Kitabı oku: «Catra Corbett: Wiedergeburt», sayfa 3

Yazı tipi:

Ich wollte einfach nichts mehr mit dieser Szene zu tun haben.

Mein Therapeut war überglücklich, mir dabei zu helfen, mein Leben aufzuarbeiten und herauszufinden, was ich mit den Drogen verdrängen wollte. Im Drogenmilieu nannten wir das „Medicating“, und es stellte sich heraus, dass da viel mehr war, als ich anfangs gedacht hatte. Als ich jung war, waren mir einige schlimme Dinge widerfahren, und ich musste mich diesen Problemen nun stellen und sie ein für alle Mal aufarbeiten.

Ich arbeitete noch immer Teilzeit in einem Friseurladen, doch von den Drogen wegzukommen und sie und meine Freunde hinter mir zu lassen, machte mich sehr traurig. Es war schon ironisch, doch ich war trauriger als an dem Tag, an dem ich in den Spiegel geblickt und keinen Ausweg aus meiner Sucht gesehen hatte.

Ich war nicht glücklich mit Jason, ich war nicht glücklich, wenn ich mit meinen Freunden zusammen war, und eines der wenigen Dinge, die ich gerne tat, nämlich in den Nachtclubs abzutanzen, machte mir auch keine Freude mehr. Mein ganzes Leben war ein einziger Kackhaufen. Ich fühlte nichts, so als ob ich in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen wäre und es immer dunkler um mich würde.

Eines Tages beschloss ich einfach, dass ich nicht mehr weiterleben wollte. Zwar nahm ich keine Drogen mehr, doch ich hasste mich noch immer für das, was aus mir geworden war, und ich wollte, dass es vorbei war.

Ich hatte keine Pistole, und ein Messer kam auch nicht infrage, doch dann kam mir eine Idee. Tylenol.

Ich nahm eine ganze Handvoll und schluckte so viele ich konnte. Ich fing zu weinen an, und zwang mich dazu, noch mehr Tabletten runterzuschlucken.

Schließlich legte ich mich aufs Bett, das ich mit Jason teilte, und versuchte, mich in den Schlaf zu weinen. Ich hatte die Absicht, nie wieder aufzuwachen.

Dann hörte ich da plötzlich eine Stimme in meinem Kopf.

„Du bist besser als das. Aus dir wird noch etwas werden“, sagte die Stimme zu mir.

Ich habe keine Ahnung, warum ich in meinem depressiven Zustand überhaupt auf die Stimme hörte, doch ich tat es.

Ich sprang auf und wählte den Notruf und erzählte ihnen, was passiert war. Sofort kam eine Ambulanz vorbei und brachte mich ins Spital, wo sie mir den Magen auspumpten.

Es war eines der unangenehmsten Dinge, die ich jemals durchgemacht habe.

Sie schoben mir einen Schlauch in den Hals, und ich begann alles, was sich in meinem Magen befand, hochzuwürgen. Ich konnte gar nicht aufhören damit. Es war schrecklich.

Die Nacht verbrachte ich dann auf der Psychiatrie. Obwohl man normalerweise für 72 Stunden unter Beobachtung bleiben soll, wurde ich, nachdem ich mit meiner Therapeutin gesprochen hatte, wieder entlassen. Die Ärzte waren zu dem Schluss gekommen, dass ich mich nicht wirklich umbringen wollte, auch wenn ich es versucht hatte. Bei einem weiteren Termin mit meiner Therapeutin riet sie mir, bei Jason auszuziehen, da es kein sicherer Ort für mich sei.

Ich musste ihr versprechen, dass ich so schnell wie möglich ausziehen würde. Wenn ich dies schaffte, könnte ich wieder meinen Weg gehen.

Es war mir bewusst, dass ich meine Mutter anrufen und ihr sagen musste, was sich alles abgespielt hatte.

XXX

Als ich zum Hörer griff, zitterten meine Hände. Ich wollte meiner Mutter nicht erzählen müssen, dass ich Drogen nahm. Es hätte ihr das Herz gebrochen.

Eine Tochter, die anruft und sagt, sie sei drogenabhängig, würde jeder Mutter das Herz brechen, doch da Peggy meiner Mutter bereits solchen Kummer bereitet hatte, würde es sie endgültig am Boden zerstören.

Meine Schwester Peggy war drogenabhängig, seit sie 15 Jahre alt war. Als sie süchtig wurde, versuchte meine Mutter alles, um sie wieder von den Drogen loszukriegen. Sie empfand es in vielerlei Hinsicht als ihre Mission. Meine Eltern liebten Peggy, und es brach ihnen das Herz, dass sie ihnen so viel Kummer bereitete.

Zu jener Zeit, als ich das Telefonat führte, hatte meine Mutter bereits Jahre mit den Folgen von Peggys Drogensucht leben müssen. Sie hatte Zehntausende Dollar ausgegeben, um Peggy dabei zu helfen, ihre Heroinsucht zu besiegen, doch die traurige Wahrheit war, dass sich Peggy scheinbar gar nicht helfen lassen wollte. Meine Mutter schien dies nie zu begreifen. Sie steckte Peggy in die verschiedensten Entzugskliniken und Behandlungszentren, doch es war vergeblich.

Das Traurige daran war, dass es immer wieder Phasen gab, in denen Peggy sich bessern wollte. Tatsächlich hatte es auch einmal eine Zeit gegeben, in der Peggy ganz normal war und keine Süchtige. Peggy heiratete mit 18 und hatte zwei Kinder. Es schien, als liefe alles gut bei ihr. In Wirklichkeit war aber nichts in Ordnung. Sie war nie wirklich von ihrer Sucht losgekommen, sondern hatte nur eine kleine Pause gemacht.

Drei Jahre später, im Alter von 21, traf Peggy wieder auf ihre Highschool-Liebe, und mit einem Fingerschnippen verfiel sie wieder in ihr altes Leben. Da waren wieder ihre Dämonen, die von ihr Besitz ergriffen. Sie verließ ihre Familie und lebte von nun an auf der Straße. An jenem Punkt gab meine Mutter nicht nur Geld für sie aus, sondern verbrachte Stunden damit, zusammen mit einer Freundin durch die Straßen von San Francisco zu fahren und nach Peggy zu suchen, in der Hoffnung, sie irgendwo aufzulesen und zu retten.

Damals hörte meine Mutter nur gelegentlich von Peggy. Wenn Peggy wieder einmal ein paar Dollar brauchte, kam sie vorbei. Dann sagte sie, dass sie das Geld für Zigaretten brauche. Wenn du ihr aber sagtest, dass du ihr die Zigaretten holen würdest, machte sie eine Szene. Sie wollte einfach nur das Geld.

Sie wollte das Geld, um Drogen zu kaufen. Zumindest das hatte meine Mutter erkannt, und sie weigerte sich, ihr Geld zu geben. Sie konnte nicht einmal ihre Geldbörse offen herumliegen lassen, wenn Peggy zu Besuch kam, denn dann fehlte immer Geld, und Peggy würde nicht einmal glauben, dass sie es gestohlen hatte. Denn das Schlimme war: Peggy konnte sich manchmal wirklich nicht mehr daran erinnern, dass sie es genommen hatte.

So schlimm stand es bereits um sie. Sie war komplett von der Rolle und konnte nur mehr an ihre Drogen denken. Patty und ich fragten uns damals, wie lange es dauern würde, bis die Polizei an Mutters Tür läuten würde, um ihr die Nachricht von Peggys Tod zu überbringen. Meine Mutter verdrängte diesen Gedanken komplett. Sie hatte immer die Hoffnung, dass Peggy sich wieder erfangen könnte.

Aber wenigstens war unsere Mutter nicht völlig naiv. Sie wusste, was Heroin mit einer Person anstellen konnte, und nachdem sie es bei Peggy gesehen hatte, wusste ich, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wie jemand anderer auf das Zeug hereinfallen konnte. Sie würde nicht glauben können, dass auch ich drogenabhängig war. Peggy versuchte, meiner Mutter immer wieder von meiner Drogensucht zu erzählen. Sie erwähnte gelegentlich, dass sie glaube, ich sei auf Drogen, da ich so dünn war und mich auch so anzog. Doch Mutter glaubte ihr nicht.

Ich wollte es mir selbst ja auch nicht eingestehen. Ich war doch keine Drogensüchtige, schließlich steckte ich mir ja keine Nadel in den Arm, so wie Peggy. Peggy war die Süchtige. Ich war nicht süchtig. Doch durch die eine Nacht im Gefängnis hatte sich meine Perspektive verschoben.

Nun musste ich es meiner Mutter und mir selbst gestehen, dass ich drogenabhängig war.

„Hallo?“, sagte meine Mutter, als sie den Hörer abnahm.

Ich atmete tief durch.

„Ich will wieder zu Hause einziehen“, sagte ich.

„Kein Problem. Was ist denn los?“

„Nun ja, ich bin verhaftet worden.“

„Was?“

„Ja, wegen Drogenhandels.“

„Was?“, fragte sie nun lauter.

Ich versuchte es mit Samthandschuhen: „Wir haben gelegentlich ein wenig Speed genommen. Dann haben wir begonnen, ein bisschen davon zu verkaufen, damit wir es uns leisten können.“

„WAS?“, schrie sie nun ins Telefon.

Stille. Ich spürte, dass sie bitter enttäuscht war und auch ziemlich verärgert.

„Catra, gerade du solltest es doch besser wissen“, sagte meine Mutter schließlich. „Deine Schwester ist drogenabhängig.“

Ich wusste nicht, was ich ihr anderes hätte sagen sollte. Sie hatte vollkommen recht, doch ich fand es auch etwas seltsam, dass sie dachte, ich würde auf keinen Fall Drogen nehmen, nur weil meine Schwester abhängig war.

„Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich wieder zu Hause einziehe und in Behandlung war und zu NA-Meetings gegangen bin und es mir nun langsam besser geht“, antwortete ich.

Meine Mutter schwieg. Dann meinte sie, wenn ich wieder bei ihr einziehen wolle, müssten wir uns zusammensetzen und ich müsste ihr alles genau erzählen.

Ein paar Tage später brachten mich Jasons Eltern zum Haus meiner Mutter. Sie grüßten meine Mutter, doch sie war nicht besonders gesprächig. Meine Mutter mochte die beiden nicht, denn sie dachte, sie wären kein guter Einfluss. Vermutlich hatte sie sogar recht.

Als wir im Haus waren, befahl sie mir, mich hinzusetzen, so als wäre ich ein kleines Mädchen.

Da saß ich nun am Tisch und fühlte mich an meine katholische Erziehung erinnert.

Als kleines Mädchen musste ich immer mit zur Kirche gehen. Ich mochte die bunten Glasfenster und Statuen, doch andererseits konnte ich dieses alte, furchteinflößende Gebäude nicht ausstehen. Es roch muffig. Am meisten hasste ich den Beichtstuhl, denn dort bekam ich immer die Panik. Der Priester öffnete dieses kleine Fenster, und ich musste ihm meine ganzen Sünden erzählen. Es war eng und dunkel da drinnen, und der Priester saß auf der anderen Seite, und ich musste ihm immer zuhören, wenn er sprach, und dabei meine dunkelsten Geheimnisse verraten und auf meine Strafe warten.

So saß ich also meiner Mutter gegenüber und fühlte mich wieder wie das kleine Kind in diesem engen, dunklen Beichtstuhl, verängstigt, da ich jemandem die Wahrheit erzählen musste und dabei hoffte, nicht in der Hölle zu landen.

Ich atmete noch einmal tief durch und erzählte ihr alles. Ich erklärte ihr, dass ich mehrere Jahre lang Drogen genommen hatte.

„WARUM?“, fragte sie entsetzt.

Sie wollte nicht zuhören.

„Du solltest es doch besser wissen“, sagte sie wieder und wieder.

Sie war wütend, und zurückblickend kann ich sagen: zu Recht. Es war das Letzte, was sie brauchte, und sie befürchtete, sich erneut mit einer drogenabhängigen Tochter auseinandersetzen zu müssen. Sie hatte genug schlimme Erinnerungen an Dinge wie spät nachts durch San Francisco zu fahren und nach meiner Schwester Ausschau zu halten.

Dann kam sie wieder auf Peggy zu sprechen.

„Weißt du, Peggy hat mir gesagt, dass sie glaubt, du würdest Drogen nehmen, aber ich habe ihr nicht geglaubt, da sie selbst Drogen nimmt und nicht weiß, wovon sie redet. Aber sie hat sich nicht geirrt oder gelogen. Das war das einzige Mal, dass sie nicht gelogen hat“, sagte meine Mutter.

Also sagte ich, dass ich einfach vom Weg abgekommen sei. Sie wollte eigentlich gar nichts anderes hören als das.

Ich zog also wieder bei meiner Mutter ein, doch ich musste nach ihren Regeln leben. Sie wollte auf Nummer sicher gehen, dass ich nicht so wie meine Schwester von einem Entzug zum anderen eilte.

Wieder bei meiner Mutter in Freemont zu leben, war irgendwie deprimierend für mich. Bevor ich einzog, war ich der Meinung, dass ich mich eigentlich ganz gut schlug. Ich stand auf eigenen Beinen, verdiente genügend Geld und konnte tun und lassen, was ich wollte. Ich lebte mein eigenes Leben.

Doch es war kein Leben für mich selbst. Es war ein Leben für die Drogen. Ja, ich verdiente gut, doch das Geld ging für die Drogen drauf. Ja, ich stand auf eigenen Beinen, doch ich lebte zusammen mit Jason und seiner verkorksten Familie.

Ich ging zu NA-Meetings und zu wöchentlichen Drogentests und arbeitete, aber es war mir peinlich, was aus mir geworden war. Ich war von meinem Weg abgekommen. Ich war traurig und hatte das Gefühl, meine Mutter enttäuscht zu haben.

Schlussendlich wollte ich mit diesen scheußlichen Drogen ein für alle Mal abschließen. Ich wollte ein neuer Mensch werden. Vielleicht der Mensch, der ich schon längst hätte sein sollen. Zu dem Menschen, wie es vermutlich auch mein Vater gewollt hätte.

Also begann ich mit dem Laufen.

KAPITEL 3
PAPAS MÄDCHEN

Eine meiner ersten Kindheitserinnerungen ist ein Rennen, das mein Vater zwischen mir und meinem Bruder zu veranstalten pflegte.

Sonntags, wenn Mutter das Haus putzte, ging Paps immer mit uns raus. Dann fuhr er mit uns zum Sportplatz einer Highschool, wo er sich mitten auf den Platz stellte, während wir eine Art Staffellauf machen mussten, bei dem wir immer wieder hin und her liefen.

Ich hasste es.

Damals war ich so unglaublich mädchenhaft, dass ich weinte, wenn ich draußen spielte und mich schmutzig machte.

Also konnte ich es auch nicht ausstehen, mit meinem Bruder um die Wette zu laufen. Zwar gab ich mein Bestes, doch mein Bruder gewann jedes Mal. Das Schlimme daran war, dass er etwa zwei Jahre jünger ist als ich und mich damals trotzdem immer um Längen schlug.

„Toll machst du das, Kleines. Gib, was du kannst“, rief mein Vater mir zu.

Ein paar Jahre später, ich war sieben und mein Bruder fünf, beschlossen unsere Eltern, uns beide in einem Fußballverein einzuschreiben.

Ich wollte aber nicht Fußball spielen, ich wollte lieber steppen. Ich liebte das Steppen und schlief sogar in meinen Steppschuhen. Es war etwas, das mir unheimlich gefiel. Das Klicken der Schuhe, die Kleidung. Wenn du einmal ein paar Monate trainiert hattest, dann durftest du bei einer Aufführung mitmachen, und das bedeutete wiederum, dass du Make-up tragen durftest, eine neue Frisur bekamst und dieses glitzernde Gewand tragen konntest, Dinge, zu denen du als Siebenjährige normalerweise nie gekommen wärst. Ich hatte schon immer ein Faible für alles, was mit Glamour zu tun hat. So liebte ich Soul Train, eine TV-Show mit farbigen Tänzern, die zu Funkmusik tanzten, und vor allem ihre glitzernden Outfits, die sie dabei trugen. Es war einfach toll.

Es dauerte nicht allzu lange, bis mein Vater zum Coach für das Fußballteam meines Bruders bestellt wurde und beschloss, auch mein Team zu coachen. Doch ich war keine besonders gute Teamspielerin. Während die anderen das Feld rauf und runter liefen, saß ich an der Seitenlinie, da ich nicht dreckig werden wollte, und weigerte mich lautstark zu spielen. Irgendwann gab ich dann nach, doch ich hasste es. Ich hasste es, zu laufen.

Da ich im Dezember geboren bin, war ich immer die Jüngste im Team. Ich war elf Jahre alt, als ich in das 12+ Team kam. Als ich 13 war, waren die anderen Mädchen alle 14 oder 15. Sie waren älter und größer, und ich kam mir immer viel kleiner und schwächer vor.

Etwa zur selben Zeit meldete mich mein Vater in einer Softballliga an und übte mit mir im Garten. Eines schönen Tages blendete mich die Sonne, und der Ball traf mich genau auf der Nase, da ich ihn nicht gesehen hatte.

Das jagte mir so einen Schrecken ein, dass ich eine Angst vor Bällen im Allgemeinen entwickelte. Wenn ich also Fußball spielte und der Ball auf mich zukam, drehte ich mich immer weg. Mit der Zeit verabscheute ich jegliche sportliche Betätigung.

Paps versuchte weiter, über den Sport eine Verbindung zu mir herzustellen. Es dauerte Jahre, viele Jahre nach seinem Tod, ehe ich erkannte, wie sehr er mich beeinflusst hatte.

XXX

Einmal, als ich ins Wohnzimmer kam und hoffte, dass meine Eltern mich in Ruhe lassen würden, lief gerade eine Sendung über den Western States 100, damals der bekannteste Ultramarathon des Landes, im Fernsehen.

„He, Catra, komm einmal kurz her“, sagte mein Vater.

Ich war noch nicht ganz ein Teenager damals, aber knapp dran, und ich hasste das Laufen noch immer. Ich hasste auch das Fußballspielen. Ich sah, wie sich mein Vater irgendetwas im Fernsehen über Läufer ansah. Warum will er, dass ich mich zu ihm setze?

„Sieh dir diese Läufer an“, sagte er. „Die laufen den ganzen Weg von Squaw Valley bis nach Auburn.“

Na und, dachte ich mir.

„Cool, Paps“, sagte ich nicht gerade enthusiastisch.

Als ich so dasaß und den Läufern zusah, dachte ich mir, dass sie in ihren kurzen Hosen und mit den Brillen wie eine Horde Streber und Nerds aussahen. Viele von ihnen sahen auch so aus, als wären sie total erschöpft und am Rande eines Zusammenbruchs.

XXX

Mein Vater wurde nicht als Athlet geboren. Meine Großeltern waren sehr wohlhabend und Großvater sehr streng. Und so durfte er nur eine Handvoll Sportarten ausüben. Für meinen Großvater waren nur Tennis und Golf akzeptabel. Er schien niemals mit dem zufrieden zu sein, was mein Vater tat. Paps ging zur Armee, doch Großvater war dagegen. Großvater liebte Golf, mein Vater nicht. Auch war mein Großvater nicht einverstanden, als Paps mit meiner Mutter, einer kleinen Italienerin mit einem Dutzend Brüder und Schwestern, ausging und sie dann sogar heiratete. Für ihn kam sie aus armen Verhältnissen, und er wollte, dass sein Sohn jemanden aus der besseren Gesellschaft heiratet. So machte es sich mein Vater zur Aufgabe, immer das Gegenteil von dem zu tun, was sein Vater tat. Er war ein supernetter Kerl.

Später, als mein Bruder seine Liebe zum Fußball entdeckte, beschloss unser Vater, dass er ihn dabei unterstützen und auch selbst ernsthaft Sport betreiben würde. Es war ein weiterer Schritt, sich von seinem eigenen Vater zu unterscheiden.

Paps las alles, was er über Fußball in die Finger kriegen konnte. Einige Jahre später wusste er bereits so viel darüber, dass er selbst ein Handbuch schrieb, wie man Burschenteams coacht.

Damit er als Fußballtrainer arbeiten konnte, musste er aber auch selbst spielen, und deshalb ging er laufen.

Mein Vater nahm regelmäßig an 5K- und 10K-Rennen teil und lief Halbmarathons. Dazu nahm er auch meinen Bruder mit. Sie liefen oft auf den Mission Peak hinauf, einen kleinen, aber beliebten Hügel am Rande der Stadt. Mein Bruder war zwar noch recht jung, doch er lief auch die Halbmarathons zusammen mit Paps.

Ich selbst wollte nichts davon wissen.

XXX

In der siebenten Klasse zogen wir in eine andere Gegend, wo ich keine Freunde hatte. Am ersten Tag in der neuen Schule stand ich ganz allein an der Bushaltestelle, wie immer, und die anderen Mädchen sprachen mich an. Sie wurden meine neuen Freundinnen. Das waren ziemlich wilde Kids, und sie alle hatten Geld, doch sie hatten auch ältere Schwestern, das war ziemlich cool. So hingen wir eben zusammen herum.

Das erste Mal, dass ich wirklich in Schwierigkeiten geriet, war, als ich 13 Jahre alt war und beim Ladendiebstahl erwischt wurde. Von da an ging es langsam bergab. Mein Vater redete mir nur ins Gewissen, aber meine Mutter hätte mich am liebsten umgebracht.

Im Jahr darauf begann ich zu rauchen. Ich war noch zu jung, um Nachtclubs zu besuchen, also ging ich zusammen mit meinen Freundinnen auf die Rollschuhbahn, wo wir im Raucherbereich rauchten. Das war auch etwa die Zeit, in der ich begann, Alkohol zu trinken und mich für Jungs zu interessieren. Meine beiden älteren Schwestern halfen uns, an Alkohol zu kommen. Mit der Zeit lernte ich auch, wie ich mich in Nachtclubs hineinschmuggeln konnte, indem ich ein falsches Alter angab. Ich sagte, ich wäre 16, doch ich sah nicht wie 16 aus. Ich war klein und dünn, doch die Türsteher ließen mich hinein, da meine Freundinnen älter aussahen. Aufgrund meines Verhaltens entfernte ich mich emotional immer mehr von meinem Vater, doch er war immer nett zu mir. Manchmal fuhr er mich sogar zu diesen Clubs, selbst wenn meine Mutter es mir nicht erlaubt hatte.

Damals wollte ich so wenig wie möglich mit meinen Eltern zu tun haben. Mein Vater konnte richtig peinlich sein, und es war mir unangenehm, wenn er in der Nähe war, während ich mich mit Jungs unterhielt. Dann kam er herüber und begann mit dem Jungen zu reden. Ich hasste das. Meinem Vater war das egal. Ich denke, er sah ein, dass Teenager gewisse Phasen durchmachten und es prinzipiell in Ordnung war, solange sie dabei nicht außer Kontrolle gerieten. Außerdem waren meine Eltern damals mehr mit Peggy und ihrem Drogenproblem beschäftigt.

Meine Schwierigkeiten wurden größer, weil ich nun auch begann, die Schule zu schwänzen. Ich wollte nur noch Party machen, und außer meinem eigenen Vergnügen interessierte mich nichts. Ich ging in einen Laden, suchte mir ein Outfit aus und bat dann eine Freundin, es für mich zu stehlen. Sie war so gut darin, dass nicht einmal ich es mitbekam, wie sie es klaute. Das ging für einige Zeit so weiter.

Als ich 17 war, bat ich meinen Vater um etwas Geld, um mir neue Klamotten damit zu kaufen. Doch Paps weigerte sich, es mir einfach so zu geben. Er meinte, ich bekäme erst Geld von ihm, wenn ich gewisse Aufgaben erledigen würde. Aber ich wollte keine Aufgaben übernehmen oder erledigen. Also sagte er, dass er mir Taschengeld geben würde, wenn sich meine Schulnoten verbesserten. Ich war wütend und schrie, wie sehr ich ihn dafür hasste. Dann ging ich auf mein Zimmer.

Es sollten die letzten Worte sein, die ich zu meinem Vater sagte.

XXX

Ich erinnere mich noch, wie Paps am nächsten Morgen aufstand, um zur Arbeit zu fahren. Ich ging in die Schule und danach shoppen. Ein wenig Geld hatte ich noch übrig, und ich musste mir noch ein Paar Schuhe abholen, die ich mir zurücklegen hatte lassen. Es war ein Tag wie jeder andere.

Dann rief mich Patty an und sagte, dass Paps im Spital sei. Bereits einen Monat zuvor war er wegen Brustschmerzen ins Spital gefahren, wo ihm die Ärzte sagten, dass er wahrscheinlich chronisches Sodbrennen hätte, was aber nicht so tragisch wäre, da man das in den Griff bekommen könne.

Als ich dann zu Hause ankam, rief meine Mutter an. Vater war tot.

Ich fuhr zum Krankenhaus und erinnere mich nur mehr daran, dass ich unter Schock stand. Schließich war ich noch so jung und kannte niemanden aus meinem näheren Umfeld, der gestorben war. Der Tod war etwas, das anderen Menschen zustieß. Ich betrachtete seinen Körper. Er sah nicht tot aus, sondern so, als schliefe er.

Meine Mutter weinte, und meine Tante versuchte sie trösten. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich stand da wie angewurzelt.

Mein Bruder stand völlig unter Schock und starrte nur vor sich auf den Boden.

Wie ich später herausfand, hatte mein Vater wieder Brustschmerzen verspürt, und sein Doktor meinte, er solle ins Spital fahren. Mein damaliger Freund hatte gerade seinen Führerschein gemacht und fuhr meinen Vater und meinen Bruder ins Spital.

Nach etwa eineinhalb Kilometern Fahrt erlitt mein Vater einen Herzstillstand. Er krümmte sich und konnte nicht mehr atmen. Mein Bruder versuchte, ihn mittels Herzmassage wiederzubeleben. Doch es half nicht.

Am Tag des Begräbnisses konnte ich es gar nicht fassen, wie viele Leute da waren. In der Kirche gab es nur mehr Stehplätze. Einige der Anwesenden hatten Trauerreden vorbereitet, in denen sie voll Lob darüber sprachen, was für ein guter Mensch er war und wie sehr er andere inspiriert hat.

An jenem Tag lernte ich viel über meinen Vater, Dinge, die ich davor nicht gesehen hatte.

Die Fußballmannschaft meines Bruders legte einen unterschriebenen Ball in seinen Sarg. Das war wundervoll.

Wir alle trauerten. Mutter war völlig verloren, und sie musste nun auch wieder arbeiten gehen. Mein Bruder, der seinen Vater sterben gesehen hatte, war besonders still. Und ich wusste nicht, was ich ohne die lenkende Hand meines Vaters mit meinem Leben anfangen sollte. Meine Mutter war noch immer wie benommen und lenkte sich mit ihrer Arbeit ab.

Nur einige Monate nachdem mein Vater gestorben war, ich war noch immer 17, flog meine beste Freundin von der Schule. Ich beschloss, zusammen mit ihr auf eine andere Schule zu gehen. Doch die Idee mit der neuen Schule funktionierte nicht, und ich entschloss mich dazu, mit der Schule aufzuhören und eine Ausbildung als Friseurin und Kosmetikerin zu machen. Das war keine schlechte Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Ich war eine gute Friseurin, und ich hatte einen guten Job. Ich konnte nebenbei Drogen nehmen und arbeiten.

Aber es würde noch Jahre dauern, bevor ich meine Liebe zum Laufsport entdecken sollte. Davor musste ich erst noch in einem Frisiersalon arbeiten und drogenabhängig werden, verhaftet werden und von den Drogen loskommen. Ich war auf der Suche nach etwas, das mir helfen sollte, die Drogen endgültig zu vergessen. Und am Ende meiner Suche sollte das Laufen stehen.

Mein ganzes Leben lang sollte ich an jenen Moment denken. Es war eine wunderbare Erinnerung an meinen Vater, wie er während meiner verkorksten Teenagerjahre versuchte, eine engere Beziehung zu mir aufzubauen. Das ist auch der Grund, warum ich denke, dass Paps so wie einer dieser älteren Läufer geworden wäre, vielleicht sogar jemand, der die Rennen mit mir bestritten hätte. Ich glaube auch, dass ich deswegen zum Laufsport gefunden habe. Ich war auf der Suche nach etwas, was mir helfen sollte, nie mehr rückfällig zu werden, und selbst so viele Jahre danach kommt es mir vor, als wäre mein Vater noch da und erteilte mir ungewollte Ratschläge und half mir, etwas zu finden, das ich dringend brauchte.