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Kapitel 9

Pilatusplatz, Luzern, Schweiz

März 2019

Hansruedi Zwyssig, seines Zeichens Stadtrat von Luzern, stieg am Pilatusplatz aus dem Bus. Er wartete, bis die Fussgängerampel auf Grün sprang, ehe er in die Obergrundstrasse einbog.

Heute stand eine wichtige Sitzung auf dem Programm, es sollte ein gigantisches Strassenbauprojekt im Norden Luzerns diskutiert werden, das vom Kanton befürwortet, von der Stadt als Direktbetroffene allerdings vehement bekämpft wurde. Zu verheerend wären die Folgen für die Anwohner der Quartiere rund um den Schlossberg, das Kantonsspital und den Lochhof.

Auch Zwyssig war ein Gegner des Projekts, er hatte von der Autolawine, die bereits jetzt im Zentrum Luzerns herrschte, die Nase gestrichen voll. Noch mehr Beton sollte seiner Meinung nach nicht verbaut werden.

Er unterquerte das TEKO-Gebäude, welches die Obergrundstrasse überspannte, und hielt auf das Stadthaus zu.

Er bemerkte nicht, dass er vom Vorplatz der Pfarrkirche St. Maria zu Franziskanern aus observiert wurde.

Kapitel 10

Hauptquartier Luzerner Polizei, Kasimir-Pfyffer-Strasse, Luzern, Schweiz

März 2019

„Herr Kost. Wir haben Ihre Karriere analysiert...“, begann Staatsanwältin Gisela Wyniger, erntete aber nur ein zynisches Lachen.

„Dann sind Sie ja fast wie mein Chef!“, warf er ein, doch Wyniger liess sich nicht beirren.

„Sie waren im Militär bei den Infanteristen als Scharfschützen eingeteilt! So konnten Sie Eiholzer aus nächster Nähe erschiessen!“

Kost lachte auf. „Glauben Sie, dass eine sinnlose Übungsreihe im jurassischen Wald mir die Ausbildung gegeben hätte, einen Menschen aus dutzenden Metern Entfernung abzuknallen? Meine Güte, für eine Staatsanwältin sind sie enttäuschend naiv!“

Welti wollte gerade intervenieren und der Staatsanwältin zur Seite gehen, als Vitus Bussmann ohne anzuklopfen in den Verhörraum stürmte. In leisen Worten besprach er etwas mit Welti und Wyniger. Deren Mienen verdüsterten sich. Dann drehte sich Staatsanwältin Wyniger zu Kost um.

„Vielen Dank, Herr Kost. Sie können nun gehen, wir bitten Sie aber, die Stadt nicht zu verlassen und sich stets zu unserer Verfügung zu halten!“

„Die Stadt nicht verlassen? Meine Güte, ich bin Lokomotivführer! Soll ich etwa immer zwischen dem Bahnhof und dem Verkehrshaus hin- und herfahren?“

„Das ist mit Ihrem Arbeitgeber bereits geklärt!“

„Wir haben ein zweites Opfer!“, eröffnete Bussmann die Sitzung. Auch Marlies Kost wurde unter Vorbehalt entlassen. Anwesend waren wieder die üblichen Verdächtigen wie Kripochefin Eichenberger, Sauter, Sabrina und Staatsanwältin Wyniger. Selbst Regierungsrat Bachmann hatte sich eingefunden. Nur Christian Welti fehlte; er hatte die Leitung der Ermittlung vor Ort übernommen, dies hauptsächlich, um Bussmann zu entlasten.

Bussmann drückte auf eine Fernbedienung, auf der Leinwand hinter ihm erschien das Portrait eines Mannes Anfang Fünfzig mit Nickelbrille, zurückweichendem Haar und Spitzbart.

„Hansruedi Zwyssig, Stadtrat und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der Stadt Luzern. Heute vor dem Eingang des Stadthauses am Hirschengraben tot aufgefunden!“

„Gibt es Parallelen zum Fall Eiholzer?“, fragte Sabrina.

Bussmann nickte. „Deshalb mussten wir die Kosts vorerst laufen lassen. Für die zweite Tat hatten beide ein Alibi, sie sassen bei uns im Verhörraum. Bei Zwyssig wurde dieselbe Munition verwendet wie bei Eiholzer, auch sein Kopf ist zur Unendlichkeit explodiert, entschuldigt bitte den Ausdruck!“

„Gab es Zeugen?“, fragte Sauter. Bussmann schüttelte den Kopf.

„Niemand wollte etwas gesehen oder gehört haben!“

„Sie müssen diesen Fall so schnell wie möglich aufklären!“, forderte Bachmann. Auch wenn er in politischer Sicht das Heu nicht auf derselben Bühne wie Zwyssig hatte, war er zutiefst besorgt. Dann verliess Bachmann den Raum.

„Leute, jetzt gilt es ernst: Wir müssen dem Täter auf die Schliche kommen, bevor er ein drittes Mal zuschlägt. Wir müssen alle Spuren verfolgen, am ehesten mal einen gemeinsamen Nenner zwischen Eiholzer und Zwyssig finden!“

Das Luzerner Stadthaus wurde von diversen Polizeibeamten auf den Kopf gestellt. Zwyssigs Ratskollegen wurden vernommen, die Büros durchsucht und Unterlagen konfisziert.

„Wussten Sie, ob Stadtrat Zwyssig einen gewissen Thomas Eiholzer kannte?“, fragte Bussmann Stadtpräsident Bruno Hösli. Dieser zuckte mit den Schultern.

„Was wir Politiker ausserhalb des politischen Lebens tun, sollte Privatsache sein. Aber leider scheint sich nicht nur die Boulevardpresse die Finger danach abzulecken, sondern auch die Polizei...“

„Herr Stadtpräsident, dies ist eine offizielle Ermittlung und deshalb ist jedes Detail aus dem Leben der Verstorbenen wichtig.“

„Ich wünschte, ich könnte Ihnen weiterhelfen!“

Als Christian Welti nur kurz nach Bussmanns Information beim Stadthaus vorgefahren war, erblickte er eine chaotische Situation vor Ort. Um die Leiche Zwyssigs, welche direkt vor der Eingangspforte auf dem Trottoir des Hirschengrabens lag, hatten sich etliche Schauslustige versammelt, welche erst durch die Martinshörner der anbrausenden Streifen- und Rettungswagen die Polizei und die Sanität wahrnahmen.

Gefunden hatte Zwyssigs Leiche Melinda Bührer, Serviceangestellte beim nahen Hotel Stern. Sie war auf dem Weg in Richtung Bahnhof, als sie den zusammenbrechenden Zwyssig erblickte.

„Ich dachte zuerst, er hätte einen Herzinfarkt. Erst beim Näherkommen sah ich, dass sein Kopf völlig zerfetzt war“

Die Frage, ob sie etwas gehört oder gesehen hatte, beantwortete sie mit einem Kopfschütteln.

„Hier ist das Regionaljournal Zentralschweiz von Radio SRF!“, dröhnte die Stimme des Moderators aus den Boxen Bussmanns Autoradios. „Unser Topthema: Der Sniper hält Luzern in Atem. Vor ein paar Stunden wurde Stadtrat Hansruedi Zwyssig am Eingangstor zum Stadthaus am Hirschengraben ermordet aufgefunden. Alle Spuren deuten auf den Heckenschützen hin, der bereits gestern einen Lokomotivführer beim Depot in der Neustadt erschossen hatte. Die weiteren Meldungen des Tages...“

Bussmann drehte der sympathischen Radiostimme den Saft ab. Im Fond seines Wagens sass Hösli. Der Stadtpräsident hatte ausdrücklich darauf bestanden, dass der Kommissar höchstpersönlich ihn zurück ins Stadthaus chauffieren möge – obwohl der Fussweg zwischen der Kasimir-Pfyffer-Strasse und dem Stadthaus Nur wenige hundert Meter betragen würde. Hösli sah dies allerdings quasi als Entschädigung, dass ihm wertvolle Arbeitszeit gestohlen wurde. Bussmann hatte nicht viel gesagt, er nahm die Fahrt gerade als Anlass, sich ein wenig in Zwyssigs Büro umschauen zu können. Deswegen hatte er den bissigen Kommentar heruntergeschluckt, dass die Autofahrt – dem Umweg via Pilatusplatz sei Dank! – länger dauern würde als der Fussweg.

An besagtem Pilatusplatz vollzog Bussmann ein waghalsiges Wendemanöver und fädelte sich in den dichter werden Verkehr Richtung Obergrundstrasse ein. Beim Franziskanerplatz setzte er den rechten Blinker und stellte den Wagen mit Warnblinker und Blaulicht vor den Eingang zum Stadthaus. Zwei Streifenwagen der Luzerner Polizei waren noch vor Ort, der Fundort von Zwyssigs Leiche war abgeriegelt. Daneben stand Welti, dieser unterhielt sich mit Dr. Anneliese Roth, Leiterin des Pathologischen Instituts und einem Mann mit langem, grauen Bart, den Bussmann beim Näherkommen als Dr. Furrer, Leiter des Forensischen Dienstes der Kantonspolizei Zürich identifizierte. Dieser war eine Koryphäe auf seinem Gebiet und kam auch ausserhalb des eigenen Kantonsgebietes zum Einsatz.

Kapitel 11

Aubervilliers, Île-de-France, Frankreich

März 2019

Saïd erklomm die Stufen und verfluchte den defekten Aufzug. Pierre hatte ihm einen Zettel mit dem letzten Hinweis überreicht; sein Ziel war die zweite Wohnung rechts auf der sechsundzwanzigsten Etage. Der Chauffeur hatte noch vor der Eingangstür auf dem Absatz kehrt gemacht und war zu seinem Tesla zurückgekehrt.

Die Wohnung war gross, im Wohnzimmer waren sechs Männer um einen Tisch versammelt. Die Wohnungstür war offen gewesen, Saïd hatte geklopft und war nach einer gerufenen Aufforderung eingetreten. Die Männer musterten ihn und nickten.

„Ja, er war’s!“ Saïd runzelte zuerst verwundert die Stirn, dann erkannte er den Sprecher dieses Satzes. Saïd glaubte, der Typ hiess Samal.

„Sehr gut!“, sprach der wohl Älteste im Raum, der sich ihm als Mohammed vorstellte. Saïd wusste sofort, wer dieser Mann war; voller Ehrfurcht starrte er ihn an, denn dieser Mann war einer der Mächtigsten des Islamischen Staates. So mächtig, dass sogar der selbsternannte Kalif von Aleppo Angst vor ihm hatte.

Mohammed startete nach einer kurzen Begrüssung eine Präsentation, die auf die weisse Wand hinter ihm projiziert war.

Es wurden zahlreiche Bilder diverser Anschläge gezeigt. Das World Trade Center in New York, der Vorortszug im Madrider Atocha-Bahnhof sowie der gesprengte Doppeldeckerbus an Londons Russell Square.

„Das waren Bin Laden und seine Leute!“, brummte Mohammed und wartete einen kurzen Augenblick. „Wir werden dies alles vergessen machen!“

Dann startete eine weitere Bilderserie, Saïd konnte sie automatisch den jeweiligen Ereignissen zuordnen: Die diversen Tatorte im Pariser Oberkampf-Quartier wie beispielsweise das Bataclan oder das Café Bonne Bière, das Stade de France in Saint-Denis, die Abflughalle des Flughafens Brüssel-Zaventem, der Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz oder die Promenade des Anglais in Nizza. Saïd nickte, ja, der IS hatte es beinahe geschafft, die Attentate Al Kaidas zu übertrumpfen. Doch eben nur beinahe.

„Wir werden stärker sein als Al Kaida es je war. Mehr Angst und Schrecken verbreiten als jemals eine Terrororganisation zuvor!“ Mohammeds Worte wirkten wie ein Schlachtruf, alle hingen gebannt an seinen Lippen. Dann wandte sich Mohammed persönlich an Saïd.

„Saïd“, sprach er. „Du bist unser Auserwählter! Wir haben schon lange nichts mehr von uns hören lassen!“

Saïd seufzte. „Also wieder ein Anschlag. Wo diesmal? Hamburg? Lissabon? Rom?“

„Rom?“ Mohammed lachte laut auf. „Wohl kaum. Wir dürfen es uns nicht mit der Mafia verscherzen, die sind gute Lieferanten von uns!“

Die Präsentation sprang zur nächsten Folie. Ein modernes Gebäude mit einem markanten Flachdach wurde gezeigt, davor befand sich eine grosse Wasserfläche, in der Enten schwammen.

„Nein, es gibt eine bessere Idee!“ Mohammed glühte vor Aufregung. „Wir knöpfen uns ein Land vor, das niemand auf der Rechnung hat. Es gilt als sehr sicher, politisch stabil und sehr reich: Die Schweiz!“

„Wir bauen eine Zelle in der Schweiz auf?“, fragte ein anderer Anwesender. Saïd kannte ihn nicht.

„Die Schweiz ist unser Tresor. Dort können wir ungestört unser Geld horten. Wir würden unser Nest beschmutzen!“, wandte wieder ein anderer, Saïd ebenso unbekannter Mann ein.

„Nein!“ Wieder wechselte die Folie und das Gesicht einer Frau mittleren Alters mit blondem Kurzhaarschnitt und eher kühlem Gesichtsausdruck tauchte auf. Unter dem Bild prangte die Aufschrit:

MARIA MÜLLER-STEINER, Justizministerin

„Diese Frau ist gefährlich für uns. Sie ist Schweizer Justizministerin und lässt alle Terrorverdächtigen und Dschihadtouristen durch den Bundesnachrichtendienst überwachen. Wir hätten keine Chance, in der Schweiz eine Zelle aufzubauen.“

„Was wollen wir denn sonst tun?“, warf Samel ein.

„Wir organisieren den Anschlag von hier aus! Und Saïd ist unser Mann!“

Wieder erschein die Folie mit dem modernen Gebäude am Seeufer.

„Das Kultur- und Kongresszentrum in Luzern am Vierwaldstätter See. Der grosse Stolz des französischen Stararchitekten Jean Nouvel – und bald nur noch ein Haufen Schutt und Asche! Unser Vorteil ist: Die Stadt wurde gerade durch einen Mord erschüttert, der alle Ressourcen der Polizei benötigt. Sie haben keine Leute, um uns in die Quere zu kommen!“

Mohammed verbeugte sich gespielt, alle Anwesenden applaudierten, auch Saïd. Das klang nach einer anspruchsvollen Aufgabe!

Knapp eineinhalb Stunden später stieg Saïd am Pariser Gare de Lyon aus dem Zug der RER B und eilte zur Bahnhofshalle, aus der die Fernzüge in Richtung Schweiz abfuhren. Die Tickets für den TGV nach Basel und die Weiterfahrt nach Luzern hatte ihm Mohammed bereits organisiert.

Saïd passierte die Sperre und trat auf den Bahnsteig. Der Zug war längst abfahrbereit, begleitet vom Pfiff des Schaffners sprang Saïd in den Zug, unmittelbar darauf schlossen sich die Türen und der TGV setzte sich in Bewegung.

Pfeilschnell flitzte der Schnellzug durch die unendlichen Weiten Ostfrankreichs. Saïd bekam von der Reise nichts mit, denn gedanklich ging er seinen Auftrag durch. Auf keinen Fall durfte er sich einen Patzer leisten, dies wäre verheerend.

Mohammed vertraute ihm, und dieses Vertrauen wollte er nicht missbrauchen, war Mohammed doch ein mächtiger Mann, der keine Sekunde zögern würde, beim Misslingen des Auftrags Saïds Zukunft zu zerstören, ja gar dessen Leben zu opfern, um das eigene zu retten.

Saïd versuchte, ruhig zu bleiben. Auch dann, als nach Mulhouse die Schweizer Grenzwacht durch den Waggon schritt und seine Ausweispapiere verlangte.

Kapitel 12

Kultur- und Kongresszentrum KKL, Luzern, Schweiz

März 2019

Jean Nouvel hatte wahrlich ganze Arbeit geleistet: Das Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) mit seinem markanten Flachdach prägte gemeinsam mit dem benachbarten Bahnhof, mitentworfen von Nouvels Architekturkollegen Santiago Calatrava, den modernen Teil von Luzerns Skyline.

Die Schlange vor dem Eingangsbereich des KKL war lang. Alle waren feierlich gekleidet, Bussmann fühlte sich total unwohl in seinem Frack. Ingrid hatte sich in ein rotes Kleid gehüllt, das nicht nur ihrer Figur schmeichelte, sondern auch die Schulterpartie freiliess.

Eigentlich hätte er nach der Inspektion von Zwyssigs Büro wieder ins Präsidium zurückkehren wollen, doch konnte er Ingrid ein weiteres Mal nicht enttäuschen, freute sie sich doch seit Monaten auf den Auftritt des berühmten ukrainischen Cellovirtuosen Andryi Poroschenko.

Etliche der anwesenden Gesichter erkannte Bussmann. Das Konzert war wahrlich ein Anlass der High Society Luzerns, was sich auch in den eher gepfefferten Ticketpreisen wiederspiegelte. Aber was tat man(n) nicht alles aus Liebe?

Irgendwie war Bussmann aber auch froh, wenigstens für ein paar Stunden aus dem Trubel der Ermittlungen zu entrinnen. Regierungsrat Bachmann hatte es sich nämlich nicht nehmen lassen, sich noch telefonisch bei Bussmann zu vergewissern, dass die Aufklärung der zwei Morde auch tatsächlich oberste Priorität geniessen würde.

Allerdings waren die Spuren der beiden Morde auch im KKL zu spüren. Unter den Gästen war es das Thema Nummer eins und manche, die Bussmann erkannten, glotzten ihn unverhohlen an. Er konnte deren Gedanken lesen.

Der sollte die Morde aufklären und nicht Konzerte besuchen!

Des Weiteren war auch die Polizeipräsenz stark erweitert worden. So schritten diverse Patrouillen rund um den Europaplatz und das Inseli, ein Hubschrauber kreiste unentwegt über der Stadt und auf den Dächern benachbarter Gebäude wie der Universität und dem Bahnhof hatte die Polizei selbst Scharfschützen postiert. Bussmann liess es sich nicht nehmen, einen Blick in das Sicherheitsdispositiv des Anlasses zu werfen. Die Luzerner Polizei war in der glücklichen Lage, mit Wachtmeister Lukas Düringer einen ausgewiesenen Experten in Sachen Scharfschützen in den eigenen Reihen zu wissen. Dieser hatte auch das Dispositiv zusammengestellt und war Bussmann bereits in den laufenden Ermittlungen zur Seite gestanden.

Ingrid und Bussmann hatten die Ticket- und Sicherheitskontrolle passiert und durften nun das Foyer betreten. Auf kleinen Tischchen wurden Apérohäppchen serviert und diverse Kellnerinnen und Kellner huschten mit offenen Champagnerflaschen durch die Menge.

„Nein, danke!“, lehnte Bussmann ab, als ihm just eine solche Champagnerflasche unter die Nase gehalten wurde. Auch wenn dies offiziell Freizeit war, irgendwie fühlte sich Bussmann immer im Dienst. Ingrid würde dies wieder als Paranoia bezeichnen, doch Bussmann wollte für alle Fälle gewappnet sein. Die Szene in der Mall of Switzerland war ein gutes Beispiel hierfür.

In den Augenwinkeln bemerkte Bussmann, wie sich Regierungsrat Bachmann angeregt mit einem weiteren Herrn mittleren Alters in einem dunkelgrauen Sakko unterhielt und dabei versuchte, möglichst unauffällig die aufgestellte Chipsschale zu leeren. Auf den zweiten Blick erkannte Bussmann, dass es sich bei dem Mann im Sakko um Peter Isenring handelte, einem der Vertreter des Kantons Luzern im Nationalrat und zugleich Parteikollege Bachmanns.

Freilich nicht fehlen durfte Stadtpräsident Hösli, dieser schlich durch die Menge, sichtlich in der Hoffnung, dass ihn jemand ansprechen möge. Doch diesem Wunsch schien niemand Folge zu leisten.

Riesige Plakate kündeten den Star des heutigen Abends an, doch Bussmann bezweifelte, dass alle der Musik wegen hierher gekommen waren.

„Ach, ich freue mich auf seine Interpretation von Beethovens Neunte!“, freute sich Ingrid an seiner Seite und hakte sich bei ihm ein. Bussmann gab ein zustimmendes Brummen von sich, von klassischer Musik verstand er etwa so viel wie eine Kuh von der deutschen Sprache. Beethovens Neunte kannte er nur wegen Freude, schöner Götterfunken.

Die Tore zum gigantischen Konzertsaal wurden geöffnet und die Leute strömten hinein, auf der Suche nach ihrem zugewiesenen Platz. Auch Ingrid und Bussmann nahmen ihre Plätze ein. Die Bühne wurde noch von einem gigantischen Vorhang vor den Blicken der neugierigen Zuschauer geschützt.

Dann brandete Applaus auf, als Poroschenko mit einem Mikrofon die Bühne betrat. Gleichzeitig öffnete sich der Vorhang und sein Cello erschien, sehr zur Freude der Anwesenden.

„Guten Abend, meine Damen und Herren!“, begann Poroschenko in bemühtem Deutsch. Den Rest der Eröffnungsrede hielt er in beinah akzentfreiem Englisch. Um nicht gerade als ultimative Kulturbanause zu gelten, hatte sich Bussmann mit der Biografie des ukrainischen Cellisten vertraut gemacht: Dieser war bereits zu Zeiten der Sowjetunion ein gefeierter Star innerhalb dieser gewesen. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der damit verbundenen Unabhängigkeit Kiews von Moskau war Poroschenko in die USA gereist und hatte sich zunächst den New Yorker Philharmonikern angeschlossen, später hatte er auch Konzerte in Berlin, Wien und Tokio gegeben. Für Luzern war der Auftritt Poroschenkos ein weiterer Meilenstein auf dem Weg, in die erste Riege der weltweiten Musikstädte aufzusteigen.

Begleitet wurde Poroschenko von den Musikantinnen und Musikanten des Luzerner Symphonieorchesters. Dieses nahm gerade im Orchestergraben Platz, der Dirigent richtete sich an seinem Pult ein. Erste Stimmtöne der Instrumente erklangen.

Zur selben Zeit befragte Korporal Welti Elisabeth Zwyssig, der Witwe des erschossenen Stadtrates, im Haus der Familie im Rothenhof im Stadtteil Reussbühl. Ihr zur Seite standen die beiden gemeinsamen Kinder, Sohn Florian und Tochter Jessica, beide in den Mittzwanzigern. Nicht dabei war Yannick, das dritte und jüngste Kind der Familie Zwyssig. Seit der Nachricht über den Tod seines Vaters hätte Yannick kein Wort mehr gesagt und wäre wie jeden zweiten Tag ins Handballtraining nach Kriens gefahren.

Die Augen aller dreien waren verweint und Welti brachte es kaum übers Herz, seine Fragen zu stellen.

„Wissen Sie, ob Ihr Ehemann einen gewissen Thomas Eiholzer gekannt hatte?“

„Den Lokführer?“, schniefte Elisabeth, Welti nickte. „Ja klar, die beiden waren die besten Freunde!“

„Wir durften mal mit Thomas im Führerstand über den Gotthard!“, schaltete sich Florian mit seinen Erinnerungen ein. „War eine ganz tolle und schöne Sache!“

„War irgendwas vorgefallen? Trachtete jemand nach dem Leben der beiden?“, fuhr Welti mit seinem Fragenkatalog fort. Er tat dies sichtlich ungerne, doch wollte er mit den Ermittlungen vorankommen, wollte Bussmann etwas präsentieren, während dieser sich von einem ukrainischen Cellisten die Ohren zugeigen liess.

„Ich wusste von Hansruedi, dass Thomas Probleme mit seinem Vorgesetzten hatte. Dieser hatte offenbar exzessives Mobbing betrieben. Hansruedi wollte als neutraler Vermittler helfen, was bei den SBB und insbesondere diesem Vorgesetzten nicht gerne gesehen worden wäre.“

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