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1.4.3 EthikEthik

Die dritte Hauptdisziplin der Systematischen Theologie ist die EthikEthik. Auch sie hat sich erst im 17. Jahrhundert in Unterscheidung von der dogmatischen Theologie als ein eigenes theologisches Fachgebiet herausgebildet. Den Anlass hierzu bildete zunächst das Interesse, die Ethik in einer theologischen Perspektive zu behandeln. Im *konfessionellen Zeitalterkonfessionelles Zeitalter waren die theologischen Konzeptionen mit umfassenden normativen Leitbildern des gesellschaftlichen Gemeinwesens verbunden. Dieses Anliegen schlägt sich in den Entwürfen von theologischen Ethiken nieder. In der protestantischen Lehrtradition wurde die Ethik zunächst unter dem Titel der gute Werkeguten Werke behandelt. Dabei ließ man sich LutherLuther, Martin folgend von der Überzeugung leiten, dass die guten Werke unmittelbar aus dem Glauben fließen. Der Reformator kleidete den Zusammenhang von Glaube und Handeln im Anschluss an [19]Mt 12,33 in das Bild von dem guten Baum, der gute Früchte trägt. Allerdings vermochte auch der Wittenberger Theologe nicht deutlich zu machen, wie der Zusammenhang von Glaube und sittlichem Handeln genauer zu fassen ist.

Die Begriffe EthikEthik und MoralMoral wurden in der abendländischen Tradition weitgehend synonym verwendet. Erst in neuerer Zeit unterscheidet man terminologisch zwischen ihnen. MoralMoral bezeichnet die lebensweltlichen Orientierungen und Selbstverständlichkeiten, die das Leben des Einzelnen und von sozialen Gruppen prägen (im Sinne von griechisch: ethos, Gewohnheit, Brauch). Unter EthikEthik hingegen versteht man eine Theorie oder Reflexion der ihr vorgegebenen Moral. Die ethische Reflexion befragt das moralische Handeln, ob es dem sittlichen Kriterium des Guten entspricht oder nicht. Was das ethisch Gute ist und wie es sich von anderen kulturellen Sphären unterscheidet, das wird in den Theorien der Ethik unterschiedlich begründet. Für AristotelesAristoteles (385–322 v. Chr.), den Begründer der Ethik (Nikomachische Ethik), ist das Gute das höchste Guthöchstes Gut, summum bonum, und es besteht in der Glückseligkeit. Im modernen UtilitarismusUtilitarismus (Jeremy BenthamBentham, Jeremy [1748–1832], John Stuart MillMill, John Stuart [1806–1873]) wird das Gute in dem Nutzen erblickt, den das Handeln für die Gemeinschaft erbringt. Immanuel KantKant, Immanuel hingegen definiert das sittlich Gute ohne Rekurs auf inhaltliche Bestimmungen. Es besteht in einer formalen Verallgemeinerungsregel, der zufolge der Handelnde die Bestimmungsgründe seines Willens daraufhin zu befragen hat, ob sie sich verallgemeinern lassen (*kategorischer Imperativkategorischer Imperativ).

[20]In der Geschichte des ethischen Denkens wurden verschiedene Konzeptionen von Ethiken beziehungsweise praktischen Philosophien ausgearbeitet.

Infobox

Typen der EthikEthik:


IndividualethikEthikIndividual-: sie bemüht sich, Normen und Ziele zu begründen, die für das Handeln des IndividuumsIndividuum gelten sollen (Pflichten- und TugendethikEthikTugend-)
SozialethikEthikSozial-: sie sucht nach begründbaren Normen und Zielen für die Interaktionen zwischen Individuen und Großgruppen sowie der Großgruppen untereinander (GüterethikEthikGüter-)
MetaethikEthikMeta-: wissenschaftliche Erörterung der Bedingungen von ethischen Diskursen
angewandte EthikEthikangewandte: ethische Reflexion von Einzelproblemen z.B. der modernen MedizinMedizin oder der Wirtschaft

Ethische Reflexionen werden nicht nur in der Philosophie (praktische PhilosophiePhilosophiepraktische) angestellt, sie bilden auch einen zentralen Bestandteil der christlichen Theologien. Religionen wie die christliche enthalten immer auch Orientierungen für das Handeln (*DekalogDekalog). Für eine theologische EthikEthik ergibt sich nun ein besonderes Problem aus der Frage, ob es spezifische Normen des Handelns geben kann, die nur für Christen gelten. Wenn jedoch sittliche Normen den Charakter der Allgemeingültigkeit haben, dann kann es eine christliche Sonderethik ebenso wenig geben wie eine religiöse Mathematik oder LogikLogik. Welchen Charakter hat dann aber eine theologische Ethik? Ethisches Denken entwickelt sich zwar stets in bestimmten, geschichtlich gewordenen Religionskulturen, so dass religiöse Aspekte in die Herausbildung von Moralen und Ethiken mit einfließen. Aber das besagt nichts über die Geltung von ethischen Normen.

Im Bereich der Systematischen Theologie wird die EthikEthik in einem religiösen Horizont zum Thema. Dabei geht es stets auch um die Frage, in welchem Verhältnis Dogmatik und Ethik zueinander stehen. Ist letztere eine bloße Konsequenz der GlaubenslehreGlaubenslehre? Oder kommt der ethischen Reflexion gegenüber der Dogmatik eine selbständige Bedeutung zu? Je nachdem, wie die genannten Fragen beantwortet werden, ergeben sich unterschiedliche Konzeptionen der Dogmatik und der Ethik.

Mit der Herausbildung der modernen GesellschaftGesellschaftmoderne hat sich der Steigerung des Bedarfs an ethischer ReflexionBedarf an ethischer Reflexion erhöht. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt konfrontiert mit Problemen, die durch die überlieferte MoralMoral nur unzureichend beantwortet werden können. Im Hinblick auf Gentechnik und deren Folgen zum Beispiel ist die traditionelle, an der Bibel orientierte christliche Moral überfordert. Eine ethische Reflexion derartiger Problemkreise setzt einschlägige Fachkenntnisse voraus. Andernfalls würde die EthikEthik den Problemen der modernen Gesellschaft äußerlich bleiben. Vorausgesetzt ist hierbei allerdings auch eine kulturhermeneutische Kompetenz, welche es erlaubt, die unterschiedlichen kulturellen Formen der NaturwissenschaftNaturwissenschaft und der Ethik aufeinander zu beziehen. Die theologische Ethik gestaltet sich zu einer Art KulturhermeneutikKulturhermeneutik. Auf eine solche Weise sensibilisiert die [21]kulturhermeneutische Ethik für Normenkonflikte und ethische Problemlagen. Eindeutige Antworten und Normen zur Entscheidungsfindung kann unter den Bedingungen der komplexen Problemlagen der Moderne keine Ethik mehr geben. Ethiken haben mehr und mehr eine beratende Funktion.

Im Aufbau der EthikEthik schlägt sich der veränderte Problemhorizont in der Konzeption von hochspezialisierten angewandten EthikEthikangewandteen nieder. Sie haben prinzipientheoretische Fragen nach der Begründung der Ethik weitgehend verdrängt.

Literatur

Aristoteles: Nikomachische EthikEthik, Stuttgart 1986.

Reiner Anselm/Ulrich H.J. Körtner: Evangelische EthikEthik kompakt. Basiswissen in Grundbegriffen, Gütersloh 2015.

Gerfried W. Hunold/Thomas Laubach/Andreas Greis (Hrsg.): Theologische EthikEthiktheologische. Ein Werkbuch, Tübingen/Basel 2000.

Ulrich H.J. Körtner: Evangelische SozialethikEthikSozial-. Grundlagen und Themenfelder, Göttingen 1999.

Dietz Lange:EthikEthik in evangelischer Perspektive. Grundfragen christlicher Lebenspraxis, Göttingen 22002.

Wolfgang E. Müller: Evangelische EthikEthik, Darmstadt 22011.

Trutz Rendtorff:EthikEthik, 2 Bde., Stuttgart 21990.

Konrad Stock: Einleitung in die Systematische Theologie, Berlin/New York 2011, S. 287–473.

Aufgaben

1 Informieren Sie sich über Grundtypen der EthikEthik und deren Begründung des ethisch Guten.

2 Worin bestehen grundlegende Probleme einer theologischen EthikEthik?

3 Lesen Sie die EthikEthik von Trutz Rendtorff.

[23]2 Systematische Theologie – Ein geschichtlicher Grundriss
2.1 Die Anfänge der christlichen Theologie in der Antike

Die ersten Theologen des Christentums sind, auch wenn sie den Begriff Theologie nicht verwendet haben, die neutestamentlichen Autoren. Ihre unterschiedlichen Darstellungen von Geschichte und Wirken Jesu im Neuen Testament haben einen theologischen Charakter. Die Verfasser der Evangelien sind nicht an einem historischen Bericht interessiert. Ihre Deutungen und Erzählungen des Mannes aus Nazareth sind eher, wie man es genannt hat, „Gemeindedogmatik“ (William WredeWrede, William [1859–1906]). Es sind Bilder von Jesus, die aus der Perspektive des nachösterlichen Glaubens an den auferstandenen Christus in diversen christlichen Milieus entworfen wurden. Dabei betreiben die neutestamentlichen Autoren Schriftauslegung. Die griechische Übersetzung des Alten Testaments, die *Septuaginta, bietet ihnen den Rahmen sowie die Vorstellungswelt, in dem die Geschichte des Nazareners verstanden und geschrieben wird. Die frühen Christen, die selbst Juden waren, stellten das Wirken Jesu als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen von einem erwarteten MessiasMessias und dem Anbruch eines ewigen Friedensreiches dar.

Die Überlieferungen von Jesus ChristusÜberlieferungen von Jesus Christus sind von Anfang an sehr vielfältig und heterogen. Neben den vier Evangelien, von denen jedes eine sehr eigene Sicht auf Leben und Wirken des Nazareners wirft, kursierten zahllose andere Überlieferungen wie das sogenannte Thomas-Evangelium, die nicht in den neutestamentlichen Kanon aufgenommen wurden. Das kann auch gar nicht anders sein. Religion existiert stets in der Spannung von geschichtlicher Abhängigkeit von religiösen Traditionen und deren Transformation. Auf diese Weise entstehen in dem religionskulturellen Horizont des antiken JudentumsJudentum höchst diverse Narrative. Durch sie vergewissern sich die Gruppierungen im frühen Christentum ihrer eigenen Identität. Mit der Festlegung des [24]biblischen Kanons im vierten Jahrhundert wird ein bestimmter Umfang von Texten als normativ verbindlich definiert (vgl. unten 4.2.2). Die Varianz der Jesusüberlieferung wurde dadurch reguliert.

Durch die Etablierung des biblischen KanonsKanon von Altem und Neuem Testament kommt es also zur Unterscheidung von kanonischen und *apokryphen Evangelien. Auch die Differenz von OrthodoxieOrthodoxie und HäresieHäresie entsteht allein durch solche Selektionsleistungen. Der Kanon hat somit eine identitätsbildende Funktion für das frühe Christentum. Die Pluralität der Theologien des frühen Christentums hat sich freilich auch in dem neutestamentlichen Kanon noch erhalten. Die vier Evangelien präsentieren sehr unterschiedliche theologische Deutungen der Geschichte Jesu. Daneben steht die Briefliteratur. In ihr verdichten sich, wie in den Briefen des ApostelsApostel Paulus und seiner Schule, theologische Reflexionen auf den Gehalt des Wirkens des Nazareners. Im Fokus der religiösen Theologie des Völkerapostels stehen der Glaube und die GerechtigkeitGerechtigkeitGottesGerechtigkeit Gottes. Das Neue Testament enthält unterschiedliche theologische Konzeptionen, die sich nicht harmonisieren lassen. Es bietet identitätsbildende religiöse Narrative, aber keine expliziten theologischen Lehren von Gott, Christus oder dem Geist.

Literatur

Jan Assmann: Religion und kulturelles Gedächtnis. Zehn Studien, München 22004.

Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992.

Jörg Lauster: Religion als Lebensdeutung: Theologische Hermeneutik heute, Darmstadt 2005.

Gerd Theißen: Die Religion der ersten Christen. Eine Geschichte des Urchristentums, Gütersloh 2000.

William Wrede: Das Messiasgeheimnis in den Evangelien. Zugleich ein Beitrag zum Verständnis des Markusevangeliums, Göttingen 190141969.

Aufgaben

1 Informieren Sie sich in einer Einleitung in das Neue Testament über den unterschiedlichen Charakter der Evangelien.

2 Lesen Sie Jan Assmanns Studien zur Kanonbildung.

[25]a. Die Theologie der antiken Philosophie

Auch wenn schon im Neuen Testament theologische Deutungen vorliegen, so hat sich doch eine Theologie erst in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten herausgebildet. Einen wesentlichen Einfluss hierauf hatte die Rezeption der antiken PhilosophiePhilosophie. Von ihr wurde der Begriff Theologie geschaffen. Aus der Verbindung von christlicher Botschaft und griechischer Philosophie ging in einem komplexen und sich überlagernden Prozess die frühe christliche Theologie hervor. Die frühchristlichen Denker konnten dabei an die Theologie der Griechen anknüpfen. In Auseinandersetzung mit der polytheistischen Volksreligion arbeiteten griechische Philosophen einen monotheistischen GottesbegriffGottesbegriffGottesbegriff heraus. Gott ist für sie das erste und letzte Prinzip, die UrsacheUrsache (Philosophie) von allem, was ist. Insbesondere der KosmosKosmos und seine geordnete Struktur fungieren als Paradigma der Theologie. Im Unterschied zu dem Gott der jüdisch-christlichen ReligionReligionchristliche, der sich dem Menschen offenbart, ist der Gott der PhilosophenGott der Philosophen durch die VernunftVernunft zu erschließen. Das Göttliche als Ursache des Kosmos ergibt sich aus einem Rückschluss von der WeltWelt. Die wichtigsten philosophischen Theologien, welche einen prägenden Einfluss auf das junge Christentum ausübten, stammen von PlatonPlaton (428/427–348/347 v. Chr.), AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) und der StoaStoa.

In Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Philosophie hatte PlatonPlatonPlaton in der Politeia (Staat) einen philosophischen Gottesbegriff ausgearbeitet. Das wahre Wissen gründet für ihn nicht in dem, was mit den Augen sichtbar oder durch die Sinne wahrnehmbar ist. Derartiges Wissen ist, wie er in dem DialogDialogPhaidon schreibt, stets voll Betrug. Es ist wandelbar und unterliegt dem Schein. Dem wandelbaren Wissen setzt Platon die Ideen entgegen. Sie sind unsichtbar, ewig und wahr. Die Ideen, die allein dem Denken zugänglich sind, sind der Grund des intersubjektiv verbindlichen Wissens. Wahres Wissen besteht in der Erkenntnis der IdeeIdee (Philosophie). In ihr erinnert sich die unsterbliche SeeleSeeleunsterbliche gleichsam der Ideen, die sie vor ihrer Geburt, nämlich ihrer Vereinigung mit dem LeibLeib, geschaut hat. Die Philosophie hat die Aufgabe, das Wissen durch einen Rückgang auf die Ideen als letzte Gründe zu begründen.

Allerdings belässt es PlatonPlaton nicht bei einem Rückgang zu den Ideen als Inbegriff des Wahren, Wesenhaften und Seienden. Er [26]fragt auch nach dem Grund des Ideenkosmos. Ihn nennt er die Idee des GutenIdeeIdee (Philosophie) des Guten. Von ihr gilt, wie es in dem Sonnengleichnis der Politeia heißt, sie gehe noch über das Wesen hinaus. Der letzte Grund alles Wissens ist transzendent. Er ist jenseits von WahrheitWahrheit, Wesen und Seiendem. Mit der Idee des Guten hat Platon einen philosophischen Gottesbegriff ausgearbeitet, in dem das Denken bei seiner Suche nach letzten Gründen gleichsam selbst zum Abschluss kommt. Gott steht hier für eine Aufgabe des Denkens. Es versichert sich in ihm seines eigenen letzten Grundes. Die Platonische Theologie fungiert als Grundlage einer Kritik an den überlieferten Mythen.

AristotelesAristoteles, der Schüler PlatonsPlaton, unterzog die Philosophie seines Lehrers einer radikalen Umformung. Für Platons philosophisches System ist nämlich ein DualismusDualismus von Ideen- und ErscheinungErscheinungswelt konstitutiv. Der Stagirit hingegen hat den platonischen Dualismus in ein empirisches Forschungsprogramm überführt. Statt von Ideen spricht er von der FormForm (Philosophie) (griechisch: morphe). Jede Form setzt etwas voraus, was geformt werden kann, den StoffStoff (Philosophie) (griechisch: hyle). Hieraus resultiert die Unterscheidung von FormForm und Stoff beziehungsweise PotenzPotenz (Philosophie)und AktAkt (Philosophie) (lateinisch: potentia und actus). Der Ausgangspunkt für diese Fassung der philosophischen Grundbegriffe ist die Überlegung, dass in unserem Erkennen der Begriff stets an einen sinnlichen Stoff gebunden ist. Die Ideen sind also nicht, wie Platon annahm, in einem Ideenhimmel zu lokalisieren, sie sind vielmehr den Dingen immanent, wie in unserer Auffassung der Dinge die Begriffe den sinnlichen Wahrnehmungen immanent sind.

Erst die beiden Momente Stoff und FormStoffStoff (Philosophie) und FormForm (Philosophie) zusammen bilden das wirkliche Sein der Dinge. In der Verbindung ist der Stoff die Möglichkeit oder PotenzPotenz (Philosophie) zu allem Wirklichen, die Form aber ist die Verwirklichung dieses Möglichen, der Aktus. Die Form ist also der Zweck. Aristoteles veranschaulicht das Verhältnis von Form und Stoff an dem Marmor, aus dem der Bildhauer die Statue meißelt. Der Marmor ist die Möglichkeit und die Statue die geformte Wirklichkeit.

Aristoteles hat in den Schriften, die später unter dem Titel MetaphysikMetaphysik zusammengefasst wurden, eine förmliche Theologie konzipiert. Sie resultiert aus dem methodischen Grundbegriff seiner Philosophie, der Bewegung. Dieser avanciert zum Prinzip der Erklärung des natürlichen KosmosKosmos und ersetzt PlatonsPlaton[27]an dem Ideenkosmos orientierte *KosmologieKosmologie. Alle Möglichkeit (griechisch: dynamis) strebt nach Verwirklichung. Hierzu bedarf es eines Prinzips, welches die zielgerichtete Bewegung erklärt (griechisch: entelecheia). Diese Funktion übernimmt der aristotelische Gottesgedanke, der unbewegte Bewegerder unbewegte Beweger. Das Göttliche ist für Aristoteles das „erste und vorzüglichste Prinzip“ und wird als reine Wirksamkeit (lateinisch: actus purus) bestimmt. Der aristotelische Gott ist kein Schöpfergott, der wie der platonische Demiurg bei der Erschaffung der WeltWelt den Ideenkosmos in die Materie einbildet, er hält vielmehr die selbst anfangslose Welt in ständiger Bewegung. Damit ist nicht nur der Gottesgedanke von Aristoteles auf der Grundlage seiner empirisch fundierten NaturwissenschaftNaturwissenschaft neu bestimmt, es ist auch ein gegenüber der platonischen Kosmologie neues kosmologisches Paradigma etabliert.

Das göttliche Sein ist für Aristoteles als UrsacheUrsache (Philosophie) und Grund aller Bewegung selbst unbewegt. Im 12. Buch der Metaphysik argumentiert er mit dem Gedanken, jede Bewegung muss eine Ursache haben, auf die man von der Wirkung aus zurückschließen kann. Allerdings kann in dem Rückgang auf die Ursachen der Bewegung kein unendlicher Regress angenommen werden. Es sei unmöglich, so Aristoteles, „dass das Bewegende und selbst von einem andern Bewegte ins Unendliche gehe; denn vom Unendlichen gibt es kein Erstes“. Folglich muss es eine erste Ursache aller Bewegung geben, die selbst unbewegt alles andere bewegt. Das ist Gott: der erste unbewegte Bewegende, das rein Wirkliche. Er ist der Ursprung, an dem der Himmel und die Natur hängen; die göttliche Kraft hält das All zusammen, aber nicht auf eine äußerliche Weise. Gott, als das letztlich Erstrebte, ist in allem Wirklichen anwesend. Der aristotelische Gott ist vollkommen. Er ist reine FormForm (Philosophie), actus purus, reines Denken. Da der Inhalt, den ein vollkommener Gott denkt, nur vollkommen und das Höchste sein kann, so denkt dieser Gott ewig sich selbst. Er hat sich selbst zum Gegenstand seines Denkens.

Die StoaStoaStoa bildet neben PlatonPlatonismusPlatonismus und AristotelismusAristotelismus die dritte wirkungsmächtig wichtige Strömung der antiken PhilosophiePhilosophie. Auf die Formierung des frühchristlichen Denkens hatte sie einen prägenden Einfluss, auch wenn sich deren Grundprämissen nur schwer mit dem christlichen GottesgedankenGottesgedanke vereinigen lassen. Die Philosophie der Stoa, deren Begründer Zenon von KitionZenon von Kition (333–264 v. Chr.) ist, ist fast ausschließlich durch spätere Bruch[28]stücke überliefert. Sie stellt eine Alternative sowohl zu Platon als auch zu AristotelesAristoteles dar und zeichnet sich insbesondere durch den Systemgedanken aus.

Infobox

StoaStoa:

Die Entwicklung des stoischen Denkens wird zumeist in drei Phasen untergliedert, zunächst die alte StoaStoa, eine mittlere Epoche und schließlich die Stoa der Kaiserzeit. Wichtige Vertreter der älteren Stoa sind neben Zenon KleanthesKleanthes (geb. um 331/330 v. Chr.) und ChrysippChrysipp (geb. zwischen 281 und 277 v. Chr.). DiogenesDiogenes von Seleukeia von Seleukeia (ca. 240–150 v. Chr.) und PanaitiosPanaitios (185–110 v. Chr.) sind wichtige Repräsentanten der mittleren Phase, die besonders durch eine Modifikation des älteren stoischen Denkens geprägt ist. Bekannte stoische Denker der Kaiserzeit sind vor allem SenecaSeneca (4 v. Chr.–65) und Marc AurelMarc Aurel (röm. Kaiser 161–182).

Im Zentrum der StoaStoa steht der Gedanke eines Lebens in Leben in Einklang mit der NaturEinklang mit der Natur. Darin besteht das Ziel des philosophischen Strebens. Die gesamte Wirklichkeit wird als ein geordnetes System verstanden. Das wird ausgehend von einem Prinzipiengefüge von Aktivität und Passivität in NaturphilosophiePhilosophieNatur-, KosmologieKosmologie, AnthropologieAnthropologie, EthikEthik und LogikLogik bis hin zur GotteslehreGotteslehre konstruiert. Dabei verstehen die Stoiker sowohl die Prinzipien als auch das durch sie konstituierte Sein einschließlich Gottes als körperliche SubstanzSubstanzen.

Die StoaStoa hat auch eine Theologie ausgearbeitet, deren einflussreichster Bestandteil die Lehre von der VorsehungVorsehungVorsehung (griechisch: pronoia) darstellt. Das Göttliche wird als Universalnatur verstanden, der sowohl eine vernünftige SeeleSeele als auch Glieder zukommen. Es ist im KosmosKosmos und seinen zweckmäßigen Strukturen präsent. Die Welt entspringt gleichsam der Vorsehung Gottes. In der Stoa erhält auch der Theologiebegriff eine weitere Ausdifferenzierung. Die stoischen Denker unterscheiden einen dreifachen Gebrauch (lateinisch: theologia tripertitia): (1.) die mythische Theologie der Dichter, (2.) die physische Theologie der PhilosophenPhilosophen, denen es um das wahre Wesen der Wirklichkeit (griechisch: physis) zu tun ist, und (3.) die politische Theologie, die sich mit der gesetzlichen OrdnungOrdnung, insbesondere mit dem öffentlichen staatlichen KultusKultus befasst.

[29]Literatur

Aristoteles: Metaphysik. Griechisch-Deutsch, 2 Bde., hrsg. v. Horst Seidl, Hamburg 21982/21984.

Robert Bees: Art.: StoaStoa, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, Tübingen 42004, Sp. 1739–1742.

Christian Danz: Wirken Gottes. Zur Geschichte eines theologischen Grundbegriffs, Neukirchen-Vluyn 2007, S. 17–35.

Stefan Dienstbeck: Die Theologie der StoaStoa, Berlin/Boston 2015.

Werner Jaeger: Die Theologie der frühen griechischen Denker, Stuttgart 1953.

Martin Pohlenz: Die StoaStoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde., Göttingen 81992.

ClemensClemens von Alexandrien Zintzen (Hrsg.): Der Mittelplatonismus, Darmstadt 1981.

Aufgaben

1 Verschaffen Sie sich einen Überblick über den Aufbau von Platons Staat.

2 Informieren Sie sich in einer Geschichte der Philosophie über das Denken von Aristoteles.

3 Vergleichen Sie den Theologiebegriff der antiken Philosophen mit dem der frühchristlichen Theologen.

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