Kitabı oku: «Tag der Drachen», sayfa 3

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Baihu mutmaßte: „Wer weiß, wer uns in LINFEN abholt. Vielleicht ist sogar Hong Lis Mutter, die neue Kaiserin dabei.“ Der Gedanke an die neue Kaiserin holte alle wieder in die Realität zurück. Ein Tagesmarsch nach Ost und dann noch einen Tagesmarsch nach Nord mitten durch gefährliches Feindesland. Noch mehr als in der Provinz SHAANXI achteten sie nun darauf, Menschen zu meiden und lieber neben den Straßen und Wegen zu gehen. Das kostete zwar etwas Zeit, weil die drei durch den noch unberührten Schnee stapfen mussten, vermied aber, dass sie zufällig auf Schergen trafen. Es war schon Nacht, als sie nördlich an XINJIANG vorbeischlichen. Der Nachthimmel zeigte deutlich, dass sich die Wetterlage bald änderte. „Lasst uns noch eine Stunde weitergehen. Morgen Mittag zieht ein Schneesturm auf.“ Sie zogen weiter, bis sich eine eingefallene Hütte als Unterkunft andiente. Es konnten nicht mehr als noch 40 km bis LINFEN sein, und ungefähr auf halber Strecke lag XIANFENG. Mindestens bis dahin wollte Baihu es schaffen, bevor der Schneesturm einsetzte. Baihu schlief unruhig. Was wird morgen passieren? Wie schnell würden sie auf die Soldaten treffen?

Mit den ersten Sonnenstrahlen war Baihu aufgewacht. Das Tal lag friedlich vor ihnen. Schnell machte er das Feuer aus und weckte die tapferen Novizen. Da hörten sie unweit Pferde. Die Reiter unterhielten sich laut. Baihu erkannte, dass sie in der Nacht ganz nahe an der Straße übernachtet hatten. Er hätte die Umgebung besser erkunden sollen, aber gestern war auch er einfach viel zu müde. Sie duckten sich hinter einem Wall, der zwischen ihnen und der Straße aufgeworfen war. Die Reiter sahen aus wie reiche Händler, nicht wie Soldaten oder Schergen. Sie warteten, bis die Truppe nicht mehr zu sehen war, und gingen dann die Straße entlang. Die Pferde hatten die Straße eben getreten, sodass wieder gut zu laufen war. Einige Eisplatten auf der Straße machten Shi Yan und Hong Li viel Spaß beim Schlittern. Nach zwei Stunden merkten sie, dass sie die Händler eingeholt hatten. Dies konnte aber nicht sein.

Sie wichen wieder seitlich der Straße aus und näherten sich vorsichtig. „Eine Straßensperre“, flüsterte Baihu. Ein großer Stau auf der Straße, dem sich auch die Händler anhängen mussten. Nach 2000 m konnte Baihu sie deutlich erkennen. Der große Tisch mitten auf der Straße, an dem sich jeder vorbeidrücken musste, egal ob mit Ochsenkarren, mit Pferd oder zu Fuß. Neu waren zwei Türme links und rechts der Straße, auf denen standen Soldaten, die die Weite absuchten. Baihu entschied mit einen großen Bogen nach Westen diese Straßensperre zu umgehen, auch wenn dies wieder Zeit kosten sollte.

Am westlichen Waldrand fanden sie einen schmalen Weg, der nur einzelnen Wanderern dienen konnte. Der Waldrand lag etwas höher als die Straße, sodass sie guten Ausblick hatten. Es war auffallend still, bis sich plötzlich aus dem Wald eine wilde und laute Horte auf sie zubewegte. Mit lautem Getöse brach eine Rotte Wildschweine aus dem Wald in die freie Landschaft und hinter ihnen her eine Gruppe Wölfe, die ein junges Tier eingeholt und zu Fall gebracht hatten. Baihu, Shi Yan und auch Hong Li rutschten die Herzen in ihre Hosen. „Pssst, und keine Bewegung. Die Wölfe haben uns noch nicht bemerkt“, raunzte Baihu den beiden zu. Während die übrigen Wildschweine wie blind in Richtung Straße weiterrannten, warfen sich sechs Wölfe auf den gefallenen Überläufer und zerrten an ihm, bis die Läufe abrissen. Ein paar Quieker und ein letztes Grunzen, dann war der junge Keiler tot.

Von der Straße herauf hallten die Rufe der erschrockenen Menschen. Die Wildschweine hatten die lange Reihe der Wartenden durchbrochen und dabei sicher den einen oder anderen auch verletzt. Die Aufregung konnte Baihu leider nicht nutzen. Erst als die Wölfe das Fallwild in den Wald gezerrt hatten und man sie nicht mehr hören konnte, gab Baihu den Weg frei. Schnell überholten sie die Straßensperre in der Talsohle. Baihu fand diesen Weg am Waldrand sehr angenehm. Er wollte, so weit wie möglich, diesen Weg in Richtung LINFEN nehmen. Die Idee mit dem Badehaus in XIANFENG war vorerst vergessen.

Am späten Nachmittag waren sie schon östlich von LINFEN. Baihu nahm an, dass das Stadttor im Süden besser bewacht wurde als das im Osten von den Bergen her, und wirklich, es war nicht besetzt. Schnell mischten sie sich unter die Menschen. Ihre Pelzmützen waren weit ins Gesicht gezogen. Die Art und Weise, wie ihnen die Bewohner begegneten, zeigte deutlich, dass dringend ein Badehaus aufgesucht werden musste. Ohne sie zu fragen, wies eine ältere Frau, während sie sich die Nase zuhielt, den Weg dorthin. Der Herzrutsch am Waldrand hatte in den Hosen Wirkung gezeigt. Aber nicht bei Hong Li, der sich darüber lustig machte. „Xiaochanchu, nicht jeder hat ein so festes Herz wie du.“ Baihu sagte das als Warnung, um nicht vor Übermut in der Stadt aufzufallen.

Und Hong Li hatte es verstanden. „Was machen wir mit unserer Unterkleidung und Winterkleidung? Das stinkt doch auch alles?“ Baihu erklärte, dass jedes Badehaus auch eine Wäscherei hat. Was aus feiner Wolle ist, also Unter- und leichte Oberkleidung, wird gekocht, ausgewrungen und über dem Ofen getrocknet. „Bis du also mit dem Bad fertig bist, sind deine Wollsachen auch schon fertig. Sollte deine Unterkleidung noch nicht trocken sein, so bekommst du für deine Kleidung Ersatz aus dem Lager. Die Felle, Decken und unsere Winterkleidung werden ausgeklopft und wenn Not ist, auch ausgewaschen.“ Man erkannte, wie sehr sich Baihu auf das Bad freute. Das von einer älteren Frau empfohlene Badehaus lag gleich neben dem Osttor. Viele Badehäuser wurden neben oder sogar vor den Einfalltoren angeordnet, damit der Schmutz nicht in die Stadt getragen wurde. Auch das war eine Einrichtung, die Kaiser Kang Xi im ganzen Reich bei seiner Reorganisation durchgesetzt hatte. Da im Winter nur wenige Besucher die Stadt aus dem bergigen Osten besuchten, war dieses Badehaus auch wenig besucht. Dies kam Baihu sehr entgegen. So konnten sie sich auch etwas mehr Zeit lassen. Nachdem die Kleider und Decken in der Wäscherei abgegeben waren, ging es in den Baderaum. Nach einer kalten Dusche stiegen sie zu dritt in einen großen Bottich. Das Wasser dampfte. Alle genossen dieses Bad, während Baihu einige Mantras rezitierte und so seiner Schuldigkeit als Lehrer und derzeit höchster Mönch nachkam. Nach Rasur und ohne Schmutz im Gesicht konnten sie sich gegenseitig wieder erkennen. Sie rochen nach Vanille und Sandelholz, das waren die Badezusätze, die sich Baihu von der Bademeisterin gewünscht hatte. Mindestens zwei Stunden hatten sie sich im Badehaus aufgehalten. Draußen war es schon dunkel. Die Fackeln konnten die Straße nur wenig aufhellen. Vor einigen Häusern war es aber heller. Baihu war sich nicht sicher, ob er die beiden Novizen in ein Gasthaus führen konnte. Sie hätten sich einen guten Braten wahrlich verdient. Die Gefahr der Entdeckung war aber ungleich höher. So suchten sie sich ein Gasthaus, in dem es nicht so hoch herging. Ein Gasthaus, in dem sie auch übernachten konnten. Während sie, nahe an den Hauswänden, durch LINFEN schritten, achtete Baihu auf die Bewohner und auf offenkundige Gäste in der Stadt.

Ein berittener Trupp Soldaten konnte sich nicht unbemerkt in der Stadt aufhalten. LINFEN war nicht groß. Die Straßen und Gassen waren übersichtlich. Entweder war der Trupp noch gar nicht in LINFEN angekommen, oder die Soldaten hatten sich ein Lager vor der Stadt eingerichtet. Logischerweise würden diese aus Norden kommen. Deshalb schaute er noch vor das nördliche Tor, ob da eine Ansammlung Pferde zu sehen war. Aber auch hier war nichts zu erkennen. So zogen sie sich in ihr Gasthaus zurück. Ein Teller Suppe und ein Glas Limonade war für die Novizen wie ein Festmahl. Der Wirt kam an den Tisch und fragte, wo sie herkamen und wann sie das Haus wieder verlassen wollten. Er hatte offensichtlich Sorge, das Baihu nicht genügend Tael bei sich hatte, um die Zeche und die Übernachtung zu bezahlen. Baihu fragte den Wirt, was er ihm schuldig sei, für dieses Abendessen und für ein oder zwei Übernachtungen. Der Wirt machte eine schätzende Bewegung mit beiden Händen, als ob er den Wert seiner Leistung wiegen wollte.

„25 Kupfertael, und weil ihr Mönche seid, machen wir nur 20.“ Baihu war überrascht. „Was, das ist aber ganz schön teuer.“ Auch als Mönch musste Baihu mit Geld umgehen können. 10 Kupfertael entsprachen etwa dem Stundenlohn eines Landarbeiters. 100 Kupfertael hatten den Wert eines Silbertaels. Tael waren runde Blechtaler, die mittig ein Loch hatten und auf einer Schnur aufgezogen wurden. Ein Silbertael war aus Silber gegossen, aber etwas stärker. Er hatte ebenfalls ein Loch, um an einer Schnur getragen zu werden. Im Gegensatz zu den Kupfertael waren die Silbertael geprägt mit dem Namen und dem Angesicht des Kaisers, der den Wert der Prägung garantierte.

Ein Silbertael musste Baihu im Badehaus bezahlen, aber für drei Personen, Rasur und Kleiderwäsche. Seiner Meinung nach ungleich günstiger als dieses magere Essen. „Ihr könnt auch in der Kälte übernachten“, antwortete der Wirt schnippisch. „Also gut“, lenkte Baihu ein. „Ich habe aber nur noch einen Silbertael. Da bekomme ich noch 80 Kupfertael zurück. Sind wir uns einig?“ Der Wirt nickte mürrisch. „Wenn du gleich bezahlst.“ Baihu holte einen einzelnen Silbertael aus der Hosentasche, während der Wirt von seinem Bündel 20 Kupfertael abzählte. Baihu gab die Lederschnur an Hong Li weiter, der die übrigen Kupfertael nachzählte. „Es stimmt. 80 hängen noch.“

Sie tranken aus und gingen in den Schlafsaal in das Obergeschoss. Es gab vier Schlafsäle, in denen je sechs Bettkojen standen. In einem lag schon ein Gast, der laut schnarchte. Sie suchten sich einen leeren Raum und verstellten die Türe von innen. Der Wirt sollte das aber nicht merken. In dieser Nacht kam Baihu nicht zur Ruhe. Das ging alles zu rund. Gut, keiner wusste, dass Hong Li, der Sohn des Kaisers, in FA MEN SI untergebracht war. Er hätte auch in DENGFENG, im Shaolin-Kloster sein können oder auch näher an PEKING. Die Rebellen wussten, dass der Sohn des neuen Kaisers zur Inthronisierung anwesend sein musste. Von wo würde er anreisen? Wahrscheinlich aber nicht mitten durch das Gebiet, in dem die größten Unruhen waren. Dieser Gedanke beruhigte Baihu und half beim Einschlafen.

Es war schon hell, als heftige Faustschläge gegen die Eingangstüre prallten. „Aufwachen und aufmachen, aber sofort!“ Baihu sprang aus dem Bett und weckte die Burschen. „Schnell, das gilt vielleicht uns.“ Sie machten die Türe frei und spitzten durch das Geländer hinunter in den Gastraum. Der Wirt knurrte: „Komm schon, wer hat es da so eilig?“ Das Schloss sprang auf, und drei Männer drückten sich in den Gastraum. „Wir haben noch nicht auf. Was also kann ich für Euch tun?“ Der Wirt sah die drei Männer an. Sie waren gekleidet wie Kaufleute. „Wir suchen einen Freund, der mit seinem Jungen unterwegs ist. Wer übernachtet in Eurem Haus? Habt Ihr sie gesehen?“ „Nein, es ist nur ein einzelner Händler aus TAIYUAN gekommen und drei arme Mönche. Sonst ist keiner im Haus.“ „Sind das ältere Mönche?“, hakte der scheinbare Anführer nach. „Ein älterer und zwei jüngere“, antwortete der Wirt wahrheitsgetreu.

„Wie ist der Name des älteren?“ Baihu hörte von der Veranda aus mit. Es war Zeit einzuschreiten. „Wer will meinen Namen wissen? Sollte sich der nicht erst bei mir vorstellen?“ Die drei Männer schauten erschrocken nach oben. „Bist du es, Baihu? Mein Freund und Mitstreiter bei den Shaolin? Wir suchen dich. Gib dich zu erkennen.“ Baihu trat aus dem Schatten. Unten stand Shi Xin, der mit ihm in DENGFENG bei Meister Shi Yong als Shaolin-Mönch ausgebildet worden war. „Shi Xin, mein Freund, was machst du in dieser Händlerkleidung in LINFEN?“ Baihu ging langsam die Treppe hinunter, während die Novizen die Türe zu ihrem Schlafraum wieder verstellten.

„Wir suchen dich und einen Jungen, der nun 13 Jahre alt sein muss.“ „Was wollt ihr von uns, und was wollt ihr von dem Jungen?“, fragte Baihu vorsichtig. Es konnte immer noch eine Falle sein. „Seine Mutter möchte ihn bei sich haben.“ „Und wie kommt seine Mutter zu einem Shaolin, wie dir?“, fragte Baihu nachdrücklich. „Nach dem Kloster bin ich in die kaiserliche Garde eingetreten. Ich gehöre nun zur Leibgarde der Mutter. Den Knaben habe ich persönlich das Schwimmen gelehrt und auch das Reiten. Wo ist er?“ Hong Li hatte das Gespräch durch die Türe hindurch angehört. Ja, es war Shi Xin. Hong Li stürzte die Treppe hinunter, direkt in die Arme von Shi Xin. Die Freude über das Wiedersehen war sehr groß. Shi Xin hatte Hong Li auch nach FA MEN SI gebracht. So lange hatten sie sich nicht mehr gesehen.

Die Anspannung in Baihus Gesicht ließ sichtbar nach. „Mein Freund Shi Xin, wir haben einen berittenen Trupp erwartet.“ „Ja, wir drei, übrigens alle Shaolin, sind vorausgeritten. Der Trupp wartet einige Kilometer nördlich. Wir wollten kein Aufsehen in der kleinen Stadt verursachen.“ Shi Xin fragte den Wirt, ob die Gruppe ihm noch etwas schuldig war. Der Wirt schüttelte den Kopf. Er konnte dieses Treffen nicht einordnen, und dass sich Hong Li nicht zu erkennen gab, war sehr klug von ihm. Inzwischen war es hell geworden. Ein leichter Schneefall hatte eingesetzt. Etwas später als Baihu vermutet hatte, veränderte sich die Wetterlage.

Viele Bürger wollten sich am Markt noch mit dem Nötigsten versorgen, bevor der Schneesturm richtig loslegte. Die Reisegruppe schob sich durch die Menge. Sie wollten zum nördlichen Stadttor. Die Pferde waren dort abgestellt. Sie drückten sich um eine Hausecke, als Hong Li mit einer Person zusammenstieß. Beide stürzten zu Boden. Es war ein Mädchen, das Hong Li umgestoßen hat. „Kannst du nicht aufpassen, du Trottel?“ Hong Li war noch benommen, als er aufstand, und stürzte ein zweites Mal auf das Mädchen. Dabei kamen sich ihre Gesichter für einen kurzen Moment sehr nahe. Ihre Wangen berührten sich.

Dieser Geruch. Er war so frisch, so blumig, so vertraut. Woher nur kannte Hong Li diesen Geruch? Das Mädchen rollte sich empört zur Seite und gab Hong Li eine klatschende Ohrfeige. Da trafen sich ihre Blicke. Sie kannten sich. Nur woher? Bevor die Menge Anteil an diesem Geschehen nahm, half Baihu Hong Li auf die Beine und schob ihn weiter in Richtung Nordtor. Shi Xin lachte: „Das wird hoffentlich nicht die letzte Backpfeife sein, die du von einem Mädchen bekommst.“ Dem Mädchen half keiner auf die Beine. Sie saß noch immer im Schnee, eingehüllt in einem weißen Schneehasenfell, die Kapuze schräg über ihrem Gesicht. In ihrem geflochtenen Haar konnte man rote Blüten erkennen.

Das war ihr Kennzeichen. Xiao Chun, die Tochter des Präfekten Fuca, schmückte sich nicht mit Silber und Perlen. Im Sommer schmückte sie sich nur mit Blumen und im Winter mit Seidenblumen. Woher nur kannte sie diesen ungehobelten Mönch? Zu Hause angekommen berichtete sie ihrem Vater von diesem Missgeschick und von diesem Tölpel, der aussah wie, ja, er könnte es gewesen sein, wie Hong Li. Ihrem Vater stieß dieser Name mitten ins Herz. Xiao Chun konnte nicht ahnen, dass sie mit diesem Namen eine Kriegsmaschinerie anstieß.

Davon wusste Baihu nichts. Sie holten ihre Pferde. Da Shi Xin nur mit Baihu und Hong Li gerechnet hatte, mussten Hong Li und Shi Yan auf einem Pferd reiten. Shi Yan konnte noch nicht reiten. Er konnte sich aber am Sattel gut festhalten. Fünf Kilometer weiter trafen sie auf den Trupp Soldaten, eine Eskadron mit 50 Reitern, die sich schon für den Abzug bereit machten. Baihu war froh, dass ihm die Verantwortung nun zumindest teilweise abgenommen wurde. Der Kommandeur der Eskadron ließ Shi Xin und Baihu antreten: „Wir müssen annehmen, dass unser Trupp in der Provinz SHANXI nicht unbemerkt blieb. Und der Sinn dieses Ausfluges wird dem Bruder des Kaisers Yun Reng bekannt sein. Er selbst sollte bei der Inthronisierung anwesend sein, wenn er seine Rechte vertreten wollte, genauso auch Hong Li.“

„Yun Reng musste alles unternehmen, um Hong Li abzufangen. Deshalb werden wir nach Nordosten, über den direkten Weg nach PEKING zurückreiten, während ihr sechs einen kleinen Umweg nach Osten macht, über CHANGZHI.“ Baihu war das gar nicht recht. Aber er hatte eingesehen, dass der Rebell Yun Reng annehmen muss, dass Hong Li mit dem Trupp nach PEKING reitet. Und wenn er angreifen sollte, dann wird das zwischen LINFEN und TAIYUAN sein. „Hong Li wird in einer kleinen Gruppe sicherer reisen und über Umwege unauffälliger nach PEKING kommen.“

In LINFEN sammelte der Präfekt Fuca, wie mit Yun Reng, seinem Vorgesetzten abgesprochen, alle Soldaten ein, die er für die Straßensperren eingesetzt hatte, um dann Richtung Norden zu reiten. Aus TAIYUAN setzte sich der Trupp der Schergen unter Yun Reng in Richtung LINFEN in Bewegung. Was der Präfekt Lirong Fuca aber nicht wusste und was er deshalb bitter bereuen sollte, war, dass Yun Reng auf halbem Weg den Soldatentrupp überfallen und dabei Hong Li entführen wollte. Sollte Hong Li dabei ums Leben kommen, tat das seinem Onkel zwar sehr leid, aber dann war es halt um Hong Li geschehen. Ein Unfall sozusagen. Deshalb musste dieser Angriff unbedingt nach einem Überfall von unbekannten Schergen aussehen, denn offiziell musste sich der ehemalige Prinz und Bruder des neuen Kaisers dem Kaiserhaus gegenüber loyal verhalten. Und er war ja offiziell selbst auf dem Weg nach Peking.

Der Trupp der Gardesoldaten teilte sich also. Die vier Shaolin-Mönche mit Hong Li und Shi Yan machten sich gleich auf den Weg nach Osten. Und die 50 berittenen Soldaten setzten sich in Richtung Norden in Bewegung. Schneefall und Wind nahmen zu. Baihu ahnte nicht, dass der Weg nach CHANGZHI über zwei Pässe führte, sonst hätte er vielleicht doch den anderen Weg gewählt.

1.04 Der Umweg über CHANGZHI

LINFEN, 23. Dezember 1722

Die Reiter lösten sich ab. Shi Yan ritt mal bei Hong Li, mal bei Baihu und auch bei Shi Xin. Die Pferde wurden so geschont. Bald würde man aber die Pferde führen müssen. Der Schneefall wurde immer dichter und das Licht immer düsterer. Bis zum Ende des Tages waren sie nur schlecht vorangekommen. Schneewehen deckten die Straße zu. Sie mussten sich den eigenen Weg durch den hohen Neuschnee drücken. Man konnte kaum seine Hand vor den Augen sehen. Nach großer Anstrengung ließ der Schneefall am Abend etwas nach, und auch der Sturm schien einzuschlafen.

Der Himmel riss auf und einige Sterne erhellten die Schneelandschaft. Vor ihnen hoben sich die Berge ab, die sie noch überwinden mussten. „Lasst uns die Wetterberuhigung nutzen und noch ein oder zwei Stunden reiten.“ Während sie größtenteils die Pferde im Schneesturm führen mussten, konnten sie jetzt wieder aufsitzen. Die Novizen waren zwar müde, aber noch guter Dinge. Baihu staunte, welche Energiereserven junge Menschen haben. Er wusste, dass dies aus einer inneren Zuversicht kommt, aus einer generell positiven Einstellung heraus, die Kinder halt so haben.

Auch er begegnete jedem neuen Tag mit großer Zuversicht. Bei dem Blick auf die Berge schwand diese aber spürbar. Die Berge, die noch recht weit schienen, kamen schnell näher. Man konnte am Einschnitt in der Silhouette der Berge erkennen, wo sich der Pass befand. Shi Xin und Baihu sprachen sich ab, ob man den Pass noch nehmen und die Gunst des Wetters nutzen sollte. Die Abstimmung war eindeutig. Es ging mehrere Kehren steil hoch und gerade durch ein enges Kar fast quer durch den Fels und danach immer höher bis zur Passhöhe auf der Rückseite des Berges. Ein weites kesselförmiges Hochtal öffnete sich. Man konnte den Weg erkennen, scheinbar war in diesem Kessel der Sturm nicht so ausgeprägt. In der Mitte der Mulde, etwa 5 km weiter, konnte man eine Ansammlung von mehreren Hütten erkennen. „Schaffen wir das noch?“ Alle nickten. In keiner der Hütten brannte Licht, und aus keinem Schornstein stieg Rauch auf. Scheinbar wurden diese Hütten nur im Sommer genutzt, von Hirten, die ihre Tiere auf die Sommerweide brachten. Bis sie zu den ersten Häusern kamen, setzte wieder Schneefall ein, und die Silhouette der Berge verschwand erneut hinter dem Schneegestöber. Die vier Shaolin suchten alle Hütten ab. Sie waren leer. In einer fanden sie eine Kochstelle und im Lager sogar etwas Reis und Reste von Yak-Schinken. Es war wohl kurz vor Mitternacht, aber keiner dachte ans Schlafengehen. Zu gut waren der Schinken und der Reis, und der Tee wärmte die ausgefrorenen Körper und weckte die Geister; so langsam erwärmte sich auch die Hütte. Die zwei Novizen hörten gespannt auf das, was die alten Shaolin-Haudegen erzählten. Manchmal wollten sie die Geschichten nicht recht glauben, und Baihu bestätigte das mit einem Augenzwinkern.

Bald verlangte die Anstrengung der Reise und des Aufstiegs ihren Tribut, und einer nach dem anderen sank in einen wohltuenden Schlaf. Das Klappern der Fensterläden löste sich ab mit dem Pfeifen der Windböen und ergab, wenn man lange genug hinhörte, eine einschläfernde Melodie. Am Morgen blitzten die Sonnenstrahlen durch die Ritzen der Hütte, die sicher zur Nachtmelodie beigetragen hatten. Die Tür war vollkommen eingeschneit und musste von innen freigeschaufelt werden. Es musste wohl ein bis zwei Meter geschneit haben. Baihu war froh, dass sie den gestrigen Anstieg noch gemacht hatten. Das wäre heute nicht möglich gewesen. Der Talkessel glänzte im Sonnenschein. Die Berge um ihn herum hoben sich deutlich ab, vom Schnee und vom blauen Himmel.

Das Frühstück war, gegenüber den letzten Tagen, fast fürstlich. Baihu war gut genährt und hatte wieder Zuversicht. „Wenn der zweite Pass ähnlich ist wie der erste, dann könnten wir heute noch in CHANGZHI ankommen.“ Und er dachte kurz, was wäre wohl geschehen, wenn sie mit dem großen Trupp gegangen wären?

1.05 Der Kampf vor TAIYUAN

ZHANGLANZHEN, 26. Dezember 1722

Der Kommandeur und die Eskadron von mindestens 50 Reitern kamen gut voran. In Zweierreihe stampften die ersten Tiere den Neuschnee ein, und die nachfolgenden Tiere hatten es leichter. Zeitweise wechselten sich die Reihen ab, sodass jedes Pferd, nach einer Zeit der Anstrengung, im Nachzug sich wieder erholen konnte. Der Kommandeur hatte die Aufregung in LINFEN noch mitbekommen und ahnte, dass sie irgendwann zwischen die Fronten der Schergen des Präfekten aus dem Süden und des Verwalters der Provinz SHANXI aus dem Norden kommen würden, der ja seinen Sitz in TAIYUAN hatte. Aber der Kommandeur gehörte zur Elitetruppe des Kaisers und hatte die Kriegsführung auf dem Schachbrett gelernt. Schon auf dem Herweg hatte er sich darüber Gedanken gemacht, wo er mit einem Überfall rechnen musste und wie er ihn abwehren konnte. Seine Mannschaft bestand aus den Besten der kaiserlichen Leibgarde. Auf jeden konnte er sich verlassen. Zwischen LINFEN und TAIYUAN verlief die gesamte Strecke entlang des Flusses FENHE. Nach etwa zwei Drittel der Strecke, auf der Höhe von ZHANGLANZHEN, hatte dieser Fluss, auf einer Länge von zehn Kilometern, eine Überbreite, die nicht zugefroren war.

Der Kommandeur hatte sich bei dem Anritt schon überlegt, was wohl wäre, wenn ein Trupp von Norden auf der Straße hier vorbeikam und der Gegner sich auf der anderen Flussseite aufhielt. Entweder ritten sie unbemerkt aneinander vorbei, was die Flucht nach vorn ermöglichte. Wenn diese List aber bemerkt würde, dann müsste der Straßentrupp kehrtmachen. Die Schergen müssten dann entlang des Flusses wieder zurückreiten, und zwar bis dahin, wo er wieder zugefroren war und das Eis Ross und Reiter tragen konnte. Natürlich würde der Trupp auf der Straße schneller vorankommen. Es wäre also wichtig, dass sie möglichst unbemerkt und weit kommen würden. Aber egal wie, sie konnten dann nicht in die Zange genommen werden.

Der Kommandeur trieb seine Soldaten an. Sie durften von den Gegnern aus LINFEN nicht eingeholt werden. Und das Treffen mit der nördlichen Truppe musste im Bereich des offenen Flusses sein. Es kam auf den genauen Zeitpunkt an. Natürlich war der Kommandeur auch in der Philosophie QIMEN DUNJIA ausgebildet. Eine zeitstrategische Wissenschaft, wo es darum ging, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Es musste passen. Und sie kamen rechtzeitig bis ZHANGLANZHEN. Die Schergen aus LINFEN hatten sie noch nicht eingeholt, und die Schergen aus TAIYUAN waren offenkundig noch vor ihnen.

Der Kommandeur verließ mit seiner Truppe die Straße nach Westen, überquerte den gefrorenen Fluss und setzte seinen Weg entlang des Flusses wieder fort. Nachzügler verstrichen die auffälligen Spuren im Schnee mit großen Zweigen. Zwei Soldaten sollten westlich des Flusses Wache halten. Wenn die Schergen aus LINFEN ankamen, war es wichtig, dass sie die Spuren nicht erkannten. Sie sollten dann möglichst schnell nachrücken und Bericht erstatten. Genauso hielt er es in Richtung Norden. Zwei Soldaten sollten möglichst rasch nach voraus reiten und die östliche Seite auskundschaften. Wenn die Schergen zu erkennen waren, dann sollten auch sie, so schnell wie möglich, Bericht erstatten. Natürlich, ohne dass sie vom Feind erkannt wurden. Zwischen der Straße und auf beiden Seiten des Flusses FENHE waren viele Buschreihen und Schilfschläge, sodass gute und auch ausreichende Deckung war.

Der Kommandeur hoffte auf den Schneefall, der jetzt wieder stärker wurde, und es wurde schnell dunkel. Seine Truppe musste sich ohne Beleuchtung durch den tiefen Schnee graben. Die Pferde an der Leine und hintereinander. Der Schneefall durfte aber auch gerne zu einem Schneesturm werden, bei dem gar nichts mehr zu sehen und auch nichts mehr zu hören war. Da erkannten die zwei südlichen Posten den Schein vieler Fackeln. Vereinzelt hörte man Pferdehufe schlagen und einige Rufe. 25 Pferde konnten sie zählen, und sie trabten an der Stelle vorbei, wo die Soldaten des Kaisers die Straße verlassen hatten. Diese List war also geglückt. Sie folgten dem Kommandeur, um Bericht zu geben.

Die zwei nördlichen Kundschafter beobachteten angestrengt die gegenüberliegende Seite des Flusses. Schnee und zunehmender Sturm machten ihnen zu schaffen. Sie beschlossen auf den zugefrorenen Rand des Flusses zu wechseln, um näher an der Straße zu sein. Da hörten sie Stimmen auf ihrer Seite. Bald sahen sie eine Fackel, die zwei Reiter anleuchtete. Sie stellten die Pferde ab und drückten sich durch das Buschwerk zwischen ihnen und den Reitern. Eindeutig, die Uniformen trugen die Farben der Provinz SHANXI mit einem gelb umrandeten Banner auf der Pferdedecke. Damit hatten sie nicht gerechnet. Offensichtlich hatte der Bruder des Königs, Yun Reng, die Möglichkeit einer List mit in Betracht gezogen. Im offenen Kampf konnten die zwei Kundschafter nichts ausmachen. Sie beschlossen zu Pferd den beiden zu folgen. Bald erkannten die Schergen aber ihre Spuren, die die zwei in den Schnee geprägt hatten, bevor sie auf das Eis gewechselt waren.

Bevor die Schergen die Fackel ausmachen konnten, preschte einer der Kundschafter mit vollem Galopp auf die zwei überraschten Schergen zu, nahm den Bogen und schoss zwei Pfeile ab. Einer traf den Schergen, der Tod vom Pferd stürzte. Der andere Pfeil traf das Pferd des zweiten Reiters. Das Pferd stürzte und begrub den Reiter unter sich. Da kam auch schon der eigene Trupp entgegen und half den Kundschaftern den noch lebenden Schergen zu fesseln und zu knebeln, sodass er keinen Warnschrei abgeben konnte. Der Kommandeur ließ die Fackel sofort wieder anbrennen. Der Fackelträger achtete darauf, dass der Schein die Soldaten nicht verraten konnte.

„Irgendwo da drüben sind sie. Wahrscheinlich sollte diese Vorhut durch Winken der Fackeln warnen, wenn auf dieser Seite etwas Auffälliges zu erkennen war. Yun Reng ist ein schlauer Fuchs“, raunzte der Kommandeur. Vorsichtig ließen die Reiter den Fackelträger an sich vorbei, ohne sie zu verraten. Er sollte die Rolle der zwei feindlichen Kundschafter übernehmen und dem Gegenüber vortäuschen, dass auf dieser Seite alles in Ordnung war.

Die zwei Posten aus dem Süden kamen angeprescht und gaben Bericht. Alles überschlug sich nun. Sie sahen die Fackeln des Trupps, der auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses entgegenkam. Von Süden her kam ebenfalls ein Trupp im Fackelschein. Der nördliche Trupp meinte wohl, dass dies die Soldaten des Kaisers sein mussten. Sie löschten die Fackeln und versteckten sich hinter den Büschen, links und rechts neben der Straße. Die südliche Truppe ritt in diese Falle und wurde von den eigenen Leuten beschossen. Nach kurzem Kriegsgeschrei verstummten die Schergen. Offenbar hatten sie erkannt, dass sie sich selbst bekämpft und nun geschwächt hatten. Der Schergenführer Yun Reng brüllte einen Fluch in Richtung Westseite des Flusses, auf dem sich aber nichts rührte. Nur der Fackelläufer war zu erkennen. Viel Aufregung gab es auf der Straßenseite. Verletzte mussten versorgt werden. Eine neue Strategie musste überdacht werden. Bis der Anführer die Situation richtig einschätzen konnte, verging wertvolle Zeit. Zeit für des Kaisers Truppe, die vorerst noch unerkannt nach Norden abzog.

Die zwei gegnerischen Kundschafter waren in Zweierreihe am Fluss entlanggeritten und hatten so den Weg für die Eskadron im hohen Schnee geebnet. Hintereinander konnten sie nun im vollen Galopp nach Norden reiten. Der Kommandeur des Kaisers gab sich jetzt den Schergen zu erkennen. Im Galopp ließ er die Reiter nach Norden preschen. Als Yun Reng dies erkannte, befahl er mit lautem Geschrei: „Neuordnung, Ausrichtung, Rückmarsch in Zweierreihe und im vollen Galopp.“ Der Kommandeur hatte ungefähr fünfzig Reiter aus Norden gezählt. Vom Bericht her kannte er die Anzahl von 25 Reitern aus Süden. Wie viele im Kampf gefallen waren, das konnte er nur ahnen. Beide gegnerische Truppen galoppierten nun in Richtung Norden. Die Soldaten des Kaisers am westlichen Ufer und die Schergen am östlichen Ufer. Dazwischen lag der zum Teil gefrorene Fluss FENHE. Beide Gegner wussten, dass der Fluss über kurz oder lang wieder gefroren sein musste. Dies war der vorbestimmte Kampfplatz. Kurz nach NAN HUCUN war es dann so weit. Fast gleichzeitig kamen sie links und rechts des Flusses an.

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