Kitabı oku: «Seewölfe Paket 13», sayfa 28

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7.

Schlagartig erhoben sich brüllend und kreischend die „Toten“ und Verwundeten. Auf dem Deck wurde es quicklebendig, und dann begann ein Tänzchen, an das etliche noch lange denken würden.

Das Mißtrauen war nicht eingeschlafen, und so achtete jeder von ihnen auf die kleine Bewegung. Als die ersten Hingestreckten aber blitzartig in die Höhe schnellten, war die Lage augenblicklich klar, und die Seewölfe sprangen zurück.

Krugers Schlag ging ins Leere, und er war darüber so verwundert, daß Hasard Zeit hatte, seinen Degen zu ziehen und in die linke Hand sein Entermesser zu nehmen.

Kruger brüllte und sprang ihn erneut an, aber jetzt geriet der Holländer an einen erstklassigen Kämpfer, an einen reißenden wilden Wolf, der den zweiten Hieb blitzschnell parierte.

Der Kampf entbrannte an allen Stellen zugleich, und Hasard zeigte sich dem Holländer von seiner härtesten Seite.

Er parierte den dritten und vierten Schlag, und auf seinem Gesicht lag dabei ein gefährliches Lächeln, während die Augen eiskalt blickten.

Kruger schlug mit beiden Händen zu. Der Seewolf fing den Schlag ab, mit gekreuzten Klingen, indem er Degen und Entermesser über Kreuz hielt. Kaum war der Hieb abgeblockt, schlug Hasard mit dem Degen zu, narrte seinen Gegner und stach mit der linken Hand zu. Das Entermesser verfehlte Kruger nur ganz knapp, der jetzt entsetzt zurückwich und sich fragte, mit was für ausgekochten Teufeln er es wohl zu tun hatte.

Obwohl er ein guter, schneller, wendiger, aber auch brutaler Kämpfer war, fühlte er sich nach den ersten Hieben hilflos wie ein Kind, denn der Seewolf spielte ihm jetzt auf, wütend darüber, von den Kerlen hereingelegt worden zu sein.

Die Klinge zuckte vor, Kruger sprang fluchend zurück, hielt den Säbel abwehrbereit, um sich zu verteidigen, sah dann das Entermesser dicht vor seinem Gesicht und wich aus. Da erwischte ihn der Degen, schlitzte ihm das Hemd auf, zog ihm eine lange feurige Spur über die Brust.

Hasard trieb ihn immer weiter, dann zuckte seine Rechte von unten nach oben vor. Er tat so, als schleuderte er links das Messer und wartete, bis dieser Schnapphahn darauf hereinfiel.

Ein zweiter Streich riß dem Kerl den Säbel aus der Hand. Er beugte sich über das Schanzkleid, riß die Augen auf und erwartete den Todesstoß, als Hasard ihm die Degenspitze an den Hals setzte.

„Verdammt“, flüsterte er, tödlich erschrocken.

„Gib mir ganz vorsichtig den Belegnagel an deiner linken Seite“, befahl der Seewolf. „Ganz vorsichtig, sonst scheint die Sonne durch deine verdammte Gurgel!“

Krugers Hand streckte sich aus, bis er den Belegnagel faßte und ihn mit spitzen Fingern herübergab.

„Dreh dich um, du verlauster Mistkerl!“

Krugers Gesicht war in Schweiß gebadet. Mit verkniffenem Mund drehte er sich gehorsam um.

Dann schien ein ganzes Faß Schießpulver in seinem Schädel zu explodieren, und er fiel wie ein nasser Sack auf die Planken.

Gerade rechtzeitig, denn als Hasard herumfuhr, griff ihn ein fauchender, brüllender Kerl an, der eine umgedrehte Muskete in den Händen schwang und sie wie einen Dreschflegel handhabte.

Hasard wich zurück, duckte sich, wich dem Schlag aus und zog dem Kerl in gebückter Haltung den Degen quer über die Beine. Der brüllte noch lauter, schrie wie am Spieß und hüpfte durch die Kuhl.

Den Rest besorgte eine knallhart geschlagene Rechte, die den Angreifer hochhob und dann zurücktrieb. Noch im Fallen spie er ein paar Zähne aus.

Der Seewolf suchte seinen nächsten Gegner und fand ihn. Aber der bezahlte seinen Kampf mit dem Leben, und damit hatten sie den ersten echten Toten an Bord, denn jetzt gab es kein Halten mehr.

Carberry ging in Deckung, aber nicht, weil ein dunkelblonder Kerl auf ihn eindrang, sondern weil er sah, daß Ferris Tucker von der „Isabella“ aus eine seiner berüchtigten Höllenflaschen in Richtung Vorkastell schleuderte, wohin sich ein paar Holländer zurückgezogen hatten.

Die Explosion riß das Vorkastell zu einem Stück auf. In dem gezackten Loch gingen drei oder vier Mann sang- und klanglos, als hätte sich die Erde geöffnet, unter und verschwanden in den tiefer gelegenen Räumen.

Carberry kämpfte mit Zantkuyl, zwei andere hatte er in seiner harten trokkenen Art bereits wie junge Bäume geknickt, und jetzt war der herkulisch gebaute Holländer an der Reihe.

Für den Profos bedeutete diese Keilerei eine hochgeschätzte Abwechslung, er liebte es geradezu, sich wieder einmal austoben zu können. Seine Faustschläge würzte er mit deftigen Flüchen, und so hörte der schon halb zusammengeschlagene Zantkuyl schon zum dritten Mal Carberrys Lieblingssprüche. Er wußte jetzt, daß er eine verlauste Sieben-Provinzen-Kakerlake war, und daß ihm gleich die Haut in Streifen von seinem verdammten Affenarsch abgezogen würde.

Jeder Schlag den Ed in ihn hineinhämmerte, bereicherte den Wortschatz des Holländers, nur war er nicht mehr in der Lage, die üblen Wörter auch zu behalten, denn der Profos prügelte sie ihm gleich wieder aus dem Schädel.

Als „aufgebraßtes Bilgenschwein“ ging er schließlich zu Boden, und das war vorerst das letzte Wort, das er für lange Zeit hörte, denn der Profos brachte schon wieder dem nächsten Englisch bei.

Neunzehn Mann hatten sie an Deck gezählt, drei weitere waren noch aus einem Niedergang erschienen, und einer war aus seinem Versteck gesprungen. Das waren dreiundzwanzig gegen acht, und sonst hatte das den Holländern immer gereicht.

Diesmal reichte es ihnen nicht, denn von den dreiundzwanzig waren nur noch elf auf den Beinen, und die wurden von Batuti, Smoky, Matt Davies und den anderen erbarmungslos zusammengedroschen.

Dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte. Nicht nur, daß Big Shane hämmerte, als stünde er an seinem Riesenamboß auf der Feste Arwenack und schmiede Eisen. Die Überraschung erfolgte in anderer Gestalt.

Old O’Flynn, dem vor Wut und Ärger fast der Gaul durchging, weil er hilflos mit ansehen mußte, wie die Holländer über die Seewölfe herfielen, hatte seinen einsamen Entschluß gefaßt.

Er, der alte verwitterte Mann mit dem Holzbein, grapschte voller Wut nach einem Fall, schätzte die Entfernung ab, nahm humpelnd Anlauf und schwang sich dann hinüber wie ein Junger.

Sein vorgerecktes Holzbein säbelte den ersten Mann um, und kaum stand der Alte zornbebend an Deck, da schlug er auch schon zu. Er wirkte auf die Kerle demoralisierend und sah aus wie ein echter Pirat mit seinem Holzbein, seinem grimmigen Gesicht und den knochenharten und schnellen Fäusten.

Old O’Flynn war keinesfalls der alte Spökenkieker und Gespensterseher, er zeigte den Kerlen, wie die O’Flynns ranzuklotzen pflegten, auch wenn sie alt wie Methusalem waren.

Dann wagte einer der Holländer, auf den Alten mit der Pistole zu feuern, und als Old O’Flynn das Blei an seinen grauen Haaren vorbeijaulen hörte, ging ihm der Gaul durch.

„Ar-we-nack!“ brüllte er donnernd, und dieser altbekannte Schlachtruf ließ die „Goekoop“ bis in die letzte Planke erzittern, denn jetzt fielen auch die anderen ein, und die restlichen Männer von der „Isabella“ schmetterten ebenfalls ihr „Ar-we-nack!“

Dieses wilde Gebrüll trieb die letzten noch kämpfenden Holländer auseinander. Einige flüchteten nach achtern, doch einer lief voller Angst dem alten O’Flynn genau vor die Fäuste.

„Willst dich wohl verdrücken, du Hurenbock, was?“ brüllte der Alte. „Aber dich werd ich lehren, harmlose Seepilger zu belästigen!“

Mit seinem Holzbein trat er dem Mann vors Schienbein, und als der schmerzhaft den Schädel vorstreckte, knallten ihm O’Flynns Fäuste von zwei Seiten gleichzeitig auf die Ohren.

Der Holländer war nach dem ersten Schlag stocktaub, das Gebrüll um ihn herum war vergangen, und tiefe Stille erfüllte ihn. Außerdem verlor er ein wenig das Gleichgewicht und taumelte.

Was der alte einbeinige Pirat zu ihm sagte, hörte er nicht, er sah nur die sich bewegenden Lippen des alten Burschen, und als er einmal nickte, da fuhr ihm etwas ins Gesicht, das seine Nase bis zu den Augen drückte und ganz schief werden ließ.

„Auch noch rotzige Antworten geben!“ empörte sich der Alte. „Das hab ich gern von diesen grünen Heringen. Aber warte nur, du ungewaschenes Rübenschwein, du zeigst noch Respekt vor dem Alter.“

Ein harter Schlag fegte den jungen Holländer über das Deck. Zwei eisenharte Fäuste rissen ihn wieder hoch, und dann gab ihm Old O’Flynn den „dänischen Kuß“, indem er seinen eigenen Schädel dem Holländer ins Gesicht rammte.

„Lausige Brut!“ kreischte er dabei. „Rattenpisser, Nachttopfsegler, Käsefresser! Und da, und da, und da! Und merk dir meinen Namen gut, du verwanzte Kakerlake. Ich bin der alte O’Flynn, und wo der hinschlägt, da pfeift keine Ratte mehr.“

Der Pirat hörte ihn nicht mehr, er war schon in das Reich der Finsternis abgeentert, wo es keine O’Flynns gab und er vorerst seine Ruhe hatte.

Aber der Alte grummelte weiter, schimpfte und fluchte wie in seinen besten Tagen und wunderte sich nur, daß es inzwischen so ausgesprochen ruhig geworden war.

Da hörte er Gelächter, erst zaghaft, dann immer lauter, und schließlich brüllten Carberry, Smoky und ein paar andere vor Lachen und hielten sich die Bäuche.

Old O’Flynn sah sich ernüchtert um. Die Holländer lagen wie hingemähtes Getreide auf den Planken, und jene, die noch bei Bewußtsein waren, wagten nicht, sich zu rühren.

Genaugenommen sah das Schiff aus wie zuvor, nur daß die drei anderen Kerle ebenfalls flach lagen.

„Was gibt es da bloß zu lachen, ihr lausigen Kanalratten?“ wetterte der Alte. „Glaubt ihr etwa, ich sehe solcher Heimtücke gelassen zu, ihr verwanzten Trolle! Da nahm ich solche Kerle ganz allein auseinander, und der Rest der Mannschaft hockte da, und ließ sich nicht mal beim Essen stören. Die wußten, daß Donegal das schafft, und haben sogar ihr Nickerchen gehalten, während ich die anderen rasierte.“

Selbst der Seewolf lachte. Die Schlacht war geschlagen, und er klopfte dem Alten begeistert auf den Rücken.

„Niemand hat über dich gelacht, Donegal“, sagte er ehrlich. „Wir lachten nur über deine Ausdrücke und das entsetzte Gesicht dieses Piraten. Du hast wie der Leibhaftige gewütet.“

„Ich kann solche Heimtücke nicht ausstehen“, brummte Donegal verärgerte. „Diese hinterhältigen Lausekerle gehören gedengelt und gedachtelt wie alte Sensen, und das habe ich auch getan.“

Old O’Flynn war so in seinem Element, daß er lebhaft bedauerte, keinen gehfähigen Gegner mehr zu sehen.

„Lumpenpack“, sagte Hasard grimmig und zog Kruger an den restlichen Lappen seines Hemdes von den Planken. Der Kapitän war wieder bei Bewußtsein und blutete aus mehreren Wunden.

„Lumpenpack“, wiederholte er. „Ihr und ehrliche Kaufleute! Schnapphähne seid ihr, marodes Gesindel, und ich wette um mein sauberes Schiff, daß ihr euch mit den Türken angelegt und dabei den Kürzeren gezogen habt. Ist es so?“ schrie er den Mann an.

„Ja, so war es, Sir“, ächzte Kruger. „Wir griffen zu einer List, wir wollten euch nicht töten.“

„Erzähl das des Teufels Großmutter, du Strauchdieb.“

Der Kutscher, der sich ebenfalls mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit und Ausdauer am Kampf beteiligt hatte, deutete auf die auf den Planken liegenden Kerle.

„Sollen wir die verarzten, Sir?“

„Bist du verrückt?“ fragte Hasard grob. „Hier hört meine verdammte Humanitätsduselei aber endgültig auf. Die Kerle sollen sich gegenseitig mit dem Degen operieren oder Salz in ihre Wunden streuen, mir ist das egal. Wir überlassen sie ihrem Schicksal. Und wer sich von euch Bastarden noch einmal rührt oder nur schief das Maul verzieht, der wird den Tag seiner Geburt einschließlich seiner Eltern verfluchen.“

Die schwer angeschlagenen Piraten verhielten sich mucksmäuschenstill, denn sie hatten diese Teufel kämpfen sehen, und von denen waren nur ein paar geringfügig verletzt.

Nur Henk Krugers Augen wurden plötzlich rund und groß, während er daran dachte, daß sie noch nie in ihrem Leben so schnell untergegangen waren.

„Jetzt weiß ich, wer Ihr seid“, sagte er erschauernd und spürte, wie ihm eine Gänsehaut über den Rücken rann. „Ihr seid jener Killigrew, den man den Seewolf nennt. Ogottogott, auf was haben wir uns da nur eingelassen!“

„Das hättest du Rübenschwein dir früher überlegen müssen“, fuhr ihn Carberry an. „Und jetzt segelt zum Teufel, ihr Kakerlaken!“

Kruger entschuldigte sich wortreich, aber der Seewolf wollte nichts mehr hören. Dann jedoch blickte er den Kerl noch einmal an und entsann sich, daß er selbst ja auch schon zu ähnlichen Listen gegriffen hatte, um Spanier zu überrumpeln.

Konnte er dem Holländer den Trick verübeln, wenn der hier mit seiner zerschossenen Galeone trieb?

Eigentlich nicht, dachte er, aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Sie hatten ihre Herausforderung mit zwei Toten bezahlt, und das würde ihnen reichen, denn sie fuhren ohnehin stark unterbemannt und waren jetzt nur noch zwanzig oder einundzwanzig.

Als Hasard sich wortlos abwenden wollte, erklang von der „Isabella“ ein Ruf aus dem Mars von Bill.

„Ein Dutzend Schiffe!“ brüllte er laut. „Sie haben Kurs auf uns!“

Henk Kruger schloß sekundenlang die Augen.

„Mein Gott“, sagte er gepreßt und starrte auf die blutenden Striemen auf seiner Brust. „Das sind die Türken, und bei denen haben wir noch was offen. Die geben uns jetzt den Rest, und keiner von uns wird es überleben.“

„Wir schon“, sagte der Seewolf kalt, „denn wir segeln jetzt munter weiter. Seht zu, wie ihr mit den Kerlen fertig werdet!“

Aber da meldete sich wieder sein verdammter innerer Schweinehund der ihn ganz vorsichtig fragte, ob er die Schnapphähne wirklich ihrem Schicksal überlassen wolle. Die Türken würden sie mit Genuß umbringen, einen nach dem anderen, und es würde ein verdammt grausamer Tod werden.

Etwas Ähnliches las Hasard auch in den Augen des Profos, der anschließend verlegen zu Boden blickte.

„Ja, ich weiß schon“, murmelte er düster. „Jetzt können wir diesen lausigen Galgenvögeln auch noch helfen. Eine verrückte Welt ist das, eine elend verrückte!“

Das Dutzend türkischer Schiffe segelte auf. Sie hatten die Explosion und das Knallen der Pistolen gehört, und sie hatten ihren entwischten Gegner wieder entdeckt.

Gleich würde es hier ein Gemetzel geben, gegen das die Schlägerei eben nur ein harmloses Tänzchen war.

Eine Entscheidung mußte getroffen werden.

8.

Merkwürdig, aber Hasard war diesem schwer angeschlagenen Haufen elend herumhockender Kerle gar nicht mehr so richtig böse. Sein erster Zorn war verraucht, und er verfluchte sich selbst deswegen.

Gut, diese Burschen waren Piraten, aber sie waren Holländer, und die Männer der Sieben Provinzen waren nicht unbedingt die übelsten, von einigen Ausnahmen abgesehen.

Er schaute sich die ramponierten Kerle noch einmal an. Erwischten die Türken sie, dann kriegten sie alle verdammt lange Hälse und starben einen qualvollen Tod.

Da sah Henk Kruger den Seewolf an. Auf seinem verschrammten Gesicht erschien ein zaghaftes Grinsen.

„Verdammt, Sir“, sagte er, und diesmal meinte er es aufrichtig, „wir sind Mistkerle, das ist wahr, bei Gott. Es tut mir ehrlich leid, daß ich euch überfallen habe. Gut, in Zukunft habt ihr von uns keine Heimtücke mehr zu befürchten, denn jetzt verhökern wir unsere Seelen an die Türken. Segelt schnell davon, Sir, sonst erwischen sie Euch. Wir halten sie solange auf und verwandeln unseren Kahn in einen Brander. Ich heiße übrigens Henk Kruger, Sir, und nicht Tromp.“

Das gab für Hasard endgültig den Ausschlag.

„Hör zu, du alter Gauner“, sagte er ruhig. „Du wirst jetzt deine verdammten Schlafmützen hochpurren und die Stückpforten öffnen. Und dann klotzen wir gemeinsam rein.“

„Ihr wollt uns helfen?“ fragte Kruger ungläubig. „Nein, Sir, das kann ich nicht annehmen. Die Türken haben ein Dutzend Schiffe. Dagegen sind wir machtlos. Es ist besser, einer von uns beiden überlebt, und ihr habt das wirklich verdient.“

„Quatsch nicht so viel!“ sagte Hasard grob. „Sonst ziehe ich dir den nächsten Belegnagel über den Schädel.“

Kruger grinste wieder, dann scheuchte er mit einer Handbewegung seine Leute hoch, die sich stöhnend und ächzend erhoben. Die Lektion, die sie von den Seewölfen bezogen hatten, war nicht von schlechten Eltern gewesen. Die meisten hatten Zahnschmerzen, einige konnten den Kopf kaum noch drehen, und ein paar andere taumelten über die Kuhl, als wären sie stark betrunken.

„Los, haut jetzt ab“, sagte Hasard. „Ihr segelt gefechtsbereit voraus, wir folgen und halten die Meute etwas auf. Gegen ein Dutzend Türken zu kämpfen wäre heller Wahnsinn, das überstehen auch wir nicht. Segelt dem Teufel ein Ohr ab, mehr kann ich euch nicht raten. Vielleicht schaffen wir es.“

„Aye, aye, Sir“, sagte Kruger tief beeindruckt, und unwillkürlich ordnete er sich der Autorität des Seewolfs unter.

„Wir entern ab“, sagte Hasard. „Kurs auf die Küste des Libanon.“

Auf der „Isabella“ hatte man das meiste verstanden, und die an Bord verbliebenen Seewölfe sahen zu ihrem größten Erstaunen, daß sich die Sache gewendet hatte, und schoben das auf die heransegelnden Türken.

Das Geschwader aus kleineren und mittelgroßen Schiffen fächerte auf und bildete eine Phalanx, die von zwei Seiten ihren Gegner in die Zange nehmen konnte.

Krugers zerschlagene Kumpane setzten bereits die Segel, während die Seewölfe in das Boot stiegen.

„Das stinkt mir irgendwie“, sagte der Profos. „Immer sind wir es, die den anderen die Windeln wechseln. Geriet dieser lausige Francis Drake in Bedrängnis, dann halfen wir ihm. Sind diese verwanzten Piraten in Not, dann ist die ‚Isabella‘ zur Stelle und haut die Kerle aus dem Gröbsten heraus.“

„Willst du sie den Türken überlassen, Ed?“ fragte Hasard.

„Nein, aber es stinkt mir trotzdem, Sir.“

„Mir auch.“

Der Wind war nicht mehr als eine gute Brise, und so dauerte es noch eine Weile, bis die Türkenflotte besser zu erkennen war. Ein paar Schiffe waren dabei, die weit hinter den anderen segelten, kleine plumpe Dinger, aber auch zwei schnellsegelnde Schebecken waren darunter, die einen ganz beträchtlichen Vorsprung heraussegelten.

Bis sie auf Schußweite heran waren, würde etwa eine Stunde vergehen, schätzte Hasard, aber in dieser Zeit hatte selbst die angeknackste Galeone des Holländers einen Vorsprung herausgeschunden.

Die „Goekoop“ nahm langsam Fahrt auf, als auf der „Isabella“ die ersten Segel gesetzt wurden.

Al Conroy, die Zwillinge und alle die, die beim Segelsetzen nicht unbedingt gebraucht wurden, öffneten die Stückpforten, schleppten aus der Pulverkammer Kugeln und Pulver herbei und legten Wischer, Ladeschaufeln und Ansetzer bereit.

Die Culverinen waren geladen und brauchten nur noch ein letztes Mal überprüft zu werden. Der alte Segelmacher Will Thorne kontrollierte alles und sah auch noch einmal die Drehbassen nach.

Inzwischen hatte die „Goekoop“ einen Vorsprung von etwa drei Kabellängen, und Ferris Tucker sah ihr düster hinterher.

„Ich werde das dumme Gefühl nicht los, daß sich diese Kerle jetzt den Teufel um uns scheren“, sagte er zu seinem Freund Carberry. „Die hauen ab und sind froh, daß sie mit einigermaßen heiler Haut entwischen und sich verholen können.“

„Eigentlich habe ich den Eindruck nicht“, widersprach der Profos. „Aber wir haben uns schon oft in solchen Lausekerlen getäuscht. Und so angeschlagen, wie die Holländer sind, ist es für die Türken eine Spielerei, sie einzuholen.“

Ferris, der gerade aus der Pulverkammer an Deck geentert war, hielt zwei leere Flaschen in der Hand. Unter dem Arm hatte er sich ein Bündel Brandpfeile geklemmt, die immer dann von Batuti, Shane oder Al Conroy angefertigt wurden, wenn es auf der „Isabella“ kaum etwas zu tun gab.

„Was meinst du, Ed“, sagte er. „Wenn man anstelle von gewöhnlichem Schießpulver dieses griechische Teufelszeug in die Hohlschäfte der Brandpfeile füllt, müßte das doch weitaus verheerender wirken? Ebenso müßte es sich mit den Flaschen verhalten. Sobald sie detonieren, fliegen nicht nur die Splitter nach allen Seiten, sondern es breitet sich außerdem noch ein so gut wie unlöschbares Feuer an Deck aus. Ich glaube, ich werde es einmal mit dieser merkwürdigen Füllung versuchen. Al ist der gleichen Ansicht wie ich.“

„Du meinst das Zeug von diesem schlitzohrigen Händler? Na klar, das müßte gehen, Mann. Versuchen wir es doch mal.“

Ferris gab sich so gelassen, als sei hinter ihnen überhaupt nichts los, und füllte die Flaschen um. Die „Isabella“ war gefechtsbereit, und so ließ er sich in seiner Arbeit nicht stören. Noch waren die Türken nicht heran, und vor der einen Schebecke, die den anderen weit voraus war, fürchtete er sich nicht. Notfalls, so wollte er Hasard noch unterbreiten, mußten sie in letzter Konsequenz eben zu den chinesischen Brandsätzen greifen, ehe die Übermacht sie erdrückte.

Der Nachteil war nur der, daß diese Brandsätze jetzt endgültig zur Neige gingen, und sie wußten immer noch nicht, ob sie in der Lage waren, die Dinger nachzubauen. Sie hatten es einmal kurz probiert und einen der Brandsätze auseinandergenommen, aber bei dem Versuch war es geblieben, weil immer wieder etwas dazwischen kam.

Aber jetzt hatten sie als Ersatz das griechische Feuer, das ebenfalls auf dem Wasser brannte, und der Versuch würde zeigen, ob es sich so bewährte, wie der Händler behauptet hatte.

Auf dem Achterdeck starrte Hasard wieder durch das Spektiv.

„Diese Schebecke an Backbord wird versuchen, an uns vorbeizusegeln, weil sie am schnellsten ist“, sagte er. „Dann werden die Türken uns den Weg verlegen, und während wir mit der Schebecke beschäftigt sind, segeln die anderen auf und nehmen uns in die Zange. Dann sitzen wir prächtig mittendrin, und sie können uns von allen Seiten angreifen.“

„Sie ziehen sich noch weiter auseinander“, sagte Ben, der ebenfalls zur besseren Orientierung durch das Spektiv sah. „Aber das kostet sie Zeit, und wenn wir jetzt noch weiter nach Süden abdrehen, dann muß auch die Schebecke einen Bogen schlagen, und zwar einen weitaus größeren als wir.“

Noch lief die „Isabella“ fast Südostkurs, und die Schebecke versuchte in einer weiten Zangenbewegung, die beiden Galeonen zu umsegeln, um sie dann wie Schafe in die Phalanx zu treiben.

Das Manöver hatte der Seewolf längst durchschaut, aber er wollte die Schebecke noch weiter aufsegeln lassen, und erst später nach Süden abdrehen und einen Haken schlagen.

„Wie bringen wir das dem Kerl bei?“ fragte Hasard und deutete auf die lahme Galeone voraus.

Ben Brighton überlegte nicht lange.

„Noch segeln wir in seinem Kielwasser, Sir. Wenn wir abdrehen, wird er das ganz sicher auch tun. Für so dämlich, das zu begreifen, halte ich ihn eigentlich nicht. Wir können es ja einmal probieren. Wir drehen einen Strich nach Backbord, bleiben eine Weile auf dem Kurs, das wird auch gleichzeitig die Türken erstaunen, und gehen etwas später auf den alten Kurs zurück, um später dann auf Süd weiterzulaufen.“

„Ja, dann wissen wir, ob er es kapiert.“

„Einen Strich Backbord, Sir?“ fragte Pete Ballie. Der blonde, untersetzte Draufgänger grinste. Er stand fast ausschließlich am Ruder, wenn ein Gefecht zu erwarten war, und er hatte das richtige Gespür dafür, auch den kleinsten Wind optimal für die „Isabella“ auszunutzen. So blickte er mal auf den Kompaß und mal auf die Stellung der Segel oder verfolgte das Flattern des Flögels im Wind.

„Ja, einen Strich Backbord, Pete“, sagte der Seewolf und hob die linke Hand hoch.

Das galt dem Profos, und der wußte, auch ohne daß jemand ein Wort verlor, daß der Kurs nach Backbord geändert wurde. Der hochgereckte Daumen zeigte ihm gleichzeitig einen Strich an.

Carberry entging nichts, nicht die kleinste Bewegung auf dem Achterdeck. Er sah sozusagen mit vier Augen, und Hasard hatte kaum den Daumen hoch, als der Profos auch schon loslegte, wobei er jedesmal gern übertrieb.

„Seht ihr verschlafenen Riesenaustern denn nicht, daß wir einen Strich nach Backbord gehen, was, wie? Muß ich euch das erst wieder in eure müden Knochen hämmern, ihr Kanalratten. Hoffentlich sind die Schoten bald dichter geholt. Ihr verdammten Triefaugen, eine bevorstehende Kursänderung muß jeder Seemann im Gefühl haben. Lange bevor der Kurs geändert wird. Oder wollt ihr von den Kerlen da hinten zu türkischem Honig verarbeitet werden?“

„Ich hab Hasards hochgereckten Daumen auch gesehen, Mister Profos!“ rief Luke Morgan in seiner hitzigen Art. „Das bedeutet einen Strich Backbord. Beruf dich nur nicht immer auf dein sogenanntes Gefühl! Mich kannst du nicht verschaukeln.“

„Jedenfalls wußte ich es vorher“, behauptete Ed. „Und nun pump dich nicht so auf, du Zorngockel, sonst rupfe ich dir die Federn einzeln aus.“

Luke gab keine Antwort, außerdem war jetzt auch nicht der richtige Zeitpunkt dazu, denn die aufsegelnden Türken hingen ihnen immer stärker im Nacken.

Die Schoten wurden dichtgeholt, als die „Isabella“ den Kurs änderte, dann war das Manöver vorbei.

Hasard beoachtete den voraussegelnden Holländer, der immer noch stur auf seinem Kurs blieb.

„Da, jetzt hat er es endlich kapiert“, sagte Dan. „Eigentlich hat er schnell reagiert und scheint keiner von den Begriffsstutzigen zu sein.“

Die „Goekoop“ ging ebenfalls einen Strich nach Backbord, und als sie das auf der türkischen Schebecke sahen, wich sie ebenfalls leicht nach Backbord aus, um dem Gegner keine Chance zu lassen, daß er vielleicht noch auskneifen konnte.

„Wieder auf den alten Kurs zurück!“ befahl Hasard.

Auch das Manöver vollzog Kruger gleich darauf nach, obwohl er es sich ganz gewiß nicht erklären konnte. Er würde über Sinn und Zweck der kleinen Kursänderung sicher vergeblich grübeln. Wichtig aber war, daß er immer mitlief, denn eine Verständigung zwischen ihnen gab es nicht, sie hatten auch vorher nichts abgesprochen.

Was Hasard jedoch mit Staunen erfüllte, war der Umstand, daß die Schebekke auch weiterhin auf ihrem Kurs blieb. Er verstand nicht, warum sie nicht wieder beidrehte, nahm jedoch an, daß die Türken mit einer List rechneten.

Dadurch verloren die schnelleren Türkenschiffe wieder etwas Zeit, und die „Goekoop“ gewann einen winzigen Vorsprung.

„Kurs Süd, Pete“, sagte Hasard plötzlich und hob die rechte Hand hoch.

Als der Kurswechsel erfolgte, hatten sie mindestens eine halbe Stunde Zeit herausgeschunden.

Und das Schlitzohr, das vor ihnen segelte, hatte jetzt begriffen und das zweite Manöver ebenfalls durchschaut.

Kaum war die „Isabella“ auf Kurs, da zog auch der Holländer nach und lief nach Süd ab.

Die verfolgende Meute schwenkte herum, und auf der Schebecke begriffen sie jetzt wohl, daß man sie ein wenig geleimt hatte, um einen Vorsprung herauszusegeln.

Die Antwort erfolgte umgehend: Der Zorn der genarrten Türken entlud sich mit Pulver und Eisen.

Sieben, acht donnernde Abschüsse waren zu hören. Sie rollten donnernd und nachhallend über die See, als die Mündungsblitze erloschen.

Dan O’Flynn beobachtete genau, wo die Kugeln einschlugen, und schätzte die Schußweite der Türken ab.

Hohe Fontänen jagten aus dem Wasser, wurden zu Säulen und sanken dann in sich zusammen.

„Zwischen dreihundert und dreihundertfünfzig Yards beträgt ihre Reichweite“, sagte Dan. „Weiter schießen sie nicht. Das dürfte uns nicht unbedingt in große Schwierigkeiten bringen, Sir. Wir können wesentlich weiter ballern.“

Hasard nickte. Auch er hatte einen kurzen Blick auf die Fontänen im Wasser geworfen, die noch weit achteraus der „Isabella“ in der See entstanden waren. Unmittelbare Gefahr bestand auch für die nächste Stunde nicht, und für die Seewölfe hätte ohnehin keine bestanden, denn sie wären dem türkischen Geschwader spielend leicht davongesegelt, hätten sie unter vollem Preß gestanden.

Schuld war nur die lahme Krücke vor ihnen, der der Besan fehlte. Aber sie segelte auch mit ihren drei verbliebenen Masten noch recht gut, und die Kerle beherrschten ihr Handwerk, das mußte Hasard ihnen lassen, mochten sie auch elende Schnapphähne sein, aber vom Seemännischen verstanden sie etwas.

Der Wind briste wieder etwas auf und fuhr böig über das Wasser.

Das trieb zwar den Holländer schneller voran, aber noch schneller die Schebecke, die leicht übers Wasser glitt und jetzt immer schneller aufholte.

Wieder wurden Geschütze abgefeuert. Die Türken wußten genau, daß sie keine Treffer erzielen würden, aber der Kanonendonner wirkte nicht gerade beruhigend, und darauf setzten die Türken. Sie wollten ihre Gegner nerven und zu unkontrollierten Handlungen verleiten.

Das wiederum scherte den Holländer den Teufel, und auf der „Isabella“ hatten die Seewölfe dafür nur ein mitleidiges Grinsen übrig, das konnte sie nicht schrecken. Die Türken verschossen nur ihr Pulver, mehr nicht.

Hasard sah fast gelangweilt nach achtern.

„Wir sollten uns der Schebecke stellen, Sir“, sagte Ben, „und ihr ein wenig Respekt beibringen. „Wenn wir ihrem Fühlungshalter eins verpaßt haben, wird das die nachsegelnden Schiffe zumindest zum Nachdenken anregen.“

Hasard stützte sich auf den Handlauf der Schmuckbalustrade und musterte aus schmalen Augen die Schebecke.

So übel war Bens Vorschlag gar nicht, fand er. Ausscheren, der Schebecke die Hörner stutzen und wieder weitersegeln, noch ehe das Gros der anderen heran war.

Er überschätzte Zeit und Kurs, als aus dem Großmars ein Ruf von Bill erklang.

„Delphin achteraus!“

Unwillkürlich mußte der Seewolf lächeln. Als ob der Delphin ausgerechnet jetzt wichtig war! Sie hatten wahrhaftig andere Sorgen.

Er warf aber trotzdem einen Blick nach achtern und sah auch, wie sich das Tier immer wieder übermütig aus dem Wasser schnellte, sich schneller als eine Kanonenkugel der „Isabella“ näherte und die Seewölfe mit seinem Gekecker begrüßte.

„Wie unterscheidet dieser Bursche denn ausgerechnet uns von den anderen Schiffen?“ fragte Dan O’Flynn.

„Das ist mir selbst ein Rätsel. Ich weiß es nicht“, gab Hasard zu. „Aber wenn er nicht bald verschwindet, kann es sein, daß ihn eine verirrte Kugel trifft, und das wünsche ich diesem lustigen Kerlchen nun wirklich nicht.“