Kitabı oku: «Trauma und interkulturelle Gestalttherapie», sayfa 4

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Aufgrund solcher Empfindungen und Überlegungen und meiner Erfahrungen in der therapeutischen Praxis haben wir den Teilnehmern am Forschungsprojekt auch die Skala von Vorstellungen, Trauma und Bindung oder kurz TABS28 vorgelegt. Diese Skala ist speziell für die psychotherapeutische Arbeit mit Überlebenden von traumatischen Situationen erarbeitet worden. Sie erlaubt es zu verstehen, wie Personen sich selbst und andere bzgl. ihrer verschiedenen Vorstellungen sehen. Die TABS besteht aus zehn Sub-Skalen oder Bedürfnisbereichen: ›Selbstsicherheit‹, ›Sicherheit bezüglich anderer‹, ›Selbstvertrauen‹, ›Vertrauen in andere‹, ›Wertschätzung seiner selbst‹, ›Wertschätzung der anderen‹, ›Nähe zu sich selbst‹, ›Nähe zu anderen‹, ›Selbstkontrolle‹ und ›Kontrolle anderer‹. Nach der Theorie der TABS ist gelegentlich eine gewisse ›Unterbrechung‹ in einem Bedürfnisbereich festzustellen, die auf eine Einschränkung der Vorstellungen im betreffenden Bereich deutet und negative – ungesunde – Auswirkungen auf die Beziehung zu sich selber und Anderen hat.

Diese Skala umfasst 84 Rubriken, die von der Forschungsequipe aus dem Englischen ins Spanische übertragen wurden. Gemäß der Interpretation der standardisierten Resultate bedeutet eine Punktzahl von ≤ 55,9 im Allgemeinen, dass diese Sub-Skala oder dieser Bedürfnisbereich eine persönliche Stärke darstellt. Trotzdem kann eine Punktzahl von ≤ 44,9 auf eine Scheu hinweisen, eine selbstenthüllende Antwort zu geben, oder auf ein begrenztes Bewusstsein hinsichtlich der Vorstellungen in diesem Bereich. Eine Punktzahl von ≥ 60 deutet auf eine sehr hohe oder sogar extrem hohe (substanzielle) Unterbrechung in dieser Sub-Skala oder diesem Bedürfnisbereich hin.


Abb. 4.1: ABCD. Allgemeines Profil29 der Skala von Vorstellungen, Trauma und Bindung an der UPEA (n = 53), UCB (n = 75), UMSA (n = 38) und aus Europa (n = 33)

Aus Abb. 4.1 geht klar hervor, dass die Vorstellungen bezüglich der fünf so genannten Bedürfnisbereiche Sicherheit, Vertrauen, Wertschätzung, Nähe und Kontrolle vor allem unter den Studenten der UPEA, gefolgt von denen der UCB und schließlich denen der UMSA, ziemlich verzerrt sind. In der Folge weisen diese Studenten gewisse Schwierigkeiten auf, eine gesunde Beziehung zu sich selbst und anderen Menschen zu pflegen. Im Alltag von La Paz und El Alto zeigen sich z. B. diese Probleme und Verzerrungen, indem außerhalb der extensiven Großfamilie nur selten intime emotionale Bindungen eingegangen werden; man bleibt auf sicherer Distanz. Wenn überhaupt enge Freundschaften entstehen, wird der Freund vorher genau geprüft, während Liebesbeziehungen erst von beiden Familien gut geheißen werden müssen. Außerdem illustrieren der häufige Bruch mit dem Vater bzw. der Mutter und der relativ leichte Bruch mit einem Studien- oder Arbeitskollegen den unverbindlichen Charakter der Beziehung.

Im Allgemeinen sind die Vorstellungen der Studenten der UPEA, UCB und UMSA in dem Bedürfnisbereich der ›Sicherheit bezüglich anderer‹ verzerrt. Folglich machen sie sich oft große Sorgen um die Sicherheit der für sie wichtigen Personen, um deren Wohlsein einerseits und anderseits um das eigene destruktive Potenzial. Aus Angst vor dem, was ihren Kindern alles passieren könnte, neigen Eltern dazu, diese übermäßig zu beschützen. Aus Angst vor dem Tod ihrer eigenen Eltern oder von ihnen verlassen zu werden und alleine zurück zu bleiben, kümmern sie sich meistens fürsorglich oder sogar aufopfernd um sie.

Im Allgemeinen sind die Vorstellungen der Studenten der UPEA in den beiden Bedürfnisbereichen ›Selbstsicherheit‹ und ›Nähe zu sich selbst‹ verzerrt. Sie machen sich oft Sorgen um ihre Sicherheit, um nicht wieder verletzt und Opfer zu werden oder sich selbst zu verletzen. Folglich wenden sie zahlreiche unterschiedliche psychische Strategien an, trotz allem ein Gefühl der Sicherheit zu bekommen. Außerdem orientieren sie sich in erster Linie an anderen Menschen, um die Wirkung eines möglichen Angriffes einzuschränken, und gehen einer Introspektion aus dem Weg. Dieser letzte Punkt widerspricht allerdings unserer Erfahrung an der UPEA, wo das Interesse an Selbsterfahrung wider Erwarten groß war. Womöglich bestand aber die Hemmung, sich zu öffnen, nicht nur aus dem Misstrauen anderen Menschen gegenüber, sondern auch aus der Angst vor sich selbst und den eigenen inneren Prozessen.


Abb. 4.2: ABCD. Durchschnittswerte (DW) und Standardabweichungen30 (SA) der Gesamtheit der TABS-Skala und der Sub-Skalen für die UPEA, UCB, UMSA und Europa

Im Allgemeinen sind die Vorstellungen aller Teilnehmer – sowohl der UPEA, UCB, UMSA als auch derjenigen aus Europa – im Bedürfnisbereich ›Selbstvertrauen‹ verzerrt. Zum Teil mag dies mit dem jugendlichen Alter und fehlender Lebenserfahrung zusammenhängen. Zum Teil tendieren die Studenten – vor allem in der vertikalen Gesellschaft Boliviens – dazu, eher ihren Eltern, Großeltern, Lehrern, Professoren, Ausländern und anderen Autoritäten als sich selbst zu vertrauen, die eigene Entscheidungsfähigkeit, eigenen Urteile und Wahrnehmungen in Zweifel zu ziehen. Viele von ihnen wurden von klein auf für ihre Geschwister oder andere Aufgaben verantwortlich gemacht, konnten jedoch die Mutter- bzw. Vaterrolle nur ansatzweise erfüllen, sodass sie das Gefühl des Scheiterns oder der Unfähigkeit bekamen. In der Folge schwanken sie zwischen beiden Extremen: Entweder über- oder unterschätzen sie sich völlig.

Die europäischen Teilnehmer weisen ausschließlich im Bedürfnisbereich ›Selbstvertrauen‹ eine sehr hohe und im Bereich ›Vertrauen in andere‹ eine durchschnittlich niedrige Unterbrechung auf. Das heißt konkret, dass sie hinsichtlich des ›Selbstvertrauens‹ gewisse verzerrte Vorstellungen hegen, während sie hinsichtlich des ›Vertrauens in andere‹ entweder über ein beschränktes Bewusstsein verfügen oder keine selbstoffenbarenden Antworten geben wollen. Angesichts ihrer besonderen Situation wäre es nicht verwunderlich, wenn die Vorstellungen in Bezug auf Vertrauen überhaupt bei ihnen Verwirrung auslösen würden. Wahrscheinlich hat der Aufenthalt in Bolivien diese jungen Menschen nicht unberührt gelassen. Denn die Umgangsregeln, Kommunikationsformen und Arbeitsverhältnisse sind in Bolivien ganz anders als in Europa. Wie kann man den eigenen Kriterien und den Menschen um sich herum vertrauen, wenn diese z. B. Ja sagen, aber dies nicht einhalten und sich obendrein öfters unverständlich benehmen. Die gewohnten kognitiven Schemata, namentlich in Bezug auf ›Selbstvertrauen‹ und ›Vertrauen in andere‹ werden in einer solchen soziokulturell fremden Umgebung grundsätzlich infrage gestellt.

Im Allgemeinen liegen die Stärken der verschiedenen Teilnehmer in den folgenden Bedürfnisbereichen:


der UPEA: ›Wertschätzung seiner selbst‹ und ›Wertschätzung anderer‹
der UCB: ›Vertrauen in andere‹, ›Wertschätzung seiner selbst‹, ›Nähe zu anderen‹, ›Selbstkontrolle‹ und ›Kontrolle anderer‹
der UMSA: ›Vertrauen in andere‹, ›Wertschätzung seiner selbst‹, ›Wertschätzung anderer‹, ›Nähe zu anderen‹, ›Selbstkontrolle‹ und ›Kontrolle anderer‹
aus Europa: ›Selbstsicherheit‹, ›Wertschätzung seiner selbst‹, ›Wertschätzung anderer‹, ›Nähe zu sich selbst‹, ›Nähe zu anderen‹, ›Selbstkontrolle‹ und ›Kontrolle anderer‹

Es ist auffallend, dass die maximale Gesamtpunktzahl der einzelnen Teilnehmer aus Europa für die TABS-Skala 67 beträgt, während diese an der UPEA, UCB und UMSA über 80 liegt. Solche hohen Punktzahlen, oder anders gesagt, derartig gravierende Verzerrungen der Vorstellungen, und somit Beziehungsschwierigkeiten, kommen unter den Jugendlichen aus Europa gar nicht vor.

Aufgrund der Interpretation der TABS gibt es 16 kritische von insgesamt 84 Rubriken. Im Falle, dass die Teilnehmer diese ausdrücklich bejahenoder verneinen, bedürfen sie besonderer Aufmerksamkeit und eines persönlichen Interviews zur Untersuchung ihrer Bedeutung. Diese besonderen Antworten geben nämlich zu gewisser Sorge Anlass, da sie auf eine potenzielle körperliche Gefahr dieser Teilnehmer und/oder anderer Personen hinweisen können.


Abb. 4.3: ABCD. Anzahl kritischer Rubriken, auf die durch die Teilnehmer eine besorgniserregende Antwort gegeben wurde

In Abb. 4.3 sieht man, dass 13 Prozent der Teilnehmer der UPEA, 5 Prozent der UCB, 5 Prozent der UMSA und 0 Prozent aus Europa auf mehr als 5 der insgesamt 16 kritischen Rubriken eine besorgniserregende Antwort gegeben haben. Diese Teilnehmer bilden womöglich eine körperliche Gefahr für sich selbst und/ oder andere Personen. 5,7 Prozent der Teilnehmer der UPEA, 8 Prozent der UCB, 15,8 Prozent der UMSA und 9,1 Prozent aus Europa haben auf keine der kritischen Rubriken eine besorgniserregende Antwort gegeben.

2.5 Prävalenz dissoziativer Momente

Wenn man die Menschen im bolivianischen Alltagsleben beobachtet, sticht geradezu ins Auge, wie oft sie dissoziieren. Häufig starren sie gedankenverloren auf einen Punkt in die Ferne und bekommen gar nicht mit, was um sie herum passiert. Oder sie wechseln blitzschnell und völlig unerwartet von einer Fröhlichkeit in tiefe Trauer, von Gelassenheit in Aggressivität, von Hilflosigkeit in Arroganz, wobei sich auf einmal auch ihre Stimme oder Körperhaltung verändert. Eher selten bringen sie zum Ausdruck, wie sehr sie sich vor einer dissoziativen Episode oder Bewusstseinsspaltung fürchten, in der sie sich selbst oder eine andere Person ungewollt Schaden zufügen könnten. Während das PTBS vor allem – z. B. vom DSM IV – als eine Angststörung betrachtet wird, tendiert man dennoch in letzter Zeit dazu, es als eine dissoziative Störung anzusehen. Im Forschungsteam waren wir folglich an die Resultate der Skala dissoziativer Erfahrungen oder DES II31 interessiert und haben den Teilnehmern auch diesen Fragebogen vorgelegt. Die Skala besteht aus 28 Rubriken.

Der Durchschnitt dissoziativer Erfahrungen der Teilnehmer der UPEA, UCB, UMSA und aus Europa liegt mit einer Punktzahl von je 19, 20, 19 und 17 durchaus im Rahmen des Normalen. Schließlich werden nach verschiedenen Forschern, wie z. B. dem renommierten Ross Institut in den USA, erst Punktzahlen von über 30 Prozent als ›pathologisch‹ betrachtet. Weil die Skala dissoziativer Erfahrungen aufgrund der Praxis mit klinischen Patienten entwickelt wurde, gibt sie keinen Aufschluss über die feinen Unterschiede dissoziativer Erfahrungen in der allgemeinen Bevölkerung, z. B. inwieweit jeweils von einer Amnesie, Depersonalisation oder Derealisation die Rede ist.

Aus den Abbildungen 5.1 (A-D) geht hervor, dass 21 Prozent der Teilnehmer der UPEA, 18 Prozent der UMSA und aus Europa, und 14 Prozent der UCB mehr als 30 Prozent der Zeit auf pathologische Weise dissoziieren. Einige Studenten der UPEA – fast 4 Prozent – dissoziieren sogar sehr oft, nämlich über 60 Prozent der Zeit. Dennoch darf man dabei erstens nicht vergessen, dass junge Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren beim Ausfüllen der DES II relativ hohe Punktzahlen32 erzielen. Zweitens, dass viele Rubriken der DES II sich auf nicht-pathologische Dissoziationsphänomene, wie Tagträumerei, beziehen.

Bei einer näheren Betrachtung der einzelnen Rubriken und deren Punktzahlen stellt sich Folgendes heraus:

 Viele Teilnehmer der UPEA dissoziieren zwar durchschnittlich mehr als 30 Prozent der Zeit; dabei handelt es sich aber um alltägliche Phänomene wie In-Anspruch-Genommen-Sein (absorption) oder eingebildetes Verwickelt-Sein (imaginative involvement).

 Viele Teilnehmer der UCB dissoziieren oft, aber nicht-pathologisch.

 Viele Teilnehmer der UMSA dissoziieren zwar durchschnittlich mehr als 30 Prozent der Zeit; dabei geht es allerdings teilweise um Amnesie und teilweise um Absorption.

 Ebenfalls oft dissoziieren viele Teilnehmer aus Europa, aber nichtpathologisch.


Abb. 5.1: A. Durchschnitt der Zeit der Dissoziation der Teilnehmer der UPEA höher als 30 Prozent


Abb. 5.1: B. Durchschnitt der Zeit der Dissoziationder Teilnehmer der UCB höher als 30 Prozent


Abb. 5.1: C. Durchschnitt der Zeit der Dissoziation der Teilnehmer der UMSA höher als 30 Prozent


Abb. 5.1: D. Durchschnitt der Zeit der Dissoziation der Teilnehmer aus Europa höher als 30 Prozent

Die Prävalenz der Teilnehmer, die mehr als 30 Prozent der Zeit im Sinne von Amnesie Depersonalisation oder Derealisation – also eher auf pathologische Weise – dissoziieren (Bernstein und Putnam 1993), zeigt sich in Abb. 5.2, in der die höchsten Prozentzahlen besonders hervorgehoben sind:


Abb. 5.2: Dissoziative Erfahrungen (in Prozentzahlen)

2.6 Inventar der Ressourcen

Mit dem Begriff›Ressourcen‹ meinen wir die Merkmale, Personen, Dinge oder Gelegenheiten, die als Unterstützung dienen oder in Stresssituationen bei heftigen oder sehr bewegenden Ereignissen nützlich sind. Dank dieser Ressourcen gelingt es der betroffenen Person, dem potenziell traumatischen Ereignis zu entgegnen, den Alltag weiterhin zu leben und die schlimme Erfahrung zu überwinden. In der Traumatherapie orientiert man sich gemeinhin an den jeweiligen Ressourcen, legt sie frei und stärkt sie, damit die betroffene Person aus ihnen die nötige Kraft schöpfen kann. Kurz gesagt, in der Behandlung traumatisierter Menschen sind ihre Ressourcen von fundamentaler Bedeutung.

Das Inventar der Ressourcen wurde von dem Forschungsteam speziell für dieses Projekt erarbeitet.33 Es spiegelt besondere Elemente der bolivianischen Wirklichkeit und ist aus 134 potenziellen Ressourcen zusammengesetzt, die in drei Kategorien unterteilt sind. Die erste dieser Kategorien ist jene der ›internen Ressourcen‹, welche aus den Sub-Kategorien ›Gefühle‹, ›Leiblichkeit‹, ›Verhalten‹, ›Reflexionen‹ und ›Symptome‹ besteht. Die zweite Kategorie ist jene der ›externen Ressourcen‹, die sich aus den Sub-Kategorien ›Materialien‹, ›Beziehungen‹, ›professionelle Hilfe‹ und ›Aktivitäten der Erholung‹ zusammensetzt. Und dritte Kategorie ist jene der ›soziokulturellen Ressourcen‹, die die Sub-Kategorien ›Aktualität‹, ›Traditionen‹, ›Spiritualität‹ und ›Religion‹ enthält.

Obwohl die Gesamtheit an der UPEA 53 Studenten umfasst, liegen nur die Angaben von 50 Studenten vor, da die Fragebogen den Teilnehmern in einer späteren Gruppensession vorgelegt wurden, in der drei Studenten nicht anwesend waren. Im gleichen Sinne beträgt, aufgrund der Abwesenheit eines Studenten, die Gesamtheit der an der UCB 74 Studenten. Die Zahl der Studenten an der UMSA beläuft sich, bis auf eine einzelne Rubrik, auf 38 Teilnehmer, aus Europa nehmen (bis auf einzelne Rubriken, wo die Zahl 32 beträgt, 33 Studenten teil.34

Anhand der Abbildungen 6 (A-D) werden die Resultate für die UPEA, die UCB, die UMSA und für Europa dargestellt. Im unteren Teil der Grafik kann man jeweils die Ressourcen sehen, auf welche die Teilnehmer ›oft‹ oder ›immer‹ zurückgreifen. Im oberen Teil der Grafik sieht man die jeweiligen Ressourcen, welche die Teilnehmer ›nie‹ in Anspruch nehmen.

Die am häufigsten genutzten Ressourcen sind


an der UPEA: Ziele im Leben, positives Denken, Optimismus, Studium.
an der UCB: Ziele im Leben, Mutter, Liebe, Entscheidung, positives Denken.
an der UMSA: Musik, über Stress Nachdenken, positives Denken, Schlafen.
aus Europa: Freunde, Liebe, Musik, Schlafen, positives Denken, Lesen.


Abb. 6: A. Prävalenz der 20 wichtigsten und 10 unwichtigsten Ressourcen, auf welchedie Teilnehmer der UPEA zurückgreifen (n = 50) (in Prozentzahlen)

Die beiden wichtigsten Ressourcen sind somit positives Denken und Ziele im Leben.


Abb. 6: B. Prävalenz der 20 wichtigsten und 10 unwichtigsten Ressourcen, auf welche die Teilnehmer der UCB zurückgreifen (n = 74) (in Prozentzahlen)


Abb. 6: C. Prävalenz der 20 wichtigsten und 10 unwichtigsten Ressourcen, auf welche die Teilnehmer der UMSA zurückgreifen (n = 37) (in Prozentzahlen)


Abb. 6: D Prävalenz der 20 wichtigsten und 10 unwichtigsten Ressourcen, auf welche die Teilnehmer aus Europa zurückgreifen (n = 32) (in Prozentzahlen)

Wie die Auswertung der Ergebnisse zeigt, stehen hinsichtlich der internen Ressourcen bei den bolivianischen Studenten gewisse Reflexionen an erster und zweiter Stelle. Anscheinend haben sie eine starke Neigung, zu rationalisieren. Bei den europäischen Teilnehmern steht dagegen – nach der externen Ressource Freunde – das Gefühl der Liebe an erster Stelle, was ein wenig naiv und romantisch anmutet. Obwohl die Latinos allgemein eher als gefühlsbetont, die Abendländer dafür als vernünftig gelten, greifen die bolivianischen Studenten dennoch öfters als die europäischen Teilnehmer auf die Ressource der Rationalität zurück, während umgekehrt die europäischen Teilnehmer öfters als die bolivianischen Studenten auf die Ressource der Emotionalität zurückgreifen. Womöglich definieren die Teilnehmer die internen Ressourcen als innere Kraftquellen, die nicht aus irgendwelchen eigenen selbstverständlichen Charakteristiken bestehen, sondern ihnen eher fremd sind und erst – mühsam – erworben werden müssen. Es ist, als würden sie die Ressourcen als einen wesentlichen Gegenpol zu ihrer eigenen Persönlichkeit sehen, damit diese zu einer Ganzheit vervollständigt wird.

Die Teilnehmer der UCB machen viel öfters von ihren internen Ressourcen Gebrauch als jene der UMSA, UPEA oder aus Europa (im Verhältnis 14 Prozent zu 6 bzw. 4 und 0 Prozent). Es ist auffallend, dass die externen Ressourcen nur von den Teilnehmern der UCB, die soziokulturellen Ressourcen von keinen Teilnehmern ›oft‹ oder ›immer‹ in Anspruch genommen werden.

Eine besondere Ressource, die für alle Teilnehmer in Bolivien sehr wichtig ist, stellt der Glaube da. Ob es sich dabei um den Glauben an Gott, die Zukunft oder die Pachamama (»Mutter Erde«) handelt, wird allerdings nicht spezifiziert. Während etwa 40 Prozent der UPEA, 30 Prozent der UCB und 10 Prozent der UMSA ›immer‹ auf sie zurückgreifen, nutzen sie ein Viertel der UPEA, UCB und UMSA etwas weniger, aber immer noch ›oft‹. Dennoch ist der Kult als Ressource bei ihnen von geringerer Bedeutung; höchstens 2 Prozent gehen immer in den Gottesdienst oder die Messe. Andererseits werden das Beten und vor allem das Meditieren als wichtige Ressourcen betrachtet. Bei den Teilnehmern aus Europa hat der Glaube dagegen einen geringen Stellenwert: Nur etwa 12 Prozent greifen öfters auf diese Ressource und nur 3 Prozent auf das Meditieren, Beten oder den Kult zurück.

Bezüglich ideologischer Vorstellungen bekunden um die 20 Prozent aller befragten Studenten und Jugendlichen die Wichtigkeit eines sozialen Engagements. Für einen größeren Prozentsatz an der UPEA (30 Prozent) und kleineren Prozentsatz aus Europa (12 Prozent) ist die Sorge um die Umwelt wichtig. Vor allem unter den Teilnehmern der UCB und UMSA und etwas weniger unter jenen der UPEA scheint es eine starke Abneigung gegen ein politisches Engagement35 zu geben, da viele nie darauf zurückgreifen (je 84, 82 und 76 Prozent). Die feministischen Ideale als Ressource sind nur für einen kleinen Prozentsatz aus Europa (9 Prozent) von Bedeutung.

Während die Mutter als Bezugsperson eine wichtige Ressource darstellt, vor allem für die Studenten der UCB, ist der Vater als Ressource für alle Teilnehmer weit weniger wichtig. Allerdings bedeuten die Freunde für die Teilnehmer aus Europa – im Vergleich zu Vater oder Mutter – eine wichtigere Ressource. Hinsichtlich der externen Ressourcen scheinen die Beziehungen überhaupt wider Erwarten von geringer Bedeutung zu sein. Die Teilnehmer greifen viel mehr auf irgendwelche Materialien oder Aktivitäten der Erholung zurück. Wahrscheinlich deutet dieses Resultat darauf hin, dass die Teilnehmer im Falle einer Stresssituation dieser lieber allein entgegentreten wollen, als irgendjemanden damit zu belästigen.

Was professionelle Hilfe anbelangt, geben lediglich drei Prozent der Teilnehmer aus Europa an, diese ›oft‹ oder ›immer‹ in Anspruch zu nehmen, während der Prozentsatz in Bolivien 0 Prozent beträgt. Relativ viele Teilnehmer aus Europa, der UPEA, UCB und UMSA suchen ›niemals‹ einen Psychologen auf (79 beziehungsweise 72, 70 und 32 Prozent) oder nehmen ›nie‹ an einer Selbsthilfegruppe teil. Dabei ist zu beachten, dass fast alle Teilnehmer der UMSA Psychologie studieren. Was die Selbstverwirklichung betrifft, erwähnen zwischen 32 Prozent und 42 Prozent aller Teilnehmer, dass sie ›oft‹ auf diese Ressource zurückgreifen. Dass die Aussage der Bolivianer sich nur wenig von jener der Europäer unterscheidet, erstaunt, da die Möglichkeiten zur persönlichen Selbstverwirklichung in Bolivien wegen der beschränkten Ausbildungsmöglichkeiten und finanziellen Mittel, zudem der strengen Visumsbestimmungen im Allgemeinen äußerst begrenzt ist. Anscheinend geht es bei den bolivianischen Teilnehmern vorwiegend um das Gefühl und Wissen, dass man überhaupt studieren kann – der Begriff ›Selbstverwirklichung‹ hat also je nach Kulturkreis eine andere Bedeutung.

2.7 Vorhandene Copingstrategien

Neben den Ressourcen sind die jeweiligen Copingstrategien in der Trauma-Therapie von entscheidender Bedeutung. Dabei geht es um die Fähigkeit der betroffenen Person, sich der ständig verändernden Realität, den unterschiedlichen Umweltbedingungen und Forderungen anzupassen. Die konkreten Copingstrategien geben Aufschluss über die Art und Weise, wie sie sich einer schwierigen Situation stellt, oder anders gesagt, wie sie sich mit einer traumatischen Erfahrung auseinandersetzt.

Zur Erfassung der vorhandenen Copingstrategien entschied sich die Forschungsequipe für eine Übersetzung und Modifizierung der Skala der Copingstrategien durch ein kolumbianisches Team,36 weil diese Version dem bolivianischen Kontext ähnlich ist. Diese Skala wurde ursprünglich von Charot und Sandín (1993) erarbeitet, die das Ways of Coping Instrument oder WCI von Lazarus und Folkman weiterentwickelt haben. Trotzdem nahmen wir auch unsererseits einige Änderungen in der kolumbianischen Skala vor, z. B. den Faktor ›Humor‹, und fügten verschiedene besondere soziokulturelle Rubriken hinzu. Schlussendlich bestand die von uns verwendete, modifizierte Skala der Copingstrategien aus 75 Rubriken und 13 Faktoren, nämlich den folgenden: ›Problemlösung‹, ›Suche sozialer Unterstützung‹, ›Abwarten‹, ›Spiritualität‹, ›emotionale Vermeidung‹, ›Suche professioneller Hilfe‹, ›aggressive Reaktion‹, ›offener emotionaler Ausdruck‹, ›kognitive Vermeidung‹, ›positive Wiederauswertung‹, ›Ausdruck der Schwierigkeit der Konfrontation‹, ›Leugnung‹ und ›Humor‹. Die Skala misst die Angewohnheit, diese Strategien in stressigen oder traumatischen Situationen einzusetzen. Mit anderen Worten, die Skala versucht, die bevorzugten Strategien der Teilnehmer, wie sie mit solchen Situationen umgehen, zu identifizieren.

In den Abbildungen 7.1 werden die 10 meistgenutzten Strategien von den insgesamt 75 Rubriken der Copingstrategien dargestellt. Dabei sind alle Teilnehmer der UPEA, UCB, UMSA und Europa einbezogen worden, die auf diese Strategien mit einer Häufigkeit von ›fast immer‹ oder ›immer‹ zurückgreifen.


Abb. 7.1: A. Prävalenz der am meisten benutzten Copingstrategien im Sinne von ›fast immer‹ oder ›immer‹ an der UPEA (n = 50)


Abb. 7.1: B. Prävalenz der am meisten benutzten Copingstrategien im Sinne von ›fast immer‹ oder ›immer‹ an der UCB (n = 74)


Abb. 7.1: C. Prävalenz der am meisten benutzten Copingstrategien, im Sinne von ›fast immer‹ oder ›immer‹ an der UMSA (n = 38)


Abb. 7.1: D. Prävalenz der am meisten benutzten Copingstrategien, im Sinne von ›fast immer‹ oder ›immer‹ in Europa (n = 33)

In der Abb. 7.2 wird der Durchschnitt für jeden Faktor dargestellt, wobei die jeweiligen Höchstwerte hervorgehoben sind. Die Punktzahlen des Durchschnitts verweisen auf die folgenden Häufigkeitswerte:


1,00 - 1,50 nie1,51 - 2,50 fast nie2,51 - 3,50 manchmal
3,51 - 4,51 oft4,51 - 5,50 fast immer5,51 - 6,00 immer


Abb. 7.2: ABCD. Durchschnitt der Copingstrategien nach Faktor und Häufigkeit an der UPEA, UCB, UMSA und aus Europa

Während die Teilnehmer aus Europa in stressigen oder traumatischen Situationen oft ›soziale Unterstützung‹ – ihre bevorzugte Copingstrategie – suchen, um ermuntert zu werden, ein mitfühlendes Gehör oder weise Ratschläge zu bekommen, versuchen vor allem die Studenten der UMSA und UPEA, ihre Gefühle für sich zu behalten.

Die bevorzugte Copingstrategie in stressigen oder traumatischen Situationen sowohl der Studenten der UPEA als auch der UCB und UMSA ist die ›positive Wiederauswertung‹, welche übrigens auch bei den Teilnehmern aus Europa sehr beliebt ist.

Hinsichtlich der Bedeutung ›professioneller Hilfe‹ sind die Resultate – wie bereits im Kapitel über die Ressourcen erwähnt wurde – ernüchternd: 75 bis 90 Prozent der Teilnehmer der UPEA, UCB, UMSA und aus Europa greifen ›nie‹ oder ›fast nie‹ auf diese Copingstrategie zurück. Immerhin wird sie von 3 Prozent der Teilnehmer aus Europa ›immer‹ angewendet.

Eine Erklärung wäre, dass einerseits das Angebot an professioneller Hilfe im Sinne von Psychotherapie in La Paz und El Alto äußerst beschränkt ist. Andererseits fehlt es den meisten Studenten an den nötigen finanziellen Mitteln, an Ruhe und Sicherheit, um eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. Die höchste Zahl von Interessenten findet sich an der UMSA, wo die große Mehrheit der Teilnehmer aus Psychologiestudenten besteht, von denen einige ein klinisches Praktikum in der universitären Praxis machen.

Auch die Bedeutung der ›Kirche‹ scheint in manchen Kreisen übertrieben stark hervorgehoben zu werden, denn rund 75 Prozent der bolivianischen Studenten und 90 Prozent der europäischen Teilnehmer greifen ›nie‹ oder ›fast nie‹ auf diese religiöse Institution als Copingstrategie zurück. Während die Teilnehmer aus Europa im Durchschnitt ›nie‹ auf die ›Spiritualität‹ als Copingstrategie nutzen, tun dies jene der UMSA und UCB immerhin ›fast nie‹, und jene der UPEA doch ›manchmal‹.

Im Gesamtdurchschnitt wenden alle Teilnehmer sowohl in Bolivien als aus Europa ›manchmal‹ bestimmte Copingstrategien an. Obwohl es in Bezug auf die Häufigkeit nur minimale Differenzen gibt, ist die Auswahl der Copingstrategien nach Faktoren sehr unterschiedlich.

Der ›Humor‹ stellt sich eindeutig als eine wichtige Copingstrategie in stressigen oder traumatischen Situationen heraus, auf den die Teilnehmer der UCB im Durchschnitt ›oft‹, und jene der UPEA, der UMSA und aus Europa ›manchmal‹ zurückgreifen. Es ist interessant, dass diese besondere Copingstrategie weder von Charot und Sandín, noch vom zitierten kolumbianischen Team in ihren Fragebogen aufgenommen, sondern vollständig übersehen worden ist.

Das Forschungsteam hatte zusätzlich acht soziokulturelle Copingstrategien formuliert und in den Fragenkatalog eingeschlossen, weil es dem besonderen Kontext Boliviens, La Paz und El Alto, gerecht werden wollte. Wider Erwarten ging jedoch aus den Resultaten eindeutig hervor, dass es die Relevanz dieser soziokulturellen Rubriken schwer überschätzt hatte. Die anfängliche Arbeitshypothese, den Menschen in Bolivien stehe ein differenziertes Spektrum an individuellen, soziokulturellen Kraftquellen zur Verfügung, die den Europäern zum Teil fremd seien, erwies sich als falsch. Die Resultate sowohl in Bezug auf die Copingstrategien als auch auf die Ressourcen geben zu erkennen, dass den bolivianischen und europäischen Teilnehmern nahezu das gleiche Spektrum an Kraftquellen zur Verfügung steht. Anscheinend bevorzugen und entscheiden sie sich aber aus gewissen soziokulturellen Gründen für unterschiedliche Copingstrategien bzw. Ressourcen.

In Bezug auf die zwei hinzugefügten soziokulturellen Copingstrategien »Ich versuche, die Situation mit guter Laune zu bewältigen« und »Ich mache Anekdoten oder Witze über das potenziell traumatische Ereignis«, wurde festgestellt, dass diese Strategien sowohl von den bolivianischen als auch europäischen Teilnehmern geschätzt werden. Allerdings scheint fast ein Drittel der Teilnehmer der UPEA, gefolgt von der UMSA, UCB und schließlich Europa, zu viel Respekt vor dem Ereignis zu haben, um darüber lachen zu können.

Was die beiden traditionellen einheimischen Handlungsweisen – »Ich befolge die Empfehlungen der Älteren« und »Wir solidarisieren uns in meiner Familie oder Gemeinschaft« – betrifft, so sind diese anscheinend noch immer unter einem Drittel der Studenten der UPEA lebendig, während sie an der UCB und UMSA größtenteils an Bedeutung verloren haben. Für die Jugendlichen aus Europa scheinen diese beiden Copingstrategien der Achtung vor dem Alter und der Familiensolidarität keinen besonderen Wert zu haben.

2.8 Inventar der Post-Traumatischen Reifung

Im Grunde genommen besteht die persönliche Reifung aus einem Entwicklungs- und Transformationsprozess, indem die ständig neuen Erfahrungen irgendwie in die eigene Persönlichkeit integriert werden. Diese Reifung ist normal und üblich im Verlauf des Lebens. Daneben existiert aber auch eine ganz besondere Reifung, die aufgrund einer traumatischen Erfahrung erfolgt. Es gibt Menschen, die an ›ihrem Unglück‹ trotz unglaublicher Schmerzen und Ängsten persönlich wachsen.

Das Inventar der Post-Traumatischen Reifung oder PTGI (Post Traumatic Growth Inventory) erforscht sowohl die Art als auch den Grad dieser besonderen persönlichen Reifung. Das PTGI wurde von Tedeschi und Calhoun (1996) erarbeitet und von Weiss und Berger vom Englischen ins Spanische übersetzt. Diese Version wurde wiederum von der Forschungsequipe dem bolivianischen Kontext angepasst, indem – genauso wie bei der IES-R – zwei einführende Fragen bezüglich des heftigsten Ereignisses überhaupt und des entsprechenden Alters eingefügt wurden. Das PTGI ist aus 21 Rubriken zusammengesetzt, die sich in fünf Bereiche der Ver- änderung oder Reifung unterteilen: eine intensivere Wertschätzung des Lebens, intensivere zwischenmenschliche Beziehungen, ein Bewusstwerden der eigenen Kraft, die Entdeckung neuer Möglichkeiten im Leben und ein intensiveres spirituelles Bewusstsein.

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