Kitabı oku: «Pragmatische Bedingungen der Topikalität»

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Detmer Wulf

Pragmatische Bedingungen der Topikalität

Zur Identifizierbarkeit von Satztopiks im Deutschen

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

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ISBN 978-3-8233-8260-7 (Print)

ISBN 978-3-8233-0166-0 (ePub)

Inhalt

  Vorwort

  1 Einleitung

  2 Ältere und neuere Ansätze zur Informationsstruktur 2.1 Historische Ansätze: psychologisches Subjekt und psychologisches Prädikat 2.2 Die Prager Schule und der Begriff der Funktionalen Satzperspektive 2.3 Firbas’ Begriff des Kommunikativen Dynamismus 2.4 Halliday: Theme vs. Given 2.5 Molnár: Topik – Thema – Hintergrund

  3 Topik und Aboutness 3.1 Strawson: Topiks als „centers of current interest“ 3.2 Reinhart: Topiks als „referential entries“ 3.3 Gundel: referentielle vs. relationale Givenness/Newness 3.4 Lambrecht: Topik-Relation vs. Fokus-Relation

  4 Topik und Präsupposition 4.1 Topikalität und Identifizierbarkeit 4.2 Fokus/Hintergrund und die presupposition/assertion-Unterscheidung 4.3 Identifizierbarkeitspräsupposition, Bewusstseinspräsupposition, Topik-Präsupposition

  5 Topik-Eigenschaften 5.1 Adressierbarkeit: Weiter vs. enger Topik-Begriff 5.2 Adressierung und Assertion: Semantische vs. pragmatische Ebene der Prädikation 5.3 Exkurs: Salienz, Zugänglichkeit, Familiarity 5.4 Topikalität und diskursive Salienz 5.5 Topikalität und Diskursreferentialität

  6 Topik-Identifizierung und Topik-Identifizierbarkeit 6.1 Identifizierungstests: Fragetest, Ankündigungstest, Umformungstest 6.2 Quaestio und Topikalität 6.3 Feste Topik-Position im Mittelfeld? 6.4 Gute Topiks – schlechte Topiks

  7 Resümee

  Literatur

Vorwort

Dies ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die ich im Mai 2016 unter dem gleichen Titel an der Philologischen Fakultät der Universität Leipzig eingereicht habe. Ohne vielseitige Unterstützung und Förderung wäre der erfolgreiche Abschluss der Arbeit nicht möglich gewesen. Mein besonderer Dank geht zunächst an die Betreuer meiner Dissertation, Prof. Dr. Frank Liedtke (Leipzig) und Univ.-Prof. Dr. Dietrich Busse (Düsseldorf). Das Vertrauen, das sie mir entgegenbrachten, und auch die Freiheit, die sie mir in wissenschaftlicher Hinsicht ließen, waren für mich von großer Bedeutung.

Die Arbeit wurde in Leipzig eingereicht, ist aber in Düsseldorf verfasst worden. Darum möchte ich mich noch einmal bei Dietrich Busse für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken sowie dafür, dass er – auch und gerade während meiner Zeit als Projektmitarbeiter im Sonderforschungsbereich 991 – die für das Gelingen meiner Dissertation bestmöglichen Rahmenbedingungen geschaffen hat.

Mein Dank geht auch an Freunde und Kollegen, die mich in der einen oder anderen Form unterstützt haben. Für Feedback (nicht nur) in fachlicher Hinsicht danke ich insbesondere Brigitte Schwarze und Robert Mroczynski. Christian Horn und Doris Gerland haben in unserer (wenn auch nur kurz bestehenden) Schreibgruppe dazu beigetragen, dass diese Arbeit an einem kritischen Punkt wieder ‚in die Spur‘ gekommen ist. Für moralische Unterstützung (und Ablenkung) sorgten Michaela Felden, Lars Inderelst und Nansaa Tsagaan.

Den Herausgeberinnen und Herausgebern der „Studien zur Pragmatik“ danke ich schließlich für die Aufnahme der Arbeit in die vorliegende Reihe.

Düsseldorf, im April 2019 Detmer Wulf

1 Einleitung

Terminological profusion and confusion, and underlying

conceptual vagueness, plague the relevant literature to a point

where little may salvageable. (Levinson 1983, x)

Diese Arbeit widmet sich der Kategorie des Satztopiks, für die innerhalb funktional-grammatischer Ansätze häufig (mehr oder weniger verdeckt) die traditionelle Unterscheidung von Satzgegenstand und Satzaussage zugrunde gelegt wird. Der Satztopik-Kategorie liegt die Idee zugrunde, dass sich (prädizierende) Sätze aufgliedern lassen in dasjenige, worüber etwas ausgesagt wird und dasjenige, was darüber ausgesagt wird. Diese Unterscheidung kommt auch in Hocketts einflussreicher Topik-Definition zum Ausdruck: „The most general characteristic of predicative constructions is suggested by the terms ‘topic’ and ‘comment’ for their ICs: the speaker announces a topic and then says something about it“ (Hockett 1958, 201). Hockett geht es hierbei jedoch nicht um eine Identifizierung der Topik/Kommentar-Unterscheidung in der Subjekt-Prädikat-Struktur – so wie etwa in (1), wo Topik und Subjekt zusammenfallen; denn eine ganze Reihe von Fällen – so wie bspw. in (2) – lassen auch andere Deutungen zu (vgl. Hockett, ebd.):


(1) John ran away.
(2) That new book by Thomas Guernsey I havent’t read.

Hockett deutet die vorangestellte Objektkonstituente als Topik, den restlichen Teil als Kommentar und somit prädizierenden Bereich des Satzes, der hier auch noch das Subjekt enthält.

Dies ist natürlich alles andere als eine neue Entdeckung. Schon die traditionelle Unterscheidung von psychologischem vs. grammatischem Subjekt bzw. Prädikat (vgl. etwa Paul 1880) beruhte auf der Beobachtung, dass sich auch andere Satzglieder als das Subjekt als das ‚Worüber‘ eines Satzes deuten lassen. Aus den Kategorien psychologisches Subjekt und psychologisches Prädikat ist dann in der weiteren Entwicklung u.a. die Thema/Rhema-Dichotomie der sogenannten ‚Funktionalen Satzperspektive‘ hervorgegangen (als historischen Überblick vgl. Daneš 1974), deren Ziel es war, Wortstellungsvarianten funktional zu beschreiben und die Voranstellungen von Objektkonstituenten, so wie etwa die in (2), als Indikator für Thematizität gedeutet hat. An diese Tradition schließen auch zeitgenössische, pragmatisch orientierte Ansätze an (etwa Gundel 1988b, Lambrecht 1994), die den Topik-Begriff – auch unter Rückgriff auf bestimmte kognitiv-kommunikative Prinzipien – als Bestandteil der sogenannten Aboutness-Relation deuten.

Die Topik-Kategorie stellt sicherlich, zusammen mit ihren Komplementär-Kategorien ‚Fokus‘ oder ‚Kommentar‘, eine der zentralen informationsstrukturellen Kategorie-Konzepte dar, trotz der von Levinson beklagten Terminologie-Fülle – und vielleicht auch Verwirrung (siehe das oben vorangestellte Zitat aus Levinson 1983). Der Grund für diese Terminologie-Fülle mag auch in den unterschiedlichen analytischen Zugriffen liegen. So zielen einige Ansätze mit ihren terminologischen Unterscheidungen zunächst primär auf die Benennung oder Beschreibung bestimmter syntaktischer Strukturen ab. Dies ist etwa der Fall in Diks (1981) Unterscheidung zwischen ‚Theme‘ und ‚Topic‘, die er für die Analyse von Satz-Konstruktionen mit Linksherausstellungen in Anspruch nimmt. Während ‚Topic‘ als Bestandteil der Subjekt-Prädikat-Struktur des Matrix-Satzes bestimmt ist, wird ‚Theme‘ auf die nach links herausgestellte Konstituente bezogen.1 Ein weiteres Beispiel ist Vallduvis (1992) link-Begriff, mit dem er auf die seiner Meinung nach allgemein bestehende Funktion satzinitialer Konstituenten als „address pointer“ abzielt, d.h. als diejenige Konstituente, die den Gegenstand denotiert, auf den die durch den Satz ausgedrückte Information zu beziehen ist (Vallduvi 1992, 48). Demgegenüber werden in anderen Ansätzen informationsstrukturelle Kategorien zunächst unabhängig von ausdrucksseitigen Aspekten als kognitiv-kommunikative Kategorien expliziert und erst dann hinsichtlich ihres Niederschlags in der Struktur von Sätzen (unterschiedlicher Sprachen) untersucht. Für diese Vorgehensweise stehen m.E. Ansätze wie etwa die von Gundel (1988a; 1988b) oder Lambrecht (1994), die Topikalität nicht auf Konstituenten, sondern auf Diskursreferenten beziehen, die in einer besonderen Relation zu der durch den Satz ausgedrückten Proposition stehen. So ist etwa nach Lambrecht ein durch einen Satz realisierter Referent genau dann „topic of a proposition“, wenn „in a given situation the proposition is construed as being about this referent, i.e. as expressing information which is relevant to and which increases the addressee’s knowledge of this referent“ (Lambrecht 1994, 131). Die pragmatische Perspektive einer solchen Explikation besteht somit zunächst vor allem darin, dass sie die Aboutness-Relation auf der Basis des Sprecher-Hörer-Verhältnisses deutet: Topik ist derjenige Diskursgegenstand, über den der Sprecher dem Hörer etwas Neues bzw. Relevantes mitteilen möchte. Wie sich diese Relation (in den jeweiligen Sprachen) ausdrucksseitig niederschlagen kann, ist dann eine daran anschließende Frage (vgl. u.a. Gundel 1988a; Lambrecht 1994).

Auch für das Deutsche ist die Frage nach den ausdrucksseitigen Indikatoren für Topikalität nach wie vor Gegenstand der Diskussion. So wird etwa Satzinitialität als Topik-Indikator aufgefasst (Molnár 1991; 1993; Welke 2005); es wird vermutet, dass Topiks vornehmlich durch (Agens-)Subjekte realisiert werden (von Stutterheim/Carroll 2005, Modrián-Horváth 2016); es werden bestimmte Herausstellungsstrukturen (Linksversetzungen) als Topik- oder Thema-indizierende Strukturen gedeutet (Selting 1993; Frey 2005; Endriss 2009); oder es wird die These vertreten, dass es im Mittelfeld des Deutschen eine feste Topik-Position gibt (Frey 2000; 2004). Ebenso wird aber auch auf die notorischen Schwierigkeiten hingewiesen, die insbesondere Satzabfolgen bei der Topik-Identifizierung bereiten (Cook/Bildhauer 2013).

In dieser Arbeit wird die These vertreten, dass es im Deutschen keine eindeutig ausgewiesene Position für Aboutness-Topiks gibt. Die Deutung eines Diskursreferenten als Topik (eines Satzes) beruht vielmehr auf spezifischen diskursiven (Situations-)Bedingungen, in denen der (aktuell geäußerte) Satz eingebettet ist. Ausgehend von dem pragmatischen Topik-Verständnis Lambrechts (1994) und Gundels (1988b) möchte ich der Frage nachgehen, wie diese Bedingungen genau aussehen und über welche Eigenschaften Diskursreferenten verfügen müssen, damit sie sich plausibel als Topiks deuten lassen.

In der Arbeit wird drei zentralen Fragen nachgegangen. Die erste Frage bezieht sich auf den spezifischen Charakter der Aboutness-Relation. Wodurch genau zeichnet sich diese Relation aus und wie wird sie in den unterschiedlichen Ansätzen expliziert? Die zweite Frage bezieht sich auf das für Referenten mit Topikstatus immer wieder hervorgehobene Verhältnis von Topikalität und Präsupposition. Was genau ist darunter zu verstehen, wenn man sagt, dass Topiks präsupponiert sind? Die dritte Frage ist mit der zweiten eng verwandt und zielt auf die diskursiven Bedingungen für Topikalität und auf die Eigenschaften von Diskursreferenten mit Topikstatus ab: Welche diskursiven Bedingungen müssen für die Aboutness-Relation vorausgesetzt sein und über welche Eigenschaften müssen Diskursreferenten verfügen, wenn sie Topikstatus haben? Wie sich zeigen wird, sind es Frage/Antwort-Kontexte, auf deren Basis sich die ‚Ideal‘-Bedingungen für die Identifizierbarkeit und die Eigenschaften ‚zweifelsfreier‘ Topiks am besten rekonstruieren lassen. Und wie sich des Weiteren zeigen wird, gestaltet es sich bzgl. der Identifizierbarkeit z.T. deutlich schwieriger, wenn man versucht, diese Bedingungen auf Satzabfolgen (d.h. auf Texte) zu übertragen.

Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Das folgende Kapitel (Kap. 2) bietet zunächst einen kurzen Abriss älterer und neuerer Ansätze zur Informationsstruktur. In Kap. 3 sollen die jeweiligen Explikationsvorschläge der Autoren bezüglich des Aboutness-Begriffs vorgestellt werden. Bei der Diskussion der in manchen Punkten ähnlichen, sich im Detail aber auch deutlich unterscheidenden Ansätze soll das Hauptaugenmerk auf zwei Problemfelder gerichtet werden: zum einen auf die Frage nach dem Verhältnis von Topikalität und ‚Givenness‘, zum anderen auf die Frage, wie sich die Topik-Kategorie zur Fokus-Kategorie verhält. Ist die Fokus-Kategorie ebenfalls auf Diskursreferenten zu beziehen? Es wird sich zeigen, dass es Lambrechts Ansatz am besten gelingt, diese Problemfelder zufriedenstellend in den Griff zu bekommen. Wie wir sehen werden, zeichnet sich Lambrechts Ansatz durch zwei zentrale Merkmale aus: zum einen durch seine Unterscheidung zwischen Topik-Relation und Fokus-Relation, die beide in jeweils spezifischer Weise auf die durch den Satz ausgedrückte Proposition bezogen sind, und zum anderen durch seine Unterscheidung dreier „pragmatischer Gliederungstypen“ (pragmatic articulations), zu denen er neben dem Topik/Kommentar-Typ auch den Satzfokus-Typ und den sogenannten Argumentfokus-Typ zählt. Die Unterscheidung dieser drei Typen wird in der Arbeit eine wesentliche Rolle spielen.

In Kap. 4 wird das Verhältnis von Topikalität und Präsupposition genauer unter die Lupe genommen. Dieses Verhältnis wird häufig auf die (sprecherseitige) Präsupposition (adressatenseitiger) Identifizierbarkeit (Givenness) des Topik-Referenten (Topic-Familiarity Condition, vgl. Gundel 1988a) reduziert. Zunächst soll darum noch einmal genauer gezeigt werden, dass das Vorhandensein dieser (sprecherseitigen) Voraussetzung für die Bestimmung der Topik-Relation allein nicht hinreicht. Dies ist nicht nur in Lambrechts Abgrenzung des Topik/Kommentar-Typs von den zwei anderen von ihm vorgeschlagenen Gliederungstypen reflektiert, sondern gilt auch für seine Unterscheidung zwischen pragmatic presupposition und pragmatic assertion, innerhalb der das Kriterium hörerseitigen Identifizierungswissens keine unterscheidungsrelevante Rolle spielt. Der genaue Charakter dieser allen Gliederungstypen zugrunde liegenden Unterscheidung wird diskutiert, mit besonderem Augenmerk auf den Umstand, dass Präsupposition und Assertion propositional aufzufassen sind. Zum Abschluss des Kapitels werden die präsuppositionalen Eigenschaften von Diskursreferenten mit Topikstatus genauer bestimmt, deren Charakterisierung als hörerseitig „familiar“ bzw. „identifizierbar“ bei Lambrecht durch die Annahme weiterer Präsuppositionen (Bewusstseinspräsupposition, Topik-Präsupposition) eine Präzisierung erfährt.

Diese präsuppositionalen Eigenschaften stellen die Basis für meine Ausformulierung der Topik-Eigenschaften in Kap. 5 dar. Den Ausgangs- und Bezugspunkt bildet hierbei die Position, dass Topik-Referenten hörerseitig vorhersehbare (predictable) bzw. erwartbare (expectable) und daher aktivierte, d.h. vorerwähnte „Argumente der Prädikation“ sind (Lambrecht/Michaelis 1998). Letzteres, nämlich die Position, dass Topiks als „Argumente der Prädikation“ aufzufassen sind, findet sich auch in Ansätzen, die, wie ich zeigen werde, einen ‚weiten‘ Topik-Begriff zugrunde legen (u.a. Jacobs 2001, Erteschik-Shir 2007). Das zentrale Konzept ‚weiter‘ Topik-Ansätze ist m.E. der Adressen-Begriff (siehe etwa Jacobs 2001). Topiks stellen nach dieser Auffassung die sogenannte ‚Adresse der Prädikation‘ dar, d.h. Topik ist derjenige ‚Gegenstand‘, auf den die Prädikation abzielt und in Hinblick auf den der durch den Satz ausgedrückte propositionale Gehalt hinsichtlich seines Wahrheitswerts „überprüft“ (assessed) wird (Reinhart 1981; Erteschik-Shir 2007).

Wie gezeigt wird, unterscheiden sich Adressierungsansätze von ‚engen‘ Topik-Ansätzen (Gundel, Lambrecht) insbesondere darin, dass sie auf das Kriterium der (vorausgesetzten) Hörer-familiarity verzichten und das Spezifizitätskriterium für die Eignung eines Ausdrucks als Topik-Ausdruck für ausreichend halten. Wie ich zeigen werde, ergeben sich aus diesem Zugriff jedoch gewisse Konsequenzen für das Verständnis von Topikalität als Relation der Aboutness, dem auch ‚weite‘ Topik-Ansätze grundsätzlich verhaftet bleiben. Eine Konsequenz ist, dass mit der Beschränkung der Aboutness-Relation auf die, wie ich es nennen werde, semantische Ebene der Prädikation die Unterscheidbarkeit der drei Lambrecht’schen Gliederungstypen (Topik/Kommentar, Argumentfokus, Satzfokus) hinfällig wird. Die wesentliche Konsequenz der Gleichsetzung von Topikalität und Adressierung besteht jedoch darin, dass es so nicht gelingt, die Topik- (bzw. Aboutness-)Relation auf der Basis der pragmatischen Unterscheidung von Präsupposition und Assertion zu explizieren. So können etwa Prädikationsadressen auch zur Assertion gehören, was in bestimmten Argumentfokus-Kontexten der Fall ist. Würde man einen solchen Zusammenfall von Topik und Fokus zulassen, so wäre damit in der Konsequenz aber auch die Herleitung der Aboutness-Relation aus der Unterscheidung von Präsupposition und Assertion (und ebenso ihr Verständnis als Spezialfall dieser Unterscheidung) hinfällig. Zwar möchte ich das Adressenkonzept für die Charakterisierung von Topiks übernehmen, jedoch mit der Einschränkung versehen, dass Topiks zwar immer die Adresse der Prädikation bilden, aber Prädikationsadressen nicht notwendig Topikstatus haben müssen. Den Status von Topiks als Adressen und ‚centers of current interest‘ (Strawson) möchte ich über den Begriff der diskursiven Salienz fassen. Anhand einer Reihe von (konstruierten) Beispielen werde ich zeigen, auf welche Faktoren die Salienz eines Referenten zurückgeführt werden kann. So ist die Salienz eines Referenten nicht nur durch seine adressatenseitige Zugänglichkeit, sondern auch durch bestimmte diskursive Aspekte bedingt. Auf der Basis dieser Faktoren lassen sich Topiks dann als Adressen charakterisieren, die diskursiv salient, aktiviert und (somit notwendig auch) adressatenseitig zugänglich sind. Zum Abschluss des fünften Kapitels werde ich noch auf einige Konsequenzen eingehen, die sich aus der in dieser Arbeit zugrunde gelegten Position ergeben, dass Topikalität eine Status-Eigenschaft von Diskursreferenten ist.

Wie die in Kap. 5 diskutierten Beispiele zeigen werden, sind es vor allem Frage/Antwort-Kontexte, in denen sich leicht rekonstruieren lässt, ob einem Referenten die oben genannten Eigenschaften zugesprochen werden können oder nicht. Der wesentliche Grund hierfür ist, dass Frage/Antwort-Kontexte über eine vergleichsweise hohe diskursive ‚Transparenz‘ verfügen: Durch die (vorausgesetzte) Frage ist nicht nur festgelegt, welcher Referent (bzw. welche Referenten) als aktiviert und adressatenseitig zugänglich gelten kann (bzw. können), sondern es ist darüber hinaus auch in hohem Maße durchsichtig, welche Elemente im Antwortsatz zur Assertion (im Sinne der Unterscheidung von Präsupposition und Assertion) gehören. Diese (Fragekontext-induzierte) Transparenz kann für Satzabfolgen jedoch nicht vorausgesetzt werden.

Dennoch wird auch für Texte vorgeschlagen, die darin enthaltenen Sätze als Antwortsätze zu deuten. So setzen auch einschlägige Topik-Identifizierungstests (vgl. Götze et al. 2007) voraus, dass sich prinzipiell jeder assertierende Satz (isoliert ebenso wie innerhalb von Satzabfolgen) als Antwort auf eine (implizit) vorausgesetzte Frage analysieren lässt. Wie ich im sechsten Kapitel zunächst zeigen werde, ist dieser Analysezugriff aber durchaus problematisch – weswegen fragebasierte Identifizierungstests (aber nicht nur diese!) schnell an ihre Grenzen kommen.

Auch der sogenannte Quaestio-Ansatz (Klein/von Stutterheim 1992; von Stutterheim 1997) geht von der These aus, dass die einen Text konstituierenden Sätze als Antworten auf implizit vorausgesetzte Fragen deutbar sind. Dies ist auch die Auffassung von van Kuppevelt (1995), der in seinem Ansatz die These vertritt, dass Satzabfolgen sogenannte „topic-forming questions“ generieren. Diese zwei Ansätze werde ich in Kap. 6.2 kritisch diskutieren und zeigen, dass sich aus Satzabfolgen keine eindeutigen Frage/Antwort-Kontexte ableiten lassen, weswegen die so generierten Fragen nichts zur Topik-Identifizierung beitragen können.

Die mit den einschlägigen Identifizierungstests (die sich letztlich alle als Wohlgeformtheitstests erweisen) einhergehende Vermutung ist (u.a.), dass sich Topikalität (auch) syntaktisch niederschlägt. Hiervon geht (eingeschränkt) auch Frey (2000; 2004) aus, der für das Mittelfeld eine feste Topik-Position annimmt. Dass dies m.E. nicht der Fall ist, werde ich in Kap. 6.3 diskutieren.

Zum Abschluss des sechsten Kapitels werde ich diskutieren, auf welche Anhaltspunkte für die Topik-Identifizierung rekurriert werden kann, wenn, wie in Satzabfolgen, Frage/Antwort-Kontexte wegfallen. Die Frage ist dann, wie gut die daraus abgeleiteten Topik-Bedingungen auf Texte übertragbar sind und wie erfolgreich die Eigenschaften ‚idealer‘ Topiks auch bei Textreferenten nachgewiesen werden können. Anhand einer Reihe von authentischen Text-Beispielen werde ich zeigen, dass dies – wenn auch mit gewissen Abstrichen – durchaus möglich ist: Auf der Basis der in Kap. 5 ermittelten Bedingungen und Eigenschaften lassen sich drei Parameter (Zugänglichkeit, Adressenstatus sowie Gliederungstyp-Zuordnung) formulieren, die in Kombination miteinander Kriterien für die Topikstatus-Zuschreibung liefern können, sodass sich der Topikstatus eines Textreferenten kategorisch ausschließen lässt oder ein Textreferent sich als ‚gutes‘, ‚weniger gutes‘ oder u.U. sogar ‚schlechtes‘ Topik erweist.