Kitabı oku: «Zum Kontinent des eisigen Südens», sayfa 4
Als der gewaltige Vogel an Deck lag, hatte man zunächst das Gefühl einer traurigen Verwüstung, die der Mensch hier angerichtet hat. Als er dann aber nach allen Richtungen hin untersucht wurde, schwand dieses Gefühl vor dem großen Interesse, welches diese Untersuchungen hatten.
In den Rossbreiten, die wir Ende Oktober unter Dampf durchquerten, hatten wir immer bedeckten Himmel, unstete Winde, vielfach auch Regen. Ähnlich war es in den Westwindregionen, in die wir südlich davon eintraten, um nun schnelle Fahrt bis Kapstadt zu haben.
Unser Leben an Bord war so eingeteilt, dass wir zwischen sechs und sieben Uhr ein erstes Frühstück in Gestalt von Kaffee oder Kakao genossen, und zwar jeder für sich. Um acht Uhr folgte ein gemeinsames Frühstück in den beiden Messen, wobei ein warmes Gericht sowie etwas Käse und Marmelade gereicht wurden; zu den warmen Gerichten gehörten Makkaroni mit Beilage, Bohnen mit Speck, Rührei, aus getrocknetem Eipulver hergestellt, und durchschnittlich zweimal pro Woche schottische Hafergrütze, was bei manchem freilich Missbehagen erregte; dazu wurde Tee getrunken. Um 12 ½ Uhr aßen wir Mittag, das aus einer Suppe und einem Fleischgericht mit Gemüse bestand, wozu später im Eis, als die ruhige Lage des Schiffes den Künsten des Kochs keine Schwierigkeiten mehr bereitete, noch eine Mehlspeise trat, die sehr gern gegessen wurde. Während der Hinreise tranken wir und die Mannschaft dazu einen leichten Fasswein.
Als dieser Vorrat bald nach unserem Einschluss im Scholleneis verbraucht war und wir zu unseren Flaschenvorräten übergehen mussten, tranken wir Wein zu Mittag nur zweimal in der Woche wie auch die Mannschaft; an den übrigen Tagen pflegten wir Wasser mit Zitronensaft, Juchhei genannt, zu trinken, was wohl Spottlust erregte, dann aber allgemein ganz gern gebraucht wurde; zeitweilig trat an dessen Stelle auch Ingwerbier. Gewöhnlich des Nachmittags um drei Uhr tranken wir Kaffee oder Kakao, entweder jeder für sich oder in Kreisen, in welchen man sich dazu an verschiedenen Orten zusammenfand. Abends um Uhr war gemeinschaftliches Abendessen, bei dem wir ein warmes Gericht und kalten Aufschnitt nahmen und dazu wieder Tee tranken.
Unser Alkoholverbrauch war in der ganzen Zeit gering. Er bestand nach Erledigung der anfänglichen Fassvorräte in der Darbietung von Wein an zwei Tagen der Woche zum Mittagessen, in einer halben Flasche Bier am Sonntagabend und späterhin im Polareis noch in einer Darreichung von Grog an zwei Abenden. Durchbrochen wurden diese regelmäßigen Gewohnheiten durch die Feste, deren wir eins bis zwei in jedem Monat hatten, indem Geburtstage, nationale Gedenktage, Weihnachten, Ostern, Pfingsten und sonstige Gelegenheiten den Anlass gaben.
Der große Albatros
(Quelle: Drygalski-Nachlass, Privatbesitz Mörder, Feldkirchen-Westenham)
Ende Oktober hatten wir die sogenannte Mittelatlantische Schwelle passiert, einen im Verhältnis zu den anliegenden größeren Tiefen des Meeres flacheren Rücken, welcher das Südafrikanische Becken von dem Brasilianischen scheidet und südlich vom Äquator den Ozean in seiner ganzen Länge durchzieht.
Wir haben bis Kapstadt noch viel gelotet und fischten auch mehrfach mit vortrefflichen Erfolgen; desgleichen wurde erdmagnetisch dauernd gearbeitet, alles in der Weise, wie ich es früher beschrieb.
Ein starker Alarm entstand bei uns am 6. November, als um 2 Uhr nachmittags und dann wieder um 3 Uhr die Dampfpumpen in kurzen Pausen angingen. Gleich darauf meldete Kapitän Ruser, dass ein starkes Leck vorhanden sei, welches im Hinterschiff die unteren Teile des Maschinenraums immer so schnell füllte, dass die Pumpen fast dauernd in Tätigkeit zu halten waren.
Wir vermuteten, dass dieses Leck, welches jetzt scheinbar so plötzlich hervortrat, mit jenem identisch war, welches sich schon in Kiel gezeigt hatte, dann aber ebenso plötzlich wieder verschwand. Es ganz zu bannen, ist uns erst im Eis gelungen und auch dann nur für die Zeiten, in welchen das Schiff in Ruhe lag.
Indessen wurde dieses Leck jetzt der Ausgangspunkt für Veränderungen in dem Personalbestand der Expedition. Schwierigkeiten unter der Mannschaft, die bis dahin verborgen gewesen waren, traten schärfer hervor, und ein wachsendes Murren, durch die Leckage veranlasst und durch die Nähe des Landes vermehrt, bereitete eine Krise vor, die in Kapstadt ihre Lösung finden sollte.
Eine Unterbrechung, kurz bevor wir Kapstadt erreichten, bot uns ein gewaltiger Sturm, der am 18. November hereinbrach. Wir hatten am Nachmittag noch hydrographisch gearbeitet und dieses kaum beendigt, als Böen, die schon rings herum am Himmel gestanden hatten, sich um 6 Uhr abends schnell zusammenballten, um einen Sturm von elementarer Gewalt zu entfesseln. Schnell wurden alle Luken geschlossen, und die Segel bis auf die wenigen zum Stützen des Schiffes gegen die See notwendigen gerefft. Großartig war das Meer in seiner wilden Gewalt. Die hoch erregten Wogen überschlugen das Deck und spülten gleich Leuchtkugeln große Feuerwalzen, Pyrosomen, hinüber, an deren leuchtenden Schwärmen wir uns schon einige Abende vorher erfreut hatten. Zu tun war nicht viel. Die Kraft der Seeleute war stark gespannt, und auch wir waren meist auf der Brücke, um das großartige Schauspiel zu sehen.
Schlimmer noch wurde es am Tag darauf, den ich mir mit Messungen der Wellenhöhen zu vertreiben versuchte. Der kolossale Winddruck legte das Schiff immer ganz auf die Seite; die ausgesetzten Ölbeutel richteten wenig aus; die Wogen schlugen bis über die Brücke, einmal auch das ganze Kartenhaus voll und bis in die Innenräume des Schiffes und in die Kammern hinein.
Am 19. abends sah die See etwas besser aus; der Mond trat hervor, doch der Wind toste fort; erst am 20. trat Ruhe ein.
Es war ein Sturm, wie er nicht oft auftritt. Der »Gauß« hatte sich vorzüglich gehalten und als ein ausgezeichnetes Seeschiff erwiesen. »Der Kahn schwimmt wie eine Ente«, habe ich in jenen Tagen mehrfach von der Mannschaft gehört.
Am 22. November loteten wir geringere Tiefen und erhielten als Bodenprobe jenen grünen Schlick, der sich auf den Sockeln der Kontinente abzusetzen pflegt.
Lebhaftes Interesse hatte der Fang eines Blau- oder Menschenhais, der an die Angel gegangen war. Es war ein großes Tier, über 2 m lang. Seine Bluttemperatur betrug 17,5 °C. Auch wurde die Konzentration seines Blutes von Gazert durch Gefrierversuche untersucht, und es stellte sich dabei heraus, dass es konzentrierter war als das Blut der Landtiere.
Nach dem Sturm hatte sich das Wetter gebessert, wenn auch das Rollen des Schiffes in diesem Gebiet anhaltend stark blieb und viele Schäden im Laboratorium zur Folge hatte.
Am 22. November morgens trat die afrikanische Küste hervor, und zwar zunächst der hohe Tafelberg, wie gewöhnlich auch jetzt von Wolken verhüllt. Wir hielten den Kurs etwas nördlich von ihm und näherten uns so rasch, dass wir die Küste schon am selben Abend erreichten.
Vor uns lag Kapstadt mit übervollem Hafen, mit seinen Häusern sich schon am Abhang des Tafelberges emporziehend, davor die Robbeninsel, ein niedriges sandiges Land, auf welchem heute neben dem Leuchtturm ein Leprahospital steht.
Wir wurden zuvorkommend empfangen, und, obwohl der Hafen und die Tafelbucht davor überfüllt waren, sogleich in den Innenhafen gelotst.
Kapstadt
In Kapstadt hatten wir verschiedenartige Aufgaben. In ihrem wissenschaftlichen Teil waren sie verhältnismäßig einfach und bestanden außer Bestimmungen der magnetischen Schiffskonstanten wesentlich noch darin, die magnetischen Instrumente selbst mit denen eines festen Observatoriums zum letzten Mal zu vergleichen, bevor wir ins Südpolargebiet aufbrachen, um ihre etwaigen Fehler zu kennen. Zum Beobachtungsort hätte sich ein Punkt in der Nähe von Simonstown geeignet, wo schon James Clark Ross die Konstanten seiner magnetischen Instrumente bestimmt und auch neuerdings die englische Südpolarexpedition unter Kapitän Scott in gleicher Weise gearbeitet hatte.
Da es aber aus anderen Gründen wünschenswert war, in Kapstadt selbst zu bleiben, wählten wir zum Beobachtungsort den Signalhügel auf dem Lions-Rump.
Schwieriger als diese wissenschaftlichen Aufgaben waren zwei andere, die wir in Kapstadt zu erledigen hatten, nämlich die Ausbesserung des Schiffs behufs Beseitigung der Leckage und die Ab- und Neuanmusterung eines Teils der Mannschaft.
Für den ersteren Zweck wäre es erwünscht gewesen, ein Trockendock zu bekommen. Dies erwies sich jedoch als unmöglich, weil das Trockendock durch ein schwedisches, stark havariertes Schiff besetzt war. So blieb uns nichts anderes übrig, als unseren »Gauß« mit eigenen Mitteln ausbessern zu lassen so gut, wie es ging, was immerhin einige Schwierigkeiten hatte und schließlich auch nicht gelang. Wir begaben uns sodann an Land, um uns bei dem Kaiserlichen Generalkonsul, Herrn von Lindequist, zu melden, und besprachen mit ihm, was zunächst zu tun war.
Kapstadt stand unter Kriegsrecht, doch merkte man nicht viel davon; nur die gewaltigen Magazine, welche den Hafen in weitem Umkreis umgaben, ließen vermuten, dass dort außergewöhnliche Verhältnisse herrschten.
Aus dem Hinterland fehlte jede Versorgung und erfolgte deshalb zum großen Teil von Australien her; die Proviantfirmen verdienten Millionen. Fast alles Fleisch wurde in gefrorenem Zustand auf großen Eisdampfern herübergeschafft und dann doch zu verhältnismäßig niedrigen Preisen verkauft.
Unter den Ausflügen, die ich selbst gemacht habe, wird mir der eine auf den Tafelberg stets in Erinnerung bleiben, in Begleitung von Vanhöffen, Gazert und Werth und unter der vortrefflichen Führung unseres dortigen Landsmanns Dr. Marloth.
Dr. Philippi hatte unter der Führung des Geologen Herrn Schwarz einen Ausflug in das Innere nach der Karroo unternommen, um die altglazialen Bildungen dort zu studieren. Durch das Entgegenkommen der britischen Behörden vollzog sich derselbe glatt, wenn auch naturgemäß unter militärischer Begleitung. Denn der Krieg war damals bis an die Tore Kapstadts gekommen, und unmittelbar neben der Bahnlinie standen die Burenheere.
Am Donnerstag, dem 5. Dezember, hatten wir Kapstadt zu verlassen gedacht, doch zögerte sich die Abfahrt zwei Tage hinaus, weil die Schiffsarbeiten nicht fertig geworden waren, während die wissenschaftlichen Beobachtungen schon am 30. November beschlossen werden konnten.
Das Hinterschiff war gedichtet worden, soweit dieses ohne Dockung lediglich mithilfe einer Entlastung des Hinterschiffs durch Umstauung möglich gewesen war. In den letzten Tagen wurden etwa 70 Tons englische Kohle eingenommen, die wir zu dem horrenden Preis von 72 Schilling pro Tonne erhielten. Als dieses geschehen war, trat aber die Leckage, welche infolge der Arbeiten verschwunden schien, leider von Neuem zutage; am Nachmittag des 6. Dezember wurde ich, zum »Gauß« zurückkehrend, mit der unerfreulichen Nachricht empfangen, dass das Wasser ebenso hoch stand, wie in den schlimmsten Zeiten vorher.
Hier war nun wenig zu tun. Einen längeren Aufenthalt wünschte ich um keinen Preis, zumal der Sitz der Leckage gar nicht ermittelt war; Zeit und Mühe waren vergeblich gewesen. Ich gab deshalb den Befehl zur Abfahrt und setzte dieselbe auf Sonnabend, den 7. Dezember, vormittags fest in der Hoffnung, dass die Zukunft Rat schaffen würde.
Inzwischen hatten sich die Schwierigkeiten mit der Mannschaft bis zu einem gewissen Grad behoben. Sechs Leute waren entlassen worden, und zwar der Zweite Bootsmann, der Koch und ein Matrose als die Anstifter der Unruhen, zwei andere wegen kleinerer Vergehen gegen die Disziplin und der sechste auf seinen eigenen Wunsch. Ein Ersatz hatte sich wunderbar leicht gefunden, indem viele damals in Südafrika zusammengeströmte Elemente, die teilweise schon ein abenteuerliches Leben hinter sich hatten, durch unsere Expedition angelockt wurden, und so war am Abend des 6. Dezember unser Bedarf an Besatzung wieder gedeckt.
In allerletzter Stunde erschienen über den richtigen Bestand hinaus noch zwei junge schwedische Matrosen an Bord, die einer dort liegenden schwedischen Bark entlaufen waren, beide aus guter Familie und nur von dem dringenden Wunsch beseelt, die Expedition begleiten zu dürfen. Viel Zeit zur Überlegung oder zu Erörterungen gab es nicht mehr; die Gäste hatten sich eingefunden und die Taue wurden losgeworfen.
Um 12 Uhr mittags am 7. Dezember 1901 konnte also die Abfahrt vonstattengehen. Von der Kommandobrücke des »Gauß« entbot uns Herr von Lindequist den letzten Abschied des Reiches; die Schiffe im Hafen hatten Flaggenschmuck angelegt, von dem Kai spielte die Militärkapelle deutsche Lieder, unsere Gäste folgten in einem kleinen Dampfer bis in die äußere Bucht.
Eine starke Dünung aus Südwesten empfing uns, und der »Gauß« begann stark zu rollen. Aus dem Laboratorium erklang das verderbliche Klingen der Gläser; in den Kabinen und im Salon rollten die vielen Blumenspenden und andere Geschenke, die uns Freunde in Kapstadt gesandt hatten, wirr durcheinander. So stürzte, als kaum die letzten Gesänge verklungen waren, alles von der Kommandobrücke herab, um zu retten, was noch zu retten war, wirklich ein starker Kontrast.
Langsam und wehmutsvoll haben wir unsere Kabinen geordnet und begaben uns danach frühzeitig zur Ruhe.
Über die Crozetinseln
nach den Kerguelen
Die Fahrt um das Kap der Guten Hoffnung ist im Sommer verhältnismäßig leicht, während sie im Winter Schwierigkeiten bereitet.
Auch wir merkten diesen Gegensatz bald. Schon am Tag nach unserer Abfahrt wurde eine starke Erwärmung des Meerwassers beobachtet und seine Farbe wurde blau, während sie am Tag vorher schmutzig grün gewesen war. Wir hatten den Agulhasstrom also erreicht, standen aber noch in Sicht des Landes.
Am 11. Dezember näherten wir uns der südlichen Grenze des warmen Agulhasstroms und nahmen an der wirren Bewegung des Wassers wahr, wie er hier mit der entgegengesetzten Strömung der Westwindregionen kämpfte.
Mit der Wärme der Wasseroberfläche sank auch die Lufttemperatur schnell und die Tropenkleidungen verschwanden. Wir befanden uns in dem kühlen Wasser des subantarktischen Meeres.
Am 11. Dezember haben wir zum ersten Mal wieder gelotet, was bei den heftigen Bewegungen des Schiffes nicht leicht war. In Kapstadt hatten wir aber unsere Ausrüstung durch eine kleine Dampfmaschine ergänzt, die das Aufwinden des Drahtes wesentlich erleichterte; für das Heben von 100 m wurden von nun an gleichmäßig 46 bis 50 Sekunden gebraucht.
Wir fuhren in der Folgezeit meistens nur unter Segeln; doch Dampf war angestellt und wurde immer benutzt, wenn der Wind ungünstiger wurde, sodass wir andauernd schnelle Fahrt hatten. Den Kurs legte ich über die Crozetinseln nach den Kerguelen.
Das Wetter war anhaltend stürmisch, wenn auch vielfach die Sonne dabei schien. Die See war so unruhig, dass alle Arbeiten wesentlich erschwert wurden. Bei den magnetischen Beobachtungen sprang einmal durch das Schlingern des Schiffes die Nadel aus ihren Lagern heraus, und bei den Lotungen musste man sich mit Händen und Füßen halten, weil die Lotungsbrücke bisweilen fast bis ins Wasser tauchte. Das Schiff schöpfte von beiden Seiten und knietief schälte das Wasser auf Deck, mitunter auch bis in die inneren Räume des Schiffes hinein. Bei den Schöpf- und Temperaturserien band ich von nun an nie mehr als zwei Instrumente zugleich an den Draht, weil sie immer stark gefährdet waren.
Am 20. Dezember wurde im Bodenschlamm die erste Verbindung mit dem Eismeer verspürt; kantige Feldspatstücke darin deuteten auf einen Transport durch Eisberge hin. An diesem Tag hatten wir das seltene Schauspiel, eine Herde von etwa hundert Walen in unmittelbarer Nähe zu sehen. Sie spielten um das Schiff, sprangen im Wasser umher, legten sich auf den Rücken oder standen auch senkrecht, nur mit dem stumpfen Kopf oder mit dem Schwanz aus dem Wasser emportauchend. Sie hatten weiße Kehle und Bauch, eine scharfe Rückenflosse und dahinter einen länglichen weißen Fleck; auch weiße Streifen an der Seite wurden gesehen. Es waren alte und junge, die hier mit Sicherheit als Grindwale erkannt werden konnten.
Am Morgen des 21. Dezember wurde ich in aller Frühe gerufen, weil ein großer Dampfer auf uns zuhielt. Es war ein Schiff der White-Star-Linie aus Aberdeen. Er kam dicht an uns heran, brachte drei Hurras, wir hissten »Alles wohl an Bord« und hatten damit unsere letzte Begegnung mit der Kulturwelt gehabt. Am 21. haben wir Hagel gehabt und in der Nacht auf den 22. Schnee. Am 23. Dezember kam dichter Nebel auf.
In einem lichten Augenblick um die Mittagszeit des 24. Dezember war es dann, als plötzlich an Backbord ein großer Eisberg erschien und gleich darauf an Steuerbord noch ein zweiter. Diese ersten so weit nach Norden vorgeschobenen Boten der Antarktis erregten große Sensation.
So gab es am Weihnachtstag Aufregung genug. Nichtsdestoweniger feierten wir ein friedliches, schönes Fest. Bei rollendem Schiff wurden am Nachmittag ein künstlicher Baum geschmückt und die zahlreichen Geschenke aufgebaut, die uns von fern und nah zugeströmt waren. Um 4 Uhr wurden die Lichter angezündet und alle dazu gerufen, die an Deck irgendwie entbehrlich waren. Wir sangen »Stille Nacht, heilige Nacht« und gingen dann zur Bescherung. Jeder Mann erhielt Zigarren, Tabak, Pfefferkuchen und ein Liederbuch, das allen willkommen war; andere Geschenke wurden verlost. In späterer Abendstunde versammelten wir uns dann um eine Punschbowle, bei welcher eine vorzügliche Weihnachtszeitung große Freude erregte. Während das Nebelhorn oben ertönte, der Sturm wuchs und die im Dienst befindlichen Seeleute ab und zu liefen, erfreuten wir uns unten des heimischen Festes.
Lotung in schwerer See
(Quelle: Drygalski-Nachlass, Privatbesitz Mörder, Feldkirchen-Westenham)
Am Morgen des 25. Dezember wurde ich um 5 Uhr mit der Nachricht geweckt, dass die Inseln hervorkämen. Vor uns lag die Possessioninsel mit flach geneigten, breiteren Formen, die höheren Gipfel von Nebelwolken gekrönt, und rechts davon die Ostinsel als steiles Kastell aus dem Meer emporsteigend, oben gänzlich von Wolken bedeckt.
Die Küste selbst ist steil und in der Wasserlinie von tiefen Grotten durchbrochen, in welchen die Wogen branden und schäumen. Man erkennt in ihnen den Kampf der Wellen mit dem Land, wie sie dieses mit starker Kraft unterhöhlen, sodass die Steine von oben nachstürzen, die Felsen herunterbrechen und eine Steilküste entsteht.
Wir fuhren an der Südostküste entlang und spähten nach einer Landungsstelle aus; doch keine der Buchten schien dafür groß genug und geeignet zu sein. Ich beschloss, die Ausbootung zu versuchen, und es ging trotz stark bewegter See und schweren, böigen Windstößen wunderbar gut.
Am Ufer fanden wir ein paradiesisches Tieridyll vor. See-Elephanten lagen wie dicke Fettsäcke am Strand, mächtige Tiere, die bis 6 m lang werden können, mit stumpfer Schnauze.
Auf den Felsenstufen umher standen massenhaft Pinguine, von denen zwei Arten erkannt und gesammelt wurden, nämlich der Esels- und der Goldhaarpinguin.
Auf der Höhe der Stufe über der Bucht umschwirrten uns zahlreiche Enten, von denen mehrere erbeutet wurden, und viele Raubmöwen; auch ein Kormoran wurde zwischen den Pinguinen geschossen, und draußen bei der Fahrt längs der Küste waren wir von diesen Vögeln in großen Scharen umschwärmt. Am Ufer liefen die weißen Chionis, der Scheidenschnabel, ein Uferläufer umher, und ließen sich mit leichter Mühe erbeuten, während der Riesensturmvogel (Ossifraga gigantea), eine Mahlzeit erwartend, umherflog.
Wir nahmen von diesen Tieren, so viel wir brauchten, nämlich zwei Seeelephanten, den einen zur Nahrung und den anderen für die Sammlungen; auch acht lebende Pinguine wurden mit an Bord gebracht, welche bei dem Schwanken des Schiffes in komischer Weise allen Bewegungen folgten.
Dr. Werth gelang es, im Ganzen über 13 Arten höherer Pflanzen zu sammeln, wovon bisher nur sechs bekannt gewesen sind, da die Insel noch niemals von einer Expedition betreten worden war.
Bidlingmaier nahm mit Ott magnetische Messungen vor. Die absoluten Bestimmungen der magnetischen Elemente litten bei dem vulkanischen Charakter des Gesteins augenscheinlich unter starken örtlichen Störungen.
Philippi hatte den vulkanischen Kegel besucht und ein junges Alter dafür konstatiert. Werth botanisierte und Vanhöffen sammelte Insekten und Würmer, die er reichlich fand und unter denen eine flügellose Fliege sein besonderes Interesse erregte, deren Umtaufung in »Gehe« des Mangels an Flügeln wegen angeregt wurde.
Mittlerweile fuhr der »Gauß« vor der Küste hin und her; Nebel zogen hin und wieder, die ihn bald unseren Blicken entzogen, bald wieder zeigten; zweimal rauschten Regenböen herab; der Wind umbrauste das Schiff und auch uns oben auf dem Plateau. Wenn die Nebel sich zusammenzogen, hörten wir das Schiff mit der Dampfpfeife locken, ohne dem aber Folge geben zu können, weil die Arbeit noch nicht beendet war.
Zu allgemeiner Befriedigung waren wir gegen 7 Uhr abends auf dem Schiff zurück, reich an Beute und des Erlebten froh. Sofort wurde der Kurs dann ostwärts auf die Kerguelen gesetzt. Bald war das Land außer Sicht.
Wir zehrten von der Insel, aber auch im eigentlichen Sinn des Wortes, indem Enten, Kormorane, Seeelephanten Bestandteile unserer Mahlzeiten bildeten.
Auch die Pinguine mussten ihr Leben lassen und wurden mit Beifall verzehrt. Sie hatten viele Steine im Magen, die sie wohl zur besseren Verdauung aufnehmen.
Am 27. Dezember loteten wir trotz starken Rollens, aufteigender Nebel und Regenböen und erzielten dabei ein interessantes Ergebnis, nämlich die besonders niedrige Bodentemperatur von + 0,2° und eine große Tiefe von etwa 4890 m, wodurch die wichtige Frage nunmehr in positivem Sinn entschieden wurde, dass zwischen den Crozetinseln und Kerguelen eine tiefe Mulde liegt, welche den antarktischen Wassern und kalten Temperaturen den Zutritt zu den Tiefen der indischen Tropenmeere gestattet.
Am 30. Dezember loteten wir überraschend schon geringere Tiefe und schlossen daraus, dass wir uns auf dem Kerguelensockel befanden, welcher also von dem Crozetsockel durch eine tiefe Mulde getrennt ist.
In der Nacht auf den 31. Dezember rollte das Schiff gewaltig. Ich war erst um Mitternacht zur Ruhe gekommen, weil ich die Sichtung der Kerguelen erwarten wollte, doch war von ihnen noch nichts zu sehen gewesen.
Um 5 Uhr morgens trat die Hauptinsel hervor, und zwar die Gegend des Weihnachtshafens an dem nördlichen Ende. Wir fuhren längs der Außenkante der Tange.
Am Nachmittag des 31. Dezember hatten wir die Insel in deutlicher Sicht. Wir erblickten im Hintergrund echt vulkanische Bergformen. Die Berge waren mit Schnee bedeckt. Um 9 Uhr abends fiel der Anker. In dieser Lage haben wir die Neujahrsnacht bei Punsch und Scherzen gefeiert, wie in der Heimat.
Das neue Jahr begann mit einem Sturm aus Süd, der uns verhinderte, dagegen in das Innere des Sundes zu fahren.
Gegen die Mittagszeit hatte der Wind abgeflaut, und der Anker konnte gelichtet werden. Wir fuhren nun in den Sund hinein und nahmen zunächst den Dreiinselhafen als Ziel, wo wir unsere Station oder doch eine Nachricht von ihr zu erwarten hatten. Er wurde gegen 8 Uhr abends erreicht. Als wir uns näherten, wurde auf deren Westseite eine weiße Flagge bemerkt. Unsere Sirene ertönte, erhielt jedoch keine Antwort, obwohl unser Zimmermann Reimers schon das Stationshaus, das Schiff, welches unsere Kameraden dort hingebracht hatte, und alle möglichen Insassen gesehen haben wollte. Als wir um die Ecke bogen, wurden wir gewahr, dass alles ein Trug war. Die Flagge wehte in einsamer Lage, doch von dem Schiff und der Station war nichts zu bemerken. Nur der Katzen-Insel gegenüber auf der Schweine-Insel sahen wir ein weiteres Zeichen früherer menschlicher Anwesenheit in Gestalt einer schwarz-weiß- roten Flagge, die über einem Gerümpel von Holz und anderen Trümmern menschlicher Tätigkeit stand.
Wir warfen nun zwischen den Inseln Anker und entsandten Lerche mit einem Boot, um die Flaggen auf ihre Bedeutung zu prüfen. Die weiße Flagge ergab trotz längeren Suchens nichts; aber neben der schwarz-weiß-roten lag eine leere, zugesiegelte Exportbierflasche mit einem weißen Zettel darin, die aufs Schiff gebracht und geöffnet wurde. Sie enthielt einen Brief von Herrn Enzensperger mit der Nachricht, dass unsere Kameraden bereits am 19. November die Insel mit dem Dampfer »Tanglin« erreicht, aber angesichts des trostlosen Anblicks dieses Dreiinselhafens und seiner Umgebung, welche wohl einen guten Stationsplatz, sonst aber nichts zu bieten versprach, sogleich weitergegangen seien in das Innere des Royal Sounds nach der Beobachtungsbucht, wo die englische Expedition 1874 den Durchgang der Venus vor der Sonnenscheibe beobachtet hatte. So war unser Zusammentreffen noch verzögert.
Bei schönem Wetter hatten wir durch ein Insellabyrinth, welches im Hintergrund die Schneeberge des Rossbergs und des Croziergebirges überragten, eine genussreiche Fahrt bis zur Beobachtungsbucht. Als wir uns dieser gegen drei Uhr nachmittags näherten, sahen wir dort ein weißes Haus; dann erschienen zwei Gräber, dann ein zweites Haus und dann ein großer Stapelplatz von Kohlen und Holz, endlich in einer langen Kette an einem Felsen lebhafte Gestalten, die sich durch ihr lautes Geheul als unsere Hunde vorstellten. Dann öffnete sich die Tür des einen Hauses, und hinaus stürzten drei Gestalten, lebhaft winkend und rufend und wie närrisch bis zum Strand hineilend, immer und immer wieder in Rufe ausbrechend, welche die große Freude über unsere späte, aber glückliche Ankunft kundgaben.
Im Augenblick war das Boot herunter und ebenso schnell von zahlreichen berufenen und unberufenen Insassen erfüllt. In wenigen Minuten waren wir mit unseren Freunden vereint.
Fragen drängten sich nun auf Fragen: woher unsere späte Ankunft, wir seien schon für verschollen gehalten, – wessen sind die Gräber – zwei Chinesen ruhen dort, die auf dem »Tanglin« gewesen und an Beriberi gestorben sind; fast die ganze Mannschaft des »Tanglin« habe diese Krankheit gehabt, daher große Schwierigkeiten mit der Ausladung, endlose Schwierigkeiten bei dem Ausbau der Station.
Das Wohnhaus stand schon und ebenso ein Beobachtungshaus, in welchem Luyken mit der Aufstellung der Instrumente beschäftigt war.
So folgten Erzählungen auf Erzählungen, bei denen uns dieser erste, wie noch mancher andere Abend dort in froher Runde vereint hat.