Kitabı oku: «Zur Professionalität der Professionalisierenden»

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David Gerlach

Zur Professionalität der Professionalisierenden

Was machen Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst?

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

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ISBN 978-3-8233-8359-8 (Print)

ISBN 978-3-8233-0202-5 (ePub)

Inhalt

  Vorwort

  1 Als Einleitung: (Fremdsprachen-)Lehrer*innenbildung aus Sicht der „Betroffenen“ 1.1 Erkenntnisinteresse und Relevanz des Forschungsvorhabens 1.2 Aufbau der Arbeit

 2 Schulpädagogische Lehrerprofessionsforschung2.1 Bestimmungsansätze zur Professionalität und Professionalisierung von Lehrkräften2.1.1 Strukturtheoretischer Bestimmungsansatz2.1.2 Kompetenztheoretischer Bestimmungsansatz2.1.3 Berufsbiographischer Bestimmungsansatz2.2 Zwischenfazit I: Konstrukte zur Erforschung von Lehrerprofessionalität/-professionalisierung

 3 Fremdsprachendidaktische Professionsforschung3.1 Forschung zu Fremdsprachenlehrerprofessionalität3.1.1 Standards und domänenspezifisches Professionswissen3.1.2 Beliefs, Subjektive Theorien und Reflexivität3.1.3 Aktionsforschung und Interventionen3.2 Zwischenfazit II: Spezifik von Fremdsprachenlehrerprofessionalität und ihrer Erforschung

 4 Der Vorbereitungsdienst als 2. Phase der Lehrerbildung4.1 Formale Charakteristika4.1.1 Allgemeine Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes4.1.2 Beteiligtes Personal im Vorbereitungsdienst4.2 Forschung zum Vorbereitungsdienst4.2.1 Forschung zu Ausbildungsstrukturen und Professionalisierung der LiV4.2.2 Forschung zu Ausbilderinnen und Ausbildern4.3 Zwischenfazit III: Der Vorbereitungsdienst als lehrer*innenbildende Phase

 5 Fremdsprachenlehrerprofessionalisierung im Vorbereitungsdienst5.1 Hinleitung zum Forschungsgegenstand und zu den Forschungssubjekten: Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst5.2 Lerngelegenheits- & Forschungsfeld: Der hessische Vorbereitungsdienst5.2.1 Anforderungen und Struktur des hessischen Vorbereitungsdienstes5.2.2 Personal im hessischen Vorbereitungsdienst5.3 Untersuchungsgegenstand und -fragen5.3.1 Wie werden Lehrkräfte zu Lehrerbildner*innen?5.3.2 Wie nehmen Lehrerbildner*innen im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte ihre Position und Tätigkeit wahr?5.3.3 Wie strukturieren Lehrerbildner*innen im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte ihre Handlungspraxis?5.3.4 Inwiefern zeigen sich in der Ausbildungspraxis der Lehrerbildner*innen Wissensstrukturen und Konzepte im Sinne einer Ausbildungsdidaktik?

 6 Methodologischer Zugang und methodisches Vorgehen6.1 Gegenstandstheoretische Vorüberlegungen6.2 Zugang zum Feld6.3 Forschungsethische Implikationen6.4 Sampling6.5 Datenerhebung6.5.1 Narrativ-episodische/berufsbiographische Interviews6.5.2 Zusätzlich erhobene Daten und Datenschutz6.6 Aufbereitung der Daten und Analyse mittels Dokumentarischer Methode6.6.1 Aufbereitung6.6.2 Schritte der Dokumentarischen Methode6.6.3 Präsentation und Auswertung

 7 Fallrekonstruktionen: Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst7.1 Fallrekonstruktion 1: Moritz Wagner7.1.1 Themenfeld Sprachkompetenz: „Und genauso müssen Fremdsprachenlehrer auch wissen, was sie machen. Das ist einfach die Sprache.“7.1.2 Themenfeld Freiheit: „Das heißt, es gibt immer ein Angebot auch von mir, was genutzt werden kann oder nicht.“7.1.3 Wunschkonzept der Fremdsprachenlehrerbildung7.1.4 Zusammenfassende Betrachtung des Falls7.2 Fallrekonstruktion 2: Monika Blümke7.2.1 Themenfeld Abgrenzung: „Ansonsten können wir sagen, ja, jeder lernt TROTZ Lehrer, trotz Ausbilder. (.) Das kann es ja nicht sein.“7.2.2 Themenfeld Vertrauen: „Also eigentlich wollen die mehr verbe/ ihre Defizite VERBERGEN.“7.2.3 Wunschkonzept der Fremdsprachenlehrerbildung7.2.4 Zusammenfassende Betrachtung des Falls7.3 Fallrekonstruktion 3: Jörg Reger7.3.1 Themenfeld Institutionalisierung: „… und dann sitzen wir hier und reden über äh Literaturdidaktik, aber eigentlich brennt es ganz woanders.“7.3.2 Themenfeld Distanzierung: „Also ich bilde mit Sicherheit nicht mehr so aus, wie ich vor acht Jahren angefangen habe.“7.3.3 Wunschkonzept der Fremdsprachenlehrerbildung7.3.4 Zusammenfassende Betrachtung des Falls

  8 Ausbildungspraxis: Kontrastiver Fallvergleich und Typenbildung 8.1 Tertium comparationis „Biographie und professionelles Selbstverständnis“ 8.2 Tertium comparationis „Ausbildungssituationen“ 8.3 Tertium comparationis „Organisation“ 8.4 Zusammenfassende Betrachtung der relationalen Typenbildung

  9 Ausbildungsdidaktik: eine Exploration 9.1 Tertium comparationis „Fachwissen“ 9.2 Tertium comparationis „Fachdidaktisches Wissen“ 9.3 Tertium comparationis „Allgemeinpädagogisches Wissen“ 9.4 Zusammenfassende Betrachtung der ausbildungsdidaktischen Schwerpunktsetzung

  10 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 10.1 Ausbildungspraxis 10.2 Ausbildungsdidaktik 10.3 Annäherungen an einen beruflichen Habitus von Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst

  11 Reflexion des Forschungsprozesses

  12 Implikationen für (fremdsprachendidaktische) Lehrer*innenbildung und Professionsforschung 12.1 Implikationen für die (fremdsprachendidaktische) Lehrer*innenbildung 12.2 Forschungsdesiderata für die (fremdsprachendidaktische) Professionsforschung

  Literaturverzeichnis

 AnhangAnhang A: TranskriptionsrichtlinienAnhang B: Interviewleitfaden

Für die Ausbilderinnen und Ausbilder. Und ihre LiV.

Vorwort

Muss man als „voreingenommen“ gelten, wenn man den Vorbereitungsdienst beforscht, den man selbst, wenn auch Jahre zuvor, besucht hat? Abgesehen von Forschungsmethodologie und -methode, Vorgehensweisen, die zu einer Fremdmachung des Forschenden zum Untersuchungsgegenstand führen, die diese Unterstellung im Laufe der Arbeit ad absurdum führen sollten, wäre vermutlich mein eigenes Erkenntnisinteresse an dieser spezifischen Phase der Lehrerbildung gar nicht erst entstanden, wenn ich nicht selbst einmal Lehrkraft im Vorbereitungsdienst für die Fächer Englisch und Biologie gewesen wäre. So erlebte ich selbst das Referendariat allerdings nicht als derart belastend, wie es in vielen Erfahrungsberichten und den (wenigen) vorliegenden Untersuchungen dargestellt wird. Vielmehr war es das Gefühl, „endlich“ in der Praxis angekommen zu sein, obwohl die Hälfte der Zeit weiterhin durch Prüfungssituationen und Ausbildung bestimmt war. Überraschenderweise verlief letztere in meiner persönlichen Wahrnehmung – und mit mittlerweile einigen Jahren Abstand und in dieser reflexiven Retrospektive – wenig formalisiert: Ich erlebte zwei sehr verschiedene Lehrerbildner in meinen beiden Fächern, die ausbildungsmethodisch-didaktisch kaum unterschiedlicher hätten sein können. Dies lässt sich zum einen sicherlich mit den unterschiedlichen Traditionen der Fächer begründen – die fachkulturellen Gegenstände und Methoden von Sprachen und Naturwissenschaften sind nunmal höchst divergent –, aber es war zum anderen eine sehr individuelle Überzeugung von Ausbildung, von inhaltlichen Schwerpunktsetzungen in der Interaktion mit den Referendarinnen und Referendaren und ebenso eine jeweils abweichende Bewertungs- und Gesprächspraxis in Unterrichtsnachbesprechungen, die ich im Nachhinein (und auch währenddessen bereits) derart bemerkenswert fand, dass es gerade diese Gruppe der Ausbilderinnen und Ausbilder ist, die mich in dieser Arbeit als Forschungssubjekte besonders interessiert. Dass es (bislang) zu keinem Vergleich von verschiedenen Fächern gekommen ist, sondern dass ich mich hier (zunächst) auf die Handlungspraxis und Ausbildungsdidaktik der Ausbildungskräfte in den Fremdsprachen konzentriere, ist dabei sowohl aus forschungspragmatischen und organisatorischen Gründen heraus zu sehen, als auch aufgrund der Tatsache, dass hier explorativ zunächst überhaupt ein Einblick in diese spezifische Gruppe von Lehrerprofessionalisierenden gegeben werden soll unter den besonderen Umständen des Vorbereitungsdienstes zum einen, unter Berücksichtigung der fremdsprachendidaktischen Unterrichts- und Ausbildungsgegenstände zum anderen.

Obwohl man alleine eine solche Untersuchung als Habilitationsprojekt plant, durchführt, Daten erhebt und sie in Ergebnisse und Diskussionen münden lässt, ist ein solches Projekt ein Unterfangen, an dem man nicht alleine beteiligt ist. Danken möchte ich daher an dieser Stelle zuerst ganz ausdrücklich den Ausbilderinnen und Ausbildern, die durch ihre Bereitschaft und Offenheit, an dieser Studie durch ihre Interviewteilnahme mitzuwirken, diese Untersuchung erst möglich gemacht haben.

Darüber hinaus gilt großer Dank meinen Hauptbetreuern, Frank G. Königs und Uwe Hericks, die mit ihrem Input, kritischen Fragen und offenen Ohren den gesamten Forschungsprozess konstruktiv begleitet haben. Leider hat Frank Königs den offiziellen Abschluss des Habilitationsverfahrens nicht mehr erlebt. Die Zusammenfassung der externen Gutachten zu dieser Arbeit war eine seiner letzten offiziellen Amtshandlungen für die Philipps-Universität. Seine offene und besonnene Art sowie sein Einsatz für das Fach, seine Mitarbeiter*innen und Studierenden werden mir immer ein Vorbild sein.

Für Inspiration und Feedback in wissenschaftlicher Hinsicht danke ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bildungsgangkolloquiums. Ivo Steininger, Bianca Roters sowie Julia Fritz bin ich sehr dankbar für die „kollegiale Fallberatung“ sowie insbesondere Julia für den produktiven Austausch und das gemeinsame Grübeln im Rahmen unserer zahlreichen Interpretationswerkstätten zur Dokumentarischen Methode.

Den wunderbaren Kolleginnen und Kollegen am Informationszentrum für Fremdsprachenforschung in Marburg (IFS) gilt ganz ausdrücklich Dank für die mentale Unterstützung (und Ablenkung), außerdem für die Hilfe – auch hinsichtlich meiner vielen parallel laufenden Projekte – meinen studentischen Hilfskräften in Marburg sowie (seinerzeit) meiner Mitarbeiterin Angelika Raster in Regensburg.

Auch zu Dank verpflichtet bin ich den Mitgliedern der Habilitationskommission sowie den extern Begutachtenden und den Mitgliedern des Fachbereichsrats am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität Marburg, die über die Annahme der Habilitationsleistung sowie die Erteilung der Lehrbefugnis letztgültig entschieden haben.

Und zuletzt möchte ich mich bei meiner Frau Carolin bedanken. Interessanterweise fiel ihr eigener Vorbereitungsdienst in die Phase meiner Untersuchung – ein nicht unwesentliches Detail, das zu den ein oder anderen erheiternden wie einsichtsvollen Diskussionen in den vergangenen Jahren geführt hat. Ich bin ihr besonders dankbar dafür, dass sie mich einerseits immer wieder entbehren muss(te), mich andererseits dennoch jederzeit uneingeschränkt unterstützt, wo auch immer ich gerade bin. Das werde ich nie als selbstverständlich ansehen.

David Gerlach Marburg im Herbst 2019

1 Als Einleitung: (Fremdsprachen-)Lehrer*innenbildung aus Sicht der „Betroffenen“

Nichts scheint zu funktionieren. Die Referendarin, frustriert vom Lärm in ihrer Klasse, sagt schon länger nichts mehr. Sie steht auf und beginnt langsam, etwas an das Whiteboard zu schreiben. Nach und nach wird es ruhiger, als wären die Schülerinnen und Schüler zunehmend gespannt, was von der Lehrerin notiert wird. Sie schreibt: „Manchmal weiß ich kaum, was ich machen soll.“ Dann setzt sich die Referendarin mit dem Rücken zur Klasse gewandt auf das Pult. – Es folgt eine Umblende auf den Schulflur, in einer Ecke steht ein Terrarium, offensichtlich mit lebenden Tieren, denn: Ein Hamsterrad dreht sich. Die Nahansicht offenbart, dass es sich um Spitzmäuse handelt. Sie sitzen leicht schreckhaft im Futternapf. Und im Hamsterrad drehen sie ihre Runden …

Der Beruf des Lehrers und der Lehrerin steht, auch aufgrund eines erhöhten Bedarfs an Lehrkräften in vielen Bundesländern, aktuell unter besonderer medialer Beobachtung. Wenn ein Dokumentarfilm mit dem Titel Zwischen den Stühlen (vgl. Schmidt 2016), aus dem die oben geschilderte Szene stammt, im Jahr 2017 ein großes mediales Echo und hohe Besucherzahlen nach sich zieht, bedeutet dies, dass ein gewisses gesellschaftliches Interesse – vielleicht auch mit einer Prise Schaulust versetzt – für (angehende) Lehrkräfte und die Unwägbarkeiten ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit besteht. Interessanterweise ist dieses gestiegene Interesse nicht nur gesellschaftlich-medial zu beobachten, wenn man die einschlägigsten Tages- und Wochenzeitungen durchblättert: Insbesondere seit der Jahrtausendwende ist ein immenser Zuwachs an Forschung hinsichtlich der Frage zu beobachten, was eine (gute) Lehrkraft ausmacht und wie Lehrerinnen und Lehrer1 „professionalisiert“ werden können (vgl. z.B. Baumert/Kunter 2006, Hattie 2009, Helmke 2015). In der empirischen Bildungswissenschaft und Schulpädagogik sind hier Strömungen beobachtbar, die in Forschungsparadigmen entsprechende Schwerpunkte legen und damit den Beruf der Lehrkraft, ihre Werdung, Wirkung und Qualität bzw. Optimierung zu beschreiben versuchen (vgl. Abel/Faust 2010, Terhart 2011; s. auch Kapitel 2). Ebenfalls die fachliche bzw. fachspezifische Dimension wird zuletzt für Forschende zunehmend interessant: Die einzelnen Fachdidaktiken stehen gewissermaßen unter einem Legitimationsdruck, Konzeptualisierungen einer eigenen fachdidaktisch ausgeschärften Professionsforschung vorzulegen – sowohl mit explorativen Vorhaben, die die fachdidaktische (Unterrichts-)Praxis zu beschreiben versuchen, als auch die Entwicklung von Empfehlungen, Kompetenzen und Standards, die die Profession „Fachlehrer*in“ in ihrer Spezifik beschreib- und damit mittelfristig professionalisierbar machen.

Bei der Forschung zur Lehrerbildung geht es damit nicht selten um bestimmte Strukturen in den lehrerbildenden Phasen, die in den deutschen Systemen prägend sind, seien sie im Hochschulbereich oder im Referendariat verankert, im Berufseinstieg oder im Fortbildungsbereich. Jedoch: „Weitgehend ungeklärt ist, was Studium und Referendariat im Einzelnen leisten und wo deren Grenzen liegen.“ (Cramer 2012: 59) Auffällig ist, dass insbesondere zum Referendariat, welches – auch durch oben medial wirksame Dokumentarfilme, aber ebenso in Erzählungen und durch Hörensagen Dritter – mitunter als „Horror“ von den Betroffenen charakterisiert wird, kaum Forschung vorliegt (vgl. Kapitel 4). Erst zuletzt wurde in einer der wenigen größeren Untersuchungen der Eintritt der Studienabsolvent*innen in den Vorbereitungsdienst gar mit einer Parabel von Kafka umschrieben, dessen Maxime ungefähr gedeutet werden muss wie: „Passe Dich möglichst schnell an die geforderten Erwartungen an!“ (Munderloh 2018: 9) Der Vorbereitungsdienst wird daher – auch von Seiten der Forschung – als Sozialisations- oder (stärker negativ konnotiert) als (nötiger) Anpassungsprozess charakterisiert, dem zwar ein starkes und weiterhin wachsendes Interesse an Lehrerprofessionalisierung generell gegenübersteht – nur über die Effekte des Vorbereitungsdienstes als vermeintlich prägendster Phase weiß man im Grunde genommen weiterhin kaum etwas. Und trotzdem finden sich Strukturen des Referendariats in fast allen deutschen Bundesländern als sogenannter zweiter Phase der Lehrerbildung wieder.

Der Begriff „Lehrerbildung“ ist dabei nicht unproblematisch: Primär die erste Phase vereinnahmt diesen Begriff für sich, spricht sich in einer akademischen Orientierung gegen den Begriff der „Lehrerausbildung“ aus, wohingegen der Diskurs der zweiten Phase primär vom Ausbildungsbegriff geprägt ist: Personen, die „Professionalisierenden“, übernehmen hier ganz explizit die Verantwortung für Ausbildung und Professionalisierung über einen längeren Zeitraum. Mit den „auszubildenden“ Lehrkräften geschieht aktiv etwas, ein Prozess, der im Hochschulbereich aufgrund der Vielzahl von zu absolvierenden Lehrveranstaltungen noch vergleichsweise diffus, latent eigengesteuert und vereinzelt bleibt. Damit verlangt man von Lehramtsstudierenden ein hohes Maß an Autonomie und Selbstlernen, während im Vorbereitungsdienst dies von Lehrerbildner*innen stärker gesteuert zu sein scheint. Ist Professionalisierung im Studium damit (trotz Bologna) ein selbstgesteuertes Lernen, das sich im Vorbereitungsdienst qua Struktur in ein instruktionsgesteuertes verwandelt? Welche Bedeutung kommt dann den Ausbilderinnen und Ausbildern zu, die für die inhaltliche Ausgestaltung, Beratung und Bewertung der angehenden Lehrkräfte2 maßgeblich verantwortlich zeichnen? Wie gehen sie selbst mit den Anforderungen und formalen Vorgaben um, die an sie gestellt werden? Woran orientieren sie sich?

1.1 Erkenntnisinteresse und Relevanz des Forschungsvorhabens

Laut einer Definition der Europäischen Kommission (2013) sind der Gruppe der Lehrerbildner*innen all die Personen zuzurechnen, die formelle oder informelle Lerngelegenheiten für angehende Lehrkräfte bzw. Lehrerinnen und Lehrer in Ausbildung schaffen (vgl. auch Snoek/Swennen/van der Klink 2011). Ein Ausbilder, der Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer1 im Vorbereitungsdienst, der zweiten Phase in der deutschen Lehrerbildung, über 21 Monate begleitet und betreut, sagt im Interview mit mir zu seinem Aufgabenbereich und seinen Referendar*innen:

Also, es/ es/ es GIBT manchmal Referendare, wo man, al/, nicht oft, aber manchmal habe ich welche gehabt, wo ich dann gesagt habe, hier (..) möchte ich eigentlich meinen Sohn nicht als Schüler drin sitzen sehen. Ähm. In der Regel, weil FACHLICH, aber was noch viel schlimmer ist, wenn/ wenn ähm, wenn die menschliche Seite nicht stimmt. Wenn die Beziehungsebene nicht da ist. Aber das ist durchaus eher SELTEN. [Bastian Schmidt, Zeilen 291-297]

Dieses – zugegebenermaßen nicht unproblematische – Beispiel, zeigt, worum es in dieser Arbeit gehen soll. Ausbildungskräfte im Vorbereitungsdienst beurteilen ihre angehenden Lehrkräfte hinsichtlich bestimmter Kompetenzen oder Wissensbestände, durchaus jedoch ebenfalls auf Ebenen von Persönlichkeits- und Beziehungsstrukturen. Ungewiss ist, an welchen Stellen diese Beurteilungsmaßstäbe und Orientierungen wirksam werden – ein Sachverhalt, der vielen Referendarinnen und Referendaren große Schwierigkeiten im Zuge ihres Vorbereitungsdienstes bereitet (s. Kapitel 4). Interessant ist daher, wie Ausbilderinnen und Ausbilder ihre Tätigkeit wahrnehmen, intervenieren, in bestimmte Richtungen beraten – und zwar als vom System bestellte Ausbilderinnen und Ausbilder für Fremdsprachen, um die es hier gehen soll, die möglicherweise kaum dazu kommen, fremdsprachendidaktische Akzente zu setzen, da andere Schwerpunkte seitens der Referendarinnen und Referendare relevant gesetzt werden. Indem wir mehr über das Handeln der Ausbildungskräfte erfahren, besteht die Chance, einen Einblick in Strukturen und Inhalte des Vorbereitungsdienstes aus einer anderen Perspektive zu gewinnen. Wo sich Forschung zu Referendarinnen und Referendaren primär auf Belastungsfaktoren, zuletzt verstärkt ebenso auf Kompetenzentwicklung und Professionalisierung bezieht (s. Kapitel 4), steht die Vermutung im Raum, dass Ausbilderinnen und Ausbilder sowohl für die Belastung wie auch die Professionalisierung der LiV verantwortlich sein könnten. Und obwohl man mit solchen Kausalzusammenhängen natürlich vorsichtig sein muss, sollte man dieser These zumindest näherungsweise nachgehen und überhaupt mehr darüber erfahren wollen zur Frage – und das soll das hier schlicht zusammengefasste Erkenntnisinteresse dieser Arbeit sein:

Was machen Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildner im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte?

Die fachliche Eingrenzung ist dabei nicht irrelevant: Die Andeutung oben, dass mittlerweile zahlreiche Fächer unter einem gewissen Druck stehen, professionstheoretische Erkenntnisse zu liefern, hat sich aufgrund größerer empirischer Untersuchungen zunächst in der deutschen Mathematikdidaktik (vgl. Kunter et al. 2011) sowie in Deutsch und Englisch (vgl. Blömeke et al. 2011) prominent niedergeschlagen. Weitere fachspezifische Konzeptualisierungen, insbesondere von fachdidaktischem Professionswissen (vgl. Krauss et al. 2017) folgten. Auch in der Fremdsprachendidaktik lässt sich in den vergangenen 15 Jahren ein starkes Anwachsen an theoretischer wie empirischer Forschung beobachten, die Fremdsprachenlehrerprofessionalität und -professionalisierung beschreib- respektive förderbar machen möchte (vgl. Kapitel 3). Dies ist damit von besonderer Bedeutung für diese Arbeit, denn zum einen interessiert mich – in einer zunächst theoretischen Perspektive – die komparative und in sich ergänzende, sich manchmal nur auf den ersten Blick ausschließende, Betrachtung dominierender Strömungen professionstheoretischer Ansätze in der Schulpädagogik im Vergleich zu Ansätzen fachdidaktischer Professionsforschung in der Fremdsprachendidaktik. Dies macht es daher nötig, die einschlägigsten Strömungen, Konzepte und Ansätze in den nächsten Kapiteln darzustellen und damit potentiell vergleichbar zu machen, selbst wenn sie im späteren Verlauf gegenstandsbezogen und methodisch-methodologisch für das Forschungsvorhaben möglicherweise eher in den Hintergrund treten.2

Wenn in der vorliegenden Studie explorativ auf das Handeln von Ausbildungskräften im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst fokussiert wird, ist dies demnach immer vor der theoretischen Folie von schulpädagogischer wie auch fremdsprachendidaktischer Professionsforschung zu sehen. Die vorzustellenden Erkenntnisse sollen in empirischer wie theoretischer Hinsicht Anregungen zur Weiterentwicklung in beiden Feldern bieten. Schließlich können die beforschten Untersuchungssubjekte als Gestaltende von Fremdsprachenlehrerbildung gesehen werden in einer Phase, zu der sowohl in schulpädagogischer wie fremdsprachendidaktischer Hinsicht noch kaum Erkenntnisse vorliegen.

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