Kitabı oku: «Kein Mann für eine Nacht», sayfa 5
Ich bin schon seit knapp einem Jahr im Club und war schon einige Male da, aber du leider nicht. Und um gleich eines vorwegzunehmen, ich bin recht glücklicher Single. Darf ich dich auch etwas fragen? x«
Er scheint mir nicht mit seinen Antworten gefallen zu wollen, sonst hätte er mir wohl, wie Pete vorgemacht, dass er voll und ganz in der schwarzen Szene unterwegs wäre. Kurz schließe ich meine Augen und rufe ihn mir in Erinnerung, als er vor mir getanzt hatte. Schmunzelnd schüttle ich mich, das Kribbeln im Bauch wächst an, das sollte ich auf keinen Fall zulassen. Da fällt mir ein, dass ich ihm ja noch gar nicht geantwortet hatte.
Schnell zücke ich mein Smartphone und tippe: »Hey Rob. Dankeschön fürs Kompliment. Ich ahnte es, du bist jünger als ich. Geschockt? Hm, war wirklich nicht mehr so oft im Club. So, so, glücklicher Single, gibt es so etwas wirklich? Spaß! Frag mich ruhig, solange es nicht zu persönlich ist, beantworte ich dir auch alles. x«
Verblüfft stelle ich fest, dass die Konversation zwischen uns vertrauter wird. Aber vormachen sollte ich mir trotzdem nichts, denn wer weiß, welchen Charakter er tatsächlich hat. Schreiben kann er viel, das heißt noch lange nichts. Na ja, zumindest sieht er gut aus und schriftlich ist er auch ganz nett. Hm, wieso habe ich Matt und Frank vorgestern nicht einfach über ihn ausgequetscht? Ach egal. Es kommt wie es kommt und außerdem, ich will ja keine Beziehung, von daher kann es mir gleich sein. Sollte es zumindest.
Kichernd über meinen Zwiespalt tänzle ich in mein neues Nähzimmer und beginne auch hier auszupacken. Die Stoffe müssen unbedingt aus den Kartons raus. Gut, dass Tom meinen PC bereits angeschlossen hatte, somit kann ich nebenbei E-Mails abrufen. Wieder neue Aufträge! Zwar freue ich mich wahnsinnig darüber, aber ich werde nicht alle schaffen. Darum kümmere ich mich allerdings nachher, denn ich muss nun wirklich die Schränke einräumen.
Am späten Nachmittag bin ich endlich fertig. Alles ist fein säuberlich in den Regalen verstaut und auch meine Tische sind komplett ausgestattet. Wenn ich wollte, könnte ich auf der Stelle loslegen, aber ich verspüre noch keine Lust. Außerdem sollte ich langsam mal etwas zu mir nehmen, mein Magen knurrt lautstark.
In der Küche fällt mir ein, dass ich mich nach niemandem mehr richten muss, ich kann essen, was und wann immer ich will. Das Glücksgefühl endet jedoch abrupt, als ich den Kühlschrank öffne. Gähnende Leere. Stimmt, ich konnte ja schlecht die Lebensmittel mitnehmen. Ob Alice morgen mit mir Einkaufen fahren kann?
Ich sollte mir unbedingt ein kleines Auto zulegen, ohne komme ich gerade bei solchen Großeinkäufen nicht weit. Gut, dass ich gestern noch einige Kleinigkeiten eingekauft hatte, aber an Gewürze und all die wichtigen Dinge hatte ich jedoch nicht mehr gedacht.
Während die Pizza im Ofen bäckt, schreibe ich eine ellenlange Einkaufsliste. Alice hat vor einigen Minuten zugestimmt, mit mir einkaufen zu fahren. Dafür habe ich Robs Nachricht noch nicht gelesen, denn die lebenswichtigen Sachen haben Priorität. Erst als ich die Liste erneut durchgegangen bin und zufrieden nicke, öffne ich seine Mitteilung, die ebenfalls nicht gerade kurz ist.
»Hey Abby. Wieso sollte ich geschockt sein? Klar, du siehst jünger aus, darum bin ich erstaunt, aber nicht geschockt, warum auch. Wie alt, sorry, wie jung bis du denn? Darf ich das fragen? Und falls du deine Gedankengänge weiter webst: Nein, es würde mir nichts ausmachen. Ich stehe nicht auf junge Dinger, ist mir schlichtweg zu anstrengend.
Wie lautet denn dein richtiger Name? Abby klingt definitiv nach einer Abkürzung. Hast du Kinder? Darauf brauchst du nicht zu antworten. Ich will damit nur sagen, dass ich Kinder liebe, wollte allerdings nie selbst welche. Sag mir einfach, wenn es zu persönlich für dich wird!
Wieso tust du dir das eigentlich an? Wieso trennst du dich nicht? Du leidest, das sieht sogar ein Blinder! Brauchst du das? Die Erniedrigung, meine ich. Sorry, falls ich zu direkt bin. Würdest du mich treffen wollen? In einem Café zum Beispiel, auf neutralem Boden mit vielen Menschen, falls du dich dann wohler fühlst. Ich kann es jederzeit einrichten. Ich freue mich auf deine Antwort. x«
Der Herd piepst und reißt mich sofort in die Realität zurück. Ach verdammt, dabei wollte ich den Text noch einmal lesen, aber das muss nun warten. Wo waren denn die Topflappen? Puh, das wird noch was werden. Nicht nur eine neue Wohnung, sondern auch neue Küchenmöbel, da muss ich mich erst einmal wieder zurechtfinden. Im dritten Hängeschrank finde ich dann auch endlich das Gesuchte.
Während ich den ersten Bissen kaue, lese ich das Geschriebene noch einmal. Irgendwie ist er süß, finde ich. Er möchte sich also mit mir treffen. Das wäre an sich kein Problem mehr, aber davon weiß er ja schließlich noch nichts. Hm, was soll ich ihm denn darauf nur antworten, ohne ihm gleich den Eindruck zu vermitteln, dass er Chancen bei mir hätte. Aber auf die anderen Dinge kann ich ihm schon einmal antworten, vielleicht ergibt sich der Rest von selbst.
»Hey. Das sollte man eine Lady tatsächlich nicht fragen … Ach was solls: Ich bin 38. Danke für das Kompliment, du Charmeur. Was ist denn an jüngeren Partnern falsch? Du weißt, dass du dich gerade selbst reingeritten hast, oder? Ich bin schon gemein, ich weiß.
Nicht lachen, okay? Mein Name ist Abigail, etwas altbacken, dennoch finde ich ihn toll. Mich nennen alle nur Abby, darum wurde es für mich zur Gewohnheit, mich auch so vorzustellen. Nein, ich habe keine Kinder, möchte auch ehrlich gesagt keine. Aber nicht, weil ich sie nicht mögen würde, es fehlte der richtige Partner.
Hm, ich weiß nicht, ob es so gut ist, mich mit dir zu treffen. Dafür kenne ich dich noch viel zu wenig. Aber ja, treffen würde ich dich schon gern wollen, nur nicht sofort. Bitte hab etwas Geduld mit mir. x«
Und wieder habe ich mit keinem Wort meine Trennung erwähnt. Kurzerhand schalte ich das Handy aus und setze mich nach dem Essen an meinen PC. Ich picke mir einige Mails heraus und schreibe die potenziellen Kundinnen an. Solange ich keine Rückmeldungen von ihnen erhalte, werde ich meinen letzten Auftrag fertigstellen. Um nicht nachzudenken, drehe ich die Musik etwas lauter und beginne die Applikationen für die Tasche herzustellen. Diese sehr filigranen Arbeiten erfordern meine gesamte Konzentration und lassen mich an nichts denken.
Weit nach Mitternacht richte ich mich stöhnend auf - mein Rücken schmerzt. Seit gut sechs Stunden sitze ich an dem Schneidertisch, aber dafür habe ich es geschafft. Stolz halte ich die fertige Tasche hoch, nun noch Fotos machen, dann kann ich der Kundin die frohe Botschaft übermitteln.
Müde schlurfe ich in mein Schlafzimmer. In den nächsten Tagen sollte sich endlich alles eingependelt haben. Kaum liege ich unter der warmen Decke, schalte ich mein Smartphone an und wieder ist eine Mitteilung eingegangen. Er lässt nicht locker, denke ich beinahe belustigt.
»Hey du wunderschöne 38-jährige Abigail. Ich finde deinen Namen richtig toll. Nein, ich liebe ihn!
Eines solltest du wissen: Ich nehme mit Anlauf jedes Fettnäpfchen, welches sich mir in den Weg stellt, das ist ein Hobby von mir. Hm, ich meinte ja auch Frauen, was mich somit als jüngeren Partner ausschließt. Außerdem, was sind schon drei Jahre? Oh, ich muss zugeben, dass ich mir doch mehr Gedanken mache, als ich wohl sollte. Entschuldige, kommt nicht wieder vor.
Das mit den Kindern ist doch okay, manchmal ist es auch besser keine Würmchen in diese grausame Welt zu setzen, finde ich. Abigail – ich werde bei diesem Namen echt noch schwach – ich finde es zwar schade, dass du dich in nächster Zeit nicht mit mir treffen möchtest, aber ich verstehe dich. Gib mir einfach Bescheid, wenn du dazu bereit bist. Wir treffen uns dort, wo du möchtest. Ich erfahre deine Adresse nicht, es sind viele Leute da, gern auch deine Freunde, mir egal, Hauptsache ich kann dich sehen. Nur sehen und reden, versprochen! Sweet dreams x«
Bevor mir die Augen komplett zufallen, tippe ich: »Okay, ein Vorschlag: Wir sind morgen ab 21 Uhr in der Cambridgebar. Wenn du Lust hast, stoß doch dazu. Träum was Schönes. x«
Schmunzelnd lege ich das Handy beiseite, damit werde ich ihn völlig überrannt haben, ebenso wie mich selbst, wenn ich ehrlich bin. Welcher Teufel hat mich denn da soeben geritten, aber es wird schon seine Gründe haben. Viel mehr bin ich allerdings auf seine Reaktion gespannt, die aber leider auf sich warten lässt. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlafe ich auch schon bald ein.
5
K
urz vor zehn wache ich mit einem rasenden Herzschlag auf, als ob ich verschlafen hätte. Erleichtert erblicke ich die Uhrzeit, der Wecker hat noch nicht einmal geklingelt. Ich bin etwas zu früh wach, aber schlafen kann ich nun auch nicht mehr, da mir augenblicklich dieser süße Typ in den Sinn kommt.
In diesen tollen Gedankengängen versunken, plärrt mich der Wecker an. Panisch stelle ich ihn aus. Verdammtes Ding, nun bin ich mehr als wach. Eine neue Nachricht ist eingegangen. Wie wird er wohl reagiert haben? Ich will noch nicht nachschauen, erst will ich mir die verschiedenen Szenarien ausmalen, die Spannung aufrecht halten. Anscheinend quäle ich mich gern selbst, stelle ich schmunzelnd fest.
Nachdem ich geduscht und mich fertiggemacht habe, öffne ich Kaffee trinkend seine Mitteilung, die er mir noch mitten in der Nacht geschickt hatte. »Guten Morgen Abigail. Ich bin sprachlos. Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht damit! Natürlich werde ich da sein. Rob x«
Ein leiser Aufschrei entfleucht meinen Lippen. Verwundert halte ich mir den Mund zu, nachdem ich hastig die Tasse abgestellt habe. Warum gerate ich denn jetzt in Euphorie? Doch die Antwort ist schnell gefunden, ich freue mich tatsächlich auf ihn. Ja, ich bin gespannt auf ihn. Ob er überrascht sein wird, dass Matt, Frank und Max ebenfalls da sein werden? Immerhin sind es seine Freunde und sie haben ihm anscheinend noch nichts gesteckt.
Okay, ich will nicht so sein und schreibe: »Guten Morgen Rob. Ein kleiner Tipp: Melde dich doch mal bei Max. Dann bis heute Abend. x«
Die Nervosität treibt mich kurz darauf aus dem Haus. Eigentlich wollte Alice mich abholen, aber ich kann keine Stunde mehr warten, lieber spaziere ich etwas durch die Straßen, um wieder herunterzukommen. Ein eisiger Wind weht mir um die Ohren, doch ich merke es nicht einmal. Mir ist so warm, dass ich am liebsten den schweren Mantel ausziehen würde. Allerdings fällt mir auf, dass alle dick eingemummelt herumlaufen, dann muss es also kalt sein. Immerhin ist Februar. Ich vergrabe meine Hände tief in den Taschen, weil das alle um mich herum ebenfalls tun.
Die Passanten müssen auch denken, dass ich völlig durchgeknallt bin, weil ich die ganze Zeit breit vor mich hin grinse. Aber ich bekomme ihn einfach nicht aus meinem Kopf. Mein Handy halte ich in der Manteltasche fest umklammert, deshalb spüre ich auch das Vibrieren. Schnell schaue ich nach und lese seine Nachricht. »Was auch immer das bedeuten soll, ich werde es tun. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf dich freue! x«
Nachher werde ich ihm antworten, ich will nicht den Eindruck vermitteln, als ob ich nur auf seine Mitteilungen warten würde. Schmunzelnd schiebe ich das Mobiltelefon zurück in meine Jackentasche. Er muss gerade aufgewacht sein und mir gleich als Erstes geantwortet haben. Mit einem beschwingten Gefühl schlendere ich an dem kleinen Flüsschen entlang. Eigentlich wären es nur wenige Meter bis zu Alice’ Haus, allerdings will ich sie mitnichten stören und wähle einen großen Umweg hinter den Häusern, aus dem Viertel heraus.
Heute amüsieren mich sogar die abwertenden Blicke der Mitmenschen, wobei ich mir fast sicher bin, dass der eine oder andere eher anerkennend ist. Ich bin es gewöhnt, dass die Leute mich nie so akzeptieren werden, wie den stinknormalen Banker oder eine leicht bekleidete Tussi, wobei ich diese auch abwertend anschaue, wenn ich ehrlich bin. Mir ist dieses Schubladendenken egal, ich fühle mich wohl, so wie ich bin und so gebe ich mich auch, meistens zumindest. Denn lang genug musste ich mich nach anderen richten, nun breche ich wieder aus.
Im Winter ist es eigentlich nicht ungewöhnlich, dass jemand dunkle Farben trägt, aber allein mein Mantel ist schon ausgefallen. Er wirkt militärisch, ist dick, wärmt und steht mir verdammt gut, wie ich zumindest finde. Meine flachen, kniehohen Stiefel, die ab und an hervorblitzen, sind ebenfalls nicht die Norm. Nur meine schwarze Jeans und der Rollkragenpullover könnte man als 0815 betiteln. Dafür fallen meine dunkelroten Haare umso mehr auf, die schwer auf den tiefschwarzen Mantel fallen, wodurch diese noch mehr hervorstechen.
Pete meckerte immer über meinen Stil, ihm war es peinlich, so mit mir durch die Straßen zu laufen. Das hatte mich damals mehr getroffen als die giftigen Blicke der Menschen, die ich eh nicht kannte und mir somit völlig egal waren. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich meinen alltäglichen Kleidungsstil etwas dezenter gehalten. Aber das werde ich nicht mehr tun, deshalb habe ich diesen Mantel gewählt. Ich mag introvertiert sein, aber sobald es um Kleidung, Haare oder das Tanzen geht, trage ich mein eigentliches Wesen nach außen.
An der großen Straße kehre ich um und schlendere den Weg zurück. Die Uhr zeigt halb zwölf, ich sollte langsam zu Alice gehen, nicht das sie auf die Idee kommt früher loszugehen und vor meiner verschlossenen Wohnung steht. Bald darauf betätige ich den Knopf auf dem Klingelschild. Keine zehn Sekunden später surrt der Türöffner und ich kann eintreten.
»Boah, nächstes Mal viel früher oder viel später!«, stöhnt Alice und wirft sich auf den Fahrersitz.
Das war wirklich die Hölle. »Oder unter der Woche, aber ich danke dir, Süße!«
»Kein Problem. Wir wollen dich ja schließlich nicht verhungern lassen.« Kichernd startet sie das Auto.
»Das hatte ich völlig vergessen, dass ich ja nicht einmal Salz zu Hause habe! Man wie doof!«, erwidere ich Augen verdrehend.
»Ach, das kann doch passieren. Hast du eigentlich mal wieder was von Pete gehört?«
»Von wem?«, entgegne ich feixend. »Ja, er ruft dauernd an, aber seit gestern ist das Handy aus.«
»Und das ist gut so!«
Sie stoppt vor der verkehrsberuhigten Zone, in der wir wohnen und laden die unzähligen Tüten aus dem Wagen, um sie anschließend nach oben zu tragen. Nach dreimaligem Hoch- und Herunterlaufen haben wir es endlich geschafft. Erschöpft lässt sich Alice auf die Couch fallen, während ich beginne, den Einkauf einzuräumen.
»Hey! Komm her, ruh dich erst mal kurz aus. Danach helfe ich dir«, ruft sie mir zu.
Kaum sitze ich neben ihr, beginnt Alice mich auszuquetschen. Ich erzähle ihr, dass ich Rob ebenfalls eingeladen habe, in die Cambridgebar zu kommen. »Cool! Ich bin ja echt gespannt«, meint sie und setzt sich aufrecht hin. »Aber nun sag mal, wie findest du ihn denn nun?«
»Hab ich dir doch schon gesagt. Süß, charmant und rücksichtsvoll. Aber wer weiß, wie er sich persönlich gibt. Ich kann ihn nicht nach seinem Geschriebenen beurteilen. Da kann er mir ja sonst etwas auf die Nase binden.«
»Hm, da hast du auch wieder recht. Na ja, wir werden es sicher heute herausfinden. Die Jungs haben ihm anscheinend nichts erzählt, oder?«
»Nein. Auch nicht, dass ich mittlerweile ausgezogen bin. Er weiß von gar nichts.«
Mit großen Augen schaut sie mich an. »Wie? Er weiß noch nicht einmal, dass du dich von Pete getrennt hast?«
»Nein, er weiß überhaupt nichts.«
Ich bemerke das Funkeln in ihren Augen. »Du willst ihm wohl keinen Grund geben, dir zu nahe zu kommen?«
»So kann man es auch sehen, ja. Wer weiß, was er für ein Typ ist. Vielleicht ist er ja ein Arsch.«
»Na das glaubst du ja wohl selbst nicht«, entgegnet Alice lachend und steht auf, um die Anlage einzuschalten. Sofort ertönt die Musik von gestern Nacht. »Du hast dich verknallt, oder?«
Ertappt erröte ich und senke den Blick, ich kann ihr einfach nichts vormachen. »Etwas, aber ich will das eigentlich gar nicht. Nicht jetzt, so kurz nach Pete.«
»Kann ich verstehen, Süße. Doch es kommt, wie es kommt, dagegen kannst du dich nicht wehren. Na los.« Sie reicht mir ihre Hände und zieht mich von der Couch.
Gemeinsam räumen wir die Einkäufe in den Kühlschrank und in die kleine Vorratskammer am hinteren Ende der Küche. Nachdem wir damit fertig sind, machen wir uns Sandwiches. In der Bar gibt es zwar auch etwas zu essen, aber hier ist es viel gemütlicher und ruhiger.
Im Anschluss geht Alice nach Hause, um sich umzuziehen, wir machten uns früher schon bei jeder Gelegenheit, die sich uns bot, chic. Und gerade ich will das nun auch wieder ausnutzen, jetzt nachdem mir Pete nicht mehr vorschreiben kann, wie ich mich zu kleiden habe.
Aufgeregt durchstöbere ich meinen Kleiderschrank. Ich komme zu dem Schluss, dass ich mir unbedingt neue Klamotten zulegen muss. Die gibt es aber nicht in Oxford, dazu müsste ich nach London. Allein der Gedanke an die Millionenstadt lässt mir die Haare zu Berge stehen. Aber da gibt es keinen Weg dran vorbei, wenn ich neue, ausgefallene Klamotten will, muss ich in die Metropole. Das hat allerdings noch Zeit, denke ich mir und schlüpfe in eine schwarze Bluse mit Stehkragen. Darüber ziehe ich einen schwarzen Cardigan. Zwiebellook ist immer gut.
Vor dem Badezimmerspiegel betrachte ich mein Gesicht. Wieso nennt er mich eigentlich immer wieder Schöne? Ich empfinde mich nicht als schön. Graue Augen, wer will schon graue Augen? Okay, meine Lippen sind voll, für meinen Geschmack etwas zu voll, da sie nicht zu meinem schmalen Gesicht passen. Seufzend zücke ich den Kajalstift und ziehe die Linien nach, tusche noch einmal meine Wimpern. Fertig! Und nun?
Mein Handy leuchtet vor mir auf. Mittlerweile schleppe ich es überall mit hin, ich könnte ja etwas verpassen. Rob!
»Okay Abigail, nun bin ich wirklich gespannt. Max wollte nichts herausrücken, außer dass ihr euch heute Abend alle trefft. Aber das hat er mir auch nur gesagt, weil ich ihn direkt gefragt habe. Bis gleich. x«
Oh, Max hat also wirklich dichtgehalten? Schmunzelnd tippe ich: »Bis gleich, mein Schöner. x«
Ah, warum habe ich das denn geschrieben? Peinlich! Im Spiegel erblicke ich die leichte Röte auf meinem Gesicht. Die Türklingel erlöst mich und ich habe keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Alice kommt nicht allein herauf, Tom hat sie überraschenderweise abgeholt. Im Grunde genommen könnten wir auch die Strecke zur Bar laufen, aber wenn es heute Abend zu kalt werden sollte, hätten wir ein Problem.
»Hey Süße«, begrüßt mich Tom. »Du bist fertig?«
»Mit den Nerven! Aber ja, wir können los«, antworte ich grinsend, als ich seinen verblüfften Gesichtsausdruck sehe. Ich schlüpfe in meinen Mantel und schließe die Tür hinter mir ab. Aufgedreht eilen wir an Tom vorbei nach unten. Wenn er wüsste!
Wir betreten den kleinen, verglasten Vorraum. Das mahagonifarbene Holz der Türrahmen findet sich auch in dem langen Tresen wieder. Ächzend schlängeln wir uns an den Menschen vorbei, die vor der Bar dicht an dicht stehen. Da meine beiden Freunde regelmäßiger hier sind, werden sie von den Barkeepern begrüßt. Aber auch ich werde überraschenderweise wiedererkannt, obwohl ich in den letzten Jahren selten anwesend war.
Der verspielte Kronleuchter, der von der verglasten Decke hängt, verströmt ein angenehmes Licht. Matt und Frank sitzen bereits an dem reservierten Tisch, der sich links neben der Bar in einer Nische befindet. Nach den Umarmungen setze ich mich neben Tom auf die braune U-förmige Sitzgruppe. Alice platziert sich mir gegenüber auf die rechte Seite, wie erwartet neben Matt. Wir müssen nicht einmal nach vorn gehen, um zu bestellen, da wir zum Auftakt immer eine Cola nehmen, die uns auch prompt serviert wird.
Mittlerweile kümmert es keinen mehr, dass wir schwarz angezogen sind. Einer der Barkeeper, der mit Tom befreundet ist, verkehrt ebenfalls im Club, weshalb wir auch bevorzugt diesen Tisch zugewiesen bekommen.
»Max hat mich vorhin angerufen und mich gefragt, ob ich Rob etwas erzählt hätte. Weißt du was darüber?«, fragt Frank mich.
Überrascht blicke ich ihn an. »Nein, ich habe ihm nur geschrieben, dass wir heute Abend hier sind. Mehr nicht.«
»Ah, okay. Also weiß er von gar nichts?«
Kopfschüttelnd erwidere ich: »Nein, von nichts.«
»Na das kann ja ein lustiger Abend werden«, lässt Matt feixend verlauten.
Kurz überlege ich, ob ich die beiden nicht fragen sollte, wie Rob denn so ist. Nachdenklich nippe ich an meiner Cola, als plötzlich jemand neben mir sagt: »Hallo Abby.«
Und wie sollte es auch anders sein, verschlucke ich mich und muss erst einmal husten. Lachend klopft Tom mir auf den Rücken. Ich war wieder so tief in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen habe, dass Rob und Max zwischenzeitlich aufgetaucht sind.
»Tschuldige«, krächze ich und blicke in sein hübsches Gesicht hinauf. Ein Lächeln umspielt seine schönen Lippen. Wenn ich nicht bereits sitzen würde, müsste ich mich jetzt definitiv hinsetzen, denn ich merke wie meine Knie weich werden. Herrje, das kann ja noch was werden!
Die Männer begrüßen sich mit Handschlag. Tom rückt zu Frank auf, sodass sich Rob neben mich setzen kann. Max platziert sich neben Alice. Es ist etwas eng für meinen Geschmack, was wohl auch daran liegt, dass Robs Nähe mir etwas zu heikel ist. Er scheint zu spüren, dass ich mich unwohl fühle und rutscht ein kleines Stückchen von mir ab. Innerlich dankend beginne ich mich zu entspannen. Die junge Bedienung tritt an unseren Tisch und serviert die Bestellung der Männer. Verwundert schaue ich ihn an, als vor ihm ein Wasser und Espresso platziert wird. Wasser? Ernsthaft? Aber vielleicht muss er ja noch fahren.
Seine faszinierenden Augen leuchten mich regelrecht an, als er sich mir zuwendet. Wenn er mich jetzt anspricht, werde ich keinen Ton über meine Lippen bringen. Doch er sagt kein Wort, senkt sogar den Blick. Mit einem Mal fällt mir siedeheiß ein, dass ich Max noch gar nicht begrüßt und auch Robs Hallo nicht erwidert hatte. Wie peinlich! Und nun?
»Hey Süße«, hilft Alice mir aus der prekären Situation.
Innerlich wachrüttelnd entgegne ich: »Hm?« Dieser simple Laut kostet mich mehr Überwindung als gedacht.
»Unser Türsteher hier ist eingeschnappt.« Damit deutet sie mit dem Daumen auf ihn, der mir allerdings grinsend zuzwinkert.
»Oh je, sorry, Max! Komm her, lass dich drücken«, sage ich und stehe auf, um mich über den Tisch zu beugen und ihn zu umarmen.
»Kein Problem, Abby«, erwidert dieser.
Als ich mich wieder hinsetze, reiche ich Rob die Hand. »Entschuldige bitte, ich weiß gar nicht, wo meine Manieren geblieben sind. Hi!«
Schmunzelnd ergreift er meine Hand. »Wahrscheinlich da, wo sich meine auch gerade befinden.«
Die Freunde lachen laut auf. Grinsend entziehe ich ihm meine Hand, wenn auch ungern. Drei silberne Ringe zieren seine schlanken Finger. Solche schlichten Ringe finde ich an Männerhänden sehr anmutig und ihm stehen sie gleich noch mal so gut. Max verwickelt ihn recht schnell in ein Gespräch, sodass ich ihn etwas von der Seite mustern kann. Wow, was für ein Profil! Und dieser Typ hat allen Ernstes Interesse an mir? Ihm rennen doch wahrscheinlich die Frauen in Scharen hinterher!
Leise aufseufzend richte ich meine Aufmerksamkeit auf Tom, der sich gerade mit Frank unterhält und versuche dem Gespräch zu folgen. Hoffnungslos! Dieser Schönling neben mir, hat mir eiskalt den Kopf verdreht und ich komme nicht dagegen an. Dabei wollte ich das gar nicht, aber was ich will, ist dem Schicksal anscheinend vollkommen egal.
»Abby? Du wirkst heute irgendwie anders«, stellt Rob fest und reißt mich aus meinen Gedanken.
Überrascht wende ich mich ihm wieder zu. »Positiv oder negativ?«
»Du strahlst etwas aus, was ich zwar nicht einordnen kann, aber es scheint positiv zu sein. Du wirkst entspannter.« Liegt vielleicht daran, dass ein gewisser Jemand nicht hier ist? Doch statt einer Antwort grinse ich in mich hinein.
Alice schmunzelt mir zu und übernimmt anstatt meiner die Erklärung. »Ja, damit liegst du völlig richtig. Gut beobachtet.«
Und schon nimmt das Gespräch seinen Lauf. Mir ist das ganz recht, da ich es ihm somit nicht direkt auf die Nase binden muss.
»So? Und was ist der Grund?«, hakt er neugierig nach. Wieso fragt er nicht direkt heraus, warum mein Macker heute nicht dabei ist?
»Es ist in den letzten Tagen ziemlich viel passiert.« Sie lässt sich aber auch jedes Wort aus der Nase ziehen, denke ich amüsiert.
»Na nun spannt mich doch nicht so auf die Folter. Ihr wisst doch alle Bescheid, oder?« Seine Augen huschen von einem zum anderen. Ich kann seine Ungeduld spüren.
»Ja«, bestätigt Matt. »Wir waren ja auch alle dabei.«
»Wo wart ihr dabei?« Rob wirkt irritiert. Keiner der Angesprochenen reagiert sofort, die Luft ist zum Zerreißen gespannt. Will keiner dem andern den Vortritt nehmen?
»Ich habe Pete verlassen«, lasse ich völlig unerwartet die Bombe platzen. Ich kann seine Anspannung nur zu gut nachvollziehen und will ihn nicht länger zappeln lassen.
Mit großen Augen schaut er mich an. »Du hast was?« »Ich habe meinen Macker, wie du ihn so schön nanntest, von heute auf morgen verlassen und bin ausgezogen«, kläre ich ihn auf.
Er bekommt kein Wort heraus, damit hatte er wohl partout nicht gerechnet. Die Verwirrung ist ihm anzusehen. Feixend setzt Max fort: »Genau und wir haben ihr geholfen, deshalb wissen wir auch alle Bescheid.«
»Wann?«, hakt er nun wieder nach.
»Am Mittwoch, als ich dir geschrieben habe.«
»Okay«, entgegnet er konfus. Das muss er erst einmal setzen lassen. Ihm wird auch klar werden, dass er mich zwischenzeitlich gefragt hatte, wieso ich Pete nicht verlasse und warum ich ihn darauf nicht geantwortet hatte. »Okay«, murmelt er erneut.
Lachend erhebt sich Max, um an die Bar zu gehen und Whiskey für alle zu bestellen. Ich erkläre umgehend, dass ich nicht mittrinken möchte, aber er winkt nur ab. »Einen Schluck können wir jetzt wohl alle brauchen.«
»Ja, aber Whiskey?«, erwidere ich mit gerümpfter Nase.
»Ich trink deinen schon«, lässt Rob verlauten, was die anderen zum Lachen bringt. »Den brauch ich jetzt wirklich.«
Das kann ich ihm nicht einmal verdenken und schiebe ihm mein Glas hin, nachdem die Bedienung uns die Getränke serviert hat. Er schüttelt den Kopf und meint: »Ich bestehe allerdings auf einen kleinen Schluck.« Dabei hält er mir sein Glas entgegen, damit ich mit ihm anstoße. Nur widerwillig erhebe ich es, ich hasse Whiskey! Nach einem kleinen Schluck verziehe ich angewidert das Gesicht.
»Bäh!«
Feixend nimmt er mir das Glas aus der Hand. »So schlimm ist es doch gar nicht.«
»Rutsch mal«, fordere ich ihn auf. Mit einem fragenden Blick dreht er sich nach außen und lässt mich vorbei. »Ich hol mir jetzt etwas, was mir auch wirklich schmeckt.«
»Bringst du mir auch einen mit?«, ruft Alice mir hinterher. Bestätigend hebe ich die Hand und gehe zum anderen Ende des Tresens, zu Sean, dem befreundeten Barkeeper. Kaum sieht er mich, weiß dieser, was ich möchte. Dazu brauche ich bloß zwei Finger zu zeigen.
Aus den Augenwinkeln sehe ich Rob auf mich zukommen. Neben mir angekommen, lehnt er sich rücklings gegen die Bar und schaut mich von der Seite an, spricht allerdings kein Wort. Im Grunde genommen braucht er auch nichts zu sagen, wir haben uns gesehen, ein paar Silben gewechselt und sofort war alles klar. Es bedarf keiner Erklärungen, Geständnisse oder Bitten. Da kann ich mir sonst etwas vormachen. Er kam, sah und siegte, fällt mir plötzlich belustigt ein und muss unwillkürlich grinsen.
Dies bleibt ihm natürlich nicht verborgen. Mit einem Lächeln blickt er zu den gegenüberstehenden Gästen neben dem Eingang. »Glaubst du mir, dass das keine Masche von mir war oder ist?«
»Hm? Was meinst du?«, frage ich ihn verwirrt und schaue ihn endlich an. Ich bin mir nicht sicher, was er damit meint.
»Na das ich dich nicht nur rumkriegen will«, antwortet er und wendet sich mir mit funkelnden Augen zu.
Der Barkeeper stellt mir die beiden Weingläser hin. Als ich diese ergreifen will, hält Rob meine Hand fest. »Rede bitte mit mir. Glaubst du mir das?«
»Was ist, wenn ich Nein sage?« Woher nehme ich denn auf einmal den Mut, ihm so etwas vor den Bug zu knallen?
»Dann müsste ich das akzeptieren, obwohl es mir nicht leichtfallen würde. Ist das denn deine Antwort?«
»Ich weiß es nicht. Tut mir leid«, entgegne ich abbittend. Ich weiß es tatsächlich nicht, da ich ihn einfach zu wenig kenne. Zu gern würde ich Ja sagen, aber das würde nicht der Wahrheit entsprechen und er hat eine ehrliche Antwort verdient.
»Okay.« In seiner Stimme klingt ein leises Bedauern mit. »Dürfte ich mich trotzdem kurz mit dir unter vier Augen unterhalten?«
Irgendwie tut er mir auf einmal leid. »Ja. Hier an der Bar?« Als er zustimmend nickt, meine ich: »Ich bringe Alice nur schnell ihren Wein, dann bin ich ganz Ohr.»
»Danke«, sagt er sichtlich erleichtert. »Lass mal, ich mach das schon. Warte kurz hier.« Damit nimmt er mir ein Glas ab und geht zu den anderen hinter. Was wird er mir jetzt wohl sagen wollen? Was hatte ich denn auch gedacht, als ich ihn hierher eingeladen hatte? Das wir nur schweigend dasitzen würden? Sehr naiv, Abby!
Nervös drehe ich mein Glas hin und her, starre auf die darin wogende Flüssigkeit, die durch den Lichteinfall leicht honigfarben wirkt.
»Hey«, raunt er nah an meinem Ohr. Dieser hinreißende Tonfall und sein Atem auf meiner Haut lassen mich beinahe erzittern. »Da bin ich wieder.«
Er sollte aufhören so mit mir zu sprechen, das bringt mich völlig durcheinander! Nur mit großer Überwindung kann ich ihn anschauen und wie erwartet leuchten seine Augen. Sein oder wahrscheinlich mein Whiskeyglas stellt er auf den Tresen, was vermuten lässt, dass es wohl etwas länger dauern wird.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.