Kitabı oku: «Mein Leben mit dir hat bereits begonnen», sayfa 4
Nelly nahm sie und legte sie auf ihre Stirn. Ja, dachte sie, das tut echt gut.
„Ich habe mich jetzt vor deine Tür gesetzt. Wenn Hanna fragt, ich habe dich gefragt, ob ich reinkommen soll. Hab ich gefragt, oder?“
„Ja, du hast dich angeboten, und ich habe dankend abgelehnt. Ich brauche noch ein bisschen Zeit.“
„Okay, ich warte hier und wenn was ist, sagste Bescheid.“
Nelly hörte wie Dana in ihrer Tasche kramte und danach das Tippen von ihren Fingern auf dem Handy. Nelly schloss ihre Augen und hoffte, dass die Übelkeit bald erträglicher wurde.
„Hast du den Verstand verloren, oder was wird das hier zwischen Dir und Nelly?“
Hanna war mit Ron vor die Tür gegangen und viele aus dem Club hatten ihnen neugierig hinterher geschaut.
Augenscheinlich hatte es sich bereits wie ein Lauffeuer herumgesprochen, das Ron auf dem Damen-WC gewesen war und Hanna ihn da jetzt rausgeholt hatte.
Aaron schaute Hanna zornig an und man konnte nicht nur seiner Stimme anhören, wie bemüht er war, ihr nicht den Hals umzudrehen. Die Ader auf Rons Stirn schwoll immer an, wenn er sauer war, und die Ader war jetzt gerade zum platzen angeschwollen.
„Was zum Teufel willst du von mir? Was das mit Nelly und mir ist, willst du wissen?! Ich weiß es selber nicht und solange ich es nicht weiß, werde ich nicht mit dir oder sonst wem darüber sprechen. Und du solltest auch kein Wort darüber verlieren. Ist das angekommen?!“
Hanna blickte Ron an, so hatte sie ihn ihr gegenüber noch nie erlebt. Was war hier nur los? Sie schüttelte den Kopf.
„Sie ist meine beste und einzige Freundin, Ron. Du weißt, was das in unserem Job bedeutet -ich kann und will sie nicht verlieren. Ich will nicht, dass man ihr weh tut -das du ihr weh tust! Ich kann das hier nicht, ist das bei dir angekommen?!“
Hanna fuchtele mit ihren Armen in der Luft herum, um deutlich zu machen, was sie mit dem hier meinte.
„Sie ist gerade nicht in der besten seelischen Verfassung und ich bin mir sicher, dass sie das hier wirklich nicht braucht!“
„Sie braucht mich“, Ron sprach so ruhig und leise, aber bestimmt, das Hanna zögerte und dann doch leise weitersprach:
„Nellys Lebenspartner stirbt. Die Ärzte geben ihm noch maximal 3-4 Monate.“
Hanna schluckte und ließ ihre Worte wirken. „Nelly geht mit ihm sehr bald schon in die Schweiz, in ein Spital, sie wird ihn beim Sterben begleiten -ihm dabei zusehen, wie er stirbt!“
Hanna sah Aaron direkt in die Augen.
„Meinst du immer noch, dass sie das hier alles braucht?“
Ron schaute Hanna überrascht an.
„Das habe ich nicht gewusst, ich…“ er verstummte.
„Fuck, natürlich hast du das nicht gewusst, zum Henker auch. Woher solltest du das auch wissen, du kennst sie ja nicht!“
Hanna hatte große Schwierigkeiten ihre Stimme in den Griff zu bekommen. Wenn sie ihn nicht besser kennen würde, würde sie glauben in seinen Augen Tränen zu sehen. Aber Hanna hatte noch nie jemanden getroffen, der so abgebrüht und emotionslos war wie Ron.
„Was zum Teufel ist zwischen dir und Nelly? Oder besser gesagt, was glaubst du, was das ist zwischen euch beiden? Meinst du wirklich, dass hier tut ihr gut?“
Ron blickte zu Boden.
„Ich hole ihr ein frisches T-Shirt von mir aus dem Wagen. Warte hier“.
Ron ging an ihr vorbei zu seinem Auto und Hanna sah ihm sprachlos nach. Sie sah wie er den Kofferraum aufschloss und eins seiner schwarzen Shirts -sauber gefaltet- aus dem Kofferraum holte und wieder auf sie zukam.
„Hier, gib es ihr, sie wird es brauchen“.
Hanna nahm es entgegen und Ron ging wieder zum Clubhaus zurück. Dann drehte er sich zu ihr um und sagte:
„Das mit ihrem Freund wird nichts, aber auch rein gar nichts daran ändern und auch du wirst es nicht verhindern können“, dann steckte er die Hände in seine Hosentasche und ging zurück ins Clubhaus.
Hanna stand mit dem Shirt in der Hand da und wusste nicht, ob sie ihm hinterherrennen sollte. ,Ich könnte ihm von hinten eine drüberziehen,‘ dachte Hanna, vielleicht würde er dann zur Besinnung kommen. Hanna schüttelte den Kopf und ging dann aber ebenfalls rein, um sich den Weg ins Damen Klo zu bahnen.
Dana saß vor Nellys Klotür und spielte an ihrem Handy rum. Als sie Hanna sah packte sie es schnell weg und sprang auf.
„Ich wollte zu ihr rein, aber sie wollte das nicht. Ich habe ihr aber feuchte Tücher unter der Tür durchgereicht…“
„Verpiss dich!“ schnauzte Hanna sie an und Dana sah zu, dass sie so schnell wie möglich wegkam.
„Nelly -mach die Tür auf“.
„Ich kann nicht“, jammerte Nelly durch die Tür. „Ich habe mir meine Bluse vollgekotzt und mein Reißverschluss der Sweetshirt Jacke habe ich mir auch gerade kaputt gemacht“.
Hanna schaute auf das T-Shirt in ihrer Hand, „Mach die verdammte Tür auf, ich habe ein frisches Shirt für dich.“
Sie hörte wie Nelly die Klospülung betätigte und dann die Türe einen Spalt öffnete und ihre Hand rausstreckte.
„Kannst du meine Jacke halten -sie ist noch sauber.“
Hanna nahm im Tausch die Jacke entgegen und während Nelly sich umzog, versuchte sie den Reißverschluss zu reparieren.
„Scheiße, wie haste das denn schon wieder hinbekommen? Ich dachte du musstest nur kotzen und nicht dir dabei die Klamotten vom Leibe reißen“.
Sie hörte Nelly leise auflachen.
„Ich bekomm den Scheiß nicht repariert. Ich glaube von der kannst du dich verabschieden“, sagte Hanna und in dem Moment kam Nelly leichenblas aus dem Klo.
„Wer war das an Aarons Seite?“ fragte Nelly unvermittelt und ging zum Waschbecken.
„Wahrscheinlich irgend so eine Schlampe mit der Ron mal was hatte,“ antwortete Hanna absichtlich härter als notwendig.
Nelly schluckte.
„Doch noch eine Runde kotzen, oder geht’s?“ Hanna schaute Nelly besorgt an und es tat ihr fast leid, Nelly so hart geantwortet zu haben.
„Nein, geht schon wieder“.
Nelly betrachtete ihr Gesicht im Spiegel, sie sah so aus, wie sie sich fühlte -zum kotzen. Das Shirt war ihr viel viel zu groß, aber sie fühlte sich trotzdem in diesem Shirt geborgen, es roch unglaublich gut.
„Können wir uns noch ein paar Minuten nach draußen an die frische Luft setzten? Ich glaube nicht, dass ich mich jetzt ins Auto setzten kann.“
Nelly stützte sich am Waschbecken ab.
„Kein Problem“, Hanna warf sich die Jacke über die Schulter und nahm die schmutzige Bluse, die Nelly auf dem Handtuchpapierhalter abgelegt hatte.
„Schaffst du es allein raus, dann besorge ich dir noch ein Wasser.“
Nelly nickte, „Vielleicht mit einer Scheibe Zitrone…?“ schob Nelly nach.
Hanna schaute sie an: „Aber sonst geht’s noch, oder?“
Hanna klopfte ihr auf die Schulter und beide verließen zusammen das Damen-WC.
Nelly war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht die neugierigen Blicke um sich herum bemerkte. Draußen setzte sie sich auf eine der Bänke, die auf der Außenterrasse standen und holte tief Luft. Sie schloss die Augen und erst als sich alles um sie herumdrehte, öffnete sie diese wieder.
Sie zuckte zusammen, vor ihr stand Aaron mit einem Glas Wasser in der Hand. Sie hatte ihn nicht kommen hören und sie wusste nicht, wie lange er da schon stand. Obwohl es ihr so schlecht ging, blieb die gewohnte Reaktion bei seinem Anblick nicht aus.
„Trink“, er hielt ihr das Glas hin und setzte sich neben sie.
Nelly nahm das Glas und trank ein paar Schlucke.
„Da ist Zitrone drin“, stellte Nelly überrascht fest.
„Du magst keine Zitrone?“ Aaron sah sie fragend an.
„Doch, ich liebe Wasser mit einem Spritzer Zitrone“, antwortete Nelly leise. Sie spürte, wie Aaron sie von der Seite beobachtete. Nelly mochte sich nicht zu ihm umdrehen, sie wusste wie schlecht sie aussah und schämte sich dafür.
„Geht’s dir jetzt besser?“ fragte Aaron sie und seine Stimme klang so weich, dass sie sich zu ihm umdrehen musste.
Sie wollte ihn sehen und am liebsten hätte sie sich an ihn gelehnt. Er schaute ihr in die Augen und der Blick von ihm war so weich wie seine Stimme.
Er hob die Hand und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Nelly schloss die Augen und diesmal war das Schwindelgefühl unglaublich süß und angenehm. Seine Bewegung war so langsam wie eine Liebkosung und sie genoss es hier einfach nur neben ihm zu sitzen und seine Hand an ihrem Haar zu spüren.
„Nelly?“ hörte sie ihn mit rauer Stimme sagen.
„Hmm?“ Nelly wollte ihre Augen nicht öffnen, sie war hier im Jetzt und sie wollte nicht weiter. Wenn es nach ihr ginge, könnte die Welt nun stehen bleiben und sie würde hier bis an ihr Lebensende mit Aaron auf dieser Bank sitzen.
„Nelly?“ Nelly öffnete widerwillig ihre Augen.
„Ich wollte dir nur sagen, dass das Mädchen mit der ich reingekommen bin, nur eine Bekannte ist. Ich hatte mal was mit ihr, absolut belanglos -rein sexuell- ehrlich. Jetzt ist da nichts mehr und wird es auch nicht mehr sein.“
Er schaute sie an und wartete auf eine Reaktion von ihr. Nelly schaute ihn aber nur an.
„Nelly, hast du gehört?“
„Aaron“, Nelly richtete sich auf, sie wusste nicht, wo sie beginnen sollte.
„Ich lebe mit einem Mann zusammen, mit meinem Freund. Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen und ich habe keine Rechte auf dich…“.
Aaron legte ihr den Finger auf den Mund und Nelly verstummte.
„Du hast alle Rechte auf mich, die du möchtest“, er nahm seinen Finger wieder von ihren Lippen und wo sein Finger noch vor wenigen Bruchteilen von Sekunden gelegen hatte, breitete sich eine wohlige Wärme aus.
Nelly schauerte innerlich und ihr ganzer Körper begann zu glühen. Sie konnte nicht anders und berührte mit ihrer Zungenspitze die Stelle, die er eben noch berührt hatte.
„Ich weiß von deinem Freund -Hanna hat es mir gesagt.“
Aaron schaute erst auf ihre Zunge, die über ihre Lippe fuhr und dann auf seine Hände: „Ich hoffe ich mache dir keine Angst, wenn ich dir solche Worte sage, aber ich gehöre zu dir und du zu mir. Ich weiß das, und ich weiß, dass du es weißt.“
Aaron sah Nelly nun wieder an und Nelly nickte, ja sie wusste es, genauso sicher wie er es wusste.
„Nichts und niemand wird mich jemals von dir fernhalten können, außer du schickst mich fort. Mein ganzes Leben wusste ich, dass es dich gibt. Ich wusste aber nicht, wo du warst, bis ich dich gestern gesehen habe. Verstehst du was ich dir sage?“
Nelly nickte ihn an und dabei fiel ihr erneut eine Strähne ins Gesicht. Aaron strich sie ihr wieder aus dem Gesicht und strich sie ihr hinter ihr Ohr und glitt unendlich sanft mit seinen Fingern an ihrem Hals herunter. Nelly stöhnte leise auf, tausend kleine Ameisen kribbelten auf ihrer Haut. Aarons Augen verdunkelten sich und bekamen einen milchigen Glanz. Er spürte, wie sein Schwanz hart wurde und er nahm seine Hand von Ihrer Halsbeuge. Nelly schaute ihn verlangend an.
„Es ist unglaublich was du mit mir anstellst“, hauchte Aaron ihr mit belegter Stimme entgegen.
Er hätte sie jetzt am liebsten geküsst, aber er hatte sich noch unter Kontrolle. Das war bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort für ihren ersten Kuss. Er wusste, er würde sie küssen und er war sich sicher, sie würde ihn darum bitten. Hinter ihnen räusperte sich jemand und als sie sich umdrehten, sahen sie Hanna dort stehen.
Sie hielt 2 Wassergläser in der Hand -eins mit einer Zitronenscheibe am Glasrand dekoriert.
„Das ist wohl für mich“, sagte Nelly, stellte das leere Glas ab und streckte Hanna ihre Hand entgegen.
Hanna gab wortlos Nelly das Glas. Sie sah von Nelly zu Ron und dann wieder Nelly an.
„Könnt ihr mir jetzt sagen was das zwischen euch ist?“ fragte Hanna bissig.
Aaron sah Nelly an und legte seine Hand auf Nellys Hand, die neben ihm auf der Bank lag.
Dann schaute er Hanna an: „Han, ich weiß, dass Nelly deine beste und einzige wirkliche Freundin ist und ich werde sie dir auch nicht wegnehmen oder sie verletzten. Aber ich weiß jetzt, sie ist der Grund, warum ich jeden Morgen aufstehe, sie ist der Grund warum ich lebe.“
Aaron grinste und streichelte dabei sanft Nellys Handrücken: „Ich werde sie nicht mehr hergeben und damit musst du jetzt leben. Es wird für mich keinen Kompromiss geben, Hanna, Freundschaftsschwur hin oder her.“
Aaron drückte Nellys Hand und stand auf, er richtete seine Hose und strich sich mit beiden Händen durch sein Haar.
„Das ist so klar, wie dass Morgen wieder die Sonne auf geht.“
Er schaute Hanna an, „Nimm es hin- das ist Sparta!“
Nun lächelte er, klopfte Hanna auf die Schulter und ging mit den Händen in den Hosentaschen davon.
Kurz vor der Tür drehte er sich um und rief ihr zu: „Wir sehen uns“, und dann formulierte er etwas lautlos mit den Lippen und verschwand dann im Clubhaus.
„Spinner“ sagte Hanna.
„Warum?“, wollte Nelly wissen.
Hanna dreht sich zu ihr um: „Er meinte, er würde dich überall finden, egal wo ich dich verstecken würde.“
Nelly musste schmunzeln, Hanna konnte also auch von den Lippen lesen.
-6-
Am nächsten Morgen ging es Benno schlechter, er hatte Beschwerden beim Schlucken und bekam Fieber und zur Mittagszeit musste Nelly den Arzt zu sich rufen. Benno bekam nur noch sehr schwer Luft und beim Abhören diagnostizierte Dr. Schumacher eine anfängliche Lungenentzündung. Der Krankenwagen musste gerufen werden und Nelly nahm die Notfalltasche und fuhr mit ihm im Krankenwagen in die Klinik. Benno wurde direkt auf die Intensivstation verlegt, weil er mittlerweile über 40 Grad Fieber hatte. Beim MRT wurde dann erkannt, dass der Krebs aus beiden Lungenflügeln heraus die Speiseröhre angegriffen hatte. Er wurde an verschiedenen Apparaten angeschlossen und mit Medikamenten vollgestopft, bis er Nelly nicht mehr erkannte. Benno und sie hatten immer Angst gehabt, dass Benno in seinem Krankheitsverlauf ins Krankenhaus musste und dies nicht mehr lebend verlassen würde. Sie wollten doch gemeinsam in die Schweiz. Benno sollte im Spital in Ruhe und würdevoll einschlafen dürfen. Nelly war verzweifelt. Sie saß noch bis zum späten Abend an seinem Bett und fuhr dann erschöpft mit dem Taxi nach Hause.
Von unterwegs rief sie Lina an, die ja die Nacht bei ihnen verbracht hatte und gab ihr frei. Sie verblieben so, dass Nelly sie auf dem Laufenden halten und sie spätestens morgen wieder anrufen würde.
Nelly checkte auch ihre Mails und WhatsApp auf der Fahrt nach Hause, aber es waren keine wichtigen Nachrichten dabei. Ihre Freundin Emilie schickte Bilder von ihrem Kurztrip mit irgendeinem Typen, ihre Mutter lud sie und Benno am kommenden Wochenende zum Essen ein, und ihr Arbeitgeber fragte an, ob sie noch während der Woche kurz im Büro vorbeikommen konnte.
Zuerst rief sie ihre Mutter zurück und erzählte ihr, dass Benno auf der Intensiv liegen würde und ihre Mutter brach am Telefon in Tränen aus. Ihr Vater übernahm dann das Gespräch. Er war nie gut in diesen Sachen gewesen und auch jetzt versuchte er Nelly mit den Worten „Wird schon wieder, Liebes“, aufzubauen.
Es kam ihr alles so sinnlos vor und am liebsten hätte sie ihn angeschrien: „Was bitte soll daran wieder werden?“
Aber sie bedankte sich für die Einladung und entschuldigte sich, dass sie unter den Umständen natürlich nicht kommen würden, und nein danke, sie würde auch nicht allein kommen. Sie wüsste auch nicht, wann man sich das nächste Mal sehen würde und ihr Vater war froh, dass sie das Gespräch dann beenden wollte. Ihre Mutter weinte im Hintergrund als hätte sie ihnen mitgeteilt, dass Benno bereits verstorben sei.
Nelly konnte das jetzt alles nicht ertragen und wollte nur noch unter die Dusche und dann ins Bett. Leider konnte Sie das Telefon nicht auf lautlos stellen, da das Krankenhaus jederzeit anrufen konnte.
Sie bezahlte den Taxifahrer, aber als sie ausstieg, wünschte sie sich, einfach wieder ins Taxi zusteigen und einfach nur weiterzufahren -immer weiter und nicht in die leere Wohnung zu müssen.
Die Wohnung war dunkel und Nelly fühlte sich so verloren. Sie machte sich kein Licht an und setzte sich in Jacke und Schuhe im Dunkeln auf das Sofa. Sie wusste nicht, wie lange sie dort saß, als ihr Handy sie zusammenzucken ließ.
Bitte nicht das Krankenhaus, bitte nicht, dachte Nelly während sie ihr Handy aus ihrer Handtasche kramte. Sie sah auf die Nummer und stellte erleichtert fest, dass es Hannas Nummer war. Im gleichen Moment durchzuckte sie ein schrecklicher Gedanke -hoffentlich war nichts mit Aaron. „Hallo Hanna“, keuchte Nelly ins Telefon. „Was ist passiert?“
„Bei mir ist alles okay, aber ich habe hier jemanden neben mir stehen, der mich gezwungen hat dich anzurufen“, sie hörte Hanna mit jemanden reden und dann hatte sie Aaron am Telefon:
„Nelly Kleines, was ist los bei dir?“
Aarons Stimme klang besorgt und angespannt und als sie seine Stimme hörte, brach es aus ihr heraus und sie fing an zu schluchzen.
Sie erzählte Aaron so gut sie zwischen den Schluchzern konnte, dass Benno ins Krankenhaus gekommen ist und nun auf der Intensiv lag. Sie erzählte ihm von ihrer Mutter und dass sie so tapfer für Benno sein wollte, aber sich jetzt so alleine und schwach fühlte.
Aaron ließ sie sich alles von der Seele reden und als Nelly sich wieder etwas beruhigt hatte, fragte er liebevoll:
„Nelly, möchtest du, dass ich dich abhole? Du solltest mit solch einer Last nicht allein sein. Ich kann auch Hanna bitten zu dir zu kommen.“
Nellys Gedanken überschlugen sich, natürlich würde sie ihn gerne sehen. Allein bei dem Gedanken daran fing ihr Herz an zu rasen.
„Ich glaube nicht, dass wir uns jetzt treffen sollten“ erwiderte Nelly unsicher und hoffte innerlich, dass Aaron sich nicht mit der Antwort zufriedengeben würde, aber sie hörte wie Aaron jetzt mit Hanna sprach.
„Nelly, Hanna kommt jetzt bei dir rum und bleibt auch über Nacht bei dir. Möchtest du so lange noch mit mir telefonieren, dann ruf ich dich gleich über Kalles Telefon an“.
Nelly nickte und versuchte den Klos der Enttäuschung in ihrem Hals herunterzuschlucken.
„Nelly, bist du noch dran?“
„Ja“, sie fühlte sich plötzlich sehr müde.„Ich glaube aber, dass ich mich bis Hanna hier ist, noch dusche und mir auch noch eine Kleinigkeit zu essen mache.“
Jetzt war es Aarons Stimme, die enttäuscht klang und es zerriss Nelly fast das Herz.„Ja, wahrscheinlich ist das so besser. Ich gebe Hanna jetzt ihr Telefon zurück, damit sie sich auf den Weg zu dir machen kann. Nelly?“
„Ja, Aaron“, sie glaubte er würde ihr Herz am anderen Ende des Telefons klopfen hören.
„Schlaf gut und Kleines, ruf mich das nächste Mal an, wenn es dir so schlecht geht, okay?“
„Okay“ quetschte Nelly raus und ihr traten die Tränen wieder in ihre Augen.
„Nelly?“
Nelly nickte und schluckte ihre Tränen herunter.
„Du bist nicht schwach und nicht allein. Du bist so stark, dass ich Angst um dich habe, dass du über deine Kräfte gehst. Und glaub mir, du wirst nie wieder allein sein, weil ich jetzt bei dir bin. Ich komme jetzt nur nicht zu dir, weil ich weiß, dass es sich für dich nicht richtig anfühen würde, wenn ich in deiner und Bennos Wohnung wäre und du solltest nicht zu mir kommen, weil du vielleicht heute Nacht noch ins Krankenhaus musst. Aber ich bin für dich da und wenn du mich anrufst, dann hole ich dich ab und wir fahren an einen neutralen Ort und ich werde auf dich aufpassen -du bist mein Leben. Auch wenn du mit Benno zusammen bist und ihn begleitest, mein Leben mit dir hat schon begonnen, mit dem Augenblick, als ich dich sah. Hast du verstanden?“
Nelly fühlte sich plötzlich erleichtert.
„Ja, ich glaub schon. Danke Aaron“ flüsterte Nelly.
„Nicht dafür -mein Leben. Nicht dafür!“ dann legte er auf und sie wusste, dass er Hanna jetzt davonjagen würde, damit sie so schnell als möglich bei ihr sein konnte.
Bei dem Gedanken kam wieder Leben in ihren Körper und sie ging duschen. Hanna klingelte, als sie gerade wieder aus dem Bad kam. Hanna sagte nicht viel und drückte sie nur Feste an sich.
An diesem Abend gingen sie zeitig ins Bett. Nelly schlief sehr unruhig und fiel erst in den Morgenstunden in einen Traum. In dieser Nacht träumte sie zum ersten Mal von Aaron.
„Nelly“ sie wurde unsanft gerüttelt.
„Nelly wach auf, du hast einen Alptraum“.
Hanna stand an ihrem Bett und schaute sie besorgt an. Nelly brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie zu Hause in ihrem Bett lag und nicht in Aarons Armen.
„Alles okay Hanna“, murmelte Nelly, „das war kein Alptraum“.
Hanna grinste, „Dann würde ich gerne wissen von wem du geträumt hast. Du hast dich hin und her gewälzt und gestöhnt.“. Nelly wurde rot und Hanna lachte.
„Herrgott Nelly, du benimmst dich wie ein Backfisch. War der Traum denn wenigstens richtig heiß?“
Hanna schaute Nelly bohrend an, was nur zur Folge hatte, das Nelly noch roter anlief.
Nelly setzte sich auf „Hanna, ich glaube ich habe mich verliebt.“
Hanna stöhnte auf, „Sag mir bitte nicht, dass es sich hier um Ron handelt“, aber Nelly nickte sie nur an.
„Zum Teufel Nelly -du weißt nicht was du da tust. Du hast keine Ahnung, wer er ist!“
„Dann erzähl mir von ihm. Sag mir wer er ist und was er so treibt.“
Hanna schüttelte den Kopf
„Sorry Nelly, aber alles was ich von ihm weiß, sind Dinge, über die ich mit dir nicht reden sollte.“
„Hat das was mit diesem Freundschaftsschwur zu tun?“ bohrte Nelly weiter.
„Ja, und mit vielen anderen Schwüren. Du weißt nicht auf was du dich da einlassen würdest und ich bitte dich eindringlich, dich von ihm fern zu halten.“
Hanna lief im Zimmer auf und ab.
„Was ist das für ein Freundschaftsschwur?“
Nelly musste es wissen. Hanna zögerte und zupfte imaginäre Flusen von ihrem schwarzen Oberteil und Nelly befürchtete, dass Hanna ihr wieder einmal keine Antwort zu diesem Thema geben würde. Aber zu Nellys erstaunen holte Hanna tief Luft:
„Ron und ich haben häufig erlebt, dass Freundschaften auseinanderbrachen, weil innerhalb und auch mit eng verbundenen Außenstehenden der Gruppe, sich Liebschaften entwickelten.“
Hanna setzte sich wieder auf die Bettkante zu Nelly und betrachtete ihre Hände.
„Es ist nicht leicht für uns Beziehungen zu führen, du siehst ja selbst, wie viel Geheimnisse wir mit uns rumschleppen und wir über dies und das nicht reden dürfen. Das ist nicht nur für uns anstrengend, sondern auch für den Partner, und da kommt schnell Misstrauen auf. Immer wenn dann diese ‚Liebe‘ auseinander ging, hingen immer irgendwelche Personen mit drin und es gab Stress und Streit und plötzlich waren die besten Freunde zerstritten und redeten nicht mehr miteinander. Don‘t fuck your own company! In unserer Familie ist es jedoch wichtig, miteinander zu agieren und sich gegenseitig zu vertrauen. Ron und ich haben uns irgendwann geschworen, dass uns das nie passieren wird -das ist der Freundschaftsschwur und den nehmen wir sehr ernst.“
„Das heißt, Aaron hatte nie eine Freundin aus dem Club?“
Hanna lachte bitter auf.
„Club, wie definierst du aus dem Club? Die meisten Weiber, die dort rumhängen gehören nicht zum Club. Die meisten träumen nur davon einen Typen aus dem Club abzuschleppen, oder abgeschleppt zu werden, aber zum Club werden die nie gehören und niemals zur Familie.“
„Bitte Hanna, erzähl mir von ihm“, Nelly schaute Hanna flehend an.
Hanna konnte nicht länger stillsitzen und lief wieder im Zimmer hin und her.
„Ron ist ein spitzen Fang, er steht ganz oben auf der Liste der begehrten Junggesellen und das nicht nur im Club. Du solltest mal sehen, wie die Weiber auf ihn abfahren, wenn wir auf Tour gehen.“
Hanna lachte auf und Nelly krampfte der Magen zusammen.
„Er sieht wahnsinnig gut aus und legt viel Wert auf ein sauberes und ordentliches Auftreten. Ich habe ihn noch nie mit einer Freundin gesehen, oder gehört, dass er da was am Start hatte, ich meine –eine richtige Freundin. Er ist ein ganz harter Kerl und wenn ich sage hart, dann meine ich das auch so. In unserem Club hält da keiner gegen, aber er geht immer respektvoll mit allen um. Auch für die größten Schlampen hat er ein offenes Ohr. Wenn Kalle Ärger mit seinen Mädchen hat, ruft er Ron und der bekommt die Scheiße immer wieder hin -dafür vergöttern die Mädchen ihn. Jede einzelne würde für Ron anschaffen gehen, aber Ron hat in diesen Kreisen seine Finger nicht drin.
Ron ist alles andere als dumm und man munkelt, dass er studiert hat. Er muss aus einem guten Elternhaus stammen, denn er kennt sich mit dem ganzen Schicky-Micky-Kram und in der gehobenen Gesellschaft gut aus.
Er weiß, wie man sich artikuliert und welches Besteck zum Essen zu welchem Gang genommen wird. Ich weiß, dass er fließend 5 Sprachen spricht, Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch, aber Nick hat ihn auch schon Russisch und Polnisch sprechen gehört, also wer weiß, vielleicht spricht er auch fliesend 7 Sprachen.
Er muss einen krassen Haufen Kohle haben und auch wenn man es nicht sieht, seine Klamotten kosten ein Vermögen.“
Hanna lief immer noch auf und ab.
„Ich habe mir mal den Spaß gemacht und den Designer seiner Shirts gegoogelt. Wir wollten ihm damals ein selbst bedrucktes Shirt als Gag schenken -ich habe mir dann aber etwas anderes überlegt, als ich die Preise gesehen habe.
Ron ist sehr verschlossen, wenn es um seine Privatsphäre geht. Keiner weiß wirklich, wo er herkommt und was er außerhalb der Familie tut. Er hat ja noch icht einmal ein Handy“
Hanna schaute Nelly an, aber Nelly war noch nicht zufrieden, sie wollte mehr wissen: „Wer ist Familie, Hanna?“
„Nur einige wenige gehören zur Familie. Claudia zum Beispiel, die Freundin von Kalle gehört zur Familie, sie wurde als letzte in die Familie aufgenommen.“
„Wie kommt man in diese Familie?“ Nelly war jetzt hellwach.
„Da kommst du nicht einfach rein, das wird von allen aus der Familie abgestimmt. Als Kalle den Vorschlag machte, Claudia in die Familie aufzunehmen, waren sie gerade erst ein paar Wochen zusammen, und wenn Kalle jemanden vorschlägt ist das was Besonderes und da sagt man nicht einfach nein, sondern denkt darüber ernsthaft nach.“
Hanna blieb stehen und schaute gedankenverloren vor sich hin, bis sie dann weitersprach.
„In unserem Club schützen wir das, was uns am liebsten ist. Und um das auch den anderen zu zeigen, schenken wir diesen Menschen ein Armband mit unserem Symbol. Wer dieses Armband trägt wird von jedem von uns beschützt, bis aufs Blut, mit unserem Leben. Deshalb wird dieses Armband nicht oft vergeben, eigentlich fast immer nur an die Kinder der Kammeraden. Denn mit jedem Armband wächst die Verantwortung und die Arbeit für jeden einzelnen von uns, deshalb wird darüber immer erst mit Kalle gesprochen, er ist der Hütter der Bänder. Kalle hatte damals ohne mit irgendwem zusprechen, Claudia direkt am 2.Tag dieses besagte Armband umgelegt. Damit waren damals viele nicht einverstanden, ich auch nicht. Ich wollte meinen Arsch nicht für irgendeine Tussi herhalten. Es gab hinter Kalles Rücken mächtig viel Gerede und Ron hatte sich damals echt stark gemacht für Claudia. Keiner hatte das damals wirklich verstanden, aber Ron hatte schon immer eine hohe Stellung im Club und in der Familie und viele, die vorher sich nicht sicher waren, stimmten dann aber für ein Ja. Das ist jetzt fast 5 Jahre her, und es war mit das beste was dem Club und der Familie passiert ist. Claudia hat still und leise, aber sicher aus der Familie eine echte Familie gemacht.“
Hanna verstummte, und Nelly nahm an, dass auch Hanna ihr viel zu verdanken hatte.
„Hanna, seit wann gehörst du zu dieser Familie?“
Hanna musste nicht lange überlegen, „Seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich Mitglied dieser Familie und ich würde für jeden von ihnen sterben. Und weißt du was Nelly, das würden sie auch für mich.“
Dann schaute sie Nelly direkt an: „Du bist auch meine Familie, ich liebe dich und ich würde für dich töten und sterben. Ich könnte Ron es nie verzeihen, wenn er dich verletzen würde, deshalb habe ich Angst, wenn du etwas mit ihm anfängst.“
Nelly schluckte, so deutlich hatte Hanna das noch nicht gesagt. Obwohl sie Hanna irgendwie verstehen konnte, schrie ihr Herz dagegen an.
„Was hat dich damals dazu gebracht für Claudia zu stimmen?“ frage Nelly.
„Als ich Claudia dann kennenlernte, mochte ich sie sofort und konnte Kalle irgendwie verstehen, aber das entscheidende war dann doch Ron, ich habe ihm vertraut.“
„Kannst du ihm nicht vertrauen, dass er es ernst mit mir meint?“ fragte Nelly hoffnungsvoll.
„Ernst mit was? Ihr beide könnt oder wollt mir noch nicht mal sagen was das mit euch beiden ist. Ihr seid so unterschiedlich, ihr kommt aus komplett anderen Welten. Ich erkenne euch beide nicht mehr wieder -da ist Vertrauen eher schwierig, siehst du selbst, oder?“
Nelly seufzte, vielleicht hatte Hanna Recht. Vielleicht war das einfach nur ihrer jetzigen Situation geschuldet, dass sie glaubte, in Aaron verliebt zu sein. Was wusste sie schon von der Liebe und von Aaron? Wenn sie ehrlich war, war das alles ein Schleudertrauma ihrer Gefühle -sie hatte nichts an dem sie sich festhalten konnte.
„Nelly, du weißt ich bin beileibe kein Moral-Apostel, aber meinst du nicht, du solltest dir und Benno erst einmal Zeit geben?“.
Hanna legte ihre Hand auf Nellys Arm: „Ich weiß, dass das alles nicht leicht für dich ist -mach es dir doch nicht selbst noch schwerer.“
Sie drückte leicht Nellys Arm und Nelly stiegen die Tränen in die Augen. Hanna hat Recht, dachte sie. Sie war seit dem Seitensprung und der Diagnose von Benno nicht zur Ruhe gekommen, und das mit Aaron schien ihr auch keine Ruhe zu bringen. Allein der Gedanke an ihn ließ ihr Herz schneller schlagen.
„Vielleicht hast du Recht. Vielleicht sollte ich bis wir in die Schweiz fahren den Kontakt mit ihm auf Eis legen… und dann sehen wir weiter.“
Ihr Herz wurde schwer bei ihren eigenen Worten und schrie innerlich dagegen an, aber Nelly wollte jetzt nicht nur an sich denken, sondern nur auf Ihren Kopf hören und an Benno.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.