Kitabı oku: «Andreas Herzog - Mit Herz und Schmäh», sayfa 5

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Stattdessen nahm er mal den Bus, mal die U-Bahn und ab seinem 16. Lebensjahr und in Sommerzeiten am liebsten sein hellblaues Puch Maxi, mit dem farblich passenden Helm – ebenfalls in Hellblau –, um jede freie Minute im Hanappi-Stadion zu nutzen.

Nicht umsonst berichtet Herzog von einem herrlich autonomen Leben zu dieser Zeit als Jungprofi – zumindest was die Nachmittage betraf. Spätestens nach der sechsten Stunde war in der Handelsakademie Schulschluss – und zwei Stunden später beobachtete er seine Idole intensiv. Umso extremer wurde Herzerl aber an den Wochenenden an seine Grenzen geführt.

Mit 17, 18 hatte ich eine Phase, da habe ich in der U21 gespielt. Die haben immer zwei Stunden vor den Profis gespielt. Samstag, 13.30 Uhr war die U21-Meisterschaft, immer der gleiche Gegner wie die Bundesligamannschaft. Da habe ich dann am Anfang bei der U21 gespielt. Nach ein paar Monaten, wie Rapid gemerkt hat, da kommt ein Talent heran, bin ich bei der U21 in der Halbzeit ausgewechselt worden, und dann bin ich gleich danach bei der Profimannschaft auf der Ersatzbank gesessen. Und dann bin ich hin und wieder 15 Minuten eingewechselt worden, oder auch 25 Minuten oder auch gar nicht, je nach Spielstand. Für mich war das schon a Wahnsinn. Am Anfang habe ich mir selbst bei der U21 schwergetan. Ich war erst 17 gegen 20-, 21-Jährige. Nach ein paar Monaten hat das aber ganz gut gepasst, aber dann noch einmal zur Profimannschaft zu kommen auf der Ersatzbank, und da bin ich eingewechselt worden 20 Minuten vor Schluss, es ist 4:1 für Rapid gestanden oder so, und das Tempo war so hoch, es ist hin und her gegangen, und der Schiedsrichter hat abgepfiffen, und ich hab nur gedacht: Zum Glück ist das Spiel aus. (Andreas Herzog)

Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: „Zum Glück ist das Spiel aus“, dachte sich der junge Herzog. Hatte er doch eigentlich keinen größeren Wunsch, als in der Kampfmannschaft zu spielen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und dennoch eigene Spuren zu hinterlassen. Doch andererseits auch völlig nachvollziehbar, verfügte der Nachwuchsprofi doch noch gar nicht über die nötige körperliche Konstitution, noch nicht über das Tempo, das man im Erwachsenenbereich braucht. Fehlervermeidung war die Devise – und Hauptsache durchkommen. Der eigentliche Höhepunkt des Wochenendes sollte jedoch noch einen Tag später kommen.

Das war also am Samstag, und am Sonntag hab ich dann in der U18 gespielt um die Meisterschaft. Kannst dir das vorstellen? Also ich hab in der U21 gespielt, nach anfänglichen kleineren Schwierigkeiten schnell angepasst an körperliche Aspekte, ans Tempo. Die Profis waren natürlich ein Riesenunterschied, da waren maximal 20 Minuten für mich drin, die habe ich genossen, aber auch genossen, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat, weil das Tempo so hoch war, und am nächsten Tag habe ich dann in der U18 gespielt, und da habe ich die Spiele fast im Alleingang entschieden. (Andreas Herzog)

Herzog schwärmt heute noch von dieser lehrreichen Zeit, mit mehreren Spielen oder zumindest Einsätzen an einem Wochenende, angefangen mit einer Halbzeit für die U21 samstags um 13.30 Uhr, den dann folgenden Minuten am späteren Nachmittag mit den absoluten Stars wie Zlatko Kranjčar, Reinhard Kienast in der Kampfmannschaft – hier hieß die Devise, bloß nicht auffallen, nur durchhalten –, bis hin zum U18-Match am Sonntag, in dem ihm einfach alles aus einer Leichtigkeit heraus gelang.

Der Unterschied, mit Hans Krankl und den anderen Superstars zu spielen, wo du quasi nur mitspielst und schaust, dass du ja keinen Fehler machst in dem Alter, stattdessen einfach dankbar bist, dabei sein zu dürfen, und das Wissen darüber am nächsten Tag, okay, jetzt komme ich von ganz oben runter, ich muss schon der Beste sein, ich muss den Gegner im Alleingang schlagen – das war schon immer mein Anreiz und hat meiner Entwicklung extrem gutgetan. Das war für mich eine fantastische Zeit, wo man jetzt sagt: Na, das wär zu viel, der kann ja nicht da spielen und nicht da, ich habe es gelebt. (Andreas Herzog)

Herzog spricht in diesem Zusammenhang von Mentalität, eben Einstellungssache. Auf der einen Seite war er jeden Samstag dankbar, für die Einsätze bei der U21 genauso wie natürlich in der ersten Mannschaft – Hauptsache, mittendrin, statt nicht dabei. Und auf der anderen Seite ebenso dankbar, wieder einen Schritt zurückzugehen, als krönenden Wochenendabschluss sonntags für die U18 die Schuhe schnüren zu dürfen. Hier war alles möglich, hier konnte er jetzt aus sich selbst spielen, mit Freude, Leichtigkeit und Selbstvertrauen. Während heutzutage der eine oder andere Profi sicherlich über eine vermeintliche Degradierung ins Jugendteam die Nase rümpfen würde, war es für ihn ein reiner Glücksfall.

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen: Du musst halt vom Kopf her die Einstellung haben, wennst jetzt runterkommst in die U18 und denkst: Na, des ist jetzt a Wahnsinn, jetzt muss i in der U18 spielen. Für mich war es anderes, weil ich halt mit weniger Druck hab spielen können, weil ich gewusst hab, bei den Profis darf ich nicht viele Fehler machen, nicht dribbeln, so auf die Art, und unten hab ich halt mein Spiel gespielt mit meinen Stärken: Tempodribblings, Torschüsse, Elfmeter, Freistöße. Wirst ja nicht glauben, dass ich mich bei den Profis zum Freistoß hingestellt hätte – am Anfang mein ich. Das war für meine Entwicklung sehr gut. (Andreas Herzog)

Es ist erstaunlich: Was einen Andreas Herzog noch vor 30 Jahren zu einem absoluten Ausnahmeathleten hat werden lassen, wäre heute unter Sportwissenschaftlern oder Diagnostikern wohl absolut verpönt. Gemeint ist das permanente Wechselspiel zwischen den Extremen – hier in die Grenzbereiche führen und darüber hinaus, dort das bereits Gelernte in einem anderen Umfeld mit Leichtigkeit abrufen können. Experten sprechen hier von aktivem Lernen – kein oberflächliches Training, vielmehr ein Lernen, geprägt durch extreme Intensität, klare Zielsetzung und dem Streben danach, über die Grenzen des gegenwärtigen Könnens hinauszuwachsen.

Albert Einstein sagte einmal: „Man muss ein Gespür dafür entwickeln, was man mit größter Anstrengung gerade noch erreichen kann.“ Die Betonung liegt hier auf „gerade noch“ – und ob bewusst oder unbewusst, der Jungprofi Herzog muss sich in seiner Zeit zwischen der U18, U21 und der ersten Mannschaft immer genau diese Frage gestellt haben. So bestimmte er die Grenzen seines gegenwärtigen Könnens und zielte auch ein bisschen darüber hinaus. Das Resultat: Arbeit in kleinen Schritten, raus aus der Komfortzone, Schwächen in Stärken verwandeln, selbstbewusster werden. Die logische Konsequenz: ein Angebot in Blau und Gelb.

KAPITEL 7:
JONGLIEREN AUF DEM NEBENPLATZ – VON UNGLÄUBIGEN UND GLÄUBIGEN
RAPID WIEN 1986–1992

Irgendwann hatte es sich einfach so eingespielt: Wenn wir mit Andi zusammensitzen durften, lief auch eine Tonbandaufnahme mit. Zu interessant, kurios, fachlich hervorragend oder einfach humorvoll waren seine Gedanken, Geschichten und Ansichten für uns, nichts sollte verloren gehen. Zudem bereicherten die Aufnahmen die eher tristen Abende in der Zeit des ewigen Lockdowns rund um den Jahreswechsel 2020/21. Wir holten uns sozusagen ein Stück Wiener Kaffeehauskultur in die eigenen vier Wände – verbunden mit einem Achtel Zweigelt, der einen oder anderen von Andreas Herzog so geliebten Süßspeise und manchmal und je nach Stimmungslage zu späterer Stunde mit Elisabeth T. Spiras „Alltagsgeschichten“ – tiefste Wiener Seele eben. Kann sein, dass dies für den echten Wiener ein Stück weit überspitzt sein mag. Bei uns lösten solche Stunden und hier insbesondere die Mitschnitte und herrlichen Geschichten rund um unseren Protagonisten immer wieder positive Emotionen aus.

Überhaupt ist das ja so eine Sache mit dem „guten Gefühl“ – denn genau darauf kam Andreas Herzog immer dann zu sprechen, wenn es um neue Wege ging. Je tiefer wir in die Aufnahmen hineinhörten, desto klarer wurde uns diese Tatsache. Sobald er von einem „guten Gefühl“ im Vorfeld einer Entscheidung gesprochen hatte, war es im Nachhinein auch die richtige Entscheidung. Womit wir wieder bei der an anderer Stelle schon erwähnten hohen Kunst intuitiver Entscheidungskraft wären – und einer erkenntnisreichen WhatsApp an Herzerl.

Servus, Andi, man hört immer wieder heraus aus all den Mitschnitten: „Da hatte ich ein gutes Gefühl.“ Sagst du immer wieder mal. Wie bei Dokupil und Vienna. So gesehen musst du dich immer nur auf deine Intuition verlassen – und bei einem guten Gefühl lagst/liegst du richtig.

PS: Dokupil sagte übrigens mal: „Das Geld war für mich nie wichtig. Was wirklich zählt, ist die Aufgabe.“

Herzliche Grüße aus Dortmund, C

(Claus-Peter Niem)

Hallo, Claus, ja, es ist ja irgendwie logisch, wenn du ein gutes Gefühl hast, dann passt das Drumherum auch anscheinend immer, und für mich war halt schon immer wichtig, dass ich mich wo wohlfühl, und wenn ich irgendwo akzeptiert worden bin und einfach geglaubt hab, dass ich mein Ding machen kann, dass ich mit meinen Stärken spielen kann, dann war das wahrscheinlich auch vorher schon so eine Art Bauchgefühl, dass ich da richtig hinpasse und dass mir der Trainer auch das Vertrauen gibt und auch die Stärken in mir sieht, dass ich die für seine Mannschaft richtig einsetzen kann.

(Andreas Herzog)

Genau dieses Vertrauen spürte Andreas Herzog von Anfang an bei Ernst Dokupil, seinem späteren Trainer bei der Vienna. Wir erinnern uns: Unser Jungprofi pendelte in Hütteldorf auf beeindruckende Art und Weise ständig hin und her – von der U18 zur U21 bis in die Kampfmannschaft hinein und wieder zurück. Sein Antrieb: dabei sein zu dürfen. Während viele Ausnahmetalente, die in ganz jungen Jahren schon einmal mit den ganz Großen kicken durften, bei einem vermeintlichen Schritt zurück eher die Nase rümpfen, so gesehen zu schnell abheben und häufig noch schneller wieder auf dem Boden der Tatsachen landen (oder eine Bruchlandung hinlegen), war es für seine Entwicklung von entscheidendem Vorteil. Denn: Er lernte das Fliegen Schritt für Schritt – starten, abheben, Flughöhe erreichen und halten!

Natürlich, auch ein Ausnahmetalent wie Herzog wollte den nächsten Schritt machen. Und so gerne er auch hin und her pendelte, so sehr brannte er auch darauf, im Hanappi-Stadion sein ganzes Können unter Beweis zu stellen. Doch da er bei Otto Barić, dem er übrigens in seiner Karriere noch öfter begegnen sollte, nur selten von Beginn an in der ersten Mannschaft zum Einsatz kam, machte er sich im Winter 1987 auf in den 19. Gemeindebezirk. Bei einem Hallenturnier war er wieder einmal auf einen seiner alten Unterstützer gestoßen: Ernst Dokupil. Diesen kannte er bereits aus seinen Kindertagen.

Dann ist eben der Ernst Dokupil, Vienna-Trainer, beim Stadthallenturnier in Wien zu mir gekommen und hat gesagt: „Willst nicht zur Vienna kommen?“ Und ich war sofort Feuer und Flamme. (Andreas Herzog)

Andis Vater Anton schien von der Idee seines Sohnes weniger begeistert zu sein. Intensive Diskussionen waren die Folge.

„Papa, i geh zur Vienna.“

„Naa, wieso, bleib bei Rapid.“

„Naa, mit Dokupil hab ich ein sehr, sehr gutes Gefühl, der kennt mich schon von früher.“

Und des war dann der Durchbruch bei mir, die Vienna. (Andreas Herzog)

Interessant an dieser Stelle die Frage an Herzog, ob es sich um eine „Hin-zu-“ oder eine „Weg-von-Motivation“ handelte, als er sich im Frühjahr 1987 den Blau-Gelben aus dem Nobelviertel Döbling anschloss. Damals spielte der Klub mit dem einstmals größten Stadion Wiens und bis dato schon sechs gewonnenen österreichischen Meisterschaften und diversen Cupsiegen noch erfolgreich in der ersten Liga auf, während die Vienna heute einen hoffentlich nicht mehr allzu lang andauernden Dornröschenschlaf in der Wiener Regionalliga Ost fristet – so jedenfalls der sehnliche Wunsch Andreas Herzogs.

Der eine oder andere Leser mag sich darüber hinaus erinnern: Selbst Mario Kempes, argentinischer Weltmeister von 1978, zog es gegen Ende seiner Karriere in der Saison 1986/87 zum First Vienna FC 1894 – bis heute natürlich eine Erwähnung wert in der Historie des ältesten Fußballklubs Österreichs.

Doch zurück zum Sinn unser anfänglichen Frage nach dem „Hin-zu“ oder „Weg-von“ – wobei es eigentlich auf der Hand liegt: Mit einer „Hin-zu-Motivation“ will man etwas erreichen, sich zu einem gesteckten Ziel hin entwickeln. Mit einem klaren Plan vor Augen geht man seinen Weg. „Weg-von“ bedeutet dagegen Flucht, man möchte einem Umstand, einer Situation entkommen.

Was war es also, das unseren jungen Ausnahmekicker für einige Monate hin zum First Vienna FC auf die Hohe Warte lockte? Übrigens ein wunderbar anzusehendes Naturstadion mit noch besserem Blick über die Stadt, gelegen in den Ausläufern des Wienerwalds und lange Zeit das größte Stadion der Donaumetropole. Über 80.000 Zuschauer sollen es sogar einmal gewesen sein zu Beginn der 20er-Jahre – damals übrigens schon eine Art Mehrzweckarena, eben nicht nur für Fußball, sondern auch Heimstätte denkwürdiger Boxkämpfe, Theater- und Opernaufführungen – Wien, wie es leibt und lebt.

Andi Herzog war also Feuer und Flamme, als Ernst Dokupil beim Stadthallenturnier auf ihn zukam, kannte er ihn doch schon aus seinen Anfangszeiten bei Admira Wacker. Die Freude muss jedenfalls groß gewesen sein, und gut kann man sich in die Gefühlswelt des damals gerade mal 19-jährigen Herzogs hineinversetzen. Es war ein alter Weggefährte, der diese positiven Emotionen auslöste, denn Dokupil glaubte einfach an ihn. Beständig wollte er Herzerl in der ersten Mannschaft spielen lassen, aufbauen, weiterentwickeln. Also auf den ersten Blick ein klares „Hin-zu“ oder besser gesagt ein „Auf zu neuen Ufern“!

Aber was war in der Zwischenzeit bei Rapid passiert? Immerhin hatte es Herzog doch schon auf die Bank der Kampfmannschaft geschafft, kam des Öfteren zum Einsatz und war sich laut eigener Aussage für nichts zu schade. Es war eine dieser Initialzündungen, die ihm signalisierte, neue Wege gehen zu müssen. Doch während man mit einer Initialzündung eigentlich etwas Positives verbindet, war es in diesem Falle ein Antrieb in die andere Richtung – eben weg von Rapid (wenn auch nur für eine kurze Zeit).

Du musst dir vorstellen, jetzt bist du eigentlich ein junger, talentierter Spieler bei Rapid, der die Nummer 16, Nummer 18 oder Nummer 22 war. Ganz am Anfang war es sogar so: Wir haben elf gegen elf gespielt, und wir waren 23 Spieler, und der Barić teilt die Trikots aus und sagt: „Oh schade, sind wir 23. Kleines, geh auf Nebenplatz jonglieren!“

Musst dir vorstellen, ich hab eine Stunde am Nebenplatz, auf der roten Erde trainiert, mit Tränen in den Augen, und hab mir gedacht: Du Oarsch du, ich werde es dir zeigen. Eines Tages werde ich es dir zeigen. (Andreas Herzog)

Es war also die Mischung, die für Andi Herzog entscheidend war, ein „Hin-zu“ genauso wie ein „Weg-von“. Hier die in seinen Augen zu geringe Beachtung eines Otto Barić, ein Schuss Ungeduld dazu und zudem natürlich der brennende Wunsch, in der Bundesliga spielen zu dürfen und zu können, dort das Angebot eines alten Bekannten, das einfach nur ein gutes Gefühl in ihm auslöste.

Die Leihe von Rapid zur Vienna war perfekt – trotz aller Bedenken seines Vaters, der vom baldigen Durchbruch seines Sohnes bei den Grün-Weißen, auch unter Barić, überzeugt war. Die Anziehungskraft eines Ernst Dokupil, dem früheren Trainer der Admira und jetzigen Coach von Vienna, war einfach größer. In seiner ersten Besprechung vor dem Spiel berührte er den jungen Herzog jedenfalls zutiefst: „Andi, was soll ich dir sagen, von klein auf hat es mir immer schon einen Spaß gemacht, wenn ich dir beim Fußballspielen zuschauen kann. Jetzt geh raus, spiel mit deinen Stärken und mach mich glücklich.“

Es ist halt eine Sache des Glaubens – und des Selbstvertrauens. Und fast immer sind es Kleinigkeiten, die Selbstzweifel auslösen oder das Ego aus voller Überzeugung heraus handeln lassen. Selbstvertrauen entwickelt sich durch Tun, Offenheit und Neugierde. Nur die, die sich auf den Weg machen, können wachsen und sich entwickeln. Dabei gilt es, bloßes Tun von sinnvollem Handeln zu unterscheiden. Eben an seinen Fähigkeiten zu arbeiten, konzentriert bei einer Sache zu bleiben, diese zu Ende zu bringen, um ein kleines oder großes Erfolgserlebnis zu haben. Das ist mit sinnvollem Tun gemeint – und bringt Vertrauen in die eigene Person, die eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten. Motto: Ich kann etwas!

Selbstvertrauen muss man sich erarbeiten. Es kommt – in erster Linie – von Innen, und doch spielen auch äußere Faktoren eine Rolle. Eltern tragen dazu genauso bei wie das nahe Umfeld, ob Trainer, Lehrer oder Freunde – durch Feedbacks, Glaubensvermittlung an die eigenen Stärken, also Rat und Input, um aus jungen Kickern starke Spielerpersönlichkeiten zu entwickeln.

In den ersten drei Spielen habe ich für die Vienna gleich drei Tore geschossen. Im ersten Spiel haben wir 1:1 in Graz gespielt, gleich ins Kreuz, ein Traumtor, und die nächsten zwei Spiele zweimal das Siegestor, und ich war schon in der Nationalmannschaft, musst dir vorstellen. (Andreas Herzog)

Andreas Herzog machte sich auf den Weg und entschied erstmals selbst. Von Jänner bis Juni 1988 spielte er für die Vienna.

Alles eben eine Glaubensfrage – oder besser gesagt eine Frage des Glaubens an sich selbst.

KAPITEL 8:
„KLEINES, WANN BEGINNEN SIE ENDLICH ZU LAUFEN?“ – IM FLOW VON HANAPPI
RAPID WIEN 1988–1992

Im Innenstadtbereich von Indianapolis in den USA gibt es eine bemerkenswerte Schule, die Key School. Täglich werden die Kinder hier mit Unterrichtsmaterialien konfrontiert, die so konzipiert sind, dass sie den ganzen Bereich menschlicher Fähigkeiten ansprechen – die künstlerischen, musikalischen und rechnerischen Talente ebenso wie die sprachlichen Fertigkeiten und auch Kreativität, Sport und Bewegung. Großer Wert wird auf die personale Intelligenz gelegt – das Verständnis der eigenen Person und das für andere. Grundlage der Richtlinien und Lehrpläne sind die Gedanken von Howard Gardner, US-amerikanischer Erziehungswissenschaftler und außerordentlicher Professor für Psychologie an der Harvard University. Gardner spricht von sieben multiplen Intelligenzen, die in den sogenannten Key Schools auf besondere Art und Weise gelehrt werden. Dreimal in der Woche suchen die Kinder der Key Schools den Flow Room auf, um sich mit einer Vielzahl von Spielen, Puzzles und anderen Materialien zu beschäftigen. Was die Kinder hier tun, tun sie aus freien Stücken – nicht, weil es ihnen aufgetragen wurde. Es gibt keine Noten, keine guten oder schlechten Beurteilungen. Die Lehrer halten lediglich fest, wie tief das einzelne Kind in seine Tätigkeiten versunken ist. Damit wird im Grund genommen die intrinsische Motivation des Kindes registriert, eine Information, die auf seine tatsächlichen Interessen schließen lässt, auf die Tätigkeit, der es später im Leben einmal nachgehen könnte.

Für Andi Herzog war der Fußballplatz der Flow Room – in der Südstadt als Kind wie später auch im Hanappi-Stadion als Teenager. Er hatte das große Glück, schon früh durch seine Eltern der eigenen Bestimmung folgen zu dürfen, hatte er doch in ihnen wichtige Begleiter an seiner Seite, die ihn von klein auf unterstützten – für ihn und seine Entwicklung sicherlich das optimale Umfeld.

So oder so muss es ein wunderbares Gefühl sein, ein besonderes Talent in sich zu entdecken und die Möglichkeit zu bekommen, dieses immer weiter zu verfeinern. Treffen sich dann noch Gleichgesinnte, die ähnliche Begabungen haben und sich im Team optimal ergänzen, geht einem sicherlich das Herz auf. Denn seien wir ehrlich: Viele Menschen suchen mitunter ihr Leben lang nach ihrem individuellen Fingerabdruck.

Aber belassen wir es beim virtuellen Blick über den Tellerrand, Kopfkino und Co. und schwenken wieder von Indianapolis im Speziellen und den Talenten im Allgemeinen in den 14. Gemeindebezirk von Wien – bleiben jedoch noch kurz bei bildhafter Schulsprache: Andreas Herzog hatte mit seinen Auftritten bei der Vienna sozusagen seine Matura gemacht. Er war in der Bundesliga angekommen, und erste Auftritte im Nationalteam folgten. Nun galt es, in den kommenden Jahren bei Rapid seinen Bachelor zu absolvieren, eine ganz eigene Identität zu entwickeln, die persönliche Handschrift zu verfeinern. Das ging nur über Rapid Wien, obwohl Herzog gerne im 19. Gemeindebezirk geblieben wäre.

Nach diesen sechs Monaten habe ich meine erste Verletzung gehabt, Bänderriss im Knöchel, und dann war halt a Riesenstreiterei, Rapid wollt mich unbedingt zurückholen, ich wollte nicht mehr, ich wollt beim Ernst Dokupil bleiben. Wir ham a superjunge Mannschaft gehabt, rechter Verteidiger Kurt Russ, Peter Stöger im Mittelfeld, Gerald Glatzmayer, wir ham drei oder vier U21-Nationalteamspieler gehabt, die innerhalb von diesen sechs Monaten alle ins Nationalteam gekommen sind. (Andreas Herzog)

Es war Andis Vater, der ihn letztlich davon überzeugte, wieder zu Rapid zu wechseln – oder sich besser gesagt einfach durchsetzte, sein ausgezeichnetes Netzwerk nutzte und verhandelte, ohne seinen Sohn darüber zu informieren. „Hinter meinem Rücken hat er mit Rapid alles klargemacht, dass sie mich ja nicht verkaufen“, blickt Andreas Herzog heute zurück. Sieben Millionen Schilling standen damals für seinen Verkauf im Raum, umgerechnet etwa 500.000 Euro – ein „Wahnsinnsgeld“, wie er heute noch meint, und für einen kleinen Verein wie die Vienna kaum finanzierbar. Dennoch wollte Herzog bleiben.

Ich wollte unbedingt bei der Vienna bleiben, weil ich das halt noch im Hinterkopf gehabt hab, dass ich bei Rapid null Stellenwert gehabt hab, und mein Vater hat das schon besser vorhergesehen, weil da war ich jetzt Nationalspieler, war das größte Talent in Österreich, und er hat gesagt: „Das kann sich Rapid jetzt nicht mehr erlauben, wenn du retour kommst, dass sie dich nicht forcieren.“ (Andreas Herzog)

Darum also dieser Alleingang. Toni Herzog war einfach immer von seinem Sohn überzeugt. Er wusste, dass er sich durchsetzen würde – früher oder später.

Andreas Herzog indes zweifelte, wäre am liebsten bei Dokupil und der aufstrebenden Vienna geblieben, um sich hier in Ruhe weiterentwickeln zu dürfen. Doch dank seines Vaters stieß er im Sommer 1988 ausgerechnet wieder auf den bis dato verständlicherweise wenig geliebten Otto Barić – diesmal allerdings nur für kurze Zeit. Denn schon im Herbst gingen Barić und Rapid getrennte Wege. Barić zog es zu Sturm Graz, dessen Landsmann Vlatko Marković, zuvor schon einmal Trainer der Grün-Weißen, übernahm erneut – Profifußball in den 80ern, das war schon damals ein schnelllebiges Geschäft.

Andi Herzog war über den Wechsel begeistert, bezeichnet er Marković, den späteren Präsidenten des kroatischen Fußballverbandes, doch heute noch als Glücksfall für seine weitere Entwicklung – wenngleich Herzerl von ihm wie auch schon unter Barić immer nur „Kleines“ genannt wurde. Seine Vorzüge jedoch: Marković erkannte Herzogs Wert und dachte offensiv.

„Kleines, will ich, dass Sie spielen wie Ruud Gullit. Aber will ich Sie nicht einmal in der eigenen Hälfte sehen.“

Also quasi nix verteidigen. Nach Gludovatz endlich mal ein Trainer, der wie die Faust aufs Auge zu mir passte. Er will mich nicht in der eigenen Hälfte sehen. Des wird leiwand und lustig. (Andreas Herzog)

Doch es sollte ganz anders kommen. Nach einem klaren 4:0-Sieg gegen den Wiener Sport-Club, bei dem Herzog laut eigener Aussage ein überragendes Spiel inklusive zweier geschossener Tore und einer Torvorlage vorzuweisen hatte, wurden alle Mitspieler in der Kabine überschwänglich gelobt – nur er nicht.

Beim folgenden Gang zum Trainingsplatz hielt Marković plötzlich noch einmal an, winkte mich samt der ganzen Mannschaft zu sich heran und sagte: „Ach, habe ich was vergessen, bevor wir gehen zu Training. Kleines, wann beginnen Sie endlich zu laufen?“

Ich hab mir gedacht: Kleines, das bin ja normal ich, aber der kann mi ned meinen, weil ich hab ja super gespielt. Nein, er hat mich gemeint. (Andreas Herzog)

„Ich war nicht gut seiner Meinung nach“, erzählt Herzog heute schmunzelnd, obwohl er doch mehrere Tore geschossen und mindestens ein weiteres Tor vorbereitet hatte. Ein Phänomen, das ihm noch bei manchen Trainern begegnen sollte – und zwar immer dann, wenn er ein besonders gutes Spiel gemacht hatte. Ähnlich wie später auch Otto Rehhagel hob Marković in solchen Fällen andere Spieler hervor, um Herzerl dann noch ganz bewusst zu kritisieren. Die Absicht dahinter:

Wenn ich gut war und die Schlagzeilen gehabt hab, hat er mich kritisiert und in den Arsch getreten, wenn es mir schlechter gegangen ist, so als junger Spieler, wenn ich ein kleines Tief gehabt hab, hat er dann wieder das Gefühl gehabt und mich wieder aufgebaut. Also, er war der erste Trainer, der von mir extrem viel verlangt hat, aber eigentlich nur die Stärken von mir, wenn ich schlecht war, hat er mich aufgebaut. (Andreas Herzog)

Da sind wir wieder beim dynamischen Selbstbild, das sich nur auf diese Weise entwickeln kann – eben nicht alles beklatschen, sondern durch wenig Lob und sachliches Feedback: Was war gut, was muss noch besser werden. „Damals habe ich das noch nicht kapiert“, meint Herzog rückblickend – um es als heutiger Trainer auf ähnliche Weise umzusetzen. Alles eben eine Sache der Erfahrung.


Lieber mit Stöger und Glatzmayer bei Vienna ballestern: „Ich wollte nicht zurück zu Rapid!“

Diese durfte unser Protagonist in den kommenden vier Jahren bei seiner geliebten Rapid zuhauf sammeln. Im ersten Jahr unter Marković, in den dann folgenden drei Jahren unter Hans Krankl.

Das war schon eine prägende Zeit, denn dann ist der Hans Krankl gekommen. Also, das war ja quasi auf meinem ersten Trainingslager noch mein Vorbild, ich hab mich ja nicht mal gescheit getraut „Hallo“ zu sagen, obwohl er zu mir ein enges Verhältnis gehabt hat, weil mein Vater früher gegen alle gespielt hat, war ich halt schon ein bisschen bekannt, nur ich hab das eigentlich nie ausgenutzt, war sehr ehrfürchtig vor solchen Topstars – wie später bei Bayern. Das war allerdings mein Hauptfehler, unter uns gesagt. (Andreas Herzog)

Bei Rapid hatten zu dieser Zeit viele Topspieler dem Verein den Rücken gekehrt, und Hans Krankl war mit seinen gerade mal 36 Jahren ein noch ganz „frischer“ Trainer, hatte er doch eben erst seine Profilaufbahn beendet und das Team übernommen.

„Für uns junge wilde Horde“, wie Herzog die damalige Mannschaft bezeichnet, genau der Richtige in einer „sehr emotionalen Zeit“. Leider ging in diesen Tagen zweimal das Cupfinale verloren, und auch sonst war die Konkurrenz in der Liga stark – Ernst Happel trainierte Wacker Innsbruck, und die Austria war sowieso immer auf Augenhöhe.

Die ersten Rapid-Jahre müssen für den jungen Andreas Herzog in seiner Spielerkarriere eine absolut prägende Zeit gewesen sein. Sogar zweimal Meister durfte er in der Saison 1986/87 sowie 1987/88 werden, wenngleich er nur selten zum Einsatz kam. Es war vielmehr eine Phase, in der er seine Spielweise durch das bloße Tun und wiederkehrendes Messen mit anderen Profis auf hohem Niveau besonders entwickeln und verfeinern konnte.

Er spielte auf der richtigen Position und hatte seinen festen Stammplatz im Mittelfeld gefunden, verfügte über den nötigen Freiraum und Weite und hatte wichtige Unterstützer im Rücken – im defensiven Mittelfeld genauso wie bei seinen Trainern –, selbst wenn Marković hin und wieder die Rückwärtsbewegung von ihm einforderte. Offensive war angesagt, Pässe, Tempodribblings, feinste Technik – und der vom Gegner gefürchtete Linksschuss aufs Tor.

Österreichs Fußballidol Hans Krankl bezeichnete Andi Herzog während dessen ersten Jahren bei Rapid einmal als den „weißen Gullit“ und meinte: „Seine Klasse ist außergewöhnlich. Er könnte ein Großer des europäischen Fußballs werden, wenn er von Verletzungen verschont bleibt.“

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