Kitabı oku: «Elfenzeit 7: Sinenomen», sayfa 7

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»Räumt ab und schließt die Tür hinter euch.«

»Ja, Statthalter«, sagte der Älteste von ihnen. Zu dritt schoben sie die Bretter zusammen, nahmen die Messer vom Tisch und verließen den Saal. Nur die Krüge ließen sie stehen.

Artair sah sich um, dann stand er auf und schloss eines der Fenster, durch die man über die Dächer der Stadt bis zu den Mauern sehen konnte, die sie umgaben. Es war ein windstiller Morgen. Staubfahnen bewegten sich träge durch die Luft.

»Ich habe die ganze Nacht gebetet«, sagte Artair. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. »Als ich gestern Las’wogg verließ, war ich auf dem Weg in den Tod. Ich suchte nach Flammenrittern, um mich ihnen im Kampf zu stellen und zu sterben. Ich dachte, selbst der Tod müsse besser sein als das.«

Er deutete mit dem Kopf nach draußen, als sei der Anblick der Stadt und der Ebene Erklärung genug. »Doch dann kamt ihr, Fremde auf der Suche nach einem Kind, auf der Suche nach Hilfe. Ich fragte mich, weshalb euch der Schmied geschickt haben könnte. Also betete ich um eine Antwort. Und heute Morgen bekam ich sie.«

»Oh-oh«, hörte Nadja Robert leise sagen.

Artair lächelte. »Ihr seid ein Zeichen. Der Schmied hat euch mir gesandt, als er erkannte, dass ich seine Prüfungen nicht länger ertragen konnte, dass es Zeit für die letzte große Aufgabe ist.«

»Und die wäre?«, fragte Anne. Ihr Misstrauen war nicht zu überhören, aber Artair ging nicht darauf ein. Seine Worte klangen wie die eines Wahnsinnigen, aber er wirkte ruhig.

»Ihr werdet«, fuhr er fort, »zum Mittagsgebet mit mir zusammen vor die Betenden treten. Ihr werdet erklären, dass der Schmied euch geschickt hat, um mir etwas mitzuteilen.«

»Was?« Annes Stimme klang schärfer.

»Dass wir die Stadt aufgeben und den Teufel von seinem Berg vertreiben müssen. Wir haben keine …«

Ein langgezogener klagender Laut unterbrach ihn, war selbst durch die geschlossenen Fenster noch zu hören. Im ersten Moment dachte Nadja, es wäre der Schrei eines verwundeten Cosgrachs, doch dann erkannte sie, dass es sich um ein Horn handelte. Ein zweites kam hinzu, ebenso klagend und laut.

Artair fuhr herum und riss das Fenster auf. In der Ferne wehte eine Staubwolke heran.

»Verlasst sofort den Palast«, sagte der Statthalter, als er sich wieder zu ihnen umdrehte.

Robert war bereits aufgestanden, zögerte nun jedoch. »Warum?«

»Weil der Palast ein beliebtes Ziel ist.« Mit langen Schritten ging Artair auf die Tür zu und riss sie auf. »Alles raus!«, brüllte er in den Gang hinein. »Die Flammenritter greifen an!«

8.
Rettungen

»Ich bin sehr ungern ein Zeichen«, sagte Robert, als sie die Stufen des Palastes hinunterliefen. Soldaten schoben Karren voller Waffen an ihnen vorbei. Aus den Gassen strömten Elfen auf den Marktplatz, nahmen sich Bögen und Köcher voller Pfeile. Andere füllten Eimer mit Sand und stellten sie in langen Reihen auf. Artair war auf einen der Galgen gesprungen und brüllte Befehle, die in den Flüchen und Rufen um ihn herum unterzugehen drohten.

Robert warf einen Blick in den Himmel, erwartete fast schon, Steine und brennende Pfeile niederregnen zu sehen. Doch er sah nur Staub und eine verwaschene gelbe Sonne. Ein Soldat drückte ihm einen Bogen in die Hand und lief weiter, ohne ihm Pfeile zu geben. Robert hielt ihn nicht auf. Er würde ohnehin nichts treffen.

Er ließ sich von Anne in eine Nische am Rand des Platzes ziehen. Nadja schloss sich ihnen an.

»Was meinst du damit?«, fragte sie.

»In diesem Irrenhaus«, antwortete er, während er sich den Bogen über die Schulter schlang, »ist das Zeichen des einen der Fluch des anderen. Ihr habt doch gesehen, dass Artair und Don Haggis –«

»Dubhaggan.«

»Egal … dass der Priester und Artair nicht gerade die besten Kumpel sind. Artair will uns benutzen, um sich gegen ihn durchzusetzen. Das wird der garantiert nicht so einfach schlucken. Wenn Artairs Plan schiefgeht, hängen wir schneller am Galgen, als ihr religiöser Wahn sagen könnt.«

Nadja nickte. Sie war gefasster als am Abend zuvor. Der Schlaf und der Traum, ob er nun real gewesen war oder nicht, hatten ihr geholfen.

»Dann sollten wir fliehen«, sagte Anne. Über ihre Schulter hinweg sah Robert, wie Artair vom Galgen sprang. Ein Soldat reichte ihm Rüstung und Stiefel.

»Und dann?«, fragte Nadja. »Er sagte, wir würden allein nicht weit kommen.«

»Er sagte auch, wir seien ein Zeichen«, entgegnete Robert.

Sie verzog das Gesicht, doch dann wandte sie sich zu seiner Überraschung an Anne. »Was hältst du davon?«

»Wenn wir fliehen können, sollten wir es tun. Hier kann man niemanden trauen.«

Die Rufe auf dem Platz verwandelten sich in Schreie. Ein Schatten raste über den Marktplatz, dann krachte es. Instinktiv zog Robert den Kopf ein. Holzsplitter bohrten sich vor seinen Füßen in den Boden. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der Galgen, auf dem Artair eben noch gestanden hatte, zertrümmert worden war. Ein Felsbrocken, groß wie ein Mensch, hatte einen Krater in den Boden gerissen.

Er sah sich nach Artair um. Der Statthalter lag am Boden, eingeklemmt unter der Leiche eines Soldaten. Armlange Splitter steckten in dessen Rücken. Zwei andere Soldaten liefen heran und zogen den Toten zur Seite. Artair stand auf und schüttelte sich. Die halb angezogene Rüstung hing von seinen Schultern. Er sah sich suchend um. Robert wollte zurückweichen, aber der Statthalter hatte ihn bereits entdeckt und winkte zwei Soldaten heran. Sie hörten ihm kurz zu, nickten und liefen geduckt auf die Nische zu.

»Wir sollen uns um euch kümmern«, sagte der Ältere, »und darauf achten, dass euch nichts passiert.«

Es war ihm anzusehen, was er von diesem Auftrag hielt. Sein Begleiter, der ebenso groß und kräftig war wie er, nickte. »Ist gefährlich hier. In den Weinkellern, bei den Kindern und alten Weibern werdet ihr sicher sein.«

Verachtung lag in seinen Worten.

Robert sah, dass Artair sie beobachtete und nickte. »Dann folgen wir euch.«

Die beiden Männer gingen voran. Die Gassen der Stadt waren fast leer. Nur einige Händler räumten noch ihre letzten Waren ein.

»Wo sind die anderen?«, fragte Nadja. Ihr Blick glitt immer wieder zum Himmel, genau wie Roberts.

»Auf den Mauern.« Der jüngere Elf deutete mit seinem Speer in Richtung des Stadttors. Hinter den Häusern war es nicht zu sehen.

»Alle?« Anne klang zweifelnd.

»Alle, die nicht blind oder lahm sind«, antwortete der Elf.

»Oder feige«, murmelte der Ältere leise. Ein Mensch hätte ihn nicht verstanden, Robert schon.

Er fühlte Annes kurze Berührung und nickte, ohne sie anzusehen. Die Gelegenheit war günstig. Nadja spürte es wohl ebenfalls, denn sie ging zur Seite, um ihnen mehr Platz zu verschaffen.

Die Gasse wurde breiter. Robert duckte sich, als ein Felsbrocken hoch über ihnen durch die Luft flog. Er beschrieb einen Bogen und verschwand hinter den Häusern. Der Aufprall hallte dumpf von den Wänden wider.

»Nichts getroffen«, sagte der ältere Soldat.

Der Jüngere nickte.

Es war niemand außer ihnen in der Gasse zu sehen. Die Stände waren geschlossen, die Waren aus den Regalen verschwunden.

»Jetzt«, flüsterte Anne.

Mit einem Sprung war sie bei dem Jüngeren der beiden. Ein Tritt prellte ihm den Speer aus der Hand. Der Mann schrie überrascht auf. Der Ältere drehte sich. Seine Hand glitt zu dem Schwert in seinem Gürtel. Robert schlug mit beiden Fäusten zu. Er hörte den Arm des Soldaten brechen, sah den Mann zusammensacken und hielt erschrocken inne.

Das wollte ich nicht, dachte er.

Der Soldat kam wieder hoch. Sein Gesicht war vor Wut und Schmerz verzerrt. Sein linker Arm hing wie der einer Stoffpuppe herab, doch sein rechter holte aus. In seiner Hand blitzte ein Dolch. Robert sprang aus dem Stand hoch, drehte sich in der Luft und trat zu. Die Bewegungen erschienen ihm natürlich, er dachte nicht über sie nach. Sein Fuß traf das Kinn des Soldaten, riss dessen Kopf in den Nacken. Es knackte. Er brach zusammen.

»Anne!«

Nadjas Stimme. Robert fuhr herum. Der zweite Soldat lag am Boden. Seine Arme waren ausgestreckt, seine Finger zuckten. In seiner Brust steckte ein abgebrochener Speer. Anne hockte über ihm. Sie hielt seinen Kopf hoch. Ihr Haar fiel über seine Kehle und verbarg, was sie tat. Doch Robert hörte, wie sie trank, roch das Blut und spürte den Hunger. In diesem Moment widerte er sich selbst an.

»Sie wollten uns nur in Sicherheit bringen.« Nadja sah ihn an. Verwirrung und Abscheu standen auf ihrem Gesicht. »Warum habt ihr sie umgebracht?«

Ich wollte es nicht, dachte Robert, schwieg jedoch.

Anne ließ die Leiche fallen und erhob sich. Mit einer Hand strich sie sich die Haare aus dem Gesicht, dann wischte sie sich den blutigen Mund ab. »Sie mussten sterben«, sagte sie, »sonst hätten sie uns verraten.«

»Wir hätten sie niederschlagen und fesseln können.«

»Es sind Elfen, Nadja. Du weißt, wie stark sie sind. Das Risiko war zu groß.« Es war eine Lüge. Robert hatte genau das tun wollen, was Nadja gesagt hatte, doch dafür war es zu spät. Die Männer waren tot.

Anne zog die Leichen in einen Hauseingang. Ihr Mund sah aus, als habe sie Lippenstift verschmiert. »Wir müssen weiter«, sagte sie.

Er nickte. Nadja presste die Lippen zusammen, schloss sich ihnen aber an. Robert wusste, dass sie das nur tat, weil sie keine andere Wahl hatte.

Je näher sie dem Tor kamen, desto lauter und hektischer wurde es. Elfen kletterten auf die Stadtmauern rund um das Tor. Die meisten waren mit Bögen bewaffnet, manche auch mit Armbrüsten und Speeren. Rüstungen trugen die wenigsten, und wenn, besaßen sie nur Einzelteile, mal eine Brustplatte, mal Armschienen oder einen Helm.

Auf einer breiten Straße, die an der Mauer entlangführte, standen Cosgrachs. Ritter hielten die Tiere an den Zügeln. Ihre Rüstungen waren mit Edelsteinen besetzt und reflektieren das Sonnenlicht so stark, dass Robert die Tränen in die Augen schossen. Er nahm an, dass sie auf diese Weise versuchten, den Feind zu blenden.

Das Tor war verriegelt, der Gang, der dorthin führte, leer. Die Verteidiger konzentrierten sich auf die Mauern.

Unvermittelt traf ihn ein Stoß in den Rücken. »Los, auf die Mauer. Worauf wartest du noch?« Der Soldat tauchte neben Robert auf. Er hielt einen Speer in den Händen, mit dessen stumpfem Ende er nun auch Nadja antrieb. Sein nächstes Ziel schien Anne zu sein. Robert sah es in ihren Augen blitzen und griff ein.

»Man hat uns keine Waffen gegeben«, sagte er. »Wie sollen wir da kämpfen?«

Der Soldat, ein junger, schlanker Elf mit einer Nase, die wie ein Blumenkohl aussah, musterte sie kurz, dann seufzte er. »Muss man denn hier jedem alles dreimal erklären?« Mit dem Speer zeigte er auf die voll beladenen Karren, die an den Häuserwänden standen. »Nehmt euch, was ihr braucht.«

»Danke.« Robert hatte gehofft, der Soldat würde gehen, aber er blieb stehen und folgte ihnen mit Blicken, als sie zu einem der Karren gingen. Anne nahm einen Bogen mit Köcher, Robert einen Köcher und ein Schwert. Nadja zögerte, dann steckte sie sich einen Dolch in den Gürtel und schlang sich einen Bogen über die Schulter.

»Na los, auf die Mauer!«, rief der Soldat ihnen zu. Er zog den Kopf ein, als ein Felsbrocken trudelnd über ihn hinweg flog. »Sie werden gleich ihre Taktik ändern.«

Robert kletterte eine der Leitern hinauf. Ein Priester in schwarzer Robe ging an den Elfen entlang, die auf dem Wehrgang warteten. Er hielt einen schweren Schmiedehammer in beiden Händen und murmelte etwas Unverständliches. Die Elfen berührten nacheinander den Stiel des Hammers. Manche küssten ihn sogar.

Bogenschützen rückten enger zusammen, als Robert, Anne und Nadja den Wehrgang betraten. Sie waren staubbedeckt. Wind pfiff durch die brusthohen Zinnen der Mauer und brachte den Sand der Ebene mit.

Robert schirmte seine Augen mit einer Hand ab. Trotzdem sah er die beiden Katapulte erst, als die Elfe neben ihm auf sie zeigte. Sie ragten verschwommen auf, braunes Holz und graues Metall inmitten des Staubs. Karren, wahrscheinlich mit Steinen beladen, standen neben ihnen. Schemenhaft erkennbare Gestalten eilten zwischen ihnen umher. Robert hörte einen weit entfernten Ruf, dann wurde ein Felsbrocken über die Ebene katapultiert. Er flog langsam und trudelnd und doch schoss er in der nächsten Sekunde bereits über die Mauer hinweg und schlug in ein Haus ein.

Der Knall ließ die Steine unter Roberts Füßen vibrieren und hallte in seinem Magen nach.

»Gleich«, sagte die Elfe neben ihm. Sie trug einen Helm, unter dem ihr Gesicht nicht zu erkennen war. Ein Köcher mit Pfeilen stand zwischen ihren Füßen, der Bogen hing locker von ihrem Arm. Robert ahmte sie nach. Er wagte nicht zu fragen, was gleich zu bedeuten hatte.

Nadja stand auf seiner anderen Seite, Anne ein wenig hinter ihm. Beide hielten ihre Bögen in der Hand und starrten mit zusammengekniffenen Augen in die Ebene hinaus. Sie wirkten nervös.

Und dann hörte er das Kreischen. Ein dunkler Fleck breitete sich dort draußen aus wie Blut, das aus einer Wunde strömte.

Die Elfe spannte ihren Bogen. Robert folgte ihrem Beispiel, ebenso wie alle anderen, die auf der Mauer standen.

»Für den Schmied!«, schrie jemand. Einige Elfen nahmen den Ruf auf, doch die meisten blieben stumm. Robert roch ihre Angst.

Der Fleck kam näher, verwandelte sich in einzelne Schemen hoch in der Luft. Flügel wurden sichtbar, dunkle Lederschwingen, jede so lang wie ein ausgewachsener Mensch. Robert sah aufgerissene Mäuler und Stacheln, die aus dem Körper ragten.

»Grawnya«, hörte er Anne hinter sich flüstern. Ihre Lippen kamen nahe an sein Ohr. »Lass dich nicht beißen. Selbst du würdest daran zugrunde gehen.«

Er schluckte, ohne den Blick von den Kreaturen zu nehmen, die rasch näher kamen. »Ihr Biss ist tödlich«, sagte er an Nadja gewandt. Sie nickte. Der gespannte Bogen in ihrer Hand zitterte ein wenig. Er wusste nicht, ob Anstrengung oder Angst dafür verantwortlich war.

»Los!«, schrie die Elfe neben ihm plötzlich. Robert ließ die Bogensehne los. Sein Pfeil zischte den Kreaturen entgegen, war Teil einer gewaltigen Salve, die Dutzende aus dem Himmel riss. Schwere Körper schlugen im Sand auf, wanden sich kreischend am Boden. Lederschwingen knallten wie Peitschen, Klauen pflügten den Sand auf.

Die nächste Salve stieg bereits in die Luft, bevor Robert sich nach einem neuen Pfeil bücken konnte. Er bemerkte, dass die Elfe kurz den Kopf in seine Richtung drehte und hob die Schultern. »Ich bin kein guter Schütze.«

»Offensichtlich«, sagte sie dumpf unter dem Helm.

Die Pfeile rissen große Lücken in den Schwarm der Grawnya. Kreischend stürzten die Kreaturen ab, erschlugen teilweise die, die bereits verletzt am Boden lagen. Doch die Grawnya gaben nicht auf. Immer näher kamen sie der Mauer. Robert sah ihre langen faltigen Hälse, die Zähne in den aufgerissenen Mäulern und die orangefarbenen, schmalen Augen.

Zwei von ihnen kamen einige Meter von Robert entfernt an die Mauer heran. Ihre Schwingen fegten drei Elfen herunter. Einer fiel rückwärts auf einen mit Waffen beladenen Karren, die anderen beiden verschwanden jenseits der Mauer.

Elfen stachen mit Schwertern, Dolchen und Speeren nach den Grawnya, die wild vor ihnen flatterten und immer wieder nach ihnen schnappten. Die Schreie des Mannes, der auf den Karren gefallen war, übertönten sogar ihr Kreischen. Robert drehte sich nach ihm um. Speere und Schwertklingen ragten aus seinem Körper, aber er lebte noch.

Er wandte sich wieder den Grawnya zu. Das Gedränge auf der Mauer verhinderte, dass er näher an den Kampf herankam. Die Elfen standen sich gegenseitig im Weg, schrien sich an, stießen einander zur Seite um selbst nach den Flugwesen zu stechen.

Die Grawnya wichen mit einigen Flügelschlägen den Speeren und Schwertern aus. Es überraschte Robert, wie schnell und elegant sie wirkten. Der Erste stieg auf, lenkte die Angreifer einen Moment ab, worauf der Zweite in die Lücke stieß und einem Elfen den Arm abbiss.

»Mein Gott«, würgte Nadja neben ihm hervor. Robert hoffte, dass sie niemand gehört hatte. Der Grawnya packte den in sich zusammensinkenden Elf mit den Klauen und stieg mit ihm in die Luft. Blut spritzte aus dessen Armstumpf und regnete auf die Schützen herab, die hilflos unter ihm standen.

Der zweite Grawnya flog einen weiten Bogen, so wie ein Jagdflieger, dann raste er wieder auf die Mauer zu. Die Schwingen breitete er weit aus, wollte wohl so viele Elfen wie möglich in den Tod reißen.

Am Rande von Roberts Gesichtsfeld tauchte plötzlich ein Pfeil auf. Er spürte den Luftzug, als er an seiner Wange vorbeischoss. Ein zweiter lag keine Sekunde später auf der Sehne. Dieses Mal nahm Robert den Kopf zurück.

Beide Pfeile fanden ihr Ziel. Der eine bohrte sich in den Kopf des Grawnya, der den Elfen in den Klauen hielt, der zweite traf den Bauch des anderen. Er flatterte erschrocken zur Seite, verlor die Kontrolle und prallte gegen die Mauerzinnen. Gleichzeitig stürzte der Elf auf die Mauer. Der Grawnya, der ihn selbst im Tod noch festhielt, landete auf ihm.

Robert drehte den Kopf. Die Elfe neben ihm legte ruhig einen neuen Pfeil auf die Sehne. »Vergiss die anderen nicht.«

Unter der Mauer wurden Befehle geschrien. Die Ritter setzten sich auf ihre Cosgrachs, einige Bogenschützen kletterten von den Wachgängen und sprangen auf Pferde. Im ersten Moment verstand Robert nicht, was die Ritter gegen einen Angreifer aus der Luft ausrichten sollten, doch dann entdeckte er die Kolonne, die auf der Ebene auftauchte.

Schwer gepanzerte Elfen schoben einen mehrere Meter langen Wagen über Bretter, die von anderen vor ihnen in den Sand geworfen und hinter ihnen wieder aufgehoben wurden. Spitz zulaufende Balken ragten von dem Wagen hoch. Zwischen ihnen hing ein angespitzter, hölzerner Rammbock in armdicken Seilen. Schildträger umgaben die Kolonne, Ritter, auf deren Röcken das Wappen der gelben Flamme leuchtete, ritten in Zweierreihen rechts und links von ihnen durch den Sand.

»Brighde!«, schrie jemand. »Du auch.«

Die Elfe neben Robert drehte sich um und nahm den Helm ab. Kurzes, dunkles Haar rahmte einen Katzenkopf ein. Mit einem Satz sprang sie von der Mauer, rollte sich am Boden ab und kam geschmeidig wieder auf die Beine. Jemand reichte ihr einen Köcher voller Pfeile. Sie schnallte ihn sich auf den Rücken und sprang auf ein Pferd.

Das ist unsere Chance, dachte Robert. Nadja schien das im gleichen Moment zu erkennen. »Sie öffnen das Tor«, sagte sie.

Er nickte. »Jetzt oder nie.«

Anne kletterte bereits die Leiter herab, als er sich umdrehte. Die Grawnya sammelten sich vor der Mauer zu einem weiteren Angriff, hielten die Bogenschützen davon ab, die Kolonne anzugreifen. Robert schoss ein letztes Mal auf sie – daneben – während Nadja an ihm vorbei von der Mauer kletterte. Dann folgte er ihr.

Niemand beachtete sie. In dem Chaos aus kreischenden Grawnya, schreienden Verletzten und Befehle brüllenden Soldaten fielen sie nicht auf.

Es standen nur noch wenige reiterlose Pferde vor dem Tor. Sie fanden drei. Anne schwang sich geschmeidig in den Sattel, Robert und Nadja kämpften sich mühsam hoch. »Wir müssen zusammenbleiben«, sagte Robert. Die Zügel in seinen Händen fühlten sich fremd an. Er war noch nie geritten, hatte aber das seltsame Gefühl, das Pferd seinem Willen unterwerfen und beherrschen zu können. Noch so ein Superheldenzeugs? Für einen kurzen Moment war er wie berauscht.

»Artair ist da vorne zwischen den Rittern.« Nadja zeigte in den Gang, der zum Tor führte. Das Pferd tänzelte unter ihr, und sie zog eine kritische Miene. Robert wusste, dass sie Angst vor Pferden hatte. Doch sie überwand sich, und auch sie schien das Pferd auf geheimnisvolle Weise im Griff zu haben. »Wenn er uns sieht …«

Sie musste den Satz nicht beenden.

Anne schwieg, legte nur die Hand auf den Dolch in ihrem Gürtel.

»Für Ehre, Ruhm und den Schmied!«, brüllte Artair irgendwo im Gang. Elfen schlugen mit Schwertern gegen ihre Schilde. Das Tor schwang knarrend auf.

Es gab keine Formation, keine Disziplin, nur einen wilden Haufen Reiter, die ihren Pferden die Sporen gaben und aus der Stadt galoppierten. Robert musste nichts tun. Sein Pferd schloss sich den anderen an. Er schätzte, dass rund zweihundert Reiter, Ritter und Bogenschützen, der Kolonne entgegen stürmten. Über ihm klarte der Himmel auf. Sonne stach in sein Gesicht und brach sich in den Rüstungen der Ritter. Sie erstrahlten in einem nahezu überirdischen Licht, das selbst die aufwallenden Staubwolken durchdrang.

Die Grawnya ignorierten sie, setzten ihre Angriffe auf die Bogenschützen fort. Schildträger rückten dichter um die Kolonne zusammen, die Flammenritter fächerten auseinander. Robert sah sie nach Armbrüsten greifen, die von ihren Sätteln hingen.

Er zog an den Zügeln, zwang sein Pferd langsamer zu werden. Nadja und Anne ließen sich ebenfalls zurückfallen.

»Was macht ihr denn hier?« Brigdhes schwarzes Katzengesicht starrte ihn an. Er hatte nicht bemerkt, dass sie neben ihm ritt.

»Wir sollten mitkommen.«

»Ihr?« Es war offensichtlich, dass sie ihm nicht glaubte. Trotzdem nickte er.

Brigdhe zögerte, dann zeigte sie auf die Kolonne. »Also gut, dann kämpft.« Sie wandte sich ab. »Und vergesst nicht«, sagte sie, während sie nach einem Pfeil griff. »Unsere Bogenschützen töten Feiglinge ebenso gern wie den Feind.«

Instinktiv warf Robert einen Blick zurück zu den Mauern. Der Angriff der Grawnya hatte nachgelassen. Ein Teil der Schützen konzentrierte sich auf die Kolonne und auf die Reiter vor ihr.

»Das war kein Witz«, sagte Anne. »Wir sind in Reichweite ihrer Pfeile.«

»Ich weiß.« Er trieb sein Pferd an. »Und was machen wir jetzt?«

»Dafür sorgen, dass wir außer Reichweite der Pfeile kommen«, antwortete Nadja. Sie hatte Recht. Eine Flucht nach vorn, eine andere Möglichkeit gab es nicht.

Vor ihnen richteten sich Bogenschützen in ihren Sätteln auf. Pfeile regneten auf die Schildträger und die Reihen der Flammenritter nieder. Die meisten blieben in den Schilden stecken. Nur wenige fanden ihr Ziel.

Während die Bogenschützen nach frischen Pfeilen griffen, legten die Reiter rechts und links der Kolonne ihre Armbrüste an. Sie sahen aus wie ein Erschießungskommando.

Robert seufzte und zog sein Schwert. »Ich kann diese Welt echt nicht leiden«, sagte er.

Es war ein Inferno aus Staub, Hitze, Blut und Schmerz. Pferde wieherten, Elfen schrien und fluchten, Sand verdunkelte den Himmel, tauchte alles in einen seltsam gelben Nebel. Die erste Salve der Flammenritter hatte fast zwanzig Elfen aus dem Sattel geholt, aber man brauchte Zeit, um eine Armbrust zu spannen, und als die Ritter bereit waren, hatten die Angreifer sie bereits erreicht.

Klingen wurden gekreuzt, trafen Metall, Leder und Fleisch. Robert hielt sein Schwert in einer Hand, versuchte mit der anderen vergeblich, sein Pferd unter Kontrolle zu halten. Das Tier, eingeschlossen in eine Welt aus Staub und Lärm, war der Panik nahe. Robert konnte es verstehen.

Immer wieder sah er sich um. Nadja und Anne befanden sich rechts von ihm, hinter einem umgestürzten Karren. Ebenso wie er versuchten sie den Kämpfen auszuweichen und im Hintergrund zu bleiben, doch da sie nicht mehr wussten, wo der Hintergrund war, fiel das nicht leicht. Und als auf einmal das Gerüst des Rammbocks vor ihnen auftauchte, erkannte Robert, dass es ihnen nicht gelungen war. Sie befanden sich nicht am äußeren Rand der Schlacht, sondern in ihrem Zentrum.

Scheiße, dachte er und wischte sich den Staub aus dem Gesicht. Eine Schicht aus Sand und Schweiß bedeckte ihn. Die Farbe seiner Kleidung war nicht mehr zu erkennen. Um ihn herum drängten sich Pferdeleiber aneinander. Hufe wirbelten Sand auf. Robert stellte sich im Sattel auf, suchte nach Nadja und Anne, aber er sah nur den umgeworfenen Karren und einige Bogenschützen, die sich dahinter verschanzten. Die beiden Frauen waren verschwunden.

»Anne?«, rief er über den Lärm hinweg. Er konnte nur wenige Schritte weit sehen. »Nadja?«

Ein Schildträger stand plötzlich vor ihm, das Schwert in der Hand. Roberts Pferd stieg erschrocken, trat ihm den Schild aus der Hand und stampfte ihn zu Boden. Robert versuchte sich im Sattel zu halten, doch seine Stiefel glitten aus den Steigbügeln, sein Schwert bohrte sich in den Sand, und seine Hände rutschten vom Sattelknauf ab.

Er ging zu Boden. Sein Pferd galoppierte nach allen Seiten austretend davon. Nach nur wenigen Schritten war es im Staub verschwunden.

Robert kam auf die Beine. Überall klirrte und schepperte es. Er sah zwei Ritter ineinander verschlungen wie ein Liebespaar. Sie würgten sich. Er konnte nicht erkennen, wer zu welcher Seite gehörte.

Der Wagen mit dem Rammbock ragte vor ihm hoch, war keine zwei Meter entfernt. Robert drehte sich um die eigene Achse. »Anne! Nadja!«

Hufe schlugen neben ihm auf. Er sprang zur Seite, entging nur knapp einem Speer, der nach ihm gestoßen wurde. Robert griff nach dem Schild, der neben ihm am Boden lag, und hielt ihn schützend hoch. Der Ritter holte erneut aus. Die Speerspitze bohrte sich in das Holz, blieb darin stecken. Robert zog, hebelte seinen Angreifer aus dem Sattel. Er hörte einen Schrei, sah einen weißen Waffenrock vor sich. Metall schepperte, als der Mann zu Boden ging. Die schwere Rüstung drückte ihn in den Sand.

Robert holte mit dem Schild aus. Der Mann trat ihm die Beine unter dem Körper weg und kam mit einer übermenschlich wirkenden Kraft hoch. Metall schliff über Metall, als er einen gekrümmten Dolch zog und sich Robert entgegenwarf. Der rollte sich zur Seite. Die Klinge bohrte sich neben seinem Kopf in den Sand. Mit einer Hand griff er nach dem Arm des Mannes, mit der anderen nach seinem Gürtel.

»Du?«, stieß eine Stimme rau hervor.

Robert sah auf. Artair starrte ihn an. Sein Gesicht war voller Blut, ein wilder, fast wahnsinniger Ausdruck lag in seinen Augen.

Robert ließ sich von ihm auf die Füße ziehen. Der Statthalter drückte ihm den Schild in die Hand und ein Schwert. »Komm.«

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er auf den Rammbock zu. Robert zögerte, spielte einen Moment mit dem Gedanken, sich einfach umzudrehen und zu verschwinden. Aber er konnte es nicht. Die Erinnerung an den Soldaten, der mit leerem Blick in Annes Armen hing und das Knacken, mit dem das Genick des anderen brach, hielten ihn zurück.

Er hat Recht, dachte er. Wir schulden ihm etwas.

Artair trat einen Ritter, der ihm mit erhobenem Schwert entgegen stürmte, gegen die Brust und ging weiter. Robert folgte ihm. Ein Schlag seines Schildes raubte dem Mann das Bewusstsein. Für ihn war nicht zu erkennen, zu welcher Seite der Ritter gehörte. Der Schmutz verbarg sein Wappen.

Die Schlacht ging mit unverminderter Heftigkeit um Robert herum weiter. Die meisten Ritter waren von ihren Reittieren gesprungen, kämpften breitbeinig im Sand stehend gegen ihre Gegner. Cosgrachs und Pferde galoppierten zwischen ihnen hindurch, rissen ebenso viele Kämpfer in den Tod wie Schwertstreiche und Speerspitzen.

Artair bewegte sich durch das Chaos, als ginge es ihn nichts an. Er hatte den Dolch eingesteckt und hielt die Arme leicht ausgebreitet. Funken tanzten über seine Fingerspitzen. Das Gerüst des Rammbocks ragte vor ihm auf. Zwei Armbrustschützen flankierten es. Ab und zu legten sie an und schossen Bolzen in die Menge. Robert fragte sich, wie sie Feinde von Freunden unterschieden. Wenn sie sich diese Mühe überhaupt machten.

Vor dem Rammbock blieb Artair stehen. Aus den Funken an seinen Fingerspitzen waren kleine Flammen geworden. Die Armbrustschützen bemerkten ihn nicht. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf einige Ritter, die versuchten, die Linie der Schildträger zu durchbrechen.

Artair legte seine Hände auf einen der Balken, der die Konstruktion trug. Sein Körper verkrampfte sich, so als wolle er ihn aus dem Wagen herausreißen. Kleine Flammen leckten am Holz, wurden langsam größer. Der Wind fachte sie an.

Robert sah sich um. Niemand beachtete sie. Die Kämpfenden schlugen aufeinander ein, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Es war ruhig neben dem Rammbock. Sie standen im Auge des Sturms.

Elfenmagie, dachte er. Eine andere Erklärung gab es nicht.

Die Flammen färbten den Balken schwarz. Glut leuchtete rötlich. Rauch stieg auf und wurde vom Wind weggerissen.

Und dann drehte sich doch einer der Armbrustschützen um. Erst als Robert in sein Gesicht blickte, erkannte er, dass es sich um eine Frau handelte. Sie hatte ein herbes, staubbedecktes Gesicht und heruntergezogene Mundwinkel. Ihre Augen weiteten sich, als sie das Feuer sah. Sie öffnete den Mund.

Robert warf sein Schwert.

Es drehte sich in der Luft. Die Elfe hob abwehrend die Hände, aber es war zu spät. Der Knauf traf sie im Gesicht. Lautlos brach sie zusammen. Andere sahen sich um, als sie fiel, entdeckten nun auch das Feuer. Die Flammen krochen wie Raupen am Holz empor und fraßen alles, was erreichbar war.

Artair schien von all dem nichts zu bemerken, stand immer noch reglos da, die Hände auf den Balken gelegt. Schildträger begannen sich ihren Weg freizukämpfen. Ein paar bliesen in lange Holzpfeifen, die vor ihrer Brust hingen. Ritter erkannten, was geschah und hieben wild auf die feindlichen Elfen ein. Robert sah Bogenschützen hinter ihnen. Sie zogen Pfeile aus den Köchern. Schützend stellte er sich vor Artair, den Schild hoch erhoben. Zwei, drei Pfeile bohrten sich in das Holz, die anderen Schützen zögerten anscheinend, weil sie kein freies Schussfeld hatten und nicht die eigenen Kämpfer treffen wollten.

Es knallte. Robert zog den Kopf ein. Artair wurde neben ihm in den Sand geschleudert. Sein Gesicht und seine Hände waren rußverschmiert, aber er grinste. Brennendes Holz prasselte im ihn herum auf den Boden. Der Wagen war explodiert.

Elfen johlten und schlugen mit den Schwertern gegen ihre Schilde. Ihre Gegner ließen die Waffen sinken, starrten ebenso wütend wie resignierend auf die Trümmer. Grawnya kreisten über ihnen und kreischten, waren verwirrt von dem, was unter ihnen geschah.

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