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Kitabı oku: «Bissula», sayfa 19

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Zwölftes Kapitel

Das Schiffslager war unter ganz besonderem Menschenverlust der Römer genommen worden. Einen Lagerwall und Graben hatte man in den wenigen Stunden nach der Ankunft nur der Form nach aufgeworfen, weil es einmal die alte gute Römerregel vorschrieb und weil Nannienus auf der Einhaltung bestand. Aber er selbst drückte ein Auge zu über der lässigen Ausführung. Sollte doch schon morgen bei Tagesanbruch dies Lager verlassen und dessen Mannschaft zur Besetzung des Idisenhanges und zum Marsch gegen die Barbaren verwendet werden. So war der Graben nur wenige Fuß tief ausgehoben, der Wall nur wenige Fuß aufgeschüttet worden: weitere Befestigungen unterblieben. Daher drangen die Alamannen sofort von allen Seiten in das von Schlaf und Wein zugedeckte Lager. Und der alte Herzog hatte ihnen einen Rat gegeben, den er aufgegriffen hatte aus den Liedern eines wandernden Sängers, der in des Gaugrafen Halle zur Harfe alte Vorzeitsgeschichten seines eigenen Stammes vorgetragen hatte. Der Mann war ein Bataver und hieß — in seltsamer Mischung! — Julius Claudius Civilis Chlodomer. Wandernd zog er von Stamm zu Stamm, soweit man nur irgend seine Mundart noch verstand, und sang und erzählte die alten Lieder und Sagen. Und so berichtete er denn auch, wie vor drei Jahrhunderten sein Volk, das wasservertraute, geführt von seinem Ahnherrn, der, obwohl Germane, die gleichen römischen Namen trug wie nun der Spätenkel, grimmig gegen das römische Joch gekämpft und manchen Sieg erfochten hatten, begeistert von Veleda, einer weissagenden Jungfrau der Brukterer.

Und er sang, wie sie einmal am Rheinstrom in mond- und sterneloser Nacht ein römisches Schiffslager überfielen: die Schiffe ankerten im Strom, am Ufer standen viele Zelte. Da durchschnitten die eingedrungenen Bataver vor allem die Haltseile, die, um die Pfosten geschlungen, die Zelte aufspannten: von ihren eigenen auf die Häupter der Schläfer niederstürzenden Zelten begraben, verwickelt und gefangen, wurden die Wehrlosen leicht überwältigt:

»Wie Fische gefangen

In nächtlichen Netzen

Sie zappelten zeternd in ihren Zelten.«

Diese Siegstäbe des Batavers hatte sich der alte Herzog scharf eingeprägt: — das hatte ihm am besten gefallen an der ganzen Dichtung, — und nun wandte er an, was er gelernt hatte.

Die Überfallenen wurden erst geweckt durch die über ihnen zusammenbrechenden Zelte, durch Flammenschein von allen Seiten und — dann erst — durch das Siegesgeschrei der Germanen. Ohne Widerstand stoben sie auseinander, sahen auch die Schiffe, die nächste Zuflucht, brennen, wollten nun zu dem Kugellager emporeilen, sahen aber auch da oben Feuergarben aufsteigen und flohen nun, planlos, ziellos, links und rechts am Seeufer hin, wenig verfolgt von den Siegern, die sich vielmehr vor allem der römischen Kleinschiffe bemächtigten und in diesen ihren Waffenbrüdern beistanden, die stolzen Biremen zu entern. Jene römischen Kleinschiffe faßten immerhin mehr Mannschaft und waren viel hochbordiger, zum Erklettern der Wandungen der gewaltigen Kriegsschiffe viel mehr geeignet, als die kleinen, niedrigen Fischerkähne — fast lauter Einbäume — der Alamannen. So kam es, daß alsbald gar mancher germanische Nachen, völlig leer, an das Ufer trieb, dessen Bemannung in römischen Kleinschiffen die römischen Großschiffe verfolgte oder bereits geentert hatte. —

Als Decius mit seinem kleinen Häuflein von Illyriern und Batavern, die er um den verwundeten Feldherrn und um Ausonius zusammengehalten hatte, das brennende Schiffslager erreichte, erkannte sogar Saturninus, die in vollen Flammen stehenden Biremen vor Augen, — widerwillig genug, — daß auch hier alles verloren und an Fortsetzung des Kampfes nicht zu denken war. Er willigte zögernd ein, jetzt nur mehr an rettende Flucht zu denken. Rignomer zuerst, der schon im Seethor sich dem Feldherrn angeschlossen hatte, entdeckte, am Ufer hin- und herspähend, mehrere verlassene, in der Nähe treibende Kähne der Alamannen. Er sprang ins Wasser, erreichte, watend und schwimmend, den ersten, stieg hinein, fand die Ruder uneingezogen in den Weidenwieden steckend, ergriff sie, ruderte auf die nächsten drei leeren Kähne los, knüpfte sie mit den am Gransen in das Steueröhr geschlungenen Stricken aneinander und brachte rasch sein kleines Geschwader so nah an das Land, daß in den größten Kahn der verwundete Feldherr gehoben und das ganze Häuflein der Flüchtigen — zu je fünf oder sechs — in die drei andern Nachen aufgenommen werden konnte. Auf seinen Rat legten sie alle die weithin kenntlichen, hochragenden Römerhelme und auch die glänzenden Römerpanzer ab. Sie trennten sich auf seinen Vorschlag — dem segelkundigen Bataver folgte auch Decius gern, — um die Augen der Feinde nicht so leicht auf sich zu ziehen: so hoffte man unvermerkt, vereinzelt, das Südufer — Arbor — zu gewinnen.—

Als Hariowald mit den Seinen an das Ufer herab gelangte, fand er nur mehr die Aufgabe vor, rasch alle erreichbaren römischen wie germanischen Schiffe, die etwa unbenutzt am Ufer lagen, mit seinen Männern zu besetzen und die Verfolgung der Kriegsschiffe über den See hin fortzusetzen. Er sprang in einen römischen Transportnachen und ließ sich an das Feldherrnschiff des Nannienus rudern, dessen Brand die Enterer nach Bewältigung der Besatzung gelöscht hatten. Ein Mann warf ihm von dem hohen Bord eine Strickleiter in den Nachen und reichte ihm die Hand, ihm an Bord zu helfen. Es war nun Morgendämmerung: der Herzog erkannte Fiskulf, den Fischer. Erstaunt sprach der Alte: »Wie? Hat dich Wodan wirklich gerettet! Dann ist er noch mächtiger — und noch gütiger! — als ich geahnt.« »Muß wohl sein,« lachte der andere vergnügt. »Ich war der erste hier oben, warf den ersten Brand in das Hauptsegel und schwang den Walenfürsten steuerbord-über, wie einen Seelachs aus dem Eisloch. Das schöne Schiff aber habe ich dann retten, löschen lassen. Ich dachte: nehmen ist doch noch besser als verbrennen. Hab‘ ich mein Wort erfüllt?« — »Übertroffen. — Und du bliebst unversehrt?« — »Nicht ganz: ein Ohr trag‘ ich fortan zu wenig. Das muß man sagen: — scharf schleifen sie ihre Kurzschwerter, diese Walen, und kräftig hauen sie! Schau‘ her: nicht die Mutter, die mich geboren mit zwei Ohren, sollte glauben, daß hier je ein Ohr aus dem Haare gelugt: so glatt und haarscharf hat er mir‘s abgehauen.« Der Herzog gab ihm die Hand: »Du trittst in meine Gefolgschaft, Fiskulf! Du hast jetzt gelernt, auf mich zu hören und mir zu gehorchen!« — »Ja, Herr, auch mit einem Ohr! Vermiss‘ ich künftig das zweite, werd‘ ich mir immer sagen, weshalb ich‘s eingebüßt.« — »Und wie der Hohe dir das ihm verwirkte Leben geschenkt: — vergiß das nie! — Jetzt aber wollen wir die Walen mit ihrem eigenen Prachtschiff über den See nach Arbor jagen! Zieht alle Segel auf!« — »Herr, woher nehmen? Sind alle verbrannt.« — »So spannt eure Mäntel als Segel auf: der Wunschwind hilft sie blähen: ein frischer Westnordwest springt ein um Sonnenaufgang. Seht ihr, wie sich bereits die Wellen kräuseln? Da bricht der erste Strahl des Morgenrots aus dem Gewölk! Hurtig, ihr Männer, faßt die römischen Ruder, — die Morgensonne muß uns auf dem Südufer grüßen! Ha, seht ihr, dort drüben? In Arbor steigen mächtig Rauch und Flammen auf! Unsere Ostleute, die Hermunduren und die — jetzt freien! — Stammgenossen, bisher unterm Joch der Fremden, haben Wort gehalten! Auf! Hinüber nach Arbor, den dritten Sieg der einen Nacht zu feiern!« Er selbst ergriff das Steuer, und majestätisch rauschte das stolze Admiralschiff der Römer, den Hintergransen der Nordküste zukehrend, nun von den Siegern gerudert, über den See.

Die Mäntel, braun, blau, gelb, rot, blähten sich in einer frisch blasenden Nordwestbrise: und sausend schoß das gut gebaute Schiff durch die Flut, die schon unter dem hellen Morgendämmer, den heitern Himmel wiederstrahlend, ihr wunderschönes Blau gewann. Vor dem mächtigen Bug brachen sich weißschaumig die Wellen und spritzten hoch den Gischt empor: und leichte rosige Wölklein spiegelten sich, von Osten her, in der Flut. —

Vom dunkeln Mantel umwallt, vom weißen Haar umflattert, vom weißglänzenden Helme gekrönt, hob sich prachtvoll vom Himmel ab die hohe Gestalt, die unbeweglich am Steuer saß, den Speer über die Schulter gelehnt. So verschwand allmählich Schiff und Steuermann den Augen, die ihm vom Nordufer nachspähten.

Auch Rignomer sah ihn, hinter seinem Segel versteckt, vorlugend und erkannte ihn genau. »Sie können mich schelten, soviel sie wollen!« brummte er. »Wo ist Brinno geblieben, der ihm trotzen wollte? — Sie können sagen, was sie wollen! Ob auch in Menschengestalt — er ist es doch!«

Dreizehntes Kapitel

Aber der Bataver ward aus seinen mythologischen Studien jäh aufgeschreckt. Er hörte von Osten her den germanischen Ruf: »Römer! Römer! Drauf los!« und sah einen Kahn voll Alamannen wenden und auf sie zuhalten, »Rasch! Auseinander! Nach allen Seiten!« gebot er. Und die Kähne der Flüchtigen stoben auseinander. Zwei verlor er bald aus dem Gesicht. Auf sie lenkte sich die Verfolgung, die Germanen jagten sie in den Weitsee hinaus — nach Süden. Er selbst steuerte und ruderte zugleich, von mehreren Soldaten unterstützt, ganz dicht am Lande hin nach Westen, wo er eine kleine Strecke hohen Schilfs glücklich erreichte.

Er barg den Nachen darin: bald stieß der zweite Kahn, der Decius trug, zu ihm. In diesem Schilfversteck nun gewahrte Ausonius, auf des Saturninus Befehl nach dem Ufer ausspähend, ob nicht noch versprengte Römer aufzunehmen seien, die im Morgendämmer nun deutlich sichtbare Gestalt eines Mädchens in hellglänzendem, weißem Gewand, das in raschester Flucht gerade auf die beiden Kähne zueilte: schon glaubte er, Bissula zu erkennen: da schlug vollends ihre wohlbekannte Stimme an sein Ohr, — ihr Ruf: »Adalo, Alamannen, helft Bissula!« er sah auch einen Reiter, der sie wütend den Hügel herab verfolgte. Er befahl, rasch ans Ufer zu fahren. Prosper, auch Rignomer zögerten. »Herr,« warnte dieser, »sie morden alles!« — »Gleichviel! Bissula! Es gilt Bissula!« Da gehorchte Rignomer sofort, — er hatte hinter seinem Segel die Kleine nicht sehen und hören können — drehte das Steuer und blitzschnell schoß der Kahn gegen das Ufer.

Rignomer trieb nun die Soldaten an, aus allen Kräften zu rudern — auch die übrigen im Kahn erkannten jetzt die Fliehende — und so kamen die Retter gerade noch recht, die Sinkende aufzunehmen.

Lange, lange lag sie, nach voller Erschöpfung der Kräfte, ohnmächtig am Boden des Kahnes. Rignomer hatte ein Fischernetz, das er unter dem Gransen gefunden, zusammengeballt und ihr als Kopfkissen untergeschoben. Ausonius lehnte, auf der Ruderbank sitzend, das schöne Köpfchen gegen seine Kniee: besorgt blickte er auf sie herab. Rignomer rieb ihr die erstarrten Hände.

Die beiden Kähne verließen inzwischen das Schilfversteck, ruderten zunächst gerade südlich in den See hinaus und wollten sich dann in weitem Bogen, die Verfolgung umgehend, östlich nach Arbor wenden.

Aber sie kamen nicht weit. »Was hast du beschlossen, Feldherr?« fragte Decius, aus dem dicht daneben rudernden Kahn herüber rufend. »Rache!« antwortete Saturninus grimmig. »Rache für diese unerhörte Schmach! Sobald ich Arbor erreicht habe, flehe ich den Kaiser an, wenn jemals Saturninus sich um das Reich verdient gemacht hat, mir drei Legionen zu geben. Sie sollen diese Nacht entgelten, die Barbaren!« »Haltet an,« gebot da Rignomer. »Schon lange sehe ich ein Schiff — ein römisch Schiff — gegen uns anfahren.« »Wo? Woher?« fragte Decius. »Es birgt am Ende auch Barbaren!« — »Nein, nein! Es kommt ja von Südwest! — Seht dort, von Constantia her!« »Ja,« rief nun Decius. »Das ist des Kaisers schnellstes Eilschiff! Ich erkenn‘ es — es führt die große Purpurflagge: — also trägt es den Kaiser selbst ... —« »Oder einen vom Kaiser entsandten Magister militum,« bemerkte Saturninus. Die beiden Kähne machten Halt: das rasche Schiff brauste heran.

Es mochte zuerst Barbaren in den Kähnen vermutet haben: aber bald entdeckte die Besatzung die römischen Freunde: es erreichte nun die Flüchtigen.

Da stand an Bord des Eilschiffes neben einem reichgerüsteten Feldherrn: — Nannienus. »Oh Freund,« rief Saturninus, das Haupt erhebend, »daß wir uns also wiedersehen! — Und du, Andragathes, was bringst du? Hoffentlich Hilfe, Verstärkungen! Wir sind geschlagen: — Heer und Schiffe verloren!« Und er stöhnte. »Ich weiß es, mein Saturninus!« antwortete der Gesandte des Kaisers. »Nannienus hier, den ich auf dem See, in einem Barbarenkahne fliehend, aufnahm, hat mir alles erzählt, was er selbst erlebt, — was er über dich fürchtete! Ach, was ist diese kleine Schlappe, — was sind diese zwei oder drei tausend Mann gegen den furchtbaren Schlag, der uns getroffen!« »Was ist geschehen?« fragten die römischen Führer erschrocken. »Ein zweites Cannae! sagt Gratian.« — »Oh welches Wort!« — »Kaiser Valens und sein ganzes Heer ist erschlagen! — Erschlagen von den Goten bei Adrianopel: vierzigtausend Römer liegen tot auf ihren Schilden, dreißigtausend sind gefangen. Der Kaiser Valens verbrannte, verwundet, auf der Flucht, in einem erstürmten Bauernhause! — Alle Ostprovinzen sind überflutet von den Goten, — selbst Constantinupolis, es ist bedroht! Gratian hat dich, Saturninus, zum Oberfeldherrn für das gesamte zitternde, verwaiste Ostreich ernannt. Er befiehlt dir, augenblicks zu ihm nach Vindonissa zu eilen, von da sein ganzes Heer sofort gegen die Goten an die Donau zu führen: — du bist seine, bist des Reiches letzte Hoffnung. ›Nur Saturninus kann noch retten!‹ das gebot er, dir zu sagen,« »Und dieser Saturninus ist ein Stümper,« klagte der Illyrier, »und dazu ein wunder Mann. Von suebischen Räubern überfallen und schimpflich geschlagen, — aufs Haupt geschlagen in jedem Sinne!« lachte er grimmig. »Ah,« fiel Nannienus schmerzlich ein, »das ist gar nichts gegen mein Geschick! — Eine kaiserliche Flotte — unter meinem Befehl! — genommen und verbrannt von elenden Kähnen für den Weißfischfang!« »Oh,« fuhr Saturninus fort, »und nun nicht einmal mich rächen und meine Feldherrnehre an diesen Nachtbrennern! — Aber das Reich: — des Kaisers Befehl, — das geht allem vor! — Ich gehorche! — Auf, wendet das Steuer! — Wir fahren nach Constantia. Von da nach Bindonissa! — Folge sofort, Ausonius. Hörst du nicht?« »Sogleich,« erwiderte dieser. — »Sie schlägt die Augen auf.«

Vierzehntes Kapitel

Der Schnellsegler des Kaisers schickte sich an, den Kahn des Saturninus in das Schlepptau zu nehmen. Dies schien das Schonendste für den Verwundeten, den man nicht auf das hochbordige Schiff heben mochte. Mit dieser Arbeit beschäftigt, achteten die übrigen Römer in den beiden Kähnen nicht auf die Kleine, die sich nun aufrichtete. »Ausonius!« sprach sie matt, — auf ihn fiel auch jetzt ihr erster Blick. — »Wieder von dir — gefangen.« — »Gerettet von mir, — von uns Römern,« sprach er, strenger, als er, zumal mit ihr, zu reden pflegte.

Denn seltsame Wandlungen hatten sich in dem Beweglichen vollzogen. Noch war er nicht darüber klar, wie alles in seiner Brust, — wie alles zwischen ihm und ihr enden solle. »Zwar nicht meinen Namen, nicht uns hast du zu Hilfe gerufen! — Einen ganz andern Retter trugst du im Sinn! Aber gerettet haben dich nicht Alamannen, sondern wir: — wir Römer.« — »Vor deinem eigenen Neffen, — nur er verfolgte mich!« wandte sie heftig ein. Schaudernd erwiderte der Präfekt: »Ihn hat die Strafe ereilt! — Laß diesen Gedanken! — Ich habe dich gerettet: ich zuerst habe dich erkannt und habe, Freiheit und Leben wagend, — denn deine wölfischen Stammgenossen sind ja wilde Tiere und Mörder — befohlen, den Kahn zu wenden, nur um dich zu retten. — Also: Leben gegen Leben! Darin sind wir ausgeglichen. — Aber,« fuhr er ernst und feierlich und wohlmeinend fort, jedoch mit einem strengen und seltsamen, wie prüfenden Ton, — »aber wir haben doch noch nicht abgeschlossen miteinander, Kleine. Du hast mir weh, sehr weh gethan mit deinem wilden, rauhen, kindischen Nein! — Fast so weh, wie der Giftplan des — Verstorbenen! Der furchtbare Todesernst dieser Nacht hat mich erst gelehrt, wie lieb ich dich habe: immer hab‘ ich an dich gedacht, an dein Geschick, an deine Rettung! Mich selbst rief der Dienst: aber ich schickte dir meinen Treuesten ... —« »Um meine Befreiung zu hindern!« — »Dich zu schützen, Undankbare! Als ich unter den Geschossen der Barbaren vom Wagen stürzte und zu sterben glaubte im nächsten Augenblick: auch da hab‘ ich nur dein! dein gedacht! Ich hab‘s erprobt in furchtbarster Probe: meine Liebe zu dir ist echt, ist keine Laune! Nur mit meinem Leben wird sie enden. — Und so — noch einmal — nicht als Lohn für deine rettende That — die hab‘ ich dir heimgezahlt! — nicht als Gnade oder Geschenk — wenn dich dieses Wort verletzt hat! — Noch einmal, zum letztenmal im Leben — und bedenk‘ es wohl, niemals geb‘ ich dich frei: — — noch einmal frag‘ ich dich: willst du meine Dienerin sein oder meine Gemahlin? Ich bitte dich, — hörst du es? — ich, Ausonius, ich bitte dich: werde mein Weib!« — »Nie! Niemals!« rief das Mädchen und sprang vom Boden auf. »Vermessene!« erwiderte der Verschmähte, gekränkt und bitter gereizt: »Du vergißt, — du bist abermals meine Gefangene — abermals in meiner Gewalt.« Ein stummer Blick Bissulas in die Wogen des hier sehr tiefen Sees war die einzige Antwort. »Aber,« fuhr Ausonius, ohne die Bedeutung dieses Blickes zu verstehen, fort: »Ich kenne ihn jetzt, den Grund dieser trotzigen, sinnlosen Weigerung! — Du hast mich getäuscht, da du sagtest, du habest keinen Geliebten.« »Ich habe keinen, der mich liebt,« sagte sie mit bitterstem Weh: Thränen füllten ihre Augen, während sie starr vor sich hinsah. »Du lügst!« rief Ausonius. »Jener Adalo!« Bissula zuckte zusammen. »Wahnsinnig muß er dich lieben!« Bissula horchte hochauf: — staunend sah sie ihn an: glühende Scham und seliger Schreck zugleich erfüllten sie. Aber er fuhr fort: »Hätte er sonst, ein freier Fürst der Alamannen, mir und Saturninus feierlich das Angebot gethan: ›Laßt ihr die Jungfrau ungeschädigt frei, so stellt sich Adalo als Gefangener‹. — Weißt du, was das heißt? Fürs Leben, als Sklave!« — »Das hat er — er — gethan? Für mich?« Und stürmischer Jubel brach aus ihren Augen, aus ihrer Seele. Ausonius sah schweigend in ihr Antlitz. Dann sprach er: »Wie er dich liebt, — zeigt dieses Angebot. — Wie du ihn liebst — verrät dein glückstrahlend Auge! — Aber,« fuhr er prüfend, langsam fort, — »wisse — er trennt uns nicht mehr! — Du kannst die Meine werden, ohne ihm die Treue zu brechen. Denn ... —« er faßte ihre Hand — — »Was ist? Was ist mit ihm? Rede!« — »Er ist tot.« — »Ah!« schrie Bissula auf. Und ehe Ausonius sie hindern konnte, hatte sie sich losgerissen aus seiner Hand, war auf das Ruderbrett des Kahns gesprungen und mit stummem Weh die Hände über dem Haupt zusammenschlagend, warf sie sich nach vorn. Aber ein starker Arm fing sie auf: — es war Rignomer. »Halt, heißherzig Kind!« rief er, wohlmeinend. Jedoch wütend rang die Kleine gegen ihn an, — sie wollte hinab in den tiefen See: — bedenklich schwankte der schmale Kahn.

»Beruhige dich,« sprach da Ausonius, ernst und traurig. »Er lebt!« »Oh wie grausam konntest du spielen!« klagte das Mädchen, das der Bataver nun sanft auf die Ruderbank gleiten ließ: sie schluchzte in hellen Thränen, — aber es waren Thränen der Freude. »Kein Spiel, — nur eine Probe war‘s! Also — mit Schmerzen seh‘ ich‘s — also wirklich so herzgrundtief liebst du den blonden Knaben? — Auch wenn er gefallen, wolltest du lieber ihm in den Tod folgen, denn mir als Gemahlin — in Glanz und in Glück? — Oh Bissula: das ist hart!« — »Vater — Väterlein — zürne nicht! Ich kann nicht anders. — Ist es aber auch gewiß — er lebt?« — »Ja — du kannst nicht anders! Das ist es! Ich seh‘ es jetzt! — Getrost. — Er lebt! Ich sah ihn, fortgetragen von den Seinen. Saturninus und er tauschten Stoß und Hieb.« »Ja! Und,« warf der Tribun gutmütig ein — »sei ruhig, Kleine: — sein Hieb war wahrlich nicht schlechter als mein Stoß: — ich lebe noch: so wird er auch noch leben.« »Oh Ausonius!« flehte Bissula, bittend beide Hände erhebend. Doch er ließ sie nicht ausreden. Er strich sich mit der Hand nur einmal über die Augen. »Es ist vorbei! — Diese Stunde hat mich zum Greise gemacht!« sagte er unhörbar zu sich selbst. Dann fragte er: »Wo willst du ausgesetzt sein, — vor Suomars Waldhütte?« — »Dank, heißen Dank! Aber nicht dort, sondern links von hier: da unter den Weiden, — wo auf der Höhe ein Edelhof ragt.« »Der seine!« rief Ausonius. »Den du ihm erhalten hast!« ergänzte Saturninus. »Alles sehr schön und edel, beinahe rührend!« fuhr der Tribun fort, der ganz hart bleiben wollte, aber doch der Kleinen, in deren Augen nun Freudeglanz und feuchte Tropfen zugleich wie Maienregen lagen, freundlich über die Hand strich. »Allein den Präfectus Prätorio von Gallien lass ich nicht mehr an jenes Ufer voller Mordwölfe zurückkehren. — Nein, — keinenfalls! — Auch keinen römischen Krieger wag‘ ich mehr. Wer schafft sie ans Land?« — »Ich mich selbst — allein!« rief die Eifrige. »Daß dich auf dem Wege nach dem Edelhof wieder ein römischer Mordwolf verfolgt: die sind ärger!« rief da die Stimme eines Unsichtbaren auf germanisch. »Nein, großer Tribun,« schloß der Satz auf lateinisch, »ich werde das Kind zu seinen Freunden bringen.«

Und Rignomer trat nun wieder hinter dem Segel hervor, das ihn verdeckt hatte, — ganz verändert sah er aus: den Römerhelm hatte er schon längst abgelegt: nun hatte er auch den Panzer abgeschnallt und einen braunen alamannischen Mantel umgeworfen, den er im Kahn gefunden: statt der römischen Waffen trug er auf der Schulter eine lange eisengespitzte Stange, mit der man die Kähne schob und fortstieß, so lange man Grund fand. —

»Du?« fragte Saturninus. — »Auch du bist des Todes, greifen sie dich, — einen Krieger in römischem Dienst!« — »Verzeihung, das bin ich nicht mehr. Schon um Mitternacht lief meine Dienstzeit — das letzte der langen sieben Jahre, aus: was ich von da ab noch gethan —« »Es war danach,« grollte Saturninus. »Geschah freiwillig. Ich erneue den Dienstantrag nicht! Nein! Nein! Genug — mehr als genug — hab‘ ich davon! Der Kaiser schuldet mir noch den Sold für den letzten Monat: — ich lass‘ ihn fahren! Ich gehe heim zu meiner Mutter an die Yssala. Aber vorher bring‘ ich dies verlaufene Kind nach Hause,« Damit faßte er ihre Hand: »Spring‘ über! — Kleine: sieh, der andere Kahn ist leer: sie sind alle auf das Eilschiff hinaufgeklettert — spring‘ über! — Fröhlich! Es geht nach Hause!« »Es sei!« — sprach Ausonius ohne Groll, aber ernst: »Leb‘ wohl, Bissula! Wir scheiden: — auf niemals wiedersehn!« Er wandte sich ab.

Da warf sich das Kind an seine Brust und küßte ihm unter strömenden Thränen die edle Stirn: — so schön war sein Antlitz nie gewesen: »Ausonius! Leb‘ wohl!« Gleich darauf sprang sie in den zweiten Kahn, in welchem Rignomer bereits stand und sie auffing. Noch einmal wandte sie sich gegen den andern Nachen, der nun, mit einem Tau an dem Hinterbug des Eilschiffes befestigt, diesem zu folgen begann, wie es, von vielen Rudern bewegt, gen Südwesten zu brausen anhob.

»Vater Ausonius: — Dank!« rief sie.

Aber er hörte es nicht.

Er hatte das graue Haupt fest an die Maststange gepreßt, angewandt von der davongleitenden jungen Freundin: er weinte bitterlich. —

Rasch flog das Eilschiff, den Kahn nachschleppend, davon.

Kraftvoll holte der Bataver am Ruder aus: — schnell näherte sich der leichte Nachen dem Ufer. Das Mädchen sah nicht mehr dem verschwindenden Römerschiffe nach. Mit klopfendem Herzen sprang sie vor, an die Spitze des Kahns. An diesem ragte von dem Schiffsschnabel Adalos stolze Hausmarke: das sechzehnendige Geweih — sie konnte sich nicht enthalten, es zärtlich mit der Hand zu streicheln. —

Aber gleich darauf wandte sie sich, lachte hell auf, schlug freudig in die Hände, daß es patschte, und rief: »Nun, Rignomer, sollst du mal sehen, was Ruderziehen heißt. — Das geht mir viel zu langsam!«

Sie hob zwei Ruder von dem Boden des Kahns, steckte sie geschickt in die Weidenwieden, ergriff sie mit beiden Händen und ruderte nun stehend, das Gesicht dem Lande zugewendet, mit einer Kraft und einer geübten Regelmäßigkeit, daß Rignomer staunend ausrief: »Bei Freias Augen, Mädel, du könntest jeden Tag Bootsjung‘ auf der Yssala werden! — Das kannst du auch? — Schade, daß du nicht mit mir zu meiner Mutter gehst!« Sausend schoß der Kahn ans Land, in den Ufersumpf. Mit hohem Satz, bevor Rignomer ihr helfen konnte, war sie draußen.

Scharf auf den Edelhof hatte der sichere Steuermann gehalten: so sahen sie nun den stattlichen Holzbau gerade über sich auf der Anhöhe ragen. »Ah, Dank sei Donar,« jubelte die Kleine. »Er hat sein Lieblingstier gerettet: — wie die Bärin mich.« — »Was? Was suchst du im Schlamm?« — »Schau — Bärenspuren — ganz frische! Sie ist nicht ertrunken! Sieh, da von rechts her, am Ufer entlang ist sie gelaufen, auf dem alten Pfad, wo Sippilo und ich immer zum Fischen gingen.«

»Wer ist Sippilo?« fragte der Bataver. »Noch ein Adalo?« — »Ach was! Ein Kind! — Und sieh nur: von hier ab geht die Spur gerade auf zum Edelhof! — Komm doch! — Nicht gehen! Springen! Hügelan hupfen!« »Nein, Kleine,« sagte der Begleiter ernsthaft. »Hupfe du, — ich hupfe nicht mit. — Den Weg scheinst du ja zu kennen: recht gut zu kennen! — Weit und breit ist kein Mordmensch zu sehen. — Du kommst auch ohne mich wohlbehalten in den Hof. — Aha, da ragt auch ein mächtig Hirschgeweih vom First. — Also deshalb deine Freude über das Schiffszeichen! — Nun, leb‘ wohl, Kleine! — Das Wiedersehen, das heißt das deinige mit Adalo und all‘ den andern Hirschen: — das schenk‘ ich mir!« — »Sie würden dir danken für soviel, das du mir gethan!« — »Dank‘ für den Dank! Hab‘s nicht für die gethan.« — »Wohin?« »Nach Hause. Nach Nord und West. Nein! Sorge nicht um mich. Ich komme schon durch. Hier auf der Brust, Kleine, trag‘ ich den Sold und den Beutewert von fast sieben Jahren! Und auf der Schulter diese Stoßstange, — mit beiden zusammen kommt man weit. — Leb‘ wohl! — Und,« — flüsterte er ihr leise ins Ohr, — »folg‘ meinem Wort: verdirb es niemals mit dem, der sich euren Herzog nennt, — denn das ist: — Er!«

Damit strich er ihr mit plumper Zärtlichkeit über das Haar und das hold gerundete Haupt, und sprang nach Westen hin den See entlang. Noch einmal blieb er stehen, nach ihr umzuschauen: — er wollte ihr nochmal winken.

Aber sie sah ihn nicht.

Sie lief — mit glühenden Wangen — hügelaufwärts.

Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
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Telif hakkı:
Public Domain
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