tiefere Dimension (die Quelle) hinwies, aus der unsere Handlungen, Kommunikation und Wahrnehmungen hervorgehen und die es uns erlaubt, einen neuen Raum zukünftiger Möglichkeiten zu erspüren und zu beschreiben.
Die Qualität unserer Aufmerksamkeit ist eine weitgehend unsichtbare Dimension unseres alltäglichen sozialen Erlebens – ob in Organisationen, Institutionen oder auch im persönlichen Leben. In unserem alltäglichen Handeln wissen wir meistens sehr wohl, was wir tun und wie wir es tun – d. h., wir kennen den Prozess. Stellt man uns aber die Frage, woher unser Handeln kommt, könnten die meisten von uns keine klare Antwort darauf geben. In meinen Forschungen bezeichne ich diesen Ursprung unseres Handelns und unserer Wahrnehmungen als Quelle oder Quellpunkt.
Vor der leeren Leinwand
In meinem Gespräch mit Bill O’Brien wurde mir klar, dass wir Tag für Tag sowohl auf sichtbaren als auch auf unsichtbaren Ebenen interagieren. Um diesen Punkt besser zu verstehen, sollten wir die Arbeit eines Künstlers betrachten.
Kunst lässt sich aus mindestens drei Perspektiven betrachten:
•Wir können uns auf den Gegenstand konzentrieren, der in dem kreativen Prozess entstanden ist – beispielsweise ein Gemälde.
•Wir können uns auf den Prozess konzentrieren, also beobachten, wie die Künstlerin das Bild malt.
•Oder wir können die Künstlerin in dem Augenblick beobachten, wenn sie vor der leeren Leinwand steht.
Anders ausgedrückt: Wir können das Kunstwerk betrachten, nachdem es geschaffen wurde, während es entsteht oder bevor es entsteht.
Wenn wir diese Analogie auf Veränderungsmanagement anwenden, können wir die Arbeit des Erfinders, des Veränderungsmachers, der Führungskraft aus drei ähnlichen Blickwinkeln betrachten. Erstens können wir anschauen, was Führungskräfte und Menschen, die etwas verändern möchten, tun. Aus dieser Perspektive sind schon viele Bücher geschrieben worden. Zweitens können wir anschauen, wie eine Führungskraft vorgeht, d. h., welche Prozesse sie aktiviert. Aus dieser Prozess-Perspektive wurden in den letzten 20 Jahren Bücher über Management und Führung geschrieben.
Doch aus der Perspektive der leeren Leinwand haben wir die Führung nie systematisch betrachtet. Die bisher nicht beantwortete Frage lautet: Aus welchen Quellen entsteht das Handeln von Führungskräften und Veränderungsmachern? Zum Beispiel: Welche Qualität des Zuhörens, welche Qualität der Aufmerksamkeit bringe ich in eine Situation ein und wie verändert diese Qualität die Muster der Interaktion?
Die Diskussion über die drei Abgründe lässt sich so zusammenfassen: Während die ökologische Kluft eine Bruchlinie zwischen Selbst und Natur und die soziale Kluft eine Bruchlinie zwischen Selbst und dem Anderen darstellt, erwächst die spirituelle Kluft aus einem Bruch zwischen dem Selbst und dem Höheren Selbst – das heißt zwischen dem, der ich heute bin, und dem, der ich morgen sein könnte, also meiner höchsten Zukunftsmöglichkeit.
Ankunft am MIT
Als ich vor etwa 24 Jahren aus Deutschland kam, um am MIT zu arbeiten, wollte ich lernen, wie ich Menschen, die in der Gesellschaft etwas verändern möchten, helfen könnte, die großen Herausforderungen und Umbrüche zu bewältigen, auf die wir immer wieder treffen. An dem damals neu gegründeten MIT Organisational Learning Center (OLC), das von Peter Senge, dem Autor von Die fünfte Disziplin, geleitet wurde, kam eine einzigartige Konstellation führender Vertreter der Aktionsforschung aus dem MIT und von der Harvard University zustande, darunter Edgar Schein, Chris Argyris, Don Schön, William Isaacs und viele andere. Dieses Buch ist stark geprägt und inspiriert von der Chance, in diesem Netzwerk und wunderbaren Kollegen- und Freundeskreis wie auch zusammen mit vielen anderen geschätzten Mitarbeitenden aus anderen Institutionen und anderen Orten arbeiten zu dürfen.
Wenn ich heute auf meinen Weg zurückblicke, fallen mir drei wichtige Erkenntnisse auf, die meinem Vorhaben, den blinden Fleck zu erforschen, Gestalt gegeben haben.