Kitabı oku: «Im Bett mit Palermo», sayfa 4
Dritter Flug zum Geliebten
Endlich war es wieder soweit. Nach unserem Begrüßungsritual, ging es mit dem Motorrad vom Flughafen in die City. Nach unserem Liebesnachmittag blieb ich abends zu Hause. Glücklich, zufrieden und müde und bedankte ich mich später per SMS für den schönen Nachmittag. Am fünfzehnten August war Ferragosto - Ferie di agosto. Endlich wusste ich um die Bedeutung. Es war Halbzeit der Sommersaison in Italien, die vom fünfzehnten Juni bis fünfzehnten September dauerte. Heute frühstückte ich in einem historischen Café, in dem Guiseppe Tomasi di Lampedusa an seinem Roman Il Gattopardo schrieb. Massimo schenkte mir das Buch auf Italienisch. Obwohl ich ihn mehrmals um eine Widmung bat, verschob er es immer wieder. Ein Jahr später war das herrliche Café geschlossen. Ich spazierte durch die ruhigen Straßen. Erst hatte ich vor, an den Strand nach Mondello zu fahren, ließ es dann aber doch sein. Ich hatte keine Lust mit jemandem zu reden. Palermo war heute am Feiertag wie ausgestorben. Nachmittags schrieb ich ihm per SMS: ‚Ich denke an dich. Ich vermisse dich. Ich bin glücklich. Ich hoffe, du kannst dich etwas erholen‘. Er hatte versprochen, dass wir den nächsten Tag auf seine Azienda fahren würden. Als er dann Tags darauf zu mir kam, sagte er, dass er es verschieben müsste. Wir lagen angezogen auf dem Bett. Mir kamen die Tränen als ich zu ihm sagte: „Wieder verschieben. Vielleicht ist es besser, du versöhnst dich mit deiner Frau, und ich mache mein eigenes Ding. Ich hatte mich so sehr gefreut, dass wir heute fahren.“ Er drückte mich und zog meinen Kopf zu sich. Wir fingen wieder an, uns zu küssen. Ich konnte nicht abweisend sein. Es war nur ein Versuch, denn ich war frustriert, was ich leider nicht verbergen konnte. Ich riss mich zusammen und fuhr an den Strand. Als ich nachmittags zurückkam, lag eine wunderschöne langstielige dunkelrote Rose auf meinem Kopfkissen, hübsch verpackt, das Krepppapier hatte genau das Grün der Blätter und die Schleife die Farbe der Rose. „Ich weiß ja, dass du eine Familie hast. Es tut mir leid, ich wollte keine Szene machen. Danke für die schöne Rose“, sagte ich zu ihm, während unseres Nachmittagsrendezvous und küsste ihn. Am darauffolgenden Tag fuhr er mich mit dem Motorrad an einen anderen Strand, einen felsigen, den er dem Sandstrand vorzog. Am übernächsten Tag fuhren wir mit dem Motorrad aufs Land. Während seine Partnerin nie mit dem Motorrad fuhr, machte es mir wahnsinnigen Spaß. Heißer Wind wehte während der Fahrt auf der Autobahn, auf der er nie mehr als hundert Stundenkilometer fuhr und die Enden seiner offenen Lederjacke schlugen gegen mich, gegen meine Hüften, was mich etwas störte, aber niemals monierte. Nur mit einer leichten Jacke bekleidet, meinen mit Integralhelm bedeckten Kopf meistens linksdrehend an seine Schulter gelehnt, umklammerte ich meinen Liebsten und versuchte ab und zu die Enden der Jacke über seinem Bauch zusammenzuhalten. Massimo drückte oder küsste immer wieder meine Hände. Für kurze Momente schloss ich die Augen. Wie Max, mein Steckplatz aus dem Apple Store in Zürich voraussagte, war wieder Vollmond. Mein Schatz warf den Grill an, der Jahre lang nicht benutzt wurde. Ich sah ihm beim Vorbereiten zu. Massimo stapelte dünne Olivenbaumzweige auf dem Rost, mindestens einen halben Meter hoch. Dann beugte er sich leicht über, legte Anzünder unter den Holzhaufen und entzündete das Feuer. Ich suchte hinter ihm Schutz und sah ihm, bekleidet in hellblauen Jeans, über denen lose sein grünes Poloshirt hing, beim Feuerentfachen zu. Die Flammen schlugen einen Meter hoch und höher, einige Holzscheite flogen auf den Terrassenboden. Dann grillten wir Salcice. Massimo fotografierte mich, als ich seitlich am Grill stand und den Qualm an mir vorbeiziehen ließ. Nach dem ausgiebigen Essen liebten wir uns auf dem Boden der Terrasse.
An einem Abend zeigte er mir Videos von seinen Motorradexpeditionen mit Freunden nach Tunesien. „Ach nach Tunesien fahren wir. Wann denn?“, fragte ich neugierig. Er antwortete: „Im Oktober.“ „Und deine Frau erlaubt das?“, staunte ich. „Ja, es ist mein Hobby“. Ich wollte Details wissen: „Fahren wir gemeinsam dorthin?“ „Ja, du kommst nach Palermo und dann nehmen wir die Fähre. Hast du Lust?“ „Was für eine Frage!? Ja, ich habe große Lust“, beteuerte ich. Die Videos waren schon älter. Vielleicht waren die Kinder damals noch nicht auf der Welt. Ich konnte mir schlecht vorstellen, dass wir dorthin fahren würden. Er wollte mich wieder trösten und machte Versprechungen, die niemals wahr wurden. Ich stellte mir vor, wie wir uns in Pensionen oder Hotels nachts wärmten, wie wir am Tag fünfhundert Kilometer zurücklegten. Mein Hintern tat mir in Gedanken weh. Vielleicht brauchte er dann auch mein Geburtsdatum, um im Voraus zu buchen. Ach du meine Güte, dann weiß er ja mein Alter, nach dem er bis heute noch nicht gefragt hatte. Den Sonntag fuhren wir vormittags nach Palermo zurück. Auf der Fahrt schlug Massimo plötzlich vor, mich in Cefalu abzusetzen, das ich noch nicht kannte und nach seiner Meinung unbedingt besuchen sollte. Vielleicht wollte er aber auch auf diese Weise verhindern, dass ich auch an den Strand nach Mondello fahre, wo er den Sonntagnachmittag mit seiner Familie verabredet war. „Okay, dann bringe mich nach Cefalu!“ Da es unplanmäßig kam, war ich weder mit Badesachen noch Handtüchern ausgerüstet. „Hier an dieser Kreuzung lasse ich dich aussteigen.“ Als ich später darüber nachdachte, setzte er mich aus wie einen Hund. Sonntagmittag, glühende Hitze. Ich hatte kein Wasser, nur eine Handtasche mit mir, meine teuerste, eine von Burberry. Als erstes setzte ich mich in ein Straßencafé und trank einen Espresso, danach trank ich ein Bier. Ich kam mit Einheimischen ins Gespräch und erkundigte mich nach einem Supermarkt, denn ich brauchte unbedingt Wasser. Der hatte leider schon geschlossen. Jemand beobachtete mich. Nachdem ich freundlich zurücklächelte, setzte er sich an meinen Tisch. Wir unterhielten uns. „Ich bringe Sie heute Abend gern nach Palermo mit dem Auto.“. „Nein, nein, danke. Sehr nett von Ihnen. Ich nehme den Zug“, sagte ich.
Trotzdem verabredeten wir uns dann doch für siebzehn Uhr. Soll er mich doch bringen, wenn er will, dachte ich. „Ich gehe mir jetzt Cefalu ansehen“, sagte ich und stand auf. Wir hatten unsere Telefonnummern ausgetauscht. Bei großer Hitze quälte ich mich durch die reizende Stadt, sah mir die Kathedrale an, setzte mich ein paarmal in den Schatten auf eine Bank, gönnte mir ein Eis. Dann bewegte ich mich Richtung Wasser. Wie gern hätte ich jetzt irgendwo gelegen und geschlafen, es war die Zeit für meinen Mittagsschlaf. Dann entdeckte ich eine Aussichtsplattform am Meer, wo es zwei lange Marmortreppen gab. Dort legte ich mich hin, meine Handtasche packte ich unter den Kopf. Es war nicht bequem und dreckig: leere Bierflaschen und Müll lagen um mich herum. Dann hielt ich es vor Hitze nicht mehr aus und beschloss, an den Strand zu gehen. Ich musste unbedingt ins Wasser. Der Strand war überfüllt. Ich ging auf dem betonierten Weg an den Duschen vorbei, dieser Weg – eine breite Mauer, eine Art Schutzdamm, erstreckte sich bis weit ins Meer. Ich beobachtete die Badenden, wie sie sich aus dem Meer über eine Treppe aus Eisenstangen auf die Mauer hochzogen. Viele halfen sich gegenseitig beim Hochziehen. Das konnte ich auch und entschied mich, in meiner hautfarbenen Chantelle-Unterwäsche zu baden. Aber wo sollte ich meine Handtasche lassen, in der wirklich alles war: Schlüssel, Ausweis, Geld, Kreditkarte, iPad, etc. Ich beobachtete das Treiben eine Weile und entdeckte ein Paar, das in der Nähe des Wassers auf einer Decke lag. Ich lief zu den beiden und fragte, ob sie für einen kurzen Moment auf meine Tasche aufpassen könnten. „Ja, das ist kein Problem, stell die Tasche hier auf unsere Decke“, meinte die hübsche Blondine zu mir. Während ich badete, sah ich immer wieder zu meiner Tasche. Mein Badeanzug, meine Unterwäsche, trocknete in Sekundenschnelle. Am frühen Nachmittag ging ich den langen Weg zum Bahnhof und fuhr heim. Als das Telefon um siebzehn Uhr klingelte, stellte ich es stumm und ruhte mich schon auf meinem Bett aus.
‚Hast du einen Flug gebucht? Ich vermisse dich‘, schrieb er in seiner E-Mail zwei Tage nach meinem Rückflug nach Zürich. Warum übte er immer diesen Druck aus. Ich beteuerte ihm, dass ich ihn liebte und großes Verlangen nach ihm hatte, und ich erwähnte zum erste Mal: ‚Ich habe Angst‘. Wovor hatte ich Angst? Dass ich ihn verliere? Dass seine Lebenspartnerin von unserem Verhältnis erfährt?
Vierter Flug zum Geliebten
Die Sommertage in Zürich genoss ich und verbrachte meine Zeit mit dem Baden im Zürisee. Von meiner Wohnung zum See war es ein Fußweg von weniger als zehn Minuten. In der Früh ging ich statt joggen, jetzt baden, sehr früh, oft schon vor acht, Flipflops, kurze Hose, leichtes Oberteil, darunter schon den Badeanzug angezogen, das Handtuch um die Schulter gelegt, Unterwäsche nahm ich gar nicht mit. Manchmal nahm ich meine Schwimmpaddles, die die Oberarmmuskulatur aufbauten, zum Kraulen mit. Ich hatte meinen Dauerplatz, an dem ich ins Wasser ging. Es war an einem Betonsteg, von dem Boote ins Wasser gelassen wurden. Zwei Steinstufen am Schilf entlang runter und man war im herrlichen Zürisee, der sehr sauberes Wasser hatte. Oft traf ich am Wasser einen älteren Herrn, dessen Alter ich schlecht schätzen konnte, der mit dem Fahrrad kam. Er schwamm nicht. Er stellte sich immer etwas abseits in die Nähe eines Stegs, der von der einen Seite durch eine Holzwand begrenzt wurde, die die Rückwand von Umkleidekabinen des angrenzenden Schwimmbades war, bis zum Bauch mit einer Hose bekleidet ins Wasser und seifte sich ab, sehr lange, dreißig Minuten und länger. Abschließend zog er auch noch die Hose aus und seifte sein Geschlechtsteil ein. Vielleicht war er ein Obdachloser, denn er sah verwildert aus, mit seinen langen weißen zotteligen Haaren und seinem Vollbart. Aber er hatte einen auffallend schönen muskulösen Körper. Wir grüßten uns nie. Nach seinem Waschgang ruhte er immer eine Weile auf der Bank.
Max schickte mir so aufmunternde E-Mails wie diese:
Liebe geniesserin
gut erholt, reichlich gesonnt und feucht fröhlich genossen - deine ferien? ohne zu viele nebenwirkungen wie entenflöhe, juckreiz oder leeren akkus immer noch gelangweilt? busy? wir sollten uns dann mal dringend wiedersehen... bald wird es kühler... würde mich über ein treffen freuen
sonnenkuss, dahin wo du grad willst
ein charmanter mann
Wie charmant er nach meinem Befinden fragte und ob mich auch die Entenflöhe, die ich erstmalig im Zürisee erlebte, plagten. Er fragte an, ob wir uns nicht mal treffen wollten. Ein weiteres Mal verschoben wir unser Treffen, es sollte Anfang Oktober, wenn ich wieder in Zürich weile, endlich stattfinden, denn jetzt nach nur sieben Tagen Aufenthalt in Zürich, flog ich wieder für eine Woche zu meinem Geliebten. Es passierte zum ersten Mal, dass er mich nicht vom Flughafen abholte und ich den Shuttle nehmen musste. Er entschuldigte sich dafür. Es waren noch Ferien. Massimo hatte Besuch. Da bei ihm zu Hause nicht ausreichend Betten vorhanden waren, sagte er zu mir, dass er heute bei mir in meinem Zimmer schlafen würde. Vor Freude und vor Aufregung konnte ich nicht einschlafen und wartete. Gegen vierundzwanzig Uhr kam er dann endlich. Er schloss meine Tür auf und fragte charmant: „Ist in deinem Bett Platz für mich?“ Ich hob die Decke hoch: „Komm schnell, ich brauche dich!“ Blitzschnell kroch er nackt in mein Bett. Er beugte sich über mich und küsste mich. Dann strich er mit seinen Fingern zwischen meine Schamlippen. Ich drückte seinen Kopf Richtung Vagina. Ich wollte, dass er sie küsste. Das Fingerspiel fand ich nicht so spannend. Ich wollte geleckt werden. Seine Zunge fraß mich auf. Ich stöhnte: „Mehr! Es gefällt mir.“ Er leckte meine Klitoris, während ich das Becken etwas anhob. Unsere erste Nacht zusammen in meinem Zimmer. Sie war wild, schamlos, zügellos. Wir machten kein Auge zu und liebten uns bis morgens.
Um die Tage nicht wie sonst in zermürbender Einsamkeit vergehen zu lassen, wurde ich während meines vierten Aufenthaltes aktiver. Mit Hilfe von Adolfo formulierte ich eine Anzeige, dass ich jemanden suchte, mit dessen Hilfe ich mein Italienisch vertiefen konnte. Auf die Anzeige in subito meldeten sich unerwartet viele Leute wie Studenten, Lehrer, Ingenieure. Die Arbeitslosigkeit in Palermo ist sehr hoch und viele suchen eine Verdienstmöglichkeit. Ich wählte Patrizia, eine Deutsche, deren Vater Sizilianer war und die selbst seit Jahren mit einem Sizilianer unverheiratet zusammenlebte. Unser erstes Treffen fand bei ihr zu Hause statt. Sie hatte eine sehr sympathische Stimme am Telefon und als sie dann an der Bushaltestelle auf mich zukam, um mich zu empfangen, stimmte die Chemie sofort. Mal lernten wir bei ihr zu Hause in ihrem sehr hellhörigen Zweizimmerapartment, das sich in einer geschlossenen Community befand, mal bei mir in der City. Ihr Apartment war so hellhörig, dass die Nachbarin sogar mitbekam, wenn sie Geschirr aus dem Schrank nahm. Massimo wollte, dass wir gemeinsam in seiner Pension lernen. Er organisierte extra einen Tisch. Ich wählte aber andere Plätze wie zum Beispiel den Buchladen Feltrinelli, der ein schönes Café hatte und überhaupt eine angenehme Atmosphäre verbreitete. Als ich ihm sagte, dass ich mich heute Nachmittag mit Patrizia bei Feltrinelli zum Lernen treffe, stand er plötzlich an unserem Tisch. Er begrüßte nur Patrizia. So schnell wie er kam, war er auch wieder verschwunden. Er war sehr eifersüchtig, wofür er sich bei mir entschuldigte. Mit Patrizia machte mir das Lernen viel Spaß. Wir lernten am Strand in Mondello, im Englischen Garten. Lange war sie nicht mehr schwimmen gewesen, denn sie hatte Hemmungen, da sie stark zugenommen hatte. Immer wieder überredete ich sie, am Strand zu lernen. Patrizia, eine außergewöhnlich feinfühlige Frau, stand ihrem Mann, der zum Glück Arbeit hatte, hundertprozentig zur Seite. Das kinderlose, eintönige Leben machte sie träge und fett. Täglich kochte sie für ihn und setzte ihm das Essen abends, wenn er von der Arbeit kam vor.
Massimo bot mir an, mich mal an einen anderen Strand zu fahren, an einen felsigen, den er persönlich dem Sandstrand vorzog, der westlich von Mondello lag. Die Fahrt mit dem Motorrad führte auf einer abwechslungsreichen kurvenreichen Strecke, durch kleine Dörfer, enge Gassen und bereitete uns größtes Vergnügen. In der Hitze war ich nur leicht mit einem Shirt bekleidet. Einmal hielt er, um zu fotografieren. Als ich ihn umarmen wollte, wendete er sich von mir ab, denn in unserer Nähe waren Fischer. Die Zeit ist eben in Sizilien stehengeblieben. Aber dafür wurde ich mit einem wunderschönen felsigen Strand überrascht, an dem ich den ganzen Tag ohne eine Minute Langeweile verbracht hatte. Bevor Massimo zurückfuhr, tranken wir in einem Café, das auf einer sehr langen und gepflegten Promenade gerade öffnete, einen herrlichen Granita. Ich wählte Blutorange. Abends fuhr ich mit dem Bus nach Palermo zurück.
Als ich dann Anfang September zurückflog, musste ich wieder den Shuttle zum Flughafen nehmen. Kaum in meinem Apartment in Zürich angekommen, sendete er eine SMS: ‚Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken, ich fühle mich einsam und vermisse dich‘. Allein der Gedanke, dass er im Bett neben seiner Frau liegen und versuchen musste zu schlafen, nur um den Kindern eine heile Welt vorzugaukeln, deprimierte mich.
Fünfter Flug zum Geliebten
Drei Wochen später flog ich wieder zu ihm. Es war das fünfte Mal. Wie lange konnte es noch gut gehen? Gestern, am Sonntagnachmittag kamen wir von der Azienda zurück. Wir fuhren mit dem Jeep. Er hatte 600 Liter Olivenöl geladen, das er an seine Kunden ausliefern wollte. Massimo war entspannt und meinte: „Wir sind gut in der Zeit. Möchtest du einen Kaffee?“ Kurz vor Palermo hielt er an der Tankstelle. Das passierte zum ersten Mal auf der Rückfahrt. Er suchte die Toilette auf, während ich einen Espresso trank und ein Stück Kuchen aß. Unterwegs hörten wir anspruchsvolle italienische Musik. Es sang Francesco de Gregori: Niente da capire. Andere Lieblingssänger waren zum Beispiel Fabrizio de André, Guccini. Ich streichelte seinen Nacken. Erst wollten wir uns nicht so recht berühren, dann begannen sich unsere Hände zu suchen und zu streicheln, langsam strichen wir dann über unsere Schenkel. Er hasste es, wenn ich ihn so kräftig berührte. Das konnten alle meine Männer nicht ab. „Die Landschaft von Zentralsizilien begeistert mich immer wieder“, sagte ich aus dem heruntergekurbelten Fenster sehend. Ich fand sie so wunderschön, sanfte Hügel, die zu jeder Jahreszeit die Farben wechselten, schroffe weiße Steinhänge, Weinberge, fruchtbare Felder. Er zeigte mir das Haus eines sehr vermögenden Bauern auf einem Hügel und meinte zu mir: „Der hat fünfmal mehr Land als ich. Ob der verheiratet war? fragte ich mich in Gedanken, sicher. Massimo fragte mich, warum ich zum ersten Mal nach Palermo gekommen war. Ich erklärte es ihm: „Ab und zu visualisiere ich meine Wünsche oder Ziele und schreibe sie auf. Im Dezember letzten Jahres stand an vorletzter Stelle: Ich mache eine Reise nach Palermo.“ Dass Punkt eins lautete, einen zuverlässigen Partner zu finden, erwähnte ich nicht. Er war sichtlich beeindruckt von mir. Wir waren relaxed, denn wir hatten zwei wunderschöne Nächte für uns gehabt. Man sah es uns an. Ich war leider wieder von den Mücken zerstochen, die mich besonders liebten, wogegen Massimo unverschont blieb. Ich musste mir unbedingt ein Gel zum Kühlen aus der Apotheke holen. Massimo sah verlebt und übernächtigt aus. Unrasiert. Und dieser dicke vereiterte Pickel auf seiner Lippe vom vielen Küssen, was wenn seine Frau Verdacht schöpfen würde!?
Wir fuhren schon am Freitagabend aufs Land. Als er mich mittags nach dem Sex verließ, lud er mich zum Essen ein. Vorher musste er noch seinen Sohn irgendwohin bringen. In dem Alter, er war schon sechszehn Jahre, da musste der Vater noch ständig den Sohn hin und her fahren. Das war für mich, die sehr früh selbständig war, unverständlich. Er fragte mich noch, ob ich lieber zu Hause oder im Lokal essen wollte. Da ich dachte, sein Sohn wäre in der Nähe, entschied ich, es wäre aus Sicherheitsgründen angebrachter, zu Hause zu essen. Er ging und ich sollte ihm kurz danach folgen. Hatte ich ihn auch richtig verstanden, dass wir uns bei der Buchhandlung treffen wollten? Mein Geliebter hatte wieder ein weißes Markenleinenhemd zu seinen Jeans an. Das Hemd, das er während unseres Liebesaktes nicht ausgezogen hatte, war ziemlich zerknautscht. Ich hatte versucht, es mit meinen Händen glatt zu streichen aber es gelang nur wenig. Das weiße Hemd stand ihm sehr gut. Generell gefielen mir Männer in weißen Hemden. Ich sendete eine SMS: ‚Wo bist du?‘ Seine Antwort: ‚Vor dem Buchladen‘. Ich beeilte mich und zog auch meine weiße leicht taillierte Hemdbluse von Hugo Boss an, von denen ich vier Stück besaß, denn auch ich finde Frauen in weißen Blusen sehr klassisch und immer schick. Heute wollte mich mein Geliebter in ein neues Restaurant führen, dass preiswerte sizilianische Kost anbot und immer nur über Mittag geöffnet hatte. Es lag zwei Nebenstraßen entfernt in einer Gasse, wo ein Restaurant an das andere grenzte. Vor ihnen standen männliche Angestellte, die die Touristen zum Essen einluden. Das von ihm ausgesuchte Restaurant war brechend voll. Ich erinnerte mich, dass ich hier schon ab und zu vorbeigelaufen war, aber diese Gasse zu touristisch fand und niemals in eines der Restaurants eingekehrt wäre. Massimo bestellte zwei Portionen Pasta und ein großes Bier. Man musste sich erst an der Kasse anstellen und bezahlen und sich danach ein weiteres Mal für das Essen anstellen. Trotz der vielen Gäste war die Bedienung hinter dem Tresen sehr flink und es machte Spaß, den Servicekräften zuzusehen. Ich stand immer hinter Massimo. Erst suchten wir nach einem freien Platz drinnen, dann setzten wir uns draußen an einen gerade frei gewordenen Tisch. „Du, Massimo, der Pickel auf deiner Lippe sieht sehr verdächtig aus. Deine Frau wird sich wundern“, sagte ich zu ihm. Er betastete ihn und machte ein Foto vom Pickel, das er sich kommentarlos ansah. Wir bemühten uns, uns nicht zu bekleckern. Ich steckte mir extra zwei Papierservietten in den Blusenausschnitt. Dieses Mal kleckerte er. Ich versuchte den Fleck mit Mineralwasser zu entfernen, was mir nicht gelang. Nach dem Essen wollte er sich mit seiner Frau zum Einkaufen treffen. „Fleck und Pickel. Ganz schön verdächtig!“, meinte ich schmunzelnd. Zurück in unser Liebesnest gingen wir dann zusammen nebeneinander. Ich entschied mich für einen Mittagsschlaf. Er verließ mich und wollte mich in zwei bis drei Stunden abholen, um auf die Azienda zu fahren. Also legte ich mich hin und wachte nach einer Stunde auf. Ich duschte als das Telefon klingelte. Massimo sagte: „Ich bin in zehn Minuten an der Ecke, wo wir uns immer treffen.“ „In zehn Minuten?“, entgegnete ich entsetzt. „Ja.“ Ich packte wieder Hals über Kopf meinen Rucksack, wusste nicht, ob er mit dem Motorrad oder mit dem Jeep kommen würde. Ich fragte mich, warum immer diese Hektik sein musste und eilte zum verabredeten Treffpunkt. Da ich ihn nicht sah, sendete ich eine SMS: ‚ich warte‘. Er antwortete: ‚bin in der Nähe‘. Diesmal fuhren wir eine neue Strecke: die Nationalstraße SS 113, immer an der Küste entlang. Stadtauswärts durch ein quirliges Viertel. Alte heruntergekommene zweistöckige Häuser und moderne zehnstöckige Mietskasernen wechselten sich ab. Hier lebte das einfache Volk. Wir hielten vor einem Fischstand und kauften den Fisch der Saison Lampuga, von dessen weißem Fleisch Massimo schwärmte. Im Laden nebenan kauft er Gemüse: Kartoffeln in Öl, eine Stiege Kaktusfeigen, Oliven, Zitronen, Cedro, die kindskopfgroße Zitrone, die ich noch nie gegessen hatte. Dann hielten wir noch vor einem Supermarkt, wo wir Brot, Bier und anderes kauften. Es herrschte dichter Verkehr. Mein Geliebter fuhr zügig und gut und umklammerte das wackelnde Lenkrad. Als wir im Dorf ankamen, war es schon dunkel. Wir parkten hinterm Haus und schlichen hinterm Auto in Richtung Hauseingang, damit uns niemand sah. Dann wie immer, legten wir uns erst mal auf die Couch, streichelten und küssten uns. Irgendwann fing er mit der Essensvorbereitung an. Da der Backofen nicht funktionierte, aus welchem Grund auch immer sprang die Sicherung raus, auch war das Licht unterbrochen, musste er den Fisch dann notgedrungen braten und meinte: „Schade, er schmeckt im Ofen zubereitet viel besser.“ Ich stand hinter ihm und sah ihm über die Schulter wie er den Fisch würzte: nur mit Olivenöl, wenig Salz und Oregano. Ich nahm das Besteck, die Gläser und deckte den Tisch. Heute aßen wir drinnen. Es war Spätsommer und zu kühl, um draußen zu essen. Als Dessert pellte er die Früchte der Kakteen, die wunderbar schmeckten. Er gab mir die grüne, die schmeckte seiner Meinung besonders gut. Herrliche eiförmige Früchte in rot, grün, gelb, die fleischig und saftig waren. Ein Baum voller Früchte stand auch in seinem Garten. Noch nie zuvor hatte ich diese Früchte gegessen. Nach dem Essen gingen wir gleich ins Bett, obwohl es erst kurz vor 22 Uhr war, aber wir wollten uns lieben. Danach versuchten wir zu schlafen, was uns beiden erst am frühen Morgen gelang. Als ich aufwachte, fand ich ihn im Büro. Verschlafen ging ich auf ihn zu und küsste ihn. „Bist du schon lange auf? Hast du gut geschlafen?“, fragte ich ihn und drückte meinen warmen Busen gegen seinen Rücken und legte meine Arme um seine Schulter. „Ja“, sagte er und fügte hinzu, dass er um sechs Uhr aufgestanden war und ganz gut geschlafen hatte. Dabei hörte ich, wir er sich nachts hin und her wälzte und mindestens dreimal aufgestanden war. „Willst Du Linsen nach Zürich mitnehmen?“ - „Ja.“
„Möchtest du auch Olivenöl?“ - „Ja.“
Er unterbrach seine Arbeit, um für mich den Kaffee zuzubereiten. Ich konnte es auch allein, aber er war schneller. „Später fahren wir nach M., Ware ausliefern.“ Auf dem Weg nach M., einem dreißig Kilometer entfernten Dorf, zeigte er beim Vorbeifahren auf Felder, die seine waren. „Du kannst stolz sein auf deinen Besitz. Hoffentlich haben deine Kinder mal Interesse daran, deine Arbeit fortzuführen. Bei mir zu Hause hatte niemand Interesse, das Geschäft meines Vaters zu übernehmen“, sagte ich. Während er die Ware auslieferte und Behördengänge erledigte, musste ich wie die sizilianischen Frauen im Auto sitzenbleiben. Herrlicher Sonnenschein lud zum Spazieren ein, aber ich verließ das Auto nicht. Auf der Rückfahrt hielt er beim Bäcker, kaufte Brot und eine Brioche für mich, das ich mit ihm teilte. Wir teilten gern. Wieder zu Hause angekommen, ging er irgendwo hin. Ich nutzte seine Abwesenheit und sammelte die restlichen Tomaten von dem kleinen Feld auf. „Die Tomaten können wir nur für Pasta verwenden, die sind für einen Salat nicht geeignet“, meinte er zu mir und griff sich einzelne aus dem Korb, der neben mir auf der Bank stand, auf der ich verweilte. Ich kostete eine. Sie hatten wirklich kein Aroma. So aus dem nichts heraus meinte er plötzlich: „Wir fahren heute nach Palermo zurück.“ „Oh, bitte, bitte nicht“, flehte ich ihn an. „Okay.“ Er setzte sich auf eine Marmorstufe, telefonierte und organisierte für den nächsten Morgen, Sonntag, einen Bauern, der mit einem zweiten Traktor helfen kam. Ich beobachtete ihn, wie er mit dem Telefon spielte und gar nichts mit sich anzufangen wusste. „Lass uns in die Berge Motorradfahren“, schlug ich vor. „Nein das geht nicht, das Dorf ist voll, viele Bauern sind am Pflügen, die würden sich über uns wundern.“ „Na gut dann komm, relax! Leg dich auf den Diwan! Ich bereite alles für die Linsensuppe vor“, meinte ich einsichtig. Er gehorchte mir. Dann sortierte ich in der Sonne auf der Terrasse Linsen, was mir Freude bereitete. Ich wollte den ganzen Sack schaffen. Ab und zu sah ich nach ihm und freute mich, dass er entspannt mit geschlossenen Augen auf unserem Liebesdiwan lag. Später stellte ich mich in die Küche und fragte Massimo, der wach geworden war und mit seinem iPhone Spiele spielte: „Wie groß soll ich die Karotten schneiden?“ Ich enthäutete Tomaten. „Wie viele Tomaten?“ Mein Geliebter rief mir vom Diwan das Rezept zu.
Sizilianische Linsensuppe, Rezept für zwei Personen:
250g Linsen1 Liter Wasser 4 Tomaten, enthäutet, geviertelt2 Karotten, in Streifen 1 große Zwiebel, geviertelt 1 getrocknete scharfe grüne Peperoni, gestückelt zum Würzen, wird nach dem Kochen entfernt1 Lorbeerblatt frisch vom Baum gepflücktEine Prise Salz1 Stunde kochen, dann später 1 Esslöffel Olivenöl unterrühren
Dazu geröstetes mindestens einen Tag altes Weißbrot reichen.
Als er mich beim Zubereiten am Küchentresen beobachtete, meinte er auf der Couch liegend, ich sollte immer in der Küche bei ihm sein. „Ja, das würde ich gerne machen.“ Und setzte meinen Gedanken fort, ob mir das wirklich auf die Dauer gefallen würde, hier zu leben? Während die Linsen kochten, legte ich mich zu ihm. „Nur küssen. Komm leg deinen Kopf auf meine Brust. Du bist mein Baby.“ Sofort legte er seine Brille auf den Sessel und ließ mich gewähren. Mein Schatz genoss die Berührung, das Streicheln. Alle seine Sehnsüchte wollte ich ihm erfüllen. Seine Kindheit verbrachte er bei seinen Großeltern, weil seine Eltern in Rom arbeiteten. Sein Vater heiratete, als er sieben war, ein zweites Mal, eine schöne Römerin und ließ seine Mutter mit den zwei Söhnen und einer Tochter sitzen. Ich massierte ihm wieder die Füße, die ziemlich rau aber männlich stark und groß waren. Als ich vor Jahren ein Verhältnis mit einem Arzt hatte, hatte er mir anhand von Fachliteratur beigebracht, wie man die Füße medizinisch massiert. Jedem unserer inneren Organe wird ein entsprechender Teil des Fußes zugeordnet, in dem die jeweiligen Sinnesnerven enden. Durch Drücken der Reflexpunkte wird die Aktivität der Organe stimuliert oder beruhigt. Es dauerte nicht lange, und wir waren wieder nackt. Ich selbst wurde so geil beim Massieren, weil mein Geliebter so verrückt nach mir wurde. „Guck mal wie mein Schwanz steht.“ Die Fußmassage der Sinnesnerven endete im gemeinsamen Höhepunkt. Danach genossen wir dann die grünen Slowfood-Linsen, die fantastisch schmeckten und tranken einen Weißwein, obwohl Bier dazu besser schmeckte. Während ich den Tisch abräumte, ging Massimo vor die Tür, um mit seiner Frau zu telefonieren. Mit großer Freude vernahm ich, wie er zu ihr sagte, er käme erst morgen. Sie rief dann nochmals zurück, da lagen wir schon wieder auf der Couch und sahen einen Film auf Italienisch von Guiseppe Tornatore Baaria – La porta del vento. Ich verstand nur Bahnhof. Außerdem dauerte es nicht lange, und wir wurden wieder geil. Manchmal hörte ich oder auch wir beide ein Geräusch, dann sprang ich immer erschrocken auf und verschwand mit meinen wenigen Sachen nach hinten ins Schlafzimmer. Notfalls hätte ich aus dem Fenster springen können. Aber nicht wirklich, denn sie waren alle mit Insektenschutzgittern, außer dem Küchenfenster, versehen. „Ich habe Angst, deine Frau besucht uns“, bemerkte ich. „Keine Angst, die kommt nicht“, beruhigte mich Massimo dann immer. In Gedanken stellte ich es mir immer und immer wieder vor, was ich machen würde, wenn sie plötzlich hier auftauchen würde. Ich könnte nur unters Bett kriechen oder mich stellen, was ich wahrscheinlich machen würde.
Es war Sonntag, ich stand gegen acht auf und kochte mir einen Kaffee. Die Tür war nicht verschlossen. Sofort ging ich nach draußen und fotografierte. Auf den Sträuchern und Bäumen lag noch Tau. Eine wunderschöne Landschaft. Ich pflückte Früchte von seinen Kakteen und aß sie, denn seit gestern wusste ich ja, wie man diese vorbereitet. Hinter dem Haus waren Olivenbäume, wo ich öfter unter einem Baum gesessen hatte, Italienisch lernte oder nur träumte. Heute unterbrach Massimo seine Feldarbeit, um mir zum Frühstück eine Pizza vom Dorfbäcker zu bringen. Ich saß auf der hinteren Terrasse und sortierte Linsen. Er reichte mir die Pizza und fragte wie immer: „Schmeckt sie dir?“ Mir schmeckte die sizilianische Küche sehr und Massimo legte wie ich Wert auf Qualität. Vor der Abfahrt nach Palermo aßen wir Pasta mit der von mir zubereiteten Soße aus den kleinen Tomaten, die ich im Garten aufgelesen hatte. Vor dem Essen lagen wir noch auf der Couch und schmusten. Massimo duschte nach dem Essen und gegen vierzehn Uhr fuhren wir ab. Traurigkeit überkam mich, weil wir bald wieder getrennt waren. Mir tat das Zusammensein mit ihm so gut. Ich fühlte mich bei ihm geborgen. Er war für mich zu einem Partner geworden, der mich annahm, verstand, wertschätzte und heiß begehrte. Es tat mir gut, nicht allein zu sein.
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