Kitabı oku: «Ace in Space», sayfa 3
»Hey«, kam eine neue Nachricht von Nean. »Die Prez hat gerade Infos zu einem neuen Run auf den Server geladen. Du Kackn00b bist dabei, Prophet. Tabs auch. Zeit für dich, nicht abzulosen.« Kurze Zeit später kam eine zweite. »Du musst unseren guten Ruf wiederherstellen, my boy. Verkack das nicht!«
Kian lachte laut auf und öffnete mit einer Geste den Server mit den Details zum Run. Er nahm dabei eine weitere SpraNa auf: »Egal, ob verkackt oder gerockt, ich mach das nur für mich, Nean, Bro. Such dir deine eigenen Likes! Meine kriegst du nicht.«
Offenbar hatten das Leben als Konzernpilotin und das als Chopper-Jockey eine wesentliche Gemeinsamkeit: Kurze Phasen lebensbedrohlicher Action wechselten sich mit langen Phasen ab, die nur aus Warten bestanden. Mit Warten begann auch Danais erster Run für die Daredevils.
Die Staffel versteckte sich im Bouman-Asteriodenfeld, zwischen den Überresten eines Planeten, der von der Gravitation eines Schwarzen Lochs im Zentrum des Systems auseinandergerissen worden war und nun langsam, aber unaufhaltsam auf spiralförmigen Bahnen in das masseverschlingende Ungetüm stürzte. Danai drängte sich der Vergleich mit einem gefräßigen Bengel auf, der sich eine Lakritzschnecke reinzog.
Sie blickte aus dem Cockpitfenster, dessen Scheiben nahe der Stahlverstrebungen leicht beschlagen waren, auf das kosmische Spektakel, das wie für sie veranstaltet wurde: das Schwarze Loch, durch den Gravitationslinseneffekt von einem Halo aus Licht umgeben, davor ein glitzerndes Meer zwischen den Asteroiden, hervorgerufen durch zahllose Eiskristalle, die das Licht des Halos reflektierten. Das Wechselspiel der Gravitationsfelder des Schwarzen Lochs und der größeren Asteroidenbrocken würde einen Flug Richtung Zentralgestirn zu einem Höllenritt machen, lange bevor die Zeitdilatation irgendwelche Schweinereien mit dem eigenen Alter anstellte. Zum Glück hielten sich die Daredevils bei diesem Job nur in den Randbereichen der Anomalie auf.
Sie lauerten versteckt im Sensorschatten von Asteroiden nahe der Förderstation Kruger XXIV, von der aus die Minkowskium- und Gravitoniumvorkommen des Asteroidenfelds gefördert wurden – die beiden wertvollsten Rohstoffe der Galaxis, die nur in der Nähe von außergewöhnlich starken Gravitationsfeldern oder Wurmlöchern vorkamen. Das zähflüssige Minkowskium erlaubte nach der Raffinerie das Reisen auf Highways, also durch Wurmlöcher, während Gravitoniumerz essenziell zum Erschaffen künstlicher Schwerkraftfelder auf Raumstationen war und auch in den Trägheitsdämpfern ihres Choppers mitwirkte.
Kruger Cybernetics verlegte heute sein Hauptquartier mit mehreren Konvois in eine schicke, nigelnagelneue Raumstation drei Highwaytransits von ihrem alten HQ entfernt. Die Konzernleitung hatte versucht, das genaue Datum geheim zu halten, aber so eine große Aktion ließ sich nicht wasserdicht verschleiern, wenn man wusste, wen man bestechen musste. Einer dieser Konvois nahm bei Kruger XXIV auf dem Weg noch eine große Ladung Gravitonium an Bord eines ihrer Frachter auf, bevor er über den Highway den neuen Firmensitz ansteuerte.
Bei Kruger Cybernetics handelte es sich um den Hauptkonkurrenten von Bulldoxx, des wichtigsten Sponsors der Daredevils. Das hässliche Logo der Firma prangte nun auch auf dem Flügel ihrer Slipstream: eine fiese, vercyberte Bulldogge – identisch mit dem Bulldoggenmodell, das Mama ständig mit sich rumschleppte. Ekel überlief Danai, wenn sie daran dachte, wie Mama das sabbernde Werbegeschenk ständig auf die Schnauze küsste. Zum Ekel gesellte sich das ungute Gefühl, dass Danai selbst, beziehungsweise ihre Abwesenheit in früher Kindheit, vielleicht die Ursache für dieses merkwürdige Verhalten war. Hatte Mama vielleicht am Ende doch noch mütterliche Instinkte entwickelt? Hatte sie einen Ersatz für ihr verlorenes Mädchen gesucht? Marlene hatte den Köter selbst im Cockpit ihrer Starstallion in einem eigens angefertigten Sitz und einem albernen winzigen Druckanzug an ihrer Seite.
Beide Firmen, Bulldoxx und Kruger Cybernetics, waren jedenfalls groß im Geschäft kybernetischer Körpermodifikationen, die Tiere stellten bei Bulldoxx nur einen Nebenzweig dar. Einen Umzug des Hauptkonkurrenten konnte sich Bulldoxx natürlich nicht entgehen lassen.
Der Konvoi machte sich gerade daran, von Kruger XXIV abzudocken und am Asteroidenfeld vorbei den Kurs Richtung Highway-Auffahrt zu nehmen, dem Eintrittspunkt des Wurmlochs.
»Okay, meine Schätze, gleich geht es los!«, sendete Deardevil mit guter Laune und geringer Signalstärke, um ihren Hinterhalt nicht auffliegen zu lassen. »Angriffsrotte bereit?«
»Garuda bereit, fühlt sich aber von ›Schatz‹ nicht angesprochen«, ließ sich die Vice-President vernehmen, und Danai witterte ein altes Spiel zwischen den beiden.
»Bacon schön knusprig«, antwortete eine raue Männerstimme.
»Yokai und Kami hier. Kann jederzeit losgehen«, bestätigte Yokai, die Pilotin des Zweisitzers.
»Sehr schön. Scan-Team?«, fragte Deardevil weiter.
»Eyegle unsichtbar, aber anwesend«. Eyegle prahlte immer ein bisschen mit xieser sensorabweisenden Tarnbeschichtung.
»Prophet bereit.« Kian war mit von der Partie, im Gegensatz zum callsign-losen Nean, der wohl noch nicht so weit war. Kians Chopper verfügte über die leistungsstärksten Sensoren. Seine Teilnahme machte also durchaus Sinn, auch wenn es bei einem eher riskanten Einsatz wie diesem hier für den Prospect gefährlich werden konnte.
»Was macht das Partyboot?«
»Purple bereit«, antwortete die Sergeant-at-arms. Sie führte die Enforcer des Enterkommandos an Bord eines Kanonenboots an.
»Und wie sieht es mit dem Backup aus?«
»Princess bereit«, meldete Danai ordnungsgemäß.
Eine kleine Pause trat ein. »Tabs hier, äh …, Tabs tritt gleich in ein paar Ärsche dank ihres brandneuen Zielcomputers!«
Ausgerechnet Tabs. Deardevil hielt es für eine gute Idee, Danai mit Tabs zu versöhnen, indem sie sie in eine Zweier-Rotte steckte. Ganz tolle Idee. Danai war zwar die Queen dieses Backups und Tabs ihre Flügelbro, aber ob Tabs irgendwelche Befehle befolgen oder ihr sogar den Rücken decken würde, blieb zweifelhaft. Danai konnte wohl schon froh sein, wenn Tabs sie nicht rein zufällig mit einem Bandit verwechselte und abschoss.
»Hier kommt der Konvoi. No Yolo, wir lassen sie passieren. Alles wie besprochen. Und jetzt, meine Schätze: Funkstille«, ertönte die Stimme ihrer Mutter aus dem Comm.
No Yolo – Danai kannte den Ausdruck nur außerhalb des Cockpits, wo er offenbar bedeutete, dass man etwas nicht anzüglich oder sexuell meinte.
»Staffelführerin bitte kommen. No Yolo? Befehl unklar, bitte spezifizieren«, sagte sie und erhielt als Antwort Tabs’ ungläubiges Lachen aus dem Comm. »Dass wir kein unnötiges Risiko eingehen sollen – also, das, was dir dein Konzern eh immer eingebläut hat!«
Danai verdrehte die Augen. Wie konnte diese Mission ohne jegliche Disziplin ein Erfolg werden? Sie beobachtete – die Sicht nur von wenigen Gesteinsbrocken behindert – wie die Jäger der gegnerischen Vorhut an den lauernden Daredevils vorbeischossen. Etwas später schoben sich die massigen Rümpfe der Frachter schwerfällig ins Sichtfeld. Etwa ein Dutzend Transporter zog an ihnen vorbei wie eine Walschule der alten Erde auf ihren Wanderungen. Dann ertönte Deardevils Stimme erneut.
»Angriffsrotte … und Action!«
Die Sensoren ihrer Slipstream registrierten, wie die Systeme von vier Choppern zum Leben erwachten. Triebwerke und Waffensysteme wurden hochgefahren, und auch der Livestream ins Datanet wurde freigeschaltet. Neben dem Gravitonium winkten ein paar Likes als Beute, was auch ihrem Sponsor ein paar Verkäufe als Nebeneffekt einbringen sollte. Danai selbst übertrug natürlich noch nichts live ins Datanet, um ihre verdeckte Position nicht an Follower zu verraten, die ihnen nicht wohlgesonnen waren. Streamsniper lauerten überall und durchforsteten auch für Konzerne das Datanet, um die Positionen gegnerischer Parteien zu verraten.
Nun konnte Danai das Triebwerksglühen der vier Jäger auch schon visuell ausmachen, als sie sich aus dem Asteroidenfeld katapultierten und wie Raubvögel auf die Jägereskorte am hinteren Ende des Konvois stürzten. Ein Schwarm Raketen löste sich von Deardevils Starstallion, und eine Explosion zeugte von einem ersten Abschuss – Danai sah das Notsignal des Schleudersitzes. Sie hatte sich immer schwer vorstellen können, dass ihre Mutter in ihrem sichelförmigen Raumüberlegenheitschopper als Ass mit weit über hundert Abschüssen bekannt war, doch jetzt fragte sie sich, wie sie daran hatte zweifeln können.
Die Daredevils hatten ihre Gegner wie geplant völlig überrumpelt und schnell die Oberhand gewonnen. Der Weltraum war erfüllt von Leuchtspurgeschossen, abgefeuert von sich gegenseitig jagenden Maschinen. Dazu gesellten sich Explosionen der Flugabwehrgranaten der großen Schiffe. Aber nur wenige Frachter waren bewaffnet, ihre Ziele waren ohnehin zu klein und das Risiko war zu groß, mit Schüssen ins Getümmel die eigenen Jäger zu treffen.
»Jetzt der Scan, identifiziert das Paket!«, befahl Deardevil, woraufhin sich Eyegel und Prophet auf den Weg machten, um den Frachter mit der Gravitonium-Ladung zu suchen.
Die vier Jäger der Vorhut hatten beigedreht und tauchten nun viel früher als erwartet auf Danais passiven Sensoren auf. Die Angriffsrotte war noch mit der Eskorte beschäftigt. Solche Eskortstaffeln waren normalerweise nicht gerade mit der Crème-de-la-Crème einer Konzern-Top-Gun-Akademie oder mit hochbezahlten Leuten besetzt, sondern mit im Schnellverfahren ausgebildeten Schmalspurpiloten, Masse statt Klasse. Aber auch unter diesen befand sich dann und wann ein Naturtalent, das ein paar Chopper-Jockeys ins Schwitzen bringen konnte.
Wenn das so weiterging, würden Eyegel und Prophet ohne Bedeckung durch die anderen auf dem Präsentierteller sitzen. Die vier Bandits würden jeden Moment an Danais Position vorbeiziehen.
»Princess an Staffel. Greife ein. Tabs, schnapp dir den vordersten Bandit, dann zurück an meinen Flügel!«
»Äh … ja, klar. Ich … mach ich!« Danai hoffte, dass Tabs die Anweisung verstanden hatte, irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl nach dieser Antwort.
Princess’ Finger glitten eilig über die Kontrollen, um die Systeme ihres Choppers hochzufahren, und streiften dabei das daran geschraubte Pik Ass. Nur einen Augenblick später tauchte ihre Jagdmaschine hinter dem Gesteinsbrocken auf, in dessen Sensorschatten sie sich verborgen hatte, und schoss in dem Moment aus dem Asteroidenfeld, als die vier Bandits sie passierten. Rechtzeitig fiel ihr noch ein, das neue Feature ihres Choppers durch Umlegen eines Kippschalters zu aktivieren, den sie gestern erst selbst ins Cockpit eingebaut hatte: den Stream in ihren neuen Datanet-Channel, den sie jetzt, da ihre Position ohnehin nicht mehr verborgen war, aktivieren konnte – nein: sollte.
Kaum hatte sie das Asteroidenfeld hinter sich gelassen, deckte sie die hinterste Maschine mit Salven aus ihren Bordgeschützen ein. Einige schrappten über die Panzerung, aber ein paar Projektile schlugen ins Innere ein. Ihr Ziel begann zu trudeln.
Die vier Konzernjäger, Sparrows – günstige Standard-Mehrzweckjäger und Massenware – stoben auseinander wie ein Schwarm Fische vor einem zubeißenden Hai. Danai ließ sich nicht abschütteln, blieb am Heck ihres beschädigten Gegners kleben und traf das Triebwerk. Die Maschine brach auseinander, aber der Pilot wurde in letzter Sekunde von der Sicherheitsautomatik aus dem explodierenden Raumjäger geschleudert. Ihr erster Abschuss als Chopper-Jockey!
Danai schob in solchen Situationen den Gedanken beiseite, dass das hier keine Übung war und Menschen sterben konnten. Sie hob sie sich für später auf, für die tiefsten Stunden der Nacht, in denen die Schutzschilde aus Rationalität und Abgebrühtheit heruntergefahren waren.
Zwei Jäger drehten bei und kamen auf sie zu, der verbliebende dritte schoss Richtung Frachterkonvoi davon.
Wo zur Hölle steckte Tabs?
»Tabs? Brauchst du ’ne Extra-Einladung? Dein Ziel macht sich gerade davon, um deine Bros aus dem All zu blasen. Und mir kleben zwei Bandits am Arsch!«
»Ich … kann nicht! Versmashter Dreck! Meine Systeme fahren nicht hoch!« Die Stimme klang panisch. Danai glaubte nicht, dass das irgendein abgekartetes Spiel war, um sie in Schwierigkeiten zu bringen. Tabs hatte eben schon zögerlich geantwortet. Sie hatte mit einem neuen Zielcomputer geprahlt, also hatte sie offensichtlich vor kurzem an ihrem Chopper herumgeschraubt und etwas eingebaut, das ein bisschen zu gut war, um wahr zu sein. Das Reaper-Virus musste in ihrem Zielcomputer eine potenzielle Gefahr erkannt haben und hatte ihren Chopper lahmgelegt. Wahrscheinlich wollte sich Tabs keine Blöße geben und hatte Deardevil trotz ihrer Systemausfälle Einsatzbereitschaft signalisiert – und Danai musste es nun ausbaden. Dies Gehabe manövrierte sie alle in die Scheiße!
»Bleib, wo du bist. Ich lock sie von dir weg!«
Sie öffnete einen Kanal zum Rest der Staffel und wurde mit einem Geschnatter aus Funksprüchen empfangen.
»Ziel markiert.«
»An meiner Sechs, könnte mir den jemand vom Hals schaffen?«
»Passt auf dieses Flakfeuer auf! Ich schnapp mir das Geschütz, damit du einen Angriffsvektor findest.«
»Friss das, du Corp-N00b! Yeah! Hab ihn! Siebter Abschuss! Mein Like-Zähler dreht sich wie irre, werte Bros!«
»Rock Drei. Torpedo unterwegs … und Treffer! Ziel manövrierunfähig.« Das war Prophets Stimme.
»Partyboot: Los geht’s, schnappt euch das Paket!«, antwortete Deardevil.
Danai warf ein »Hier Princess. Ein Bandit auf dem Weg zu euch, ich beschäftige den Rest!« in die Runde.
Sie war wieder ins Asteroidenfeld abgetaucht, um ein wenig Deckung vor den stetig spuckenden Bordgeschützen ihrer beiden Verfolger zu finden. Sie musste die gesamte Aufmerksamkeit dieser Smashwits binden, damit sie nicht Tabs’ hilflos im All hängenden Chopper entdeckten. Also tauchte Danai noch tiefer ins Asteroidenfeld ein, mit direktem Kurs aufs Schwarze Loch.
Jetzt bemerkte sie die unvorhersehbaren, aus verschiedenen Richtungen zerrenden Anziehungskräfte der Gravitationsanomalien ihrer Umgebung. Das Gravitoniumerz wechselwirkte auf rätselhafte Weise mit dem schwarzen Loch und erzeugte ein unberechenbares physikalisches Chaos aus hin- und herziehender Schwerkraft. In letzter Sekunde konnte sie einem großen Brocken, der unvermittelt vor ihr auftauchte, ausweichen. Eine Kollision mit einem der kleineren schüttelte ihre Slipstream durch und zog eine große Schramme über die linke Seite. Die plötzlichen Richtungswechsel und verrücktspielenden G-Kräfte nahmen ihren Orientierungssinn in die Mangel. Es war eine verdammt riskante Vorgehensweise, um die beiden Verfolger loszuwerden, aber sie wirkte. Ihre Sensoren registrierten in diesem Moment einen Feuerball auf ihrer Sechs, kurz gefolgt von einem zweiten.
Das war’s. Sie drehte ihre Maschine in einem weiten Bogen und machte sich unbehelligt auf den Rückweg. Ausmanövriert – Treffer und versenkt.
Als sie den Konvoi erreichte, war die Schlacht vorbei: keine Verluste. Erst war es ihr unsinnig erschienen, mit einem zusammengewürfelten Haufen aus Choppern und Jockeys mit so unterschiedlichen Stärken und Schwächen eine koordinierte Konzerneskorte anzugreifen, deren baugleiche Jäger einander optimal unterstützen konnten. Aber die Daredevils wussten, was sie taten. Auf dieser Seite eines Überfalls von Free-Turflern gegen Corp-Turfler hatten sie eindeutig mehr Erfahrung.
Der Zieltransporter war von Purples Enforcern aufgebracht worden. Danai hatte diese Leute als irgendetwas zwischen Schlägertrupp und Ex-Konzernmarines kennengelernt, die nun gerade die Ladung auf eine eigene Transportfähre schafften. Das waren die harten, kantigen Leute gewesen, die im Loco Hana weniger geprahlt und dafür mehr getrunken hatten.
Außerdem schien Danai mit ihrem Abschuss und dem Stunt im Asteroidenfeld einen fulminanten Start ihrer Gramstar-Karriere hingelegt zu haben. Ihr Stream, mit quantenverschränkter AnsVi-Tech-Kommunikation ohne Zeitverzögerung durchs Datanet an die Endgeräte in der ganzen von Menschen besiedelten Galaxie gesendet, wies bereits tausende Likes und hunderte Kommentare auf.
Ihr Sponsor würde wahrscheinlich sehr zufrieden sein.
»Unser Sponsor ist noch nicht zufrieden«, sendete Deardevil an die Staffel auf einem geschlossenen Kanal. »Bulldoxx hat entschieden, dass das Saubermann-Image nicht genug Aufmerksamkeit erzeugt. Ein bisschen Tabubruch muss her, ein bisschen Schock.« Sie schwieg kurz. »Wir sollen die anderen Transportschiffe aus dem All schießen.«
Die schwerfälligen Frachter waren ohne Geleitschutz leichte Beute. Danai sah sie in ihrer Zieloptik, und ihr wurde schlecht.
Wehrlose Beute ohne wertvolle Fracht. Bei einem Umzug dieser Art befanden sich neben kostbaren Gütern auch sicherlich eine Menge ausgebeutete Angestellte und deren Familien an Bord.
»Princess an Staffelführerin. Befehl bitte bestätigen. Wir sollen das Feuer auf Wehrlose eröffnen?«
Sie stotterte leicht beim letzten Wort, was ihr im Cockpit sonst nicht passierte. Nein, sie mochte als Ex-Konzernass das Ausführen von Befehlen strenger sehen als die anderen Jockeys der Staffel, aber diesen würde sie verweigern. Sie war doch nicht bei Hadronic von der Fahne gegangen, um nun Unschuldige abzuknallen! Und sie würde auch nicht zulassen, dass ihre Wingpals das taten.
Nicht schon wieder.
»Spinnst du, Liebes? So was machen die Daredevils nicht«, knurrte ihre Mutter zurück. »Im Disclaimer steht, wir streamen orange! Ich begeh doch keinen Datanet-Selbstmord!«
Danai verstand den letzten Teil nicht ganz, gab es eine Altersfreigabe für die Daredevils-Streams? Orange … wie in ab 16? Sie erlaubte es sich aber bereits, erleichtert auszuatmen.
»Wir sagen einfach, dass wir abhauen mussten, weil Verstärkung unterwegs war. Da konnten wir nichts machen.«
»Nein«, wiederholte Princess, »da konnten wir nichts machen.«
»Dann, Daredevils, Schätze. Schöner Run, Mission erfolgreich. Schleppt jemand Tabs ab? Bacon führt uns über den Highway wie immer. Ab nach Hause!«
Kian scrollte sehr zufrieden durch die Liste seiner neuen Follower. Der Run hatte einiges gebracht, obwohl oder vielleicht sogar weil sie bei der Orange-Freigabe geblieben waren. Danach warf er einen Blick auf das Programm, das ihn über die Unfollows informierte, und ihm klappte die Kinnlade herab: PrincessDD war ihm entfolgt!
Was denkt sie sich dabei? Er rief Details auf. Sie war ihm nicht einfach entfolgt. Sie hatte ihren Account gelöscht – nach der Rückkehr vom Run! Er starrte auf den leeren, ausgegrauten Account, und in diesem Moment rief seine Ex an.
Das Videocall-Symbol in der rechten oberen Ecke blinkte auf, und die Boxen unterbrachen das Basswummern des Jockeybeats für einen nervigen Klingelton.
Er lehnte die Anfrage der im undurchsichtigen Rand des Tablets integrierten Kamera ab und nahm den Anruf nur per Audio entgegen. Neval wusste, wie sehr er Videochats hasste, konnte sie ihm nicht wie jeder normale Mensch eine Message diktieren?
»Yo, Neval«, sagte er. Die Antwort dröhnte so laut aus den viel zu hoch geregelten Lautsprechern in jeder Zimmerecke, dass er zusammenzuckte: »Kian. Kannst du nicht die Kamera anmachen?«
Mit schmerzverzerrtem Gesicht verringerte er die Lautstärke. Ihr Gesicht war auf seinem Bildschirm erschienen, eine steile Falte stand zwischen ihren ausdrucksstarken Augenbrauen, vermutlich, weil sie statt seines Gesichts nur ein Pic seines neusten Tattoos sah.
»Mach du sie doch einfach aus«, schlug er mürrisch vor.
Sie seufzte. »Hätte dich gern gesehen, das ist alles.«
Er seufzte ebenfalls und schaltete die Kamera nun doch an. Die Falte zwischen Nevals Augenbrauen verschwand nicht ganz, glättete sich aber etwas. Kurz musterten sie einander.
»Du hast noch mehr Tinte im Gesicht«, sagte sie schließlich. Er musterte sie, das runde stupsnasige Gesicht mit den drei Leberflecken auf der rechten Wange. Die schwarzen Haare waren zurückgebunden und verschwanden unter einem dunkelroten Tuch, das sie um ihren Hinterkopf gewickelt hatte. Sie sah gut aus, aber auch ein bisschen staubig. Der Hintergrund war dunkel, er konnte nichts erkennen. Für eines jedoch reichte das Licht, das die Kamera fing: »Du hast Sommersprossen. Wusste gar nicht, dass du Sommersprossen kriegst. Sweet. Bist du irgendwo, wo es Sonne gibt?«
»Ich bin auf Valoun II«, brachte sie hervor und strich sich kurz über die Augen, als müsste sie sich wieder unter Kontrolle bringen. Als hätte sie sich gerade an seiner Schulter ausgeweint.
»Immer noch auf deiner humanitären Mission, ja?« Er wollte eigentlich nicht spotten. Sie hatten die Akademie beide verlassen, sie hatten beide einen Grund gehabt, und ihrer war objektiv weit, weit besser als seiner, das war ihm klar. »Klingt mir langsam nicht mehr nach einem Sabbatical.«
»Ist es auch nicht mehr. Hab das Studium geschmissen.«
Das wusste er natürlich. Er stalkte schließlich auch ihren Account.
»Ist was passiert?«, tastete er sich vorsichtig vor.
»Ja. Ja, es ist was passiert. Guckst du die Videos von SisX auf PolitiX nicht mehr?«
»Hab … also … schon, die haben sich aber etwas angesammelt.«
»Zu viel Jockey-Kram zu tun, was? Gramstar werden und so?« Der Spott war nun unüberhörbar. Nein, es war nicht mal richtiger Spott. Es war Enttäuschung, ganz so, wie seine Gramma geklungen hatte, als er das Navigstudium geschmissen hatte.
»Urteile ich über deine Lebensentscheidungen?«, knurrte Kian.
»Weiß ich nicht. Jedenfalls: Falls du Mainstream-Medien guckst – da reden sie nicht über Valoun II. Aber der PolitiX-Kanal hat von uns allen die Vids angefordert, alles an Bildmaterial, und sie analysieren, was das Zeug hält.«
»Okay, soll ich mich erst durch SisX’ neuste Verschwörungstheorien klicken, oder fasst du mir kurz zusammen, warum du mich anrufst?«, fragte er, mittlerweile mehr besorgt als genervt.
»Wir sind bombardiert worden. Aus dem Nichts, Kian.«
»Was, wir, im Sinne von ›Leute auf Valoun II‹, oder wir, im Sinne von ›du und der Ort, an dem du dich gerade aufhältst‹?«
»Fervintown, wo ich zwei Jahre gelebt hab! Vierunddreißig Tote! Wir sind in die Berge geflohen, haben hier einen Haufen Verletzte, drei Schwangere und ein paar Kinder, die keine Eltern mehr haben.«
»Was? Scheiße!« Was wurde das hier? Warum rief sie ihn an? »Werdet ihr evakuiert? Organisiert PolitiX einen Transport?«
»Die Schwerverletzten werden morgen hoffentlich wegtransportiert. Wir anderen … Kian, dass wir evakuieren, ist doch genau das, was der Angriff bewirken sollte. Das war ein chirurgisches Bombardement, wenige Detonationen, aber wirkmächtig. Die sollten uns nicht ausradieren, die sollten uns eine Scheiß-Angst einjagen, damit wir die Siedlungen verlassen.«
»Wer?«
»Was weiß ich, wer! Wir sind auf eine Rohstoffmenge gestoßen, Kian, die uns von armen Schluckern, die nur das Nötigste haben, zu einer autarken Gemeinschaft machen könnten! Entweder, wir haben Zorn auf uns geladen, weil wir autark sein wollen, oder Leute haben es auf die Rohstoffe abgesehen!«
»Von welchen Rohstoffen reden wir, Neval?«
Sie presste kurz die Lippen zusammen und schaute in die untere Ecke ihres Tablets. Vermutlich lief gerade parallel eine Verschlüsselungssoftware. »Die Staffel, für die du fliegst. Ihr seid okay, oder? Ihr macht Kunstflüge mit Sponsoring, Schmuggel, so was?«
»Hm«, machte Kian und befand selbst, dass das alles bedeuten konnte.
»Also, hab gehört, ihr habt so einen okayen Ruf im Datanet. Keine Attentate, Menschenhandel oder so was. Streamt maximal in orange.«
Kian hoffte, dass sie ihn nicht nach Lokkers Drogengeschäften fragte, denn sie schnitten zwar momentan im Sponsoring auch nicht schlecht ab, aber Deardevil hätte sich das Loco Hana und den Unterhalt der Gang ohne Lokkers Skywards-Tropfen wohl kaum leisten können. Die brachten die wahre Kohle, das war ein offenes Geheimnis.
»Wieso? Was soll das?«
»Kian, sag es mir einfach: Wenn ich euch dafür bezahle, herzukommen, dann schleift ihr nicht irgendwann die Hälfte der Leute hier in einen Transporter, um sie auf irgendeiner Minenkolonie als ›unfreiwillige Arbeitskräfte‹ zu verkaufen, oder?«
»Nee, so was machen wir nicht.«
»Okay, dann Folgendes: Ich rufe an, weil ich euch anheuern will.«
Er starrte in den Bildschirm. Ihre Augen begegneten sich nicht, weil sie beide rechts von der Kamera aufs Tablet starrten. Sie sah vollkommen ernst aus, ihr hübsches, ein bisschen niedliches Gesicht strahlte all die Ernsthaftigkeit aus, die zum Ende ihrer Beziehung geführt hatte.
»Das … das muss ich mit Deardevil besprechen«, sagte er langsam.
»Ich würde gern selbst mit ihr sprechen. Wenn du uns kontakten würdest.« Plötzlich so businessmäßig. Er atmete tief durch.
»Neval, wie geht es dir denn? Bist du verletzt?«
»Hab eine Metallstange durchs Bein gekriegt, aber es geht schon wieder. Ich hab Gehstützen, aber die Nanos wirken flott. Kian – wir sprechen später. Die versuchen, die Daten, die wir von Valoun aus senden, abzufangen, ich hab nicht viel Zeit. Wenn deine First Lady gerade verfügbar ist, würde ich gern die Details mit ihr besprechen.«
»Okay«, sagte Kian. »Ich … ich geb dir ihre Kontaktdaten.« Und als er diese mit dem Finger ins Chatfenster gezogen hatte, erlosch der Anruf so unvermittelt, wie er begonnen hatte. Mit einem Gefühl des plötzlichen Verlusts starrte er auf sein Tablet, während die Boxen wieder auf die Playlist umschalteten und den neusten Track von Gramsterkink durch seine winzige Kabine wummern ließen.