Kitabı oku: «Baurecht Baden-Württemberg», sayfa 12

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dd) Verbot der reinen Negativ- bzw. Verhinderungsplanung

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Verboten ist auch die reine Negativ- bzw. Verhinderungsplanung.[114] Ein generelles Verbot negativer Planung existiert jedoch nicht, da mit jeder positiven Festsetzung in einem Bebauungsplan zugleich auch der Ausschluss einer nicht zugelassenen Festsetzung enthalten ist. Zulässig ist eine Negativplanung, wenn sie auf einem einseitig ausschließenden städtebaulichen Gesamtkonzept beruht.[115] Unzulässig ist jedoch eine Negativplanung dann, wenn sie sich allein in der Verhinderung bestimmter Vorhaben erschöpft, sie also keinen Beitrag zu einer positiven städtebaulichen Entwicklung leistet,[116] sie also nicht nur eine Verhinderungsplanung, sondern vielmehr eine reine Verhinderungsplanung ist. Die getroffenen Festsetzungen müssen nur ein vorgeschobenes Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen.[117]

Beispiel

Unzulässig ist es, wenn die Gemeinde A im Außenbereich gemäß § 35 BauGB ein reines Wohngebiet ausweist, nur um einen Windenergiepark zu verhindern.[118]

ee) Verbot der Verfolgung nichtstädtebaulicher Ziele

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Verboten ist ferner die Förderung von Zielen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind und die keine positive Planungskonzeption aufweisen.[119] Verwehrt ist es der Gemeinde z.B. unter dem Deckmantel des Städtebaurechtes Denkmalschutz zu betreiben. Bauplanerische Festsetzsetzungen, die nur vorgeschoben sind, in Wirklichkeit jedoch dem Denkmalschutz dienen, sind rechtswidrig.[120]

JURIQ-Klausurtipp

Klausurrelevanz erlangt dieser Aspekt dadurch, dass ein Bebauungsplan, der auf die Erhaltung eines historisch gewachsenen – denkmalgeschützten oder (einfach) erhaltenswerten – Ortsteils gerichtet ist, den Rahmen der städtebaulichen Zielsetzungen i.S.d. § 1 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 6 BauGB nicht überschreitet, wenn er darauf abzielt, die überkommene Nutzungsstruktur oder prägende Bestandteile des Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität willen für die Zukunft festzuschreiben.[121]

In einer Klausur ist daher besonders sorgfältig zu prüfen, ob nur ein verkappter Denkmalschutz in unzulässiger Weise durch das Bauplanungsrecht erfolgen soll.

Beispiel

Die Verfolgung rein wirtschaftlicher Ziele oder die Verfolgung von denkmalschutzrechtlichen Zielen unter dem „Deckmantel“ des Bauplanungsrechts ist unzulässig.

ff) Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Bebauungsplans

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Ist ein Bebauungsplan nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB ist er nichtig.[122]

Ein planergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB kommt zwar grundsätzlich in Betracht, sofern die fehlende Erforderlichkeit behoben werden kann; dies wird jedoch nur theoretisch der Fall sein.

d) Gebotswirkung des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB

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Der gemeindliche Entscheidungsspielraum kann sich ausnahmsweise zu einer Planungspflicht verdichten. Hinsichtlich der Gebotswirkung des § 1 Abs. 3 BauGB können nicht die Voraussetzungen der Verbotswirkung der Norm herangezogen werden.[123] Durch die Gebotswirkung des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB soll dem gemeindlichen Planungsspielraum bereits im Vorfeld vor dessen Betätigung eine Grenze gezogen werden, denn ansonsten könnte eine (evtl. bewusst) planungslose Gemeinde niemals zum Erlass eines Bebauungsplanes verpflichtet werden.[124] Ferner soll eine Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung nicht nur durch die Planersatzvorschriften (§§ 34, 35 BauGB) erfolgen. Da der Gemeinde die durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgesicherte Planungshoheit zukommt, besteht eine derartige Planungspflicht jedoch nur in Extremfällen.[125] Im Gegensatz zur Verbotswirkung des § 1 Abs. 3 BauGB reicht es gerade nicht aus, dass eine Planung vernünftigerweise geboten ist. Die Planungspflicht besteht vielmehr nur bei Vorliegen eines qualifizierten Planungsbedarfs.[126]


Ein qualifizierter Planungsbedarf besteht, wenn städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht ein planerisches Handeln dringend geboten erscheinen lassen.[127]

e) Keine planungsbezogenen Ansprüche des Bürgers

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Wiederholen Sie die sog. Schutznormtheorie.

Dem Bürger steht kein Planungsanspruch, d.h. ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans, zu.[128] Dies folgt aus § 1 Abs. 3 BauGB. Diese Vorschrift will ausschließlich die städtebauliche Entwicklung und Ordnung als reine Allgemeininteressen gewährleisten. § 1 Abs. 3 BauGB dient daher nicht dem Schutz von Individualinteressen (zur Schutznormtheorie s.u. Rn. 634). Insbesondere kann sich ein Anspruch auf Bauleitplanung auch nicht durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag begründen lassen (§ 1 Abs. 3 S. 2 BauGB).

Erzwingbar ist die Aufstellung eines erforderlichen Bebauungsplanes nur im Wege der Rechtsaufsicht gemäß §§ 118 ff. GemO.[129] Unterlässt es die Gemeinde einen erforderlichen Bebauungsplan aufzustellen, so hat die Rechtsaufsichtsbehörde, § 119 GemO, ein Anordnungsrecht gemäß § 122 GemO.

Hinweis

Auch auf das Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörde hat der Bürger keinen Anspruch. Die Rechtsaufsicht dient der Sicherung der Rechtmäßigkeit gemeindlichen Handelns, d.h. dem Rechtsstaatsprinzip. Dies stellt ein Allgemeininteresse dar, so dass kein subjektives-öffentliches Recht begründet wird. Im Rahmen einer Klage fehlt die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO.

181

Nach der Rechtsprechung hat der Bürger auch keinen Anspruch auf Schaffung des durch den Bebauungsplan vorgegebenen Zustandes (Plangewährleistungsanspruch).[130]

2. Gesetzliche Schranken

182

Bei der Aufstellung von Bauleitplänen kann sich die Gemeinde nicht auf planerisch freiem Feld betätigen, sondern unterliegt tatsächlichen und rechtlichen Bindungen.[131] Hierbei ist zwischen zwingenden gesetzlichen Anforderungen, die der Planungsentscheidung zugrunde zu legen sind, und den Optimierungsgeboten, die vom Bundesverwaltungsgericht als Abwägungsdirektive bezeichnet werden,[132] bei denen nur eine möglichst optimale Lösung anzustreben ist, zu unterscheiden.[133]

Zwischen den gesetzlichen Schranken und den Optimierungsgeboten bestehen folgende Unterschiede:

Die zwingenden gesetzlichen Vorgaben sind quasi vor die Klammer gezogen: Sie stehen außerhalb der Abwägung.

Bei den Optimierungsgeboten soll hingegen im Rahmen der Abwägung eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Lösung gefunden werden. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Schranken können Optimierungsgebote auch im Wege der Abwägung überwunden werden, d.h. hinter anderen öffentlichen Belangen zurückgestellt werden.[134]

a) Entwicklungsgebot, § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB

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Ein Bebauungsplan ist gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB grundsätzlich aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (Entwicklungsgebot, s. hierzu Rn. 57 ff.). Eine einstufige Bauleitplanung ist nur ausnahmsweise in den gesetzlich geregelten Fällen (selbständige Bebauungspläne, § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB, vorzeitige Bebauungspläne, § 8 Abs. 4 BauGB, vorzeitig angezeigte und bekannte gemachte Bebauungspläne, § 8 Abs. 3 BauGB) zulässig (s.o. Rn. 67 f.). Zu beachten ist ferner § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Hiernach kann im beschleunigten Verfahren unter bestimmten Umständen bei einem Bebauungsplan, der von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, dieser vor der Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplanes aufgestellt werden.

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Lesen Sie § 214 Abs. 2 BauGB.

Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot besteht nicht notwendigerweise in der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes. In den Fällen des § 214 Abs. 2 BauGB ist ein Verstoß unbeachtlich.

b) Anpassungspflicht, § 1 Abs. 4 BauGB

185

Bauleitpläne und somit auch der Bebauungsplan müssen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung angepasst werden.

Lesen Sie § 3 Nr. 2 ROG (Sartorius I Ordnungsziffer 340).

Hinweis

Der Begriff der Ziele der Raumordnung ist in § 3 Nr. 2 ROG legal definiert.

Der Bebauungsplan wird entsprechend dem Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 S. 1 BauGB) in der Regel jedoch aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. In diesem Fall hat die Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB primär Auswirkungen auf den Flächennutzungsplan.

186

Lediglich in Fällen in denen kein Flächennutzungsplan gegeben ist (einstufige Bauleitplanung, s.o. Rn. 67 f.) kommt der Anpassungspflicht eine eigenständige Bedeutung zu. Die Anpassungspflicht setzt insbesondere voraus, dass


es sich begrifflich um Ziele der Raumordnung handelt,
diese rechtmäßig bzw. nicht unwirksam sind und
keine Zielabweichung (§ 6 Abs. 2 ROG) möglich ist bzw. in Anspruch genommen wird.

187

Unter Anpassen wird zunächst verstanden, dass im Aufstellungsverfahren der Bebauungspläne die Ziele der Raumordnung zu beachten sind. Der zulässige Abweichungsspielraum der Gemeinde richtet sich nach dem Konkretisierungsgrad der Ziele, d.h. nach ihrer inhaltlichen Dichte. Innerhalb dieser Grenzen ist die Gemeinde strikt an die landesplanerischen Ziele gebunden. Sie kann diese nicht im Wege der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB überwinden. Dies ist damit zu begründen, dass den Zielen der Raumordnung selbst ein Abwägungsvorgang zugrunde liegt. An diesem sind die Gemeinden zu beteiligen, um ihre örtlichen Belange in die überörtlichen Ordnungsvorstellungen der Landesplanung einbringen zu können. Weitere gemeindliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Landesplanung bestehen nicht. Weiterhin resultiert eine Anpassungspflicht, d.h. bestehende Bebauungspläne müssen bei einer nachträglichen Zieländerung angepasst werden.[135]

Hinweis

Das Raumordnungsrecht zählt, wie sich aus § 8 Abs. 2 Nr. 9 JAPrO ergibt, nicht zum Pflichtfachstoff in der Ersten Juristischen Prüfung, so dass von Ihnen Kenntnisse in diesem Bereich nicht erwartet werden. Etwas anderes kann sich jedoch aus den Anforderungen im universitären Schwerpunktbereich ergeben.

c) Bestimmtheitsgebot

188

Wiederholen Sie das Bestimmtheitsgebot.

Bebauungspläne werden gemäß § 10 Abs. 2 BauGB als Satzung erlassen und stellen somit Rechtsnormen dar. Die Festsetzungen eines Bebauungsplanes betreffen sowohl die unmittelbar von den Festsetzungen betroffenen Grundstücke, wie auch die benachbarten Grundflächen.[136] Daher müssen sie dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit genügen.

Das Bestimmtheitsgebot verlangt zunächst inhaltliche Normenklarheit. Dies bedeutet, dass der Inhalt der planerischen Festsetzungen im Bebauungsplan in größtmöglichem Maße eindeutig ist. Dies ist erforderlich, damit die Betroffenen erkennen können, welchen Beschränkungen ihr Grundstück unterworfen bzw. welchen Belastungen es ausgesetzt ist.[137] und inwieweit die öffentliche Gewalt in seinen Rechtskreis eingreifen darf. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist zulässig, wenn durch Auslegung ermittelt werden kann, welche konkreten Pflichten dem Bürger auferlegt werden bzw. was dieser zu erwarten hat.

Des Weiteren muss der Bebauungsplan eine hinreichende Regelungsdichte aufweisen. Die hinreichende Regelungsdichte fehlt, wenn die Gemeinde als Satzungsgeber offen oder verdeckt die ausschließlichen Entscheidungsbefugnisse auf die normvollziehende Verwaltung oder auf Personen, die den Bebauungsplan anzuwenden haben, überträgt.[138]

Beispiele

Zu unbestimmt sind folgende Festsetzungen:[139]


Festsetzung einer Fläche für den Gemeinbedarf ohne jede nähere Konkretisierung
Festsetzung der Gebäudehöhe auf etwa 7,5 m
Ausweisung einer identischen Fläche als Gewerbegebiet und zugleich als Fläche für den Gemeinbedarf (widersprüchliche Festsetzungen)
Fehlende Abgrenzung verschiedener Baugebiete
in zwei ausgefertigten Exemplaren eines Bebauungsplans sind die Grenzen des Baugebietes unterschiedlich eingezeichnet
Festsetzung eines Erholungsgebietes ohne nähere Konkretisierung

d) Beachtung des Planungsrahmens (Vorgaben der BauNVO)

189

Die zulässigen Inhalte eines Bebauungsplanes regelt § 9 BauGB abschließend (s. Rn. 106). Die BauNVO, die als Rechtsverordnung des Bundes auf § 9a Nr. 1–3 BauGB basiert, ergänzt und konkretisiert die Vorschriften zur Bauleitplanung (§§ 1–13 BauGB) und die Vorschriften hinsichtlich der Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29–38 BauGB). Die BauNVO regelt, das BauGB ausführend, die Art der baulichen Nutzung, wie die Gliederung in Bauflächen (§ 1 Abs. 1 BauGB) und Baugebiete (§§ 1 Abs. 2, 2–14 BauNVO), und das Maß der baulichen Nutzung (§§ 16–21a BauGB), sowie die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen, § 22 f. BauNVO. In einem qualifizierten Bebauungsplan müssen gemäß § 30 Abs. 1 BauGB zumindest diese Festsetzungen zumindest enthalten sein (s.o. Rn. 99).

190

Ein qualifizierter Bebauungsplan ist fehlerhaft, wenn die in §§ 9, 9a Nr. 1–3 BauGB i.V.m. der BauNVO genannten zulässigen Möglichkeiten überschritten wurden (s. ausführlich Rn. 104 ff.).

Dies ist insbesondere der Fall, wenn


die Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 3 S. 2, §§ 2–14 BauNVO unter Beachtung der Ausnahmen in § 1 Abs. 4–9 BauNVO),
das Maß der baulichen Nutzung (§§ 16–21a BauNVO) oder
die Bauweise der überbaubaren Grundstücksflächen (§ 22 f. BauNVO)

nicht eingehalten wurde.

Hinweis

Im Hinblick auf ihre planerische Gestaltungsfreiheit wird die Gemeinde durch § 9 Abs. 1–3 BauGB beschränkt. Trifft der Bebauungsplan Festsetzungen, die über die abschließend aufgezählten zulässigen Festsetzungen hinausgehen, so ist dieser unwirksam.

191

Gemäß § 9 Abs. 4 BauGB können die Länder durch Rechtsvorschrift bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften des BauGB Anwendung finden. Dies sind örtliche Bauvorschriften i.S.d. § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 74 LBO (s. Rn. 93).

e) Interkommunales Rücksichtnahmegebot, § 2 Abs. 2 BauGB

192

§ 2 Abs. 2 BauGB normiert, dass Bauleitpläne, also auch Bebauungspläne, benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind (interkommunales Rücksichtnahmegebot). Das interkommunale Rücksichtnahmegebot wird relevant, wenn erkennbar wird, dass durch eine Bauleitplanung auch berechtigte und relevante Interessen der Nachbargemeinden betroffen sein können.[140] Es begründet zugunsten benachbarter Gemeinden einen Anspruch auf materielle Abstimmung, der auf Rücksichtnahme und Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen auf die Nachbargemeinde gerichtet ist.[141] Die Grundlage des interkommunalen Rücksichtnahmegebots ist die Planungshoheit der benachbarten Gemeinde gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Hiernach braucht keine Gemeinde hinzunehmen, dass ihre Planungshoheit durch fremde Planungen rechtswidrig verletzt wird.[142] Benachbarte Gemeinden stehen sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber.[143]

Hinweis

Benachbart ist eine Gemeinde bereits dann, wenn sie von den Auswirkungen der jeweiligen Planung betroffen ist. Ein unmittelbares räumliches Aneinandergrenzen ist daher also nicht erforderlich.[144] Dies stellt jedoch ein wichtiges Indiz dar.[145] Je nach der Bedeutung der Planung kann sich die Abstimmungspflicht auch auf Gemeinden erstrecken, die räumlich weit von der planenden Gemeinde entfernt sind.

Formell wird das interkommunale Rücksichtnahmegebot durch die Behördenbeteiligung gemäß § 4 BauGB (s.o. Rn. 127) abgesichert.

193

Wegen des interkommunalen Rücksichtnahmegebots sind alle Belange zu berücksichtigen, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben. Nicht erforderlich ist, dass bereits ein entgegenstehender Bebauungsplan durch die Nachbargemeinde erlassen worden ist oder dass diese Planungsabsichten hinreichend konkretisiert worden sind.[146] § 2 Abs. 2 BauGB ist erweiternd dahin ausgelegt werden, dass es einer (materiellen) Abstimmung – unabhängig davon, ob in der Nachbargemeinde bereits Bauleitpläne oder bestimmte planerische Vorstellungen bestehen - immer dann bedarf, wenn unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art in Betracht kommen.[147]

Beispiel

Das interkommunale Rücksichtnahmegebot ist verletzt, wenn die Gemeinde unmittelbar an der Grenze in der Nachbarschaft eines Wohngebietes einen Schlachthof[148] oder eine Windkraftanlage[149] plant.

Ein Einvernehmen mit anderen Gemeinden ist nicht erforderlich. Vielmehr sollen die berechtigten Interessen der Nachbargemeinde zu einer Abstimmung führen. Die Berücksichtigung beachtlicher Interessen der Nachbargemeinde hat dabei im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu erfolgen.[150]

JURIQ-Klausurtipp

Das interkommunale Rücksichtnahmegebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB ist inhaltlich mit der Abwägungsentscheidung verknüpft: Es stellt eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar.[151] In der Fallbearbeitung ist, sofern beachtliche Auswirkungen auf die Bauleitplanung auf das Gebiet einer Nachbargemeinde gegeben sind, diese im Rahmen der Abwägung § 1 Abs. 7 BauGB anzusprechen.

194

Durch das EAG Bau 2004 wurde § 2 Abs. 2 BauGB um einen Satz 2 ergänzt. Hiernach können sich die Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbetriebe berufen. Dies ist insbesondere bei der Ansiedlung von Factory-Outlet-Centern,[152] die in den umliegenden Gemeinden zu einem nennenswerten Abzug der Kaufkraft führen, von Bedeutung. Ein Abstimmungsbedarf wird bereits ab einem Umsatzrückgang von 10 % angenommen,[153] wobei es sich um eine bloße Faustformel handelt.[154]

3. Gebot der gerechten Abwägung

195


Der Gemeinde kommt aufgrund ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Selbstverwaltungsgarantie in Form der Planungshoheit (s.o. Rn. 23) ein Planungsermessen (s.o. Rn. 147 ff.) zu. Dies bedeutet, dass die Gemeinde grundsätzlich das Recht hat zu entscheiden, ob und mit welchem Inhalt sie einen Bebauungsplan aufstellt. Die Planungshoheit enthält vor allem Gestaltungsfreiheit. Bedingt dadurch können planerische Festsetzungen im Bebauungsplan nur eingeschränkt gerichtlich überprüft werden. Die gerichtliche Kontrolle ist auf die Einhaltung der Grenzen des bestehenden Gestaltungsspielraumes oder darauf beschränkt, ob von der Gestaltungsfreiheit in einer Weise Gebrauch gemacht worden ist, die der gesetzlichen Ermächtigung entspricht. Diese gesetzlichen Grenzen ergeben sich insbesondere aus §§ 1 Abs. 5–7, 1a BauGB.

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