Kitabı oku: «Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt», sayfa 3

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Verflucht, dies war entweder der größte Fehler oder die größte Gelegenheit, der er sich je gegenübergesehen hatte, und Rain würde erst erfahren, was genau, wenn es zu spät war.

***

»Colt hier.«

Die knappe, geschäftsmäßige Stimme, die durch die Leitung drang, ließ Rain schaudern. Oder vielleicht war es auch nur die Brise. Er lehnte an einem der Poller, die man in den Beton des Hafens getrieben hatte, dicht neben einem der tieferen Anleger, an denen die Schiffe früher den Fisch gelöscht hatten.

Als die Fischbestände in sich zusammengebrochen waren, war seine Familie gezwungen gewesen, das Geschäft dichtzumachen, das die Stadt angetrieben hatte, und danach war alles schiefgelaufen.

»Hey«, zwang Rain sich zu antworten. Die plötzliche Nervosität in seinem Bauch war ungewöhnlich. Er hatte an Geschäftstreffen teilgenommen, bevor er auch nur seinen Namen schreiben konnte. Doch nie war es um seine eigenen Angelegenheiten gegangen. »Hier ist Rain.«

Er hatte erwartet, dass Colt sich nicht an ihn erinnern würde. Oder wenigstens, dass er so tat. Eine plötzliche Welle der Dankbarkeit rollte durch ihn hindurch, als er auf dieses Spiel verzichtete.

»Ooh«, sagte Colt stattdessen mit warmer Stimme. »Hattest du Gelegenheit, dir Gedanken zu machen?«

»Hatte ich.« Rains Mund war trocken. Er rieb mit dem Fuß über den Anleger. Sein Blick war auf die Wellen gerichtet, die in die Höhe geschleudert wurden, während sich feine Gischt über dem Wasser bildete.

Allmählich wurde seine Kleidung feucht, aber das machte ihm nichts aus. Er hatte sein Auto bewusst am Hafen beim Marktplatz abgestellt und war die fünf Minuten zum Haus seines Großvaters gelaufen. Die frische Luft tat ihm gut.

»Und?«, bohrte Colt nach. Die leichte Anspannung in seiner Stimme verriet Rain, wie begierig er seine Antwort erwartete. Dadurch fühlte Rain sich deutlich besser, als er sagte, was er loswerden wollte.

»Ich würde mich gern heute treffen. Lass uns darüber reden, wie wir die Sache zum Laufen bekommen können.«

Colt zischte leise und Rain konnte sich genau das triumphierende Lächeln um seine dünnen Lippen vorstellen. Seltsamerweise nervte es ihn nicht, dass Colt reagierte, als hätte er einen Sieg errungen. Das sollte es. Stattdessen fuhr ein Schauder durch Rain, heiß und viel zu tief. Er rollte die Zehen in den Schuhen ein und drückte sie gegen den Beton, während er sich auf die abgerundete Oberseite des großen, runden Pollers schob.

»Perfekt«, sagte Colt. »Kommst du her?«

»Das hängt davon ab, wo hier ist.«

»Portland. Forest Park, um genau zu sein. Wir haben einen guten Starbucks in der Nähe. Ich lade dich zu einem schicken Latte ein.«

Rain unterdrückte gerade rechtzeitig sein Schnauben. Das klang nach einer reichen Gegend. Die Fahrt selbst war nicht das Problem, das Verhalten sehr wohl. »Wenn wir hier etwas aufbauen wollen, müssen wir uns auch hier treffen.«

»Warum? Ich habe das Gebäude gesehen.«

Rain schüttelte den Kopf. Gott, er war an Konfrontationen gewöhnt, aber normalerweise verhielt er sich dann abwehrend und wurde wütend, nicht… begeistert. »Weil wir hier etwas entwickeln, nicht in Forest Park. Dies wird für ein paar Monate das Zentrum deines Universums sein.«

Einen Augenblick herrschte Schweigen und als Colt wieder sprach, lag widerwilliger Respekt in seiner Stimme. »In Ordnung. Ich verstehe. Bei dir. Heute Abend?«

Oh, er hätte von heute Nachmittag sprechen können, da es nicht einmal zwei Uhr war. Aber das tat er nicht und Rain vermutete, dass es Absicht war.

Heute Abend löste eine andere emotionale Reaktion bei ihm aus. Das Wort setzte jeden Nerv in seinem Unterschoß-Gehirn in Flammen und nicht in dem, das er benutzen sollte.

»Heute wäre super. Kein Grund, es hinauszuzögern«, sagte Rain knapp.

»Gib mir eine Adresse.«

»Die Bar, in der wir uns kennengelernt haben?«, schlug Rain vor. Im Vorübergehen warf er einen Blick in die entsprechende Richtung und sah, dass sie offen war. Cher öffnete, wann immer sie Lust hatte, also konnte man sich nie darauf verlassen. »Es gibt eine ruhige Ecke. Es ist so früh, dass wir sie vermutlich bekommen können.«

»Ich sagte bei dir, nicht in deiner Bar. Es sei denn, du wohnst dort. Es gibt schlechtere Entscheidungen«, sagte Colt gedehnt.

Rain schauderte. Die Vorstellung, einen nahezu Fremden in sein Haus einzuladen – von Colt, der sein kleines Wohnzimmer ausfüllte und sich auf seiner Couch ausstreckte, ganz Sexappeal und maßgeschneidertes Hemd…

Keine Chance. Er war schon in der Öffentlichkeit kaum in der Lage, die Hände von diesem Mann zu lassen, und Colts Flirten machte es nicht leichter. Sich privat zu treffen, wäre ein Desaster.

»Warum bei mir?«, gab Rain eine Gegenfrage zurück, um seine Verteidigung oben zu halten.

Es funktionierte nicht. Colt lachte nur leise. »Ich dachte, du hättest behauptet, dass einem in der Bar viele neugierige Blicke folgen? Unnötig, die örtliche Presse aufmerksam zu machen, bevor das Geschäft besiegelt ist.«

Rain sog scharf die Luft ein. Oh, er war gut. Und einen Moment war Rain kurz davor zuzustimmen. Verdammt, Colt war heiß, selbst wenn er mit ihm spielte. Zum Glück besaß Rain ein bisschen gesunden Menschenverstand, der seinem Schwanz nicht das Reden überließ.

»Nee. Cher's Kneipe wäre ein besserer Treffpunkt, solange wir die Details besprechen. Abgesehen davon weißt du schon, wo sie liegt.«

Colt lachte in sich hinein. »Dort werden wir auch nicht so schnell abgelenkt, falls das deine Sorge ist.«

Sein Benehmen sollte wirklich nicht so heiß sein. Als ob er glaubte, dass Rain bereit war, ihn jederzeit anzuspringen. Was… stimmte. Verdammt, wie hatte Colt mit so wenigen Worten die Situation auf den Punkt gebracht? Er war viel zu gut darin, andere Menschen zu lesen.

Rain leckte sich die Lippen. »Das sollte für dich auch ein Thema sein.«

»Sollte es«, stimmte Colt zu und seinem Tonfall nach scherzte er nicht. Dann klang er wieder leichtherziger. »Dann seh ich dich also in… oh, eineinhalb Stunden?… im Cher's.«

Puh. Das gab ihm wenigstens genug Zeit, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen, bevor Colt ankam. Dann konnte er in die Bar gehen und den stillen Ecktisch belegen, an dem es am unwahrscheinlichsten war, dass man ihre Verhandlung belauschte.

Wenn die Angelegenheit sich hinzog, konnten sie Millies Restaurant in der Stadt besuchen, um etwas mehr Ruhe zu haben, oder wieder am Hafen entlanggehen. Eine Menge Gelegenheiten, bei denen sie trotzdem in der Öffentlichkeit blieben.

Denn er musste in der Öffentlichkeit bleiben, wo er eindeutig und auf keinen Fall seinem potenziellen neuen Geschäftspartner an die Wäsche gehen würde.

»Halb vier?«, gab Rain zurück. »Passt bei mir. Cher wird vermutlich bis um fünf oder sechs offen haben.«

»Das ist genug Zeit, um zu einem befriedigenden Ergebnis für uns beide zu kommen«, sagte Colt. »Zumindest hoffe ich das.«

Rain hatte seine Erwartungen hochgeschraubt, indem er Colt dazu gebracht hatte, zu ihm zu fahren, aber irgendwie gefiel es ihm. Er hielt die Zügel in der Hand. Wenn er entschied, sie kurzzeitig aufzugeben, nur um der Erregung willen… Nun, niemand musste wissen, welches Spiel er spielte.

Niemand außer Colt, dessen stechender Blick Rain so mühelos zu durchschauen schien.

»Das hoffe ich auch«, sagte Rain. »Wir sehen uns nachher.« Mühsam legte er auf. Seine Hände zitterten, als er sein Handy einsteckte.

Dies war mit Abstand der mutigste Schritt seines Lebens, inklusive seiner Flucht nach Colorado, ohne auch nur eine Nachsendeadresse zu hinterlassen. Nun konnte er nur hoffen, dass er nicht im Begriff war, sein Leben gründlich zu versauen.

Nur kein Druck also.

Kapitel Vier

Colt

Die knorrigen Kiefern und Schierlingstannen gingen in Zedern über, als der Staatsforst im Rückspiegel verschwand und das Meer in der Windschutzscheibe auftauchte.

Colt fuhr wie auf Autopilot, seine Gedanken flogen. Zum Glück hatte er heute frei. Er würde seinen Job nicht aufgeben, bevor er ein regelmäßiges Einkommen aufzuweisen hatte – oder zumindest, bis er die Bauarbeiten beaufsichtigen musste.

Die Fahrt von Portland nach Hart's Bay ging schnell. Das war einer der Gründe, warum er diese Stadt ausgesucht hatte und keine weiter südlich an der Küste. Weit genug von Cannon Beach entfernt, um nicht direkt mit ihm in Konkurrenz zu stehen, und nah genug an Tillamook, so dass er mit der nahen Touristenpopulation werben konnte, sobald er die fertigen Geschäftsräume vermieten konnte. Nah an der Küstenstraße, die für Surfer und Familienurlaube so wichtig war.

Es war der perfekte Ort. Er hatte nur nicht erwartet, dass er dort auch auf den perfekten Mann stoßen würde.

In beiden Gesprächen hatte Rain Colt aus dem Konzept geworfen. Er war nie zuvor jemand Vergleichbarem begegnet. Er hatte sich durch den halben Staat gevögelt und auch ein paar feste Partner gehabt. Keiner von ihnen hatte so sein Interesse geweckt – so viel Widerstand geleistet, während er zeitgleich verbal mit ihm tanzte.

Es war ihm unmöglich, sich nicht zu fragen, ob Rain im Bett genauso sein würde. Und im Leben und Geschäft. Aber hinter geschlossenen Türen waren die Menschen anders, als wenn sie sich der Welt zeigten.

Colt musste es wissen. Er war eisern pragmatisch, daher war er nie zuvor Tagträumen und Fantasien zum Opfer gefallen wie jetzt. So, wie er aufgewachsen war – von einer Pflegefamilie in die nächste geschoben –, hatte er schnell erfahren, dass die Familie und ein weißer Gartenzaun nichts bedeuteten.

Aber Rain? Er weckte in Colt den Wunsch, mehr über ihn zu erfahren. So sehr, dass er sich seinen pompösen Anzug und die glänzenden schwarzen Schuhe angezogen hatte – die größte Anschaffung, die er sich von seinem Erbe geleistet hatte, abgesehen vom Leasing seines Autos – und nach nur einem Anruf an die Küste gefahren war.

Colt bremste ab, als er die Grenze von Hart's Bay erreichte, und ließ den Blick über die bescheidenen Häuser und heruntergekommenen Läden in der Umgebung gleiten.

Er hielt nicht an, bis er den Parkplatz neben dem Marktplatz erreicht hatte, neben der Kunstgalerie. Auf einer Seite führte eine kurze Straße zu den Lagerhäusern und zum Hafen und auf der anderen befand sich das lebendige, grüne kleine Viereck inmitten von vier Holzgebäuden. Von jeder Ecke des Platzes gingen Straßen ab.

Es war ein idyllischer kleiner Ort. Hell gestrichene Häuser, auch wenn sich die Farbe ablöste, und so winzig, dass er tatsächlich Leute entdeckte, die zu Fuß gingen, statt ihre Autos zu nehmen.

»Da wären wir«, stieß Colt aus und klappte die Sonnenblende herunter, um nach seinen Haaren zu sehen und sie noch einmal glatt zu streichen. Zeit, seine Maske zurechtzurücken, genau wie seine Haare. Er musste Colt Fuller sein, der Projektentwickler.

Genau wie bei der Elternschaft ging es darum, Zuversicht auszustrahlen. Die Haushalte, in denen er wirklich gern gewesen war, waren diejenigen gewesen, in denen seine Pflegeeltern zu wissen schienen, was sie taten. Erst später war ihm aufgegangen, wie viel mit ihm zu kämpfen gehabt und nicht gewusst hatten, wie sie mit einem zurückgezogenen, eigensinnigen Jugendlichen wie Colt umgehen sollten.

Er nickte knapp, klappte die Blende hoch und stieß die Wagentür auf. Um ein Haar erwischte er einen Passanten, der auf dem Weg vom Platz zu den Parklücken gewesen war. »Oh hallo! Entschuldigung.«

Der Mann lachte überrascht auf und hob die Hände, während er der Tür auswich. Er hatte langes, rotes Haar, das ihm um die Schultern wehte. Nur ein Teil davon war zu einem Knoten zusammengebunden, der Rest hing ungebändigt herab. Er schüttelte den Kopf. »Kein Problem.« Er sah Colt prüfend an und Colt hatte den vagen Eindruck, dass sie sich kannten.

Bitte lass mich nicht mit ihm geschlafen haben. Aber nein, entschied Colt, diese Haare würde er überall wiedererkennen.

»Oh, warst du nicht bei der Eröffnung? Ich bin Ezra. Ich glaube, ich erinnere mich an dich.«

Aha, einer der Künstler. Die Stadt war wirklich klein, wenn Ezra sich nach mehr als einem Monat noch an ihn erinnerte.

Colt entsann sich, dass er sich mit jedem der Künstler der Kooperative bekannt gemacht hatte, um herauszufinden, wer sich als nützlichster Kontakt erweisen mochte. Am Ende hatte allerdings sein Verlangen nach psychischem Kontakt gewonnen. Sein Date für den Abend und er waren verschwunden, um sich ins Lagerhaus zu schleichen.

»Ja, war ich. Eure Arbeiten haben mich beeindruckt«, gab Colt zu. Anerkennung, wo sie angebracht war. »Wie läuft die Galerie?«

»Oh, großartig.« Ezra war außer Atem, trug ein altes T-Shirt und Jeans. Farbkleckse bedeckten seine Arme. Er musste also ein Maler sein. »Komm mal vorbei und schau dir an, was wir Neues haben. Wir wachsen schnell.«

»Mache ich«, versprach Colt. Wenn alles glatt lief, war es gut möglich, dass er nächstes Jahr im fertigen Gebäude ohnehin Ezras Dienste benötigte. »Wir sehen uns.«

Ezra winkte und Colt ging auf die Bar am Rande des Platzes zu. Es war ein schöner, frischer Tag und der kurze Spaziergang über den Platz war angenehm. Der Geruch des Meers lag ihm immer noch schwer in der Nase, aber kein anderer schien sich daran zu stören. Vermutlich wie es für ihn bei Kaffee war. Die meisten Leute betraten das Quaff und atmeten tief ein, aber ihm fiel kaum etwas auf.

Dieses Mal betrat er Cher's End Table nicht auf der Suche nach Informationen, sondern weil er sich eine Zusage erhoffte. Eine Bar war ein merkwürdiger Ort dafür, musste er zugeben, als er die Tür aufstieß.

Es war eine kleine Kneipe und nicht zu voll, genau wie bei seinem letzten Besuch. Überall standen Tische und weiter hinten gab es zwei Billardtische. Es sah nach einem Ort aus, an dem die Alten herumhingen und die Wirtschaft diskutierten, während sie rauchten und Bier herunterkippten.

Aber an einem Tisch in der Ecke saß Rain. Sein dunkles Haar und das dunkelblaue Hemd zogen sofort Colts Blick an.

Gott, er sah gut aus. Das Hemd betonte den satten Farbton seiner Augen, seine Haut glühte förmlich.

Fuck. Gut aussehen traf es nicht. Er war hinreißend? Überwältigend? Colt suchte nach einem passenden Wort und versagte. Rain musste genau gewusst haben, was er tat, als er sich für ein Outfit entschieden hatte, das seine Vorzüge unterstrich, und Colt hatte eine Schwäche für ein hübsches Gesicht.

»Hey«, brachte er heraus, als er auf den Tisch zuging. »Soll ich dir was zu trinken besorgen?«

Mit einem leichten Grinsen deutete Rain vor sich. Seine weißen Zähne blitzten. »Hab ich schon erledigt.«

»Oh. Richtig.« Colt räusperte sich und nickte. »Bin gleich wieder da.« Er hatte nichts von dem Tisch wahrgenommen außer dem Mann, der an ihm saß. Der Raum war plötzlich heiß und er widerstand dem Drang, seinen Kragen zu lockern. Was zum Teufel?

Als er an den Tresen trat, ließ die Wirtin – Cher, wie er vermutete – sich Zeit damit, zu ihm zu schlendern. »Kann ich helfen?« Ihre Stimme wirkte leicht desinteressiert, als ob sie ihn nicht kannte. Oder, was wahrscheinlicher war, sie erinnerte sich zu gut an ihn.

Er hatte sich ein bisschen harsch gegeben, als er gestern hier gewesen war. Dieses Mal ging Colt behutsamer vor. »Hallo. Eine Cola, bitte.«

»Keine Informationen?«, frotzelte sie.

»Ich glaube, ich habe eine Insiderquelle.« Er nickte zu Rain.

Ihr Blick folgte seinem, während sie eine Glasflasche nahm und den Deckel öffnete. »Hmhmm. Das hast du sicher.« Was auch immer sie wusste, sie würde es nicht sagen. Colt brauchte nur einen Blick auf sie zu werfen, um zu wissen, dass sie eine harte Nuss war.

»Danke«, sagte Colt bewusst schnell, ließ einen Fünfer auf dem Tresen und verzichtete erneut auf das Wechselgeld. Üppige Trinkgelder waren der sicherste Weg zum Herzen der meisten Barkeeper. Oder wenigstens zu einer Quelle von Gerüchten, die nie austrocknete.

Colt kehrte zum Tisch zurück und setzte sich zu Rain. Endlich spielte sein Gehirn wieder mit. Er konnte objektiv feststellen, dass Rain gut aussah, ohne sich so sehr ablenken zu lassen, dass er keinen Satz zustande brachte.

»Hallo also«, begrüßte Rain ihn. Gott, wie seine Stimme Colts Knie weichmachte. Gut, dass er sich hinsetzen konnte.

»Hey«, gab Colt zurück und lächelte Rain zu. »Also, lass uns über das Lagerhaus am Wasser reden.«

»Großartiger Ort für einen Neuausbau«, stimmte Rain zu, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.

Colt nickte. »Aber bist du dir sicher, dass du Teil des Projekts sein willst? Es ist nicht ohne Risiken. Wenn ich es einfach kaufe, bist du aus der Nummer raus, egal, wie es läuft.«

Rains leises Lachen gab Colt wieder das Gefühl, dass er nur die halbe Wahrheit kannte. »Nein, bin ich nicht. Keiner von uns in der Umgebung.«

»Die Leute werden dir Vorwürfe machen, falls etwas schiefläuft?« Colt hob eine Braue. Das klang nicht gesund.

Rain hob halb die Schultern, was nicht ganz einer Antwort entsprach. »Ich werde nicht direkt an dich verkaufen.« Er senkte seine Stimme so sehr, dass sie es gerade noch über den Tisch schaffte. »Egal, wie sehr du… willst.«

Hatte er mitten im Satz ein Es eingebaut oder etwas anderes? Bedeutete das etwas? Colt war sich nicht sicher. Einen Moment drehte es sich in seinem Kopf, bevor er seine Colaflasche fest in die Hand nahm.

Ein Schluck dunkle Limo und Koffein brachten ihn wieder zu Verstand. »In diesem Punkt wirst du nicht nachgeben, oder?«

»Nope.« Rain ließ das P laut knallen und neigte leicht den Kopf, um ihn zu beobachten. »Ist das ein Dealbreaker?«

Anfangs wäre Colt davon ausgegangen, aber die anderen Vorzüge, die Rain mit sich brachte – seine Verbindungen in der Stadt, sein Wissen über den Ort und seine Erfahrung im Bauwesen –, bremsten seine Zunge.

Stattdessen schüttelte er den Kopf. »Nicht unbedingt. Es wäre nur leichter, wenn ich mich nicht die ganze Zeit darum kümmern müsste, uns bei jedem Schritt beide zufriedenzustellen.«

»Geht es darum nicht immer?« Rains Augen glitzerten, er sprach immer noch leise. Es lag eindeutig eine Anspielung in seinen Worten. »Aber manchmal ist das eben nötig.«

»Also wärst du…« Die plötzliche Enge in seiner Anzughose brachte Colt ins Straucheln. »Du wärst damit einverstanden, dass ich die baulichen Entscheidungen treffe, um sicherzustellen, dass das Projekt innerhalb des Zeitrahmens und Budgets fertig wird?«

»Ja.« Rain lehnte sich nach vorn. »Genau genommen bin ich bereit, den Großteil der Kontrolle abzugeben. Solange es sich auch für mich lohnt.«

Nun war die Luft in der Kneipe definitiv heiß. Colts Finger juckten vor Verlangen, Rain aus dem Hemd zu holen und herauszufinden, ob die Verpackung zum Inhalt passte. Er wollte Rain schmecken, ihn aufs Bett nageln, jeden sündigen Laut, den man sich vorstellen konnte, aus ihm herauslocken, und dann noch ein paar weitere.

»Ich glaube, wir würden gut zueinander passen«, bekam Colt heraus, nicht sicher, über was sie inzwischen redeten: Geschäftliches, Vergnügen oder beides.

»Du kennst dich in Dingen aus, von denen ich wahrscheinlich keine Ahnung habe.« Rain hob seine Flasche, um zu trinken, dann warf er Colt unter den Wimpern einen Blick zu.

Fuck. Er hatte ihn am Haken, voll und ganz. Aber er konnte Rain noch nicht anvertrauen, dass dies sein erstes großes Projekt sein würde. Seine einzige Chance war, sich kopfüber in dieses Unternehmen zu werfen und zu schauspielern, bis er es geschafft hatte.

»Und ich«, fuhr Rain fort, »kann die Leute in der Umgebung davon überzeugen, dem Projekt zu vertrauen und es anzunehmen.«

Abgesehen davon, dass er bereits der Botschafter der Stadt zu sein schien, für eine Baufirma arbeitete und Immobilien besaß?

Colt blinzelte. »Was kannst du eigentlich nicht?«

»Flöte spielen«, antwortete Rain, ohne zu zögern. Die Doppeldeutigkeit konnte ihm nicht entgehen, oder? Dann schob er seinen Trumpf nach. »Ich wollte gern, aber am Ende habe ich Klarinette gelernt.«

Colts Sexualerziehung basierte auf dem Geflüster in Schulkorridoren. Rain verspottete ihn geradezu mit der Behauptung, dass er fantastische Blowjobs lieferte. Wie verdammt gern er herausfinden wollte, ob das stimmte.

Colt leckte sich die Lippen. »Das ist schade. Du hast die richtigen Finger dafür.«

Rain beäugte ihn, als überlege er, ob er gerade beleidigt worden war. Das verblüffte Colt einen Moment. Von Zeit zu Zeit gab Rain sich plötzlich abwehrend und Colt hatte das Muster dahinter noch nicht erkannt.

»Auf gute Weise«, fügte er rasch hinzu.

Oh verdammt. Versuchte er gerade, Rain zu beruhigen? Er hatte sich vorgenommen, ihn auf die Palme zu treiben, aber nun stellte er fest, dass er ihn nicht aufregen wollte. Wenn er nicht so ein gutes Gefühl für Selbstbeschiss gehabt hätte, hätte Colt sich etwas vormachen und behaupten können, dass es nur daran lag, dass sie Geschäftspartner sein würden.

Doch der Grund war ein ganz anderer.

»Tja, Gott sei Dank.« Rain grinste und trommelte mit seinen schlanken Fingern auf den Tisch. »Also, ich vermute, du willst ein geteiltes Eigentumsrecht, damit ich mich später nicht mit dem Geld aus dem Staub machen kann. Ich setze die Hälfte vom Marktpreis an und ich weiß, dass das unter Wert ist. Im Gegenzug erwarte ich einen Anteil von der Miete.«

Colt hatte das erwartet. Die Bedingungen waren unantastbar. »Ich glaube, wir können etwas Entsprechendes ausarbeiten.«

»Es ist nicht unbedingt ein Standardgeschäft, oder?« Rain verschränkte die Arme. »Hast du schon Zugriff auf die entsprechenden Mittel?«

Das war ein Sprung mehrere Schritte voraus. Colt hatte sich vorgenommen, zuerst zu kaufen und einen Schritt nach dem nächsten anzugehen. Nun musste er vorgeben zu wissen, was er tat. Er zog sein Handy hervor und tippte etwas in Google.

Immobilienerschließung. Geschäftliche Optionen.

Nein, diese Ergebnisse waren nutzlos.

Verträge für Geschäftspartner, die Immobilien erschließen wollen.

Wenigstens etwas nützlicher.

»Ja, ich kümmere mich darum. Bevor wir einen Vertrag unterzeichnen, lege ich dir das verfügbare Budget vor und wir können die Einzelheiten für die Sanierung festlegen. Wir sollten beide genau wissen, worauf wir uns einlassen.« Er musste nicht wissen, dass ein Teil von Colts Geld vermutlich von der Kreditkarte kommen würde.

Rain beugte sich nach vorn. Sein Blick huschte zu Colts Display, sodass Colt sein Handy umdrehte und auf den Tisch legte. Er wollte nicht riskieren, dass Rain herausfand, dass er improvisierte.

»Machst du dir Notizen?«, fragte Rain.

Gott, er war hartnäckig. Colt musterte ihn einen Moment finster, aber das schien ihn nicht zu erschüttern. »Ja. Ich glaube, wir müssen mit einem Anwalt reden, bevor wir weitermachen.«

»Bevor wir es offiziell machen«, sagte Rain, »würde ich dich gern in die Geschichte der Stadt einweihen. Du musst über die Bevölkerung Bescheid wissen, das Verkehrsaufkommen…«

Colt drängte es, voranzukommen. Sie könnten bereits mit Anwälten und Baufirmen sprechen, ihre Vereinbarungen genau jetzt niederschreiben. Eine Geschichtsstunde war das Letzte, was er wollte.

»Nun? Ich bin genau hier«, sagte er.

Rain schüttelte den Kopf. Der Stahl in seinem Blick überraschte Colt. »Nicht gut genug. Geh mit mir durch die Stadt. Ich führe dich herum.« Wieder beugte er sich nach vorn, er faltete die Hände. »Wenn du ein einfaches Geschäft willst, bei dem du he-ranrauschst, einen Ort luxussanierst und wieder verschwindest… Dann ist dies nicht das Geschäft, nach dem du suchst.«

Seine Direktheit nahm Colt den Atem. Doch zeitgleich stieg sein Respekt beträchtlich. Rain gab keinen Zentimeter nach, wenn es um seine Prinzipien ging, selbst wenn Colt sie nicht verstand.

Er nahm sich einen Augenblick Zeit, darüber nachzudenken. Es war nicht unbedingt etwas Neues für ihn. Rain hatte bereits gestern deutlich gemacht, dass es ihm nicht nur ums Geld ging. Das machte es sowohl leichter als auch schwerer, mit ihm zu arbeiten – vertrauenswürdig, aber stur.

Abgesehen von den potenziellen Schwierigkeiten war das die perfekte Kombination. Und sie befeuerte Colts Verlangen, alles über Rain zu erfahren: was er hinter seinen komplizierten kleinen Lächeln und festen Grenzen verbarg.

»Okay«, stimmte Colt zu. »Jetzt gleich?«

»Na ja, ich lasse dich erst deine Cola austrinken.« Rain leerte sein eigenes Getränk und nickte zur Flasche, während er wartete.

»Setz mich in der Zwischenzeit schon mal ins Bild«, sagte Colt, während er von seiner größtenteils vollen Flasche trank.

»In Ordnung.«

Rain lehnte sich zurück und gab sich plötzlich selbstbewusst und wortgewandt. Was er Colt über die Stadt erzählte – dass es sich früher um eine Fischereistadt gehandelt hatte, bis dieser Geschäftszweig zusammengebrochen war –, deckte sich fast mit dem Eintrag von Wikipedia. Als hätte man ihm beigebracht, was er zu sagen hatte, oder als ob sie sich beide derselben Quelle bedient hätten.

Es war auch eigenartig faszinierend. »Woher weißt du das alles? Die meisten Leute geben einen Scheiß darauf, wer die Stadt, in der sie leben, gegründet hat.«

Etwas flackerte in Rains Blick. Eine komplexe Empfindung, die Colt nicht benennen konnte, aber merkwürdigerweise schien Sorge darin mitzuschwingen. »Weil es mich ziemlich betrifft. Bist du jetzt bereit zu gehen?«

»Nun aber.« Colt schnalzte spielerisch mit der Zunge. »Geduld ist eine Tugend.« Colt war nicht sicher, wovon Rain die Unterhaltung fernhalten wollte, aber er wollte es wissen.

»Und Reinlichkeit kommt gleich nach Gottesfurcht, deswegen siehst du mich trotzdem nicht jeden Werktag von neun bis fünf im Sonntagsanzug.«

Oooh, wenn er wollte, dass Colt darüber nachdachte, wie schmutzig er war, würde er sehr bald wieder Probleme in der Hose bekommen. »Das würde ich gern sehen.«

»Du wirst deine Chance bekommen, wie es aussieht. Jetzt beeil dich. Ich glaube, Cher will zumachen.«

Colt sah sich um und stellte fest, dass sie sie durch den Raum finster musterte – nein, insbesondere ihn.

»In Ordnung«, sagte er leise lachend. Er hob den Flaschenhals an die Lippen und trank in tiefen, langsamen Schlucken. Als er fertig war, fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Ihm war bewusst, dass Rains Blick auf seinen Mund gerichtet war. »Bereit, wenn du es bist.«

»Nicht jeder bekommt eine Führung«, sagte Rain, schob seinen Stuhl zurück und nahm ihre Flaschen. Er brachte sie auf dem Weg nach draußen am Tresen vorbei, nickte Cher zu und führte Colt anschließend zur Tür.

Colt folgte ihm dicht auf, ein bisschen verwundert von der befremdlichen Erwartungshaltung, dass die Gäste selbst den Tisch abräumten. Kleinstädte waren wirklich eine ganz andere Welt. Er hatte immer im Großraum Portland gelebt.

Nun hatte er eine Wohnung, die nicht ganz in Forest Park lag, egal, was er Rain gegenüber angedeutet hatte. Er hatte dem Bild entsprechen wollen, das Rain von ihm erwartete… und sicherstellen, dass sie weit vom Quaff wegblieben, falls Rain zu Besuch kam. Ein großer Immobilienbonze arbeitete sicher nicht in einer Kaffeebar.

»Puh. Wenigstens hat sich der Nebel gelichtet«, bemerkte Colt, als ihm wieder die Seeluft in die Nase stieg.

»Er wird zurückkommen.« Die Tür schloss sich hinter ihnen und Rain führte ihn über die Straße zu dem viereckigen Grasplatz. »Tut er immer. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, abgesehen von ein paar Jahren am College und… anderen Dingen. Ich muss es wissen.«

Was für andere Dinge?, wollte Colt fragen, aber er wusste es besser, als zu drängeln. Es fühlte sich nach einer Prüfung an. Wenn er bestand, kam er vielleicht an den Deal seines Lebens. Und selbst wenn nicht… Nun, dann machte er vielleicht immer noch das Geschäft seines Lebens, aber zu gänzlich anderen Bedingungen.

So oder so kam er Rain und seinen Lebenszielen zeitgleich immer näher. Ungeachtet der letzten zehn Jahre voller Zweifel gewann sein Optimismus. Vielleicht waren diese beiden Angelegenheiten – Verlangen und Stabilität – doch nicht so unvereinbar, wie Colt erst gedacht hatte.

Oder vielleicht war er im Begriff, sich kopfüber auf eine saudumme Idee zu stürzen. Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.