Kitabı oku: «Das Wesen des Christentums », sayfa 5

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Wenn es nun aber ausgemacht ist, daß, was das Subjekt oder Wesen ist, lediglich in den Bestimmungen desselben liegt, d.h., daß das Prädikat das wahre Subjekt ist, so ist auch erwiesen, daß, wenn die göttlichen Prädikate Bestimmungen des menschlichen Wesens sind, auch das Subjekt derselben menschlichen Wesens ist. Die göttlichen Prädikate sind aber einerseits allgemeine, andererseits persönliche. Die allgemeinen sind die metaphysischen, aber diese dienen nur der Religion zum äußersten Anknüpfungspunkte oder zur Grundlage; sie sind nicht die charakteristi-schen Bestimmungen der Religion. Die persönlichen Prädikate allein sind es, welche das Wesen der Religion begründen, in welchen das göttliche Wesen der Religion Gegenstand ist. Solche Prädikate sind z.B., daß Gott Person, daß er der moralische Gesetzgeber, der Vater der Menschen, der Heilige, der Gerechte, der Gütige, der Barmherzige ist. Es erhellt nun aber sogleich von diesen und andern Bestimmungen oder wird wenigstens im Verlaufe erhellen, daß sie, namentlich als persönliche Bestimmungen, rein menschliche Bestimmungen sind, und daß sich folglich der Mensch in der Religion im Verhalten zu Gott zu seinem eignen Wesen verhält, denn der Religion sind diese Prädikate nicht Vorstellungen, nicht Bilder, die sich der Mensch von Gott macht, unterschieden von dem, was Gott an sich selbst ist, sondern Wahrheiten, Sachen, Realitäten. Die Religion weiß nichts von Anthropomorphismen: die Anthropomorphismen sind ihr keine Anthropomorphismen. Das Wesen der Religion ist gerade, daß ihr diese Bestimmungen das Wesen Gottes ausdrücken. Nur der über die Religion reflektierende, sie, indem er sie verteidigt, vor sich selbst verleugnende Verstand erklärt sie für Bilder. Aber der Religion ist Gott wirklicher Vater, wirkliche Liebe und Barmherzigkeit, denn er ist ihr ein wirkliches, ein lebendiges, persönliches Wesen, seine wahren Bestimmungen sind daher auch lebendige, persönliche Bestimmungen. Ja die entsprechenden Bestimmungen sind gerade die, welche dem Verstande den meisten Anstoß geben, welche er in der Reflexion über die Religion verleugnet. Die Religion ist subjektiv Affekt; notwendig ist ihr daher auch objektiv der Affekt göttlichen Wesens. Selbst der Zorn ist ihr kein Gottes unwürdiger Affekt, wofern nur diesem Zorne nichts Böses zugrunde liegt.

Es ist aber hier sogleich wesentlich zu bemerken – und diese Erscheinung ist eine höchst merkwürdige, das innerste Wesen der Religion charakterisierende –, daß, je menschlicher dem Wesen nach Gott ist, um so größer scheinbar der Unterschied zwischen ihm und dem Menschen ist, d.h. um so mehr von der Reflexion über die Religion, von der Theologie die Identität, die Einheit des göttlichen und menschlichen Wesens geleugnet, und das Menschliche, wie es als solches dem Menschen Gegenstand seines Bewußtseins ist, herabgesetzt wird. Der Grund hievon ist: weil das Positive, das Wesentliche in der Anschauung oder Bestimmung des göttlichen Wesens allein das Menschliche, so kann die Anschauung des Menschen, wie er Gegenstand des Bewußtseins ist, nur eine negative, menschenfeindliche sein. Um Gott zu bereichern, muß der Mensch arm werden; damit Gott alles sei, der Mensch nichts sein. Aber er braucht auch nichts für sich selbst zu sein, weil alles, was er sich nimmt, in Gott nicht verloren geht, sondern erhalten wird. Der Mensch hat sein Wesen in Gott, wie sollte er es also in sich und für sich haben? Warum wäre es notwendig, dasselbe zweimal zu setzen, zweimal zu haben? Was der Mensch sich entzieht, was er an sich selbst entbehrt, genießt er ja nur in um so unvergleichlich höherem und reicherem Maße in Gott.

Die Mönche gelobten die Keuschheit dem göttlichen Wesen, sie unterdrückten die Geschlechterliebe an sich, aber dafür hatten sie im Himmel, in Gott, an der Jungfrau Maria das Bild des Weibes – ein Bild der Liebe. Sie konnten um so mehr des wirklichen Weibes entbehren, je mehr ihnen ein ideales, vorgestelltes Weib ein Gegenstand wirklicher Liebe war. Je größere Bedeutung sie auf die Vernichtung der Sinnlichkeit legten, je größere Bedeutung hatte für sie die himmlische Jungfrau: sie trat ihnen selbst an die Stelle Christi, an die Stelle Gottes. Je mehr das Sinnliche verneint wird, desto sinnlicher ist der Gott, dem das Sinnliche geopfert wird. Was man nämlich der Gottheit opfert – darauf legt man einen besondern Wert, daran hat Gott ein besonderes Wohlgefallen. Was im Sinne des Menschen, das ist natürlich auch im Sinne seines Gottes das Höchste; was überhaupt dem Menschen gefällt, das gefällt auch Gott. Die Hebräer opferten dem Jehova nicht unreine, ekelhafte Tiere, sondern die Tiere, die für sie den höchsten Wert hatten, die sie selbst aßen, waren auch die Speise Gottes. Cibus Dei. 3. Mose 3, 11.Wo man daher aus der Verneinung der Sinnlichkeit ein besonderes Wesen, ein gottwohlgefälliges Opfer macht, da wird gerade auf die Sinnlichkeit der höchste Wert gelegt und die aufgegebne Sinnlichkeit unwillkürlich dadurch wiederhergestellt, daß Gott an die Stelle des sinnlichen Wesens tritt, welches man aufgegeben. Die Nonne vermählt sich mit Gott; sie hat einen himmlischen Bräutigam, der Mönch eine himmlische Braut. Aber die himmlische Jungfrau ist nur eine sinnfällige Erscheinung einer allgemeinen, das Wesen der Religion betreffenden Wahrheit. Der Mensch bejaht in Gott, was er an sich selbst verneint. Die Religion abstrahiert vom Menschen, von der Welt, aber sie kann nur abstrahieren von den, sei es nun wirklichen oder vermeintlichen Mängeln und Schranken, von dem Nichtigen, nicht von dem Wesen, dem Positiven der Welt und Menschheit, sie muß daher in die Abstraktion und Negation das, wovon sie abstrahiert oder zu abstrahieren glaubt, wieder aufnehmen.

Und so setzt denn auch wirklich die Religion alles, was sie mit Bewußtsein verneint – vorausgesetzt natürlich, daß dieses von ihr Verneinte etwas an sich Wesenhaftes, Wahres, folglich nicht zu Verneinendes ist –, unbewußt wieder in Gott. So verneint der Mensch in der Religion seine Vernunft: er weiß nichts aus sich von Gott, seine Gedanken sind nur weltlich, irdisch: er kann nur glauben, was Gott ihm geoffenbart. Aber dafür sind die Gedanken Gottes menschliche, irdische Gedanken; er hat Plane, wie der Mensch, im Kopf; er bequemt sich nach den Umständen und Verstandeskräften der Menschen wie ein Lehrer nach der Fassungskraft seiner Schüler; er berechnet genau den Effekt seiner Gaben und Offenbarungen; er beobachtet den Menschen in all seinem Tun und Treiben; er weiß alles – auch das Irdischste, das Gemeinste, das Schlechteste. Kurz, der Mensch verneint Gott gegenüber sein Wissen, sein Denken, um in Gott sein Wissen, sein Denken zu setzen. Der Mensch gibt seine Person auf, aber dafür ist ihm Gott, das allmächtige, unbeschränkte Wesen ein persönliches Wesen; er verneint die menschliche Ehre, das menschliche Ich, aber dafür ist ihm Gott ein selbstisches, egoistisches Wesen, das in allem nur sich, nur seine Ehre, seinen Nutzen sucht, Gott eben die Selbstbefriedigung der eignen, gegen alles andere mißgünstigen Selbstischkeit, Gott der Selbstgenuß des Egoismus. Die Religion verneint ferner das Gute als eine Beschaffenheit des menschlichen Wesens: der Mensch ist schlecht, verdorben, unfähig zum Guten, aber dafür ist Gott nur gut, Gott das gute Wesen. Es wird die wesentliche Forderung gemacht, daß das Gute als Gott dem Menschen Gegenstand sei; aber wird denn dadurch nicht das Gute als eine wesentliche Bestimmung des Menschen ausgesprochen? Wenn ich absolut, d. h. von Natur, von Wesen böse, unheilig bin, wie kann das Heilige, das Gute mir Gegenstand sein? gleichgültig ob dieser Gegenstand von außen oder von innen mir gegeben ist. Wenn mein Herz böse, mein Verstand verdorben ist, wie kann ich was heilig, als heilig, was gut, als gut wahrnehmen und empfinden? Wie kann ich ein schönes Gemälde als schönes wahrnehmen, wenn meine Seele eine ästhetische Schlechtigkeit ist? Wenn ich auch selbst kein Maler bin, nicht die Kraft habe, aus mir selbst Schönes zu produzieren, so habe ich doch ästhetisches Gefühl, ästhetischen Verstand, indem ich Schönes außer mir wahrnehme. Entweder ist das Gute gar nicht für den Menschen, oder ist es für ihn, so offenbaret sich hierin dem Menschen die Heiligkeit und Güte des menschlichen Wesens. Was schlechterdings meiner Natur zuwider ist, womit mich kein Band der Gemeinschaft verknüpft, das ist mir auch nicht denkbar, nicht empfindbar. Das Heilige ist mir nur als Gegensatz gegen meine Persönlichkeit, aber als Einheit mit meinem Wesen Gegenstand. Das Heilige ist der Vorwurf meiner Sündhaftigkeit; ich erkenne mich in ihm als Sünder, aber darin tadle ich mich, erkenne ich, was ich nicht bin, aber sein soll, und eben deswegen an sich, meiner Bestimmung nach, sein kann; denn ein Sollen ohne Können ist eine lächerliche Chimäre, ergreift nicht das Gemüt. Aber eben indem ich das Gute als meine Bestimmung, als mein Gesetz erkenne, erkenne ich, sei es nun bewußt oder unbewußt, dasselbe als mein eignes Wesen. Ein anderes, seiner Natur nach von mir unterschiednes Wesen geht mich nichts an. Die Sünde kann ich als Sünde nur empfinden, wenn ich sie als einen Widerspruch meiner mit mir selbst, d. h. meiner Persönlichkeit mit meiner Wesenheit empfinde. Als Widerspruch mit dem göttlichen, als einem andern Wesen gedacht, ist das Gefühl der Sünde unerklärlich, sinnlos.

Der Unterschied des Augustinianismus vom Pelagianismus besteht nur darin, daß jener in der Weise der Religion ausspricht, was dieser in der Weise des Rationalismus. Beide sagen dasselbe, beide eignen dem Menschen das Gute zu – der Pelagianismus aber direkt, auf rationalistische, moralische Weise, der Augustinianismus indirekt, auf mystische, d. i. religiöse Weise. Denn was dem Gott des Menschen gegeben wird, das wird in Wahrheit dem Menschen selbst gegeben; was der Mensch von Gott aussagt, das sagt er in Wahrheit von sich selbst aus. Der Augustinianismus wäre nur dann eine Wahrheit, und zwar eine dem Pelagianismus entgegengesetzte Wahrheit, wenn der Mensch den Teufel zu seinem Gotte hätte, den Teufel, und zwar mit dem Bewußtsein, daß er der Teufel ist, als sein höchstes Wesen verehrte und feierte. Aber solange der Mensch ein gutes Wesen als Gott verehrt, solange schaut er in Gott sein eignes gutes Wesen an.

Wie mit der Lehre von der Grundverdorbenheit des menschlichen Wesens, ist es mit der damit identischen Lehre, daß der Mensch nichts Gutes, d. h. in Wahrheit nichts aus sich selbst, aus eigner Kraft vermöge. Die Verneinung der menschlichen Kraft und Tätigkeit wäre nur dann eine wahre, wenn der Mensch auch in Gott die moralische Tätigkeit verneinte und sagte, wie der orientalische Nihilist oder Pantheist: das göttliche Wesen ist ein absolut willen- und tatloses, indifferentes, nichts vom Unterschied des Bösen und Guten wissendes Wesen. Aber wer Gott als ein tätiges Wesen bestimmt, und zwar als ein moralisch tätiges, moralisch kritisches Wesen, als ein Wesen, welches das Gute liebt, wirkt, belohnt, das Böse bestraft, verwirft, verdammt, wer Gott so bestimmt, der verneint nur scheinbar die menschliche Tätigkeit, in Wahrheit macht er sie zur höchsten, reellsten Tätigkeit. Wer Gott menschlich handeln läßt, der erklärt die menschliche Tätigkeit für eine göttliche; der sagt: ein Gott, der nicht tätig ist und zwar moralisch oder menschlich tätig, ist kein Gott, und macht daher vom Begriffe der Tätigkeit, respektive der menschlichen – denn eine höhere kennt er nicht – den Begriff der Gottheit abhängig.

Der Mensch – dies ist das Geheimnis der Religion vergegenständlicht , sein Wesen und macht dann wieder sich zum Gegenstand dieses vergegenständlichten, in ein Subjekt, eine Person verwandelten Wesens; er denkt sich, ist sich Gegenstand, aber als Gegenstand eines Gegenstands, eines andern Wesens. So hier. Der Mensch ist ein Gegenstand Gottes. Daß der Mensch gut oder schlecht, das ist Gott nicht gleichgültig; nein! er hat ein lebhaftes, inniges Interesse daran, daß er gut ist; er will, daß er gut, daß er selig sei – denn ohne Güte keine Seligkeit. Die Nichtigkeit der menschlichen Tätigkeit widerruft also der religiöse Mensch wieder dadurch, daß er seine Gesinnungen und Handlungen zu einem Gegenstande Gottes, den Menschen zum Zweck Gottes – denn was Gegenstand im Geiste, ist Zweck im Handeln –, die göttliche Tätigkeit zu einem Mittel des menschlichen Heils macht. Gott ist tätig, damit der Mensch gut und selig werde. So wird der Mensch, indem er scheinbar aufs tiefste erniedrigt wird, in Wahrheit aufs höchste erhoben. So bezweckt der Mensch nur sich selbst in und durch Gott. Allerdings bezweckt der Mensch Gott, aber Gott bezweckt nichts als das moralische und ewige Heil des Menschen, also bezweckt der Mensch nur sich selbst. Die göttliche Tätigkeit unterscheidet sich nicht von der menschlichen. Wie könnte auch die göttliche Tätigkeit auf mich als ihren Gegenstand, ja in mir selber wirken, wenn sie eine andere, eine wesentlich andere wäre, wie einen menschlichen Zweck haben, den Zweck, den Menschen zu bessern, zu beglücken, wenn sie nicht selbst eine menschliche wäre? Bestimmt der Zweck nicht die Handlung? Wenn der Mensch seine moralische Besserung sich zum Zwecke setzt, so hat er göttliche Entschlüsse, göttliche Vorsätze, wenn aber Gott des Menschen Heil bezweckt, so hat er menschliche Zwecke und diesen Zwecken entsprechende menschliche Tätigkeit. So ist dem Menschen in Gott nur seine eigene Tätigkeit Gegenstand. Aber eben weil er die eigne Tätigkeit nur als eine gegenständliche, von sich unterschiedne, das Gute nur als Gegenstand anschaut, so empfängt er notwendig auch den Impuls, den Antrieb nicht von sich selbst, sondern von diesem Gegenstand. Er schaut sein Wesen außer sich und dieses Wesen als das Gute an; es versteht sich also von selbst, es ist nur eine Tautologie, daß ihm der Impuls zum Guten auch nur daher kommt, wohin er das Gute verlegt. Gott ist das ab- und ausgesonderte subjektivste, eigenste Wesen des Menschen, also kann er nicht aus sich handeln, also kommt alles Gute aus Gott. Je subjektiver, je menschlicher Gott ist, desto mehr entäußert der Mensch sich seiner Subjektivität, seiner Menschheit, weil Gott an und für sich sein entäußertes Selbst ist, welches er aber doch zugleich sich wieder aneignet. Wie die arterielle Tätigkeit das Blut bis in die äußersten Extremitäten treibt, die Venentätigkeit es wieder zurückführt, wie das Leben überhaupt in einer fortwährenden Systole und Diastole besteht, so auch die Religion. In der religiösen Systole stößt der Mensch sein eignes Wesen von sich aus, er verstößt, verwirft sich selbst; in der religiösen Diastole nimmt er das verstoßne Wesen wieder in sein Herz auf. Gott nur ist das aus sich handelnde, aus sich tätige Wesen – dies ist der Akt der religiösen Repulsionskraft; Gott ist das in mir, mit mir, durch mich, auf mich, für mich handelnde Wesen, das Prinzip meines Heils, meiner guten Gesinnungen und Handlungen, folglich mein eignes gutes Prinzip und Wesen –, dies ist der Akt der religiösen Attraktionskraft.

Der oben im allgemeinen angegebene Entwicklungsgang der Religion besteht daher näher darin, daß der Mensch immer mehr Gott ab-, immer mehr sich zuspricht. Anfangs setzt der Mensch alles ohne Unterschied außer sich. Dies zeigt sich besonders in dem Offenbarungsglauben. Was einer spätern Zeit oder einem gebildeten Volk die Natur oder Vernunft, das gibt einer frühern Zeit oder einem noch ungebildeten Volke Gott ein. Alle auch noch so natürlichen Triebe des Menschen – sogar den Trieb zur Reinlichkeit stellten die Israeliten als ein positives göttliches Gebot vor. Aus diesem Beispiele sehen wir zugleich wieder, daß Gott gerade um so niedriger, um so gemein menschlicher ist, je mehr sich der Mensch abspricht. Wie kann die Demut, die Selbstverleugnung des Menschen weiter gehen, als wenn er sich sogar die Kraft und Fähigkeit abspricht, von selbst, aus eignem Antriebe die Gebote des gemeinsten Anstandes zu erfüllen! Die christliche Religion dagegen unterschied die Triebe und Affekte des Menschen nach ihrer Beschaffenheit, nach ihrem Inhalte; sie machte nur die guten Affekte, die guten Gesinnungen, die guten Gedanken zu Offenbarungen, zu Wirkungen, d. i. zu Gesinnungen, Affekten, Gedanken Gottes; denn was Gott offenbart, ist eine Bestimmung Gottes selbst; wes das Herz voll ist, des geht der Mund über, wie die Wirkung, so die Ursache, wie die Offenbarung, so das Wesen, das sich offenbart. Ein Gott, der nur in guten Gesinnungen sich offenbart, ist selbst ein Gott, dessen wesentliche Eigenschaft nur die moralische Güte ist. Die christliche Religion schied die innerliche moralische Reinheit von der äußerlichen körperlichen, die israelitische identifizierte beide. Die christliche Religion ist im Gegensatze zur israelitischen die Religion der Kritik und Freiheit. Der Israelit traute sich nichts zu tun, außer was von Gott befohlen war; er war willenlos selbst im Äußerlichen; selbst bis über die Speisen erstreckte sich die Macht der Religion. Die christliche Religion dagegen stellte in allen diesen äußerlichen Dingen den Menschen auf sich selbst, d. h. sie setzte in den Menschen, was der Israelite außer sich in Gott setzte. Die vollendetste Darstellung des Positivismus ist Israel. Dem Israeliten gegenüber ist der Christ ein Esprit fort, ein Freigeist. So ändern sich die Dinge. Was gestern noch Religion war, ist es heute nicht mehr, und was heute für Atheismus, gilt morgen für Religion.

Erster Teil: Das Wahre, d. i. anthropologische Wesen der Religion
Drittes Kapitel: Gott als Wesen des Verstandes

Die Religion ist die Entzweiung des Menschen mit sich selbst: er setzt sich Gott als ein ihm entgegengesetztes Wesen gegenüber. Gott ist nicht, was der Mensch ist – der Mensch nicht, was Gott ist. Gott ist das unendliche, der Mensch das endliche Wesen; Gott vollkommen, der Mensch unvollkommen; Gott ewig, der Mensch zeitlich; Gott allmächtig, der Mensch ohnmächtig; Gott heilig, der Mensch sündhaft. Gott und Mensch sind Extreme: Gott das schlechthin Positive, der Inbegriff aller Realitäten, der Mensch das schlechtweg Negative, der Inbegriff aller Nichtigkeiten.

Aber der Mensch vergegenständlicht in der Religion sein eignes geheimes Wesen. Es muß also nachgewiesen werden, daß dieser Gegensatz, dieser Zwiespalt von Gott und Mensch, womit die Religion anhebt, ein Zwiespalt des Menschen mit seinem eignen Wesen ist.

Die innere Notwendigkeit dieses Beweises ergibt sich schon daraus, daß, wenn wirklich das göttliche Wesen, welches Gegenstand der Religion ist, ein andres wäre als das Wesen des Menschen, eine Entzweiung, ein Zwiespalt gar nicht stattfinden könnte. Ist Gott wirklich ein andres Wesen, was kümmert mich seine Vollkommenheit? Entzweiung findet nur statt zwischen Wesen, welche miteinander zerfallen sind, aber eins sein sollen, eins sein können, und folglich im Wesen, in Wahrheit eins sind. Es muß also schon aus diesem allgemeinen Grunde das Wesen, mit welchem sich der Mensch entzweit fühlt, ein ihm eingebornes Wesen sein, aber zugleich ein Wesen von anderer Beschaffenheit, als das Wesen oder die Kraft, welche ihm das Gefühl, das Bewußtsein der Versöhnung, der Einheit mit Gott, oder, was eins ist, mit sich selbst gibt.

Dieses Wesen ist nichts andres als die Intelligenz – die Vernunft oder der Verstand. Gott als Extrem des Menschen, als nicht menschliches, d.i. persönlich menschliches Wesen gedacht – ist das vergegenständlichte Wesen des Verstandes. Das reine, vollkommne, mangellose göttliche Wesen ist das Selbstbewußtsein des Verstandes, das Bewußtsein des Verstandes von seiner eignen Vollkommenheit. Der Verstand weiß nichts von den Leiden des Herzens; er hat keine Begierden, keine Leidenschaften, keine Bedürfnisse und eben darum keine Mängel und Schwächen, wie das Herz. Reine Verstandesmenschen, Menschen, die uns das Wesen des Verstandes, wenn auch nur in einseitiger, aber eben deswegen charakteristischer Bestimmtheit versinnbildlichen und personifizieren, sind enthoben den Gemütsqualen, den Passionen, den Exzessen der Gefühlsmenschen; sie sind für keinen endlichen, d i. bestimmten Gegenstand leidenschaftlich eingenommen; sie »verpfänden« sich nicht; sie sind frei. »Nichts bedürfen und durch diese Bedürfnislosigkeit den unsterblichen Göttern gleichen«, »nicht sich den Dingen, sondern die Dinge sich unterwerfen«, »alles ist eitel« – diese und ähnliche Aussprüche sind Mottos abstrakter Verstandesmenschen. Der Verstand ist das neutrale, gleichgültige, unbestechliche, unverblendete Wesen in uns – das reine, affektlose Licht der Intelligenz. Er ist das kategorische, rücksichtslose Bewußtsein der Sache als Sache, weil er selbst objektiver Natur – das Bewußtsein des Widerspruchslosen, weil er selbst die widerspruchslose Einheit, die Quelle der logischen Identität – das Bewußtsein des Gesetzes, der Notwendigkeit, der Regel, des Maßes, weil er selbst die Tätigkeit des Gesetzes, die Notwendigkeit der Natur der Dinge als Selbsttätigkeit, die Regel der Regeln, das absolute Maß, das Maß der Maße ist. Nur durch den Verstand kann der Mensch im Widerspruch mit seinen teuersten menschlichen, d.i. persönlichen Gefühlen urteilen und handeln, wenn es also der Verstandesgott, das Gesetz, die Notwendigkeit, das Recht gebietet. Der Vater, welcher seinen eignen Sohn, weil er ihn für schuldig erkennt, als Richter zum Tode verurteilt, vermag dies nur als Verstandes-, nicht als Gefühlsmensch. Der Verstand zeigt uns die Fehler und Schwächen selbst unsrer Geliebten – selbst unsre eignen. Er versetzt uns deswegen so oft in peinliche Kollision mit uns selbst, mit unserm Herzen. Wir wollen nicht dem Verstande Recht lassen: wir wollen nicht aus Schonung, aus Nachsicht das wahre, aber harte, aber rücksichtslose Urteil des Verstandes vollstrecken. Der Verstand ist das eigentliche Gattungsvermögen; das Herz vertritt die besonderen Angelegenheiten, die Individuen, der Verstand die allgemeinen Angelegenheiten; er ist die übermenschliche, das heißt: die über- und unpersönliche Kraft oder Wesenheit im Menschen. Nur durch den Verstand und in dem Verstande hat der Mensch die Kraft, von sich selbst, d.h. von seinem subjektiven, persönlichen Wesen zu abstrahieren, sich zu erheben zu allgemeinen Begriffen und Verhältnissen, den Gegenstand zu unterscheiden von den Eindrücken, die er auf das Gemüt macht, ihn an und für sich selbst, ihn ohne Beziehung auf den Menschen zu betrachten. Die Philosophie, die Mathematik, die Astronomie, die Physik, kurz die Wissenschaft überhaupt ist der tatsächliche Beweis, weil das Produkt, dieser in Wahrheit unendlichen und göttlichen Tätigkeit. Dem Verstande widersprechen daher auch die religiösen Anthropomorphismen; er spricht sie Gott ab, verneint sie. Aber dieser anthropomorphismenfreie, rücksichtslose, affektlose Gott ist eben nichts andres, als das eigne gegenständliche Wesen des Verstandes.

Gott als Gott, d.h. als nicht endliches, nicht menschliches, nicht materiell bestimmtes, nicht sinnliches Wesen ist nur Gegenstand des Denkens. Er ist das unsinnliche, gestaltlose, unfaßbare, bildlose – das abstrakte, negative Wesen; er wird nur durch Abstraktion und Negation (via negationis) erkannt, d.i. Gegenstand. Warum? weil er nichts ist, als das gegenständliche Wesen der Denkkraft, überhaupt der Kraft oder Tätigkeit, man nenne sie nun, wie man wolle, wodurch sich der Mensch der Vernunft, des Geistes, der Intelligenz bewußt wird. Der Mensch kann keinen andern Geist, d.h. – denn der Begriff des Geistes ist lediglich der Begriff des Denkens, der Erkenntnis, des Verstandes, jeder andre Geist ein Gespenst der Phantasie – keine andre Intelligenz glauben, ahnden, vorstellen, denken als die Intelligenz, die ihn erleuchtet, die sich in ihm betätigt. Er kann nichts weiter, als die Intelligenz absondern von den Schranken seiner Individualität. Der »unendliche Geist« im Unterschiede vom endlichen ist daher nichts andres, als die von den Schranken der Individualität und Leiblichkeit – denn Individualität und Leiblichkeit sind untrennbar – abgesonderte Intelligenz – die Intelligenz, für sich selbst gesetzt oder gedacht. Gott, sagten die Scholastiker, die Kirchenväter und lange vor ihnen schon die heidnischen Philosophen, Gott ist immaterielles Wesen, Intelligenz, Geist, reiner Verstand. Von Gott als Gott kann man sich kein Bild machen; aber kannst du dir von dem Verstande, von der Intelligenz ein Bild machen? Hat sie eine Gestalt? Ist ihre Tätigkeit nicht die unfaßbarste, die undarstellbarste? Gott ist unbegreiflich; aber kennst du das Wesen der Intelligenz? Hast du die geheimnisvolle Operation des Denkens, das geheime Wesen des Selbstbewußtseins erforscht? Ist nicht das Selbstbewußtsein das Rätsel der Rätsel? Haben nicht schon die alten Mystiker, Scholastiker und Kirchenväter die Unfaßlichkeit und Undarstellbarkeit des göttlichen Wesens mit der Unfaßlichkeit und Undarstellbarkeit des menschlichen Geistes erläutert, verglichen? nicht also in Wahrheit das Wesen Gottes mit dem Wesen des Menschen identifiziert? Gott als Gott – als ein nur denkbares, nur der Vernunft gegenständliches Wesen – ist also nichts andres, als die sich gegenständliche Vernunft. Was der Verstand oder die Vernunft ist? Das sagt dir nur Gott. Alles muß sich aussprechen, offenbaren, vergegenständlichen, bejahen. Gott ist die als das höchste Wesen sich aussprechende, sich bejahende Vernunft. Für die Einbildung ist die Vernunft die oder eine Offenbarung Gottes; für die Vernunft aber ist Gott die Offenbarung der Vernunft; indem was die Vernunft ist, was sie vermag, erst in Gott Gegenstand ist. Gott, heißt es hier, ist ein Bedürfnis des Denkens, ein notwendiger Gedanke – der höchste Grad der Denkkraft. »Die Vernunft kann nicht bei den sinnlichen Dingen und Wesen stehenbleiben«; erst, wenn sie bis auf das höchste, erste, notwendige, nur der Vernunft gegenständliche Wesen zurückgeht, ist sie befriedigt. Warum? weil sie erst bei diesem Wesen bei sich selbst ist, weil erst im Gedanken des höchsten Wesens das höchste Wesen der Vernunft gesetzt, die höchste Stufe des Denk- und Abstraktionsvermögens erreicht ist, und wir überhaupt so lange eine Lücke, eine Leere, einen Mangel in uns fühlen, folglich unglücklich und unzufrieden sind, solange wir nicht an den letzten Grad eines Vermögens kommen, an das, quo nihil majus cogitari potest, nicht die uns angeborne Fähigkeit zu dieser oder jener Kunst, dieser oder jener Wissenschaft bis zur höchsten Fertigkeit bringen. Denn nur die höchste Fertigkeit der Kunst ist erst Kunst, nur der höchste Grad des Denkens erst Denken, Vernunft. Nur wo du Gott denkst, denkst du, rigoros gesprochen; denn erst Gott ist die verwirklichte, die erfüllte, die erschöpfte Denkkraft. Erst indem du Gott denkst, denkst du also die Vernunft, wie sie in Wahrheit ist, ob du dir gleich wieder dieses Wesen als ein von der Vernunft unterschiednes vermittelst der Einbildungskraft vorstellst, weil du als ein sinnliches Wesen gewohnt bist, stets den Gegenstand der Anschauung, den wirklichen Gegenstand von der Vorstellung desselben zu unterscheiden, und nun vermittelst der Einbildungskraft diese Gewohnheit auch auf das Vernunftwesen überträgst, und dadurch der Vernunftexistenz, dem Gedachtsein die sinnliche Existenz, von der du doch abstrahiert hast, verkehrterweise wieder unterschiebst.

Gott als metaphysisches Wesen ist die in sich selbst befriedigte Intelligenz, oder vielmehr umgekehrt: die in sich selbst befriedigte, die sich als absolutes Wesen denkende Intelligenz ist Gott als metaphysisches Wesen. Alle metaphy-sischen Bestimmungen Gottes sind daher nur wirkliche Bestimmungen, wenn sie als Denkbestimmungen, als Bestimmungen der Intelligenz, des Verstandes erkannt werden.

Der Verstand ist das »originäre, primitive« Wesen. Der Verstand leitet alle Dinge von Gott, als der ersten Ursache ab, er findet ohne eine verständige Ursache die Welt dem sinn- und zwecklosen Zufall preisgegeben; d. h.: er findet nur in sich, nur in seinem Wesen den Grund und Zweck der Welt, ihr Dasein nur klar und begreiflich, wenn er es aus der Quelle aller klaren und deutlichen Begriffe, d. h. aus sich selbst erklärt. Nur das mit Absicht, nach Zwecken, d. i. mit Verstand wirkende Wesen ist dem Verstande, das unmittelbar durch sich selbst klare und gewisse, durch sich selbst begründete, wahre Wesen. Was daher selbst für sich keine Absichten hat, das muß den Grund seines Daseins in der Absicht eines andern und zwar verständigen Wesens haben. Und so setzt denn der Verstand sein Wesen als das ursächliche, erste, vorweltliche Wesen – d. h. er macht sich als das dem Range nach erste, der Zeit nach aber letzte Wesen der Natur zu dem auch der Zeit nach ersten Wesen.

Der Verstand ist sich das Kriterium aller Realität, aller Wirklichkeit. Was verstandlos ist, was sich widerspricht, ist Nichts; was der Vernunft widerspricht, widerspricht Gott. So widerspricht es z. B. der Vernunft, mit dem Begriffe der höchsten Realität die Schranken der Zeitlichkeit und Örtlichkeit zu verknüpfen, also verneint sie diese von Gott als widersprechend seinem Wesen. Die Vernunft kann nur an einen mit ihrem Wesen übereinstimmenden Gott glauben, an einen Gott, der nicht unter ihrer eignen Würde ist, der vielmehr nur ihr eignes Wesen darstellt – d. h., die Vernunft glaubt nur an sich, an die Realität, die Wahrheit ihres eignen Wesens. Die Vernunft macht nicht sich von Gott, sondern Gott von sich abhängig. Selbst im Zeitalter des wundergläubigen Autoritätsglaubens machte sich wenigstens formell der Verstand zum Kriterium der Gottheit. Gott ist Alles und kann Alles, so hieß es, vermöge seiner unendlichen Allmacht; aber gleichwohl ist er Nichts und kann er Nichts tun, was sich, d. h. der Vernunft widerspricht. Unvernünftiges kann auch die Allmacht nicht tun. Über der Macht der Allmacht steht also die höhere Macht der Vernunft; über dem Wesen Gottes das Wesen des Verstandes, als das Kriterium des von Gott zu Bejahenden und Verneinenden, des Positiven und Negativen. Kannst du einen Gott glauben, der ein unvernünftiges und leidenschaftliches Wesen ist? Nimmermehr; aber warum nicht? Weil es deinem Verstande widerspricht, leidenschaftliches und unvernünftiges Wesen als göttliches Wesen anzunehmen. Was bejahst du, was vergegenständlichst du also in Gott? Deinen eignen Verstand. Gott ist dein höchster Begriff und Verstand, dein höchstes Denkvermögen. Gott ist der »Inbegriff aller Realitäten«, d. h. der Inbegriff aller Verstandeswahrheiten. Was ich im Verstande als wesenhaft erkenne, setze ich in Gott als seiend: Gott ist, was der Verstand als das Höchste denkt. Was ich aber als wesenhaft erkenne, darin offenbart sich das Wesen meines Verstandes, darin zeigt sich die Kraft meines Denkvermögens.

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