Kitabı oku: «Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch», sayfa 6

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3.1 Informationsstruktur und Syntax

Die – in generativen Ansätzen auch heute noch gültige – Annahme, dass jede Sprache eine syntaktisch festgelegte Basiswortfolge aufweist, blieb in der Sprachwissenschaft lange Zeit unwidersprochen. Dieser syntaxzentrierte Ansatz wurde jedoch nur bedingt der Feststellung gerecht, dass es offensichtlich Sprachen gibt, in denen auch die Grundwortfolge1 in erster Linie pragmatische Aspekte wie die „relative newsworthiness within the discourse“ (Mithun 1987, 325) reflektiert.2 Li und Thompson (1976, 460) schlugen in diesem Zusammenhang eine Klassifikation von Sprachen in vier Basistypen vor.

1 subjektprominente Sprachen (indoeuropäische Sprachen)

2 topikprominente Sprachen (Chinesisch)

3 sowohl subjekt- als auch topikprominente Sprachen (Japanisch)

4 weder subjekt- noch topikprominente Sprachen (Tagalog)

Während das Topik in topikprominenten Sprachen als eineindeutige ausdrucksseitige Entsprechung für die pragmatische topikale Relation angesehen wird und nicht von der Valenz des Verbs oder von semantischen Rollen abhängt, ist das Subjekt in subjektprominenten Sprachen „viel deutlicher in die Syntax eingebunden […] als das Topik“. (Sasse 1982, 268) Das initial auftretende Topik wurde in vielen Sprachen grammatikalisiert, das postprädikative Topik hingegen nur in wenigen. (cf. Primus 1993, 881) Syntaktisch basierte Sprachen weisen folglich eine relativ fixierte Wortstellung auf, wohingegen die Wortfolge pragmatisch basierter Sprachen eher flexibel ist.3 Dieser Umstand impliziert, dass nur in ersteren pragmatisch motivierte Verfahren der Umstellung stark markiert sind. (cf. Mithun 1987, 325)

Aus der Beobachtung, dass es auch in vielen als syntaxorientiert geltenden Sprachen möglich ist, Konstituenten mit einem gewissen informationsstrukturellen Status in einer bestimmten syntaktischen Position zu realisieren, in der sie ansonsten in der Regel nicht vorkommen, wurde in der Folge geschlossen, dass die Strukturierung von Information einen Sprecher dazu bringen kann (oder ihn gar dazu zwingt), von der kanonischen Wortfolge abzuweichen.4 Wie weit verbreitet heute die Annahme eines Einflusses der Informationsstruktur auf die Syntax ist, zeigt die hohe Zahl an Beiträgen zu Phänomenen wie Topikalisierungen, Fokusbewegungen und scrambling.5 (cf. Fanselow 2008, 398)

Die Tatsache, dass man anhand von funktionalen Kategorien formale Eigenschaften vieler Sprachen erklären konnte, stellte die in formaleren Ansätzen immer wieder postulierte Autonomie der Syntax weiter in Frage. (cf. Bolkestein 1993, 342) Eine Extremposition wird von Sasse (1982, 267) vertreten, der die Existenz einer autonomen syntaktischen Ebene verneint:

Die Sprache kennt keine autonome Ebene der Syntax gegenüber einer „Semantik“ und einer „Pragmatik“ […] Syntaktische Kategorien haben die Funktion, Inhalte und Darstellungsperspektiven zu bezeichnen. Hat eine syntaktische Erscheinung die Funktion, einen Inhalt zu bezeichnen, so sprechen wir von einer semantischen Funktion; hat sie die Funktion, die „Verpackung“ des Inhalts anzuzeigen, so sprechen wir von einer pragmatischen Funktion.

Die zunehmende Bedeutung der Pragmatik manifestiert sich darüber hinaus darin, dass nunmehr vermehrt auch für die Grundwortfolge von Sprachen in erster Linie funktionale Kriterien als ausschlaggebend angesehen werden.

Für Firbas (1971, 138) weisen Sätze in ihrer Basisabfolge in der Regel einen ansteigenden Grad an kommunikativer Dynamik auf, beginnend mit dem am wenigsten dynamischen Element am Satzbeginn, hin zum dynamischsten am Satzende.6 Givón (1988, 252) erklärt Wortstellungsvariationen von Sprachen anhand pragmatischer Kriterien mit folgendem Prinzip zum Schema in Abbildung 9: „Attend first to the more urgent task.“


Abb. 9: Ranking of topic-marking devices according to degree of topic predictability (Givón 1984a, zit. n. Givón 1988, 252)

Das Schema kann folgendermaßen erläutert werden: Ist das Topik einer Äußerung für den Hörer salient, fällt für den Sprecher die Notwendigkeit es zu nennen weg, sodass es gar nicht realisiert werden muss und dementsprechend ein Nulltopik (bzw. ein topic drop) angenommen werden kann. Ist das Topik salient, jedoch von geringerer Salienz als der Kommentar, ist es weniger dringend auszudrücken, sodass es dem Kommentar folgt. Ist die Notwendigkeit das Topik auszudrücken größer als jene zur Realisierung des Kommentars, wird es vor dem Kommentar genannt. Ist das Topik schließlich völlig unvorhersehbar, ist die Notwendigkeit, es auszudrücken am größten, sodass es alleine realisiert werden kann. (cf. Givón 1988, 252–253) Neben der relativen Vorhersagbarkeit (i) ist für Givón die relative Wichtigkeit (ii) der zweite entscheidende pragmatische Faktor für die Wortfolge. Wichtige Information wird vorangestellt.

1 relative predictability: ‚Given the preceding discourse context, less predictable information is fronted‘.

2 relative importance: ‚Given the thematic organization of the discourse, more important information is fronted‘. (Givón 1988, 275)

Abgesehen von der durchaus zu bemängelnden Operabilität des Begriffes Wichtigkeit ist der Zusammenhang zwischen Informationsstruktur und Syntax komplexer, als vielfach angenommen wurde. (cf. Gundel/Fretheim 2006, 185) Herring (1990) resümiert in ihrem Beitrag jene Prinzipien, denen ein Einfluss auf die Wortfolge in Äußerungen zugeschrieben wird. Die Prinzipien (i) und (ii) konkurrieren miteinander. Das Prinzip (ii) entspricht grosso modo Givóns Prinzipien der relativen Wichtigkeit und der relativen Vorhersagbarkeit. Das Prinzip (iii) berücksichtigt die Einbettung von Äußerungen in größere Diskurseinheiten. Das Prinzip (iv) schließlich deutet an, dass auch die Informationsstruktur bis zu einem gewissen Grad von den jeweiligen syntaktischen Eigenschaften einer Sprache abhängig ist. Es impliziert ebenfalls, dass die lange Zeit von Seiten der Funktionalisten als universal gültig postulierte Gliederung von Sprachen mit der Abfolge Topik vor Fokus nicht haltbar ist. (cf. Herring 1990, 163)

1 Gegebene Information vor neuer Information: Dieses Prinzip betrifft die Annahme, dass Äußerungen auf bereits Gegebenem aufgebaut und in der Folge neue Informationen hinzugefügt werden, die die Kommunikation vorantreiben.7

First things first: Nach diesem Prinzip geht jene Information, die am dringendsten ausgedrückt werden soll und die – ausgehend vom vorhergehenden Diskurs – als unerwartet eingeschätzt wird, weniger wichtiger Information voraus.8

3 Diskursikonizität: Dieses Prinzip besagt, dass Sätze mit dem beginnen, was im Diskurs bereits erwähnt wurde, und mit jenen Elementen enden, über die in der Folge gesprochen wird.

4 Wortstellung: Diesem Prinzip zufolge wird die Informationsstruktur durch die Basiswortfolge der jeweiligen Sprache bestimmt. VS-Sprachen tendieren eher zur Abfolge Fokus vor Topik im Gegensatz zu SVO- oder SOV-Sprachen. (cf. Herring 1990, 164)

Für Downing (1995) ist es eindeutig, dass es keinen Algorithmus gibt, der bei konkurrierenden Prinzipien die eine oder andere Wortfolge bestimmt. Gäbe es einen, wäre keine derart große typologische Variation zu beobachten:

The fact that different languages do exhibit different word order patterns suggests that different factors […] dominate the syntactic organization of different languages. On the other hand, the fact that many of these languages can be grouped into a limited number of frequently occurring types suggests that there may be some favored strategies for resolving the competition. (Downing 1995, 22)

Mereu (2009) zieht das Fazit, dass die Prinzipien (i) und (ii) universale Prinzipien der Informationsstruktur sind. Konfigurationale Sprachen sind eher syntaktisch orientiert und folgen in syntaktisch und pragmatisch unmarkierten Kontexten dem ersten Prinzip, in markierten Kontexten auch dem zweiten. Nicht konfigurationale Sprachen sind eher pragmatisch orientiert und folgen dem zweiten Prinzip.9 Dies impliziert, dass nicht konfigurationale Sprachen nicht unbedingt über eine Basiswortfolge verfügen.10 (cf. Mereu 2009, 94–95)

Primus (1993, 886) wiederum sieht, in Anlehnung an Hawkins (1990), nicht pragmatische Faktoren, sondern das syntaktische „Gewicht“ als primäres Kriterium für die Wortfolge an. Den Mehrwert ihres Zuganges rechtfertigt die Autorin folgendermaßen: „Whereas pragmatic accounts need several conflicting principles to capture the facts of topic-predication and focus-background placement11, the performance principles suffice to explain all the facts.“12 (Primus 1993, 887) Für Primus werden Topiks ganz einfach deshalb initial realisiert, da sie in der Regel weniger komplex, d.h. kürzer als der Kommentar sind. (cf. Primus 1993, 886) Ähnliches gilt für den Fokus. Während ein enger und damit kurzer Fokus eher vor einem langen Hintergrundausdruck realisiert wird, nimmt ein kurzer Hintergrundausdruck für gewöhnlich die Position vor einem weiten Fokus ein.13 (cf. Primus 1993, 889) Ein Fronting von prädikativen Elementen wie in (1)–(2) ist in der Konsequenz immer markierter als ein Fronting von leichterem Material, wie etwa von nominalen oder adverbialen Elementen wie in (3). (cf. Primus 1993, 890)


(1) dt. (Was hast du gestern gemacht?) – ?[Mit Freunden ESSEN gegangen]F bin ich.
(2) dt. (Was hast du gestern gemacht?) – ??[Mit Freunden in ein teueres [sic] Restaurant ESSEN gegangen]F bin ich.
(3) en. He’ll NEVER do it [WILLINGLY]F. – [WILLINGLY]F he’ll NEVER do it.14 (Primus 1993, 890)

Die Tatsache, dass Fokuspositionen existieren, die nicht ihrer Regel entsprechen, erklärt Primus nicht pragmatisch, sondern prosodisch oder syntaktisch. (cf. Primus 1993, 889) Die Autorin nimmt an, dass Sprachen mit einer rechtsperipheren Fokusposition, die gleichzeitig „the position of the rhythmically most conspicuous stress of the sentence“ (Primus 1993, 892) darstellt, dieses stress pattern generalisieren wollen und sich deswegen gegen eine Bewegung der fokalen Konstituente nach links wehren. So entspricht Satz (4) als Antwort auf die Frage Wem hast du das Geld gegeben? der Basiswortfolge des Deutschen, in der das Dativobjekt vor dem Akkusativ realisiert wird. Satz (5) ist akzeptabel, da hier zwar die Basiswortfolge verletzt wird, der Dativ aber nach rechts und damit in die Position, auf die im Deutschen der Satzakzent fällt, rückt. Als Antwort auf die Frage Was hast du dem Kassierer gegeben? ist Satz (6) sowohl auf syntaktischer als auch auf informationsstruktureller bzw. prosodischer Ebene als unproblematisch einzustufen, während hingegen Satz (7) für Primus insofern weniger akzeptabel ist, als hier sowohl gegen die Basiswortfolge als auch gegen die Fokuspositionsregel verstoßen wird. (cf. Primus 1993, 892)


(4) dt. Ich habe [dem KASSIERER] das Geld gegeben.
(5) dt. Ich habe das Geld [dem KASSIERER] gegeben.
(6) dt. Ich habe dem Kassierer [das GELD] gegeben.
(7) dt. ?Ich habe [das GELD] dem Kassierer gegeben. (Primus 1993, 892)

Neben pragmatischen, syntaktischen sowie prosodischen Kriterien werden noch weitere Faktoren zur Erklärung der Wortfolge von Sprachen herangezogen. Nach Gutiérrez-Bravo (2006) etwa sind die semantischen Rollen der Konstituenten für die (unmarkierte) Wortfolge verantwortlich.15 Ihm zufolge wird im Spanischen die präverbale Position von jener Konstituente besetzt, die in der von ihm vorgeschlagenen thematischen Hierarchie – hier in Abbildung 10 angeführt – am höchsten steht. Ein Agens besetzt demzufolge eher diese Position als ein Experiencer, ein Thema oder ein lokaler Ausdruck.


Abb. 10: Thematic hierarchy (Gutiérrez-Bravo 2006, 139)

Das Modell bietet den Vorteil, dass damit im Spanischen – und analog dazu im Italienischen – auch die (durchaus frequenten) Sätze von Typ (8), die sich aus einem Dativobjekt, einem psychologischem Verb und einem postverbalem Subjekt (OVS) zusammensetzen, als unmarkiert analysiert werden können.16 (cf. Gutiérrez-Bravo 2006, 139)


(8) sp. A ella le gustaron los caballos. (Gutiérrez-Bravo 2006, 139)

Wie dieser kurze Überblick verdeutlicht hat, entscheiden offensichtlich mehrere – je nach Sprache wohl unterschiedlich gewichtete – Faktoren über die bevorzugte lineare Abfolge von Konstituenten im Satz. Einzelsprachliche Analysen, die zwischen sprachenspezifischen und universalen Eigenschaften differenzieren, sind folglich unverzichtbar.17

Eine keinesfalls zu vernachlässigende Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Prosodie, deren Interaktion mit der Informationsstruktur im folgenden Kapitel näher beschrieben werden soll. Im Zuge dessen werden einige grundlegende prosodische Kategorien und Termini eingeführt. Kapitel 3.3 wird sich dem Zusammenspiel zwischen der Prosodie und der Syntax widmen.

3.2 Informationsstruktur und Prosodie

Dass prosodische Analysen auch für pragmatisch orientierte Studien unabdingbar sind, gilt heute als selbstverständlich: „Si la pragmática tiene como objetivo identificar los principios generales que determinan el funcionamiento de la interacción verbal, uno de sus cometidos ha de ser el de explicar de qué modo la prosodia interviene en la interpretación.“ (Escandell-Vidal 2011, 194) Die Methoden, die zur Erforschung der Schnittstelle eingesetzt werden, sind äußerst heterogen und reichen von Produktionsexperimenten (cf. Selkirk 2002) und Korpusanalysen (cf. Frascarelli/Hinterhölzl 2007) über Sprecherurteile zur Akzeptabilität von konkret realisierten Konturen und Akzenten in bestimmten Kontexten (cf. Bartels/Kingston 1994) bis hin zu eye tracking-Studien (cf. Watson et al. 2006).

Relative Einigkeit herrscht heute darüber, dass die diversen Strategien, über die Sprecher zur Markierung der Informationsstruktur verfügen, stets Auswirkungen auf die Prosodie haben. So weisen Foki meist eine prosodische Prominenz auf, während dies für gegebene Information in der Regel nicht zutrifft. Topiks tendieren dazu, eine separate prosodische Phrase zu bilden, und sind in diesem Sinne ebenfalls prominent.1 (cf. Féry/Krifka 2008, 7)

Féry und Krifka (2008) zufolge sind es universale Prinzipien, nach denen Informationsstruktur kodiert wird. Die Tendenz, dass eine Prominenz bei fokalisierten, nicht aber bei gegebenen Elementen zu beobachten ist, kann durch den effort code erklärt werden. Höherer oder niedriger prosodischer Aufwand reflektiert demnach die Relevanz von Konstituenten (bzw. deren Referenten) für die Kommunikation.2 (cf. Féry/Krifka 2008, 12) Dem entspricht auch Givóns code quantity principle: „The less predictable/accessible a referent is, the more phonological material will be used to code it.“ (Givón 1988, 249) Dass sich auch Topiks prosodisch vom restlichen Teil der Äußerung abheben (und an erster Position stehen), kann auf die Optimierung des Informationsflusses zurückgeführt werden. (cf. Féry/Krifka 2008, 12) Neben der Markierung des Satzmodus bzw. der Sprechakte sowie der Einstellungen der Sprecher erfüllt die Prosodie aus informationsstruktureller Sicht damit zwei zentrale Funktionen. Zum einen liefert sie dem Hörer Indizien, die ihm die Segmentierung der sprachlichen Einheiten erleichtern, zum anderen kann sie einzelne, besonders wichtige Elemente einer Äußerung durch eine Akzentuierung salient machen. (cf. Lacheret 2013, 230–231)

Nicht zu vernachlässigen sind jedoch Unterschiede zwischen den Sprachen bei der Markierung der Informationsstruktur. (cf. Féry/Krifka 2008, 12) So kann in einigen Sprachen, wie beispielsweise im Englischen, jedes Element unabhängig von seiner Position prosodisch fokalisiert werden. In Satz (9) wird etwa das initiale Subjekt als Fokus markiert. Andere Sprachen, wie das Spanische, greifen bevorzugt auf eine syntaktische Umstellung zurück und realisieren den Fokus in finaler Position (10). (cf. Casielles-Suárez 1999, 357–359)


(9) en. (Who followed Ralph into the bedroom?) – LAURIE followed Ralph into the bedroom. (Casielles-Suárez 1999, 357)
(10) sp. (¿Quién llamó a los niños?) – A los niños los llamó JUAN. (Casielles-Suárez 1999, 359)

Um zu einem besseren Verständnis des Zusammenspiels von Informationsstruktur und Prosodie zu gelangen, ist es zunächst erforderlich einige grundlegende Termini der suprasegmentalen Ebene zu klären.

Die drei wichtigsten Dimensionen der Prosodie umfassen die Zeit, die Frequenz und die Intensität.3 (cf. Rossi 1999, 7) Die akustischen Merkmale bestimmen jeweils die auditiven Merkmale, auch wenn – wie folgendes Schema von Rabanus illustriert – immer auch gegenseitige Wechselwirkungen angenommen werden müssen.4 (cf. Moroni 2010, 64–65)


Abb. 11: Artikulatorischer Zusammenhang (Rabanus 2001, 6)

Der Ton ist eine phonologische Kategorie, die sich auf Variationen der Grundfrequenz (F0) bezieht.5 In Tonsprachen dient er dazu, lexikalische und grammatikalische Bedeutungen zu unterscheiden. (cf. Hartmann 2007, 222) Zur Markierung der Informationsstruktur setzen diese Sprachen vor allem syntaktische und morphologische Strategien ein. (cf. Hartmann 2007, 233) Intonationssprachen hingegen, zu denen auch die in dieser Arbeit untersuchten romanischen Sprachen zählen, verwenden den Ton als einen der „suprasegmental phonetic features to convey ‚postlexical‘ or sentence-level pragmatic meanings in a linguistically structured way“.6 (Ladd 1996, 6)

In der nicht-linearen Phonologie, die heute als gängigster Ansatz innerhalb der Intonationsforschung gelten kann7, werden in der Regel zwei Arten von Tönen unterschieden. Level tones zeichnen sich durch eine konstante Höhe aus. Innerhalb der level tones werden wiederum zwei Töne differenziert, ein Hoch- (H für high) und ein Tiefton (L für low).8 Contour tones sind Kombinationen aus level tones. Steigende Töne kombinieren L und H, fallende Töne H und L. (cf. Hartmann 2007, 222) Der Tonhöhenverlauf wird als Intonation bezeichnet.9 (cf. Peters 2014, 1) Intonationskonturen sind all jene Tonhöhenverläufe, „die in einer gegebenen Sprache die gleichen sprachlichen Funktionen erfüllen“.10 (Peters 2014, 2) Aus rein prosodischer Sicht kann ein Satz dementsprechend durch das Vorhandensein einer (einzelnen) terminalen Intonationskontur definiert werden.11 (cf. Wunderli 1990, 41)

Der Ton wird zur suprasegmentalen Ebene der Sprache gerechnet, die grundsätzlich als von der segmentalen Ebene unabhängig gesehen wird, aber insofern mit ihr in Verbindung steht, als der Ton mit einem Silbenkern, d.h. mit Vokalen oder silbischen Konsonanten, assoziiert.12 (cf. Hartmann 2007, 223) Voraussetzung für die Verbindung der prosodischen mit der segmentalen Ebene ist die Eruierung von metrisch starken Silben in der jeweils zu analysierenden Sprache. Im Spanischen und Italienischen etwa sind die metrisch starken Silben durch das Lexikon (Wortakzent) vorgegeben. (cf. Gabriel 2007, 179)

Töne, die einen Akzent markieren, werden Akzenttöne (oder Pitch-Akzente) genannt und in autosegmentalen Zugängen mithilfe eines Sterns (*) markiert. (cf. Peters 2014, 29) Akzenttöne assoziieren mit den metrisch starken Silben nun entweder in monotonaler (L*, H*) oder in bitonaler (L*H, LH*, H*L, HL*) Form.13 (cf. Gabriel 2007, 179) Im Gegensatz zu Akzent ist stress ein abstrakter Begriff, der sich auf eine relative Prominenz bezieht und der starken Silbe eines prosodischen Fußes zugeordnet wird.14 Auf phonetischer Ebene manifestiert sich stress oft durch größere Dauer, Lautstärke oder Tonbewegungen.15 (cf. Hartmann 2007, 224)

Unbedingt von der Assoziierung zu unterscheiden ist die Alignierung von Tönen. In den Beispielsätzen (11)–(12) etwa assoziieren die Akzenttöne jeweils mit der metrisch starken Silbe von María. Dass sie eine unterschiedliche Alignierung aufweisen, zeigt Abbildung 12. (cf. Gabriel 2007, 179)


(11) (Was ist los?) – sp. MaRÍa le da el diario a su herMAno.
(12) (Julia gibt ihrem Bruder die Zeitung, nicht wahr?) – sp. MaRÍa le da el diario a su hermano.


Abb. 12: Unterschiedliche Alignierung (Gabriel 2007, 179)

Die Position des Asterisks gibt hier an, „ob der Tonhöhengipfel im ‚zeitlichen Rahmen‘ der Silbe erreicht wird (LH*, early rise) oder ob er sich aus dem durch die Dauer der Silbe vorgegebenen Zeitfenster heraus nach rechts verschiebt (L*H, late rise)“.16 (Gabriel 2007, 178) Phrasen- und Grenztöne (H-, L- bzw. H%, L%) assoziieren mit den Grenzen hierarchisch höherer prosodischer Ebenen, ihre Alignierung bezieht sich „jedoch auf die mit der betreffenden Grenze adjazente(n) Silbe(n) […], da jede phonetische Materialisierung von Tönen notwendigerweise lautliches Material voraussetzt“.17 (Gabriel 2007, 183)

Die Position von Pitch-Akzenten erklärt man sich heute unter anderem durch pragmatische, d.h. informationsstrukturelle Faktoren.18 Das Topik weist für Hetland und Molnár (2001, 624) eine große prosodische Variation auf, und zwar nicht nur sprachenübergreifend, sondern auch innerhalb einer Sprache. Moroni (2010, 32–33) zufolge wird es nur dann akzentuiert, wenn seine Erkennbarkeit erleichtert werden soll.19 Fokus hingegen markieren die meisten Sprachen mit dem fallenden Pitch-Akzent H*L. Umgekehrt bedeutet dies jedoch nicht, dass auch jede H*L-Kontur Fokus markiert.20 (cf. Hartmann 2007, 225–226) Der Pitch-Akzent, der Fokus markiert und demnach auch als Fokusakzent bezeichnet wird21, kombiniert die fallende Tonhöhe zusätzlich meist mit einer Dehnung. Er wird einer Silbe zugeordnet, die einen Wortakzent trägt.22 Diese Silbe wird in der Literatur meist Fokusexponent genannt.23 (cf. Musan 2010, 46) Andere Silben sind deutlich weniger dazu geeignet, den Fokusakzent zu tragen. Dazu zählen insbesondere Reduktionssilben, d.h. Silben, die ein Schwa enthalten. (cf. Musan 2010, 47)

Die Fokuskonstituente kann nun gleich groß wie der Fokusexponent (FE) sein und damit – wie in (13) – nur aus einer Silbe bestehen. (cf. Musan 2010, 46) Der Akzent kann jedoch seine Funktion ausgehend vom Fokusexponenten auch über weitere Silben projizieren (14). Welche das sind, ist vor allem für den Hörer relevant. Mit einer adäquaten Platzierung des Fokusakzents ermöglicht der Sprecher dem Hörer folglich eine optimale Dekodierung seiner Äußerung.24 (cf. Musan 2010, 47)


(13) dt. Wen will Moritz treffen? – Moritz will [MAX]F=FE treffen.
(14) dt. Wen will Moritz treffen? – Moritz will [Maxi [MI]FE lian]F treffen. (Musan 2010, 46–47)

Bei einem engen Fokus umfasst der Fokus das akzentuierte Wort.25 (cf. Musan 2010, 49) Eine sehr weite Fokusprojektion ist im Deutschen etwa dann möglich, wenn der Fokusakzent auf einem internen Argument des Verbs liegt, vorausgesetzt, dieses Argument wurde – wie im folgenden Beispiel (15) – nicht aus seiner ursprünglichen Position wegbewegt. (cf. Musan 2010, 49–50) Der Fokusakzent auf Buch kann hier folglich je nach den Kontexten (16)–(20) mehr oder weniger (neue Information kodierende) Konstituenten als Fokus markieren. (cf. Höhle 1982, 91–92)


(15) dt. Karl hat dem Kind das BUCH geschenkt.
(16) dt. Was hat Karl dem Kind geschenkt?
(17) dt. Was hat Karl hinsichtlich des Kindes getan?
(18) dt. Was hat Karl getan?
(19) dt. Was hat das Kind erlebt?
(20) dt. Was ist geschehen? (Höhle 1982, 91–92)

Die Möglichkeit der Fokusprojektion impliziert jedoch nicht, dass die prosodische Realisierung des Satzes (15) auch tatsächlich in jedem der Kontexte (16)–(20) völlig identisch ist. So wird etwa ein eng fokalisiertes Objekt einer SVO-Konstruktion – vgl. Kontext (16) – im Englischen Bishop (2012, 240) zufolge mit einer größeren akustischen Prominenz im Vergleich zum pränuklearen Material realisiert als das bei einem all focus-Satz – vgl. Kontext (20) – der Fall ist. Vergleicht man hingegen all focus-Sätze wie jenen in (21) mit Äußerungen, in denen der Fokus die Verbalphrase umfasst (22), lässt sich nach Primus (1993, 888) im Englischen und im Deutschen kein relevanter Unterschied in der prosodischen Realisierung beobachten. Bei schneller Sprechweise und ohne Kontexteinbettung seien die Antworten der jeweiligen Beispielsätze dementsprechend ambig.


(21) dt. (Was gibt es Neues?) – [HANS hat MARIA ÄPFEL gegeben]F26
(22) dt. (Was hat Hans gemacht?) – Hans [hat MARIA ÄPFEL gegeben]F (Primus 1993, 888)

Ob – und wenn ja, wie – man die genaue Position des (Fokus-)Akzents bei einem weiten Fokus vorhersagen kann, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Manche Modelle nehmen grammatisch-syntaktische Faktoren als ausschlaggebend für die Akzentuierung an. So wurde für das Deutsche und Englische festgestellt, dass bei einem weitem Fokus wie in (23) der Akzent tendenziell eher auf ein Argument als auf ein prädikatives Element fällt. (cf. Baumann 2006a, 165)


(23) en. Why did you miss the party? – My MOther got sick.27 (Terken/Hirschberg 1994, 126)

In pragmatischeren Zugängen wird auch die konkrete Position des Akzents auf informationsstrukturelle Faktoren zurückgeführt. Die Beobachtung, dass innerhalb einer Verbalphrase eher einer Nominalphrase oder einer Präpositionalphrase als dem Verb selbst die Prominenz zugewiesen wird, erklärt Lambrecht folgendermaßen: „The existence of this rule is based on the […] fact that the pragmatic status of a verb tends to be more neutral or at least less important than the status of an argument constituent.“ (Lambrecht 1986, 188)28 Ocampo (1995, 433) erklärt sich Lambrechts Regel mit der „subjective opinion of the speaker who decides, and indicates – by primary stress placement – what is the most important, crucial, piece of the information asserted“. Ähnlich argumentiert Krifka (2007). Er führt die Akzentuierung auch auf den Informationsstatus der Konstituenten zurück. Argumente werden deswegen akzentuiert, weil sie referenziell sind und dadurch für den Sprecher die Notwendigkeit größer wird auszudrücken, ob die Argumente gegeben sind oder nicht. (cf. Krifka 2007, 40)

Nach Bolinger (1972) hängt die Akzentuierung eines Elements mit dessen semantischem „Gewicht“ zusammen. Ihm zufolge werden in erster Linie jene Einheiten akzentuiert, die in einer Äußerung für den Hörer schwierig vorherzusehen sind. In Fügungen wie clothes to wear, books to write, work to do und topics to cover betrifft dies die Substantive (Kleidung wird für gewöhnlich getragen, Bücher geschrieben etc.). Ist das Verb nicht vorhersehbar, kann auch dieses den Akzent erhalten, wie der Vergleich der beiden Sequenzen (24)–(25) zeigt. (cf. Bolinger 1972, 634)


(24) en. I can’t finish in an hour – there are simply too many TOPICS to cover.
(25) en. I can’t finish in an hour – there are simply too many topics to ELUCIDATE. (Bolinger 1972, 633–634)

Um das relative semantische Gewicht von Konstituenten zu ermitteln, ist es folglich nötig, den Kontext von Äußerungen zu berücksichtigen. Dass semantisch reichere Formen wiederum mit längeren Lexemen korrelieren, ist für Bolinger zwar statistisch korrekt, für die Akzentuierung jedoch nicht entscheidend.29 (cf. Bolinger 1972, 634–635)

Durchaus legitim – und zwar sowohl in Sätzen mit engem als auch in Fällen von weitem Fokus – ist die Frage, ob Satzakzente tatsächlich Fokus oder nicht doch in erster Linie neue Information markieren. So ist die Konstituente, auf der der Satzakzent in Beispiel (26) liegt, nicht nur Fokus, sondern gleichzeitig neue Information. Satz (27) zeigt, dass eine Akzentuierung der gegebenen Information nicht zulässig ist. (cf. Musan 2010, 19)


(26) dt. (Wo bemerkte Solvejg die Spinne?) – Solvejg bemerkte die Spinne in einer dunklen SCHRANKecke.
(27) dt. (Wo bemerkte Solvejg die Spinne?) – #Solvejg bemerkte die SPINne in einer dunklen Schrankecke. (Musan 2010, 19)

Für eine gewichtige Rolle der Gegebenheit spricht die Tatsache, dass bei der Fokalisierung eines längeren Ausdrucks jene Konstituente, die eigentlich den Akzent hätte, deakzentuiert werden kann, wodurch einer anderen, nicht vorerwähnten Konstituente innerhalb des Fokus die Möglichkeit zukommt, den Hauptakzent zu erhalten. Dementsprechend wird in der Antwort in (28) nicht – wie bei einem Verbalphrasen-Fokus üblich – das Argument, sondern das Verb selbst akzentuiert.30 (cf. Krifka 2007, 39–40)

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
18+
Hacim:
542 s. 71 illüstrasyon
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9783823301684
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