Kitabı oku: «Rettungskreuzer Ikarus 11 - 20: Verschollen im Nexoversum (und 9 weitere Romane)», sayfa 12

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»Sie warten«, bemerkte Charkh.

»Auf was?«, fragte Sessha.

Der Arachnoid rieb nun doch, ohne sich dessen bewusst zu sein, seine Beine aneinander. Er kannte die Antwort ebenso wenig.


Es war dunkel, feucht, kühl und es stank noch schlimmer als das Laken, das Shilla zurückgelassen hatte. Niemand hatte sie beobachtet, als Jason den schweren Kanaldeckel aufgestemmt hatte und sie beide in den engen Schacht geklettert waren, den er anschließend wieder verschlossen hatte. Hier unten, im Labyrinth der Kanalisation, würde man sie hoffentlich nicht gleich aufspüren.

Jason reichte Shilla eine kleine Lampe und schaltete die zweite an, die immer noch über seiner Brust hing.

Der Schacht führte hinab in das verzweigte Netz der Abwasseranlage. Es roch nach Exkrementen, Fäulnis und Schimmel. An den Wänden klebten seltsame Pflanzen, einige fluoreszierend, andere empfindlich mit zitternden Blättchen auf das unerwartete Licht reagierend.

Jason und Shilla balancierten, dicht ans Mauerwerk gepresst, auf einem schmalen, glitschigen Sims entlang. Unmittelbar daneben verlief die tiefe Rinne, in der eine träge, schmutzig braune Flüssigkeit blubberte, in der undefinierbare Gegenstände trieben. Die röhrenförmigen Korridore wurden in regelmäßigen Abständen von Einmündungen unterbrochen. Kleine Stege führten über die trüben Fluten. Den Bedürfnissen etwaiger Wartungstrupps angepasst, waren die gewölbten Gänge hoch genug, dass auch ein größerer Mann als Jason bequem aufrecht stehen konnte. Tatsächlich sah es unter dem Citykomplex aus wie in der Kanalisation jedes beliebigen Planeten. Warum sollte es hier auch anders oder gar sauberer sein als bei Völkern mit einer höher entwickelten Technik? Niemand schien sich gern mit den Abfallprodukten seiner Zivilisation auseinanderzusetzen.

»Hast du noch ein paar Atemfilter?«, erkundigte sich Shilla mit leidender Miene.

»Leider nicht«, erwiderte Jason und tröstete: »Du wirst dich nach einer Weile daran gewöhnen.«

»Du scheinst Erfahrung zu haben …«

Jason antwortete nicht und ließ den Lichtkegel über das stellenweise brodelnde Schmutzwasser gleiten. »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen.« Er zuckte mit den Schultern. »War wohl Einbildung.«

»Nein, war es nicht.« Shilla leuchtete zum gegenüberliegenden Absatz, auf dem ein kleines, schuppiges Tier so schnell davonhuschte, dass Jason nur einen flüchtigen Blick erhaschen konnte. »Vermutlich ein Aasfresser.«

»Hm«, machte Jason. Er war jedoch überzeugt, dass die Bewegung im Wasser gewesen war. Das diffuse Licht und die finsteren Schatten konnten jedoch die Sinne täuschen.

»Nun, zumindest die Soldaten mit ihren braunen Uniformen würden in dieser Umgebung perfekt getarnt sein und von uns erst entdeckt werden, wenn wir unmittelbar in die glimmenden Mündungen ihrer Strahler blickten«, stellte Shilla sarkastisch fest. »Keine Sorge, es ist uns niemand gefolgt und ich spüre auch keine Präsenz in der näheren Umgebung. Wahrscheinlich suchen sie uns noch in der Umgebung des Ladens.«

Eine Weile wanderten sie schweigend durch die Kanalisation. Shilla hatte Crii-Logans Muster wiedergefunden und ließ sich von ihm leiten. Jasons Augen schweiften umher. Ab und zu rauschte ein Wasserschwall aus einer der kleinen Öffnungen weiter oben im Mauerwerk, die er zunächst nicht bemerkt hatte, und einige Male entgingen sie beide nur ganz knapp einer widerwärtigen Dusche.

Die Oberfläche der stinkenden Brühe kräuselte sich unruhig. Schabende Geräusche ertönten manchmal, als wenn etwas Schweres über den Grund schleifte. Dann herrschte wieder Stille, nur unterbrochen von einem leisen Tröpfeln und Brausen.

Jason spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufstellten, als er sich fragte, was hier noch hausen mochte. Tatsächlich befand er sich nicht zum ersten Mal auf der Flucht durch die unterirdischen, abgeschiedenen Regionen einer Metropole. Von daher wusste er, dass es hier immer unbekanntes Leben gab, pflanzlich, tierisch, menschlich, ausgestoßen von der lichten Welt … meist gefährlich und sehr hungrig.


Als geschah, wovor sein Instinkt ihn gewarnt hatte, ging es so schnell, dass Jason keine Zeit fand zu reagieren.

Aus den schlammigen Fluten schoss ein dunkelgrüner Tentakel, der sich blitzschnell um Shillas Körper schlang und sie ins Wasser zerrte. Ihr entsetzter Schrei hallte in Jasons Gehirn wider. Dann: tödliche Stille.

Der Strahler flog förmlich in seine Hand, aber nirgends war ein Ziel auszumachen. Plötzlich griff etwas nach seinem Fuß und zog ihn mit einem mächtigen Ruck gleichfalls in die Tiefe. Sein Schuss nach dem schlangengleichen Arm ging ins Leere.

Geistesgegenwärtig hielt Jason den Atem an und presste die Lippen aufeinander, als sein Kopf unter die Wasseroberfläche tauchte. Er krümmte sich zusammen und tastete nach dem Ding an seinem Bein. Wütend presste er die Mündung seiner Waffe dagegen und drückte ab. Der Tentakel verschwand, doch dafür schien sich die Welt um Jason zu drehen. Er wurde mehrfach um seine eigene Achse gewirbelt, als das, was er getroffen hatte, in Agonie zu toben begann. Er krachte mit der Stirn gegen die Mauer, nicht wissend, wo oben oder unten war. Der stechende Schmerz ließ ihn die Kontrolle über seine Atmung verlieren, und er schluckte brackige Flüssigkeit. Der widerliche Geschmack ließ ihn würgen, entriss ihn aber auch der drohenden Ohnmacht.

Erneut spürte er, wie etwas ihn packte. Er versuchte, sich zu wehren, doch der Stoß und der Luftmangel ließen ihn nur unkontrolliert strampeln. Verdammt, er konnte nicht einfach schießen – er würde vielleicht Shilla treffen!

»Shilla!«, rief er in Gedanken. »Wo bist du?«

Keine Antwort. War sie etwa … bewusstlos? Dass sie ertrunken oder von dem … Monstrum verschlungen worden war, wollte er nicht glauben.

Etwas umklammerte nun seinen rechten Arm. Mit aller Kraft kämpfte er dagegen an, kam jedoch nicht frei. Sein Stiefel trat gegen etwas Weiches, der Griff lockerte sich für einen Moment, festigte sich aber sogleich wieder. Jasons Lungen drohten zu platzen. Dann durchbrach sein Kopf mit einem Mal die Wasseroberfläche. Gierig schnappte er nach Luft und spuckte, als einige Tropfen von seinem Gesicht in den offenen Mund rannen. Nun hatte er auch wieder Boden unter den Füßen. Er rieb sich mit der freien Hand über die Augen und blinzelte.

Die Lampe hatte er verloren, aber eine Leuchte lag auf dem Sims und spendete einen matten Schein.

»Alles in Ordnung?«

Er drehte sich um und blickte in ein bronzefarbenes Gesicht, dessen Züge er nicht erkennen konnte, da es sich im Schatten befand. Etwa ein heimlicher Bewohner des Kanalsystems? Jemand, der auch der Sicherheit entkommen war? Die Stimme kam ihm seltsam bekannt vor.

»Kann ich loslassen?«

Jetzt erst nahm Jason wahr, dass der Unbekannte immer noch seine Rechte umklammerte, um zu verhindern, dass der Strahler auf ihn gerichtet wurde und sich ein unglücklicher Schuss löste. »Äh … ja. Wer …?«

»Taisho. Wo ist die Frau?«

Jason hatte kaum hingehört. Es genügte ihm zu wissen, dass keine unmittelbare Gefahr von seinem Retter ausging. Im Moment kreisten seine Gedanken nur um eines:

»Shilla!«, stöhnte er verzweifelt und starrte auf die wirbelnde Flut – immer noch keine Antwort.

Eine Hand drückte leicht seine Schulter. »Ich fürchte, wir können ihr nicht mehr …«

Plötzlich explodierte das Wasser vor ihnen. Eine Woge grässlicher Flüssigkeit ergoss sich über die Männer, vermischt mit schwarzem Blut, schleimigen Gewebefetzen, weicher Gehirnmasse und stinkenden Eingeweiden. Dann kämpfte sich eine keuchende und hustende Vizianerin auf den Sims, wo sie erschöpft liegen blieb.

Sofort war Jason an ihrer Seite. »Shilla … Ich … ich dachte schon … Bist du …« Er merkte, dass er nur stammelte und verstummte. Kurz untersuchte er sie und atmete erleichtert auf, als er keine schlimmeren Verletzungen als einige Abschürfungen und Prellungen entdeckte.

Taisho hatte seine Lampe aufgehoben und hielt sie in die Höhe, damit Jason besser sehen konnte.

Grenzenlose Erleichterung durchflutete Jason, als er endlich wieder die Stimme der Vizianerin in seinem Kopf vernahm. »Alles … okay.« Sie schenkte ihm ein verkrampftes Lächeln und legte ihre Hand kurz auf seine.

Dann fiel ihr Blick auf Taisho, der einen blutverschmierten Tentakelstummel von der Wand gepflückt hatte und interessiert betrachtete. »Chikuso …«, murmelte er.

Jason entsann sich wieder der unverhofften Gesellschaft. Der Strahler glitt unverzüglich in seiner Hand und deutete auf die Brust ihres Helfers. »Ich denke, du hast uns eine Menge zu erzählen, Junge.«

Taisho lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und ließ sich auf dem rutschigen Boden nieder.

Er schien mit dieser Reaktion gerechnet zu haben und sich nicht an der Waffe zu stören, nachdem ihr Besitzer sich wieder in der Gewalt hatte.

Jason zog eine Braue hoch. Ohne das bunte Gewand hätte er Taisho beinahe nicht erkannt. Nun trug der Zimmerdiener eine schlichte Kombination von bequemem Schnitt. Mit dem schrillen Kleidungsstück hatte er auch sein devotes Gehabe abgelegt und war eine gänzlich andere Person geworden. Interessant! Ob der Kerl ein Spitzel des Nexus war?

Taisho kratzte sich am Hinterkopf. »Wo soll ich beginnen, alter Mann? Nun, ich hatte den Auftrag, euch zu beobachten.«

»Von wem?«, erkundigte sich Jason mit bedrohlichem Unterton. Alter Mann? Was sollte das denn? Der freche Bengel mit dem losen Mundwerk konnte angesichts des Strahlers ruhig etwas mehr Respekt zeigen …

»Von Charkh.« Als er die Verblüffung der beiden bemerkte, grinste Taisho breit. »Ihr habt wohl gedacht, ich gehöre zur Sicherheit, was? Charkh fand, dass ihr beide viel zu höflich und unwissend für eine Edle Bevollmächtigte und einen Herrlichen Lakaien seid. Keiner von ihnen würde je mit dem einfachen Volk fraternisieren oder gar niedrige Tätigkeiten wie Reparaturen ausführen. Überdies ist die Technologie eures Schiffs selbst für Abgesandte des Nexus zu fremdartig. Crii-Logan übermittelte mir die notwendigen Informationen und in meiner Eigenschaft als Kammerdiener nahm ich euch in Augenschein. Ich fürchte nur, nach allem, was in den letzten Stunden passierte, bin ich meinen Job los …«

»Weiter!«

»Der Sicherheitsdienst bekam den Tipp von mir, dass sich zwei Spione des Widerstands als Gesandte des Nexus ausgeben. Man überprüfte eure Identität und tatsächlich gibt es niemanden, auf den eure Beschreibung zutrifft. Daraufhin wurden die Soldaten geschickt, um euch zu inhaftieren.«

»Was?«, fauchte Jason. »Den verdammten Ärger haben wir dir schleimigem Kanaltaucher zu verdanken?« Er holte zu einem Schwinger aus, aber Shilla fiel ihm in den Arm.

Ihr Kommunikator schaltete sich ein: »Lass ihn weitersprechen.«

Alle drei zuckten zusammen, als die quakende Stimme aus dem Würfel dröhnte. Jasons Wut fand ein Ventil in Form eines krachenden Schlages auf das unschuldige Gerät.

»Jason …« Jetzt klang Shillas tadelnde Stimme wieder angenehm und samtig.

Unisono atmeten alle auf.

»Ah … danke«, sagte Taisho und nickte mit einem gewinnenden Lächeln in ihre Richtung.

Die Vizianerin lächelte sanft zurück.

Das war ja noch schlimmer als die Sache mit Sentenza, dem Lackaffen … »Ich bringe ihn um!«, schwor Jason stumm und erntete einen verwirrten Blick von Shilla.

»Es war leider notwendig«, fuhr Taisho fort. »Wir mussten sichergehen, dass Charkhs Vermutung stimmt und ihr nicht etwa eingeschleust werden solltet, um den Widerstand …«

Jason horchte auf.

»… zu unterwandern. Wäre ich nicht niedergeschlagen worden«, ein vorwurfsvoller Blick aus tiefbraunen Augen klagte Jason an, »hätte ich das schon früher aufklären können und euch aus dem Hotel hinausgeschmuggelt. Aber das war glücklicherweise nicht notwendig. Ihr habt es auch allein geschafft, den Soldaten zu entkommen. Ich vermute, mit der Hilfe eines Lieferfahrzeugs?«

Jason starrte ihn an. »Helles Köpfchen. Aber wie hast du uns hier gefunden?«

Das Grinsen wurde noch etwas breiter, während sich Taisho vorbeugte und nach Jasons Ärmel griff.

»He!« Jason wich zurück. »Lass das! Ich kann Tunten …«

Aber Taisho zupfte nur an dem Stoff und hielt ein stecknadelkopfgroßes Objekt zwischen Daumen und Zeigefinger direkt vor Jasons Gesicht. »Damit.«

»Ein Peilsender«, erkannte der Händler wütend auf sich selbst, dass er zwar die Räume auf Abhöranlagen überprüft hatte, nicht jedoch seine und Shillas Kleidung. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, dass der dümmlich wirkende Kammerdiener bei seinem plumpen Annäherungsversuch lediglich das winzige Gerät hatte an der Jacke befestigen wollen.

Jason fixierte sein Gegenüber aus schmalen Augen und prägte sich jedes Detail ein. Der Kerl war gerissen und er durfte ihn kein zweites Mal unterschätzen.

Taisho war fast so groß wie Jason, besaß jedoch nicht die gleiche Muskelmasse, sondern war schlanker und drahtig. Dichtes, dunkelbraunes Haar fiel in widerspenstigen Strähnen in ein schmales, gut geschnittenes, noch etwas jungenhaft weiches Gesicht. Die mandelförmigen Augen von derselben Farbe erwiderten Jasons Blick wachsam, fast schon … unverschämt herausfordernd. Taishos Alter schätzte er auf um fünfundzwanzig Jahre; ein halbes Kind. Und Shilla hatte ihn für niedlich befunden … Pah!

Von Taishos Unterwürfigkeit war nichts geblieben; die devot-freundliche Maske war wie weggewischt. Er hatte seine Rolle hervorragend gespielt. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ihn zu verdächtigen, ein anderer zu sein, als er vorgegeben hatte. Der Widerstand – Jason zweifelte nicht daran, dass der junge Mann und Charkh zu den Gegnern des Nexoversums zählten – schulte seine Agenten gut.

»So was hätte ich hier nicht erwartet.« Jason zeigte auf den Peilsender. »Ist ein bisschen zu fortschrittlich für die Technologie, die ich bislang gesehen habe.«

»Wir haben gute Leute«, wich Taisho einer Antwort aus. Offenbar war er nicht gewillt, alle Geheimnisse zu enthüllen, zumindest noch nicht.

Jason konnte sich denken, dass der Widerstand einige fähige Köpfe versammelt hatte, die insgeheim Forschungen betrieben und in kleiner Stückzahl einige technologische Meisterwerke fertigen konnten, vorausgesetzt, sie vermochten die notwendigen Mittel dazu aufzutreiben.

»Shilla?«, fragte er in Gedanken. »Was hältst du von dem Typen?«

»Ich schätze, wir können ihm vertrauen«, drang die Stimme aus dem Kommunikator. »Zwar kann ich seine Gedanken nicht vollständig lesen, aber ich finde keine negativen Emotionen uns gegenüber.«

Neugierig studierte Taisho Shilla. Dass er telepathisch sondiert worden war, störte ihn nicht. Wahrscheinlich lebten die Bewohner des Nexoversums seit Generationen in dem Bewusstsein, dass ihr Denken und Fühlen wie ein aufgeschlagenes Buch vor ihren Unterdrückern lag, überlegte Jason, dem es irgendwie missfiel, wie sich die beiden unverhohlen betrachteten.

»Du bist wirklich eine Angeli?«, erkundigte sich Taisho.

Shilla schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin eine Vizianerin. Aber nach allem, was ich herausfinden konnte, sind unsere Völker einander sehr ähnlich. Ich möchte gern mehr über die Angeli erfahren.«

Wieso verriet sie ihm das, wunderte sich Jason. Wie konnte sie der Tunte so schnell vertrauen? Es war nicht sicher, ob der Widerstand Fremden freundlicher gesinnt war als der Nexus. Vielleicht lag es ja daran, dass Taisho niedlich war. Niedlich … ha!

»Später. Wir sollten nicht zu lange an derselben Stelle bleiben.« Seine Augen wanderten flüchtig zu den Leichenteilen. Er öffnete den Mund, um noch etwas hinzuzufügen, entschied sich dann jedoch dagegen.

»Richtig«, stimmte Jason zu. »Die Soldaten werden uns schon bald hier unten aufstöbern.«

»Na, das wohl eher nicht«, korrigierte Taisho. »Die Feiglinge haben viel zu große Angst, in die Kanalisation zu steigen. Nur auf ausdrücklichen Befehl werden sie hier nach uns fahnden – bloß wer verrückt ist, wagt sich freiwillig in die Tiefe.«

»Wieso?«

»Die Bashiris sind nicht die einzigen hungrigen Bewohner dieser Region, die sich freuen, wenn sie einmal etwas anderes als Abfälle zu fressen bekommen. Was glaubt ihr, weshalb über jeder sanitären Anlage ein Lautsprecher angebracht ist und eine Stimme mahnt: ›Bitte immer Deckel schließen!‹?« Spöttisch zwinkerte er Jason zu. »Schon so mancher Besucher von einer anderen Welt, der sich nicht an die hiesigen Gepflogenheiten halten wollte oder der zu lange saß, erlebte eine unangenehme Überraschung …«

»Moment!« Jason ging nicht darauf ein. »Eine Frage ist noch immer offen: Warum willst … sollst du uns helfen?«

»Wer nicht für den Nexus arbeitet, ist zwangsläufig sein Feind. Jeder Feind des Nexus ist ein Freund von uns. Und Freunde helfen einander. Logisch, oder?«

»Eine etwas simple Logik …«, fand Jason.

Shilla nickte, um Taishos Begründung zu bestätigen. »Er meint, was er sagt.«

»Also schön«, knurrte Jason. »Wir wollen zurück zu unserem Schiff und von Reputus verschwinden. Vorschläge, wie wir das anstellen?«

»Ich führe euch zum Raumhafen. Dann sehen wir weiter.«

Jason zuckte mit den Schultern. Zumindest machte Taisho keine leeren Versprechungen, sondern wollte Schritt für Schritt vorgehen und gemäß der Situation entscheiden, die sie vorfinden würden. Vernünftig. An Shilla adressiert dachte Jason: »Deaktiviere den Kommunikator. Ich möchte mit dir reden, ohne dass der Knabe uns zuhört.«


Taisho hatte Wort gehalten. Er hatte Jason und Shilla zum Raumhafengelände gebracht und sie mehr als einmal vor tückischen Gefahren bewahrt, die in den Kanälen lauerten und ihnen ähnliche Probleme bereitet hätten wie das Bashiri. Beiläufig erwähnte Taisho, er habe schon häufiger Personen aus dem Hotel hinausgeschleust und durch die Kanalisation zu einem Schiff gebracht, mit dem der Flüchtling habe verschwinden können. Die Tatsache, dass es genügend Monster gab, die aus den Tiefen des Kanalsystems nach unvorsichtigen Benutzern der Toilette Ausschau hielten, und einige geschickt platzierte Blutspritzer und Gewebefetzen tarnten den Abgang eines Gejagten ideal.

Wieder an der Oberfläche bugsierte Taisho seine Begleiter eilig in ein lang gestrecktes Gebäude, das als Lagerhalle diente. Von den hohen Fenstern aus hatten sie einen guten Blick auf das Areal.

Die Celestine war zum Greifen nah und hätte dennoch in einer anderen Galaxie stehen können, so unerreichbar war sie hinter dem Kordon schwer bewaffneter Soldaten. Jason schüttelte verständnislos den Kopf. Der Nexus hatte eine Armee aufmarschieren lassen wegen zweier armer Würstchen … Wer auch immer diese Machthaber sein mochten, zweifellos waren sie paranoid.

»Nicht so dicht an die Fenster«, warnte Taisho und berührte Shillas Unterarm. »Es ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber man könnte uns von draußen bemerken. Unter den Soldaten sind einige, die auch auf größere Distanzen ausgezeichnet sehen oder Wärmequellen wahrnehmen können.«

Shilla hatte den Kommunikator aus Höflichkeit wieder angelegt, sodass Taisho ebenso wie Jason in der Lage war, ihre Worte akustisch zu hören und sie sich nicht an den fremdartigen Gedankenmustern ihres neuen Freundes erschöpfen musste. »Eine ziemlich zusammengewürfelte Truppe.«

»Der Nexus hat unseren Galaxien auch etwas Gutes gebracht«, entgegnete Taisho mit einem Anflug von Sarkasmus. »Alle Völker leben in Frieden miteinander und kooperieren. Aber das ist leider auch das Einzige, was man als positiv erachten kann.«

Jason kugelte sich fast die Augen aus, um nicht den Kopf drehen zu müssen, während er die beiden beobachtete. Er starrte auf Taishos Rechte, die immer noch locker um Shillas Handgelenk lag. Es war das erste Mal, dass Shilla die Berührung von jemand anderem als Jason duldete. Das erste Mal! Wie konnte das sein …?

Die Eifersucht drohte ihm die Kehle zuzuschnüren. Unsinn, wies er sich zurecht. Der Kerl war eine Tunte, er würde sich nicht an Shilla heranmachen, es bestand absolut keine Gefahr … anders als bei Sentenza, diesem Lackaffen. Oder hatte Taisho auch die Tunte nur gespielt? Konnte sogar er den vizianischen Pheromonen erliegen? Und was war mit Shilla? Sie war so anders als früher … leidenschaftlicher und gänzlich unberechenbar. Manchmal erschien sie ihm wie eine Fremde. Zwar hatte sie Jason vor gerade mal zwölf Stunden hingebungsvoll geküsst und war zweifellos zu noch einigem mehr bereit gewesen, aber der Junge schien ihr zu gefallen …

Shilla hatte Jasons restliche Skepsis gegenüber ihrem Helfer während des stummen Zwiegesprächs nicht ganz zerstreuen können. Auch die Frage, wie sie das Bashiri erledigt hatte, war nicht befriedigend von ihr beantwortet worden. Die kleine Waffe verfügte jedenfalls nicht über diese Vernichtungskraft. Gut, das konnte warten. Es war ja nur ein kleines Geheimnis mehr, das er zu den anderen Fragen addieren konnte, die sie ebenfalls nicht beantworten mochte.

Das aktuelle Problem war ihre gegenwärtige Situation, in der sie auf die Hilfe eines Unbekannten angewiesen waren. Jason vermochte selbst nicht zu begründen, was ihn an Taisho störte, doch Shilla äußerte lediglich lapidar, dass Jason nicht einmal seinem eigenen Schatten restlos über den Weg traue … geschweige denn einer anderen Person. Umgekehrt wunderte sich Jason, dass die Vizianerin den Burschen so schnell als Freund akzeptiert hatte, noch schneller gar als Skyta.

Immer noch klebte sein ärgerlicher Blick an dieser Hand, die Shillas Arm streichelte. Jason straffte sich und verschloss seine Gefühle tief in sich. Dann wandte er sich den beiden zu.

»Wir brauchen einen Plan, um die Wachtposten von der Celestine abzulenken. Wenn ihre Aufmerksamkeit etwas anderem gilt, können wir versuchen, an Bord zu gelangen.« Als niemand antwortete, fuhr Jason fort: »Hast du Kameraden, die einen Zwischenfall inszenieren können, Junge?«

Endlich zog Taisho seine Rechte zurück. »Wir sind zu wenige auf Reputus«, erklärte er, »erst recht zu wenige hier in diesem Bereich. Ich kann nicht riskieren, dass jemand gefangen oder gar getötet wird für ein Unternehmen, das keine Aussicht auf Erfolg hat.«

Jason packte ihn am Revers und drückte ihn mit dem Rücken gegen die Wand. »So, das heißt im Klartext, dass die große Hilfsbereitschaft in diesem Moment ihr Ende gefunden hat?«

Er wusste, dass er Unsinn redete, denn was er vorschlug, war Irrsinn. Wenn es stimmte, dass der Widerstand auf Reputus nur eine kleine Gruppe unterhielt, dann hatten die wenigen Rebellen mit ihren bescheidenen Mitteln keine Chance gegen die Übermacht der Sicherheitskräfte. In erster Linie genoss er auch nur die Befriedigung, einen Anlass gefunden zu haben, den Kerl durchschütteln zu können, der seine Shilla berührt hatte.

Mühelos befreite sich Taisho aus dem Griff und stieß Jason unerwartet heftig die flache Hand gegen die Brust, sodass dieser einen Schritt zurücktaumelte. »Alter Mann, ich habe nicht versprochen, dass ich euch an Bord eures Schiffes bringen kann, sondern dass ich versuchen werde, euch die Flucht von Reputus zu ermöglichen.«

Shilla drängte sich energisch zwischen die beiden, die sich mit geballten Fäusten fixierten. »Wenn ihr zwei infantilen Idioten euch schlagen wollt …«

Jason schnappte sich den quakenden Kommunikator und drosch einmal mehr mit seiner Faust auf den Würfel, wobei er sich vorstellte, es wäre Taishos grinsende Visage.

Danach war die Stimme wieder erträglich.

»… habt Ihr euch den idealen Zeitpunkt ausgesucht. Wir bekommen gleich Gesellschaft.«

»Was?«

Zwei Köpfe wandten sich der Glasfront zu.

»Das sind nur Arbeiter«, erkannte Taisho mit einem Aufatmen. »Dennoch, wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren. Möglicherweise sind Denunzianten darunter.«

»Denunzianten?«, hakte Shilla nach. »Als wir durch die Straßen flohen, haben uns viele Leute gesehen, aber bis auf einen Einzigen hat niemand versucht, uns aufzuhalten. Ich hatte den Eindruck, die Bevölkerung leiste dem Nexus und seinen Schergen passiven Widerstand.«

»Das trifft durchaus zu. Wer sich uns nicht anschließt, steht deshalb nicht zwangsläufig auf der Seite des Nexus. Allerdings gibt es einzelne Personen, die ihre Lage verbessern wollen, indem sie andere ausspionieren. Sind die Informationen bedeutsam, dann können sie sogar auf zusätzliche Lebensjahre hoffen. Für viele ist das ein großer Anreiz. Jeder Soldat erhält bei seiner Verpflichtung zusätzliche drei Jahre, und wer sich bewährt, wird mit weiteren honoriert. Versteht ihr? Das ist im ganzen Nexoversum so und viele erliegen der Verlockung. Ihr seid nicht von hier, nicht wahr? Sonst wüsstet ihr das.« Taishos Augen nahmen einen sehnsüchtigen Ausdruck an. »Bei euch ist es bestimmt viel besser. Ihr seid frei … Ihr könnt leben. Ich wünschte, ich könnte eure Galaxie kennenlernen …«

»Langsam«, sagte Jason. »Wie war das? Zusätzliche Lebensjahre? Kennt der Nexus etwa das Geheimnis des ewigen Lebens?« Joran, Botero, das Juvenil und der Hairaumer, schoss es ihm durch den Kopf. Half Joran etwa den Invasoren und wurde im Gegenzug mit Informationen versorgt, wie das Elixier hergestellt werden konnte, das relative Unsterblichkeit verlieh?

»Nein, nein.« Taisho schüttelte den Kopf. Seine Stimme klang hart. »Sobald eine Person ihr fünfunddreißigstes Lebensjahr beendet hat, muss sie sich in den Roten Hallen zur Enthirnung einfinden. Für besondere Verdienste kann man jedoch zusätzliche Lebenszeit geschenkt bekommen.«

»Bei allen …«, entfuhr es Jason, der blass geworden war. »Ich glaube, jetzt begreife ich … Das meinte Crii-Logan, als er davon sprach, dass sie auf der Sentok dienten, bis ihre Zeit gekommen sei. Und die Aufgabe der Sentok ist, die Gehirne der Toten einzusammeln …«

»Nicht die Gehirne von Toten«, hörte er Shilla entsetzt aufschreien. »Diese … Barbaren …«

»Was?«

Es dauerte einen Augenblick, bis die Vizianerin ihre Erschütterung überwunden hatte. »Die Gehirne werden lebenden Wesen operativ entfernt und in einer Nährlösung bei Bewusstsein gehalten. Sie erleiden dabei furchtbare Qualen. An Bord der Sentok und auch hier auf Reputus müssen sich Hunderte, wenn nicht Tausende lebender Gehirne in Agonie befinden.«

»Das … das muss ein Irrtum sein. Bist du dir sicher? Kannst du sie etwa hören?«

»Nein, sie sind gut abgeschirmt – zum Glück. Ich glaube, ich könnte es nicht ertragen, ihre Schreie empfangen zu müssen …«

Taisho bestätigte die grauenhafte Enthüllung. »Das ist das Schicksal aller Bewohner des Nexoversums. Es ist kein Schauermärchen, ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Shilla sah die abscheulichen Bilder in meinen Gedanken. Ich werde den Anblick nie vergessen können …«

»Weshalb lassen sich die Völker abschlachten und rebellieren nicht gemeinsam gegen den Nexus?«, fragte Jason verständnislos. »Ich begreife das nicht … Wie kann so etwas generationenlang geduldet werden? Der Nexus war bestimmt nicht immer so mächtig und den anderen Völkern überlegen. Was sind das für Wesen, die fähig sind, solchen Massenmord anzuordnen und auszuführen?«

Noch immer hatte er sich nicht völlig von dem Schock erholt, den ihm Shillas und Taishos Erläuterungen versetzt hatten. Lebende Gehirne … Es war kaum zu fassen, dass es Wesen von solcher Grausamkeit gab, die, aus welchen Gründen auch immer, unterlegene Völker wie Schlachtvieh hielten und auf brutalste Weise ermordeten. Er begriff auch nicht, weshalb sich die Leidenden nicht zusammenschlossen und gemeinsam gegen die Tyrannei rebellierten. War die Angst vor der Vergeltung des Nexus so groß? Diese geheimnisvolle Macht vermochte doch unmöglich ihre Position zu behaupten, wenn sich das ganze Nexoversum erhob. So viele treue Anhänger und Kriegsschiffe konnte der Nexus unmöglich aufbieten, um im gesamten Riesenreich die Rebellion niederzuschlagen.

»Wäre es so simpel, wie du glaubst, dann wäre der Nexus bestimmt schon von unseren Ahnen ausgeschaltet worden«, sagte Taisho. »Wir haben jedoch keine Zeit für Diskussionen. Habt ihr die Arbeiter vergessen?«

»Was hast du anzubieten?« Jason schaltete sofort um und fiel ihm brüsk ins Wort, was er im gleichen Moment bedauerte. Die Bewohner des Nexoversums waren arme Teufel, niemand hatte ein solches Schicksal verdient. Wie viele Jahre blieben dem Jungen wohl? Vielleicht zehn oder weniger? Selbst wer mit dem Wissen um seinen Todestag aufwuchs, haderte zweifellos mit dem Schicksal und sann auf eine Möglichkeit, diesem zu entgehen, oder verfiel in tiefste Depressionen. Kein Wunder, dass Sessha so melancholisch gewirkt hatte.

»Das Beiboot der Sentok ist fast fertig beladen und wird in einer knappen Stunde starten. Es werden nur noch Lebensmittelcontainer an Bord gebracht. Alles ist vorbereitet.«

Taisho führte Jason und Shilla durch die Regalreihen. Vor sechs großen Metallkästen blieb er stehen. Die Hälfte von ihnen trug eine blaue Marke.

»In dreien befinden sich die besagten Lebensmittel. Die anderen sind leer. Ihr braucht lediglich hineinzusteigen. Ich werde die Marken auf eure Container kleben. Ein Kamerad wird sie in einer halben Stunde abholen und an Bord bringen. Crii-Logan fliegt zur Sentok zurück und ihr seid in Sicherheit.«

»Und mein Schiff?«, begehrte Jason auf. »Ich kann es nicht einfach hierlassen. Wie sollen wir ohne die Celestine jemals wieder nach Hause gelangen …«

»Hier geht es um mehr als nur um das Schiff«, erwiderte Taisho. »Ihr könnt nicht ewig vor den Soldaten davonlaufen. Sie werden ihre Bemühungen, euch zu finden, intensivieren. Was sie mit euch anstellen werden, wenn ihr in ihre Gewalt geratet … ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass keiner zurückkehrte, den die Sicherheit in Gewahrsam nahm. Wenn ihr am Leben bleiben wollt, habt ihr keine andere Wahl.«

»Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob wir dir vertrauen dürfen.«

»Auch in diesem Fall bleibt dir keine andere Wahl. Ihr müsst euch schnell entscheiden; die Arbeiter sind gleich hier.«

»Was passiert mit meinem Schiff, wenn wir es zurücklassen?«

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