Kitabı oku: «Ace in Space», sayfa 8

Yazı tipi:

Challenge

//Smouldr

wische nach rechts, wenn es SMASH ist, nach links, wenn es TRASH ist

31 alte Nachrichten

Probro77: Okay, aber als ich dich nach rechts gewischt hab, hattest du noch im Profil stehen, dass du total auf die #Daredevils stehst! War das deine Masche, um mit mir zu chatten, oder was?

JockeyJonJunker: Baby, die DDs und die Firestarters sind beide boots brosome, aber Prophet hat selbst gesagt, diesmal muss man sich entscheiden.

Probro77: Und jetzt steht I START THE FIRE in deinem Profilbild, und, nope, Bae, ich find dich so einfach echt nicht mehr heiß. Ich hoffe, die Daredevils zünden diesen Brofucks die Chopper unterm Hintern an!!!1

JockeyJonJunker: @Probro77 Lol, spinnst du? Gegen die #Firestarters können die #Daredevils Hundo P einpacken! Ich glaub nicht mal, dass ich mir das ansehen muss, das wird eine ultrapeinliche Veranstaltung. Ich bin #Firestarter-Ultra FOR LIFE, Baby!

Probro77 hat den Chat verlassen

Die ganze Gang arbeitete eine Woche lang an der Challenge. Während sich Purple und Bacon um die Wettbewerbs- und Wettbedingungen kümmerten, hatte Marlene sich mit Eyegle und Danai im Cauldron ein Bild von der Lage gemacht und erste Bilder von den beiden im Asteroidenfeld geschossen, die Kian zum Challengevid hinzufügte. Für diesen Ausflug hatten sich Danai und Marlene die Zweisitzermaschine der Zwillinge ausgeborgt. Es war schade, die Slipstream noch nicht auf den Previews zu haben, aber nicht zu ändern. Die Prez wollte noch nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf die Maschine ihrer Tochter lenken.

Kami heckte mehrere Alternativen für den Slogan aus. Das Vid mit der Herausforderung gaben sie mit Text und Bild in drei Variationen bei einem großen Saufabend im Loco Hana zur Abstimmung frei. Die Sprüche »Dare to Fly«, »Dare the Devils« und »Fly or Die (Trying)« standen zur Auswahl. Nach kurzer, aber heftiger Diskussion entschied sich das tosende Publikum schließlich für »Dare to Fly«, womit Kian ganz zufrieden war. Dann konnten sie das Ganze auf ihren eigenen Namen als Herausfordernde branden. Der Hashtag begann noch an diesem Abend zu trenden, und die Abonnements auf den verschiedenen Kanälen stiegen in etwa gleichmäßig auf das Doppelte. Es kamen sogar einige kostenpflichtige Abos dazu, mit denen Follower Zugriff auf die spezielleren Videos und den exklusiven Content bekamen, und das wiederum holte die Kosten für die Kick-off-Party – nicht im Loco, sondern in einer ehemaligen Produktionshalle tief im Inneren des Devil’s Rocks – fast genau wieder herein.

Marlene hatte einen Kredit aufgenommen, um dieses Event so richtig zu zelebrieren, mit Strippern und Sex Workers aller Geschlechter, eine richtig fette Party. Die Challenge musste sich groß anfühlen, denn wenn die Firestarters den Schwanz einkniffen, sollte auch das sich groß anfühlen.

Die Party war ein Kracher. Die hohe Decke glitzerte über ihnen in hypnotischen Spiralmustern, die im Takt der Musik pulsierten. Tabs hatte eine Playlist für zwanzig Stunden zusammengestellt, und so wenig Gespür sie auch für alles andere hatte, Kian musste ihr zugestehen, dass ihr Gefühl für Musik fantastisch war. Auf der Tanzfläche wogten die Normalsterblichen vom Devil’s Rock zusammen mit den Challenge-Vloggern und auf den Tischen lieferten die Table Dancer Akrobatisches ab.

Kian stand bei den beiden anderen Prospects, Tabs zeigte ihnen gerade ihre Playlist, und Nean hatte damit begonnen, ihr wahllos weitere Titel zu nennen, die sie jeweils mit einem Grinsen und einem Kopfschütteln zurückwies.

»Lass Tabs doch diese eine Inselbegabung, Nean«, stichelte Kian. »Sie hat immerhin eine!«

Er bekam von beiden Seiten eine Faust in Rippen, aber spielerisch. Neans Beitrag zur Party war ein Armdrücken-Turnier, das Kian schnell zu verlieren gedachte, damit er danach seine Aufmerksamkeit wieder Danai schenken konnte, die er gerade schon vergeblich mit Blicken suchte. Er tendierte immer dazu, aktuellen Flammen zu sehr auf der Pelle zu hocken und tat sich etwas schwer damit, seinen Fokus no-fomo-mäßig zu erweitern.

»Wie sieht’s aus mit dem Turnier?«, fragte er.

»Ich glaub, das mach ich nachher, wenn ich mehr Aufmerksamkeit hab«, sagte Nean mit einem Blick auf die Tanzfläche. »Vielleicht sollten wir vorher ’ne Runde tanzen? Ist ja nicht mit anzusehen, wie Purple und Deardevil gerade Leichenschubsen betreiben!«

Grinsend wies Nean auf die beiden älteren Frauen. Dear schüttelte ihre pinke Matte, und die spröde Purple wippte einfach nur ein wenig im Takt.

Die drei Prospects enterten die Tanzfläche. Tabs hatte perfektes Rhythmusgefühl, und Nean präsentierte zwei, drei beeindruckende Breakdance-Stunts.

»Krass, Bro«, schrie Tabs durch den Lärm. »Wo hast du das gelernt?«

»Beim Yoga!«, schrie Nean zurück.

Endlich entdeckte Kian Danai wieder. Sie gönnte sich einen Lapdance von einer kleinen, üppigen Weißen. Hypnotisch zog ihn der Anblick an – und er war nicht der einzige. Auch Eyegle stand interessiert in der Nähe.

»Du nimmst sie aber nicht auf?«, fragte Kian ihn, denn Eyegle konnte xiese Linsen einfach mitfilmen lassen.

Xier grinste breit. »Wäre kein schlechter Exklusivcontent für unsere Abonnenten. Aber keine Sorge, ich weiß noch: Princess taucht nicht ohne Helm auf den Vids auf. Aber vielleicht willst du die Datei ja? Ich weiß ja schon, dass du mehr der Typ für serielle Fomogamie bist und mächtig in die Kleine verschossen.«

»Das ist nicht wahr, ich … Moment. Ist das ein Wort? Fomogamie?«

»Stammt von Kami.« Eyegle grinste. »Kannst bei Gelegenheit ja Bacon mal fragen, wie man so ’ne Mono-Fomo geheim hält.«

»Was?«

Der Synththrash verklang, die Stripperin erhob sich von Danais Schoß. Sie tanzte einen grobschlächtigen Typen an, dessen Jacke andeutete, dass er und einige seiner lautstarken Kumpels zu einer kleineren, auf dem Devil’s Rock ansässigen Choppergang gehörten, die den Daredevils Tribut zahlten. Danais Augen waren leicht glasig vom Alkohol und der erotischen Überdosis. Sie versuchte vergeblich ihr zerknittertes Shirt zu glätten.

»Nichts«, sagte Eyegle und machte gleichzeitig, wie so oft, die Gebärdensprachengeste dazu. Xier grinste erneut so unverschämt breit. Kian hatte sich damals ein bisschen in dieses Grinsen verguckt, aber sie passten charakterlich einfach nicht zusammen und offenbar war er zu … fomogam, um lediglich eine Smashbeziehung ohne diese Art von Chemie zu pflegen. Kian hatte schon wieder vergessen, was er Eyegle gefragt hatte, denn Danai sah sich suchend nach ihm um, und als ihr Blick ihn gefunden hatte, winkte sie ihn mit dem Zeigefinger zu sich herüber.

Da gellte Marlenes Stimme durch die Lautsprecher und kündigte Neans Armdrücken an. Kian erwog, es zu schwänzen, doch er spürte den unmissverständlichen Druck einer Hand auf seiner Schulter.

»Wo willst du denn hin, Bro?«, fragte Tabs und ließ die subkutanen Stränge ihrer bionischen Muskeln spielen. »Wir treten in Runde eins gegeneinander an!«

Seufzend ergab er sich dem Schicksal des Prospect-Rahmenprogramms.

Neval lebte nun in Amíttown.

Amíts Claim war der älteste in der Tiefebene, und Amít ging schon auf die hundert zu. Zwei Schlaganfälle hatten ihn gelähmt, aber er saß in einem Gravstuhl und teilte sich mithilfe einer Software und eines Lautsprechers mit. Er genoss für gewöhnlich seinen Lebensabend und pflegte lange zu schlafen und ausgedehnt Tee zu trinken, aber er schaffte es dennoch, alles zu wissen, alles zu organisieren, und alle beisammenzuhalten. Neval bewunderte das, obwohl sie ihn für gemütskalt hielt.

Er und sein von den Siedelnden gewählter Rat aus Admins hatten Geflüchtete aus den bombardierten Siedlungen aufgenommen, hatten jedoch keine Krankentransporte off-planet organisieren können, sodass ihnen nur die medizinische Versorgung in Amíttown blieb. Wer die eigenen Verletzungen bis jetzt überlebt hatte, würde das vermutlich auch länger tun.

Amít hatte in den von Gatern niedergewalzten oder von Hadronic zerbombten Gebieten nach Versprengten suchen lassen, und selbst abzüglich der Toten, die bereits eingeäschert worden waren, befanden sich nun doppelt so viele Menschen in Amíttown wie vor den Bombardements.

Wie lange das gut gehen würde, würden sie sehen.

Amíttown war von hohem Stacheldraht umgeben, am Tor ragte ein Sensorturm auf, der das Umland überwachte – Amít war immer schon ein umsichtiger Siedler gewesen. Die Leute am Zaun, am Tor und in jedem Fahrzeug, das die Siedlung zu den Plantagen und Landefeldern verließ, waren bis an die Zähne bewaffnet.

Außerdem befand sich unter Amíttown ein Bunker, der bewies, dass Amít nicht nur umsichtig, sondern auch voraussschauend war.

Neval konnte bereits wieder auf wackligen Beinen gehen, und auch den Tee, der dreimal täglich in den Treffpunkten der Siedlung gekocht wurde und der ihr die Schuhe auszog, weil er so stark war, konnte sie wieder trinken.

Als sie den ersten vorsichtigen Spaziergang zwischen größtenteils fremden Leuten gewagt hatte, waren die Vorbereitungen für eine Evakuierung in den Untergrund in vollem Gange gewesen, selbst die Kinder wurden einmal täglich gedrillt.

Überall, wo die Formen wuchsen, gab es Siliciumvorkommen im Boden – die Minkowskiumvorkommen lagerten erst in tieferen Schichten, in Gesteinsporen. Silicium war kein seltenes Element, und deshalb wurde es auf Valoun II nicht im großen Stil abgebaut, doch es war besonders in den Anfangszeiten nützlich gewesen, denn Silicium als Halbleiter war eine Ressource, die immer wieder zum Nachrüsten von Minengerätschaften und zum Ausbessern von Explorationswerkzeugen verwendet wurde. Unter Amíttown hatte eine Schicht von vor geologischen Zeitaltern verrotteten Formen schräg nach unten geführt, sodass ein Stollen hineingetrieben worden war, von dem nun große Hohlräume und Kavernen abgingen. Nachdem eine davon vor mehreren Jahren eingestürzt war und drei Häuser und mehrere Todesopfer gefordert hatte, hatten Amít und sein Rat beschlossen, die Kavernendecken abzustützen und die Höhlen regelmäßig statisch zu überprüfen. Amít hatte es damit ein wenig übertrieben, und somit verfügte die Siedlung nun über genug Platz in nach oben abgesicherten unterirdischen Räumen.

Amíttown besaß durch den Sensorturm eine hunderte Kilometer weit reichende Luftüberwachung, wenn auch keinerlei militärische Gegenmaßnahmen bis auf die übliche Gemengelage aus Schusswaffen, um sich gegen die Gater zur Wehr zu setzen, die bislang die größte Bedrohung dargestellt hatten.

Normalerweise fand das Leben in Amíttown – wie es auch in Fervintown gewesen war – im Freien statt. Es regnete nie auf Valoun II, die Temperaturen waren meist bis in die Nacht hinein angenehm, und so wurde abends meist draußen gekocht und gegessen, Filme und Netshows wurden gemeinsam in großen Innenhöfen zwischen den Hütten geschaut und an jedem Abend wurde auf einem der größeren Plätze in der Umfriedung oder auch draußen bei den Gärten Hurling gespielt. Für die, die dem Teamsport nichts abgewinnen konnten, gab es oft Rätsel und Quizze oder eine besonders lächerliche Form des Brettspiels, bei der die Menschen sich als Figuren durch Innenhöfe bewegten, auf die Spielbretter projiziert wurden.

Die erste Maßnahme hatte darin bestanden, die Siedlung abends abzuriegeln – mit dem Hurling zwischen den Hochbeeten war es vorbei. Dann blieben die meisten Hausgemeinschaften zusammen, um im Fall einer Evakuierung schnell das Wichtigste zur Hand zu haben. Das dünnte auch die Gelegenheiten für Spiele mehr aus. Und schlussendlich war niemandem mehr nach Unterhaltungsshows. Meist wurden die Nachrichten des PolitiX-Channels an die weißen Häuserwände projiziert.

Neval schlief in einem Lagergebäude, das zu einer Unterkunft für die Geflüchteten aus Fervintown umgebaut worden war und half tagsüber in einer der kleinen Schulen. Zu mehr war sie aufgrund der Verletzungen an den Rippen noch nicht fähig. Auch über die Schule warfen die aktuellen Ereignisse ihre Schatten. Eigentlich hatte sie Matheübungen begleiten sollen, aber die Kinder fragten immer wieder nach den Gatern.

Ein vielleicht sechsjähriges Mädchen namens Alicia hatte keine Ruhe gegeben, bis Neval sie und ihre Freundin Dina beiseite genommen hatte, um die anderen Kinder in Ruhe rechnen zu lassen.

»Können wir ihnen nicht sagen, dass sie uns in Ruhe lassen wollen?«, fragte Alicia störrisch.

»Nein.« Neval setzte sich mit den Kindern auf den Boden. »Leider nicht. Die Gater wollen nicht, dass wir uns mit ihnen vertragen. Immer, wenn Leute sich mit ihnen vertragen wollten, ist es sehr schlecht ausgegangen.«

»Aber vielleicht sind das hier ja andere Gater«, argumentierte Alicia. »Amít hat es noch gar nicht versucht!«

»Leider sind Gater überall gleich. Sie glauben daran, dass alles Minkowskium ihnen gehört. Das einzige, was wir tun könnten, ist ihnen Amíttown zu schenken und zu gehen.«

»Aber wohin denn?« Alicia verschränkte die Arme, Dina popelte in der Nase.

»Genau. Wohin denn. Das ist es ja. Das hier ist eure Stadt und ihr könnt ihnen nicht einfach alles geben, was ihr habt.«

»Du wohnst jetzt auch hier«, sagte Dina und lächelte liebenswert.

»Ja. Und ich will auch nicht, dass das alles hier den Gatern gehört.«

»Die Gater machen mir Angst. Ich hab ein Bild gesehen, und irgendwas ist mit ihren Augen«, sagte Alicia sehr leise, und Neval begriff, dass diese Kinder gerade mit zu vielen Nachrichten und zu wenigen Netshows aufwuchsen.

Kurz darauf unterbrach die Luftüberwachung das Tagwerk an den Pumpen und Maschinen, in den Küchen, bei den Kindern, Hochbeeten und in den Reparaturwerkstätten: Diesmal war es kein Drill, sondern das echte Signal, das vom Turm aufheulte und ihnen gleichzeitig per AnsVi gesendet wurde. Alle mussten sofort den Bunker aufsuchen.

Die Sonne stand niedrig und alle waren ziemlich schläfrig gewesen, doch der Alarm, der vom Turm und mehrstimmig auf den Tablets aller Erwachsener und mehrerer Kinder ertönte, ließ alle aufschrecken. Er sandte einen plötzlichen Schmerz durch Nevals Lungen, als könne sie noch die Splitter fühlen, die sie erwischt hatten. Sie fuhr auf, ihr erster Gedanke galt dem Zugang zum Untergrund: Es war ein schmaler, abschüssiger Gang, und sie würden zu hunderten dort hinuntermüssen. Rechtzeitig.

Sie atmete jetzt schon hastig, obwohl sie gerade erst von der Bank aufgesprungen war, auf der sie gesessen und mit den Mädchen gesprochen hatte. Dina, Alicias Freundin, hatte das Down-Syndrom und lenkte Neval, Alicia und sich selbst beim Arbeiten immer wieder sehr effektiv mit kleinen, charmanten Albernheiten ab. Jetzt sah Dina Neval ernst durch dicke Brillengläser an. »Müssen wir runter?«, fragte sie. Den AnsVi-Ton hatten sie schon vor vier Tagen mit allen Kindern besprochen, und Dina hatte ein gutes Gehör für Töne, das hatte Neval schon gemerkt.

»Ja«, brachte Neval hervor und presste eine Hand auf ihre schmerzende Seite.

»Zu zweit zusammen, wie wir das geübt haben!«, rief Jawdat von vorn und sammelte bereits eilig die Tablets ein, an denen die Kinder gearbeitet hatten. Er sah besorgt in den Himmel – sie befanden sich in einem sonnigen Innenhof, dessen Wände sogar mit ein paar Topfblumen berankt worden waren. Neval konnte noch gar keine Angst fühlen, nur dieses Stechen in ihrer Seite, als hätte ihr Körper beschlossen, darauf zurückzugreifen, um ihr zu signalisieren, was als nächstes geschehen konnte. Sie nahm Dinas und Alicias Hände und führte mit den beiden die kleine Prozession aus Kindern an. Jawdat und Noor, die beiden anderen Erwachsenen, bildeten die Nachhut. Jawdat hatte seinen Unterricht absichtlich in den Innenhof verlegt, der sich nah am Mineneingang befand, und sie benötigten keine drei Minuten zum Zugang, vor dem die Schutzsuchenden sich bereits drängten.

Neval fühlte sich hier im Offenen beklommen. Die Taubheit fiel urplötzlich von ihr ab, Schweiß brach ihr aus, und sie hielt sich an Alicias und Dinas kleinen Händen fest, als ihre Knie zu zittern begannen. Das war posttraumatischer Stress, die Ärztin, die sie behandelt hatte, hatte ihr bereits gesagt, dass sie damit rechnen musste, dass das Erlebte sie noch eine Weile verfolgen würde. Neval drängte sich weiter vor, bis Noor ihren Namen rief. Sie hielt mit hochgezogenen Schultern an und starrte einfach auf den Eingang, an dem zwei Frauen mit barschen Rufen und umgehängten Gewehren Ordnung ins Gewühl brachten. Die Menschen waren überraschend gefasst, selbst die Kinder warfen einander nur ängstliche Blicke zu, ein paar überspielten ihre Furcht mit Witzen oder Grimassen. Es ging nicht einmal langsam voran. Trotzdem lief alles nicht ohne Trampeln und Rempeln ab. Als auch sie nach einer Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, aber sicherlich nur eine Minute lang war, am Eingang ankam, sah sie in Amíts gelassenes Gesicht herab. Er überwachte die Evakuierung selbst mit den beiden grimmigen Frauen. Er wirkte immer gelassen, seine rechte Gesichtsseite war schlaff durch die Lähmung, aber die Linke trug stets die Andeutung eines Lächelns. Sie nickte ihm zu, und seine Runzeln verzogen sich zu einem stärkeren Lächeln, auch die um das rechte Auge. Sein altersfleckiger kahler Kopf wirkte wie eine Sternkarte in eine Neval unbekannte Galaxie der Gelassenheit. Dina war es nun, die zog, sie hatte weiter vorn ihren Vater entdeckt, der jedoch nicht stehen bleiben konnte. Er winkte nur und rief über die Schulter: »Ich seh dich später, Baby, bleib bei deiner Lehrerin!«

Schließlich waren sie drinnen. Neval versuchte, ruhiger zu atmen. Nichts konnte ihnen hier unten etwas anhaben.

Der Tag der Challenge am nächsten Morgen fing gut an. Im Bad, das sich der ganze Flur teilte – also Nean, Garuda, Danai, Eyegle und er –, hatte ein übernächtigter Kian Danai beim Zähneputzen in einem ausgeleierten Schlafshirt getroffen, und sie hatten in einer der Duschkabinen herumgemacht. Nicht nur das – etwas sagte ihm, dass sie schon eine Weile mit der Zahnbürste in der Hand gewartet hatte.

Auf ihn.

Um ihn unter der Dusche zu wegzusnacken.

Ihm gefiel der Gedanke.

Heute würden sie den Cauldron of Death betreten. Er sah auf die Uhr: Die ersten getimeten Interviews und kleinen Schnipsel würden in fünf Minuten verteilt auf die Social-Media-Kanäle online gehen, damit ihre Fans auch wirklich auf jeder Seite auf Like, Follow oder Subscribe klickten.

//Wizzler

Posts, die @ProphetDD heute mit LIKE markiert hat

Lilliglitter: Die Challenge ist echt wie Hanukkah und Diwali zusammen! Mir eigentlich auch egal, wer gewinnt, trefft mich, wie ich ab jetzt 24/7 den @Daredevils Stream laufen hab! Reaction Vids gibt’s auf meinem Loggtube!

MarauderSuperFan: Wer von euch findet auch, dass Kian weiter Marauder heißen sollte? Ich finde, das passt viel besser zu ihm, aber er hat jetzt überall seine Handles geändert!

StarNavig987: Er ist hottt, mir scheißegal, wie er sich nennt.

Gramstar999: Ich bin so gespannt, ob sich die Neue endlich zeigt, ich hab das Gefühl, dass das irgendeine krasse Überraschung wird, wer unter dem Helm und in der Slipstream steckt. Ich bin schon total aufgeregt! 1/2

Gramstar999: Princess ist nicht einfach irgendeine Jockey, Leute. @PrincessDaredevil kennen wir sicher schon aus einer anderen Gang und sie ist übergelaufen. Ich tippe auf @MilkingGirl, die ist vor zwei Wochen bei den @WasabiWarriors von der Fahne gegangen. 2/2

MainsplainChiqqa: Kommt nicht hin, Princess ist schon seit drei Wochen bei den @Daredevils. Rechnen ist wohl nicht deine Stärke.

Y’all-Mama123: Habt ihr gesehen, dass es auf Loggtube ein neues Channel-Intro gibt? Da kann man die neuen Paintjobs alle noch mal genau auschecken!

Sie mussten eine Umleitung über Corp-Turf nehmen. Das war das einzige Problem mit dem Cauldron – der Weg in dieses System führte durch den Corp-Turf von Hadronic Inc. Sie mussten vom Devil’s Rock auf Hadronic-Gebiet springen und von dort aus durch ein zweites Wurmloch weiter zu ihrem Bestimmungsort. Es gab eine alternative Route durch Free-Turf, die jedoch einen riesigen Umweg bedeutete.

Eigentlich war der Transit auf Corp-Turf auch für Free-Turfler kein Problem, und die Daredevils hatten keinen Beef mit Hadronic. Die Transitstation am Wurmloch erhob jedoch Zoll. Marlene war schon ziemlich knatschig gewesen, als Bacon als Road-Captain ihr vorgerechnet hatte, wieviel das sein würde. Der Kredit, den sie aufgenommen hatte, deckte auch das ab – inklusive des kurzen Trips, den sie mit Eyegle und Danai zur Vorabinspektion zum Cauldron unternommen hatte –, aber sie mussten sichergehen, dass sie es mit Wetteinsätzen und Loggtube-Money wieder in die Kasse gespült bekamen.

Als sie den Hangar im Devil’s Rock betraten, war Danai trotz der morgendlichen Nummer in keiner solchen Hochstimmung wie er. Grimmig setzte sie ihren Helm auf, damit ihr Gesicht nicht auf dem Bildmaterial auftauchte. Eine Kameradrohne filmte, wie er und die anderen Daredevils den Hangar in einer Art losen Keilformation mit Marlene an der Spitze betraten. Er musste sich zurückhalten, um sich nicht gleich in Zeitlupe zu bewegen und grinste über seine eigene Albernheit.

Bei ihrer Slipstream angekommen, nahm Danai den Helm noch einmal ab, um etwas mit Kami zu besprechen. Kian wurde von Marlene und Bacon noch nach Einzelheiten zu den Account-Statistiken gelöchert. Die Nervosität war überall zu spüren, aber bei allen außer Danai auf positive Weise.

»Wenn das hier gut läuft, Kleiner, dann mach ich ein Vollmitglied aus dir«, gab Marlene ihm schließlich noch zusammen mit einem Klaps auf den Hintern mit. Sie lächelte, ihr Lippenstift glomm türkis wie die Streifen auf Danais Slipstream, passend zu ihrem Lidschatten und zu einer Strähne in ihren ansonsten pinken Haaren.

Erst, als sich die Cockpitkanzeln über ihnen schlossen, kam Kian dazu, einen privaten Kanal zu Danai zu öffnen.

»Na, Nachtisch. Alles klar?«

»Was soll nicht klar sein?«, stieß sie mit unverkennbarer Anspannung hervor.

»Kami hat dir irgendwas gegeben.«

»Ja.«

»Soll ich sie fragen, was es war, oder sagst du’s mir? Moddest du etwa heimlich?«, neckte er sie. »Wenn man das heimlich macht, gibt das aber keine Likes!«

Sie seufzte. »Wenn du es unbedingt wissen musst: Lässt die Slipstream auf den Sensoren auf den ersten Blick nach ’ner Manta aussehen.«

»Oh, damit beweist du natürlich Geschmack, Prinzessin. Aber warum?«

Erneut ein Ausatmen. Sie war seine Fragerei offenbar leid. »Ich bin Ex-Hadronic, Kian«, murmelte sie schließlich. »Der Jäger hat keine Kennung mehr, aber wär möglich, dass sie ihn trotzdem erkennen, wenn ich durch eine ihrer versmashten Zollstationen fliege.« Sie zögerte. »Wenn sie sogar aktiv nach mir suchen und eins und eins zusammenzählen, kann es sein, dass sie längst auf die Daredevils gestoßen sind. Meine Maschine featurest du ja besonders gern in deinen Vids. Ja, und falls sie jetzt, nachdem dieser Dare-to-Fly-Opener getrendet ist, besonders die Augen aufhalten, brauche ich eine Tarnung. Das ist alles.«

»Du bist für Hadronic geflogen?« Kian wurde kalt in seinem Druckanzug aus Kunstleder. »Wo?«

»Wo immer sie mich hingeschickt haben. Größtenteils im Tri-Vega-Sektor.«

»Auch … auch auf Valoun II?«

»Nein!«, blaffte sie durchs Comm. »Kian, als deine Ex bombardiert wurde, war ich schon lange bei euch, wie soll ich das angestellt haben?«

»Ja. Ja, du hast recht.« Der Angriff auf Nevals Siedlung – das waren Gater gewesen, nicht Hadronic. Sie hatte nichts damit zu tun. Und bei einem Konzern wie Hadronic, dessen Dependancen den ganzen Kobeni-Gürtel durchzogen, konnte er sie als ohnehin Abtrünnige nicht für etwas verantwortlich machen, was der alles verschlingende Corp-Gigant getan hatte.

Hadronic macht ’ne Menge Scheiße. Überall.

Danai hatte sicher auch ’ne Menge Scheiße gemacht in Hadronics Namen. Aber deshalb war sie jetzt hier, richtig? Weil es ihr zu viel geworden war.

Weil das Leben als Jockey doch ehrenhafter ist als das Leben als Corp-Pilotin.

***

Drei Stunden später beschleunigte Danai noch einmal abrupt über die Landezone, nur um dann die Bremstriebwerke und unteren Manöverdüsen zu feuern. Gleichzeitig fuhr sie das Fahrwerk aus, während sie die Nase ihrer Slipstream leicht anhob und mit einem Ruck auf dem Metall der Landeplattform aufsetzte. Das Ganze belastete die Hydraulik des Fahrwerks derart, dass der Chopper nachfederte. Es war keinerlei Eile geboten, und damit war eine hastige Gefechtslandung ebenso unnötig wie riskant. Welche umsichtige Pilotin würde einen Crash riskieren, nur, um ein bisschen anzugeben? Aber Danais umsichtige Zeiten lagen wohl endgültig hinter ihr. Und wenn sie ehrlich war, genoss sie es auch, zeigen zu können, was sie draufhatte. Nur wenige kriegten eine präzise Landung bei einer solchen Relativgeschwindigkeit hin. All die Gelegenheiten, bei denen sie die Grenzen der Geduld ihrer Deckoffiziere und Ausbilderinnen mit ihren Landungen ausgetestet hatte, machten sich nun bezahlt.

»Seht zu, dass ihr vor diesen Brofucks einen guten ersten Eindruck macht!«, hatte Mama befohlen, nachdem sie tatsächlich unbehelligt in den Hadronic Corp-Turf hinein- und über eine weitere Highwayauffahrt wieder hinausgeflogen waren – Letzteres um eine Unsumme Cash ärmer. Danai fühlte immer noch einen Film aus kaltem Schweiß unter ihrem Druckanzug. Doch der Funkspruch von Hadronic war ausgeblieben, das Konzernmilitär hatte ihr nicht befohlen, an der Station haltzumachen, man hatte sie einfach passieren lassen. Hatte Kamis Tarngerät die Sensoren getäuscht? Oder waren der Diebstahl einer Slipstream und die Desertation einer Pilotin ihrem alten Arbeitgeber doch nicht so wichtig, wie sie befürchtet hatte?

Jedenfalls hinterließ Danai am Cauldron of Death einen guten ersten Eindruck.

Sie öffnete die Kanzel, kletterte aus dem Cockpit und sprang mühelos auf den Metallboden der Bohrinsel. Die Schwerkraft war gering auf diesem Gesteinsbrocken. Nur wenige Gravitonmotivatoren schienen noch aktiv zu sein und die Eigenschwerkraft des Asteroiden, auf dem sich die Bohrinsel befand, war gering.

Der Begriff Bohrinsel stammte von der Erde, auf deren Meeren fossile Brennstoffe gefördert worden waren, den Methoden bei der Minkowskiumförderung nicht unähnlich. Auf dieser Bohrinsel hier wurde allerdings nach nichts gebohrt – Danai konnte den Spitznamen für diese Art von Förderstationen aber durchaus nachvollziehen. Komplexe Konstruktionen aus Stahlverstrebungen, errichtet weit entfernt von der Zivilisation, in denen harte Kerle in Blaumännern (damals tatsächlich meist Männer) monatelang in einer lebensfeindlichen Umgebung schufteten, um einen kostbaren Rohstoff zu fördern und irgendwann hoffentlich gut bezahlt zu ihren Familien zurückzukehren, sofern keine Katastrophe das vereitelte. Die interstellare Art Bohrinsel wurde meist auf Himmelskörpern mit halbwegs stabilen Umlaufbahnen am Rand vielversprechender Prospektionszonen errichtet. Sie diente als Stützpunkt für schweres Minengerät und Förderschiffe, die Asteroiden ihrer Minkowskium- und Gravitoniumvorkommen beraubten. Wie diese Station hier, Drummer Epsilon, wurden die Stationen nach dem Einstellen der Förderung meist zurückgelassen. Die Tatsache, dass jemand den Reaktor noch zum Laufen hatte bringen können, und das Vorhandensein eines zu Schlacke zerschmolzenen Bereichs an der Flanke des Asteroiden, den Danai aus dem All gesehen hatte, deuteten allerdings darauf hin, dass diese Bohrinsel sehr plötzlich aufgegeben worden war, vielleicht nach einem Angriff.

Nach und nach parkten sie alle ihre Chopper auf der oberen Plattform inmitten der schwarzen Weltallendlosigkeit. Selbst Danai hatte ein mulmiges Gefühl dabei, das Cockpit nur mit dem Druckanzug, den Magnetstiefeln und dem schwachen Sog der Schwerkraft nach unten zu verlassen.

Die Plattform erstreckte sich so weit, dass sie noch zahlreichen anderen Jagdmaschinen und Frachtschiffen Platz geboten hätte, und auch in der Bohrinsel selbst befanden sich noch Hangars, in denen sie hätten landen können. Doch hier konnten die Kameradrohnen die Chopper der beiden gerade eingetroffenen Staffeln inmitten der Metallwüste umkreisen und alle Details einfangen. An den vier Ecken der Plattform führten Treppen und Aufzüge ins Innere der Bohrinsel.

Hier oben standen sie sich also gegenüber, wie in einem billigen Spacecowboy-Vid. Eine Bohrinsel, zwei Staffeln, eine Challenge.

Auf dieser Hälfte der obersten Plattform von Drummer Epsilon hatten sich die Daredevils versammelt, alle neben dem eigenen Chopper: Deardevil vor ihrer vor Kraft in Form von Waffen und Triebwerken strotzenden Starstallion, daneben die Zwillinge in ihrer immer wieder aufs Neue konfigurierten und modifizierten Stratos; vom ursprünglich zivilen Ausflugflitzer war kaum noch etwas zu erkennen. Kian lehnte sich an seine robuste und dennoch elegant wirkende Manta. Garuda flog eine legendäre Windblade, die bis auf den rot-schwarzen Anstrich kaum aufgemotzt war. Warum auch? Dieser Typus hatte angeblich den Krieg um Darius VI entschieden. Bacons Maschine stand im krassen Gegensatz dazu: Er hatte ein eigentlich veraltetes Dragonsbreath-Kanonenboot in einen Raumjäger verwandelt, der mit modernen Choppern durchaus mithalten konnte – das Teil war nicht sonderlich wendig, konnte aber eine Menge einstecken und austeilen. Eyegel war in einer Enigma mit sensorabweisender Beschichtung und großer Sensorphalanx unterwegs. Danai lehnte an der Nase ihrer Slipstream, mit abgedunkeltem Visier, als einzige ohne Waffe. Nean und Tabs hielten sich als Prospects ohne Abschüsse auf Deardevils Befehl hin etwas im Hintergrund. Nean war mit einer Spacerider am Start – die Maschine, die man sich zulegte, wenn man wie ein Chopper-Jockey aus dem Kobeni-Gürtel wirken wollten, und die tatsächlich kaum ein echter Jockey flog, der etwas auf sich hielt. Tabs musste sich mit einer erbeuteten Konzern-Sparrow zufriedengeben, an die die Zwillinge Panzerplatten und zwei übergroße Schubdüsen geschraubt hatten. Alle Daredevils hatten eine Hand in der Nähe der Seitenwaffe oder ein Gaußgewehr auf der Schulter.

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