Kitabı oku: «EINSICHT in UNerhörtes», sayfa 11
Frauen, die Mutterschaft generell ablehnen
Es gibt die Anschauung, es sei fahrlässig, angesichts der Bevölkerungszunahme und des Klimawandels Kinder in die Welt zu setzen, da keine Kinder eben auch überhaupt kein CO2 verbrauchen. Man solle daher keine Mutterschaft mehr propagieren.
Meine Erfahrung zeigt hier Folgendes:
In der psychosomatischen Arbeit mit Frauen bleibt unerfüllter oder unerfüllbarer Kinderwunsch sowie für den eigenen Lebensentwurf abgelehnte bzw. nicht gewollte Schwangerschaft, unabhängig von der lebensgeschichtlich für sich eingeordneten Bedeutung, ein großes und oft leidvolles Thema, das im Verborgenen eine sich in Körper und Seele auswirkende anhaltende Energie haben kann.
Andererseits erzählen Frauen auch davon, dass sie sich nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema es als für sich stimmig und richtig empfinden, eine Mutterschaft nicht einzugehen, und dass dies sie nicht belastet. Diese Frauen agieren allerdings nicht unbedingt vehement gegen Mutterschaft, sondern sehen es als ihren persönlichen Entschluss. Vielfach gibt es in ihrem Leben etwas, was sie als unverzichtbar und wichtiger erleben als Mutter zu werden, bzw. sind „Mutter“ von etwas anderem häufig Ideellem.
Offensichtlich stehen zur Zeit die beiden Möglichkeiten im Leben einer Frau für viele Frauen als eben möglich nebeneinander, ohne dass die eine Möglichkeit „besser“ als die andere empfunden wird.
Diese Grundthematik, Auseinandersetzung mit dieser komplexen und tiefen Entscheidung hat die kanadische Schriftstellerin Sheila Heti in ihrem Buch „Mutterschaft“ umfangreich und bewegend ausgeführt und dabei auch die Bedeutung ihres Enkelseins, einer Großmutter, die Auschwitz überlebt hat, hervorgehoben.
In spiritueller Sicht möchte ich sagen, dass eine schwierige Zeit auch immer Knospen hervorbringt, also Kinder inkarnieren und geboren werden, deren Blühen die Welt unbedingt braucht. Ein generelles aktives Beenden der Fortpflanzung des Menschen würde hier aus meiner Sicht eher ein tragischer Verlust sein. Glücklicherweise wird das sicherlich nicht eintreten, weil die Menschen viel Freude an der Fortpflanzung haben und die meisten auch an Kindern. Aber wir sind natürlich verpflichtet und herausgefordert, den nachfolgenden Generationen die Erde so zu hinterlassen, dass das Leben lebenswert bleibt! Aus Indianerweisheit (ich wertschätze das Wort Indianer immer noch sehr), sollten wir zumindest Verantwortung für sieben nachfolgende Generationen haben. Offensichtlich müssen wir wieder lernen, sehr viel weiterzudenken als in Quartalsberichten der Wirtschaft und vierjährigen Legislaturperioden!
Mütter-Fundamentalisten
Es gibt einige, meist gut situierte Mütter, die ihr Muttersein in einer Weise in die Öffentlichkeit tragen, dass sie anderen Lebensentwürfen vollkommen intolerant gegenüber werden und die Kinder wie Ikonen vor sich hertragen und Mütter, die das so nicht tun, als schlechte und unmögliche Mütter beschimpfen. Viele davon fühlen sich dem „Attachment Parenting“ zugehörig. Dies halte ich allerdings für eine fundamentalistische Entartung der Idee der Gründer William und Martha Sears, die ich als eher tolerant sehe, die nur konsequent vor Experten zur Kindererziehung warnen und auf gute und intuitive Wahrnehmung der Eltern verweisen.
Ebenfalls fundamentalistisch kommen viele Helikopter-Eltern daher, ohne Einwände zu berücksichtigen, dass sie die Selbstwirksamkeit und erobernde Neugier ihrer Kinder massiv und mit ungünstigen Folgen für das weitere Leben und Lernen der Kinder untergraben.
Solche fundamentalistischen Positionen sind für Kinder aus meiner Sicht nicht hilfreich, sondern können eher schädigen.
2.3.4 Rechtsextremistischer Missbrauch von Mütterthemen
Rechts-Extremisten und -Populisten nutzen Berichte zur Bedeutung des Mutterseins in vermeintlicher Übereinstimmung der Meinungen in der Öffentlichkeit vielfach als Unterstützung ihrer Positionen für ihre national-völkischen und rassistischen Einstellungen und Selbstwahrnehmungen, die Mütter zum Gebären funktionalisiert und degradiert. Dem muss man entschieden entgegentreten. Wir haben dazu schmerzliche Leidenserfahrungen in unserer eigenen Geschichte.
Ich möchte daher an dieser Stelle erwähnen, dass eine Kindesentwicklung in liebevoller Umhüllung wie in Kapitel 1 beschrieben, die Kinder für rechtsextremistisches oder aber überhaupt extremistisches Gedankengut weitestgehend unempfänglich macht. So haben Forschungen gezeigt, dass Kinder, die in der Kindheit nicht geschlagen bzw. vernachlässigt wurden und viel Liebe erfahren haben, später sehr selten rechtsextremistische Positionen vertreten, im anderen Fall mindestens dreimal so häufig (siehe auch Kapitel 4).
Heutzutage gibt es nun in Europa wieder solche offen geäußerten Einstellungen, Beispiele dazu finden wir aktuell in der alleinregierenden Fidesz-Partei von Viktor Orban in Ungarn und ähnlich in der bis vor Kurzem mitregierenden Lega-Partei von Matteo Salvini in Italien, die Gebärprämien und weitere Vergünstigungen für die „Aufzucht“ von originär-ungarischen bzw. originär-italienischen Kindern geben wollen bzw. propagieren. Aber es gibt solche Einstellungen ja auch offen wieder in rechten Szenen in Deutschland. Zum Beispiel wird in der AfD schon mal die Drei-Kind-Familie propagiert als Überfremdungsschutz gegenüber Ausländern und Geflüchteten.
Familien mit drei oder mehr Kindern können wunderbar sein, aber haben mit solchem Unsinn wie Überfremdungsschutz natürlich nichts zu tun.
Was vereinzelt auch heutzutage noch Frauen dazu bewegt, sich in der Pflicht zu fühlen, ihre Mutterschaft als völkisch notwendiges Gebären zu sehen und zu verklären, ist dabei nicht einfach zu verstehen. Es bietet allerdings für Frauen die Möglichkeit einer hohen Anerkennung bei gleichgesinnten Männern wie Frauen. Diese Frauen müssen aber den Missbrauchs-Charakter in ihrer Rolle als Frau ignorieren bzw. verdrängen können. Allerdings sieht man aktuell, dass Frauen in Deutschland wenig die AfD wählen bzw. in diese Partei eintreten, ein deutlicher Hinweis auf eine hier bei uns gestärkte, für rechtspopulistische Propaganda unempfängliche Frauenbewegung.
Im Dritten Reich scheint dieses Verdrängen vordergründig ja auch für eine große Zahl von Frauen notwendig gewesen zu sein, vermutlich war es für viele überlebenswichtig, nicht aufzubegehren. Die damalige Pflichtlektüre des Mütter-Ratgebers der Ärztin Johanna Haarer „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ in den Mütter-Schulen wird ihren Teil dazu beigetragen haben.
In diesem Buch werden der Mutter die natürlichen Empfindungen zu ihrem Kind ausgetrieben und eine harte, unerbittliche Erziehung propagiert, damit das Kind begreift, „dass ihm sein Schreien nichts nützt, …“ Bis 1945 sollen etwa fünf Millionen Mütter diese Mütterschulen besucht haben.
Sicherlich hatte dabei auch die hohe gesellschaftliche Anerkennung als gebärende Mutter im Nationalsozialismus eine entlastende Funktion im Leben von Frauen in solcher hochpatriarchalisch geprägten menschenfeindlichen Struktur.
Die Entwicklung unserer Gesellschaft hin zu realer Geschlechter-Gerechtigkeit wird diese mögliche Bereitschaft von Frauen, Gebären und Mutterschaft in diesem missbrauchenden Sinne geschehen zu lassen, sicherlich beenden.
Einen möglichen Umgang mit allgemein populistischen und insbesondere rechtsextremen Positionen heute und ihren Ursachen und Zusammenhängen beschreibe ich in Kapitel 4.
Fazit
Aktuell ist aber für die meisten Gesellschaften auf der Erde, übrigens in allen großen Religionen, mehrheitlich auch im Islam, das Paar- und Familienmodell von Männern und Frauen Grundlage der heutigen Gesellschaften. Allerdings in Integration mit einem Teil der Gesellschaft, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, und zunehmend mit Menschen, die gewollt oder ungewollt als Single leben, unabhängig von der sexuellen Identität. Diese Modellgrundlage wird sich in den nächsten zehn bis dreißig Jahren, also dem Zeitraum, für den ich Gestaltungsräume auslote und beschreibe und für den ein Umlenken in allen Bereichen des Lebens notwendig ist, um ein gutes Weiterleben auf der Erde zu ermöglichen, nicht gravierend ändern.
Insofern ist mein Schwerpunkt für dieses Buch die reale, in der Gesellschaft mehrheitlich anzutreffende Situation der Paare und Familien, ebenso die Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern. Denn hier geht es mir ja im Kern um die Situation aller Kinder. Was sich aber hoffentlich zunehmend ändern wird, ist die patriarchalische Grundstruktur, die fast überall in unterschiedlichem Maße auf der Erde noch wirksam ist (siehe weiter Kapitel 4). Dies wird trotz der Corona-Krise, die ja aktuell eher die traditionellen Geschlechterrollen bekräftigt, sicherlich nachfolgend weitergehen. Insofern müssen wir gemeinsam unseren Willen, dies zu ändern, im Sinne echter Gleichberechtigung stärken.
Dass hier die Eltern vielfach in bessere Lebens-Bedingungen gebracht werden müssen u. a. durch politische Entscheidungen, wird deutlich werden, wenn wir uns die Alltagskompetenzen noch einmal anschauen.
2.3.5 Abnehmende Alltagskompetenzen der Menschen
Ärztlicherseits müssen wir konstatieren, dass immer weniger Menschen souveräne Kompetenzen für den Alltag und insbesondere psychosoziale Kompetenzen neben dem digitalen Alltag in das Erwachsenenalter und in das Berufsleben mitbringen. Verstärkt sehen wir dies insbesondere bei einem großen Teil der Jüngeren aus der Z-Generation und jünger, die eine Lebenszeit ohne Smartphones kaum oder gar nicht mehr erlebt haben. Sie können zwar das Smartphone technisch perfekt bedienen, die analog-digitale Balance, die für eine souveräne Mediennutzung notwendig ist, gelingt aber häufig nicht wirklich.
Dies hat u. a. den Grund, dass die Verlässlichkeit und Präsenz von Eltern für die Kinder in der Gesellschaft wahrnehmbar abnimmt und ihre Erschöpfung zunimmt. Beides sind weitere Gründe zur Erklärung der deutlichen Zunahme unsicherer Bindungen bei kleinen Kindern. Und ohne sichere Bindung ist die Entwicklung von Selbststeuerung eben erschwert. Diese vorab schon dargestellten Probleme der Eltern bzw. zukünftigen Eltern sind ein sehr ernstzunehmendes Thema für die Eltern selbst und ihre Kinder. Beispielsweise informiert eine aktuelle Untersuchung der DAK, dass mehr als drei Viertel aller Erwerbstätigen in Berlin Probleme beim Schlafen haben und dies u. a. „an den Bedingungen am Arbeitsplatz wurzele“.9
Gestresste Eltern können ihren Kindern insofern vielfach keinen belastungsfähigen Boden zur Entwicklung sicherer Bindung und guter Selbststeuerung geben, insbesondere, wenn sie in der digitalen Nutzung selbst nicht souverän sind.
Diese abnehmenden Alltagskompetenzen sind bei wichtigen persönlichen Lebensentscheidungen ebenfalls mit einzubeziehen. Es dreht sich um die Frage, inwieweit es sich nach intensiver Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema dann um eigene klare Entscheidungen handelt oder inwieweit man sich z. B. aufgrund von Erschöpfung oder fehlender Zuversicht innerhalb einer vorgegebenen bzw. aktuell entstandenen gesellschaftlichen Normierung verhält und entscheidet.
Dies finden wir bei politischen Wahlen, bei Konsumentscheidungen aber natürlich auch, wenn Kinder da sind, kommen wollen oder eine Abtreibung zur Diskussion steht, z. B. bei ungewollter Schwangerschaft.
Über dieses wichtige und in der Gesellschaft sehr kontroverse Thema schreibe ich in Kapitel 4 ausführlich. Jetzt sollen erst einmal die Karrieren und mögliche Bilder von Frau und Mann beleuchtet werden, denn die Einstellungen und Entscheidungen von Menschen in dieser Hinsicht haben großen Einfluss auf die gesunde Hirnentwicklung der dazugehörigen oder dazukommenden Kinder.
2.3.7 Gedanken zu Karriere
Die Frauenbewegung hat gekämpft und kämpft zu Recht für Gleichberechtigung, Gleichentlohnung und Gleichbehandlung, weiterhin für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper.
Einige Frauen hatten und haben Karriere gemacht auf ihre Art, aber sie hatten keinen einfachen Weg. Sie brauchten innere Klarheit über sich, einen starken Willen und große Durchsetzungskraft, denn patriarchalische Strukturen waren und sind kulturell und durch Erziehung normierend, und so sind sie implizit allgemeinwirksam. Es ändert sich daran tatsächlich etwas, aber es ist ein langer Weg (siehe Kapitel 4). Und er funktioniert besser jenseits oder am Rande des Mainstreams, weil man sich im Mainstream öfter Vorbilder nimmt, die in die Irre führen können.
Neuerdings verstärkt ist ein Ziel des Kampfes die Karriere im Beruf, wobei als Orientierung und Zielmarke nun die Karriere der Männer im Fokus steht. Insofern müssen wir uns die Karrieren des Mannes etwas genauer anschauen.
Für Männer als Alleinverdiener in patriarchalischen Strukturen ist die Karriere ein bedeutender Faktor für eine hohe Entlohnung (die als Alleinverdiener ja auch gebraucht wurde) sowie für die vermutete Attraktivität auf Frauen in ihren männlichen Selbstbildern. Beides hatte bisher eine reale „Wirk“lichkeit.
Aber was ist eine Karriere in der heutigen Zeit für den Mann?
Es ist ein meist gehetztes, ständig durch Konkurrenz bedrohtes Leben auf normierten Bahnen mit guter Vergütung als Belohnung für die Unterwerfung unter Kapitalmarktkriterien.
Folgen sind Midlife Crisis ohne wirkliche Bewältigung, Partnertrennungen, Verlust der Erlebnisse mit den eigenen Kindern, Stressfolge-Krankheiten, Burn-out/Depression durch die zunehmend als sinnentleert wahrgenommene Existenz.
Die nachfolgende Skulptur „Kampf auf der Karriereleiter“ von Peter Lenk zeigt dabei deutlich den Kampf in der Konkurrenz, der, selbst wenn man oben ankommt, letztlich meist sinnlos ist, regelhaft in völliger Erschöpfung mündet oder sogar mit dem Tod enden kann.
„Kampf auf der Karriereleiter“, Skulptur von Peter Lenk. (Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Künstlers.)
Karriere heute ist also viel zu oft eine innerlich eingegangene Versklavung mit Verzicht auf inneres und Persönlichkeitswachstum und ohne Chancen einer psychosozialen Kompetenzerweiterung, die im Übrigen für zukünftige Leitungsfunktionen unerlässlich ist.
Die beste Vorbereitung dafür, nämlich das Erleben und die Herausforderungen durch Kinder werden vertan. Solche Karrieren sind wahrlich nicht beneidens- und erstrebenswert.
Die meisten Männer machen ja auch keine Karriere, sondern leiden und träumen vielleicht auch mit ihren Frauen von einer Karriere.
Diese Karrieren scheinen mir völlig ungeeignet als Zielgröße für einen Kampf um Karrieren für Frauen. Mein Ansatzpunkt ist daher umgekehrt nicht der Kampf um die Karriere der Frau im Beruf, sondern die Wahrnehmung der Fragwürdigkeit dieser Art Karrieren des Mannes ist im Fokus, dies als ein wichtiger Teil einer Emanzipation des Mannes.
Hier sind allerdings die Frauen als Geburtshelfer mitgefragt, denn die Faszination von männlichen Karrieristen war und ist durchaus noch vorhanden.
In der 1968er Zeit bekamen die Frauen ein erstes Interesse an den sogenannten „Softies“, also Männern mit weicheren Seiten, oft als eher weiblich benannt. Daneben blieb aber trotz der Hippiebewegung und dem Ausprobieren der freien Liebe in Teilen der Szene die Attraktivität des erfolgreichen Machos. Das ergab zumindest in der Studentenbewegung dann öfter Dreiecksbeziehungen oder offene Beziehungen, die allerdings für die Beteiligten vielfach auch leidvoll waren.
Heute besteht die große Chance, dass Männer beide Anteile in einem neuen Selbstverständnis und Männerbild in unterschiedlichen Anteilen in sich vereinen und Frauen dies zu schätzen beginnen. Dabei können auch Karrieren herauskommen für Männer wie für Frauen, aber in gemeinsamem Lebensentwurf eines Paares und für beide ohne Versklavung und mit großer Wesensnähe.
„Nur wer den eigenen Weg geht, kann nicht überholt werden“, soll Marlon Brando gesagt haben, was das oben Gesagte gut unterstreicht. Und der eigene Weg wird gefunden, indem man ihn geht. Gute Selbststeuerung, körperliche Wahrnehmungsfähigkeit und klare Empfindungen auf und zu dem Weg helfen, ihn wesensgerecht zu gehen, zu gestalten und ggf. immer wieder zu modifizieren nach eigener innerer Instanz.
Allerdings findet sich der Kampf um Karrierechancen in dieser Art konkurrenter Arbeitswelt auch eher bei nur einem Teil der Gesellschaft, insbesondere gut ausgebildeten Frauen, z. B. Akademikerinnen. Hochdotierte Stellen zeigen in diesem Sinne unnatürlich regelhaft noch immer eine Männerwelt.
Die Mehrzahl der Frauen sorgt sich aus meiner Wahrnehmung mehr darum, dass sie nicht ausreichend verdienen können, Hausarbeit, egal ob bei Frau oder Mann, nicht vergütet wird und dann schließlich im Alter Armut da ist, weil die Renten so minimal ausfallen. Da nützt auch das „Starke-Familien-Gesetz“ der Familienministerin nichts, bei der ein paar Euro zusätzlich ins Budget kommen, eher weist schon die aufgestockte neue Grundrente in die richtige Richtung zur Verhinderung ausgeprägter Altersarmut bei denen, die am bedürftigsten sind. Das betrifft aber nur einen kleineren Teil der Senioren, etwa 1,5 Millionen von 17,5 Millionen, und war ja auch bezüglich der Finanzierung in lächerlicher Weise in der Koalition noch streitbefangen.
Aber der Ansatz nur kleiner Verbesserungen ist falsch, bleibt menschenfeindlich und gegen die Würde der Menschen, weil die Investition in die Kinder gesellschaftspolitisch höchste Priorität genießen muss und dies generell nicht zulasten eines würdigen Alterns gehen darf.
Damit das gut gelingen kann, müssen eben Hausarbeit und Kinderbetreuung, egal ob bei Mann oder Frau, vergütet werden und finanzielle Sicherheit im Alter durch neue Rentengrundsätze oder andere Vergütungsformen wie Grundeinkommen oder Ähnliches sichergestellt werden (siehe Kapitel 5). In einem bedingungslosen Grundeinkommen können diese Themen einfacher gestaltet werden und Frauen und Männer und Paare mit und ohne Kinder auch gleich behandelt werden.
Es muss also die Realität der Frau nicht an die Männerwelt angepasst werden, sondern durch Weiterentwicklung und Normalisierung der Männerwelt entstehen für beide Geschlechter neue Möglichkeiten. Natürlich war und ist die Frauenbewegung für diese Veränderungen hilfreich, wahrscheinlich sogar unverzichtbar, um dies anzustoßen und weiter voranzubringen. Dies gilt im besonderen Maße gerade jetzt für die Corona-Krise, in der Männer und Frauen zusammen ein stärkeres Zurückfallen in der Gleichberechtigung verhindern können.
Karrieren werden sich also auch für Frauen in einer kooperativen Wirtschaftsform, z. B. Gemeinwohl-Ökonomie (s. Kapitel 5) völlig anders darstellen und vermutlich viel öfter im Rahmen von Teamlösungen stattfinden. Solche Teams werden die Vorteile der eben doch unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Handlungs-Arten von Männern und Frauen betonen und damit sehr erfolgreich und befriedigend sein, ohne ins Burn-out zu führen.
Das Bild der modernen Frau
Das Bild der modernen Frau, die arbeitet (möglichst Vollzeit), finanziell unabhängig ist, ihr Kind in die Krippe geben möchte, Karriere macht und sich ggf. in Vorständen und Aufsichtsräten wiederfindet, ist allerdings nicht allein durch die Bedürfnisse der Frauenbewegung entstanden.
Vielmehr wird an diesem Bild aktiv von der Wirtschaft gearbeitet, damit Wachstum bei Arbeitskräftemangel doch noch stattfinden kann. Teilzeit von Frauen war ein erster Schritt, aber Vollzeit ist das Ziel. Dieses Bild der unabhängigen modernen Frau, das Wirtschaft und Politik malen, ist allerdings vollkommen fantasielos und schadet nicht nur den Kindern, sondern macht allen Frauen ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht auch extern oder zu wenige Stunden arbeiten.
Die Politik in Deutschland feiert allerdings gerade den mittlerweile errungenen (vielleicht auch finanziell erzwungenen) Platz 3 im Ranking der Zahl der berufstätigen Frauen in Europa nach Schweden und Lettland (Stand 2019).
Ob Vollzeit überall als erstrebenswert angesehen wird, zeigen Beispiele aus zwei europäischen Ländern.
Lettland
In Lettland ist der höchste Anteil von Vollzeit arbeitenden Frauen in Europa, 41 %. Einer der Gründe ist, dass mit dem Ende der Sowjetunion und der Unabhängigkeit des Landes viele Großkombinate kaputt gegangen waren. Dort waren die meisten Männer beschäftigt, die Frauen eher in kleineren mittelständischen Betrieben, wobei die Arbeit der Frau normal war.
Die Krippen aus der Sowjetzeit hatten keinen Bestand, sodass in Lettland keine Kita-Infrastruktur besteht. Viele Frauen haben insofern dort nun Mehrfachbelastung von Vollzeit, Kinderbetreuung und Haushalt, die Männer nehmen daran nur in geringerem Umfang teil und haben sich in dieser Hinsicht bisher weniger emanzipiert.
Niederlande
In den Niederlanden findet sich der einsam höchste Anteil an Teilzeit arbeitenden Frauen, 71 %. Es gibt dort auch keine wirkliche Kita-Infrastruktur und die Frauen mit Kindern nehmen meist eine 2-jährige Elternzeit. Allerdings arbeiten auch die meisten Frauen, die keine Kinder haben, Teilzeit. Es herrscht dort bei den Frauen offensichtlich ein Lebensgefühl vor, dass sie ihren gewollten Lebensstil besser mit Teilzeit gestalten können und dies kommt eben auch den Kindern zugute.
Allerdings machen Wirtschaft und Politik Stimmung dagegen und versuchen, den Frauen klarzumachen, dass so nicht die moderne, unabhängige Frau aussieht. Denn mit Wachstumswirtschaft könnte man dort auch mehr Arbeitsstunden gebrauchen. Die holländischen Frauen zeigen sich allerdings bisher davon recht unbeeindruckt, was für mich eher selbstbestimmt aussieht.