Kitabı oku: «Mein Bruder, Muhammad Ali», sayfa 7

Yazı tipi:

Giovanni hatte ihrerseits auch kein Interesse, einen Keil zwischen Muhammad und seine Ehefrau zu treiben, auch wenn das Eheleben von meinem Bruder und Belinda bereits große Risse zeigte. Giovanni war der Meinung, dass sie das nichts angehe und sie sich nicht einmischen sollte. Muhammad war vielleicht etwas vom Weg abgekommen, wenn es um Treue ging, doch wann auch immer mein Bruder die Dichterin sah, war er sehr zuvorkommend zu ihr, aber nicht mehr. Andererseits war ihre Freundschaft auch gut für ihn. Da mein Bruder ein Muslim war und Giovanni Christin, brachte er oft Frauenthemen zur Sprache. Muhammad war der Auffassung, dass Frauen bestimmte Prinzipien und Richtlinien zu befolgen hätten, doch Giovanni war eine brennende Verfechterin der weiblichen Unabhängigkeit. Es war sinnlos, eine tiefgründige Diskussion mit meinem Bruder darüber zu führen, und so meinte sie meist, dass sie keine besondere Meinung dazu habe. Sie glaubte, dass jeder es so halten solle, wie es am angenehmsten für die Leute sei.

„Ich glaube nicht, dass ich eine Meinung zu jedermanns Religion haben muss“, sagte sie zu meinem Bruder. „Ich denke, dass deine Religion für dich passt, und ich bin froh, dass meine Religion für mich passt. Also mache ich mir darüber keine Gedanken.“

Muhammad hatte natürlich seine eigenen, ziemlich polarisierenden Ansichten dazu und forderte andere Leute gerne heraus, doch mit Nikki arteten die Debatten nie wirklich aus.


In der Zeit, als sich Muhammad mit der US-Regierung herumschlagen musste, speziell im Jahr 1968, plante die Zeitschrift Esquire eine gewagte Coverstory über ihn. Das Magazin wollte ein symbolträchtiges Cover kreieren, und so luden sie ihn in ihr Studio zu einem ganz speziellen Fotoshooting ein. Muhammad sagte zu und kam allein ins Studio in New York. Normalerweise war ich überall mit dabei, doch es gab auch Zeiten, in denen ich nicht an seiner Seite stand. Er dachte damals, er ginge nur zu einem weiteren typischen Fototermin, so wie schon so oft zuvor. Als er das Büro betrat, war er ganz entspannt, solange, bis der Fotograf, ein Mann namens Carl Fischer, ihm erklärte, wie das Ganze ablaufen sollte und was die Idee dahinter war, die sie verfolgten.

Anscheinend hatten sie den Plan, meinen Bruder als Märtyrer darzustellen – als einen Mann, der vom Establishment gekreuzigt wird. Der Fotograf sagte Muhammad, dass sie ihn für das Cover gekreuzigt wie den hl. Sebastian – der christliche Heilige und Märtyrer, der von den Römern 288 n. Chr. hingerichtet worden war – ablichten wollten.

Es war, milde gesagt, eine brisante Idee, und das erste Hindernis war der spirituelle Führer meines Bruders. Denn mein Bruder wollte erst das Okay von Elijah Muhammad einholen, vor allem da der hl. Sebastian ja das Christentum verkörperte. Also rief mein Bruder Elijah Muhammad an und ließ ihn mit dem Fotografen und dem Art Director des Magazins, George Lewis, sprechen. Sie erklärten, was sie damit bezwecken wollten und warum es in Muhammads Interesse sei, mitzumachen, nämlich um mehr öffentliches Interesse an seinen Anliegen und der Art und Weise, wie man ihn behandelte, zu erwecken. Anfangs hatte Muhammad Elijah Bedenken, da er sehr um Muhammads Image besorgt war. Es war unheimlich wichtig für ihn, nicht in etwas verwickelt zu werden, das einen negativen Schatten auf die Muslime werfen könnte. Als er dann aber verstand, dass dies auf das Cover eines Mainstream-Magazins kommen sollte, was nicht nur eine gute Publicity für Muhammad wäre, sondern auch für das, wofür er stand, änderte er seine Meinung. Mit einem Mal war die Religion nicht mehr so wichtig. Plötzlich war Religion nicht mehr unverzichtbar. Die Nation of Islam lechzte nach öffentlicher Aufmerksamkeit und benutzte meinen Bruder, der ihre stärkste Verbindung zu den Massen da draußen war, um ihre Ideologie zu verbreiten.

Das Team des Magazins beabsichtigte, Muhammad an ein Kreuz zu binden, wobei die in seinem Körper steckenden Pfeile symbolisieren sollten, wie er von der US-Regierung dafür gekreuzigt wurde, dass er sich geweigert hatte, in einem für ihn absolut ungerechtfertigten Krieg zu dienen. Das größte Problem stellten die Pfeile dar. Fischer hatte sie bereits vor Muhammads Ankunft ausprobiert, doch als er sie an Muhammads Körper befestigen wollte, fielen sie immer wieder hinunter, da sie zu schwer waren, um kleben zu bleiben. Nach einiger Zeit hatte der Fotograf dann die Idee, die Pfeile mit einer transparenten Nylonschnur, wie sie beim Angeln üblich ist, an einer Stange zu befestigen und herunterhängen zu lassen. Es dauerte ziemlich lange – Muhammad musste weitaus länger als geplant in dieser unbequemen Position am Kreuz verharren. Doch Profi, der er war, hielt er tapfer durch. Heute wäre das alles natürlich kein Problem mehr, denn die Pfeile würde man einfach nachträglich am Computer ins Bild einfügen.

Während der Session war Muhammad sein heiteres Selbst und hatte seinen Spaß mit Fischer. Immer wenn er mit Leuten zusammen war, von denen er meinte, sie würden seinen Ideen und Worten zuhören, war er in guter Stimmung. Er verstand die Probleme, die sie damit hatten, die Fotos so hinzubekommen, wie sie es wollten, und war daher äußerst geduldig. Abgesehen davon genoss mein Bruder es, berühmt zu sein, und er scheute kaum einen Termin mit der Presse. Ich zog mich immer in den Hintergrund zurück. Er saugte all die Aufmerksamkeit in sich auf, und ich stand immer ruhig an seiner Seite.

Generell liebten die Fotografen es, meinen Bruder zu fotografieren, und auch diesmal war es keine Ausnahme. Muhammad tat bereitwillig, was man ihm sagte, und er war am Set allen gegenüber nett und höflich. Das wurde sehr geschätzt. Fischer hatte, wie wir später erfuhren, über die Jahre hin viele berühmte Leute fotografiert und die Erfahrung gemacht, dass einige davon sehr mürrisch und anspruchsvoll waren, wenn ihnen etwas mehr abverlangt wurde. Es kam nur selten vor, so erzählte uns Fischer, dass sehr prominente Personen so unkompliziert waren, sich auch unter die Leute, die am Set arbeiteten, mischten und sich ganz normal mit ihnen unterhielten. Mein Bruder zeigte nicht den geringsten Anflug eines divenhaften Verhaltens, selbst als es technische Schwierigkeiten gab. Der Fototermin dauerte beinahe zwei Stunden. Danach nahm Muhammad eine Dusche, zog sich an und unterhielt sich weiter mit dem Team. Das Cover, das eigentlich recht schlicht war, hatte keine Werbung oder Überschrift drauf, etwas, was es heute so gut wie nicht mehr gibt. Großartig war, dass am Cover nur das Foto war. Dadurch wurde die Botschaft, die es ausdrückte, noch stärker. Amerika war dabei zu erfahren, dass mein Bruder sich immer gegen die Pfeile und Schleudern des Schicksals stellen würde, was auch immer es kosten möge.

DAS GROSSE COMEBACK

Zu jener Zeit, als mein Bruder keine Boxlizenz besaß, floss viel von seinem Geld an die Nation of Islam. Besonders unseren Eltern gab dies

Anlass zur Sorge – beide waren dieser Organisation schon immer skeptisch gegenübergestanden, da sie der Meinung waren, dass die NOI Muhammad ausnutzte. Speziell unser Vater konnte sich nie mit den Anschauungen der Nation of Islam anfreunden.

„Verdammt nochmal, diese Muslime stehlen meinem Sohn das Geld!“, hörte ich meinen Vater schreien.

Es gab Zeiten, da hasste er die Organisation zutiefst. Doch auch wenn mein Bruder unseren Vater liebte, fühlte er sich der Organisation, die sein Leben verändert hatte, verpflichtet. Und wie immer folgte ich ihm.

Die Nation of Islam hatte ihre eigenen Gründe, einen Teil von Muhammads Einkommen zu beanspruchen. Als Muhammads Titel aberkannt wurde und er in finanzielle Schwierigkeiten geriet, gab die Nation of Islam auf Anordnung des ehrenwerten Elijah Muhammad meinem Bruder ein Gehalt sowie einen Kredit in der Höhe von 100.000 Dollar. Belindas Eltern hatten genug Geld für ihre Tochter angespart, damit sie aufs College gehen könnte, waren jedoch so nett, diese Ersparnisse ihrer Tochter und ihrem Mann zu geben, als diese in eine finanzielle Schieflage gerieten. Elijah Muhammad kümmerte sich zwar um meinen Bruder, doch eigentlich waren es Belindas Eltern, die den wirklichen Unterschied ausmachten.

Muhammad gab zu, dass er der NOI Geld schuldete, doch dabei berücksichtigte er nie, dass er ihre Kassen in der Vergangenheit gut gefüllt hatte – speziell als sie kamen, um ihr Geld zurückzufordern. Die Nation of Islam erwartete von meinem Bruder, dass er seinen Kredit sofort zurückzahlen sollte, sobald er sich in einer besseren finanziellen Lage befand, was unter anderem ein Grund für Muhammad war, nach zwei Jahren Absenz wieder in den Boxring zurückzukehren.

Damit zog mein Bruder jedoch den Zorn des Anführers der Nation of Islam auf sich. Als dieser hörte, dass sein berühmtester Jünger wieder in den Boxring steigen wollte, weil er Geld benötigte, empfand Elijah Muhammad dies als Kränkung. Er tadelte meinen Bruder und sagte mehr oder weniger: „Gott konnte für dich sorgen, als du nicht geboxt hast, und nun kriechst du wieder in den Ring zurück. Irgendwann werden sie dich einmal aus dem Ring hinaustragen.“

Für ihn bedeutete Preisboxen Gewaltverherrlichung, und er meinte, dass es die Menschen von ihren religiösen Pflichten ablenke, was wiederum ihre Seelen korrumpiere. Mein Bruder, so meinte er, wäre vor allem ein Prediger für die Nation of Islam und sollte daran arbeiten, ihre Weltanschauung weiterzuverbreiten. Nachdem er sich mit meinem Bruder getroffen hatte, um sich bei ihm zu beklagen, gab Elijah Muhammad im Newsletter der Organisation, Muhammad Speaks, bekannt, dass er Muhammad für ein Jahr suspendieren würde. Außerdem würde er ihm seinen Namen wegnehmen. Natürlich hatte mein Bruder seinen Namen bereits offiziell ändern lassen, doch das war typisch für die NOI – zumindest für sie würde mein Bruder bis zum Ende seiner Suspendierung wieder Cassius Clay sein.

Herbert Muhammad war allerdings zwiegespalten. Einerseits respektierte er seinen Vater und wollte dessen Entscheidungen auch akzeptieren, doch andererseits versuchte er permanent, Kämpfe für Muhammad zu organisieren. Er schlug meinem Bruder vor – sollte er doch in den Dienst der Armee treten –, Schaukämpfe auszutragen, und zwar als Training während seiner Dienstzeit, doch Muhammad weigerte sich entschlossen, einzurücken.

Jedenfalls nahm Muhammad die Suspendierung an und gab sogar öffentlich zu, dass er falsch gelegen habe, und privat sagte er zu mir: „Wenn ich so darüber nachdenke, hatte er recht damit, mich zu suspendieren.“

Ob er das auch wirklich so gemeint hat, weiß ich nicht. Auf jeden Fall versuchte er, die Gunst der Nation of Islam wiederzugewinnen, und wurde schließlich auch wieder von Elijah Muhammad aufgenommen. Er brachte Busladungen voll mit Menschen zu Elijah Muhammads Haus in Chicago, und der Führer der Nation of Islam begrüßte alle. Es war eine der wenigen Möglichkeiten, seine Anhänger zu treffen, da er so selten sein Haus verließ.

In jenen Tagen erklärte Muhammad immer wieder, dass Elijah Muhammad für seinen Erfolg verantwortlich sei. Manchmal beschrieb er ihn sogar als eine Art Engel und meinte öffentlich, aber auch im privaten Kreis, dass ohne diesen Mann nichts aus ihm geworden wäre. Er wäre ein durchschnittlicher Boxer geworden, der gerade einmal die Schule abgeschlossen hätte und mit viel Glück Olympiasieger geworden wäre, sagte mein Bruder. „Elijah Muhammad war der Mann, der mir den Mut gab, der Mann, der mir die Kraft gab, der Mann, der mich dazu brachte, aufzustehen und stolz zu sein“, meinte er zu anderen.

Umgekehrt rief Elijah Muhammad meinen Bruder vor jedem Kampf an und sagte zu ihm: „Bruder, du kannst nicht verlieren, denn Allah ist auf deiner Seite. Dein Gegner hat Allah nicht auf seiner Seite.“

Das war Muhammads Antrieb. Wäre Elijah Muhammad nicht gewesen, wäre er nicht das, was er war, glaubte Muhammad – ein Gedanke, über den man sicherlich streiten kann. Ihr Zwist über Muhammads Comeback war daher eines der wenigen Male, dass er sich gegen Elijah Muhammad stellte, was das sehr enge Verhältnis zwischen den beiden doch für eine Weile trübte. Doch schließlich versöhnten sie sich wieder.


1970 hatte Muhammad bereits über drei Jahre lang nicht geboxt und war schon ganz heiß darauf, wieder in den Ring zu steigen. Herbert, sein Anwalt Chauncey Eskridge und ich arbeiteten daran, ihn so schnell wie möglich zurück ins Boxgeschäft zu bringen. Allerdings war Muhammad nicht bereit, seine Prinzipien dafür aufzugeben. Glücklicherweise hatten wir einen sehr nützlichen Kontakt geknüpft, und zwar zu Jonathan Shapiro, der als Anwalt für Zivilrecht beim NAACP Legal Defence Fund arbeitete, der National Association for the Advancement of Colored People. Diese Organisation beschäftigte sich mit der Diskriminierung Farbiger durch die Regierung, den Problemen, mit denen farbige Menschen im Umgang mit der staatlichen Bürokratie konfrontiert waren, aber auch mit der Diskriminierung, der speziell farbige Muslime ausgesetzt waren. Shapiro arbeitete in Mississippi, doch er kannte Chauncey von ähnlichen Fällen her und von seiner Arbeit mit dem Southern Christian Leadership Council, der Organisation von Martin Luther King. 1970, als Muhammads Fall gerade vor Gericht ging, trat Eskridge mit Shapiro in Kontakt, da er hoffte, dass der Legal Defence Fund mit an Bord kommen würde, was die Chancen meines Bruders auf einen Sieg vor Gericht deutlich erhöht hätte. Nachdem er sich mit anderen Anwälten in seiner Organisation beraten hatte, leistete Shapiro der Bitte Folge.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Muhammad seinen Prozess gerade vor dem Berufungsgericht verloren. Um den Fall nun erneut aufzurollen, musste Shapiro einen Antrag beim Supreme Court, dem Höchstgericht, auf Wiederaufnahme stellen. Als Muhammad seinen Wehrdienst verweigerte, entzog ihm so gut wie jeder Bundesstaat die Boxlizenz. Doch nun hatte Muhammads Team ein Schlupfloch gefunden. Also beschloss der Legal Defence Fund, die New York Boxing Commission auf Rückgabe der Boxlizenz zu verklagen. Die Logik, der die Anwälte folgten, war recht simpel: Die Kommission hatte Muhammad die Lizenz nur deswegen verweigert, weil er als verurteilter Straftäter galt. Das Anwälteteam meines Bruders hatte jedoch herausgefunden, dass die New York Boxing Commission bereits in der Vergangenheit Lizenzen an verurteilte Straftäter vergeben hatte, die weit schlimmere Verbrechen begangen hatten. Deswegen wäre die Sperre Muhammads nach Meinung der Anwälte eine reine Schikane und definitiv diskriminierend, und sie forderten die Boxkommission auf, meinem Bruder wieder eine Lizenz zu erteilen, was diese schlussendlich auch tat.

Eine weitere Sache, die in Muhammads Fall angesprochen wurde, war, dass er zur Armee eingezogen werden sollte. Und auch hier sahen die Anwälte das Gespenst der Diskriminierung herumspuken. Die Stellungskommissionen der einzelnen Gemeinden, die entschieden, wer eingezogen wird und wer nicht, waren beinahe ausschließlich mit Weißen besetzt. Farbige waren systematisch aus diesen Kommissionen ausgeschlossen worden. Muhammads Anwälte behaupteten, dass damit seine Rechte verletzt worden wären, dass Farbige in den Kommissionen vertreten sein sollten, genauso wie sie gesetzlich als Geschworene eingesetzt werden sollten. Leider verlor das Team in dieser Sache.

Im Fall meines Bruders kam eine ganze Fülle von Aspekten zusammen. Nicht nur, dass er als leuchtendes Symbol gegen Diskriminierung aus rassistischen oder religiösen Gründen stand, er war auch Anhänger der Antikriegsbewegung, und alle Kriegsbefürworter in der Bevölkerung stellten sich gegen ihn. Das Land führte einen Krieg auf dem Rücken der farbigen Bevölkerung, und das Gericht war besorgt darüber, dass, wenn es einem Mitglied der Nation of Islam erlaubte, sich der Einberufung zu widersetzen, es damit einen Präzedenzfall schaffen würde, der jedem Mitglied der NOI oder sogar allen schwarzen Muslimen das gleiche Recht einräumte, das Gesetz, die Einberufung und damit den Krieg zu unterminieren. Sie wollten kein Urteil fällen, das eine so große Auswirkung auf das Land haben könnte. Gleichzeitig stand es außer Frage, dass, wäre ihm als Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen sein Ansuchen verwehrt worden, das Justizministerium und die Stellungskommission nicht aufgrund seiner religiösen Prinzipien entschieden hätten, sondern auf Basis der Politik, was wiederum ein Verstoß gegen das Gesetz gewesen wäre. Es gab also ausreichend Beweise, auf die Muhammad sich stützen konnte. Das Gericht saß nun in der Klemme, und schließlich lösten sie den Sachverhalt, indem sie zugunsten meines Bruders entschieden und seine Verurteilung aufhoben, allerdings mit einer Begründung, die keinen neuen Präzedenzfall schaffen würde, der es schwarzen Muslimen im Land erlaubte, den Militärdienst zu verweigern. Der ganze Fall half sicherlich, die Probleme aufzuzeigen, doch änderte er kaum etwas an den rechtlichen Konsequenzen für Farbige in ganz Amerika.

Als mein Bruder sich geweigert hatte, einzurücken, dachten alle, dass seine Boxkarriere vorbei wäre und er ins Gefängnis kommen würde. Ganz im Unterschied zu mir. Persönlich glaubte ich immer daran, dass dies der Beginn einer neuen Phase in Muhammads Karriere sei und sein Stern wieder leuchten würde, dass sein Name schon bald noch bekannter werden würde, als er bereits war, und er noch viel mehr Geld verdienen würde. Muhammad und ich vertrauten auf Elijah Muhammad und auf Gott und ließen uns nicht von Zweifeln plagen.

Im Juni 1971 hob das Gericht Muhammads Verurteilung wegen Wehrdienstverweigerung einstimmig auf. In der Zwischenzeit hatte mein Bruder bereits begonnen, für sein Comeback zu trainieren, das im US-Bundesstaat Georgia stattfinden sollte. Es war ziemlich ungewöhnlich, dass ein Südstaat wie Georgia, in dem Rassismus an der Tagesordnung war und sich alle gegen die Einstellung meines Bruders stellten, ihm erlaubte, dort zu kämpfen. Nun, die Sache war die: Georgia hatte keine Boxkommission. So gesehen war dies also kein Problem. Was jedoch damals noch keiner wusste, war, wie schwierig es werden würde, den Kampf überhaupt auf die Beine zu stellen. Denn der Weg bis zum Kampf war mit den verschiedensten Hindernissen gepflastert.


Bevor er suspendiert worden war, hatte ich mit Muhammad unzählige Stunden und Tage mit den Vorbereitungen auf jeden einzelnen Kampf verbracht, und ich kann mit Überzeugung sagen, dass er vor seinen Kämpfen normalerweise immer guter Laune war und vor Selbstvertrauen nur so strotzte. Als er aber das erste Mal gegen Jerry Quarry antrat – sein erster Kampf nach der Sperre –, war er nervös. Es gab einiges zu tun, um ihn wieder fit für den Ring zu bekommen, denn er wusste, dass ein Ausrutscher seinen Kritikern nur den Grund liefern würde, den sie brauchten, um ihn endgültig abzuschreiben.

Im Training war er immer fokussiert. Ich arbeitete hart mit ihm, sparrte regelmäßig mit ihm und erhöhte die Intensität in den letzten Wochen vor dem Kampf. Für mich schien er wieder der Alte zu sein, doch ich konnte die Zweifel sehen, die ihn plagten. Er war nervös, immerhin hing so viel von diesem Kampf ab. Er wusste: Würde er verlieren, könnte es für immer vorbei sein. Während der Sperre waren ihm Millionen von Dollar und sehr viel Prestige entgangen, und nun hatte er die Gelegenheit, wie ein Phoenix aus der Asche zu steigen. Allerdings bestand auch die Gefahr, von einem schnellen und cleveren Gegner gedemütigt zu werden. Wenn er sich in Bestform befand, interessierte sich Muhammad nie für das, was man über andere Boxer sagte, aber nachdem so viel auf dem Spiel stand, machte er sich doch Sorgen – und die Umstände, die sein Comeback begleiteten, machten es ihm auch nicht gerade einfacher.

Egal wohin auf der Welt ich meinen Bruder begleitete – wir erregten Aufmerksamkeit, und die war nicht immer positiv, was auch den gesellschaftlichen Umständen der damaligen Zeit geschuldet war. Der Kampf gegen Jerry Quarry sollte, wie schon erwähnt, in Atlanta stattfinden. Doch bereits während der Vorbereitung stieß mein Bruder auf ernsten Widerstand, als der Ku-Klux-Klan plötzlich auftauchte, um Chaos zu verbreiten. Damals durfte diese Organisation noch ungestraft vor den Augen der Polizei agieren. Diese rassistische Gruppierung verkündete lautstark, dass sie es nicht zulassen würde, dass dieser Kampf auf ihrem Territorium stattfinde. Es begann mit Warnungen und endete mit offenen Drohungen. Sie organisierten Protestmärsche und Demonstrationen auf den Stone Mountain, den großen Monolithen, nach dem die Stadt nahe Atlanta benannt ist, und verängstigten damit genügend Leute, sodass wir echte Probleme hatten, einen geeigneten Veranstaltungsort zu finden. Einmal war es sogar so schlimm, dass die Leute im Umkreis von Muhammad meinten, er solle zu seiner Sicherheit eine kugelsichere Weste tragen. Doch mein Bruder meinte, sein Glaube würde ihn beschützen: „Ich werde niemals aufgeben, für das zu kämpfen, an was ich glaube“, sagte er zu mir. „Allah wird mich beschützen.“

Abgesehen von den Drohungen und Einschüchterungsversuchen hätte es keinen besseren Ort für das Comeback meines Bruders geben können. In Atlanta, einer Stadt mit einem sehr hohen Anteil an farbigen Einwohnern, dachte man, dass nicht einmal King Kong meinen Bruder besiegen könnte. Wir spürten die Liebe, die uns in der Stadt entgegengebracht wurde, dass sich alle über Muhammads Comeback freuten und die Leute aus allen Landesteilen in das sogenannte Mekka der Vereinigten Staaten strömten. Die Probleme mit dem Ku-Klux-Klan hatten wahrscheinlich schon Spuren in Muhammads Konzentration hinterlassen, doch inmitten der Turbulenzen tat die Entourage meines Bruders ihr Bestes, um ihn von der Negativität und dem Hass, den diese Gruppe verbreitete, abzuschirmen. So wie mein Bruder fühlten auch wir uns wegen des bevorstehenden Kampfes wie neugeboren und voller Energie. Wir bildeten eine Wand, die ihn von allen äußeren Einflüssen abschirmen sollte, und nach einigen Wochen konnte auch ich es nicht mehr erwarten, in den Ring zu steigen, denn ich bestritt einen der Vorkämpfe an dem Abend.

Etwas, das mir von damals in Erinnerung geblieben ist und zeigt, welche Art Mensch mein Bruder war, ist die Gewichtskontrolle ein paar Tage vor dem Kampf in einer vollen Halle. Dabei stellte sich heraus, dass ein ehemaliger Nachbar von uns aus Louisville, Larry Montgomery, zusammen mit seinem Bruder für den Kampf nach Atlanta gekommen war. Wie immer hatte Muhammad seine Klappe offen und bemerkte Larry nicht, der versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich schrie Larry laut: „Gee-gee!“ Es war Muhammads Spitzname aus Kindertagen, und prompt hatte er die Aufmerksamkeit meines Bruders.

„Seid alle einmal ruhig, da kennt mich jemand!“, brüllte mein Bruder und drehte sich um. Sofort erkannte er unseren alten Nachbarn in der Menge. „Ich möchte euch allen meinen Nachbarn aus Louisville, Kentucky, vorstellen, Lawrence Montgomery!“, rief Muhammad. „Er wohnt in der Grande Avenue 3300, und ich wohnte auf 3302. Ihr müsst wissen, dass er einer unserer besten Freunde ist. Ich habe auf seine Kinder aufgepasst, als sie noch klein waren.“

Das stimmte sogar, Muhammad und ich hatten oft Babysitter für die Kinder unserer Nachbarn gespielt. Ja, mein Bruder rückte gerne auch andere ins Rampenlicht, und er hat nie unsere Freunde und Bekannten aus Louisville vergessen, nachdem er weggezogen war.

Aber es gab nun trotzdem wichtigere Dinge, die seiner Aufmerksamkeit bedurften. Zu dieser Zeit waren mein Bruder und ich sehr gläubig, auch wenn Muhammad enorm unter Druck stand, und wir glaubten daran, dass die Nation of Islam und Allah ihn segnen und ihm seinen Titel wiedergeben würden. Wir glaubten beide daran, dass keiner von uns verlieren könnte – das war unser Mantra.

Wie bereits erwähnt, hatte ich 1964 ins Profilager gewechselt, als mein Bruder seinen ersten Kampf gegen Sonny Liston bestritt. Danach hatte ich noch zwei weitere Kämpfe, und dann wurde Muhammad gesperrt. Damals verlor ich das Interesse am Boxen. Nach dem, was die Regierung meinem Bruder angetan hatte, entwickelte ich eine gewisse Verachtung für den Sport, und ich verlor dieses Feuer, das in mir brannte, wenn ich zusammen mit meinem Bruder kämpfen konnte. Dann wurde die Sperre gegen meinen Bruder wieder aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich fünf Jahre lang keinen Profikampf mehr bestritten, doch ich kam wieder zurück, als ob nichts passiert wäre. Ich konnte wieder dieses Feuer spüren und war voller Energie. Wir waren zusammen im Trainingscamp und trainierten zusammen für den Kampf, und die Atmosphäre im Lager knisterte vor lauter Energie.

Ehrlich, wir konnten das Einläuten der ersten Runde gar nicht mehr erwarten, denn wir wollten unsere Frustration endlich an unseren jeweiligen Gegnern auslassen. Ich ging also raus, stieg in den Ring und gewann meinen Kampf. Ich war ganz aufgeregt und konnte es nun kaum erwarten, meinen Bruder kämpfen zu sehen und ihn anzufeuern.

Und ich war nicht der Einzige. Eine ganze Reihe farbiger Prominenter war gekommen, um sich das Comeback meines Bruders anzusehen, angefangen von Sidney Poitier und Diana Ross bis hin zu Reverend Jesse Jackson. Vor dem Kampf hatte Muhammad Anrufe und Briefe von Fans erhalten, die ihn baten, vorsichtig zu sein oder der Regierung zu zeigen, dass sie ihn nicht brechen konnte. Je näher der Kampf rückte, umso mehr wurde uns bewusst, dass sogar ein recht großer Teil der weißen Bevölkerung hinter meinem Bruder stand – viele davon zum ersten Mal. Das war etwas ganz Neues. Mein Bruder war es so gewohnt, das Großmaul zu geben, den Angeber, den Kerl, den alle verlieren sehen wollten, und nun feuerten sie ihn alle an. Das war schon etwas. Und alles, was er dafür zu tun hatte, war, einige Millionen Dollar und drei Jahre am Höhepunkt seiner Karriere zu opfern.

Am Abend des Kampfes wurde mein eigentlicher Gegner, Tom Cohen, durch einen Boxer namens „Hurricane“ Grant von den Bahamas ersetzt. Sein Spitzname war vielleicht Hurricane, doch an diesem Abend war ich der Sturm. Von Beginn an konnte ich meinen Kontrahenten in die Defensive drängen. Nachdem er die erste Runde überstanden hatte, versuchte er ein wenig mehr zu attackieren, und am Ende der zweiten Runde zollten wir einander Respekt und stießen mit den Fäusten leicht gegeneinander. Doch gleich am Anfang der dritten Runde erwischte ich ihn mit einer Kombination, und er ging zu Boden. Als er wieder aufstand, setzte ich nach, um dem Kampf ein Ende zu bereiten. Ich wollte am Abend des Comebacks meines Bruders auf keinen Fall verlieren.

Quarry sah finster drein, konnte hart schlagen, aber auch einstecken, doch gegen meinen Bruder hatte er kein wirkliches Rezept. Muhammad machte von Anfang an Druck. Seinen typischen Schlägen mit der Führungshand folgte ein Feuerwerk von harten Schlägen mit seiner Rechten. Dabei wich er Quarrys Versuchen, zu kontern, immer wieder leichtfüßig aus. Zwar war er nun etwas schwerer und wurde auch schneller müde, doch er feuerte Dutzende Schläge ab, auf die Quarry kaum eine Antwort fand. Schließlich beendete ein Cut über Quarrys Auge den Kampf in der dritten Runde. Ein Ende, das für Quarry wahrscheinlich gar nicht früh genug kommen konnte.

Das war das Ende dieses Abends. Gleich nach dem Kampf erhielt Belinda einen Anruf: „Jetzt, da Muhammad Ali gewonnen hat, verlierst du“, sagte die raue Stimme am anderen Ende der Leitung. „Die Bombe geht um Mitternacht los.“

Glücklicherweise geschah gar nichts, und der Anruf wurde als schlechter Scherz eingeordnet, doch wenn man an die Umstände denkt, unter denen der Kampf stattfand, dann war dies sicher mehr als nur unnötig.

Ich bin wirklich froh darüber, dass es nie Versuche gab, Mitglieder von Muhammads Familie zu entführen. Man würde ja meinen, dass es da draußen irgendjemanden gab, der verrückt genug dafür war. Was kaum jemand weiß, ist die Tatsache, dass mein Bruder Vorbereitungen für solche Eventualitäten getroffen hatte: So gab es zum Beispiel im Camp Deer Lake einen Panikraum unter einer Falltür unter dem großen Küchentisch. Zu dieser Zeit hatten Belinda und Muhammad drei Kinder – Maryum aka „May May“, die 1968 geboren worden war, und die Zwillinge Jamillah und Rasheda, die damals noch nicht einmal ein Jahr alt waren. Etwas anderes, das nur wenigen bekannt ist, war, dass Muhammad und seine Frau davor bereits ein frühgeborenes Kind hatten, einen Sohn, der drei Stunden nach der Geburt verstarb. Als nun die Zwillinge auf die Welt kamen, hatten sich ihre Eltern an jedes Detail, das ihnen der Arzt gesagt hatte, gehalten. Nach dem Verlust ihres Sohnes war es nur verständlich, dass die Beziehung zwischen Muhammad und Belinda litt. Mit dieser direkten Drohung an die Familie meines Bruders musste er das nun alles ernst nehmen, auch wenn es sich am Ende als dummer Scherz herausstellte. Doch glücklicherweise passierte nie wirklich etwas.


40 Tage später, am 7. Dezember 1970, schlug Muhammad Oscar Bonavena durch technisches K. o. in der letzten Runde im Madison Square Garden. Am selben Abend verbesserte ich meine eigene Siegesbilanz auf 7:0.

Im Jänner darauf zogen Muhammad und seine Familie nach Cherry Hill in New Jersey. Plötzlich hatte mein Bruder ein Auge auf einen Kampf mit Titelträger Joe Frazier geworfen. Es war der Kampf, den jeder sehen wollte, und es wurde eine riesige Summe Geld geboten: Beiden Boxern wurden 2,5 Millionen Dollar garantiert, eine für damals noch nie dagewesene Summe.

Herbert war mit Angeboten aus aller Welt überschwemmt worden, von Europa und Japan über Texas bis hin zu New York. Sogar ein großer TV-Sender wollte mit an Bord und bot über zwei Millionen Dollar. Muhammad, der recht zufrieden damit war, besprach die Angebote mit seinem Manager, der meinte, dass sie noch viel mehr rausholen könnten. Nach einigen weiteren Gesprächen machte sich Herbert ans Werk. Kurze Zeit später läutete bereits das Telefon, und Herbert informierte uns, dass ihm nun ein unglaubliches Angebot in der Höhe von fünf Millionen Dollar vorlag, wobei die Summe zwischen Muhammad und Frazier zu gleichen Teilen aufgeteilt werden sollte. Ohne zu zögern, sagte Muhammad zu Herbert: „Nimm die 2,5 Millionen.“ Woran er nicht dachte, war, dass sein Anteil davon gerade einmal 16 Prozent (400.000 Dollar) betrug. Herbert meinte, es sei nun der ideale Zeitpunkt, um meinem Bruder zu erklären, wie das Finanzielle genau ablaufen würde.

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