Kitabı oku: «Nur die allergrössten Kälber wählen ihren Metzger selber», sayfa 5

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In der Literatur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit kommt auch der Meerochs vor. Das Wort bezeichnet einerseits eines der vielen Meerungeheuer, welche die Meere bevölkerten, bis sie von der wissenschaftlichen Naturkunde daraus vertrieben wurden. Dann war es auch die Bezeichnung für einen grossen Rochen und für das Nilpferd. Letztere wurde aus französischem bœuf de mer entlehnt. Andererseits wurden Tiere als Meerochsen bezeichnet, die jenseits des Meeres lebten, z. B. der Elch, das Zebu und der Büffel. Hier hat der Wortteil Meer- dieselbe Bedeutung wie in den Wörtern Meerrohr und Meerschwein; er bedeutet einfach «von jenseits des Meeres, von weit her».

Dumme Kuh und Hornochse

In der Glosse «Mein Mund, unzensiert» im «St. Galler Tagblatt» vom 12. Dezember 2011 zählt Corina Vuilleumier ihre fünf liebsten Kraftausdrücke auf. An zweiter Stelle steht: «Tummi Chue! (Urschweizerisch, explizit, aber doch nicht zu derb – meine Lieblingsbeleidigung).» Der Ausdruck ist weder urschweizerisch noch harmlos, denn am 17. Mai 2017 berichtete die Düsseldorfer Internetzeitung «report-D»:

«Teuer zu stehen kamen einem Autofahrer seine Beschimpfungen gegenüber Mitarbeitern des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD). Das Amtsgericht verhängte 5000 Euro Geldstrafe für die geäusserten Bezeichnungen ‹Dumme Kuh› und ‹Pappenheimer›.»

Wir Schweizer werden seit langer Zeit mit Kühen in Zusammenhang gebracht, deshalb scheint ein Hornvieh-Schimpfwort eher eine Bagatelle zu sein. Das Innerschweizer Onlinemagazin «zentralplus.ch» berichtet am 30. Januar 2014 über einen Nachbarschaftsstreit und schreibt, blöde Kuh koste nur 100 Franken. Der Einzelrichter wird zitiert mit: «Blöde Kuh ist nicht so ein massives Schimpfwort, da gibt es schlimmere.»

Die Ausdrücke Kuh, dumme Kuh, seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch blöde Kuh, sind jünger als dummes Vieh. Der deutsche lutherische Theologe Daniel Cramer schreibt in seiner Auslegung der Heiligen Schrift von 1625: «Wann man Gottes Wort / als das Liecht unserer Füsse / auss den Augen setzet / so geht man zu wie ein blind Pferd / oder wie ein Tummes Vieh.» Der Strassburger Jesaias Rompler von Löwenhalt tadelt 1647 in einem Gedicht: «Hast / wie ein tummes vieh / der Wollust dich ergeben», und Michael Möbius bemerkt 1658, «wie viele Leute gehen dahin / wie ein tummes Vieh». Wer sich um den Verstand trinkt, wird zum Vieh und zur dummen Kuh, deshalb dichtet der Schweizer Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer 1731 über die Folgen des Alkoholgenusses: «Du machst aus Menschen Viehe, / Aus klugen tumme Kühe.»

Vom Vorwurf du handelst wie ein dummes Vieh ist es nicht mehr weit bis zur Anschuldigung du bist ein dummes Vieh und zur Beschimpfung du dummes Vieh. Im Lustspiel «Der verpfändete Bauernjunge» von 1746 schimpft Catherine ihren Peter: «Ach, du dummes Vieh!» Und im «Tadler nach der Mode» von 1773 beendet der Ausdruck «du dummes Vieh» eine ganze Schimpfkanonade, in der auch das Wort Schöps «verschnittener Schafbock, Hammel» vorkommt:

«Du Esel! du Ochs! du Stockfisch! du ungeschickter Hund! du Strohkopf! du Schöpsengehirn! du Büffelsschädel! du Trampelthier! du Elephantenstirne! du Tanzbär von einem Narren! du dummes Vieh!»

Das Schimpfwort dumme Kuh beginnt seinen Siegeszug im 17. Jahrhundert. Im «Reineke Fuchs» von 1650 findet sich, den Wolf betreffend, der Reim: «Er ging selbst der Schlachtbank zu / gleich wie eine tumme Kuh.» Für den Theologen Johann Feinler ist in einer Predigt aus dem Jahr 1673 sogar die ganze Welt, welche das Unglück eines Krieges nicht bedenken will, eine dumme Kuh: «Solches bedenket die tumme Kuhe / die Welt nicht.» Und im Buch «Worte Gottes» von 1711 droht der mystische Visionär Johann Tennhardt: «Teutschland ist eine dumme Kuh / aber Ich werde den Schlächter schicken / der sie wird in Stücken zerhauen / mit seinen Klauen.» Auch für Gotthelf können noch Männer und Frauen dumme Kühe sein, denn in «Jacobs, des Handwerksgesellen, Wanderungen durch die Schweiz» von 1846/47 sagt eine Romanfigur, die Schweizer «könnten ein gut Leben haben, wenn sie nicht so dumme Kühe wären». Sogar das Glück kann eine dumme Kuh sein; ein Sprichwort sagt: Das Glück ist eine dumme Kuh, es läuft dem grössten Ochsen zu. Heute finden wir Abwandlungen von diesem Sprichwort, nämlich das Glück ist eine blinde Kuh und läuft dem grössten Ochsen zu und die Liebe ist wie eine Kuh, sie läuft dem grössten Ochsen zu oder das Herz, das ist ne doofe Kuh und läuft dem grössten Ochsen zu.

Seit dem 18. Jahrhundert werden in der Regel weibliche Einzelpersonen dumme Kuh gescholten. Crisspine fertigt im Lustspiel «Die Caffee-Schale» von 1748 Catherine ab mit den Worten: «Das verstehst du tumme Kuh nicht.» Auch in «Der Geschäftige» (1752), der deutschen Übersetzung eines Schauspiels des Dänen Ludvig Holberg, braucht der Buchhalter Madsen dumme Kuh in unserem Sinn, wenn er über die Köchin schimpft, welche die Hühner nicht in die Küche lassen sollte: «Die dumme Kuh hat sonst nichts zu thun, als nur darauf Acht zu halten, und sieht nicht einmal zu, dass die Küchenthür zugemacht ist.»

Rindvieh oder dummes Rindvieh meint hingegen in der Regel einen Mann; in einem Buch von 1762 lesen wir: «Den Herrn Professor Zimmermann in Zürich war er verwegen genug ein […] tummes Rindvieh, eine Vipernbrut, einen Drachenkopf und einen wütigen Hund […] zu nennen.»

Neben der dummen Kuh und blöden Kuh findet man heute auch die saudumme bzw. strohdumme Kuh. Im Artikel «Lehrgang für Sklavinnen» vom 9. April 1971 von Christel Buschmann lesen wir:

«Schliesslich und endlich hat man mehrere full-time-Jobs, man ist Nutte, Hausfrau, Mannequin, Bibliothekarin, Innenarchitektin, Modeschöpferin, Psychologin, Geliebte, Mutter, Möbelschlepperin, Putzfrau und – eine saudumme Kuh.»

Strohdumme Kuh und Doofkuh scheinen Lieblingswörter für Wutbürger zu werden, die Politikerinnen und andere Feindinnen im Netz anonym verbal attackieren, z. B. in einem Kommentar vom 3. Dezember 2016 zu einem Artikel auf «pi-news.net»: «Die Frau von der Leyen ist eine strohdumme Kuh.» Die saublöde Kuh ist literaturfähig geworden, z. B. in Urs Widmers Stück «Top Dogs» von 1997: «Ich bin halt ein kleines Dummchen, ein Schäfchen, eine Kuh, eine dumme, saublöde Kuh.» Auch die noch etwas vulgärere scheissblöde Kuh finden wir in Sven Regeners Roman «Herr Lehmann» von 2001: «‹Scheissblöde Kuh›, sagte Herr Lehmann und wandte sich dann wieder an den Hund.»

Ab und zu begegnet man in den schweizerdeutschen Mundarten noch der Chleechue, die bereits im dritten Band des «Schweizerischen Idiotikons» von 1895 nur noch als «Schelt- oder Spottname für eine unbehülfliche, dumme Weibsperson» aufgeführt ist, ursprünglich, z. B. in der «Ökonomischen Encyclopädie» von 1815, aber eine mit Klee gefütterte Kuh meinte. Im Stück «De Franzos im Ybrig» (1991) von Thomas Hürlimann schimpft eine Figur: «Die het ja en Hau, die pseudogebildet Chleechue!»

In der Appenzeller Mundart konnte man auch einem Mann sagen: Bischt e strooligi Chuebaabe «du bist ein erzdummer Kerl». In den Mundarten der deutschsprachigen Schweiz, des Rheinlands und der Pfalz hat sich das Wort chuetumm, koudumm, kuhdumm entwickelt. Vo däm versteit dää sövu win es chrumms Chüehoorn meinte «davon versteht der nichts»; im 17. Jahrhundert konnte man behaupten, jemand habe einen Verstand wie ein krummes Kuhhorn. Das isch nu eso mi Chüemeinig «meine dumme, ungereimte Ansicht», sagte man im Zürichbiet.

Chuefüdle ist in vielen Mundarten der deutschsprachigen Schweiz eine spasshafte Bezeichnung für einen Dummkopf; auch der Ausdruck d Chue mache «Spass machen, sich ungebärdig benehmen» ist weit verbreitet. Er wurde von Jakob Hunziker bereits 1877 ins «Aargauer Wörterbuch in der Lautform der Leerauer Mundart» aufgenommen: d’chue mache «sich ungeberdig aufführen». In anderen Mundarten sagt man eher ds Chalb mache oder s Chalb ablaa; eine Dummheit, ein Spass ist eine Chalberei. Kälberei, oft mit dem Nebensinn der Zügellosigkeit, ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. Der Publizist Christoph Gottlieb Richter lässt in seinem Buch mit dem Titel «Die Redende Thiere über Menschliche Fehler und Laster» von 1738 den Bären sagen:

«Solche Kälberey, oder Katzen-Rammeley, wie man das Laster etwan nennen soll, rührt bloss von der Geilheit her, dazu die gute Tage, und kummerlosse Stunden, nebst guten Essen, und Trincken die Anreitzungen dazu geben.»

Sage ich jemandem, der mich mit einem Spass zum Lachen gebracht hat, du bisch doch es Chalb, es tumms Chalb oder e Chalbschopf ist das eher zustimmend oder anerkennend gemeint. Im Schweizerdeutschen ist Alpenkalb, Alpechalb noch recht häufig; in Gerold Späths «Mein Lac de Triomphe» von 2007 wird jemand tituliert mit «du Alpechalb, saudummes! Du heilandsdonner Schafskopf! Du bist wahrlich ein Tschumpel bistu!» Historisch gesehen ist die Titulierung Kalb bzw. dummes Kalb jedoch nicht weniger aggressiv als dumme Kuh. Im Buch «Die Verklärung Jesu in seiner Braut» von 1734 lese ich: «Du hast mich gezüchtiget / und ich habe die Züchtigung ausgestanden / aber ich bin noch eben wie zuvor ein tummes Kalb / darum lehre du mich Busse.» Ein Junker jagt in einer Schrift Pestalozzis bittende Bauern fort mit den Worten: «Ihr seid Kälber, packt euch zur Thür hinaus.» Ein schlechter Arzt, ein Quacksalber wurde Kälberarzt gescholten: «Salbenkrämer / Kräuterer / Kälberartzt / Zahnbrecher / […] so doch für keine rechten Aertzt zu halten» seien, schreibt ein Autor 1648.

Auf die sprichwörtliche Dummheit des Kalbs bezieht sich der Ausspruch nur die allergrössten Kälber wählen ihren Metzger selber. Obwohl er oft mit der Weimarer Republik in Verbindung gebracht wird, hat ihn wohl Christian Wiedmer, der Signauer Schlosser und Redaktor des «Emmenthaler Wochenblatts», geprägt. Am 22. November 1850 setzte er ihn als Teil eines satirischen Gedichts zur Wahl des konservativen Metzgermeisters Sigmund Karl Stooss in den Berner Regierungsrat in die Zeitung. Die Satire brachte ihm vier Tage Gefängnis ein. Im Jahr 1874 war der Ausspruch bereits in Wien und 1876 in Berlin belegt.

Alt und bis ins letzte Jahrhundert gebräuchlich war Kalb Mosis, in unseren Mundarten auch Chalb Mosi oder Mosi-Chalb, mit der Bedeutung «dummer, einfältiger Kerl». Der Ausdruck bezieht sich auf das goldene Kalb, das Moses’ Bruder Aaron aufstellen liess, als sich Moses auf den Berg Sinai begab. Franz Xaver Sperl erklärt in seinen «Sprichwörtlichen Redensarten» von 1824: «Er ist ein Kalb Mosis, ein dummer, kindischer, auch muthwilliger junger Mensch.» Das Schimpfwort Mooskalb, Mooschalb «dummer Mensch», das auch Gotthelf verwendet, ist wohl eine verschliffene Form von Mosi-Chalb.

Zu einem Schimpfwort wurde zudem das Osterkalb, Oschterchalb, das ursprünglich ein an Ostern geschlachtetes Kalb bezeichnete, dann auf diejenigen übertragen wurde, welche nicht in gehöriger Weise an den Osterfeierlichkeiten teilnahmen. Alles, was Atem habe, solle Gott loben, schreibt ein Geistlicher 1712, «niemand bleibe ein unverständiges tummes Oster-Kalb». Insbesondere die Kinder, die auf Palmsonntag oder Ostern keine neuen Kleider erhielten, wurden als Oschterchälber oder Oschterchüeli verspottet. In einem Text des Zürcher Oberländers Jakob Stutz (1801–1877) wird einem Knaben ein «Ostergwändli» versprochen, und der Knabe jubiliert: «Huppeli hee, iez gib i denn ase keis Osterchalb.» Doch bereits 1647 ist das Wort als reines Schimpfwort belegt: «Du Osterkalb, Narr, Firlifanz!»

Eine besondere Geschichte hat die Bezeichnung Mondkalb. Als Mondkalb, älter Monkalb, bezeichnete man in der Medizin ursprünglich eine verhärtete Leibesfrucht, die mit der Fachbezeichnung Mola oder Mole benannt wurde. Der Arzt Johann Nicolaus Pfitzer beschreibt in seinen «Zwey sonderbaren Büchern von der Weyber Natur» von 1673 unter den Fehlern und Irrtümern, die sich bei der Empfängnis ereignen können, «die Gewächse in der Mutter / ungestalt / unformlich / welche Paræus Mondkalb / die Lateiner Molam nennen / vielleicht von dem Griechischen Wörtlein móle, welches einen Mühlstein bedeutet / mitzunehmen; dieweil nemlich diese Mola oder Mohnkalb / den Schwangern gleich als ein schwerer Mühlstein manchmaln zutragen beschwerlich fället». Diese Beschreibung gleicht derjenigen von Thomas Bartholin in seinen «Ungewöhnlichen anatomischen Geschichten» von 1657 im Kapitel «Von einem Mon-Kalb in der schwürigen Bärmutter eines Mägdleins». Jean Baptiste van Helmont schreibt in seinem «Aufgang der Artzney-Kunst» von 1683 vom «Mon-Kalb (molam)», ebenso Petrus Ramus in seiner «Professio regia» von 1576: «Molæ, eins mon Kalbs».

Bereits im 17. Jahrhundert wird Mondkalb im Sinne von «Missgeburt, Dummkopf» als Schimpfwort gebraucht, z. B. in der Widerlegung von Christoph Becmann durch Jakob Martini im Jahr 1644. In Christoph Martin Wielands Roman «Don Silvio von Rosalva» von 1764 ruft Pedrillo aus: «Ein solches Mondkalb heirathen? Euer Gnaden müsste ja gar den Verstand verloren haben!» Dabei gilt es zu beachten, dass Shakespeare Caliban, Prosperos missgestalteten Diener, im Stück «Tempest» von 1623, moon-calf nennt, was in den deutschen Übersetzungen des 18. Jahrhunderts immer mit Mondkalb übersetzt wird. Vielleicht ist für Mondkalb als Schimpfwort Shakespeare Pate gestanden. Das «Wörterbuch der Idiome» (idiome.deacademic.com) erläutert: «Er ist ein Mondkalb: er ist sehr dumm, einfältig.» In Friedrich Glausers Roman «Der Chinese» von 1939 sagt Dr. Buff: «Will so ein junges Mondkalb … Ja! Ein Mondkalb, ich beharre auf diesem Wort … mir altem Arzt erklären, wo es sich um einen Mord handelt.» Der Artikel «Ein Fluch in Ehren» im «Migros-Magazin» vom 22. April 2013 behauptet: «Die zürcherstämmigen Redaktorinnen und Redaktoren ziehen beim Schimpfen den ‹Schafseckel›, die ‹blödi Täsche› oder das ‹Mondchalb› vor.»

Das Mondkalb machte auch in der Kultur Karriere: In Christian Morgensterns Galgenlied «Das ästhetische Wiesel» von 1905 kommt es vor, 1920 erschien der Roman «Moon-Calf» von Floyd Dell und auf die Leinwand schaffte es das Mondkalb in der amerikanischen Science-Fiction-Komödie «Das Mondkalb» von 1966 sowie im deutschen Film «Mondkalb» von 2008.

Doch nicht nur die Tiere selbst, sondern auch ihr Kot liefert Stoff für Schimpfwörter. Beim Dramatiker Hans Salat (1489–1561) ist Küdreck ein Schimpfwort. Meinrad Lienert braucht im «Flüehblüemli», seiner Sammlung von Mundarterzählungen von 1891, sogar die Bezeichnung Chüedräckstampfer für «Bauer». Belegt ist auch Chüedräckeler. Der Bauer muss den Kuhmist ja nicht nur aus dem Stall auf den Mist schaffen. Mit Kuhmist düngt er seine Felder, was früher noch Handarbeit mit der Gabel war. An steilen Hängen musste er den Mist mit dem Rückentragkorb austragen.

Der tellerförmige Kuhfladen ist in meiner Mundart ein Chueplätter; hat ihn die Sonne ausgedörrt, ist es ein Sunnechueche. Andere Mundartbezeichnungen sind Pflütterlig, Plätter(e), Plätterlig, Plütterlig, Fläderlig, Tätterlig, Teisch oder Teischlig. Eine faule Frau konnte man im Baseldeutschen Kuedeisch oder Blättere schimpfen, schon bei Johann Jakob Spreng in seinem «Idioticon Rauracum» von 1768: «Kühtaisch, (der), Kühflade. Ist auch ein Schimpfname schwärer und fauler Weibsbilder.» In Gotthelfs Erzählung «Michels Brautschau» fährt eine resolute Frau ihren Mann an, er solle nach den Mädchen schauen, mit den Worten: «Geh, sieh, wo die Blättere bleiben!»

Den Reigen der Schimpfwörter für einen dummen Menschen schliesse ich mit dummer Ochs und Hornochs(e) ab. Dummer Ochs ist seit dem 17. Jahrhundert belegt; in einem Text von 1700 wird einem Mann vorgeworfen, dass er «ein tummer Ochs und Fantaste» sei. Der Hornochs(e) ist schwieriger zu fassen. Adelung schreibt in seinem um 1800 entstandenen «Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart»: «Figürlich ist in den niedrigen Sprecharten das Wort Ochs ein Scheltwort so wohl eines groben und ungeschickten, als auch eines dummen Menschen beyderley Geschlechtes. Ein grober Ochs. Ein dummer Ochs.» Das Wort Hornochs kommt bei ihm nicht vor. Einen der frühesten Belege für das Wort liefert das Buch «Sinnverwandte Wörter» von 1819 und es fügt folgende Erklärung bei:

«Hörner nämlich, als eigenthümliche, unterscheidende Theile des Körpers vernunftloser Thiere, mussten, einem Menschen beigelegt, ganz natürlich andeuten, dass derselbe einem vernunftlosen Thiere ähnlich, dass er einfältig oder dumm sey. Daher ist es in der niedrigen Sprechart des gemeinen Lebens noch jetzt ein Kraftausdruck, einen recht dummen Menschen ein Hornvieh, einen Hornochsen oder hornochsendumm zu nennen, so wie man auch von dem, der durch Erfahrung noch nicht gewitzigt ist, sagt: er habe sich die Hörner noch nicht abgelaufen; und eben daher konnte es eine beschimpfende Strafe seyn, Jemanden Hörner im eigentlichen Sinne aufzusetzen, und ihn so öffentlich auszustellen.»

Im «Deutschen Schimpfwörterbuch» von 1839 ist neben Hornochs noch hornochsendumm, Hornochsenkerl, Hornochsenluder, Hornochsenmensch, Hornochsenrindvieh und Hornochsenvieh aufgeführt.

Ochsenkopf ist bereits seit dem 17. Jahrhundert für «Dummkopf» belegt. Der Barockprediger Abraham a Sancta Clara (1644–1709) erklärt: «Wir Teutschen pflegen einen ungelehrten Menschen, in dessen Hirn Stroh und Stramen beisammen, einen Ochsenkopf zu nennen», wobei Stramen aus lateinisch strāmen «Streu, Stroh» entlehnt ist.

Die Kuh in Wörtern und Redensarten

In einem modernen Wörterbuch, z. B. im dreibändigen Duden-Buch «Die deutsche Sprache» von 2014, findet man wenig zusammengesetzte Wörter auf Kuh-, die nicht direkt mit der Viehhaltung zu tun haben. Ein grosses, meist braunes menschliches Auge, das abwesend blickt, wird Kuhauge genannt. «Kuhauge» ist der Titel des ersten Bandes der Romantrilogie «Eine Erziehung in Deutschland» von Fritz J. Raddatz.

Ein Stemmeisen, dessen unterer Teil klauenförmig nach vorne gebogen ist, nennt man Kuhfuss, aber auch Geissfuss oder Ziegenfuss. Mit ihm kann man grosse Nägel ausziehen.

Ein abgelegenes Dorf, in dem nichts läuft, ist ein Kuhdorf oder ein Kuhkaff. Die «Rothenburger Rundschau» setzt am 28. April 2014 über einen Artikel, der von einem Open-Air-Kino berichtet, den Titel «Kuhdorf oder Metropole?». Ein Thurgauer frotzelt in einem Chat über die Landesgrenze hinaus in den deutschen Hegau, er würde, wenn er könnte, Konstanz einnehmen, «damit de Kanton Thurgau au endli en richtigi Hauptstadt het (und nöd nur es Chuekaff mit Beamtestube)». Das Chuekaff ist Frauenfeld.

Kuhblume bzw. Kaublaume oder Chueblueme nennt man in einigen Dialektregionen die Butterblume oder den Löwenzahn. Kuhwarm ist die Milch, die aus dem Euter der Kuh kommt; davon geht Robert Musil aus, wenn er die Vorstellung eines «kuhwarm produzierenden» Dichters kritisiert, «aus dem die Kunst warm hervorschäum[t]».

In einigen Deutschschweizer Mundarten nennt man die Marienkäfer mit Bezeichnungen, deren zweiter oder dritter Wortteil ein Diminutiv von Kuh ist: Hereloobeli im Appenzellischen, Hergotteloobeli im St. Gallischen, Hergottechüeli vielerorts, Frauechüeli im Schaffhausischen, Appenzellischen und St. Gallischen, Maiechüeli im Thurgauischen und Murechüeli im Schaffhausischen.

Der bäuerliche Kuh-Wortschatz ist vor allem in den Mundarten sehr umfangreich. Er reicht in den Schweizer Mundarten von Chüealp über Chueässet bzw. Chueläbtag «was eine Kuh auf der Alp oder im Jahr an Heu frisst» und Chüegaumer «Viehhüter» bis zu Chüemenni «Kuhgespann», von menne «mit Zugvieh fahren», Chueteil «Hausteil, in dem der Kuhstall ist» und chuewitoffe «so weit offen, dass eine Kuh bequem hineingehen kann». Auch Zusammensetzungen mit -kuh als zweites Element, welche mit der Rinderzucht zu tun haben, sind sehr häufig, von Arbeitskuh über Kampfkuh, Leitkuh und Prämienkuh bis zu Stallkuh, Weidekuh und Winterkuh «Kuh, die im Winter Milch gibt».

Wie wichtig das weibliche Rindvieh einst für uns war, zeigen nicht nur Familiennamen wie Kuh, Küher, Kuhfuss, Kuhmann, Küstahler, Kuhweide, Rinderer, Rindle, Rindler, Rinderknecht, Rindermann, Rindfleisch, Viehofer, Viehweg, Viehweger, sondern auch Orts- und Flurnamen wie Kühalp, Kühberg, Kühboden, Kühdorf, Chüematt, Kühstelle, Chüestelli, Kuhweg, Rinderalp, Rinderberg, Rinderbüel, Rindersteig, Rinderwald, Rinderweid, Vehboden, Vehweid.

Eine lange Geschichte hat der Ausdruck blinde Kuh. Er bezeichnet, neben den selteneren Bezeichnungen Blinzelkuh und Blinzelmaus, ein Spiel, in dem man jemanden mit verbundenen Augen Mitspieler suchen lässt. Das Spiel ist in der deutschen Sprache seit dem späten Mittelalter belegt und auch auf Pieter Breughels Bild «Die Kinderspiele» aus der Zeit um 1560 zu sehen. Luther schreibt von «der blinden kue spielen» (1530) und in Jakob Ayrers Komödie «Von zweyn Brüdern aus Syracusa» von 1618 sagt Jahn:

«Ir Herrn, wann es euch alln gefellt, / So darfs des rechnen nid so vil, / Das man jetzt der blinden Kuh spil. / Der Kellner sey die blinde Kuh / Dem wöll wir binden die augen zu. / Der soll unter uns ein fangen: / Wen er am ehstn thut erlangen / Der sol unser aller Wirth (Gastgeber) sein.»

Im 17. und 18. Jahrhundert war das Spiel unter Erwachsenen sehr populär, weil es das Herumfummeln am anderen Geschlecht erlaubte. Wie beim alten Robinot, der die junge Claudine heiraten will und der im Lustspiel «Die blinde Kuh» von 1778 zu Mathurin sagt: «Kannst du dirs wohl vorstellen, ich selber, so alt ich bin, spiele doch noch zuweilen ganze Stunden lang mir ihr und meinem Gesinde blinde Kuh.»

Weshalb das Spiel Blindekuh heisst, ist nicht klar. Bereits in einem Lexikon von 1623 erklärt Andreas Corvinus das griechische Wort Myinda, das zu myein «kurzsichtig» gehört, mit «das Spiel / so man nennet die blinde Kuhe / oder die blintzelmauss». Auch im «Antiquitaeten-Lexicon» von 1719 erklären die Autoren zu Myinda:

«War bey denen griechischen Kindern das Spiel, so wir noch heutigen Tages die blinde Kuh nennen, da sich einer die Augen verbinden lässt und nach denen andern läufft. Wen er erhaschet, der muss an seine Stelle blinde Kuh werden.»

Ginge es, wie oft behauptet, auf ein Spiel mit einer Kuhmaske zurück, würde man es auch in anderen Sprachen so nennen, aber auf Französisch heisst es colin-maillard (seit dem 16. Jahrhundert), wobei Colin eine Kurzform von Nicolas und Maillard ein Nachname ist. Selten poule aveugle «blindes Huhn» (1685). Auf Italienisch moscacieca «blinde Fliege» (seit dem 17. Jahrhundert), auf Spanisch gallina cieca «blindes Huhn» und auf Englisch Blindman’s Buff «Stoss des Blinden». Seit 1997 ist Blinde Kuh eine Internet-Suchmaschine für Kinder (blinde-kuh.de), und Blinde Kuh bzw. Blindekuh nennen sich Dunkelrestaurants in Basel und Zürich.

Von den einst sehr häufigen Kuh-Redensarten sind nur ganz wenige heute noch gängig: Nicht für alle Deutsch Sprechenden sind nachts alle Katzen grau, für einige sind nachts alle Kühe schwarz. Ist es sehr finster, können wir sagen es ist finster wie in einer Kuh, finster wie in einem Kuhbauch, kuhfinster oder kuhranzenfinster.

Wer ein schwieriges Problem löst, kriegt die Kuh vom Eis. Abraham Tendlau zählt 1860 wie kommt die Kuh vom Eis unter die Sprichwörter und Redensarten deutsch-jüdischer Vorzeit und erklärt: «Als ermahnenden Zuruf an den Trägen. Der träge Mensch kann nicht von der Stelle kommen, wie eine Kuh, die sich auf dem Eise befindet.»

Bereits in Johann Christian Blums «Deutsche Sprichwörter» von 1780 findet man die Redensart Kühe machen Mühe «man muss sich anstrengen, wenn man den Nutzen haben will». Wohl ohne diese Redensart gekannt zu haben, kalauerte der Schweizer Komiker Peach Weber in den 1980er-Jahren: «Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe.» Der Kalauer machte Geschichte, denn 2013 veröffentlichte die deutsche Landtierärztin Astrid Brandl ein Buch mit diesem Titel.

Bekam jemand von einer Speise nur wenig, konnte er klagen, das isch grad wi enere Chue e Mutschgetnuss. Glichen zwei Geschwister einander nicht, spöttelte man, si gliichen enang win e Chue enere Mutschgetnuss. Redensarten, in denen eine Kuh mit Muskaten oder Muskatnuss in Verbindung gebracht wird, sind seit dem 16. Jahrhundert bei Luther belegt. Das ist erstaunlich, denn Muskatnuss, obwohl seit dem 13. Jahrhundert im Handel, war rar und sehr teuer. Auch brauchte man in Silber gefasste Muskatnüsse zuweilen als Gewichte: «ein eingefasst muskat mit silber» lautet ein Quelleneintrag von 1550 im Klosterarchiv Einsiedeln.

In seinen Tischreden braucht Luther unter dem Titel «Weltleute achten des Evangelii nicht» die Redensart «was sol der Kuhe Muscaten / sie isset wol Haberstro». In zwei anderen Schriften behält er die Frageform bei, ersetzt aber die Kuh durch die Sau. In der Schrift «Wie das Gesetze und Evangelion recht gründlich zu unterscheiden sind» lautet die Redensart «was sol einer saw ein muscaten» und in «Auff das schreien etlicher Papisten» stehen die Schweine in der Mehrzahl, «was solt der Sew muscaten». Auch beim Zürcher Reformator Heinrich Bullinger findet sich «kein kue acht keiner muscat nit» bereits im Jahr 1533. Der Solothurner Theologe Johannes Aal lässt in seiner Johannestragödie von 1549 den Narren sagen: «Wiewoll ich bin ein grosser Lapp, steckt so vil witz in myner kapp, als vil ein kue hat muscat gfressen.»

Auf die Redensarten Luthers bezieht sich der Strassburger Dichter Wolfhart Spangenberg in seinem Buch «Anmütiger Weissheit Lust-Garten» von 1621 und erklärt, man brauche sie, «dass man denen / die sich umb ein sach nicht verstehen / denen es nichts nutzet / und sich wol mit etwas geringers abfertigen lassen / nicht eben das beste müsse vorsetzen und vergeblich an sie wenden». Sie meinen also im Ganzen dasselbe wie die Redensart Perlen vor die Säue werfen, die bereits in der lateinischen Bibel des Mittelalters, der Vulgata, vorkommt.

In den folgenden Jahrhunderten sind die Redensarten um die Kuh und die Muskatnuss, die von Anfang an viele verschiedene Formen annehmen, gut belegt und sie halten sich in den Mundarten bis in die neuste Zeit. Johannes Agricola nimmt in seine Sammlung von 1534 das Sprichwort «was soll der Kue ein Muscatnuss» auf. Das Buch «Predicanten Teutsch» von 1608 fragt, «aber was soll einer Kuh Muscatnuss / oder einer Saw Perlen», der Mediziner Daniel Mögling in seinem Rosenkreuzerbuch von 1617, «was soll der Kuh eine Muscaten / oder dem Esel ein Lauten» und der Arzt Johann Christoph Wentzel im «Historischen Redner» von 1711, «was soll der Kuhe Muscaten, und dem Pferde der Saffran». In seiner Sammlung schweizerischer Sprichwörter «Wahrheit und Dichtung» von 1864 führt Melchior Kirchhofer zwei Kuh-Muskatnuss-Redensarten auf: «Er weiss so viel von dem, als eine Kuh von der Muscatnuss, und ein Esel von einer Feige» und «Was soll der Kuh eine Muscatnuss? Es thut ihr genug ein Löcklein Heu.» Man findet Varianten der Redensart im «Pfälzischen Wörterbuch»: «er versteht vun de Sach soviel wie die Kuh vun de Muschkatnuss» und im «Südhessischen Wörterbuch»: «Doo vestehste so veel devoo wie die Kuh vun de Muskatnuss». In der Schweiz sagen wir eher, er verschteit sövu win e Chue vom Tanze. Walter Chemnitz schreibt im Roman «Das schwarze Schicksal» (1927) von Scharlatanen, «die vom Schiessen so viel verständen, wie die Kuh vom Tanzen».

Die Redensart das geht auf keine Kuhhaut «das übersteigt jedes normale Mass» bezieht sich ursprünglich auf Geschriebenes und stammt aus dem Mittelalter, als man noch von Hand auf Pergament schrieb. Pergament guter Qualität wurde in der Regel aus den Häuten von Schafen, Ziegen und Kälbern hergestellt, deshalb nannte man das Pergament in der deutschen Sprache auch Kalbs- oder Kälberhaut. Etwas Kälberhaut sein lassen meinte, die Vorschrift steht zwar auf dem Pergament, aber man beachtet sie nicht. Hundshaut und Kuh- oder Kühhaut sind als Spottbezeichnungen für schlechtes Pergament belegt.

Auf einem Graffiti aus dem 14. Jahrhundert in der Stiftskirche St. Georg auf der Insel Reichenau ist zu sehen, wie ein Teufel das «plapla» der «tumben wibun (dummen Weiber)» auf eine Kuhhaut schreibt. Redensart und Graffiti verweisen auf ein Exempel, d. h. eine ausschmückende Geschichte, die in einer um 1200 verfassten Predigt des französischen Kardinals Jacques de Vitry steht. Sie erzählt, wie ein Priester während einer Predigt einen Teufel mit Zähnen und Händen an einem Pergament zerren sieht. Der Teufel erklärt auf die Frage des Priesters, er habe das unnütze Schwatzen in der Kirche aufzuschreiben und dafür reiche ein gewöhnliches Pergament nicht, es sei zu klein. Was der Teufel aufschreibt, soll beim Jüngsten Gericht als Belastungsmaterial dienen, denn schwatzen während des Gottesdiensts ist eine Sünde.

Der Theologe Caspar Titius erzählt in seinem «Theologischen Exempel Buch» von 1633, wie der Teufel «eine grosse Kühhaut» vor sich hat und «schreibet alle wort auff / welche sie miteinander unter der Predigt reden». Und er warnt, «was es für grosse Sünde ist / unnütze reden treiben / und sonderlich in der Kirchen / wenn Gottes Wort geprediget wird / solches zeichnet der Teuffel auff / und bringets für Gottes Gerichte / dass sie am Jüngsten Tage dafür rechenschafft geben müssen». In Johann Rudolf Wyss’ «Idyllen, Volkssagen, Legenden und Erzählungen aus der Schweiz» von 1815 ist die Kuhhautgeschichte mit der Kirche Einigen verbunden.

Auf diese Geschichte geht die Redensart das geht auf keine Kuhhaut zurück, die sich zuerst immer auf Sünden bezieht. Sie kommt bereits in der Literatur des 16. Jahrhunderts in verschiedenen Formen oft vor. Der Reformator Martin Luther schreibt: «Bin ein […] Ubertretter aller Gottes gebot / und ist meiner Sünden (leider) so viel / das sie freilich auff eine grosse Kuehaut nicht alle kündten geschrieben werden.» Der lutherische Theologe Matthias Flacius (1520–1575) spottet über «Ablasse / welche man kaum auff eine Kuehaut ordentlich schreiben köndte». Auch in einer Schweizer Quelle aus dem 17. Jahrhundert ist die Redensart belegt:

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370 s. 1 illüstrasyon
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9783305005017
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
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