Kitabı oku: «Ace in Space», sayfa 2

Yazı tipi:

»I–, nein, will keinen Stress, nur in Ruhe mein Bier trinken.« Alle Corp-Strategien, die sie kannte, um flüssig zu sprechen, waren vergessen. Andererseits hätte es hier auch kaum geholfen, wenn sie den Satz gesungen hätte. Also stotterte sie ihn.

Und so sicher wie das Prost in der Bar lachte Nean sie aus.

»Ru-ru-ru-ru«, äffte Tabs sie zeitgleich nach. »Jetzt hast du die Prinzessinnenhosen voll, was?«

Danai hasste nichts im Leben so sehr wie dieses Nachäffen. Für sie war es nicht einfach Spott, wie er eben unter Jockeys, unter Pilotinnen, unter Angetrunkenen üblich war; für sie war es wie das Aufstoßen einer Tür zu all den vergangenen Schmähungen, und schlimmer noch: zum Ärger über sich selbst, nicht einfach normal sprechen zu können, zur Frage, ob sie es nicht einfach genug wollen musste, damit es doch klappte. Irgendwo musste dieser Zorn jetzt hin. Pech für die erbärmlichen Prospects. Leider blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als diesen drei Affen die Fressen blutig zu schlagen. Tabs, auf die sich ihre Wut fokussierte, war allerdings außer Reichweite. Sie nahm das zweitbeste Ziel: den vorgebeugten Nean und sein fieses Lachen. Ihre Faust traf ihn voll; ohne auszuholen ließ sie die Rechte vorschnellen und pflanzte sie seitlich in seine Fratze, wie einen brutalen Kuss direkt auf den Wagenknochen. Die Wucht des Hakens riss den Kerl von den Beinen. Er knallte am Tischrand auf und glitt dann unkoordiniert mit den Armen rudernd zu Boden.

Noch in der Schlagbewegung war Danai aufgesprungen, aber Tabs hatte auch keine Sekunde gezögert. Sie packte Danai am gefütterten Kragen ihrer Fliegerjacke. Zum Glück verließ sich die Prospect dabei vor allem auf ihre verstärkten Cybermuskeln. Danai stieß einmal mit dem Kopf nach hinten, um den Reflexmodder einzuschalten und spürte dann das rauschartige Gefühl, als ihre körperlichen Reaktionen übermenschlich beschleunigten.

Dazu kam ihr Training im Hadrona, der bei Hadronic Inc. favorisierten und für alle Mitglieder der Streitkräfte obligatorischen Kampfkunst. Sie drehte sich seitlich und schlug in einer raschen Bewegung mit dem Ellbogen von oben auf die sie greifenden Arme. Schon war sie dabei um den Tisch, bekam Tabs’ Kopf zu fassen und drückte fest zu, ein Griff wie in einem Schraubstock. Danai fühlte die aus Schmerz und Orientierungslosigkeit geborene Panik ihrer Gegnerin. Die Frau tastete wild herum, griff sich eine Flasche und zerschmetterte sie auf der Tischplatte.

»Stopp!«, schrie Kian. Tatsächlich atmete Danai einmal tief ein und ließ von Tabs ab, bevor das hier in einer blutigen Sauerei für eine von ihnen beiden gipfeln würde.

Tabs hielt den Flaschenhals, der in messerscharfe Glassplitter auslief, in der rechten Hand, und rieb sich mit der anderen den Kopf. Nean hievte sich mühsam hoch, setzte sich auf den Tisch und hielt sich den Kiefer. Eine Menge Augenpaare aus dem Raum richteten sich auf das Geschehen. Marlene schlug einer Frau im Mecha-Overall das vermutlich immer noch filmende Tablet aus der Hand.

Keine Pics von ihrer Tochter.

Während Danai noch für einen Wimpernschlag dankbar für diese rasche Reaktion war, stellte sich Kian zwischen Tabs und Danai, hielt beide Kontrahentinnen mit den Armen auf Abstand.

»Stopp!«, wiederholte er. »Regt euch mal ab! Wenn ihr euch die Fressen einschlagt, wissen wir am Ende doch immer noch nicht, ob unser Prinzesschen den Jockeyposten verdient hat oder nicht. Wir klären das HOTAS, im Cockpit.«

Danai nickte, zufrieden mit der Entwicklung. » Ich gegen euch drei Witzfiguren.«

Tabs spuckte aus. »Lern du erstmal, ›Witzfiguren‹ graderaus zu sagen, Missy!«

Danai spürte den Zorn wieder in sich aufsteigen, diesmal aber kälter, geduldiger, berechnender. Kian funkelte seine Bro an. »Gegen uns drei gleichzeitig?«, wandte er sich dann an Danai. »Vielleicht besser, wenn du früh merkst, dass du nicht unbesiegbar bist. Wenn du die Abreibung unbedingt auf diese Weise kassieren willst, sind wir dir ergeben zu Diensten und verpassen sie dir morgen nach dem Frühstück. Wir treffen uns auf dem Flugdeck.«

Danai nickte. »Null Neunhundert

Kian pfiff verächtlich. »Corps-Gelaber. Ja, ungefähr. Kann auch was später werden, ich schlaf gern aus.«

»Wir werden sehen, Prophet«, sagte sie.

»Mein Callsign ist Marauder!«

»Schon klar, Prophet.« Jockeys konnten natürlich versuchen, ein Callsign für sich zu etablieren. Aber wenn sich eine Staffel einmal auf einen Rufnamen eingeschossen hatte, wurde man den nicht los, und Danai hatte ein Gespür dafür, wann ein Callsign dabei war, sich einzuschleifen. Kian wandte sich zum Gehen. Nean war schon verschwunden, vermutlich auf der Suche nach einem Beutel Eis, während Tabs immer noch unschlüssig herumstand. Die zerbrochene Flasche hatte sie zu Danais Erleichterung wieder auf den Tisch gelegt. Kian drehte sich um und richtete sich noch einmal an sie: »Apropos Callsign: ich will wissen, wen ich morgen in meiner Zieloptik haben werde, Frischling. Um Null Neunhundert. Epsilon-17, oder wie immer ihr euch in der Konzernfliegerei so nennt, is‘ hier nicht. Wie nennen wir dich unter Daredevils im Cockpit?«

Sie hatte sich bereits Gedanken dazu gemacht. Natürlich: Ein Callsign war essenziell in der Jockeykultur, sie kannte die Klischees.

Bisher war ihr nichts eingefallen.

Icarus, die mit brennenden Flügeln mit ihrer Flugkunst zwischen Sonne und Meer bestehen musste? So hatte ihre erste Freundin auf der Flugakademie sie genannt. Nein. Keine Worte mit I am Anfang.

Proton? Sie schüttelte den Kopf, das erinnerte zu sehr an ihre Hadronic-Vergangenheit.

Hummingbird, passend zu einigen ihrer besseren Manöver? Zu platt.

Vortex, die die Falschen in den Abgrund zieht? Nein, keine Lust auf ständige Gewissenbisse. Sie hatte nur Befehle befolgt.

Sie entschied sich spontan für etwas anderes – etwas, das die Staffel sicher problemlos akzeptieren würde.

»Princess«, antwortete sie. Sie sprach es aus, ohne zu stottern. Vielleicht ein gutes Omen. »Mein Callsign ist Princess.«

»Ernsthaft? Wie passend«, sagte Kian. »Den Rest klären wir morgen – im All!«

Dare to fly

//Wizzler

Feed von @GarudaDD // neueste Kommentare ihrer Fans

Gramstar999: Geile Stunts da draußen! Hast du jemals im blassen Mondlicht mit einem Daredevil getanzt? Dass es die Neue so drauf hat wie @GarudaDD bezweifle ich aber!

Tox-O-Meter: Ich habe gehört, jede Minute im Orbit um ein schwarzes Loch macht dich ein Jahr jünger. @Deardevil sollte das vielleicht mal versuchen, wenn sie weiter mithalten will.

Drei Maschinen jagten mit Vollschub auf Danai zu. Eine gegen drei – die armen Schweine hatten keine Chance.

Danai widerstand dem Impuls, beizudrehen, sich vorerst aus dem Staub zu machen und eine Gelegenheit zu suchen, bei der sie aus einem günstigeren Winkel würde angreifen können, der es ihnen nicht erlauben würde, sofort zurückzuschießen. Nein, durch Weglaufen machte man sich in einem Kurvenkampf nur zum Opfer. Sie war keins. Also drehte sie die Nase ihrer I-9 Slipstream den Kontrahenten entgegen und drückte den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn.

Sie grinste: Zum Glück saß sie im Cockpit! Anders als in der schmierigen Jockeybar wusste sie hier, was von ihr erwartet wurde, wie sie eine Auseinandersetzung überstehen konnte, ohne das Gesicht zu verlieren. Sie genoss die vertraute Beschleunigung, die sie in den Sitz presste, das Adrenalin, das der nahende Raumkampf durch ihre Adern jagte, genoss es, wie ihre Aufmerksamkeit sich wie durch das Drehen eines Reglers, der sich nur im Cockpit drehen ließ, aufs Äußerste steigerte. Danai, nein, Princess nickte mit dem Kopf nach hinten und spürte das Kribbeln im Nacken, ein Zeichen dafür, dass ihre Cyberware erwachte, um ihre Nerven wie Drahtseile zu spannen. Sie bildete sich ein, die Wärme der elektrischen Impulse zu spüren, die ihre Wirbelsäule entlangliefen und sich als wohlige Euphorie in ihrem Körper breitmachten, um ihren Reflexen diesen zusätzlichen Kick zu verleihen.

Mit einer Beschleunigung von mehreren tausend Metern pro Sekundenquadrat auf drei waffenstarrende Chopper zuzurasen war sicher nichts, was die meisten Menschen unter Spaß verstanden, zumindest dann nicht, wenn sie so etwas nicht lediglich mit VR-Brille konsumierten. Danai stand drauf. Bereits nach wenigen Sekunden waren die drei gegnerischen Daredevils auf Waffenreichweite heran und eröffneten das Feuer.

Ein Hagel aus Leuchtspurgeschossen sirrte an ihrem Chopper vorbei. Dieses Sperrfeuer musste den Munitionszähler der Prospects wie einen Kreisel gen Null drehen lassen.

Diese N00bs!

Schließlich betätigte auch Danai den Auslöser an ihrem Steuerknüppel. Kurze, fiese Feuerstöße. Ein Wirkungstreffer war unwahrscheinlich, da sie selbst ständig kleine Ausweichkorrekturen fliegen musste. Aber das war auch nicht nötig, sie wollte die drei bei diesem Tanz nur ein wenig aus der Ruhe bringen.

Die Raumjäger auf null Uhr – ihre Silhouetten erinnerten sie an Adler, groß und kraftvoll – waren schwerer gepanzert und spuckten ihre Verachtung für Danai aus einer größeren Anzahl Mündungsrohre. Ihre Slipstream war dagegen ein Falke. Sie war nur mit den Zwillingsläufen im Bug bewaffnet, aber sie konnte die geringere träge Masse ihres Abfangjägers agiler ausrichten. Außerdem verfügte sie über die Reflexe, Konstitution und Erfahrung, um auch bei abrupten Richtungswechseln ein Ziel anvisieren und treffen zu können.

Und genau das tat sie. Während die drei Chopper an ihr vorbeirasten und bereits in zu weiten Kurven zu einem zweiten Anlauf ansetzten, ließ sie ihren Slipstream-Abfangjäger mit kurzen Stößen aus den Manöverdüsen waagerecht um die Mittelachse rotieren und feuerte eine Salve in den leeren Raum – direkt in die erhoffte Flugbahn eines dieser Möchtegern-Jockeys.

Ihre Erwartung wurde nicht enttäuscht: Volltreffer! Der Chopper kreuzte die Bahn der Geschosse, die als blaue Mikro-Blitze über seine chromglänzende Oberfläche tanzten. Das Leuchten seiner Triebwerke erstarb, und er trudelte hilflos im All. In einem echten Gefecht wäre er bei einem solchen direkten Treffer aus nächster Nähe in Stücke gerissen worden – Panzerung hin oder her. In diesem Fall aber registrierten die Hüllensensoren der Maschine die elektrische Ladung der Übungsmunition, und eine Bordsoftware nahm Neans Maschine im Trainingsmodus für den Rest des Tanzes aus dem Spiel, indem sie alle nicht-lebenswichtigen Systeme herunterfuhr.

Dann waren es nur noch zwei – Tabs und Prophet.

Diese beiden hatten sich schnell vom Schreck erholt und die wenigen Sekunden genutzt, die Danai benötigte, um sich nach dem Manöver zu orientieren und sich von den Beschleunigungskräften, die der Trägheitsdämpfer nicht völlig hatte kompensieren können, zu erholen. Die beiden Jäger hefteten sich an ihr Heck und feuerten erneut aus allen Rohren. Danai flog ständig abrupte Kurswechsel, um einem Treffer zu entgehen, aber so würde sie sie nicht abschütteln.

Ein Aufblinken der Comm-Anzeige verriet ihr, dass sie gerufen wurde, aber Danai hatte keine Lust auf die Sprüche, Angebereien und Drohungen ihrer Verfolger. Sie ließ die Anlage stummgeschaltet. Sie war nun Princess, und Princess fühlte sich geradezu lächerlich selbstsicher – selbst mit zwei gegnerischen Schiffen am Heck. Sie wusste, dass Können von unten wie Arroganz aussah, aber sie war nun einmal gut. Verdammt gut. Vielleicht einfach die Beste.

Und dennoch: Auch im Trainingsmodus konnte diese arrogante Tollkühnheit sie das Leben kosten, warnte eine leise Stimme in ihrem Kopf. Das unkontrollierte Manöver hätte auch in einer katastrophalen Kollision enden können, und das alles nur für einen Fake-Abschuss, um zu klären, wer die dickeren Eier in Stock oder Hose hatte. Dennoch erlaubte sie sich ein kurzes Lächeln. Dieses archao-anarchische Umfeld ihrer lange ignorierten Mutter, die ebenso ungeschriebenen wie ihr unbekannten neuen Regeln, all das war hier und jetzt vergessen.

Zum Glück war ihre Konkurrenz entweder geil darauf, sie fertigzumachen, oder Danai hatte sie mit Neans schnellem Abschuss aufgestachelt: Sie konzentrierten sich jetzt ganz auf die Jagd und verschwendeten keinen Gedanken an Staffeltaktik. Einer der beiden hätte sie ablenken, sich als Ziel präsentieren oder sie in eine Serie von Scherenmanöver verwickeln können, während die andere ihre Maschine in Ruhe ins Visier nahm: ein klassisches Sandwich. Da sie das nicht taten, hatten sie zwar beide eine starke Position, aber damit konnten sie Danai weder überraschen noch aus der Reserve locken. Trotzdem durfte sie jetzt nicht zulassen, dass es sich die beiden Prospects dort hinten gemütlich machten. Früher oder später würden sie sich auf sie einschießen.

Wie, um das zu bezeugen, sah sie blaue Funkenentladungen auf der langgezogenen Nase ihrer Slipstream aufflackern. Nicht genug, dass das System sie als zerstört verbuchte, aber genügend Motivation, diese Sache rasch zu beenden. Sie setzte zu einer Fassrolle an: Während sie den Schubregler zu sich zog und am Steuerknüppel riss, feuerte sie die Bremstriebwerke und die Manöverdüsen. Die beiden Prospects versuchten, ihr zu folgen, aber sie gingen nicht so weit wie Danai, setzten ihre Körper nicht der Belastung eines derart heftigen Richtungswechsels aus. Die G-Kräfte, die trotz Kompensator zu ihr durchkamen, zogen an ihr, pressten die Luft aus ihren Lungen und das Blut aus ihrem Hirn. Die Welt wurde erst in ein blasses, dann ein tiefes Rot getaucht, Danai fühlte den Rand einer Ohnmacht locken und grinste: Keine große Sache, nichts, was sie nicht schon hunderte Male geübt hätte. Wenn sie ehrlich mit sich war, liebte sie diesen Moment, in dem sie den Grenzen ihres eigenen Körpers nah kam, er war etwas ganz und gar Außergewöhnliches – ihr Sichtfeld zog sich so weit zusammen, dass sie kurz davor war, sich selbst im All zu verlieren. Dann ließ der Druck in ihrem Schädel schlagartig nach. Sie sog die Luft ein, Euphorie und die Lust an der Angst vor dem Kontrollverlust fluteten ihre Adern. Und der Einsatz lohnte sich. Während sich die beiden Prospects noch in der Rolle befanden, setzte sich Danai hinter sie. Einer der beiden Chopper tauchte direkt im Fadenkreuz ihres Zielsystems auf.

Feuer.

Treffer!

Ziel zerstört.

Sie erlaubte sich ein erneutes Grinsen.

***

»Tabs? Melden, Tabs!« Das Comm schwieg ihn an. Tabs war raus.

Was für eine verdammte Killerpilotin! Wie konnte es sein, dass die ganze Sache noch keine Minute dauerte, in der sie bereits seine beiden Wingpals erledigt hatte? So etwas hatte Kian noch nie erlebt. Princess würde heute den Tag ihres Lebens haben, nachdem sie ihnen diese Abreibung verpasst hatte. Drei gegen eine – was bei allen verglühenden Sonnen war hier gerade passiert?

»Verdammte fick-smash Kackscheiße! Diese verfluchte Frakster!«, verbalisierte er seinen Frust ins Comm. Keine Antwort. Sowohl seine deaktivierten Flügelbros als auch seine Gegnerin schwiegen. Das war überhaupt das Schlimmste daran: Princess führte sie hier vor, schoss sie ab wie blutige Laien, vermieste ihnen die Aufnahme als Vollmitglied – und noch schlimmer: War es möglich, dass sie das Ganze nicht einmal streamte? Ein unglaubliches Beispiel an fliegerischem Können, undokumentiert? Die geistreicheren Spitzen, die Kian am Anfang des Kurvenkampfs vom Stapel gelassen hatte, waren ins Leere gesendet worden, unerwidert! Er konnte es nicht fassen.

Wenn dieses Vid getrendet wäre, hätte Kian trotz Niederlage davon profitiert. Aber diese Konzerngöre war nichts weiter als eine Frakster, die beiläufig Jäger aus dem All pustete – ohne Respekt für die Lebensart der Chopper-Jockeys. Ihr halsbrecherischer, angeberischer Scheiß hatte sie obendrein unnötig gefährdet – in einem Übungsduell. Und sie antwortete noch nicht einmal, immer noch nicht! Kian war außer sich, und das wurde auch nicht besser, als er das nur nachlässig abgekratzte Konzernlogo auf ihrer Hülle erkannte, während die Maschine über ihn hinwegschoss. Sie hatte nicht einmal genug … genug Spirit, um es richtig zu entfernen oder mit einem Paintjob zu verbergen (oder verbergen zu lassen, die Sterne wussten, dass sich die Zwillinge um so was rissen!).

Kians Manta war ein Aufklärer und leichter Bomber, kein Raumüberlegenheitsjäger. Ohne Flügelbro hatte er keine Chance gegen diese Pilotin und diesen wendigen Chopper. Resigniert nahm er die Hände von den Kontrollen und ließ sich im Sitz zurücksinken. Er wartete darauf, dass jetzt jeden Moment alle Systeme um ihn herum schwarz werden würden, vielleicht bis auf eine blinkende Nachricht, die ihn verhöhnen würde: »Du wurdest zerstört, Loser!« Aber die Sekunden verstrichen, ohne dass etwas geschah. Er blickte sich um. Überrascht entdeckte er Danai ganz nah: Sie flog rechts neben seinem Chopper, parallel zu seinem Kurs, und blickte in ihrem schlichten Druckhelm, an dem alles bis auf die auch hier abgekratzten Logos »Corp-Turf« schrie, zu Kian ins Cockpit.

Jetzt schaltete sie ihr Comm doch an. »Prophet«, hörte er ihre Stimme.

»Princess. Keine Lust auf einen weiteren Trainingssieg?«

»Nicht nötig. Ich denke, es ist jetzt klar, wer von uns das Ass im Ärmel der Daredevils ist. Es ist auch klar, warum auf meiner Jacke ›Jockey‹ steht und auf deiner ›Prospect‹. Und dass das nichts, aber auch gar nichts, mit meiner Mama zu tun hat. Haben wir uns verstanden?«

»Offensichtlich«, gab Kian zerknirscht zu. Er war nicht mal mehr wütend, eher fühlte er sich beschämt. Verlieren war eine Sache, aber wie hatten sie sich so vorführen lassen können?

»Hey, Princess! Warum hast du nichts davon gestreamt? Bist du ’ne Frakster, die es nicht nötig hat, oder was?«, setzte er noch nach.

Ein kurzes Schweigen. Dann, es klang beinahe nachdenklich: »Weißt du was, Typ, ich hab noch nicht mal einen verdammten Account.«

Danai starrte auf das Tablet.

Das flexible Polymer war bis auf einen schmalen schwarzen Streifen am linken Rand durchsichtig, sodass sie die Tischplatte darunter sehen konnte: Aluminium, irgendwann einmal glattpoliert, mittlerweile zerkratzt und von hässlichen Flecken übersät. Das war nun ihr Tisch. In ihrer Kabine. In einer Asteroidenstation, deren taumelnde Schwerkraft ihr immer noch ein mulmiges Gefühl gab, sobald sie die Schwerelosigkeit ihres Choppers hinter sich ließ und Hangarboden betrat. Eine schmale Tür führte in eine winzige Nasszelle, in der sich alles Notwendige aus den Wänden klappen ließ. Der Rest des Raums war nicht viel größer: ein Bett, das gleichzeitig als Schrank diente – gerade stand es aufgestellt an der Wand, aber mit dem Lösen zweier Hebel und einem kräftigen Ruck konnte sie es herabziehen und dann auf einer sich bedauerlicherweise nicht mehr auf ihre Körperform anpassenden Formschaum-Matratze auf der Rückseite des Schranks schlafen. Im Schrank befanden sich Gurte, um die Klamotten zu befestigen. Da sie erst nicht gewusst hatte, wozu diese gut waren, waren ihre wenigen Besitztümer durcheinandergepurzelt, als sie sich von der grimmigen Garuda hatte zeigen lassen, wie sie in diesem Albtraum von beengter Kabine schlafen konnte.

Garuda hatte sie zufällig im Korridor getroffen. Die hagere Frau mit den Dreadlocks und dem Dämonenvogel, der auf ihren Rücken tätowiert war und seine Arme um ihren Hals geschlungen hatte, hatte zwar mehr Abneigung für Mama übrig als für Danai, aber sie ließ auch Danai deutlich spüren, dass sie nicht wusste, was diese in der Gang zu suchen hatte.

Danai wusste es selbst nicht.

Zu den wenigen Gelegenheiten, zu denen sie sich »planetside« im Hadronic HQ befunden hatte, hatte sie ein Zimmer mit Fenster bewohnt. Klar, Papa hatte dafür gesorgt, nur das Beste für sie, nicht wahr?

Um gewisse Dinge hatte sich immer Papa gekümmert. Und jetzt kümmerte Mama sich um sie. Sie war einunddreißig, verdammt! Es war deprimierend.

Deprimierend wie das ausgeschaltete, durchsichtige Tablet vor ihr.

Sie presste den Daumen auf eine runde Markierung am schwarzen Rand, und so wie sich der Kleiderschrank in ein Bett verwandeln konnte, verwandelte sich das dünne Kunststofftablet, das eher einem durchsichtigen Tisch-Set ähnelte, in ein Fenster zur Galaxis.

Sie starrte hinunter und hinaus.

Der Browser machte ihr einige Angebote, doch sie hatte das Tablet neu erstanden und sich noch keine Accounts erstellt, keine Einkäufe getätigt und keine ID hinterlegt. Da sie weder Kopfhörer noch Zimmerboxen eingeloggt hatte, teilte es ihr lautlos mit, wer die Castingshow auf Arapnap Vee gewonnen hatte, und dass Digits AI eine neue Konzernkanzlerin gewählt hatte. Außerdem fragte es nach ihren Kaufinteressen. Von Gesichtslosen wie ihr wurden offenbar gerade die »MassAcc-Hawk-VI«, eine, so der Text, »handliche Schusswaffe für den Privatgebrauch«, und die »günstigsten Flugtickets auf allen gängigen Highways« bevorzugt, sodass sie dementsprechende Werbung erhielt.

Zögernd hob sie das Tablet an, knickte es leicht und stellte es auf. Es projizierte sofort eine Tastatur vor sie auf den Tisch und fragte, ob sie es per Stimmerkennung steuern wolle.

Vielleicht war es ein wenig paranoid, aber weder Stimmerkennung noch ein Einloggen in alte Accounts kam für Danai infrage, egal, wie abgelegen diese Highwayausfahrt lag. Sie schloss die Stimmerkennungsanfrage und öffnete stattdessen einen Browser. Schloss ihn wieder.

Öffnete LoggTube und starrte übellaunig auf die Startseite. Nein, bei allen interplanetaren Geistern der Vergangenheit: Sie würde nicht ihre Fresse in eine Kamera halten, sie würde nicht in irgendein Mic stammeln und sich dem Spott aussetzen, dass sie nur im Cockpit geradeaus sprechen konnte.

LoggTube schließen. Pixxor öffnen.

Die gängigsten Social Media waren schon vorinstalliert, gaben ihr einen kleinen Einblick in die Funktionen und lockten mit weiteren, sobald sie sich anmeldete. Je mehr du preisgibst, schienen sie zu wispern, desto toller wird es hier mit uns!

Sie biss die Zähne zusammen.

D-A-R-E-D-E-V-I-L-S. Der Gangname ergab nicht eben wenige Treffer. Es schien auch einen uralten Comichelden gleichen Namens zu geben, zu dem immer noch Fanart herumgeisterte. Ihr Finger schwebte über dem M, um den Namen ihrer Mutter einzutippen, doch dann entschied sie sich um. Kian, tippte sie. Sie wusste seinen Nachnamen nicht, nicht einmal, ob er sich denn jetzt Prophet oder Marauder nannte – und ob er überhaupt Entscheidungsgewalt in dieser Sache hatte.

Diese Einengung jedenfalls ergab einen Treffer – Kian Parata, Prospect der Daredevils.

Sie hielt sich selbst davon ab, das Gesicht in den Händen zu vergraben, aber die Foto- und Videogalerie provozierte zum Fremdschämen.

Vielleicht habe ich zu behütet vor mich hingelebt. Hier sind die Sitten rauer. Hier ist es vielleicht normal, dass man Tattoos postet, die normalerweise von der Hose bedeckt werden.

//Pixxor

Das Vid auf Pixxor läuft automatisch ab, eine Kamera folgt den Linien auf Kians Körper, während oben zwischen seinen Schulterblättern noch eine leere Stelle von einer ebenfalls am ganzen Körper tätowierten Frau gefüllt wird, die mit etwas hantiert, das nach einem traditionellen Tätowierwerkzeug aussieht. Es ist nicht zu sehen, wer die Kamera führt – vielleicht ist es eine Drohne, denn sie fährt den fluoreszierenden Linien auf Kians Körper mit einer Präzision nach, die das Ganze vielleicht doch trotz des nackten Hinterns, der sehr präsent in die Kamera ragt, zu einer Art Kunstform macht. Die Kamera gleitet nun von Kians Linien auf die Hände der Tätowiererin über, für die prompt Werbung eingeblendet wird, bei der schon allein die Schriftart Abzüge gibt, was die Seriosität angeht:

Traditionelle Navigtattoos Tā moko

einzigartig – schmerzhaft – nur für die Harten

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Beliebteste Kommentare

GloryToTheQuing: Arsch mit Tattoos. So was kann nur im Kobeni-Gürtel Kunst sein.

MarauderDD: *Mein* Arsch mit Tattoos ist überall Kunst.

Dass Kian der Legende der Navigatattoos aufsaß, schien Danai nicht verwunderlich. Sie sah dem Video fasziniert weiter zu: Die Frau öffnete mit einer sehr langen und sehr dünnen Klinge, die weiß und beinern glänzte, die Haut in vielen kleinen Rissen und gab dann mit zwei klauenartigen Fingernägeln der anderen Hand erst ein Pulver und dann eine Art Öl in die winzigen Wunden. Wann immer ihre Finger im Blickwinkel der Drohne wieder sichtbar wurden, glänzte das Öl bläulich schillernd an diesem einen Nagel. Danai runzelte die Stirn. Kian hatte vermutlich keine Ahnung, was er da unter seine Haut ließ, und erfreute sich einfach nur an der Optik.

Und den Likes.

Sie seufzte. Wegen der Likes war sie auch hier, oder?

Sie scrollte rasch durch Kians Pic-Galerien.

//Pixxor

Gallery MySweetChopper (13.051 Pics)

zeigt genau das: Kians Manta aus allen Perspektiven, im Hangar, im All, über einer öden Planetenoberfläche, das Cockpit von innen und außen. Manchmal Kian halbnackt mit ausgebreiteten Armen, auf einem Flügel des rochenartigen Jägers drapiert.

Gallery Manta Paintjobs und Tunings (5.735 Pics)

zeigt variierende Lackierungen der Manta, neue Teile, Chrom, immer mal wieder subtil ins Bild gerückte Politur der Marke Foamo oder den ROFL-Energydrink Lite.

Gallery Influence (604 Pics)

zeigt ROFL-Energydrinks Lite und Politur Foamo deutlich weniger subtil, meist in Kians Hand, während die andere einen Daumen nach oben zeigt. Manchmal krault er Deardevils Cyberdoggo MacGuffin.

Gallery Privat (7.406 Pics)

ist trotz des Namens nicht privat und zeigt Pics, in denen Kian wechselnde Leute umarmt, während beide Selfie-Posen machen oder sich übertrieben fotogen küssen. Kian mit anderen Daredevils. Kian erneut mit dem hässlichen Chromdoggo, Kian und Eyegle, die lachend versuchen, die Kamera zuzuhalten, während sie herummachen, Kian mit einer Stripperin. Und, die ältesten Pics: Kian achtzigmal hintereinander mit einer hübschen Frau, die Tücher in verschiedenen Rottö nen um ihr Haar geschlungen hat.

Die Likes, Danai!, ermahnte sie sich selbst. Sie war gerade dabei, in das bodenlose Loch des Pixxor-Stalkings zu fallen. Sie rettete sich, indem sie auf die Schaltfläche tippte, von der aus sie durch das Erstellen eines neuen Accounts gelotst werden sollte. Sie starrte das Tablet grimmig an.

Sie war jetzt Free-Turflerin. Wenn sie als Jockey über Wasser bleiben wollte, brauchte sie Kohle. Reichweite.

Likes.

Fünf Minuten später hatte »Princess Daredevil« ein Profil. Das Bild zeigte ihren Helm: das Visier abgedunkelt, das Logo abgekratzt, sicherheitshalber darüber noch eine rote Zeichentrickkrone gesetzt, die sich um sich selbst drehte. Am längsten hatte sie noch gebraucht, um ein Kronen-Meme zu finden, das als perlenbesetztes Amacubi durchgehen konnte. Nicht nur die Tätowiererin konnte sich mit ihrem irdischen Erbe brüsten, Danai hatte das auch drauf, oder nahm es sich zumindest vor. Im Corp-Turf war dein Corp Teil deiner Identität – ein großer und immens wichtiger Teil. Hier im Free-Turf brachte es Likes aka Reichweite aka Kohle, möglichst nicht ganz so zu sein wie alle anderen.

Sie gab allen Mitgliedern der Daredevils ein Follow, und weil sie übermütig geworden war, erstellte sie sich ein vorerst passives Konto auf Loggtube und abonnierte da ebenfalls ihre zukünftigen Wingpals, ebenso wie die einflussreichsten Jockeys des Kobeni-Gürtels. Sie wollte schließlich noch etwas lernen, bevor sie mit eigenen Inhalten online ging.

Danach lehnte sie sich zurück, beobachtete, wie die Daredevils ihr zurückfolgten und hatte ein merkwürdiges Gefühl zwischen Leere und Befriedigung, ganz so, als hätte sie gerade mit der falschen Person herumgemacht.

Die Daumen nach unten gaben Kian ein miserables Gefühl

Er hatte das Übungsgefecht mit der Prinzessin zwar aufgezeichnet, aber nicht live gestreamt, weil es ihm wenig ruhmreich erschienen war, zu dritt gegen eine einzelne Pilotin anzutreten. Selbst im Nachhinein hatte er es nicht zusammengeschnitten und hochgeladen – auch wenn es Interesse für die Neue wecken würde, nagte es doch zu sehr an seinem Stolz, wie sehr Danai Tabs, Nean und ihn nassgemacht hatte.

Nean hingegen kannte diese Zurückhaltung nicht. Er hatte das Gefecht erst aus der Ego-Perspektive aufgenommen und dann aus dem Cockpit Tabs’ Untergang und Kians Kapitulation dokumentiert. Ein ruhmloses Match: Das bisschen Social-Media-Fame, das sie für die geheimnisvolle Fremde in ihrem kennzeichenlosen Konzernjäger erhielten, wurde davon untergraben, dass diese sie so eiskalt abservierte.

Das Vid hatte mehr Dislikes als Likes, die Kommentare waren hämisch, und Kian hatte ein paar Dutzend Follower verloren, weil er von Nean markiert worden war.

»Mann, Nean, du Smashwit, danke für nichts«, grollte er als Sprachnachricht.

»Diese Princess und unsere Follower sind die Smashwits, Bro, man sieht doch, dass das eine freundschaftliche Begrüßung in der Gang ist. Ich versteh die Dislikes nicht. Undankbare Bande«, kam sofort zurück. Nean starrte anscheinend auch auf die Daumen unter dem Vid.

»Die Dislikes haben wir uns nicht mit irgendeiner netten Begrüßung verdient, sondern damit, dass wir voll ablosen, Nean!«, nahm er auf, doch bevor er es absenden konnte, meldete ihm sein Stalker-Programm, dass eine anonyme Person, die sich kurz darauf ein Profil namens »Princess Daredevil« erstellte, auf seinem Account herumwühlte, der natürlich öffentlich war, aber, verdammt, er fühlte sich trotzdem plötzlich, als hätte er die Hosen unten! Und dann, das Wildeste, gab sie ihm ein »Follow«.

Er sah zur Tür. Ihre Kabine lag gerade einmal fünf Meter den Korridor hinab. War sie auf seiner Sechs, scharf auf ihn, oder was? Er machte einen verächtlichen Laut zu seinem Tablet. Das sollte sie nur mal versuchen, für diese Art Mensch war er sich glatt zu schade.

Obwohl sie ein Snack war.

Kian schickte die Nachricht an Nean ab. Er musste an seiner Karriere als Gramstar arbeiten. Vielleicht werd ich ja irgendwann mit Princess geshippt, schoss es ihm durch den Kopf. Das bringt auch Fame.

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