Kitabı oku: «»Action!« im Traunsee-Märchenland», sayfa 4

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11. Kranawitha trifft auf den träumenden Riesen

Kranawitha erwachte. Sie hockte noch immer neben ihrem Besen vor dem Tor von Erlas Höhle, und musste wohl ein kleines Nickerchen abgehalten haben. Sie erhob sich, dabei schmerzte ihr krummer Rücken. Auch plagte sie ein gehöriger Brummschädel. Plötzlich hatte sie den Eindruck, ein kleines hinterhältiges Lachen zu hören. Natürlich fand das nur in ihrer Einbildung statt, denn schlagartig wurde ihr klar, dass ihre Weiberrunde noch immer vor dem Bildschirm hocken würde. Sie riss sich zusammen, um sich nicht vor ihren Geisterfreundinnen zu blamieren.

Der Riese schlief anscheinend noch, nichts rührte sich auf ihr lautes Klopfen und Rufen. Die schwere Tür hatte sie nicht aufbekommen. Wie gesagt: Kein Zauberspruch half.

Sie kam nicht an die Zeitverkürzungsmaschine heran. Die Hexe überlegte, was sie tun sollte. Zuhause in ihrer Höhle wurden die Gäste sicher schon ungeduldig. Doch da erschien Erla plötzlich – frohen Mutes – was Kranawitha nach seinem ständigen Gejammer und Geheule wie ein Wunder vorkam.

Anscheinend hatte er die Höhle verlassen, als sie schlief. Er begrüßte die Hexe, setzte sich neben sie und reichte ihr ein Polaroid-Foto herunter. Darauf war eine goldene Kutsche zu sehen. Genau die hatte er sich heute Morgen beim Zwergenkönig Rötel ausgesucht. Natürlich müsse das Gefährt noch ein wenig aufpoliert werden. Kranawitha sah zu dem verliebten Riesen hoch und zischte leise: „Hast du dir schon mal überlegt, wie du in diese Kutsche kommen willst?“

Aber Erla hörte gar nicht zu. Er träumte weiter vor sich hin. Wenn es endlich soweit ist, wird er mit Blondchen in dieser Goldkutsche durch die Gegend fahren. Oder besser: Dahinfliegen. Denn statt Pferden würden Rötels Zauberschweine eingespannt sein. Erla geriet geradezu ins Schwärmen. Sie würden über den Grünberg düsen, vorbei am Laudachsee, hinüber nach Grünau zum Almtal, und über die schnellbedeckten Gipfel zurück über Traunkirchen und Altmünster nach Gmunden, ins Schloss. Direkt vor den Altar.

Er wollte sein Blondchen endlich heiraten. So richtig in der Kirche mit allem Drum und Dran. Kranawitha tippte sich an die Stirn und sah zu Erla auf. Seine Augen wurden feucht.

„Bitte nicht!“, bat die Hexe. „Nicht schon wieder Regen!“

Seine gute Laune war plötzlich dahin. Erla verfiel in grübelndes Schweigen. Es gelang Kranawitha nicht, durch Fragen herauszufinden, wie viel Zeit noch übrig war, bis Erla sein Blondchen endlich in die Arme schließen konnte.

Irgendwie jedoch beschlich sie ein ungutes Gefühl …

12. Die Neuen sind da!

Der Regisseur Matti war nicht nur wegen des herrlichen Sommerwetters gut gelaunt. Sein Motto hieß „Drehzeit ist Lebenszeit“ – und er war der Meinung, dass man allerhand dazu beitragen konnte, eine gute Zeit zu haben. Er lachte gerne und verstand es, schnell eine gute Stimmung zu verbreiten. Manchmal war er allerdings für sein Alter von 45 plus etwas zu albern und lachte über jeden Mist. Da er nur knapp 1,70 Meter groß war und nicht so ganz dünn, wirkte er neben seiner Kamerafrau winzig. Man übersah ihn häufig, und manchmal wurde er für eine Hilfskraft zum Absperren der Straße oder für den Hausmeister gehalten.

Eigentlich sah er aber richtig gut aus. Ein charismatischer Mann. Doch die Damen machten ihm vergeblich schöne Augen …

Kamerafrau Eva-Maria, die alle nur Ev nannten, war dagegen viel zu dürr und fast 1,85 Meter hoch. „Regie & Kamera“ gaben also ein schrulliges Paar ab.

Sie freuten sich, dass sie hier in Gmunden waren, denn sie liebten die Serie, die sie nun drehen durften.

Matti war ein Schwabe, lebte aber in München. Er hatte seine Assistentin Jette, eine Berlinerin, zu dieser Arbeit nach Österreich mitgebracht. Ev aber hatte wieder Bingo, den sie von früheren Filmen kannte, zu ihrem Assistenten gewählt.

Jetzt waren sie auf dem Weg zur Schiffsanlegestelle am Hauptplatz.

Dort wurde gerade das Equipment auf ein Boot verladen.

Auch Bingo war bester Laune und winkte ihnen entgegen. Es war 9 Uhr, und vom Rathausturm erklang nach den 9 Stundenschlägen vom Glockenspiel die Titelmelodie der Serie.

Matti und Ev staunten nicht schlecht. Das hörten sie zum ersten Mal. Nun eilte auch noch der Bürgermeister auf sie zu und schüttelte ihnen die Hände. Er sagte zu Ev, wie sehr er sich freue, dass endlich einmal eine Kamera-Frau hier sei. Aber das habe er ja schon in seiner Rede zum Drehbeginn der neuen Folgen beim Eröffnungsfest hervorgehoben. Er wünschte gutes Gelingen und verschwand im Rathaus.

Matti und Ev begrüßten ihre Kollegen und stiegen ins Boot. Es waren einige Aufnahmen vom Wasser aus zu drehen. Als sie gerade ablegen wollten, bemerkte Bingo verwundert den Regisseur vom Vorjahr, den Chef, der über den Hauptplatz eilte. „Wat macht der denn hia?“, fragte er. Da keiner eine Antwort wusste, winkte Bingo dem Mann zu, der heute trotz eines neuen, eleganten hellen Maßanzugs, irgendwie ziemlich alt aussah. Der alte Regisseur winkte zurück und eilte zum Hotel Austria. „Wahrscheinlich hat er immer noch eine Geliebte in Gmunden“, mutmaßte der Bootsführer. Dann fuhren sie mit ziemlicher Geschwindigkeit los.

13. Flori ist ein Schulkind

Schimek hatte heute drehfrei und saß mit seiner Enkelin Flori beim Frühstück auf der Terrasse des Gasthofs Grünberg. Er war bester Laune: Die Sonne schien, endlich konnte man einmal draußen sitzen und über den glitzernden See nach Gmunden hinüber schauen. Er zog seine Strickjacke aus und legte sie auf die Bank neben sich. Genau die richtige Temperatur, das war ein Wetter nach seinem Geschmack.

Zufrieden stippte er sein Kipferl in eine Schüssel mit frischer Marillenkonfitüre, die von der Grünberg-Wirtin noch immer hausgemacht wurde. Der Kellner brachte zwei Spiegeleier mit kross gebratenem Speck. Schimek überlegte, ob er sich ein kleines Bier dazu bestellen sollte. Aber in diesem Moment sagte Flori: „Für dein Alter frühstückst du ziemlich ungesund, Opa!“

Schimek zog eine Augenbraue hoch und sah das Mädchen verwundert an. Dann machte er sich über den Speck und die Eier her und fand beides köstlich. Was sollte daran ungesund sein?

Flori begann, ihn über Cholesterin und Blutfettwerte aufzuklären. Schimek legte für einen Moment die Gabel aus der Hand und sah seine Enkeltochter verblüfft an. „Na, die werden sich ja freuen, wenn du im Herbst eingeschult wirst! Da kriegen’s ein ganz schlaues Kind!“ Flori sah ihn kopfschüttelnd an. Wahrscheinlich läge das nun wieder daran, dass sein Rotweinverbrauch zu hoch war.

Sie käme im Herbst in die 2. Klasse! Schimek war irritiert. Gestern Abend hatte er blaue Geisterinnen gesehen und heute bringt er alles durcheinander. Wahrscheinlich hatte Flori mit dem Rotwein Recht.

Er vermied das Thema und fragte, was sie denn heute unternehmen wollten. Flori zog einen kleinen Zettel aus der Tasche. Sie hatte schon einen Plan gemacht und ihm alles aufgeschrieben, damit er nicht wieder die Hälfte vergisst. Sie schob Schimek das Blatt hin und ging ins Haus, um die Zeitung zu holen. Schimek sah ihr kopfschüttelnd nach. Dieser neue Ton an dem Kind gefiel ihm gar nicht. Irgendwie war Flori seltsam anders. Aufsässig wollte er das nicht nennen. Aber ihm fehlte plötzlich die zurückhaltende Bravheit, die ihn sonst, zugegeben, ein wenig nervte. Und sie konnte schreiben! Noch bevor er einen Blick auf ihren Plan geworfen hatte, war Flori schon wieder da. Schimek setzte seine Lesebrille auf, aber die Enkelin machte keine Anstalten, ihm die Zeitung zu geben.

Sie blätterte suchend darin herum und sagte: „Vielleicht steht irgendwas von der Geistererscheinung drin!“

Nun kam Mariella Lagl, Schimeks Schauspielerkollegin, auf die Terrasse. Auch sie wohnte meist im Hotel Grünberg, seit sie bei der Serie beschäftigt war. Und auch sie hatte heute drehfrei. Mit einer Schüssel Obstsalat in der Hand sah sie sich suchend um. Als sie die beiden entdeckt hatte, kam sie zu ihrem Tisch und fragte: „Ich darf mich doch zu euch setzen? Einen wunderschönen guten Morgen!“

Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie Platz und naschte von Schimeks Teller ein Stück Speck. Flori lugte hinter der Zeitung hervor und verdrehte die Augen. Leider stand kein Wort über die sieben blauen Geisterfrauen in der dämlichen Zeitung. Schimek legte sie beiseite. „Jetzt wird erst mal gefrühstückt!“

Mariella löffelte ihren Obstsalat und erkundigte sich bei Flori, was es denn mit den sieben Geistern auf sich habe. Sie sprach mit ihr wie mit einem Baby, was Flori ziemlich auf die Palme brachte.

„Du kannst ruhig wie zu einem normalen Menschen mit mir reden!“

Sie steckte ihren Plan wieder ein und sagte zu Schimek: „Wir gehen heute ins Klo-Museum!“

Bei dem herrlichen Wetter? Schimek schüttelte verwundert den Kopf. Mariella bemerkte: „Nicht uncool, der Vorschlag! Das soll ja eine angesagte Location sein!“

Flori fand diese Art der Sprache noch bescheuerter und verdrehte wieder die Augen.

Schimek schlug vor, einen Spaziergang zum Cafe Baumgartner zu machen. Man könnte dort eine Mehlspeis zu sich nehmen, am liebsten die berühmte Schokoladentorte. Und danach die Kollegen besuchen, die auf der Esplanade drehen. Flori maulte. Erstens sind Torten nun aber oberungesund. Und den eitlen Regisseur könne sie auch nicht leiden. Dazu dieser seltsame Kameramann. Mariella staunte. „Eitel! Aha! Seltsam...“ Aber sie ließ sich über Floris Bemerkung nicht weiter aus, sondern erzählte ihr mit schlichten Worten, dass sie ja jetzt einen anderen Regisseur und eine Kamera-Frau haben.

Schimek verschlug das die Sprache. Und Flori fand es cool. Wurde auch mal Zeit. Aber heute wollte sie nicht zum Drehen, sondern ins Klo-Museum. Schimek gab es auf, noch einmal zu widersprechen.

Mariella fragte, ob sie sich anschließen dürfte. Seit sie hier in Gmunden war, wollte sie sich das schon immer einmal anschauen.

Schimek zuckte mit den Schultern. Aber Flori lächelte milde. Wenn sie nicht zu sehr nerve, könne sie mitkommen.

14. Lars versteht die Welt nicht mehr

Lars Ungestüm hörte ein Kichern. Er sah eine durchsichtige blaue Gestalt, die anscheinend vergeblich nach einer Tür suchte, um ins Schloss Ebenzweier zu gelangen. Er fuhr sich irritiert über die Augen. Dann joggte er weiter durch den Park, vorbei an ein paar Berufsschülerinnen. Sie drehten sich lachend nach ihm um. Er schnappte so etwas auf wie „der Alte“, deshalb flitzte er besonders schnell weiter. Es roch stark nach Bärlauch. Er überlegte, ob er nicht anhalten und welchen pflücken sollte.

Aber das Kichern der jungen Damen klang noch immer in seinem Ohr und so lief er weiter. Als er unten an der Straße angekommen war, machte er ein paar Dehnübungen und ging dann zum Schweizerhof hinüber.

Die Wirtin öffnete auf der Terrasse gerade die Sonnenschirme. Erfreut ließ sie alles stehen und ging auf ihn zu. Ungestüm begrüßte sie und bestellte einen Tisch für den nächsten Abend. Vielleicht konnte man ja endlich einmal draußen sitzen. Die Wirtin sah ihn an, nickte lächelnd und sagte: „Ich wusste gar nicht, dass Sie noch hier sind!“ Der Schauspieler wunderte sich. Warum sollte er nicht mehr hier sein? Doch bevor er diese Frage stellen konnte, sah er unten am Traunsee Sonnenblenden aufblitzen. Das Boot mit der Kamera näherte sich dem Ufer, wo das restliche Team schon wartete.

Ein riesiger Schreck durchfuhr Ungestüm: Sie drehen! Er lief zur Treppe, die hinunter zum See führte.

Da hörte er den Burger rufen: „Der Herr Hoteldirektor bitte zum Set!“ Ungestüm wurde kreidebleich und raste los. Er war in den sechs Jahren, seit die Serie gedreht wurde, noch nie zu spät gekommen! Nicht ein einziges Mal! Nicht eine einzige Minute …

Als er sich dem Team näherte, sah er einen jüngeren Kollegen in elegantem Anzug: Siegfried Thörner. Ungestüm konnte sich weder einen Reim darauf machen, was der hier spielte. Noch wusste er, was er selber gleich hier spielen sollte. Er hatte keine Dispo bekommen!

Dispo ist die Kurzbezeichnung eines der wesentlichsten Schriftstücke beim Film: Die Disposition. Darin steht alles, was von großer Wichtigkeit ist. Nämlich was, wann, wo gedreht wird, wen und was man wann dazu braucht und wer sich wo mit wem und was einfinden muss und wie und wann er da zu sein hat. Wann was beginnt steht da – und wann das endet, wird meist weggelassen …

Thörner. Vielleicht spielt er eine Gastrolle? Lars hatte keine Ahnung. Aber er rannte nun fast. Der Burger sah Ungestüm verwundert entgegen. Jetzt kamen alle, voran Siegfried Thörner, freudig auf ihn zu. Eine lange, dürre Frau drängte sich durch, sagte ihren Namen, den Ungestüm – völlig außer Atem – nicht verstand. Sie behauptete, dass sie die neue Kamerafrau und ein großer Fan von ihm sei und sehr bedaure, nichts mehr mit ihm zu tun zu haben. Dann kam ein kleinerer Mann, schüttelte ihm die Hand und lachte laut. Ungestüm wusste nicht warum. Er schnappte nach Luft. Thörner klopfte ihm jovial auf die Schuler: „Ich muss mich ganz schön anstrengen, um Ihre Popularität zu erreichen, Herr Kollege!“

Lars mühte sich um ein zustimmendes Lächeln. Es sah etwas gequält aus. Er blickte im Moment überhaupt nicht mehr durch! Was sollte denn nun eigentlich gedreht werden? Er raunte dem Burger zu, ihm doch mal seine Dispo zu borgen. Der tat das auch, bedauerte zugleich, dass sie jetzt keine Zeit mehr hätten und trieb das Team zur Arbeit an.

Thörner nahm sein Drehbuch und ging zu Matti. Ev flüsterte ihm noch schnell zu: „Lass dir nichts einreden – der kann bloß wieder seinen Text nicht!“ Dann ging sie mit den Lichtbuben die Einstellung durch.

Ungestüm sah sich befremdet um. Kein Mensch kümmerte sich mehr um ihn. Die Maskenbildnerin winkte ihm aus der Ferne zu und widmete sich einer Schauspielerin, die Lars noch nie gesehen hatte.

Sein Blick irrte über die Dispo. Er kam darin nicht vor. Verzweifelt appellierte er in einer Art Meditation an sein Hirn. Ohne Ergebnis. Er verstand die Welt nicht mehr.

Jetzt rief der Burger alle zur Stellprobe.

Thörner machten einen Umweg und ging noch einmal zu Ungestüm. „Das haben Sie übrigens bravourös gespielt – Ihr Sterben!“

Lars sah ihn verständnislos mit großen Augen an. Da er seinen Regisseur nicht sah, ging er zu Bingo. Den konnte er ganz gut leiden. „Wo soll ich hin?“ flüsterte er ihm zu. Bingo hielt das anscheinend für einen Scherz und lachte los. „Ick würde mal sagen: In det Jewässer da!“ Er zeigte zum See. Auch Thörner fing an zu lachen. Und das ganze Team stimmte erleichtert ein.

Lars Ungestüm wurde böse. Wenn er etwas überhaupt nicht leiden konnte, dann dass man ihn verscheißerte und sich auch noch darüber lustig machte!

„Es reicht!“, sagte er mit schneidender Stimme.

Plötzlich kam ihm eine Idee. „Wo ist die versteckte Kamera?“

Alle lachten nun noch lauter. Der Burger nahm ihn zur Seite und sagte, dass er es auch sehr bedauere, ihn nicht mehr dabei zu haben. Aber es war doch ausdrücklich sein eigener Wunsch!

Ungestüm schluckte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Die Garderobieren warfen sich vielsagende Blicke zu. „Vielleicht trinkt er jetzt?!“ „Ganz bestimmt nicht! Vielleicht …“ Eine Geste: Bisschen verwirrt im Kopf …

Zum Glück bekam das der arme Kerl nicht mit.

Die Regie-Assistentin Jette schaute auf die Uhr und ging zu Matti.

Sie sagte entschieden: „Wir müssen!“

Thörner klopfte wiederum seinem Vorgänger auf die Schulter: „Sie hätten das vielleicht nicht so endgültig machen sollen! Aber nun lief es ja schon im Fernsehen. Sie sind tot!“

15. Kranawitha erblickt die Maschine

Plötzlich schien einer der vielen Fragen von Kranawitha in Erlas Kopf angekommen zu sein. Wie sollte er in die Kutsche kommen? Er erschrak fürchterlich! Darüber hatte er bisher nicht nachgedacht. Natürlich war er wieder dieser grässliche Riese, seine Ausmaße geradezu ungeheuerlich. Und Blondchen gegen ihn ein winziges Nixlein. Wenn sie sich alle 100 Jahre einmal für eine Vollmondnacht am Laudachsee getroffen hatten, war er vorher immer bei der Hexe gewesen, und sie hatte ihm zu einer halbwegs normalen Gestalt verholfen. Fragend blickte er zu Kranawitha. Er benötigte natürlich erneut ihre Dienste! Wie damals wollte er aussehen: Ein Edelmann Größe XL, oder wie das hieß!

Kranawitha grinste. Endlich hatte er kapiert! Er war von ihr abhängig. Sie konnte gewisse Bedingungen stellen. Erla sah sie mit großen Augen an. Alle wollten etwas von ihm. Rötels ellenlanger Wunschzettel war noch lange nicht abgearbeitet. Und nun kam die Alte auch noch mit irgendwelchem Kram. Was denn für Bedingungen?

Na, zum Beispiel weniger Regen. Der kam doch nur von seiner ewigen Heulerei. Und keinen Schnee im August. Der hatte doch auch mit ihm zu tun?

Erla war erleichtert, senkte aber die Augen zu Boden.

Kranawitha konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen: Das Ungetüm schämte sich ein bisschen! Ja, Erla gab es zu, er war zu weit gegangen. Aber er habe doch alles wieder gut gemacht. Nun sei draußen ein herrlicher Sommertag, der See so warm, dass man drin schwimmen könne. Und alle wären zufrieden.

Kranawitha sah ihn misstrauisch an. Irgendwie hatte sie plötzlich ein komisches Gefühl. „Willst du mich vor der Türe sitzen lassen?“, fragte sie. Erla machte keine Anstalten, sie in seine Höhle zu bitten. Na gut – dann eben nicht. „Dann sieh doch zu, wie du dich neben Blondchen in diese Kutsche quetschen willst!“ Sie fuchtelte mit dem Foto herum und schnippte es mit einem kleinen Zauber auf die Höhe von Erlas Nase, wo es sich krachend in tausend glühende Funken auflöste. Der Riese musste niesen und sah ängstlich zu Kranawitha.

„Wenn ich dir nicht helfe, siehst du ganz schön alt aus“, lachte sie ihm frech ins Gesicht. Und dann begann sie, Erla zu beschwatzen.

Sie wollte doch nur einen kleinen Blick auf seine riesige Maschine werfen. Der große Kerl erschrak. Was wusste sie davon?

Aber die Hexe winkte ab. Hatte er ernsthaft geglaubt, sie hätte nicht von diesem Räderwerk erfahren, das Rötel für ihn konstruiert und mit seinem Zwergengeschwader gebaut hatte? Sie könne zaubern. Sollte er das vergessen haben? Sie wusste sogar, dass Erla diese Maschine liebevoll Rasende Rosa nannte und manchmal mit ihr redete! Der Riese schloss zerknirscht die schwere Tür auf und ließ Kranawitha in sein Heiligtum. Die Hexe erschrak doch ziemlich, als sie erstmals leibhaftig vor der Maschine stand. Welch ein riesiges Monster! Sie selbst kam sich dagegen kleiner als der kleinste von König Rötels Zwergen vor. Was für ein Ungetüm …

Sie sah auf das letzte Kalenderblatt, was von oben heruntergesegelt war: Es handelte sich um den 16. August. Kranawitha atmete auf. Doch da bemerkte sie, dass Erla mit dem Fuß einen ganzen Berg von Kalenderblättern beiseiteschieben wollte. Heimlich sozusagen.

Sie betrachtete das Blatt vom 16. August näher. Und da glaubte sie, im Kopf ein bisschen meschugge zu sein: Es war der 16. August des nächsten Jahres!

16. Was tun nach dem Klo-Museum?

Wirklich und wahrhaftig gibt es in Gmunden ein Museum mit dem Namen „Klo & So“. Schimek konnte sich nicht zusammenreimen, was ein sechsjähriges Mädchen dorthin zog. Na gut, Flori war also inzwischen sieben. Wie auch immer das passiert war. Aber sie war die kleine Märchentante. Sie spielte gern mit Puppen – wenn auch seltsame Geschichten.

Doch nun rannte sie begeistert zwischen all den historischen Kloschüsseln herum. Es waren so an die 300.

Flori erzählte von irgendeiner mysteriösen Geistererscheinung auf einer Mädchentoilette. Davon hatte sie aus ihrer neuen Lieblingslektüre erfahren. Die handelte von einer Schule für Zauberer und anderen merkwürdigen Dingen.

Nun hoffte das Mädchen anscheinend, auch in diesem Klo-Museum irgendetwas Spektakuläres zu erleben. Sie inspizierte das Zimmerklosett von Kaiser Franz Joseph aus der Jagdhütte auf der Spitz-Alm im Höllengebirge und Sissis Bidet. Aber nichts passierte.

Schimek hatte die stille Hoffnung, seine Enkelin würde schnell das Interesse an dieser Ausstellung verlieren. Aber Flori schienen all die Nachtgeschirre und Pinkelbecken zu gefallen. Besonders schräg fand sie ein Zimmerklo, das als Bücherstapel getarnt war. Das Kind lachte sich scheckig darüber. Mariella und Schimek sahen sich verwundert an und konnten nicht nachvollziehen, was daran so komisch sein sollte. Doch Flori war schon bei einem Flachspüler namens Nautilus von Achtzehnhundertfrühling angekommen und untersuchte ihn nach geheimen Zeichen, wie sie sich ausdrückte.

Der Frau, die ein Auge auf die Museumsbesucher hatte, fiel Flori unangenehm auf. Mit zunehmender Sorge mahnte sie, die Exponate nicht zu berühren.

„Hütet euch vor den Zweitklässlern!“, murmelte das Mädchen.

Schimek entschuldigte sich flüsternd bei der Dame. Die schien ihn nicht zu kennen und nickte säuerlich. Mariella lenkte unterdessen Flori ab und heuchelte Interesse. Auf jeden Fall waren sie froh, als alles gesehen war und sie wieder draußen auf der Straße standen.

Schimek, der schon wieder Hunger hatte, brachte noch einmal die Konditorei Baumgartner ins Spiel. Aber seine Enkelin warf ihm nur einen Blick zu, und schon war er ruhig.

Mariella schlug vor, eine Dampferfahrt über den Traunsee zu machen. Das fand Flori stinklangweilig. Jedes Jahr dasselbe.

Schimek sah hinauf zum Grünberg. „Nein!“ Bitte keine Seilbahnfahrt! Und keine Wanderung zum Laudachsee! Und das Märchen vom Riesen Erla und der Nixe Blondchen könne sie auch in- und auswendig. Mariella brachte die Geschichte von den sieben verzauberten Prinzen ins Spiel. Aber das Mädchen schüttelte entschieden den Kopf. Dabei ging Flori zielstrebig über den Rathausplatz, vorbei an den Dampfern und an den gut besetzten Terrassen der Kaffeehäuser. Schimek und Mariella tippelten treu und brav hinterher und hatten keine Ahnung, wohin das Kind wollte.

Schimek fiel ein, dass er von einem Naturlehrpfad gelesen hatte. Da könnte sie gewiss mit neuem Wissen glänzen, wenn sie in die 2. Klasse kam. Aber Flori winkte nur milde ab. Sie war sowieso Klassenbeste.

Als das Gebäude des Stadttheaters in Sicht kam, hatte Schimek einen schlimmen Verdacht, der sich schnell bestätigen sollte. Denn Flori hoffte, sie zeigen einen „ordentlichen Actionfilm“ dort.

„Womöglich Krieg der Sterne oder sowas“, flüsterte Mariella entsetzt. Man muss wissen, dass dieses hübsche Gmundener Theater hauptsächlich als Kino genutzt wurde. Flori nannte es Theaterkino.

Aber nichts war mit galaktischen Kriegern – ein deutscher Kinderfilm stand auf dem Programm. Trotzdem leuchteten Floris Augen auf: Eine Hexengeschichte! Diesen Film hatte sie in Wien irgendwie verpasst. Und nun jubelte sie, dass sie ihn doch noch zu sehen bekam. Sie hielt die Hand auf. Als Schimek ihr seine Geldbörse gegeben hatte, eilte sie zur Kinokasse.

Mariella wollte sich verabschieden. Bei dem schönen Wetter ins Kino? Nein - danke! Aber nach einigem Hin und Her gelang es Schimek, sie zum Bleiben und Hexenfilmschauen zu überreden.

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