Kitabı oku: «Arbeitgeberattraktivität: Die Rolle von Work-Life-Balance und flexiblen Arbeitszeitmodellen», sayfa 2

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3 Work-Life-Balance

Ein Element der Arbeitgeberattraktivität, das in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, ist Work-Life-Balance. Daher widmet sich dieses Kapitel zunächst ihrer Wichtigkeit und der Definition dieses Begriffs. Im Anschluss daran werden Work-Life-Balance und die Gründe für ihren Mangel im juristischen Bereich analysiert. Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Aufarbeitung der Auswirkungen von mangelnder Work-Life-Balance auf die Belegschaft und das Unternehmen, zunächst allgemein und danach im Hinblick auf Geschlechter- und Generationsunterschiede.

3.1 Wichtigkeit von Work-Life-Balance

Arbeitnehmer haben zunehmend Schwierigkeiten, berufliche und familiäre Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Gründe, die zu einem Mangel an Work-Life-Balance geführt haben, sind die steigende Zahl von Frauen im Berufsleben, die dadurch begleitete Zunahme von Doppelverdiener- und Alleinerzieherhaushalten, die sich verändernde Demographie der Erwerbsbevölkerung und die entsprechende kulturelle Verschiebung in der Bedeutung und dem Stellenwert von Familie (Wharton & Blair-Loy, 2002, S. 32f). Darüber hinaus gibt es eine rege Debatte über die zeitlichen Anforderungen und den Zeitdruck bei der Arbeit und deren Auswirkungen auf die Fähigkeit von Mitarbeitern, ihre privaten und beruflichen Verpflichtungen zu koordinieren (Walsh, 2019, S. 387).

Viele Unternehmen haben sich aus diesen Gründen entschieden, HR-Richtlinien zu implementieren, die den Arbeitnehmern ermöglichen, ihren (privaten) Verpflichtungen nachzukommen (Carless & Wintle, 2007, S. 394). Auch sahen Unternehmen seit den 2000er Jahren Vereinbarungen, die die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter reduzieren, als Wettbewerbsvorteil (Friede et al., 2008, S. 710f), wodurch das Thema Work-Life-Balance für viele Organisationen ein immer wichtigerer Faktor wird. Dadurch, dass Richtlinien zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben oft auch in Stelleninseraten genannt werden, wächst mehr und mehr das Bewusstsein für die Bedeutung der Aufrechterhaltung eines ausgewogenen Lebens in der allgemeinen Bevölkerung (Carless & Wintle, 2007, S. 400).

Auch Regierungen sind bei der Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zunehmend involviert (Walsh, 2019, S. 387). Work-Life-Balance – hier neu benannt als die ausgewogene Teilhabe von Frauen und Männern am Berufs- und Familienleben – ist aufgrund der Lissabon-Agenda, die darauf abzielt, die Erwerbsquote von Frauen auf dem Arbeitsmarkt in allen Ländern zu erhöhen, zu einem Ziel der europäischen Politik geworden. Somit darf das Problem von Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben nicht länger als ein ausschließlich privates Problem betrachtet werden, sondern auch als ein Problem der öffentlichen Politik (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=LEGISSUM:c10917&from=EN.; Wallace et al., 2007, S. 4).

3.2 Definition von Work-Life-Balance

Ein Großteil der Forschung sieht Work-Life-Balance als Ermöglichung der Vornahme von Betreuungspflichten (Boiarintseva & Richardson, 2019, S. 871) und auch die Organisationsforscher haben sich in den letzten Jahrzehnten primär auf den Bereich Arbeit und Familie konzentriert (Keeney et al., 2013, S. 221). Jedoch verstehen viele Befragte in der Studie von Boiarintseva und Richardson (2019, S. 871) Work-Life-Balance als ein breiteres Spektrum von Aktivitäten, welches etwa auch Hobbies, Sport oder Teilnahme an gesellschaftlichen Treffen einschließt. Zu den nicht-beruflichen Aufgaben gehören gemäß Keeney et al. (2013, S. 224) nicht nur die Familie, sondern auch Aktivitäten, die mit der Gesundheit einer Person, der Bildung, dem Engagement in der Gemeinschaft, Freizeitaktivitäten und Freundschaften verbunden sind.

3.3 Work-Life-Balance im juristischen Bereich

Obwohl die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle Gruppen von Arbeitnehmern ein Problem darstellt, stehen hochgebildete Fach- und Führungskräfte vor besonderen Herausforderungen (Wharton & Blair-Loy, 2002, S. 33). Obwohl bereits 1999 relativ wenige Rechtsanwälte in Amerika in einer Teilzeitanstellung tätig waren, erkannte Epstein (1999, S. 3) bereits damals, dass die neuen Generationen den Druck, den die Anwaltskarriere verbunden mit Heim, Kindern und privaten Vergnügen bedeutet, nicht länger hinnehmen wollen. Die jüngeren Generationen wollen das Arbeitsmuster der Vergangenheit vermeiden. Zeit ist zu einem wichtigen Gut geworden, dessen Wert vielleicht sogar schon über den von Geld gestellt wird (Epstein, 1999, S. 25). Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass der Lebensabschnitt, in dem eine Karriere aufgebaut wird, mit den Jahren der Kindererziehung zusammenfällt. So finden die kritischen Jahre im Beruf eines Rechtsanwalts, wie die Beförderung zu leitenden Positionen gleichzeitig mit der Heirat und der Gründung einer Familie zusammen (Epstein, 1999, S. 11). Rechtsanwälte seien darauf angewiesen, dass ihre Ehefrauen den Haushalt und die Kindererziehung übernehmen, doch hätten sich diese Zeiten geändert. Nicht nur mehr Rechtsanwältinnen kämpften damit, Beruf und Familie zu vereinbaren, auch immer mehr Rechtsanwälte hätten Ehefrauen, die selbst ihre eigenen Arbeitsverpflichtungen nachkommen müssten. Darüber hinaus sehen auch kulturelle Aspekte vor, dass beide Elternteile in der Erziehung ihrer Kinder involviert sein sollten (Epstein, 1999, S. 11).

Auch ist es ein weitreichendes Phänomen, dass Frauen sich entscheiden, die Anwaltei zu verlassen. Zum Beispiel ist in Indien die Zahl von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen zu Beginn der beruflichen Karriere noch etwa gleich, die Anzahl von Frauen nimmt jedoch mit zunehmendem Aufstieg in der Hierarchie progressiv ab (Kannan, 2013, S. 16). Auch in Amerika entscheiden sich viele Frauen, der Anwaltei den Rücken zu kehren und in In-House-Positionen zu arbeiten, da die Arbeitszeiten in Unternehmen kürzer und vorhersehbarer sind. Auf den oberen Etagen der juristischen Berufe sind Frauen nach wie vor unverhältnismäßig unterrepräsentiert (Epstein, 1999, S. 13f). In Österreich zeigt sich Ende 2020 ein ähnliches Bild: Ist das Verhältnis zwischen Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärtern noch etwa 50:50, sind lediglich 23 % der eingetragenen Rechtsanwälte weiblich (https://www.rechtsanwaelte.at/kammer/kammer-in-zahlen/mitglieder/).

Nicht nur Frauen, sondern auch Männer haben zunehmend Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Lange Arbeitszeiten sind grundsätzlich für den ganzen Berufsstand der Rechtsanwälte Standard. Je prestigeträchtiger die Anwaltskanzlei, desto mehr Stunden müssen sie arbeiten, um die Bedürfnisse ihrer Mandaten zu erfüllen (Epstein, 1999, S. 22). Boiarintseva und Richardson (2019, S. 869ff) befragten in ihrer Studie zehn männliche Rechtsanwälte in Kanada, um die Erfahrung von Männern mit Work-Life-Balance in männlich dominierten leistungsfähigen Industrien zu untersuchen. Die Ausführungen der befragten Männer waren sehr ähnlich. Das Ergebnis war, dass es für Anwälte aufgrund der Erwartungen und Verhaltensnormen der Industrie und der Berufswelt sehr schwierig, oft sogar unmöglich ist, Work-Life-Balance zu leben. Einige der Befragten empfanden dies als problematisch, andere sahen dies als Teil ihres Jobs. Alle Studienteilnehmer gaben an, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht besser, sondern immer schlechter wird. Als Gründe dafür nannten sie mehr Wettbewerb und weniger Arbeitsplatzsicherheit im Rechtsberuf (Boiarintseva & Richardson, 2019, S. 873).

Um dem Abhilfe zu verschaffen, verlangen einige Gesetze in verschiedenen Staaten, wie etwa der Family and Medical Leave Act von 1993 in den USA, von großen Anwaltskanzleien ein gewisses Maß an Flexibilität (Hitt et al., 2007, S. 23). Arbeitnehmer haben nach diesem Gesetz unter gewissen Voraussetzungen einen Anspruch auf bis zu zwölf Wochen unbezahlte Abwesenheit während eines zwölfmonatigen Zeitraums. Dieses Recht besteht zum Beispiel dann, wenn die Abwesenheit aufgrund der Geburt oder Adoption eines Kindes beantragt wird, wird aber dahingehend eingeschränkt, dass sie nur jenen Personen zusteht, die in einem Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten arbeiten (Family and Medical Leave Act of 1993). In Österreich haben Frauen, die dem Mutterschutzgesetz 1979, und Männer, die dem Väter-Karenzgesetz unterliegen, viele Rechte, wie unter anderem das Beschäftigungsverbot werdender Mütter, Karenz und Elternteilzeit sowie einen erhöhten Kündigungs- und Entlassungsschutz während dieser Zeiträume. Diese Gesetze gewähren einen Schutz für Personen, die in juristischen Positionen in Unternehmen oder Rechtsanwaltskanzleien angestellt sind. Selbständig Tätige unterliegen jedoch naturgemäß nicht diesen Gesetzen und genießen daher diese Möglichkeiten und diesen Schutz nicht.

3.4 Gründe für einen Mangel an Work-Life-Balance mit dem Fokus auf juristische Berufe

Gründe für mangelnde Work-Life-Balance sind vielfältig. Ein wesentlicher ist übermäßig lange Arbeitszeit und damit einhergehende Faktoren, die zu Konflikten zwischen beruflichen und außerberuflichen Aktivitäten und Rollenbildern führen (Walsh, 2019, S. 392). Auch problematisch ist in der Anwaltei das Fehlen von Autonomie zu entscheiden, wann, wie und wie viel täglich gearbeitet wird, was die Grenzen zwischen Arbeits- und Nicht-Arbeitszeiten in der Anwaltei verschwimmen lässt. Dadurch wird Work-Life-Balance in der Anwaltsbranche als besonders herausfordernd angesehen (Boiarintseva & Richardson, 2019, S. 872).

Die Gründe für die Veränderung der Arbeitszeiten und somit die Zunahme an Jobs mit sehr langen Arbeitszeiten sind struktureller Natur; sie sind das Ergebnis weitreichender Veränderungen im globalen wirtschaftlichen Umfeld und zwar einen erhöhten Wettbewerbsdruck, kulturelle Verschiebungen und erheblich verbesserte Kommunikationstechnologien (Hewlett & Luce, 2006, S. 52). Auch praktisch alle Befragten in der Studie von Boiarintseva und Richardson (2019, S. 872) gaben an, dass es den Anforderungen der Rechtsanwaltsbranche und ihrem stark wettbewerbsorientierten Arbeitsumfeld geschuldet ist, dass sie in dieser Branche ihr Privat- und Berufsleben nicht vereinbaren können. Zudem wird der Leistungsdruck innerhalb der Anwaltsbranche durch die zunehmende Besorgnis, dass Technologie gewisse Bereiche des Anwaltsberufs ersetzen wird, noch erhöht (Simpson, 2016, S. 50). Wharton und Blair-Loy (2002, S. 33) führen die langen Arbeitszeiten auch auf die abnehmende Arbeitsplatzsicherheit zurück. Auch sehen sie einen Grund darin, dass der Fokus auf die individuelle Leistung für Fragen der Entlohnung und Beförderung gelegt wird und weniger auf Seniorität geschaut wird.

Lange Arbeitstage sind vor allem für Personen mit höheren Einkommen in Industriestaaten, insbesondere bei leitenden, qualifizierten und fachkundigen Arbeitnehmern sehr häufig (Walsh, 2019, S. 387f). Diese arbeiten härter als früher, womit die 40-Stunden-Woche der Vergangenheit angehört und sogar die 60-Stunden-Woche oft überschritten wird. Jobs mit sehr langen Arbeitszeiten stellen somit keine Seltenheit dar (Hewlett & Luce, 2006, S. 51). In einer 2008 durchgeführten Studie von Perlow und Porter (2009, S. 102) wurden 1.000 Mitarbeiter im professionellen Dienstleistungssektor befragt. 94 % von ihnen gaben an, dass sie wöchentlich mindestens 50 Stunden arbeiten; die Hälfte dieser Gruppe sprach sogar von einer mindestens 65-Stunden-Woche. Des Weiteren ergaben die Daten, dass sie zusätzlich 20 bis 25 Stunden die Woche damit verbringen, ihre BlackBerrys zu kontrollieren und fast immer innerhalb einer Stunde auf E-Mails von Kollegen oder Klienten antworten.

Einen enormen Anstieg des Arbeitsdrucks für hochkarätige Fachkräfte aller Altersgruppen, Geschlechter, Sektoren und Kontinente zeigen auch die Daten von Hewlett und Luce (2006, S. 51). Obwohl die Überstunden-Kultur bei Management und Fachkräftepositionen in vielen Industrieländern weit verbreitet ist, findet sich diese besonders in den Vereinigten Staaten. „Amerikanische Praktiken“ außerhalb von den Vereinigten Staaten könnten insbesondere in jenen Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Amerika haben, vorherrschend sein. Diese Praktiken sind vor allem in globalen Branchen wie der Finanzbranche häufig (Wharton & Blair-Loy, 2002, S. 33). „Extreme Jobs“, die zum Zweck der Untersuchung von Hewlett & Luce (2006, S. 51) als Jobs mit einer mindestens 60-Stundenwoche und weiteren Kriterien wie etwa 24/7 Erreichbarkeit, knappen Deadlines und unvorhergesehenen Arbeitsmengen definiert wurden, sind über die gesamte Wirtschaft verteilt. Man findet diese ebenso in großen Produktionsunternehmen, im Bereich Unterhaltung und Medien, an der Wall Street sowie in Medizin, Buchhaltung, Beratung und Recht. Die Studie von Boiarintseva und Richardson (2019, S. 873) zeigt, dass von Anwälten erwartet wird, dass ihre Arbeit an erster Stelle steht und die Familie erst an zweiter Stelle kommt. Im Gleichklang führen Wharton und Blair-Loy (2002, S. 33) aus, dass Unternehmen von Managern und Fachleuten erwarten, dass diese ihr Engagement so unter Beweis stellen, dass sie lange arbeiten und die Arbeit zum Mittelpunkt ihres Lebens machen (Wharton & Blair-Loy, 2002, S. 33). Auch Epstein (1999, S. 19) stellte fest, dass es von Rechtsanwälten seit langem erwartet wird, dass sie die Arbeit zu ihrer Priorität machen und ihre berufliche Arbeit von konkurrierenden Anforderungen aus anderen Lebensbereichen nicht beeinträchtigt wird.

Mit dem Aufkommen von neuen Technologien hat sich diese Erwartung weiter verstärkt und dadurch das Verhalten von Mitarbeitern geändert. Mobile Kommunikationstechnologien fördern die Möglichkeit der Arbeit in mehreren Zeitzonen, wodurch sowohl die Reisetätigkeit als auch die Länge des Arbeitstages erhöht wird (Hewlett & Luce, 2006, S. 58). Auch tragen sie zu der „always on“-Mentalität von leitenden und fachkundigen Arbeitnehmern bei. Obwohl E-Mails das Gefühl der individuellen Kontrolle erhöhen, scheinen sie auch zu einer Verlängerung der Arbeitszeit und Erhöhung des Arbeitsdrucks zu führen (Walsh, 2019, S. 390). In der US-Studie von Hewlett und Luce (2006, S. 55) sagten 67 % der Befragten, die einen „extremen Job“ ausüben, dass es für ihren Erfolg entscheidend ist, dass sie für ihre Klienten 24/7 erreichbar sind. Auch Mitarbeiter im professionellen Dienstleistungssektor, wie Rechtsanwälte, Berater, Investmentbanker und Steuerberater gehen davon aus, dass es wichtig ist, dass sie immer erreichbar sind, damit ihr Unternehmen am weltweiten Markt erfolgreich ist. Dies resultiert daraus, dass man von diesen Berufsgruppen – wie bereits näher ausgeführt – erwartete, dass Arbeit ihre oberste Priorität ist (Perlow & Porter, 2009, S. 102).

Diese 24/7-Erreichbarkeit für Kollegen, Manager und Klienten verzerrt auch die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben (Walsh, 2019, S. 388). Somit ist die Erwartung der Klienten, die viel Geld für die Beratungsleistungen bezahlen, ein weiterer Faktor, den die Studienteilnehmer nannten, der Work-Life-Balance einschränkt. Auch glauben die Befragten, dass Work-Life-Balance mit der zunehmenden Konzentration auf den „Kundenservice“ in der zunehmend wettbewerbsorientierten Rechtsbranche wahrscheinlich noch weiter eingeschränkt werden wird. Laut den Befragten fordern Klienten von den Rechtsanwälten Perfektion, ungeteilte Aufmerksamkeit und Vorrang vor all ihren anderen beruflichen Aktivitäten und ihrem Privatleben (Boiarintseva & Richardson, 2019, S. 874). Von den Rechtsanwälten wird auch erwartet, dass sie neben ihrem Arbeitspensum auch Zeit damit verbringen, den Kontakt mit Mandanten zu pflegen (Boiarintseva & Richardson, 2019, S. 872). Diese Erwartungen können schon mit den verschiedenen beruflichen und erst recht mit privaten Verpflichtungen konfligieren (Epstein, 1999, S. 19).

Ein weiterer Faktor, der zu langen Arbeitszeiten bei Fach- und Führungskräften führt, ist das Erfordernis der physischen Anwesenheit am Arbeitsplatz („physical presenteeism“). Grund dafür ist, dass eine Messung der Leistung der Mitarbeiter oft sehr schwierig ist, wenn das Unternehmen das Wissen ihrer Mitarbeiter und nicht ein produziertes Gut verkauft. Daher nutzen Organisationen face time bzw die physische Anwesenheit am Arbeitsplatz zur Beurteilung der Produktivität und des Einsatzes der Belegschaft (Walsh, 2019, S. 390), wodurch sich Mitarbeiter durch schlichte physische Anwesenheit im Büro einen persönlichen Vorteil verschaffen können. Die Studie von Elsbach et al. (2010, S. 735) zeigt, dass passive face time – definiert als Zeitraum, in dem jemand beobachtet wird ohne dass eine Interaktion stattfindet – beeinflusst, wie jemand in der Arbeit wahrgenommen wird. Personal, das während normalen Bürozeiten anwesend ist, wird als zuverlässig und Personal, das außerhalb von üblichen Bürozeiten anzutreffen ist, als engagiert wahrgenommen (Elsbach et al., 2010, S. 735). Die Schlussfolgerung dieser Studie ist, dass sich Führungskräfte schon alleine aufgrund der physischen Anwesenheit der Mitarbeiter im Büro Urteile über diese bilden (Walsh, 2019, S. 391).

Ein Faktor der zu langen Arbeitszeiten führt und aus dem Verhalten der Arbeitnehmer selbst resultiert, ist dass sie ihre Zeit oft gerne am Arbeitsplatz verbringen. Sie sehen den Arbeitsplatz heutzutage nämlich oft als das Zentrum und die Quelle des sozialen Lebens. Dies stellt vielleicht die tiefgreifendste unter den kulturellen Veränderungen dar. Die Aussicht, bis spät in den Abend hinein zu arbeiten, wird als weniger beschwerlich angesehen, wenn die Kollegen auch beste Freunde sind und im Büro die anregendsten Begegnungen und der Austausch von Ideen und Wissen mit intellektuellen Kollegen auf Augenhöhe stattfindet (Hewlett & Luce, 2006, S. 54). Das Verhalten der Kollegen kann jedoch auch zu längeren Arbeitszeiten führen. Dies zeigt die Studie von Landers et al. (1996, S. 329), in deren Rahmen zwei große Rechtsanwaltskanzleien untersucht wurden. In Anwaltskanzleien wird jenes juristische Personal befördert, das die Tendenz hat, hart zu arbeiten. Als Messung hierfür werden verrechenbare Stunden herangezogen. Dadurch kommt es oft zu einem erbarmungslosen Wettkampf zwischen den Mitarbeitern, die deshalb zu lange arbeiten und dadurch ineffizient werden. Auch in der Studie von Boiarintseva und Richardson (2019, S. 874) nannten die befragten Rechtsanwälte, dass sie eine Zielvorgabe an verrechenbaren Stunden von im Durchschnitt 1.700 Stunden pro Jahr, somit 50 bis 60 Arbeitsstunden pro Woche haben. Ihnen ist bewusst, dass das Nichteinhalten dieser Ziele zu einem Verlust des Arbeitsplatzes führen kann. Auch gaben sie an, dass diese Vorgabe an verrechenbaren Stunden einen negativen Einfluss auf ihre Work-Life-Balance hat. Jedoch können nicht nur Kollegen, sondern auch Führungskräfte lange Arbeitszeiten fördern. Dies zeigt die Studie von Perlow (1998, S. 328) über die Arbeitsmuster von amerikanischen Software-Ingenieuren. Führungskräften können die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter unter anderem verlängern, indem sie ihnen Deadlines, Meetings und zusätzliche Arbeit auferlegen und sie kontrollieren.

Es gibt viele Gründe, die zu einer mangelnden Work-Life-Balance von Juristen führen können. Ein wesentlicher Faktor sind lange Arbeitszeiten, welche durch Veränderungen im globalen wirtschaftlichen Umfeld, der Steigerung des Wettbewerbsdrucks, kulturellen Änderungen und einer Verbesserung der Kommunikationstechnologie bedingt werden.

3.5 Auswirkungen von (mangelnder) Work-Life-Balance auf die Belegschaft und das Unternehmen

Sowohl gute als auch schlechte Work-Life-Balance haben Auswirkungen auf das Personal und das Unternehmen, und zwar negative, aber auch positive. Diese werden zuerst im Allgemeinen dargestellt, bevor die Auswirkungen im Hinblick auf Geschlechter und Generationen analysiert werden.

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