Kitabı oku: «GLOVICO», sayfa 2

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Eine schöne Aussicht auf den Fluss Moskwa

Eine schöne Aussicht auf den Fluss Moskwa und den Gorki-Park hatte etwa zur gleichen Zeit von einem Büro im fünften Stock des russischen Generalstabs der ukrainische Generalmajor Nikolaj Jurkow. Er war unmittelbar nach seiner Beförderung vor wenigen Monaten wieder an den Ort zurückgekehrt war, an dem er als junger Offizier zu Sowjetzeiten bereits einmal seinen Dienst versehen hatte. Offiziell war er jetzt als Beobachter seines Landes im Auftrag der OSZE in Moskau.

Sein Blick fiel auch an diesem Septembertag wie fast immer auf die Restaurantboote, die seit Jahren das Ufer vor seinem Dienstsitz schmückten.

Unwillkürlich musste er an den alten Witz denken, den ihm sein deutscher Bekannter erzählt hatte, der ihm in der Vergangenheit so manche Überraschung bereitet hatte.

„Ist dir da draußen nie etwas aufgefallen,“ hatte ihn dieser spitzbübisch gefragt, als sie vor Jahren nach einer feuchtfröhlichen Nacht beim Ausnüchterungsspaziergang am Rande des Parks gegenüber dem Generalsstabsgebäude kurz vor der BURAN eine kurze Rast einlegten.

„Was sollte mir auffallen,“ hatte der zurück gefragt. „Sieh’, da vor uns liegt ganz links ein Boot mit einem amerikanischen Restaurant, daneben eines der Franzosen. Ganz rechts eines der Japaner. Zwischen dem Franzosen und dem Japaner sind die Engländer vor Anker gegangen,“ hatte Kriminalrat Günther Rogge ihn aufgeklärt.

„Ja, und wo ist die Pointe,“ hatte der Sowjetbürger gefragt.

„Hast du dich noch nie gefragt, warum wir hier nicht auch ein solches Boot haben?“ Der Deutsche verzögerte die Entgegnung mit einem Räuspern. „Nicht wirklich,“ hatte sein Gesprächspartner geantwortet, „warum nicht?“

„Nun ja, wir betreiben das Restaurant im Haus dahinter,“ hatte Rogge geunkt, dabei mit der Hand auf das Gebäude des Generalstabes gedeutet und abschließend hinzugefügt: „Ich hoffe, du kannst diese Information ausnahmsweise einmal für dich behalten.“

Auf die Rückfrage nach dem warum hatte er zur Antwort erhalten: „Stell’ dir vor, das fliegt auf, dann übernimmt Euer Geheimdienst das Lokal. Und den Fraß, den ihr dann vorgesetzt bekommt, den wirst du deinen lieben Kameraden doch wohl nicht zumuten wollen.“

Nikolaj erinnerte sich, den Deutschen, der ihm damals als Mitglied einer offiziellen Delegation des Landeskriminalamtes aus Düsseldorf zur besonderen Betreuung zugewiesen worden war, einen Augenblick lang ungerührt angesehen und dann ebenso gehässig erwidert zu haben: „Vielleicht hast du recht, aber vielleicht auch nicht. Wenn ich so zurückdenke, ist es eigentlich noch gar nicht so lange her, dass ihr euch eingebildet habt, hier im Lande alle Suppenküchen übernehmen zu können. Und im Vergleich zu dem Fraß, den ihr euch so für uns vorgestellt hattet, ist jede russische Gulaschkanone ein Luxusrestaurant.“

Günther Rogge hatte wohl gespürt, dass diese Bemerkung nicht wirklich als Witz zu verstehen war und deshalb vorsorglich darauf verzichtet noch einen drauf zu setzen.

Aber das war lange her.

Den General, der seit der damaligen Begegnung eine Blitzkarriere von Oberstleutnant in besonderer Verwendung im Generalstab des Heeres der sowjetischen Streitkräfte zum Generalmajor im Dienste der HUR der Ukraine gemacht hatte quälten inzwischen andere Probleme.

Er griff zum Telephonhörer und ließ sich mit Polizeimajor Swetlana Viktorewna Hartschenko in Murmansk verbinden.

Die versuchte Festnahme der vier Leute

Die versuchte Festnahme der vier Leute, die sich im Raum Lonstrup einfinden sollten, hatte sich im weiteren Verlauf des Abends für den Leiter der Polizeiinspektion Hjörring erwartungsgemäß zu einem völligen Desaster entwickelt.

Wie Larsson befürchtet hatte, war es nicht gelungen, den Aufenthaltsort der Gesuchten eindeutig zu lokalisieren.

„Die haben sich in Luft aufgelöst,“ stellte der Polizeichef lakonisch fest, während sein Blick auf die Wandkarte des Einsatzbesprechungsraumes gerichtet war.

„Machen Sie sich bitte keine Sorgen, die werden schon wieder auftauchen!“

Verdutzt richtete der Dienststellenleiter seinen Blick auf die Stimme, die ihn mit dieser frohen Botschaft im besten dänisch unaufgefordert unterbrochen hatte.

„Viola Ekström, NSA,“ stellte sich ihm die Rothaarige nunmehr selbst mit einem Lächeln vor, das unter anderen Umständen mehr als eindeutig gewesen wäre.

„Unter dem Strich wissen wir doch immerhin, dass vermutlich sechs bis acht Zielpersonen, vermutlich ukrainischer Nationalität mit vermutlich polnischen Pässen unterwegs sind, von denen immerhin bekannt ist, dass sie Autos benutzen, die vermutlich ausländische, im Zweifel deutsche Kennzeichen tragen. Wir kennen die Namen und die Herkunft der Männer....“

Der Dienststellenleiter unterbrach sie abrupt.

„Sehr witzig!“

Larsson war sich nicht sicher war, ob dieser Hinweis ironisch gemeint war oder tatsächlich dazu beitragen sollte, die gereizte Stimmung aufzufangen.

Viola Ekström spürte die Verärgerung des erfahrenen Polizisten und versuchte die Panne in ihrer Bedeutung abzumildern.

„Damit wird eine spätere Identifizierung doch wohl deutlich erleichtert und kann möglicherweise schon anhand der Fahrzeuge selbst erfolgen.“ Doch die Reaktion des Dienststellenleiters zeigte ihr, dass auch dieser Hinweis von ihm als nicht wirklich zielführend verstanden wurde.

„Allenfalls kann die Vorliebe dieses Täterkreises für Nobelmarken als Anhaltspunkt herangezogen werden,“ erwiderte Larsson.

„Aber an denen hat es ja auch unter den deutschen Touristen keinen Mangel.“

Der Leiter der dänischen Polizeiinspektion konnte nicht umhin, auf die Einschätzung der Amerikanerin mit einem gewissen Sarkasmus zu reagieren. Zugleich fand er diese Aussichten nicht gerade berauschend, behielt seine Meinung aber für sich.

Er ärgerte sich zugleich erneut darüber, dass die junge Frau, die so unaufgefordert das Wort ergriffen hatte, der Runde nicht offiziell vorgestellt worden war. Auch das behielt er für sich.

„Verdammt jung für einen solchen Job,“ murmelte der Uniformierte statt dessen vor sich hin. Zugleich wunderte er sich ein wenig über das Fehlen des typischen Akzentes, der Amerikaner ansonsten auszeichnete. Er vergaß seinen Ärger, als kurz darauf eine Meldung bei der Einsatzzentrale auflief, die immerhin als Teilerfolg gewertet werden konnte.

Ein Gebäude an der Küste bei Skallerup Klit war als vermeintlicher Treffpunkt der Gesuchten ausgemacht worden. Aber auch diese Entdeckung hatte die Fahndung nicht wirklich voran gebracht. Das Haus war zwar mit einem beträchtlichen technischen Aufwand gegen ungebetene Gäste aufgerüstet gewesen – aber leer.

Nicht auszuschließen war auch, dass mit eben diesem technischen Aufwand das Herannahen der Einsatzkräfte so frühzeitig erkannt worden war, dass sich die im Haus Versammelten in aller Ruhe hatten aus dem Staub machen können.

Noch in der Nacht wurden auf hoher See kurz nacheinander zwei verlassene Schlauchboote der Marke „Metzler“ von Frachtern gesichtet und aufgefischt. Insassen: Fehlanzeige.

„Das deutet doch wohl darauf hin, dass die entweder abgesoffen sind oder uns eine saftige Nase gedreht haben.“ Die Rothaarige vom US-Dienst kommentierte diese Meldung gegen Ende der Abschlussbesprechung ihrerseits nunmehr bewusst sarkastisch. Dabei verzichtete sie nicht einmal ansatzweise auf ihr aufreizendes Lächeln und nahm in Kauf, dass ihr Larsson einen ganz und gar nicht freundlichen Blick zuwarf.

„Auf wessen Seite stehen Sie eigentlich?“ Die Frage hatte Larsson zwar auf der Zunge gelegen.

Er verkniff sie sich angesichts der andauernden Anwesenheit der Kollegen aus Kopenhagen, nahm sich aber vor, der Sache einmal auf den Grund zu gehen.

„Eine typische Amerikanerin eben,“ versuchte er sich vorläufig einzureden. Damit war für ihn vorläufig zumindest schon einmal die Frage entschieden, für wen die Rothaarige Frau arbeitete.

Na also, es geht doch.“ Selbstzufrieden lehnte sich die junge Amerikanerin an jenem Abend kurz nach Ende der spätabendlichen Dienstbesprechung in ihrem Hotelzimmer in Hjörring zurück und schob sich die Brille zurecht.

Sie war weder kurz- noch weitsichtig, fand aber, dass ihr eine Brille einen eindeutig intellektuelleren Touch verlieh. Sie fand, dass ihr das stand und fand auch, dass sie so jünger aussah.

Seit ihrer Einstellung durch die US-Regierung hatte sie die Gelegenheit erhalten, die halbe Welt in dienstlichem Auftrag zu bereisen. Zeit für den Aufbau einer festen Beziehung war dabei allerdings nicht geblieben. Den Gedanken an die Gründung einer eigenen Familie hatte sie weit von sich geschoben. Diese Ungebundenheit machte sie für ihren Brötchengeber zusätzlich attraktiv. Es fiel ihr schwer sich einzugestehen, dass sie unter der sich daraus ergebenden Einsamkeit litt. Sie hatte dieses Gefühl immer verdrängt, aber seit sie auf die 30 zuging, spürte sie ganz deutlich, dass die Zeit begann weg zu laufen. Sie musste sich entscheiden, wusste aber nicht was ihr wichtiger war. In den ersten Jahren hatte sie sich eingeredet, dass sie aufgrund ihrer besonderen Qualifikation mit Aufgaben betraut wurde, die es unmöglich machten, für längere Zeit an einem Ort zu bleiben.

Zum Ausgleich war sie Männerbekanntschaften außerdienstlich nicht aus dem Weg gegangen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass das auffallen könnte und war deshalb nicht schlecht überrascht, als sie eines Tages offiziell dazu ermahnt wurde, auf „Sicherheit“ zu achten. Seither war sie sorgfältiger darauf bedacht, dass ihre Eskapaden nicht ruchbar wurden. Sie hatte sich im Laufe der Zeit zu einer regelrechten Verschleierungsspezialistin gemausert. Um sich abzulenken hatte sie außerdem eine ausgeprägte Neigung zum Schopping entwickelt. Mittlerweile war sie sogar ein wenig stolz darauf, sich zu einer echten Schnäppchenjägerin entwickelt zu haben, deren Spürsinn so schnell nichts entging. Zu einer weiteren Macke hatte sich ihre Vorliebe für dicke Pullover entwickelt.

Anfänglich hatte sie damit ihre Figur vor den begehrlichen Blicken der Mitschüler schützen wollen. Im Dienst stand sie deshalb mittlerweile sogar in dem Ruf, ein wenig schrullig zu sein. Das schmeichelte ihr ganz und gar nicht. Auf die dicken Pullover hatte sie trotzdem aus Trotz nicht verzichtet.

Heimlich zog sie diese über dem Busen inzwischen schon einmal etwas straffer, aber nicht aus. Nachlässig fuhr sie sich an diesem Abend mit den Händen durchs Haar und dachte darüber nach, wie der Tag gelaufen war.

Ihre Beteiligung an diesem Einsatz hatte sie nicht nur ihrer eigenen Initiative zu verdanken. Offiziell befand sie sich zu einem Kurzurlaub in Dänemark. Ihr „Chef“, Oberstleutnant Schultz hatte sie gebeten, nach Ihrer Landung in Kopenhagen doch einmal kurz bei seinem alten Bekannten Hansen hereinzuschauen und ihm seine Grüße auszurichten.

„Vielleicht zeigt der Ihnen bei der Gelegenheit ja sogar ein bisschen, wie die Dänen so arbeiten,“ hatte Schultz mit leicht ironischem Unterton hinzugefügt und Viola Ekström war sich keineswegs sicher gewesen, ob die süffisante Bemerkung nicht sogar eine typisch männliche Anzüglichkeit enthielt, war sich da aber keineswegs sicher gewesen.

Hansen erwies sich als souveräner Profi, der bestimmt nichts anbrennen ließ. Er hatte sich tatsächlich sehr erfreut gezeigt, wieder einmal von Schultz zu hören und dessen Mitarbeiterin gefragt, ob sie „Lust“ habe, an dem Einsatz teilzunehmen. Natürlich hatte sie „Lust“ gehabt.

„Habe ich eigentlich immer,“ hatte sie Hansen in routiniert geschäftsmäßigem Ton beschieden und ihm dabei so herausfordernd direkt in die Augen gesehen, dass diesem sein Herz in die Hose gerutscht war. Kurzfristig als eine Art Begleitadjutant an einem operativen Einsatz gegen eine ukrainische Killertruppe in Dänemark teilnehmen zu dürfen, erlebte man schließlich nicht alle Tage. Da sie nicht damit zu rechnen hatte, für dessen Verlauf zur Rechenschaft gezogen zu werden, war der Misserfolg der Aktion für Viola kein Beinbruch gewesen. Immerhin hatte sie auf diese Weise tatsächlich einen interessanten Einblick in die Vorgehensweise der Dänen erhalten. Mochte der alte Larsson auch noch so fluchen.

„Schön, das können wir abhaken, jetzt ab in den Norden,“ dachte Ola, wie sie von ihren Freunden genannt wurde. Während Sie diesen Gedanken nachhing, klopfte es an der Tür. „Wer ist da,“ fragte die Rothaarige überrascht aber mit fester Stimme. Die Antwort verblüffte sie.

Mit diesem Gast hatte die Mitarbeiterin der NSA und Spezialistin für Datensicherheit hier nicht gerechnet.

„Kommen Sie herein,“ lautete dessen ungeachtet ihre Antwort. Die Informationen, die der Besucher ihr in dem folgenden knapp 30 Minuten dauernden Gespräch übermittelte, waren nicht dazu geeignet, ihrem bevorstehenden Besuch in Norwegen mit derselben Vorfreunde entgegen zu sehen, mit der sie sich bisher darauf eingestellt hatte.

„Sie erinnern sich an den merkwürdigen Trojaner, über den wir seinerzeit beim Triforium kurz gesprochen haben?“

Viola Ekström erinnerte sich nur dunkel. Es hatte einen Moment gedauert, bis sie geschaltet hatte.

„Ja und?“

„Uns ist aufgefallen, dass es den Polen kürzlich zufällig gelungen ist, mehrere Telephongespräche abzuhören, die den Schluss zulassen, dass es kriminellen Strukturen mit Hilfe von Glovico gelungen sein könnte, in die Datennetze amerikanischer Großbanken einzudringen und diese so zu manipulieren, dass es ihnen möglich sein dürfte, größere Bargeldbeträge abzuheben und das Geld mit Kurieren von den USA nach Europa zu transferieren. Da noch immer völlig unklar ist, wer hinter der Aktion steckt, habe ich mir gedacht, es könnte vielleicht nützlich sein, wenn Sie sich auch einmal damit befassen. Da könnte sich eine ausgesprochen brisante Geschichte anbahnen.“

„Wie haben Sie erfahren, dass ich hier bin,“ fragte sie ihren Gast beim Hinausgehen. Die Antwort stellte sie zufrieden. Der Besucher hatte die Tür hinter sich zu gezogen und war gegangen. Noch bevor Viola Ekström das soeben Gehörte noch einmal Revue passieren lassen konnte, klingelte bereits das Telephon.

Vom anderen Ende der Leitung vernahm sie die vertraute Stimme ihrer deutschen Freundin. „Das Haus ist nicht schwer zu finden. Du fährst auf der Küstenstraße nach Norden bis Bergen und dann in weiter in Richtung Eidfjord. Sieben Kilometer vorher passierst du eine Brücke, die über einen kleinen Bach führt. Gleich danach siehst du auf der linken Seite einige grasbedeckte Hütten. Wenn du die Einfahrt nimmst, fährst du direkt auf das Haus zu. Wir treffen uns dort übermorgen gegen neunzehn Uhr.“

Viola Ekström hatte verstanden, legte den Hörer auf und dachte nach.

Am einfachsten würde es wohl sein, die Fähre von Hanstholm über Egersund nach Bergen zu nehmen. „Damit hab’ ich die ganze Nacht zur Verfügung. Und mit ein wenig Glück ergibt sich zwischendurch ja sogar noch eine kleine Gelegenheit. Wenn nicht, habe ich wenigstens gut gegessen,“ machte sich die Amerikanerin klar. Alternativ hätte sie auch am übernächsten Tag den Flieger von Ahus nehmen können. Die Maschine würde gegen 14.00 Uhr in Bergen ankommen. Zeit genug, um danach mit dem Auto über Eidfjord zum Treffpunkt zu fahren. Aber dann hätte sie auch noch die kommende Nacht im Hotel in Hjörring verbringen müssen. Eine echte Chance, um sich auch nur ein wenig zu amüsieren, würde sich hier kaum bieten. Da war das Schiff schon besser. Gelegenheiten für ein kleines One-Night-Event boten sich da immer. Ob sich ein passender Typ finden lassen würde, stand auf einem anderen Blatt. Man würde ja sehen. In jedem Fall hatte die nach außen hin so spröde Endzwanzigerin einfach mal wieder Lust auf eine kleine Abwechslung. Mit irgendwelchen Komplikationen am nächsten Morgen war bei diesen Vergnügungen an Bord nicht zu rechnen. Man machte es miteinander ohne lästige Hemmungen und trennte sich dann wieder, ohne lange Fragen zu stellen. Außerdem ließ sich ein solcher Trip leichter als Kurzurlaub deklarieren. Violas Vorliebe für das Meer in Kombination mit kleinen Kreuzfahrten war hinlänglich bekannt. Eine Flugreise hätte da wohl eher Rückfragen ausgelöst. Ihr Entschluss stand damit fest.

Die notwendigen Reiseutensilien waren am nächsten Morgen schnell gepackt. Über das Haustelephon des Hotels bestellte sich die rothaarige Frau ein Taxi und ließ sich nach Hanstholm chauffieren. Bis zum Ablegen der Fähre blieb sogar noch ein wenig Zeit für einen kleinen Bummel durch das Einkaufszentrum. Spontan kaufte sich die EDV-Spezialistin dort einen dicken norwegischen Parka. „An Bord ist es auf Deck einfach schon recht kühl,“ rechtfertigte sie die Ausgabe vor sich selbst, „und wer weiß, ob ich drüben genug Zeit haben werde.“ So bestückt checkte sie gegen 18.00 Uhr auf der Fähre ein, buchte an Bord eine nicht ganz billige Außenkabine, nahm dort eine ausgiebige Dusche und kostümierte sich danach ein wenig aufreizender als sonst üblich.

„Die Kerle können ruhig merken, dass ich nicht abgeneigt bin,“ griente sich die Rothaarige vor dem Spiegel an, während sie sich die Augenbrauen nachzog. Danach ging es ab ins Lokal, wo sie recht schnell die gewünschte Aufmerksamkeit auf sich zog.

Knapp 2000 km weiter im Norden

Knapp 2000 km weiter im Norden passierten zur gleichen Zeit die frischgebackene Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft in Moskau, Tatjana Wolkowa alias Ruth Waldner und ihr Bekannter Tolja Timofefa die russisch norwegische Grenze. Auf die Idee, ihre alte Freundin in Norwegen zu treffen, war die Deutsche von ihrer polnischen Mitstreiterin bereits Mitte Juni in Moskau gebracht worden. Aufgrund des Ausfalls einer bewährten Dolmetscherin infolge eines längeren Krankenhausaufenthaltes, war die Angestellte der Konsularabteilung gefragt worden, ob sie einspringen könne. Wie von der entsendenden Dienststelle vorausgesehen, waren ihre perfekten Sprachkenntnisse in beiden Sprachen bereits nach wenigen Wochen in der Telephonzentrale so positiv aufgefallen, dass man ihr das Angebot gemacht hatte, zukünftig auch für den Besucherdienst tätig zu werden. Als es darum ging, im August eine deutsche Expertengruppe nach Murmansk zu begleiten, die sich über den Fortgang der Arbeiten zur Konservierung der atomaren Überbleibsel der Nordmeerflotte informieren wollte, hatte sie nach Rücksprache mit Berlin ohne Umschweife zugesagt. Von dieser Dienstreise hatte sie ihrer polnischen Bekannten erzählt. Das allerdings hatte sie sich nicht genehmigen lassen.

„Wenn du sowieso da oben bist, mach’ doch einen kleinen Abstecher nach Norwegen. Wir können uns dort treffen,“ hatte Agnieszka Malik daraufhin angeregt und Ruth Waldner hatte zugestimmt. Um nach Beendigung der Inspektionsreise nicht gleich nach Moskau zurückkehren zu müssen, würde sie sich offiziell einige Tage frei nehmen, um ihre ‚Verwandten’ in Archangelsk zu besuchen. Das Urlaubsgesuch war vom Leiter der Konsularabteilung genehmigt worden. Ihre Dienststelle in Berlin hatte hiervon hingegen nichts erfahren. Dafür war der Mann informiert, für den Ruth Waldner schon seit ihrer Jugend tätig war.

„Es wird also niemandem ungewöhnlich erscheinen, wenn ich für einige Tage nicht in Moskau erreichbar sein werde,“ resümierte die Frau mit den zwei Pässen jetzt während der Wagen die kleine Schlange vor der Grenze hinter sich gelassen hatte.

Um vor unangenehmen Überraschungen sicher zu sein, hatte sie vorbeugend kurz vor der Abreise aus Murmansk ihr Handy abgeschaltet. Eine Ortung war also ausgeschlossen. Damit blieb ihr genügend Zeit, um von der Stadt am Nordmeer aus direkt nach Norwegen zu fahren. Vadim hatte ihr die notwendigen Papiere besorgt. Es würde zwar ein harter Zweitagestrip bis nach Eidfjord werden, aber die Sache, um die es ging, sollte besser unter vier Augen besprochen werden. Die Sache war dringlich. Das hatte ihr früherer und in gewisser Weise auch jetziger Vorgesetzter ohne lange Diskussionen eingesehen. Nach der gemeinsamen Meinung Beider hatte es nicht einer gewissen Ironie des Schicksals entbehrt, dass sie über die Vermittlung Haffners nunmehr zu legalen Kooperationspartnern gemacht worden waren.

Der jetzige Oberst hatte als junger KGB Offizier entscheidend dazu beigetragen, dass die Familie Waldner in die BRD hatte ausreisen können. Als Gegenleistung hatte der Dienst auf der üblichen informellen Zusammenarbeit bestanden. Vadim war der Familie als „Führungsoffizier“ zugeteilt worden. Die Anregung ihrer polnischen Bekannten bot jetzt eine gute Gelegenheit, die Zusammenarbeit in neue Bahnen zu lenken. Dass ihr der Abstecher nach Norwegen auch aus anderen Gründen nicht unangenehm war, das hatte sie natürlich auch Vadim nicht unter die Nase gerieben. Seinen Vorschlag die Reise in Begleitung anzutreten hatte sie zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass man heutzutage ja nicht mehr sicher sein könne, wen man sich da ins Boot holt. Da der FSB-Offizier nicht bereit war locker zu lassen, hatten sie sich schließlich gemeinsam darauf verständigt, dass Tolja fahren sollte. Damit war definitiv ausgeschlossen, dass innerdienstlich ein Dritter von der Sache Wind bekam.

Alles lief wie geplant. Als Tatjana am Bahnhof der Nordmeerstadt ankam, wartete ihr Fahrer bereits. Der Grenzübertritt gestaltete sich ebenfalls problemlos, in den Augen Tatjanas zu problemlos. „Warum werden wir hier nicht gründlicher kontrolliert,“ fragte die Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft, BND-Agentin und langjährige inoffizielle Mitarbeiterin des KGB ihren „Ehemann“, der am Steuer des russischen Geländewagens der Marke Lada-Niva saß.

„Keine Ahnung, sieht aus, als ob wir angekündigt sind,“ gab der Angesprochene grinsend zurück.

„Das darf doch nicht wahr sein,“ ärgerte sich die Frau, die sich laut Passeintrag „Tatjana“ nannte, und fuhr lauthals fort: „Wer kann das gewesen sein?“ Stark stimmungsabhängig zu reagieren gehörte zu den ausgesprochenen Schwächen der Frau mit den vielen Gesichtern. Sie konnte „aus dem Stand heraus“ ohne jede Vorwarnung von einem Stimmungshoch in ein abgrundtiefes Loch fallen. Nachdem ihr diese Gemütsschwankungen bewusst geworden waren, hatte sie viel Energie darauf verwandt, diese Schwäche in eine Tugend zu verwandeln. Üblicherweise hatte sie die Überleitungen mittlerweile so im Griff, dass sie mit Gefühlsausbrüchen spielen konnte, wie auf einer Tastatur. Je nach Bedarf und Belieben spielte sie insbesondere bei Männern die Unbedarfte, die mit trauriger Miene dringend auf Hilfe angewiesen war, um im nächsten Augenblick wie einen widerspenstigen Gesprächspartner wie eine Furie an die Wand zu drücken. Aber eben nur üblicherweise. Gerade jetzt waren die Pferde wieder einmal mit ihr durchgegangen. Wenn eine Situation begann kritisch zu werden, stieg die Gefahr, dass sie die Kontrolle verlor. Tolja wusste das, machte daher eine lässige Handbewegung in Richtung auf seine Brieftasche und erwiderte: „Da war vorher mehr drin.“ „Tatjana“ hatte verstanden. Mit Geld konnte man in Russland eben alles machen. Auf norwegischer Seite ließ sich diese Methode selbstverständlich nicht wiederholen. Da aber die Papiere in Ordnung waren, gab es auch hier keine Veranlassung für ernsthafte Verzögerungen. In Kirkenes verbrachte das Paar die Nacht in getrennten Zimmern. Am nächsten Morgen warteten beide auf dem Flugplatz bis 11.15 Uhr auf den Flug nach Bergen, wo sie um 15.20 Uhr landeten. In der Stadt mit dem alten Hansekontor nahmen sich beide einen Leihwagen. Um Tolja eine Freude zu machen, willigte Tatjana ein, einen Range Rover anzumieten. Das wenige Gepäck war in dem großen Geländewagen schnell verstaut. Der Kosak setzte sich ans Steuer und lenkte das schwere Fahrzeug auf die Straße, auf der bereits zwei dunkle BMW-Limousinen der 7’er Reihe warteten.

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