Kitabı oku: «Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990», sayfa 3
Auf dem Weg in die Heimat getötet
„Nachdem der Krieg nun schon fast sechs Monate vorbei war, wollten wir, meine Mutter (44 Jahre), meine Stiefschwester (22 Jahre) und ich (11 Jahre), die wir aus dem Rheinland ins Mansfelder Land evakuiert worden waren, endlich wieder zurück in unsere Heimat. Am 17. Oktober 1945 machten wir uns mit unserem Gepäck, das wir auf einem kleinen Handwagen und auf dem Fahrrad meiner Schwester mit uns führten, auf den Weg. Dieser führte uns per Bahn zunächst nach Ellrich, wo wir am späten Abend ankamen. In einem Gasthof fanden wir Unterkunft für die Nacht. Am anderen Tag, den 18. Oktober 1945 traf sich um die Mittagszeit eine Gruppe von 30 bis 40 Leuten, die, wie wir, zum Bahnhof Walkenried wollte. Gemeinsam marschierten wir auf der Straße von Ellrich in Richtung Walkenried, als wir von zwei sowjetischen Posten noch vor der Demarkationslinie aufgehalten und in barschem Ton zur Umkehr aufgefordert wurden. Die Gruppe machte sofort kehrt und schlug den Weg wieder nach Ellrich ein. Den Schluss der Gruppe bildeten wir drei mit unserem Handwägelchen und Fahrrad. Plötzlich fiel ein Schuss und meine Mutter, an deren Hand ich ging, brach zusammen. Der Schuss hatte sie von hinten getroffen und war an der Brust wieder ausgetreten. Sie war auf der Stelle tot. Meine Schwester und ich waren wie gelähmt. Die anderen beeilten sich, wegzukommen. Meine Schwester und ich versuchten unsere Mutter auf unser Handwägelchen zu legen, um mit ihr nach Ellrich zurückzukehren. Die beiden sowjetischen Posten hinderten uns mit aufgepflanztem Bajonett daran, das zu tun, und jagten uns hinter den anderen her. Unsere tote Mutter mussten wir zurücklassen. Um sie holen zu können, gingen wir zur russischen Kommandantur in Ellrich und baten um Hilfe. Dort erklärte man uns, dass unsere Mutter nicht erschossen, sondern an einem Herzinfarkt verstorben sei. Zwischenzeitlich war ein sowjetisches Kommando mit Schaufeln, das uns auf einem Lkw entgegen gekommen war, zum Tatort gefahren und hatte unsere Mutter, wie wir später erfahren haben, dort im Straßengraben verscharrt. Während ich vorerst sehr nette Aufnahme bei dem Ortspolizisten Werner Wiegand fand, kam meine Schwester wieder im Gasthof unter. Tage später holten britische Militär-Lkws die sich auf der sowjetischen Seite stauenden und in ihre Heimat zurückwollenden Evakuierten, darunter auch uns beide, ab und brachten uns in ein Lager, wo wir, wie in solchen Fällen üblich, entlaust wurden. Vom Bahnhof Walkenried haben wir dann die beschwerliche Reise nach Hause angetreten.
Erst am 31. Mai 1946, also sieben Monate nach ihrem Tod, ist die Leiche meiner Mutter in der Nähe der Stelle, wo sie erschossen wurde, verscharrt aufgefunden worden. Sie wurde ausgegraben, eingesargt und auf dem Friedhof von Ellrich beigesetzt.“
(Erlebnisbericht von der Tochter des Opfers, Frau Gertrud Hogen, Freialdenhoven)
Strittiger Grenzverlauf im Bereich der Kutzhütte
Nachdem die sowjetischen Kommandos am 23. Juli 1945 unter anderem auch die Kutzhütte geräumt hatten, wurde diese, ein auf dem Gelände der Gemeinde Branderode zwischen Neuhof und Walkenried liegendes Gipswerk, am 2. August 1945 wieder durch die Sowjets besetzt. Offensichtlich war bei der Festlegung des Gebietstausches das Gelände der Kutzhütte nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Sowjets sperrten die Straße nach Neuhof und Walkenried mit Stacheldrahtverhauen und veranlassten die Evakuierung der Bewohner nach Branderode. Da sie offensichtlich nicht an einer Wiederinbetriebnahme des Gipswerkes interessiert waren, gaben sie die Kutzhütte zur Plünderung frei. Von den Einwohnern der nahen, sowjetisch kontrollierten Ortschaften, Branderode, Obersachswerfen und Liebenrode wurden Motoren, Geräte, Kohle u. a. aus dem Werk abtransportiert. Durch Intervention der britischen Militärbehörden gelang es dann, vermutlich durch Tausch gegen einen Gebietsteil im Raum Duderstadt, die Kutzhütte endgültig in ihr Interessengebiet einzugliedern. Am 16. September 1945 verließ das sowjetische Kommando die Kutzhütte und die Bewohner kehrten an ihre Wohnstätte zurück.
(nach F. und W. Reinboth: Walkenrieder Zeittafel, 1999)
Zeittafel 1945
1. bis 3. Juli 1945 | Die amerikanischen Streitkräfte verlassen Thüringen und den Südharz |
2. Juli | Besetzung von Walkenried durch britische Truppen |
4. bis 5. Juli | Besetzung von Branderode, der Kutzhütte, Obersachswerfen, Clettenberg, Neuhof, Tettenborn durch sowjetische Truppen |
3. bis 23. Juli | Bad Sachsa ohne Besatzung |
7. Juli | Einstellung des Eisenbahnverkehrs zwischen Walkenried und Ellrich |
8. Juli | Britische Truppen besetzen Bahnlinie zwischen Walkenried und Osterhagen, ziehen sich am 10. Juli wieder zurück |
12. Juli | Abkommen über Eingliederung von Bad Sachsa und Tettenborn in das britische Interessengebiet |
23. Juli | Die sowjetischen Truppen verlassen Tettenborn, Neuhof, die Kutzhütte, das Vorwerk Wiedigshof, die Juliushütte. Britisches Militär übernimmt die geräumten Ortschaften |
23. Juli | Eingliederung von Bad Sachsa und Tettenborn in den Kreis Osterode |
2. August | Sowjetische Truppen besetzen erneut die Kutzhütte und evakuierten die Bewohner |
16. September | Die Kutzhütte wird endgültig Teil des britischen Interessengebietes |
Das Jahr 1946
Entgegen dem Verbot des Alliierten Kontrollrates passierten nach wie vor täglich mehrere tausend Menschen illegal in beiden Richtungen die Demarkationslinie im Südharz. Einzeln oder in kleinen oder größeren Gruppen suchten die Menschen, die ihre wenig verbliebene Habe in Rucksäcken, Koffern und Kartons, auf Fahrrädern oder auf Kinder- und Handwagen mit sich führten, manchmal noch die Kinder an der Hand, einen sicheren Weg durch Wald und Feld zum nächsten Bahnhof auf der anderen Seite. Zu den Grenzgängern gehörten natürlich auch die Bewohner der Grenzregion, die vielfach auf der anderen Seite Verwandte, Freunde und oftmals Besitz hatten. Viele Menschen überwanden die Demarkationslinie, um bei der allgemein herrschenden schlechten Versorgung Lebensmittel jeglicher Art für ihre Familien auf der anderen Seite zu ergattern. Verwandte und Bekannte auf dem Land, aber auch die Fischer an der Küste waren das vorrangige Reiseziel. Zu den Grenzgängern kamen sehr bald Schmuggler und Schieber, die mit der Beschaffung von dringend benötigten Waren von der jeweils anderen Seite gute Geschäfte machten.
Verbotsschild der britischen Grenzstation in Walkenried (Grenzlandmuseum Bad Sachsa)
Demarkationslinie (Foto: Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden)
Das Überschreiten der Demarkationslinie ohne Genehmigungspapiere war nach wie vor verboten. Die militärischen Grenzposten beider Seiten nahmen die gefassten Grenzgänger fest und führten sie der deutschen Polizei zu. In den meisten Fällen wurden die Festgenommenen nur verwarnt und in ihre Zone zurückgeschickt. Mitgeführte Waren wurden, wenn sie den persönlichen Bedarf überschritten, beschlagnahmt. Von den sowjetischen Posten kam es weiterhin zu häufigen Ausschreitungen im britischen Interessengebiet, im Grenzgebiet gestellte Frauen wurden weiterhin oft vergewaltigt. Bei der Verfolgung von Verbrechen arbeiteten die Polizeibehörden beider Seiten damals noch zusammen.
Die Grenzwachen beider Zonen erlaubten zunächst den Landwirten, die Äcker auf der anderen Seite besaßen, den Grenzübertritt zu deren Bearbeitung. Auf östlicher Seite mussten sich die Bauern, die auf Feldern in Grenznähe arbeiten wollten, durch Feldscheine ausweisen. Westdeutsche Landwirte konnten mit entsprechenden Bescheinigungen die Grenze zur Bearbeitung ihrer Äcker in der SBZ überschreiten.
Landarbeiterinnen überqueren die Demarkationslinie zwischen Tettenborn und Klettenberg (Foto: Grenzlandmuseum Bad Sachsa)
Feldschein der Gemeinde Branderode (Grenzlandmuseum Bad Sachsa)
Auf dem Weg zum Bahnhof Walkenried passierten viele der Grenzgänger den unmittelbar an der Demarkationslinie liegenden und bereits zum britischem Gebiet gehörenden Eisenbahntunnel, sowie die ebenfalls bereits auf britischem Gebiet liegenden Ansiedlungen der Juliushütte in der Nähe von Ellrich und des Wiedigshofes in unmittelbarer Nähe von Obersachswerfen.
Eisenbahntunnel in Richtung Walkenried, 350 m lang (Foto: P. Schmelter)
Am 30. Juni 1946 wurde auf Drängen der Sowjetischen Militäradministration durch Kontrollratsbeschluß die Demarkationslinie zwischen der sowjetischen und den westlichen Besatzungszonen vollständig gesperrt. Entsprechend den Kontrollratsdirektiven benötigten Personen, die aus dringenden Gründen in eine andere Zone reisen wollten, vom 29. Oktober 1946 an einen bei den alliierten Behörden zu beantragenden Interzonenpaß, der 30 Tage gültig war.
Juliushütte und Wiedigshof
Die beiden zu Walkenried gehörenden Örtlichkeiten „Juliushütte“ und „Wiedigshof“ spielten in den ersten Nachkriegsjahren für viele Grenzgänger eine wichtige Rolle, da sie auf dem Weg zwischen dem Bahnhof Walkenried und dem Bahnhof Ellrich unmittelbar an der Demarkationslinie lagen. Es erscheint daher angebracht, zu diesen beiden nachstehend einige Informationen zu geben.
Hilfreiche Unterstützung beim Gepäcktransport über die Grenze (Foto: E. Meyer)
Die Juliushütte, die ihren Namen dem Fabrikanten Julius Bergmann verdankte, der etwa um 1884 unmittelbar vor den Toren Ellrichs eine Gipsfabrik errichtet hatte, war bis Kriegsende zu einer kleinen Siedlung mit Produktionsgebäuden, Wohnhäusern, Schuppen und Stallungen angewachsen. Es lebten dort zeitweilig über 100 Menschen. Die meisten der dort ansässigen Familien waren in der Holzmehlfabrik von Armin Trinks beschäftigt, die dieser nach Einstellung der Gipsproduktion in den verlassenen Gebäuden des früheren Gipswerkes etwa um 1936 gegründet hatte. 1944 mussten die Wohngebäude der Juliushütte für die Wachmannschaften des dort neu entstandenen, unmittelbar angrenzenden Konzentrationslagers „Erich“ geräumt werden. Erst nach Kriegsende konnten die Familien in ihre früheren Wohnungen zurückkehren. Nach dem Rückzug der Amerikaner aus Thüringen besetzten die Sowjets für mehrere Wochen die Juliushütte, mussten sich dann aber hinter die vereinbarte Demarkationslinie zurückziehen. Den Bewohnern der Juliushütte, die sich im nahegelegenen Ellrich mit allem Lebensnotwendigen versorgten und deren Kinder dort zur Schule gingen, wurden diese Möglichkeiten durch die entstandene Demarkationslinie genommen.
Grenzgänger am Tunnel. Sammlung Horst Gundlach
Für viele der zahlreichen Grenzgänger war die Juliushütte oftmals der erste Rastplatz auf Westgebiet vor dem beschwerlichen drei Kilometer langen Fußmarsch zum Bahnhof Walkenried. Gegen ein geringes Entgelt, aber oft auch kostenlos, brachten die Bewohner der Juliushütte Gepäckstücke der Grenzgänger zum Bahnhof Walkenried. Wegen der zahlreichen Grenzgänger wurde vom Landespolizeiposten Walkenried schon im Januar 1946 ein Hilfspolizist auf der Juliushütte eingesetzt, der unter anderem auch die Kontakte von Bewohnern der Juliushütte mit sowjetischen Soldaten an der nahen Grenzlinie unterbinden sollte.
Da als Folge der Grenzziehung die verbliebenen etwa 100 Bewohner der Juliushütte auch von der Bahnverbindung nach Walkenried abgeschnitten waren, wurde am 27. Juni 1946 vom Bahnhof Walkenried ein Pendelverkehr zu einer provisorischen Haltestelle an der Juliushütte, die nur etwa 300 m von der Demarkationslinie entfernt lag, eingerichtet.
Am 4. August 1955 brannte die Holzmehlfabrik ab. Da an einen Wiederaufbau nicht zu denken war, verließen die letzten verbliebenen Bewohner von 1960 an die Juliushütte und fanden im Ort Walkenried neue Unterkünfte. Die Gebäude verfielen allmählich und ihr trostloser Anblick wurde in den folgenden Jahren öfters von den Medien der DDR zur Propaganda gegen die BRD genutzt. Im Juni 1964 wurden dann auf Initiative der Bundes- und der Landesregierung die drei noch vorhandenen Wohngebäude, drei Fabrikschornsteine und die anderen Gebäudereste von der Bundeswehr gesprengt und das Gelände nach Beseitigung der Trümmer renaturiert.
Wiedigshof, 1990 (Foto: H. Gundlach) Die Juliushütte um 1960 (Foto: P. Schmelter)
Wiedigshof, 1990 (Foto: H. Gundlach) Die Juliushütte um 1960 (Foto: P. Schmelter)
Der heutige Ortsteil von Walkenried „Wiedigshof“ hat seinen Ursprung in dem zur ehemaligen Domäne Walkenried gehörenden, gleichnamigen Vorwerk, das ungefähr drei Kilometer von Walkenried entfernt, direkt an der braunschweigisch-preußischen Grenze lag. Die entlang der alten Landesgrenze gezogene Demarkationslinie grenzte von 1945 an somit unmittelbar an das Gelände des Wiedigshofes. Für zahlreiche Grenzgänger war der Hof daher häufig Ausgangs- oder Zielpunkt für die illegale Grenzüberschreitung. In den ersten Nachkriegsjahren war der Hof öfters auch das Ziel von Übergriffen der in unmittelbarer Nähe stationierten sowjetischen Posten. In den Jahren 1953 bis 1956 wurde das Vorwerk des Stiftsgutes zusammen mit diesem aufgesiedelt; auf den ehemaligen Gutsflächen entstanden landwirtschaftliche Betriebe für Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten.
Aus den Akten des Landespolizeipostens Walkenried 1946
Kreispolizeiamt
Ellrich, den 8. 2. 1946
Ellrich
An
den Landespolizeiposten
in Wa lkenried
Betr.: Aufgefundene Leiche des Herbert H.
Auf Ihr Schreiben vom 23.1 1946 – hier eingegangen am 7. 2. 1946 – wird Folgendes berichtet:
Es besteht hier kein Zweifel, dass Herbert H. beim unbefugten Grenzübergang von einer russischen Grenzstreife angeschossen worden ist.
Bei der Leichenbesichtigung wurde festgestellt, dass Spuren eines vorhergehenden Kampfes, Würgemerkmale, Druckstellen, Kratzwunden, Strangulationen usw. an der Leiche nicht vorgefunden wurden. Leichenstarre war eingetreten, aber noch nicht vollendet. Der Körper war völlig erkaltet. Die Kehrseite der Leiche zeigte die üblichen Lagerflecken der Haut, welche durch das Ansammeln des Blutes natürlich hervorgerufen werden. Im Rücken, und zwar auf der linken Seite, etwa 10 cm von der Wirbelsäule entfernt, zwischen der 6. u. 7. Rippe, befand sich ein Einpfennigstück großer Einschuß. Der Ausschuß, etwa ein Zehnpfennig großes Loch, befand sich in der Magengegend. Der Ausschuß liegt etwa 10 cm tiefer als der Einschuß. Der Blutverlust war nur gering, es konnte dieses am Zustand der Wäsche festgestellt werden. Es handelt sich einwandfrei um einen Weitschuß. Irgendwelche Personalpapiere befanden sich nicht bei der Leiche. Bei der Leiche befand sich ein Handkoffer mit Damen- u. Bettwäsche, sowie zwei Geldbörsen mit 33,37 RM Inhalt. Der Handkoffer stand etwa 8 – 10 Meter von der Leiche entfernt an einem Pfosten gelehnt. In dem Koffer befanden sich noch 13 Briefe, die höchstwahrscheinlich hier zur Post gegeben werden sollten.
H. wird sich, nachdem er angeschossen worden war, bis zur Feldscheune geschleppt haben. Dort hat er seinen Koffer abgestellt und sich ein Lager gesucht, wo er sich niedergelegt hat. Der Tod ist infolge der Schussverletzung und innerer Verblutung eingetreten. Ein Verbrechen kommt nach den getroffenen Feststellungen nicht in Frage und sind hierfür auch keine Anhaltspunkte vorhanden.
Was nun den Begleiter des H., den Kurt V., betrifft, so muß berichtet werden, dass nicht anzunehmen ist, dass dieser irgendwie mit dem Ableben des H. in Verbindung zu bringen ist. V. hat bestimmt die Grenze mit einer Waffe nicht überschritten. Beide werden beim Grenzgang, nachdem sie von der russischen Streife überrascht und beschossen wurden, sich getrennt haben. Die Nachforschungen zur Ermittlung des Aufenthaltes des V. sind sofort aufgenommen worden. Ich bitte auch dortseits Nachforschungen nach V. anzustellen, damit der Tatbestand einwandfrei geklärt werden kann. Im Erfolgsfalle bitte ich umgehend nach hier zu berichten.
Lpol.-Posten
Walkenried, den 18. Februar 1946
Walkenried
Der Fleischer Stanislaus M., geb. am 8. 5. 1919 in T., Kreis R. wohnhaft in Walkenried, Juliushütte, erstattet folgende Anzeige:
„Am Freitagmorgen, den 15. 2. 46, ging ich gegen 5.30 Uhr von der Juliushütte fort, um an der Bahn entlang nach Walkenried zum Bahnhof zu gehen. In meiner Begleitung befanden sich eine Frau Z., Frau H. und Willi H. von der Juliushütte. Als wir aus dem Tunnel herauskamen, tauchten plötzlich Rudolf Hr. mit seinem Bruder und einem Polen, der sich wochenlang bei Hr. unangemeldet aufhält, vor uns auf. Sie gaben an, dass sie auf jemand warteten, von dem sie angeblich am Abend zuvor überfallen sein sollten.
Als wir dann weitergingen, kamen sie jedoch hinter uns her und gingen ebenfalls zum Bahnhof. Wie ich beobachtet habe, sind sie bis Bad Sachsa gefahren und dort ausgestiegen.
Wie ich jetzt durch eine Frau G. erfahren habe, hätten diese betreffenden Personen geäußert, dass sie mich totgeschlagen hätten, wenn ich alleine gewesen wäre am fraglichen Morgen. Dieser Rudolf Hr. war im damaligen KZ-Lager als Wachmann von der SS, während ich in diesem Lager als Häftling gesessen habe.“
Kreispolizeiposten Woffleben
29. März 1946
Von Amts wegen wird Folgendes angezeigt:
In der Nacht zum 27. März 1946 wurde von bisher noch unbekannten Tätern bei dem Bauer Willi G., in Woffleben wohnhaft, ein Einbruchsdiebstahl ausgeführt. Es wurden aus dem Pferdestall zwei Zuchtstuten im Werte von etwa 10 000 RM. gestohlen. Die Täter sind vom Felde her durch die Gärten in das Gehöft von der Ostseite eingedrungen. Die Täter haben den Verschluß von der Stalltür gewaltsam entfernt und sind so in den Pferdestall eingedrungen. Im Stall haben die Täter die Anbindeketten von den Ringen gelöst und die Pferde aus dem Stall gezogen. In dem Gehöft befindet sich ein schmaler Gang, welcher nach dem Garten führt. Durch diesen Gang haben die Täter die Pferde nach dem Garten geführt. Hinter dem Garten fließt die Zorge entlang. Durch das Wasser sind anscheinend die Pferde nicht gegangen. Die Täter haben deshalb ein Feld vom Gartenzaun des Gastwirts Oskar B. entfernt und sind so in den Garten des B. gekommen. Im Grundstück des B. haben die Täter dann zwei Tore geöffnet und sind mit den Pferden ins Freie gekommen. Die Täter haben sich dann, wie an den Spuren festgestellt werden konnte, in Richtung Gudersleben entfernt.
Beschreibung der Pferde: … …
Sofort nach Erstattung der Anzeige wurden umfangreiche Nachforschungen nach den beiden Pferden angestellt. Sämtliche Polizeiposten wurden telefonisch von dem Diebstahl in Kenntnis gesetzt. Trotz der sofort aufgenommenen Nachforschungen konnte über den Verbleib der beiden Pferde nichts in Erfahrung gebracht werden. Es ist anzunehmen, dass beide Pferde über die nahegelegene Grenze ins englisch besetzte Gebiet gebracht worden sind.
Landpolizeiposten Walkenried
Walkenried, den 20. 6. 1946
Tob. Nr. 242/46
An
Chef der Polizei des Kreises Goslar
in Goslar
Betr.: Bericht über Grenzzwischenfall in Walkenried
Am 19. 6. 1946, gegen 20.30 Uhr, erschienen drei russ, Offiziere auf Motorrädern am Eingang des Ortes Walkenried und erkundigten sich bei verschiedenen Einwohnern nach der derzeitigen engl. Besatzung. Daraufhin fuhren sie in Richtung nach Unterzorge weiter und sind anscheinend von dort aus nach Ellrich ins russ. besetzte Gebiet zurückgefahren.
Dieser Vorfall wurde heute morgen dem für Walkenried zuständigen Kommandanten der brit. Einheit gemeldet, der sofort insofern Gegenmaßnahmen getroffen hat, als künftig laufende Streifen nach den Grenzpunkten entsandt werden.
Das Eindringen der Russen ist wohl darauf zurückzuführen, weil der Grenzort Walkenried seit etwa 14 Tagen ohne engl. Besatzung ist und die Russen dies inzwischen in Erfahrung gebracht haben dürften.
(Hermann G.)
Meister d. Landpolizei
Landespolizeiposten Walkenried
Walkenried, den 25. Juni 1946
Anzeige wegen Vergewaltigung durch einen russischen Posten
Geschädigt: Die Hausangestellte Irmgard F., geb. … 1925, wohnh. ….b/Halle, erstattet folgende Anzeige:
„Ich bin seit dem 3. 3. 1945 aus Schlesien evakuiert und wohne seit dieser Zeit bei Halle. Meine Mutter wohnt seit dieser Zeit in Saarbrücken. Da ich sie schon lange nicht gesehen habe, wollte ich sie besuchen.
Zu diesem Zwecke wollte ich am 24. 6. 1946 bei Ellrich über die Grenze gehen, um von Walkenried nach Saarbrücken zu fahren. In meiner Begleitung befanden sich zwei Männer und vier Frauen. Als wir etwa 1 ½ km von der Grenze entfernt waren, begegnete uns ein ca. 16-jähriger Junge, der uns die Richtung anwies. Wir folgten seinem Rate und sind zwei russ. Posten in die Hände geraten. Diese führten uns in ein Gebüsch, wo wir durchsucht und ausgeplündert wurden. Hierauf wurden alle anderen Personen fortgeschickt. Mich hat der russ. Posten zurückgehalten und mich unter Bedrohung mit der Waffe vergewaltigt. Nach der Vergewaltigung hat der Russe sein Messer gezogen und mich zur brit. Zone gejagt. Ich ging hier in Walkenried sofort zum Arzt Dr. Riechert zur Untersuchung. Dieser sagte mir, ich solle bei der Polizei eine Anzeige erstatten.“