Kitabı oku: «Jürgen Klopp», sayfa 2

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Der Jugendspieler Jürgen Klopp:
»Bub, net auf die Gläser, aufs Tor«

Fußball spielen lernte Klopp in Glatten, im Nordschwarzwald. Auf der Auslinie des Waldplatzes steht eine Tanne, die nicht stört. Manchmal fliegt der Ball in den Fluss, der vorbeirauscht. Von hier nahm Klopp was mit, kommt er heim, bringt er was zurück.

von Roger Repplinger
In der »Linde«

Die Sonne leuchtet durch die offene Tür der »Linde«, im Licht schwimmen Insekten, die von der Glatt, die nicht weit von hier durch den Ort fließt, dem sie den Namen gegeben hat, herüber kommen, weil es hier Bier gibt und Rotwein und nicht nur Wasser. Das Licht bringt das Salz und den Pfeffer in den Streuern auf dem Tisch zum Leuchten und man sieht die Muster auf den Platten des Fußbodens. Die Gewürze nehmen die Gäste der »Linde« für ihren Rostbraten und das Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat, bei denen sie sich anstrengen müssen, »um sie zu zwingen« – wie man hier sagt. Ich bekomme Hunger.

Draußen stehen ein paar Plastiktische. Da sitzt eine Hand voll Männer aus Glatten, Neuneck und Böffingen, rauchen, und schweigen sich in den Feierabend hinein. Die zwei Linden vor der »Linde« sind keine Linden, sondern Eichen. Mir wäre das nicht aufgefallen.

Wenn ich nach Hause komme, sind zwei Lieder in meinem Kopf. Akustikgitarre und die zerknitterten Stimmen von Neil Young, der »Sugar Mountain« singt, und Bruce Springsteen, der von einem »Mansion On The Hill« erzählt. Es gehen so viele Gefühle in mir herum, dass ich sie nicht alle aufschreiben kann. Ich hab genug damit zu tun, sie auszuhalten. Ich kriege die Risse in meine Leben nicht zu, indem ich drauf zeige, was aus mir geworden ist. Wenn der eine Bücher schreibt, die keiner liest, schiebt ihn das weiter von dem weg, was mal sein zu Hause war, und wenn der andere Deutscher Meister im Fußball wird, auch. Der Deutsche Meister wird auch Heimweh haben.

Das Hotel Schwanen steht in der Ortsmitte von Glatten. Von da bin ich den Berg hochgegangen. Es geht immer den Berg hoch, denn Glatten liegt für ein Dorf im Nord-Schwarzwald mit 530 Metern nicht hoch. Deshalb brauchen die Kinder, die in die weiterführende Schule nach Dornstetten oder gar Freudenstadt gehen, ein Rad, mindestens, oder besser ein Mofa, oder den Bus. Auch wenn sie ins Kino wollen, das geht nur in Freudenstadt, oder in die Disko, etwa das »Barbarina« in Freudenstadt, oder den »Scotch Club«, oder das »Juz«, das Jugendzentrum in Dornstetten, oder die »Ranch« in Neuneck. Bis auf einen versichern alle einheimischen männlichen Anwesenden am Tisch in der »Linde« sofort hoch und heilig, nie dort gewesen zu sein. Gerhard Triks Beschreibung dessen, was auf der »Ranch« abging, beschränkt sich auf einen entzückten Gesichtsausdruck, »ooh, ooh« und das Heben und Senken der Hände, begleitet von weiteren »ooh, oohs«.

Glatten, der Ursprung

Das Wasser ist der Grund, aus dem es Glatten gibt, und sicherte sein Überleben. »Glatt« stammt vom Althochdeutschen »glat« beziehungsweise »glad« ab, und heißt so viel wie »klar, glänzend, rein«. Die Glatt entsteht in Aach, einem Stadtteil von Dornstetten, aus Ettenbach, Stockerbach und Kübelbach, und fließt erst nach Süden, dann nach Osten, und mündet nach 37 Kilometern bei Neckarhausen in den Neckar. An der Glatt siedelten sich Getreide- und Sägemühlen an, Gerbereien und Brauereien, Flößereien, Waldbau, der ohne Wasser die geschlagenen Bäume nicht hätte transportieren können, und alles, was sonst irgendwie mit Wasser zu tun hat. Das rot-silberne Wappen der Gemeinde zeigt ein vierspeichiges Mühlrad mit zwölf Schaufeln.

Der Latschariplatz

Die Einwohner von Glatten, die sich selbst »Glattemer« nennen, sagen zur Ortsmitte »Latschariplatz«. Latschari ist alemannisch und bezeichnet das, was in Norddeutschland »Puschen« sind. Hier stand, gegenüber dem »Schwanen«, die Brauerei Reich. Die gehörte der Familie von Jürgen Klopps Mutter Liesbeth, die den Kürschner Norbert Klopp heiratete, der aus Dornhan nach Glatten gekommen war. »Z’Glatten«, wie man hier sagt. Er arbeitete dann für die Firma »Fischer-Dübel« in Tumlingen. Artur Fischer, Jahrgang 1919, der 1958 den Dübel aus Polyamid erfand, ist in Tumlingen geboren. Über Norbert Klopp sagen die, die ihn kannten, dass er ein eleganter Mann war, gewandt, ein guter Verkäufer, selbstbewusst, der auch Kindern mit Respekt begegnete, was dem kleinen Jens Haas schwer imponierte, weil das in den siebziger Jahren nicht üblich war.

Da steht ein Brunnen am Latschariplatz, über dem Bürgenbach. Hier treffen sich die Jugendlichen, kauen Kaugummi, die Jungens spucken Lachen auf den Boden, rauchen, und schmeißen ihre Kippen in den Bach, in dem Forellen stehen. Auch ihr Plastikbesteck, das eventuell aus dem Döner-Imbiss kommt, den es nun auch in Glatten gibt, und wenn sie ganz übermütig sind, die Jugendlichen, ihre Bierflaschen. Das ist dann Punk. Hier am Brunnen, treffen sich die Kreisliga-A-Fußballer des SV Glatten, wenn sie auswärts spielen. Auch die Spieler der Nachwuchsmannschaften halten das so. Der Brunnen, das ist der Platz in Glatten!

Da ist die Bäckerei Trik, die immer hier war, und in der Gerhard Trik 25 Jahre lang aushalf. Immer samstags. Gerhards Bruder, der inzwischen auch schon 62 ist und seinen Bruder mit einem kurzen, freundlichen Brummen grüßt, hat die Bäckerei übernommen. Die letzte eigenständige, in der noch gebacken wird – alle anderen Bäcker im Ort: Kette. Mechanikermeister Gerhard Trik wurde Platzwart des SV Glatten und betreibt das Vereinsheim. Er will in diesem Text nicht vorkommen, also entschuldige ich mich hier bei ihm: Lieber Gerhard Trik – es geht ums Verrecken nicht anders.

Gerhard Trik bricht sich den Fuß

Es muss ein Samstag im Jahr 1974 gewesen sein, »legen Sie mich nicht fest«, bittet Trik, als die vom SV Glatten Samstag morgens um Acht in der Backstube beim »Aushilfsbäcker« Gerhard Trik vorsprechen, weil sie wissen, dass der am Samstag um diese Zeit schafft, und ihn bitten, als Aushilfsfahrer für eine Fahrt nach Kirn einzuspringen. Der vorgesehene Fahrer war ausgefallen. Die A-Jugend soll dort spielen. In Kirn, in der Pfalz. Der Trik, der lässt sich breitschlagen, und setzt sich hinters Steuer. Die Leute helfen sich gegenseitig, so ist das auf dem Dorf. Der Norbert Klopp und sein etwa siebenjähriger Sohn Jürgen sind auch dabei, weil der Vater doch aus Kirn stammt. Der Vater spielt gut Tennis, ist auch kein schlechter Fußballer, Torwart, bei den Turn- und Sportfreunden Dornhan in der zweiten Amateurliga, Probetraining beim 1. FC Kaiserslautern, beim SV Glatten, wenn es eng wurde, Mittelfeldspieler – und ehrgeizig. Auch was seinen Bub anbelangt. Gerade bei dem.

Wir sind nun in Kirn. Die A-Jugend kickt und der kleine Klopp, der schiebt dem Trik einen Ball zu, und der Trik, nicht faul, schiebt ihn zurück. Das geht so hin und her. Vater Klopp guckt bei der A-Jugend zu. Und dann rutscht der Trik aus, wahrscheinlich war der Rasen nass, sagt er, und – bautz, haut es ihn längs hin. Und auch der Knöchel ist hin. In Kirn, in der Pfalz. »Hol’ Hilfe«, sagt der Trik, der am Boden liegt und nicht mehr aufstehen kann, zum kleinen Klopp, und der wetzt los. Und schon kommt der Sani mit der Trage und der Trik in Kirn ins Krankenhaus. Heute humpelt er, hat Arthrose im Knöchel, und deshalb tut ihm die Hüfte weh. Fehlbelastung. Jetzt überlegt er, was er machen soll. Operation? »Au«, sagt Gerhard Trik, und zieht die Luft zwischen den Zähnen in seinen Mund. Schon das Wort: furchtbar. Er war bislang nur ein Mal in seinem Leben im Krankenhaus. In Kirn, in der Pfalz. Er findet, das reicht.

Habe ich gesagt, dass er nicht in diesem Text vorkommen will? Der Gerhard Trik? Habe ich? Er will sich nämlich nicht in den Vordergrund schieben. Er sagt nicht, dass sich andere in Glatten mit Jürgen Klopp in den Vordergrund schieben. Das würde er nie sagen, weil er sich damit ja doch in den Vordergrund schieben und über andere richten würde. Das will er auf keinen Fall. Und nicht vorkommen. Nun kommt es anders.

Astrid Wissingers Klassenfoto

Gerhard Trik ist nicht aus Glatten weggegangen. Jeder, der geblieben ist, hat darüber nachgedacht, was für Glatten spricht, und was dagegen. Die, die gegangen sind, haben sich das Gleiche gefragt, und anders entschieden getroffen. Der Haas sagt: »Für mich ist das der richtige Ort.«

Astrid Wissinger hat ein Foto, gerahmt, mit in die »Linde« gebracht. Die vierte Grundschulklasse, Jahrgang 1966/67, alle sind so zehn, elf Jahre alt. Das Foto bedeutet ihr was. Man erkennt nicht, wer die Lehrerin ist, wie hieß die nochmal, die immer schön »Jim Knopf und die Wilde 13« vorgelesen hat, so jung sieht die Lehrerin aus, und wer Astrid ist, erkennt man auch nicht. Alle haben schöne Pullover an und machen einen sehr braven Eindruck. Wie sie so unbeweglich auf dem Foto stehen. Den Klopp, den damals jeder »Klopple« ruft, kennt man sofort. Astrid Wissinger hat alle Namen parat und weiß, was aus ihnen geworden ist. Zwei haben geheiratet, also, nicht direkt in der Klasse, aber Parallelklasse.

In der ersten Grundschulklasse waren sie 45 Kinder. »Das ging nur, weil wir alle gerne in die Schule gegangen sind und weil der Druck nicht so groß war wie heute«, sagt Astrid Wissinger, die es wissen muss, weil sie ein Kind im schulpflichtigen Alter hat. In der Grundschule Glatten gab es Lehrer, die geschlagen haben, »so mit der Handkante«, sagt Wissinger, und als sie es demonstriert, macht ihre Handkante in der Luft ein unangenehmes Geräusch.

Da bleiben, weg gehen

Auf dem Foto sind 23 Kinder. Mehr Mädle als Buben. »Der isch no do, der au«, sagt Astrid und zählt durch. Zwölf von den 23 sind noch in Glatten oder der Nähe. Einige von denen, die geblieben sind, kommen ihr Leben nicht über Dornstetten und Freudenstadt hinaus. Sie schon. Es gibt eine Firma Wissinger, am Ortsausgang Richtung Lombach, Fahrzeugbeschriftungen, auch im Motorsport, und Herstellung von Folien, die Autos gegen Steinschlag schützen, unter anderem für Maserati.

Astrid war mit Jürgens Mutter Liesbeth und seiner Schwester Stefanie mal zu Besuch bei den Klopps. »Wir hatten uns 20 Jahre nicht gesehen, dann saßen wir die halbe Nacht in der Küche und haben geschwätzt«, sagt sie, »alles war warm und herzlich«. Die Mutter hat ihr die Geschichte erzählt, wie der Vater das Wohnzimmer ausräumt und eine Torwand aufstellt, und der Jürgen, drei Jahre alt, soll schießen. »Bub, gell, net auf die Gläser«, ermahnt ihn der Vater, »aufs Tor«.

Der Vater war ein leidenschaftlicher Tennisspieler, hat die Tennisabteilung des SV Glatten mit gegründet. Fast wäre aus Jürgen Klopp ein Tennisspieler geworden, Talent ist vorhanden, Ballgefühl, der Fußball war stärker, vielleicht auch, weil er häufig gegen den eigenen Vater Tennis spielen musste. Das hat wahrscheinlich nicht viel Spaß gebracht.

Das Kloppsche Haus

Es gibt ein Haus in Glatten, aus dem hängt eine gelb-schwarze Fahne. Es ist das Haus, in dem Jürgen Klopp geboren wurde. Gleich beim schicken, neuen Rathaus und der Grundschule, zu der das »Klopple« nur über die Straße musste. Die Fahne hat nichts mit Mutter und Schwester zu tun, die hier leben, sondern mit einem Mieter des Hauses. Der einzige BVB-Fan im Ort. In Glatten ist man traditionell für den FC Bayern München oder den FC Schalke 04. Es ist wie bei jahrzehntelangen Streitigkeiten mit Nachbargemeinden: Keiner weiß mehr, was in grauer Vorzeit der Grund für den Hader war, aber es hört nicht auf.

Das mit den Bayern führt dazu, dass heute im Nebenzimmer der »Linde« der Wirt Wolfgang Herbstreuth, die Wirtin und einige Gäste hocken, und Champions League gucken: Villareal gegen Bayern. Und Gerhard Trik ist pünktlich nach Hause gefahren, weil er das Spiel sehen muss. Ein Schnitzel würde er aber jederzeit in die Pfanne hauen, sagt der Wirt, oder einen Rostbraten, mit extra viel Zwiebeln, wenn der hungrige Gast es wünscht.

Klopp und der rote Brustring

Das Herz von Jürgen Klopp, in Stuttgart geboren, schlug für den VfB Stuttgart. Ist nicht das Schlechteste, was einem im Leben widerfahren kann. In Glatten hatte er ein kleines Zimmer unterm Dach des elterlichen Hauses: VfB-Wimpel, Bett unter der Dachschräge. Erinnert sich Jens Haas, der neben den Klopps gewohnt, und zusammen mit Jürgen bis zur B-Jugend beim SV Glatten gekickt hat. Das heißt, Jens hat Fußball gekickt, Jürgen gespielt. Jens Haas erinnert sich, wie Jürgen schon als Elfjähriger, wenn sie im Radio die Bundesligakonferenz gehört haben, die Entscheidungen des VfB-Trainers kommentiert hat: »Jetzt muss er den Klotz rausnehmen.« Das waren die Zeiten von Hansi Müller, den Förster-Brüdern, Karl Allgöwer, Walter Kelsch, Helmut Roleder im Tor, wahrscheinlich war es Jürgen Sundermann, der Mittelstürmer Bernd Klotz ausgewechselt hat, oder der, wenn er nicht auf Klopp hörte, scharf kritisiert wurde. Aber vielleicht auch Lothar Buchmann.

F-Jugend

Haas kommt etwas verspätet in die »Linde«, weil er mittwochs die FJugend des SV Glatten trainiert. Heute hat er zwei Mannschaften mit je acht Buben gebildet und, halbes Feld, auf die kleinen Tore spielen lassen. Der eine Bursche hat gemault: »Ich will mit dem ...«, und der andere gequengelt: »Oah, Trainer, aber bloß net mit dem ...«. Und alle waren der Meinung, die guten Spieler seien nicht gerecht auf die beiden Teams verteilt. Der Haas blieb hart, es ging 2:2 aus. »Bin doch nicht ganz blind«, sagt er und zwinkert mit dem Auge.

Eine F-Jugend gab es zu der Zeit, als Jens und Jürgen mit Fußball anfingen, noch nicht. Die E-Jugend, nicht zuletzt für seine Söhne Ingo und Hartmut, gründete Ulrich Rath 1972. Heute bildet der Nachwuchs des SV Glatten in den höheren Altersstufen Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen, weil sie alleine keine Mannschaft auf die Beine bekommen. Auf dem Bolzplatz in Glatten, in der Nähe wohnt die Familie Schweizer, wird nicht mehr gebolzt, der Trik guckt immer, ob da einer für den SV dabei ist. Und? Kopfschütteln.

Die Kinder haben einfach zu viel Schulunterricht, auch am Nachmittag, und nach der Schule andere Termine. Stress halt. Haas erinnert sich, dass »wir entweder gebolzt haben, oder trainiert«. Jeden Tag war Fußball. Hausaufgaben? »Wenn es ging, gar nicht«, lacht Haas. Und wenn es doch sein musste, dann hopplahopp. Nach dem Bolzen sind Klopp und seine Spezis einfach bei den Schweizers in den Keller gestiegen, und haben sich bedient. Sprudel. Bei der Meisterfeier in Glatten hat er sich nochmal bei den Schweizers bedankt. Wer weiß, was ohne den Sprudel wäre ...

»s’Klopple« hat Talent

Dass das »Klopple« Talent hat, zeigt sich rasch. In der D-Jugend ist es jedem klar. Beim Bolzen läuft es so wie überall, die Spieler werden gewählt, und wer am Anfang gewählt wird, ist einer von den Guten. Jürgen ist Anfang, Jens nicht. Man trifft sich am Brunnen, Ball auf dem Gepäckträger, Lederbälle sind kein Problem, anders als zu Gerhard Triks Zeiten, eine Generation vorher. Da waren Lederbälle und Fahrräder noch nicht jedermanns Sache.

Wenn da einer ist, der es kann, merkt man ja erst, wie schlecht man selbst ist. Haas nickt, aber entscheidend ist, »dass er das einen nie hat merken lassen. Er hat zwar beim Spiel geschimpft, aber das macht jeder in diesem Alter, und er wurde nie persönlich«. Bis heute ist der Klopp nicht der Typ, der Stress sucht, er kommt mit jedem klar, er gibt niemandem das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Er kann sich durchsetzen, macht das aber auf seine Art. Deutlich und nett. Den Trainer des VfB hat er kritisiert, den des SV Glatten nicht. »Der Vater war meistens dabei, mit dem hat er strittige Fragen diskutiert«, sagt Haas. Auch als der Sohn für den FSV Mainz in der Zweiten Liga spielt, fährt der Vater regelmäßig hin und brüllt Kommandos auf den Platz. »Markante Stimme«, sagt Haas.

Kapitän Klopp

Als Mannschaftskapitän der C-Jugend »strahlte Klopp Sicherheit aus«, sagt Haas. Er war eine »zentrale Figur«, auf ihn konnte man sich »in jeder Situation auf dem Platz verlassen«. Er war »immer anspielbar« und »weder als Fußballer, noch durch die Art seines Auftretens als Mensch, irgendwie angreifbar«. Wenn ein Spieler wie Haas das Gefühl hatte, dass es heute schief geht, dann guckte er zu Klopp hinüber, und der vermittelte genau dieses Gefühl nicht. So was kann hilfreich sein. Und was konnte der Klopp nicht gut? »Verlieren«, antwortet Haas prompt. Da flogen schon mal Böller in die Ecke, das erinnert an den Trainer Klopp, der seine Emotionen raushaut.

Vespa, orange

Das »Klopple« hatte ein Mofa, orange, eine Vespa. »Meines war schneller«, sagt Haas, »das hat ihn geärgert, aber das hat er sportlich genommen.« Natürlich wurden »Rennerles« gefahren, die Mofas waren frisiert. Und Astrid Wissinger erinnert sich an einen aus ihrer Altersgruppe, der bei einem Unfall einen Arm verlor. »Da hatte der noch ein Mordsglück«, sagt sie.

Auf den Gedanken, dass der Mittelfeldspieler Jürgen Klopp, der in der C-Jugend eine Menge Tore schoss, in der Bezirks- und Verbandsauswahl spielte, mal Fußballprofi werden könnte, ist Haas nicht gekommen. Auch nicht, als der Klopp zum TuS Ergenzingen wechselte, in die A-Jugend, die einen guten Ruf hatte, weil sie mit Wolfgang Baur einen guten Trainer hatte. Zum TuS Ergenzingen ging noch einer mit, der Jürgen Haug, Norbert Klopp chauffierte die beiden zum Training. Im Auto: immer Einzelkritik. Zu dieser Zeit Vereins- und Schulwechsel: Der kleine Klopp war einer von drei Glattemern, die aufs Wirtschafts-Gymnasium in Dornstetten gingen. Die ersten ein, zwei Jahre, hielten die Beziehungen zu den Gleichaltrigen in Glatten, dann spürte Haas »einen Bruch«. Nicht der letzte. Das hat nichts damit zu tun, wie man miteinander umgeht, und welche Gefühle man füreinander hegt.

Haas hat seinen Sohn beobachtet, wie der auf Jürgen Klopp als TVoder Baumarkt-Werbefigur reagiert. Wir nehmen einen Schluck Weizenbier und überlegen, wie die Firmen heißen, für die Klopp wirbt. Wir kommen nicht drauf. »Er reagiert wie auf jede andere Werbefigur«, sagt Haas. Für seinen Sohn gibt es nur diesen Klopp. Den Unerreichbaren auf der Trainerbank und im Fernsehen. Für Vater Haas ist das anders. Da gibt es zwei. »Wenn er im Fernsehen Werbung macht, ist er eine Werbefigur, wenn er hier zur Feier kommt, dann ist er mein Schulkamerad und Mitspieler, und er fragt mich, wie es mir geht, und ich frage ihn«, sagt Haas.

Die Meisterfeier

Als Klopp zur großen BVB-Meisterfeier auf den Riedwiesen am 10. Juni 2011 in Glatten ist, braucht er eine Dreiviertelstunde, um eine Rote Wurst zu essen, und es tut ihm Leid, dass er nicht genügend Zeit für seinen Schulkameraden hat. Es ist alles schön, manchmal vielleicht ein bisschen peinlich, weil so gelobhudelt wird, aber das muss sein. Klopp sagt, »dass das hier Heimat ist und das ist cool«. Dann und wann spricht er Schwäbisch, das findet Astrid Wissinger »cool«, und dann wird der Applaus noch lauter. Zu vorgerückter Stunde muss er sich im Bierzelt der Besoffenen erwehren, die nicht nach Hause wollen, »und macht das sehr geschickt«, nickt Astrid Wissinger. Er sagt ganz deutlich, wenn es ihm zu viel und zu eng wird, und er Zeit für sich braucht. Und er verschwindet auch mal, wenn ihm danach ist.

Glatten hat, nach den Eingemeindungen von Böffingen und Neuneck, 2300 Einwohner. Alemannische Reihengräber hat man hier gefunden. Im Jahr 1817 schickte die Gemeinde auf ihre Kosten 49 verarmte Glattemer in die USA; ein Kind stirbt auf der Reise nach New Orleans. Seit dem Jahr 1904 gibt es elektrische Straßenbeleuchtung. Heute haben die Straßen keine Schlaglöcher, und auf den Gehwegen vor den Häusern der ganzen Gegend stehen Fernseher, Staubsauger und Monitore, weil Elektromüll abgeholt wird. Glatten ist nicht mehr arm und leistet sich drei Fußballplätze. Die machen dem Platzwart Sorgen.

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