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Kitabı oku: «Das blutige Blockhaus», sayfa 22

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»Mister Strang, wir müssen scheiden. Die Freunde, sehen Sie, warten ungeduldig.«

»Wie Sie wollen! Dachte, Sie wollten Ihre künftigen Nachbarn kennenlernen und das Grundstück, das Sie ersteigert? Dachte, Sie wollten das? Wäre vielleicht das beste, was Sie tun könnten! Sie sind freundlich willkommen, zu bleiben, mögen aber tun, wie Sie wollen! Nur, kalkuliere ich, werden Sie lange auf eine zweite Einladung warten müssen.«

»Ich bin von Ihrer Freundschaft überzeugt, aber ...« Hauterouge und Ducalle standen abseits. Sie redeten heftig miteinander. Um keinen Preis wollten sie bei dem alten Verruchten bleiben, um keinen Preis — das war der Kehrreim, der zu meinen Ohren drang. Ich war in nicht geringer Verlegenheit. Ging ich, so stieß ich einen Mann vor den Kopf, der mir wichtig geworden, und dessen Rat und Beistand für das Gedeihen meiner Entwürfe unentbehrlich war. Blieb ich, so verletzte ich bewährte Freunde.

In dieser Verlegenheit kam Jean mit der Nachricht, daß unsere beiden Pferde von der Anstrengung des vorigen Tages noch so erschöpft wären, daß ans Nachhausereiten gar nicht zu denken sei.

»Wohl!« riefen Hauterouge und Ducalle. »So wollen wir zu einem Akadier! Lieber in der schlechtesten Hütte als einen Augenblick länger hier bleiben!«

Ich widersprach. Nathan, so bemerkte ich, wäre von mir zu dem Meinungskampf herausgefordert worden. Und wir hätten nicht das Recht, ihn wegen seiner ausgesprochenen Meinung zu verdammen.

»Was?« schrie Ducalle. »Was, Colonel? Sie verteidigen die Grundsätze dieses Rebellen, dieses Barbaren?«

Nathan verzog keine Miene, obwohl er zum Teil verstand, was wir französisch redeten. Aber jetzt nahm Major Gale das Wort.

»Pardon, junger Mann! Pardon, wenn ich Ihnen in die Rede falle. Aber die Meinung, die Mister Nathan ausgesprochen, ist die Meinung, zu der sich Millionen Amerikaner mit Stolz bekennen, und mit diesen Major Henry Gale!«

»Und mit denen wir nichts zu tun haben, und die wir bekriegen und bekämpfen wollen!« fuhr es Hauterouge heraus.

»Das steht euch frei, Messieurs! Steht euch auch frei, zu sagen, was ihr gehört! In New Orleans, in den Attacapas, überall! Weiß eure Regierung unsere Meinung, machen kein Geheimnis daraus.«

Ich suchte zu vermitteln — aber Nathan fiel mir in die Rede.

»Still, Fremdlinge! Kalkuliere, werden nicht von euch, die ihr nicht einmal Achtung vor dem Hause eines Bürgers habt und wie Narren durch das Fenster mitten zwischen seine Familie und Gäste hineinspringt, werden von euch nicht die Grundsätze der bürgerlichen Gesittung lernen! Sage euch, bin hier auf meinem Grund und Boden, und zwar so lange, bis mich eine stärkere Gewalt als die eurige vertreibt. Bin hier und spreche meine Meinung aus vor Gott und der Welt und eurer Regierung. Mögt wieder sagen, was ihr gehört und gesehen, und mögt ... gehen! Denn — hab‘ die Notion — seid nicht die Männer, mit denen ich lange verkehren wollte.«

Ducalle schäumte vor Zorn. Ich hatte ihn nie so gesehen. Er riß Hauterouge am Arm fort und schrie:

»Ich sehe, der alte Regulator hat die Aussicht, die Zahl seiner Schutzbefohlenen mit unserem Colonel zu vermehren!«

Ohne auf unsere Vorstellungen zu achten, schwangen sich unsere hitzköpfigen Freunde auf ihre Pferde und galoppierten im Sturm davon. Nathan war ganz ruhig geblieben und hatte gelassen von Roche Martin und den Akadiern Abschied genommen, die nun den beiden nacheilten.

»Werden ihnen die Köpfe bald leichter werden, wenn sie bei den Akadiern einkehren!« lachte der Alte in sich hinein. »Ein einziges Nachtlager wird sie heilen. Sind — die Umwege mit in Anschlag gebracht — fünfunddreißig Meilen von Hause. Werden sehen, was es heißt, die Gastfreundschaft eines Akadiers gegen die eines Amerikaners zu vertauschen.«

»Habt aber wohl getan zu bleiben«, wandte er sich an Lassalle und mich. »Wohl getan! Seid willkommen! Sehe, daß Sie ein Mann sind, Colonel, der die Welt gesehen. Liebe es, mit solchen Männern zu sein.«

Auch Major Gale ergriff unsere Hände.

»Sie haben wohl getan und werden sehen, was es heißt, die Freundschaft eines Mannes wie Mister Strong gewonnen zu haben.«

Im ganzen genommen war ich froh, daß ich geblieben, und selbst daß Hauterouge und Ducalle gegangen. Denn die Attacapas waren mir zuwider, von ganzem Herzen zuwider, und das königstreue Ungestüm meines lieben Hauterouge würde ein ewiger Zankapfel geworden sein. Hier, das fühlte ich, war der Schauplatz, wo meine Tätigkeit sich entwickeln konnte, obwohl ich gewünscht hätte, das Scheiden von unseren Freunden wäre auf eine für sie weniger verletzende Weise vor sich gegangen.

Die neue Heimat

1

Von dem Augenblick an, wo wir uns zum Bleiben entschieden, war auch die rauhe Rinde von Nathans Charakter gewichen, und unser Verhältnis gestaltete sich freundlicher. Eine gewisse behagliche Ruhe trat an die Stelle des halbversteckten lauernden Mißtrauens, ein zwangloseres Sein und Seinlassen an die des eckigscharfen Anstoßens. Zwar war unser beiderseitiges Verhältnis noch weit von herzlicher Vertraulichkeit entfernt, aber es hatte wieder die schöne Seite, daß es eine dauernd freundliche Stimmung verbürgte und auf gegenseitige Achtung gegründet war.

Und in dieser Hinsicht muß ich gestehen, wenn mich als Europäer in meinen späteren Berührungen mit Amerikanern ihr Gleichmut und ihre Schroffheit oft mit einer unangenehmen Kälte durchfror, diese Erstarrung wieder sehr wohltätig durch den angeborenen Takt aufgetaut wurde, den der gemeinste Amerikaner in einem gewissen Grade besitzt, durch jene gleichmütige Ruhe, die gelassen den Fremdling sich aussprechen läßt und erst nach diesem Ausspruch entsprechend das Benehmen einrichtet.

Nachdem das Mittagessen vorüber, machte Nathan uns den Vorschlag, mit dem Major einen Ritt in die Niederlassung zu tun. Er wolle uns dazu Pferde und seinen Joshua geben. Er selber müsse bei der Auslese der Tabakblätter zugegen sein, von der der Kredit seines Hauses abhänge. Auch wäre es ihm lieb, wenn wir mit unseren eigenen Augen sähen und demgemäß unsere Meinung über die Niederlassung formten.

Gegen diesen Vorschlag hatten wir natürlich nicht das mindeste einzuwenden. Und so bestiegen wir denn die für uns eingefangenen Pferde. Es waren drei mexikanische Krausköpfe, die, kurz zuvor aus den Prärien von Texas eingebracht, unsere ganze Reitkunst in Anspruch nahmen. Der vierzehnjährige Joshua, Nathans jüngster Sohn, war unser Wegweiser.

Bisher waren unsere Gedanken auf ganz andere Dinge als auf die Niederlassung gerichtet gewesen. Jetzt warfen wir das erste Mal forschende Blicke umher, begierig mit eigenen Augen zu sehen, was denn diese Amerikaner so Großes geleistet hätten, um sich eine so unerschütterliche Selbstgefälligkeit beizulegen.

Die Niederlassung lief, wie ich bereits erwähnt, von Südost gegen Nordwest entlang dem Scheitel eines meilenlangen Kammes, der etwa siebzig Fuß von dem eine halbe Meile entfernten Sumpf heranschwoll und sich ebenso sanft wieder auf der nördlichen Seite zur Prärie herabdachte. Auf diesem Kamm oder Sattel waren die Pflanzungen der vorzüglichsten Gemeindeglieder gelegen, und eine schönere oder zweckmäßiger gewählte Anlage ließ sich kaum denken.

Auf der einen Seite hatten wir die noch nicht lange zuvor dem Urwald abgewonnenen Clearings — gelichtete Waldstrecken —, auf der andern die ungeheure Prärie mit ihrem klafterhohen Gras, in dem die Köpfe der weidenden Rinder und Pferde wie rollende Steinklumpen gegeneinander prallten. Im sanften Luftzug klangen die Schellentöne der Leitkühe an unsere Ohren. In weiter blauer Ferne durchschimmerten hier und da die Wälder den wundersam schillernden Nebeldunst. Das Ganze war in eine ahnungsvolle Stille begraben, nur selten unterbrochen durch den dumpfen Ton einer Seemuschel, die aus den Feldern die Arbeiter rief. Die Landschaft hatte etwas ungemein Anheimelndes.

Wir hatten geschaut, betrachtet, unsere Bemerkungen gemacht, dann unseren tanzenden Rennern die Zügel schießen lassen. So hatten wir Nathans Blockhaus allmählich aus dem Auge verloren, aber die Felder dehnten sich wohl eine halbe Meile weiter fort. Nathan und die Seinigen waren mit einem halben Dutzend Neger in einem Tabakfeld beschäftigt. Weiter trafen wir ein Feld mit Welschkorn, dessen Kolben — von den Hülsen entblößt, um schneller zu reifen — uns ob ihrer Größe in Erstaunen setzten.

Über ein drittes Feld war eine dichte Rauchwolke hingelagert, die nur an einzelnen Stellen die nackten, ihrer Blätter und Rinden beraubten, abgestorbenen Riesenstämme durchblicken ließ. Sieben Jahre getötet, standen sie noch immer da und streckten ihre mächtigen Arme wie jammernd in die Luft. An anderen Orten lagen sie zu Boden, und Haufen vertrockneter Baumwollstauden, die unter ihnen angezündet waren, wirbelten dichte Rauchwolken empor. Die herrlichen Bäume, die das berühmte und beste Schiffsbauholz der Welt liefern, wurden bloß wegen ihrer sehr gesuchten Asche verbrannt. In Frankreich würde ein einziger solcher Stamm, deren hier Dutzende verglommen, mit Tausenden von Livres bezahlt worden sein.

Wir waren etwa eine Meile in südöstlicher Richtung geritten, als ein Schindeldach, das sich bescheiden hinter einer Gruppe von Magnolien und Catalpas verbergen zu wollen schien, uns eine zweite größere Pflanzung ankündigte. Zu unserer Rechten hatten wir wieder Urwald. Die ungeheuren Stämme waren so mit Lianen und wilden Reben durchflochten, daß trotz der heißen Nachmittagssonne kein Strahl in diese nächtliche Dunkelheit zu dringen vermochte. Wir konnten uns beim Anblick dieses Urwaldes einen Begriff von der Arbeit bilden, die es gekostet haben mußte, diesen unwirtlichen Wald zu lichten.

Während dieser Betrachtungen kamen wir dem Blockhaus näher. Es war kleiner als das Nathans, gleichfalls aus Baumstämmen aufgezimmert und mit Schindeln gedeckt. Rauh und trotzig lag es unter den herrlichen, noch immer blühenden Magnolien und zwei Immergrüneichen. Für Hinterwäldler eine nicht üble Wohnung, die nicht das schmutzige Aussehen der Akadierhütten hatte, aber ebenso weit entfernt war von den schönen Landhäusern in den Attacapas mit ihren vorgeschobenen Dächern und den sie tragenden schlanken Säulen und mit den grünen Rolläden.

Wir ritten an dem Waldvorsprung vorbei und hatten jetzt ein Bild vor uns ... ein wunderschönes Bild! Es war ein Landschaftsgemälde, etwa tausend Schritte oder darüber lang und breit, sanft gegen den Sumpf hin abgedacht und dagegen geschützt durch einen Waldsaum, der stehen geblieben war. Zu unsern Füßen lag ein Feld von etwa vier Acres reifer Baumwolle, ein Schneefeld, denn die Kapseln waren aufgesprungen. Es schien in der Luft zu schweben und ruhte auf matt grünem Grunde. In Zwischenräumen von dreißig bis vierzig Fuß starrte immer ein Riesenstamm in die Luft. Das Ganze aber war durch den hohen Urwald, der in einem alle Begriffe übersteigenden üppigen Wuchs prangte, zu einem wunderlieblichen Landschaftsgemälde vereinigt.

Wir ritten weiter. An das Baumwollenfeld stieß ein kleineres, mit Tabak bebaut. Wir stiegen ab und gingen dem Hause zu. Es war verlassen von seinen Bewohnern. In dem Porch hingen Ackergeräte und Riemenzeug. Pflüge, Äxte und Hacken lagen und standen umher. Wir betraten die Stube. Mit rohen Tischen, Bänken und Stühlen eingerichtet bot sie gegenüber dem Reichtum der Felder einen seltsam ärmlichen Gegensatz. Ich konnte mich nicht enthalten zu fragen, wie dieser Mann bei seinem Reichtum so ärmlich wohnen könne.

Der Major erwiderte bedeutsam: »Der Amerikaner denkt zuerst an das Nötigste und dann erst an das Bequeme.«

Wir fanden es so. Ein längerer Blick in dieses Hauswesen gab uns über das Rätsel, das in Nathans Worten lag, Aufschluß. Hier sah man wirklich schaffige Arme und rege Hände, die das Land erblühen und sprossen und gedeihen machen mußten. Ein Kreole würde die erste Ernte dazu verwendet haben, sein Haus, seine Zimmer, sich selbst herauszuputzen und Eindruck zu machen durch einen Schein, dem er in der Wirklichkeit nie zu entsprechen imstande sein konnte.

Nicht so die Squatter. Alles war kunstlos, unzivilisiert, rauh — aber natürlich —, poetischrauh möchte ich sagen. Es waren die ersten Elemente einer werdenden Pflanzung, aber diese so zweckmäßig angebracht, die Rohstoffe so ganz dem Boden entsprossen, entnommen, ein klug gelassener, berechnender, Schritt für Schritt bemessener Sinn sprach sich überall aus. Man sah es deutlich, der Besitzer hatte bloß einen Gedanken im Kopf und verfolgte diesen Gedanken Schritt für Schritt mit unverwandtem Blick und mit jener Nüchternheit, die uns Franzosen so sehr abgeht.

Es war ein alter Lieblingsgedanke, uns in Louisiana einen Herd zu gründen. Schon in Europa, als unsere Angelegenheiten eine so verzweifelte Wendung zu nehmen begannen, war dieser Gedanke in uns aufgestiegen. Es war der Anker, an dem wir uns inmitten des Schiffbruches unserer Partei gehalten, das Lieblingsthema unserer Unterhaltungen, die leuchtende Hoffnungssonne, an die das Bestehen unserer künftigen Familien sich geknüpft.

Mit den Trümmern unseres Vermögens, so wenig zureichend sie waren, uns in Europa standesgemäß zu erhalten, konnten wir hier nicht nur leben, wir konnten auch unseren sehnlichsten Wunsch in Ausführung bringen, unseren Geliebten, mit denen wir nun seit Jahren verlobt waren, ein Obdach zu bereiten, das sie gegen alle Unbilden der europäischen sturmbewegten Welt zu schützen imstande war. War dieses Franzosen, Spaniern und Deutschen mit weit weniger Hilfsmitteln in diesem Land gelungen, so daß sie sich nun eines Wohlstandes erfreuten, der dem unserer reichsten Familien gleichkam, warum nicht auch uns? Wir waren noch jung, mit Kenntnissen ausgerüstet, tätig, unternehmend und fühlten von treuer Liebe angespornt eine Welt voll Kraft in uns!

Nichts fehlte uns als die Anleitung, ein Wegweiser, um sogleich zum Werk zu schreiten. Das Wie und auf welche Weise — das war die einzige Frage. Eine große Frage aber war es. Wir verstanden nichts von der Landwirtschaft, um die wir uns nicht weiter bekümmert hatten, als soweit es sich um unsere Pächter und Verwalter handelte oder vielmehr um die Renten, die sie uns einlieferten. Wir hätten wohl eine bedeutende Pflanzung kaufen und sie durch Aufseher verwalten lassen können. Aber selbst wenn wir hinlängliche Mittel dazu gehabt, so verstanden wir nichts von der Pflanzerwirtschaft, hätten uns ganz auf die Aufseher verlassen müssen.

Und unser Letztes auf diesen Wurf zu wagen, der uns schon im ersten Jahr auf immer ruinieren konnte, ja mußte, wäre wahre Raserei gewesen. Alles das war uns erst im Verkehr mit den Kreolen der Attacapas klar, unsere schönen Träume so wieder halb zu Seifenblasen geworden. Gleich jenen blaugewirkten Dunstsäumen, die uns aus der Ferne so magisch herüberleuchten, in der Nähe aber erstickende Sumpfluft werden, hatten sie uns angezogen, um uns mit einer fieberigen Rastlosigkeit anzustecken, die uns die letzten Wochen unseres Aufenthaltes in den Attacapas zur wahren Hölle gemacht. Unseres Bleibens war nirgends mehr gewesen, wie Fieberkranke hatten wir uns umhergetrieben, etwas suchend, das wir nicht zu finden, dem wir nicht einmal einen Namen zu geben wußten.

Erst bei Nathan war uns das, was wir wollten, deutlicher geworden. Wir hatten in ihm den Mann gefunden, der uns den Weg zeigen konnte. Allein selbst bei ihm sahen wir nichts von der Pflanzung, obwohl sie vorzüglich eingerichtet war, unsere Gedanken waren auf ganz andere Dinge gerichtet. Wir mußten erst seine Pflanzung verlassen, eine zweite sehen, um aufgerüttelt durch die neuen Eindrücke zum Bewußtsein dessen zu kommen, was wir eigentlich wollten.

Und dieses Bewußtsein hatten wir nun wirklich in dieser zweiten Pflanzung erlangt, hier gerade das Ding gefunden, das wir so lange vergeblich gesucht, den geradezu leitenden Wegweiser, der uns zum Führer dienen und zum gewünschten Ziel zu bringen vermochte. Eine Art ABC- oder Lesebüchlein, das uns Neulingen die schwere Kunst des getting along in the backwoods, des Fortkommens in den Hinterwäldern, ebenso stufenweise, systematisch beizubringen imstande war wie jene Büchlein den Kindern die Anfangsgründe des Lesens und Schreibens.

Es bedurfte hier nicht einmal der Fingerzeige des Majors, wir selbst fanden die Anfangsgründe, den Grundschulunterricht des Pflanzerlebens, das ABC in den neuen Clearings, den Waldbrüchen, den frisch geringelten Cottonwood- und Immergrüneichenbäumen, das Buchstabieren in den schon seit einigen Jahren abgestorbenen und angebauten Waldteilen, in der rauhen, kunstlosen Wohnung, den rohen, von den Hinterwäldlern selbst verfertigten Möbeln, den Pferde- und Kuhställen, den ersten, die wir in den Attacapas fanden.

Alles das sahen wir deutlich, sahen ebenso deutlich, daß wir bloß zu tun brauchten, was diese Squatters getan, um zu eben dem Ziel zu gelangen. Das Ergebnis ließ sich gar nicht bezweifeln. Und voll Begierde und Verlangen, den Weg unverzüglich einzuschlagen, untersuchten, prüften wir mit einer Eile, einer Hast, einer Ängstlichkeit, muß ich sagen — bei jedem Schritt kalkulierend, um mich Nathans Ausdruckes zu bedienen. Wir eilten aus der Stube in die Ställe, aus dem Gemüsegarten in die Neubrüche, die Felder. Wir glichen ganz Gelehrten, die den Schlüssel zu einer schwierigen Lesestelle eines klassischen Buches aus einem neu aufgefundenen Manuskript entdeckt haben und darüber Zeit und Ort, Essen und Trinken, Schlaf und alles vergessen.

Nur derjenige, der selbst die schwierige Aufgabe des ›getting along in the backwoods‹ zu lösen gehabt, wird sich einen Begriff von der beinah kindischen Hast machen können, mit der wir jeden neuen Gegenstand verschlangen. Für uns hatte nun die entstehende Pflanzung, die Blockhütte einen unaussprechlichen Reiz. Wir dachten mit Wonne an den nicht sehr entfernten Zeitpunkt, wo unsere Lieben im häuslich einfachen Gewand uns von der Schwelle entgegenkommen würden.

Der Major hatte uns als Ratgeber bei unseren Ausflügen in die Felder, die Ställe, überallhin begleitet. Er gab Aufschlüsse, sprach Tadel und Lob aus und erklärte uns die Verfahrensweise des Pflanzens. Er bemerkte, daß wir hier den großen Vorteil hätten, selbst Hand anzulegen und uns so in reger Tätigkeit zu erhalten, ohne daß dieses unserm Charakter als Offiziere in den Augen der Gemeinde zum Nachteil gereichen würde.

Wir erwiderten, daß eben dieses der größte Reiz für uns wäre und daß gerade dieser Umstand uns hier so anzöge. Wir seien des faulen Lebens in den Attacapas gänzlich überdrüssig, obwohl wir es nur eine kurze Zeit versucht hätten.

Er bemerkte ferner, wir müßten die Attacapas nicht nur, sondern auch manches, was wir uns da beigelegt, vergessen und zurücklassen. Nur unter dieser Bedingung könnten wir hoffen, hier zu bestehen.

Wir sahen ihn an, verstanden ihn aber nicht.

Aber dafür, tröstete er uns, würden wir mehrere sehr gebildete Familien hier in der Niederlassung antreffen, vorausgesetzt, wir brächten aus den Attacapas nichts mit, was uns die Häuser verschlösse.

Diese letzte Bemerkung erregte endlich unsere Aufmerksamkeit.

»Uns die Häuser verschlösse?« fragte ich.

»Sie werden das finden«, erwiderte der Major. »Der Amerikaner ist in diesem Punkt äußerst kitzlig. Ich wünschte ... doch da ist eine neue Niederlassung.«

Wir waren nämlich an der dritten Pflanzung angekommen. Dieselbe Tätigkeit, Regsamkeit, Einfachheit des Verfahrens. Uns kam jetzt das Ganze so leicht vor, wir träumten uns bereits in Lederwämsern.

In dieser Pflanzung trafen wir die Leute zu Hause und über ihrem Mittagsmahl. Sie gehörte Mister Dreadnought, der gerade mit den Seinigen über einer gewaltigen Schüssel Maisbrei saß, die von einer zweiten mit Schinken flankiert war. Als eine Art Nachtisch wurde ein mächtiger Korb gesottenen, halbreifen Welschkornes in Kolben aufgetragen. Mit Butter und Salz genossen, wurden sie uns später gleichfalls zur Lieblingsspeise. Als Getränk hatten die Leute Milch in blechernen Bechern vor sich.

Der Empfang jedoch, der uns hier zuteil wurde, stimmte unsere schwärmerischen Erwartungen wieder stark herab. Wären wir damals gefragt worden, was uns an den Amerikanern am meisten auffalle, die Antwort wäre gewesen: eine zurückhaltende Kälte gegen Fremde, ein abstoßend finsterer Widerwillen, eine Gleichgültigkeit, die völlige Gemütsöde, wenn nicht Bosheit, verrieten. Dieses Urteil wäre ohne Zweifel ungerecht gewesen. Denn der Amerikaner westlich des Alleghany-Gebirges ist im ganzen genommen weit herzlicher als der des Ostens, ja er steht gewiß keinem an Warmherzigkeit und menschenfreundlichem Entgegenkommen nach. Aber gewöhnt an das fröhliche Willkommen unserer Landsleute, den freudigen Händedruck der ungestümen Kreolen, mußte uns der Gegensatz notwendig unangenehm auffallen.

Weder Dreadnought noch einer der Seinigen regten oder bewegten sich bei unserm Eintritt. Kaum daß sie uns einen Blick zuwarfen, fuhren sie dann wieder fort, den Löffel einer allgemeinen Schüssel zuzulenken. Selbst der weibliche Teil der Tischgesellschaft, sonst so geneigt, wohlgebildeten Fremden einen Blick der Überraschung zu schenken, wandte sich kalt und, wie es schien, mit Widerwillen von uns.

Obwohl daran gewöhnt uns selbst zu beherrschen, war es uns doch nicht möglich, dem Beispiel des Majors zu folgen, der einen Sessel nahm und die Unterhaltung eröffnete. Wir blieben stehen, ohne daß uns einer auch nur eines Wortes gewürdigt hätte. Wohl fünfzehn Minuten dauerte diese Sitzung, bis wir endlich, nicht mehr imstande es auszuhalten, ohne ein Wort zu sagen, weggingen. Der Major blieb.

»Was für furchtbar rauhe, rohe, unzugängliche Menschen!« konnte ich mich nicht enthalten auszurufen, als der Major sich endlich wieder uns angeschlossen hatte.

»Sie mögen recht haben«, versetzte er. »Aber diese rauhe Unzugänglichkeit hat ihre Ursachen, ihre guten Ursachen. Ein sehr strenges sittliches Gefühl liegt ihr zugrunde.«

Wir sahen den Major an. Sein Ton war so trocken wie seine Zunge. Er schien uns seit dem Eintritt in das Haus um einige Grade kälter geworden zu sein.

»Major! Sie bringen diese rauhe Unzugänglichkeit dieser Hinterwäldler auf eine Weise mit ihrem sittlichen Gefühl in Verbindung, die für uns — die Wahrheit zu gestehen — einen eben nicht sehr schmeichelhaften Hintergedanken zu enthalten scheint.«

»Möglich!« erwiderte der Major, der wie viele Amerikaner etwas vom lehrhaft Bündigen der Puritaner an sich hatte. »Möglich! Aber ich sehe kein Unrecht darin, daß Leute, die für die Sittenreinheit ihrer Gemeinschaft besorgt sind, Fremden, deren Grundsätze mit den ihrigen nicht übereinstimmen, nicht mit offenen Armen entgegenkommen.«

Bei diesen Worten sah uns der Major starr an. Wir zogen die Zügel unserer Pferde an und brachten so die Tiere zum Stehen.

»Welche Grundsätze meinen Sie?« fragten wir.

»Die Grundsätze, auf denen jede bürgerliche Gemeinde beruht, sie mag groß oder klein sein, Heiligkeit des Eigentums, der Ehe!«

»Aber ich hoffe, Sie und Ihre Hinterwäldler halten uns doch für keine Balots oder Vidals?« fragte Lassalle heftig.

»Ich halte Sie für Gentlemen, Messieurs!« bedeutete der Major dem Baron. »Für Gentlemen, als die ich ohne Ausnahme die französischen Stabsoffiziere, mit denen ich die Ehre zu verkehren hatte, kennengelernt habe!«

»Aber obwohl Sie uns für Gentlemen halten, meinen Sie auch, daß unsere Grundsätze der Sittenreinheit der Gemeinde eben nicht förderlich werden dürften?«

»Von meiner Meinung ist eigentlich nicht die Rede, da ich bei der Sache nicht beteiligt bin.«

»Aber wenn Sie beteiligt wären?« fragte ich dringlicher, denn ich wollte den Mann auf alle Fälle zu einer runden Erklärung bringen.

»Wenn ich beteiligt wäre, so würde ich es für Pflicht halten, die Gefahren abzuwenden, die ein Skandal notwendig für die Gemeinde nach sich ziehen müßte.«

»So glauben Sie, unsere Anwesenheit müßte einen Skandal für die Gemeinde nach sich ziehen?« fuhr Lassalle heraus. »Mein Herr, Sie werden beleidigend! Wenn Sie ein Gentleman sind, so werden Sie wissen, daß sich französische Stabsoffiziere nicht ungestraft beleidigen lassen.«

Der Major blieb ganz ruhig.

»Verstehen Sie mich recht!« versetzte er kalt. »Ich sage nicht, daß Ihre Anwesenheit einen Skandal für die Gemeinde nach sich ziehen müßte, sondern daß ich es für Pflicht halten würde, die Gefahren, die ein Skandal notwendig mit sich bringen müßte, von der Gemeinde, deren Mitglied ich bin, abzuwenden. Eine bürgerliche Gesellschaft wie die unsrige, die sich selbst regiert und in der alle Glieder gleiche Rechte haben, muß vorzüglich darüber wachen, daß jene Grundsätze, auf denen ihre Sittlichkeit beruht und die sie in Ehren zu halten alle Ursache hat, nicht auf eine grobe Art verletzt werden.«

»Aber bei allen Teufeln! Was reden Sie hier von grober Verletzung von Grundsätzen? Wieso haben wir Ihre Grundsätze verletzt? Wir, die wir Sie und Ihre Gemeinde heute zum ersten Mal gesehen?«

»Ob Sie diese Grundsätze verletzt haben, davon ist hier nicht die Rede. Würde die Gemeinde auch ganz und gar nicht berühren. Aber es ist von größter Bedeutung für sie, daß sie vor der Gefahr der Ansteckung bewahrt werde, der sie die Verletzung dieser Grundsätze notwendig aussetzen müßte. Was mich betrifft, so kann ich nur soviel sagen: ich finde die Scheu und Zurückhaltung Mister Dreadnoughts und der Seinigen, über die Sie sich so sehr beklagen, unter Amerikanern ganz in der Ordnung. Sie dürften diese Zurückhaltung nicht nur auch in den übrigen Häusern der Niederlassung, sondern Sie dürften bei einem zweiten Besuch auch die Türen der Häuser geschlossen finden. Selbst Nathan ...«

»Was ist mit Nathan?« riefen wir empört.

»... hat mich ersucht, über diesen heiklen Punkt mit Ihnen zu sprechen, und im Fall Sie nicht abständen, Ihnen zu eröffnen, daß er sich Ihre Besuche ein für allemal verbitte. Er kam deshalb nicht mit.«

Wir standen sprachlos vor Verlegenheit, Scham und Zorn.

»Ich habe mich nur ungern mit einem Auftrag befaßt, der an sich so heikler Natur ist. Aber als ehemaliger Waffenbruder so vieler Ihrer wackren Landsleute und überzeugt, auf diesem Wege Ihnen sowohl als den Leuten hier nützlich sein und Unannehmlichkeiten ersparen zu können, die für Sie — glauben Sie mir — sehr schlimme Folgen haben dürften, habe ich mich dazu entschlossen.«

»Sacré!« entfuhr es Lassalle, der vor Wut schäumte.

»Bei allen Teufeln!« schrie ich.

Der Mann hatte ein so kühles, schwer grobes Fell und gab uns seine Frechheiten so scheffelweise mit einem so unerschütterlichen Gleichmut, daß wir alle weiteren Rücksichten vergaßen und nun wirklich in Harnisch gerieten.

»Was meinen Sie? — Was wollen Sie? Sie scheinen es darauf angelegt zu haben, uns herauszufordern! Doch, wollen die Sache kurz machen! Wollen Amadée um unsere Pistolen senden!«

»Zuerst will ich mich des übernommenen Auftrages entledigen, und dann das Weitere!« sprach Gale ruhig weiter.

»Keine Beleidigung mehr, wir haben deren genug gehört!« schrie Lassalle heftig.

»Hören Sie! Nathan läßt Ihnen sagen, daß Sie ihm und den Seinigen ganz liebe Nachbarn sein sollen — immer vorausgesetzt, Sie bringen die Farbigen nicht mit, die Sie sich beigelegt, wie er von dem jungen Martin gehört.«

»Wir bringen die Farbigen nicht mit, die wir uns beigelegt?« fragte ich erstaunt. »Welche Farbigen?«

»Die Farbigen, mit denen Sie in den Attacapas ein zartes Verhältnis haben und für die Sie, wie es verlautet, das Land hier ersteigert haben, um ihnen hier ein Liebesnest einzurichten.«

Lassalle brach in ein lautes Gelächter aus. Nicht so ich. Denn die Angelegenheit war wirklich sehr verdrießlich, das hatten wir bereits in den Attacapas erfahren. Um vieles kühler versetzte ich:

»Obwohl die Art und Weise, wie Sie diesen Gegenstand zur Sprache gebracht haben, für uns nicht eben schmeichelhaft, ja sogar beleidigend ist, so glauben wir doch, uns über diese Bedenklichkeiten hinwegsetzen und Ihnen erklären zu müssen, daß das Ganze nichts als eine elende Klatscherei ist. Wir hatten so wenig im Sinn, eine Farbige hierher zu bringen, wie wir überhaupt je mit einer ein Verhältnis hatten.«

Der Major sah mich zweifelnd an.

»Klatscherei, was in den ganzen Attacapas als Tischgespräch rundgeht? Weiß nicht! Aber sei es oder sei es nicht! Was Sie dort unten getan haben, geht die Gemeinde hier nichts an, vorausgesetzt, Sie bringen den Gegenstand des Anstoßes nicht hierher.«

»Hier ist nicht von der Gemeinde, hier ist von unserem Wort, von unserem Ehrenwort die Rede!« fiel Lassalle hitzig ein. »Wem glauben Sie mehr? Zwei Stabsoffizieren, Kavalieren aus altem Hause, oder ein paar rohen Akadiern? Wohl, wir sagen Ihnen auf unser Ehrenwort, daß wir diese Allains, diese Farbigen, nicht weiter kennen, als daß wir sie zufällig ein einziges Mal gesehen haben! Daß wir sie selbst dieses einzige Mal nicht gesehen hätten, wäre der Sturm nicht über unseren Köpfen hereingebrochen, wären wir nicht damals verirrt gewesen, als wir unsere Milchkuh suchten!«

»Und das wäre wirklich so?«

»So war es! Wir sahen die Chartreuse einmal und kein zweites Mal mehr!«

»Und die täglichen Besuche, Tanzpartien?«

»Hat das Gerücht hinzugefügt! Die Mädchen führten damals einen Tanz auf, aber wir beteiligten uns nicht dabei. Verstehen Sie mich aber wohl! Diese Erklärung geben wir Ihnen nicht, um uns zu rechtfertigen oder zu verantworten! Wir erkennen weder in Ihnen noch in den Hinterwäldlern Richter, die befugt wären, von unserm Betragen Rechenschaft zu fordern. Aber wir geben sie Ihnen, weil wir es uns selbst schuldig zu sein glauben, alberne Gerüchte zu widerlegen, ein so undankbares Geschäft sonst dieses auch ist, und so wenig die rohen, ungebildeten Menschen es verdienen.«

»Ob diese Leute so roh und ungebildet sind, wie Sie meinen, ob sie diese Rücksicht verdienen oder nicht, das werden Sie nach und nach sehen. Ich kann also Ihr Ehrenwort darauf nehmen, daß an der ganzen Sache nichts ist?«

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
460 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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