Kitabı oku: «Die Ex-Prinzessin», sayfa 2
KAPITEL VIER
ABBIE LAG IN DIESER Nacht hellwach im Bett. Das Mondlicht strömte durch ihr Fenster auf die Steppdecke auf ihrem Bett, eines der wenigen Überbleibsel ihres alten Lebens. Ihre Großmutter hatte sie für sie gemacht—nicht ihre royale Großmutter, sondern die Mutter ihres Vaters. Sie hatte sie aus Kleidern und T-Shirts gemacht, die Abbie als Kind getragen hatte. Camp Soggyboggy T-Shirts … sie hatte ihren Palastwachen in dem Jahr Ärger eingehandelt, in welchem sie aus ihrer Schlafkabine verschwunden war, um Sternschnuppen mit Penelope Cunningham zu beobachten. Brevspor Nationwide Music Festival Bestes Fagott Solo. Highlands Junior Reitwettkampf Teilnehmer-T-Shirt. Porchenzii Familientreffen ’07. Das schweinchenrosa Satinkleid, welches sie getragen hatte, als sie zum ersten Mal am Hof präsentiert wurde. Ein kleines magentafarbenes Trägerkleid aus Kord mit Affen darauf. Das Abschlussballkleid, welches sie getragen hatte, als sie ihren ersten Kuss bekommen hat (nicht von Edward Kenneth Keith Francis Benson Broward) … sie lächelte reumütig bei der Erinnerung wie ihr Vater ihrem Date auf die Nase gehauen hatte. Arthur hätte es besser wissen müssen. Sie hatte bereits ihren Heiratsvertrag unterschrieben und er hätte nur als Freund einspringen sollen. Ihr Papa hatte sie immer verteidigt.
Sie wischte eine Träne weg und seufzte tief. Er würde verstehen, was sie von ihm brauchte. Er musste es. Sie zog ihre Steppdecke hoch unter ihr Kinn und rollte sich auf die Seite. Sie würde es vermissen unter ihrem beruhigenden Gewicht zu schlafen, ihre Finger in die einfachen Satinschleifenknoten gewunden, die ihre Großmutter als Ende benutzt hatte. Sie würde die Steppdecke morgen hier lassen, zusammen mit ihren restlichen Habseligkeiten, mit Ausnahme einiger weniger lebensnotwendiger Dinge für den Weg. Sie wäre bald genug zurück.
Aus dem nächsten Zimmer hörte Abbie Mr. und Mrs. Jerrinson mit leisen Stimmen sprechen. Sie hatten sich geweigert zu gehen, als sie damit fertig waren ihr beim Packen zu helfen. Rutha hatte ihnen sogar Lasagne zum Abendessen gemacht, deren Reste Lauren schnell beansprucht hatte, als sie ging. Abbie linste durch ihre rissige Schlafzimmertür. Rubald saß dösend auf einem dick gepolsterten Stuhl, den er gegen die Vordertür geschoben hatte. Sein Handy klingelte und er richtete sich aus, so dass er die Nachricht lesen konnte. Abbie konnte gerade so Ruthas ergrauenden Kopf sehen, wie er auf der Armlehne der Couch ruhte. Wenn sie ihren Atem anhielt, konnte sie sie mit Mühe und Not hören.
»Er sagt, Lincoln bereitet sich darauf vor von der südlichen Grenze aus in Orangiers einzumarschieren, nahe der Tupelo Kreuzung«, sagte Rubald.
»Er beabsichtigt hinauszugehen, um ihn zu treffen?«
»Ja.«
»Es ist das Richtige, aber keine einfache Sache, besonders für ihn. Er verdient es die Nachfolge seines Vaters anzutreten«, sagte Rutha.
»Ja. Aber alles, was wir tun können, ist sie dorthin zu bringen. Der Rest liegt an ihm.«
Rutha schüttelte ihren Kopf langsam, traurig. »Möge Woz ihm beistehen.«
»Ja, er benötigt diese Art von Hilfe, denke ich.« Rubald war danach still und Abbie dachte er war weggenickt. Dann, seine Stimme schwer vom Schlaf, hörte sie ihn murmeln: »Du bist meine liebste Ehefrau, Rutha.«
»Ich liebe dich auch.«
Abbie kroch zurück in ihr Bett, um auf den Mond zu starren und den Schlaf zu erzwingen.
ABBIE NICKTE KURZ VOR der Dämmerung weg und erwachte zum Geruch nach Speck, Eiern und ihrem besten Freund, Kaffee. Sie stolperte aus ihrem Zimmer in einem weißen Unterleibchen und Jungen-Shorts und Rutha wandte schnell ihre Augen ab. Abbie sah, wie Rutha den Pfannenwender an Rubald weiterreichte, der nicht zu verstehen schien warum, bis er sich umblickte und Abbie sah. Er wandte ebenfalls schnell seine Augen ab.
»Schwester, warum helfe ich Euch nicht beim Anziehen?«, bot Rutha an und versuchte sie zurück in ihr Schlafzimmer zu führen. Abbie schüttelte ihren Kopf und schlurfte zur Kaffeekanne. Es gab eine schale Stille im Raum, nur durch einen Zug unterbrochen, der vorbei rumpelte … der, in welchem Abbie hätte sein sollen, um zur Arbeit zu gehen.
Rutha hustete. »Hoheit, es ist nicht angemessen für uns, dass wir Euch so sehen. Lasst uns Euch präsentabel machen.«
Abbie nahm ihren ersten Schluck Kaffee mit geschlossenen Augen. »Anstand hat für mich keine Priorität. Ich bin nicht majestätisch und Sie werden mich in schlechterer Verfassung sehen, bevor wir in Brevspor ankommen, das verspreche ich Ihnen. Das ist mein Haus. So kleide ich mich in meinem Haus.« Dann lächelte sie Rubald verschlafen an, welcher sehr konzentriert auf den Küchentisch starrte.
»Wie wäre es mit einem Morgenmantel? Ein guter Kompromiss? Hmm?«, fragte Rutha.
»Sicher. Aber ich besitze keinen. Ich habe nicht viele Gäste, die übernachten. Außerdem brennen Ihre Eier an.«
Rutha schnappte den Pfannenwender zurück von Rubald, der noch immer an Ort und Stelle erstarrt war, wie eine peinlich berührte Statue, und eilte zurück in die Küche. Abbie hatte nicht bemerkt wie rundlich sie war, bis sie gesehen hat, wie sie wackelte, wenn sie rannte. Es war liebenswert, dachte sie, während sie Rutha beobachtete, wie sie den Speck aus dem Ofen nahm.
»Wo haben Sie dieses Essen her?«
»Rubald hat es gestern Abend in einem örtlichen Supermarkt gekauft.« Rutha lächelte sie an und stellte zum ersten Mal an diesem Morgen richtigen Augenkontakt mit ihr her. Sie reichte Abbie einen Teller, dann einen zweiten für Rubald. »Eure Vorräte waren für die Reise nicht ausreichend«, fuhr sie fort. »Unter den gegebenen Umständen konnten wir nur genug für eine Woche packen.«
Abbie stellte den Teller ab. »Haben Sie Kaffee eingepackt?«
»Nein. Nur Lebensnotwendiges«, sagte Rubald zwischen Bissen von Speck. »Schlichtes Essen, das einfach zu kochen ist. Kaffee benötigt spezielle Ausrüstung.«
»Mr. Jerrinson, schauen Sie mich an.«
Rubald zwang seinen Blick von seinem Teller auf ihr Gesicht, wobei seines zu einem noch tieferen Rot als seine vorige Tomatenfärbung wurde.
»Kaffee ist essentielle Ausrüstung. Ich werde die Presse tragen. Ich werde auf die Kaffeesahne verzichten.«
»Es wird kaputtgehen.«
»Nein, wird es nicht.«
Rubald schüttelte resigniert seinen Kopf. »Ich habe Eurer Hoheit auch ein Handy gekauft«, sagte er, »auf Bitte des Zweitgeborenen.«
»Das hört sich nicht nach etwas Lebensnotwendigem an. Lassen Sie es besser hier. Es könnte kaputtgehen.«
»Er wünscht mit Euch zu sprechen. Ich habe die Nummer an niemand anderen herausgegeben.«
»Die magischen Eigenschaften eines Handys machen es einfach dich zu verfolgen. Wir versuchen unauffindbar zu sein, richtig? Lassen Sie es hier. Ich habe fünf Jahre lang keines gebraucht, also denke ich nicht, dass ich jetzt eines brauche.«
Rubald schüttelte wieder seinen Kopf, schaute zurück auf seinen Teller, dann wurde sein Gesichtsausdruck nachdenklich. »Ehefrau, wie lang ist es her, dass wir außerhalb des Schleiers waren?« Rutha schürzte ihre Lippen und berührte mit dem Pfannenwender ihren Mund, woraufhin Abbie froh war, dass sie bereits bedient worden war.
»Mindestens zwei Jahre, würde ich sagen. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die Dinge verändert haben. Oder eher, nicht haben.« Rutha wandte sich an Abbie. »Und Ihr, Schwester? Wann seid Ihr zuletzt hindurchgegangen?«
»Niemals.«
Beide ihrer Gäste ließen fallen, was sie gerade hielten, und Rubald fing an sich an seinem Essen zu verschlucken. Rutha klopfte ihm mit dem Pfannenwender auf den Rücken.
»Niemals, Schwester?«, fragte sie blass werdend. »Wie kann das sein?«
Abbie zuckte mit den Schultern, brachte ihre Tasse zurück an ihre Lippen. »Hat mich nie interessiert. Ich habe immer in Verschleierten Ländern gelebt. Aber ich habe früher einmal in den Thundercreek Highlands gecampt, also denke ich, dass ich weiß, auf was ich mich gefasst machen muss.«
Rubald murrte etwas zu Rutha in orangiersisch und Rutha antworte leise. Abbies Zorn begann anzusteigen. »Reden Sie nicht über mich, als ob ich nicht hier wäre. Übersetzung?«
Rubald drehte sich, um sie anzublicken. »Ihr habt keine Ahnung, auf was Ihr Euch einlasst. Bei allem Respekt, Majestät, Unverschleierte Länder sind nicht wie Camping. Ich dachte Ihr wärt zuvor einmal hindurch, ich dachte … ich habe nicht gewusst, dass dies Euer erstes Mal hinüber wäre. Wir hätten uns anders vorbereiten sollen.« Er wischte seinen Mund ab und erhob sich vom Tisch, ging hinüber zur Tür.
»Wo gehen Sie hin?«, fragte Abbie seinen Rücken.
»Kaffee und einen Morgenmantel kaufen«, gab er zurück. Die Tür schlug hinter ihm zu. Abbie lächelte und nahm ihren Teller.
BEIDE FRAUEN HATTEN gespeist, sich angezogen und gepackt, als Rubald vom Laden zurückkam.
»Wir haben ein paar Entscheidungen zu treffen«, sagte er, riss eine neue Landkarte auf und ebnete sie auf dem Küchentisch. »Ich habe gerade einen Anruf erhalten. Seine Hoheit der Zweitgeborene sagt, dass es einen Militärtransport gibt, der von Gardenia nach Orangiers geht und in zwei Tagen abfährt.«
»Wo in Gardenia?«
»Fairisle.«
Abbie fuhr mit ihren Fingern durch ihr Haar. »Aber das ist südwestlich von hier. Das ist in der falschen Richtung.«
»Korrekt.«
»Werden sie auf uns warten, wenn wir uns verspäten?«, fragte Rutha.
Rubald schüttelte seinen Kopf. »Der Zweitgeborene fürchtet, dass dies Verdacht erregen wird und das Schiff zu einem Ziel macht. Seine Truppen werden außerdem für den kommenden bewaffneten Konflikt gegen den im Exil lebenden Sohn gebraucht. Er kann sich nicht verspäten.«
»Wie schnell kann es uns dorthin bringen?«
»Drei Tage.« Abbie seufzte und lehnte sich zurück, Arme überkreuzt. Sie starrte Rubald an, welcher auf die Landkarte starrte.
»Sie kennen das Gelände besser als ich. Sechs Tage sind um einiges besser als drei Wochen. Was denken Sie sollen wir tun?«
Rubald schien verblüfft zu sein. »Ich—ich weiß nicht, Majestät. Der Zweitgeborene wollte Euch auf diese Möglichkeit aufmerksam machen, aber hat selbst keine Empfehlung gegeben. Im Übrigen, er fragt immer noch danach mit Euch zu sprechen.«
Abbie ignorierte dies und drehte sich, um Mrs. Jerrinson anzusprechen. »Rutha, was denken Sie?« Die ältere Frau hatte den Tisch verlassen und spülte das Frühstücksgeschirr, während sie leise vor sich hin summte. Sie wischte ihre schaumigen Hände an ihrem Kleid ab und zuckte mit den Schultern.
»Es scheint mir einen Versuch wert zu sein, Majestät. Besonders, da die Gesundheit Eures Vaters anfällig ist.«
Abbie hatte daran nicht gedacht. Es war von keinem Nutzen nach Brevspor zu kommen und ihn tot aufzufinden. Sie würde auf diese Weise niemals aus ihrem Vertrag kommen. Sie hasste die Art und Weise, wie ihre Stimme in ihrem Kopf klang, kalt und berechnend. Sie hatte ihn all diese Jahre vermisst und ihn zu verlieren ohne sich verabschieden zu können, wäre … die Stimme in ihrem Kopf verstummte allmählich. Sie konnte es nicht aussprechen, sogar wenn sie es gar nicht sagte.
Abbie schüttelte ihren Kopf, um ihn von diesem Gedankenstrang zu befreien. »Wir werden nach Fairisle gehen. Es wird auf der Straße wie auch auf dem Schiff bestimmt sicherer sein und es wird Zeit sparen. Je früher wir dieses Durcheinander ausräumen können, desto besser.« Sie drückte sich vom Tisch weg und begann ihre Stiefel zu schnüren.
»Majestät …«, begann Rutha behutsam.
»Das ist das letzte Mal, dass sie mich so nennen dürfen«, knurrte Abbie, ihr Knie an ihrer Brust. »Sobald wir außerhalb dieses Apartments sind, gefährden Sie mein Leben, wenn sie es tun. Also hören Sie auf damit.«
Rutha seufzte: »Majestät, niemand ist jemals aus einem internationalen Heiratsvertrag herausgekommen. Möglicherweise solltet Ihr bedenken—«
»Nein, danke. Bereit zu gehen?« Sie nickten beide und mit einem kurzen, abschließenden Blick durch ihr Zuhause, fegte Abbie durch die Tür und verschloss sie hinter ihnen.
KAPITEL FÜNF
ES HÄTTE EINFACH SEIN sollen: Fairisle war an der südlichen Grenze des Kontinents, an der Küste. Nach Westen gehen, bis man auf den Ozean trifft, dann nach Süden. Aber hier waren sie, faulenzten zwischen zwei Maisfeldern, versuchten herauszufinden in welche Richtung sich die Sonne bewegte, wie ein Haufen stümperhafter Tölpel.
Abbie trug einen Cowboyhut mit breiter Krempe und ein langärmeliges Karohemd mit Jeans. Zu kochen beschrieb es nicht einmal annähernd. Sie zog an ihren Ärmeln und versuchte sich im Sattel zu verlagern, um den Druck auf ihr Steißbein zu mildern. »Hat Ihr Telefon kein GPS?«
Rubald kniff die Augen gegen die Sonne zusammen, während er versuchte dem Bildschirm seines Handys Schatten zu geben. »Es gibt hier kein Internet und offensichtlich wurde dieser Teil der Karte nicht heruntergeladen, bevor wir das Haus verlassen haben … Es tut mir Leid, Schwester.« Sie schwitzten alle übermäßig. Die Pferde waren glücklich, mampften den Schachtelhalm am Rande der Kiesstraße. Abbie starrte in den himmelblauen Himmel, beruhigte sich selbst, indem sie als Mantra wieder und wieder »himmelblau« vor sich hin murmelte, um nicht zu schreien. Ihre Koffein-Kopfschmerzen wuchsen. Sie kratzte geistesabwesend einen anhaltenden Juckreiz auf ihrem Arm.
»Wie wäre es mit etwas Mittagessen?«, fragte Rutha, stieg unbeholfen ab. Abbie tat es ihr gleich, aber mit mehr Elan, und setzte sich in den dürftigen Schatten des Mais’ beim Klingendrahtzaun und nahm ihren Hut ab. Rutha begann ihre Satteltasche zu durchstöbern, zog Cola in Glasflaschen, Erdnussbuttersandwiches und Äpfel heraus. Sie lief krummbeinig zu Abbie hinüber, hielt ihr zuerst das Getränk hin, welches Abbie höflich ablehnte. Mr. Jerrinson schaute sich noch immer um, kratzte seinen Kopf, murmelte vor sich hin, während er nach der Karte in seiner Satteltasche griff.
»Wundgescheuert?«, fragte Abbie.
Rutha schüttelte ihren Kopf. »Arthritis. Das hier ist ein bisschen körperlicher, als meine normale Arbeit.« Sie lächelte Abbie strahlend an. »Ihr saht dort oben jedoch aus, als ob Ihr dort zuhause seid.«
Abbie nickte, lächelte ein wenig bei den Erinnerungen, die hochkamen. »Ich hatte als Kind jahrelang Reitstunden. Ich hatte ein Pferd namens Elvis, mit dem ich durch die Seenlandschaften geritten bin.«
»Ja, ich habe Bilder gesehen.«
Abbie hob eine Augenbraue. »Haben Sie?«
»Natürlich, Liebes! Ihr werdet Teil seiner Familie sein!«, sagte sie, legte Rubalds Mittagessen in das Gras neben seinem gekrümmten Körper. »Ihr wart ein solch süßes kleines Mädchen.«
»Ich weiß. Was ist bloß passiert, oder?«
Ruthas Augen weiteten sich vor Verlegenheit. »Oh nein, Schwester, das ist überhaupt nicht, was ich gemeint habe! Seine Königliche Hoheit erfreut sich an Euch. Ihr dürft nicht anderweitig denken. Eure Schönheit ziemt sich Eurer Position.«
»Sie müssen das sagen«, sagte Abbie, schnaubte auf ausgesprochen unköniginnenhafte Art und Weise.
»Wir wollten alles über Euch wissen, was wir konnten, wir waren alle so begeistert. Und das Internet ist solch eine Erfindung, oder? Solch ein Wunder—«
»Ausgehend von dieser Karte«, unterbrach Rubald, ignorierte dabei Ruthas gutmütiges Augenrollen, »war unser Plan zuerst nach Süden zu steuern unklug. Diese Gebirgskette am südlichen Ende ist unmöglich zu Pferd zu überqueren. Ich denke, wenn wir jetzt nach Westen steuern, können wir die Küstengebirgskette überqueren, bevor sie zu hoch wird.«
»Großartig—diese Straße scheint jedoch von Norden nach Süden zu führen. Wollen Sie zurückkehren oder weiterreiten?«
Rubald seufzte und blinzelte gegen die Sonne. »Ich denke wir müssen umkehren.« Eine entmutigte Stille folgte.
»Essen, Rube. Iss.« Rutha zeigte auf sein Mittagessen, auf welches er sich umgehend stürzte, während er immer noch auf die Karte starrte. Rubald wühlte in seiner vorderen Tasche herum, zog etwas heraus und warf es Abbie zu. Sie fing es aus Reflex und stöhnte dann.
»Was ist das?«
»Euer Handy. Ich glaube Ihr habt es vielleicht aus Versehen zurückgelassen.«
»Sie wissen, dass das nicht wahr ist. Diplomaten sind die Schlimmsten.«
»Also, niemand wird Euch dann beschuldigen diese Ehre innezuhaben.«
Rutha kicherte, da sie sah, wie Abbies Mund vor Schock nach unten klappte.
»Mr. Jerrinson, ich glaube mein Respekt für Sie ist gerade gestiegen«, murmelte sie, als sie sich erholt hatte.
»Ruft ihn an«, bellte er.
»Nein, danke.«
Rubalds Gesichtsausdruck verdunkelte sich. »Schwester, wenn der zukünftige Anführer des viertmächtigsten Landes der Welt darum bittet, dass man ihn anruft, ist das nicht wirklich eine Bitte.«
Abbie seufzte und schüttelte ihren Kopf. »Na ja, dann sehe ich kein Weg, der daran vorbeiführt. Bringen wir es hinter uns.« Sie hielt ihm feierlich ihre zusammengepressten Handgelenke hin. »Klagen Sie mich wegen Hochverrat an.«
»Das würde ich sicherlich gerne. Ganz abgesehen von der Respektlosigkeit, die Ihr gegenüber Eurem zukünftigen Ehemann zeigt.«
»Sagt der Typ, der immer wieder seine Ehefrau unterbricht. Belehren Sie mich nicht über ehelichen Respekt, Mister. Und jetzt brauche ich ein Schläfchen.« Abbie streckte sich auf dem Gras aus, ihre Hände hinter ihrem Kopf, und starrte hoch in den saphirfarbenen Himmel.
»Schwester, wenn Ihr etwas zu sagen habt über meine—«
»Rube, da kommt jemand.« Rutha nickte in Richtung der Straße, wo eine von Pferden gezogene Kutsche schnell näherkam. Abbie konnte gerade eine Gestalt ausmachen, schwarzes Haar flog hinter ihr, eine junge Frau, welche die Zügel knallen ließ, um ihr Gespann anzutreiben. Es war schwer zu erkennen, wer sie jagte, wenn es überhaupt jemand tat.
Sehr zu ihrer Überraschung riss die Frau die Zügel zurück, sobald sie sie sah. In einer geschmeidigen Bewegung sprang sie auf ihre Füße und legte einen Pfeil in einen großen Bogen ein, welchen sie von ihrem Rücken herunter gezogen hatte. Sie zielte damit auf Abbie, die jetzt auf ihren Füßen war, und Rube trat unverzüglich zwischen sie.
»Das willst du nicht tun, Schwester«, sagte er, seine Stimme fiel eine Oktave tiefer als gewöhnlich. Die Frau senkte ihre Waffe nicht. Sie verlagerte sich, um in Abbies Augen zu blicken.
»Bist du sie?«
»Darf ich fragen, nach wem du suchst, Schwester?«, fragte Rutha. »Wir reisen durch; möglicherweise haben wir gesehen—«
»Halt den Mund«, schrie das Mädchen und positionierte ihre Waffe neu. »Bist du sie?«, wiederholte sie und Abbie hielt ihre Hände hoch, etwas das sie sofort hätte tun sollen, begriff sie. Verdammt, das Entführungs-Training war lange Zeit her. »Weiß ich nicht, bis du mir sagst, wer sie ist, Schätzchen.«
»Hört mit den Schätzchen und Schwestern auf. Bist du Abelia?«
Abbie versuchte Ruthas Gesicht über Rubes Schulter zu sehen, aber ihr Pferd, Stargazer, war im Weg. Gab es irgendeine Chance, dass diese schwarzhaarige Frau in Wirklichkeit versuchte ihr zu helfen, und sollte sie die Wahrheit sagen? Aber das Gesicht der Frau war voller Eindringlichkeit und ohne Sorge.
Sie war auf einer Jagd.
»Schau, mein Name ist Sarafeen. Ich kenne niemanden namens Abelia«, sagte Abbie geschmeidig. »Das ist mein Vater, Gerald, und meine Mutter, Brica. Wir sind auf dem Weg nach Fairisle, um meinen Bruder zu sehen, der gerade erst aus der Navy gekommen ist.«
Die Frau beäugte sie einen Moment länger, senkte dann ihren Bogen und schob ihren Hut schmollend herunter.
»Woz, ich werde diese Tussi nie finden. Ihr seid die vierte Gruppe Reisende, die ich heute aufgehalten habe. Tut mir leid, Leute.«
»Das ist in Ordnung«, sagte Rutha gleichmäßig. »Es war ein ehrlicher Fehler. Hat diese Abelia deiner Familie etwas angetan? Oder wird sie vom Gesetz gesucht?«
Die Frau nickte. »Letzteres, gewissermaßen. Es gibt eine Belohnung von einer Million Dollar für ihre lebendige Ergreifung. Der oberste Kriegsherr von Gratha hat diesen Haftbefehl heute Morgen erlassen.«
»Kein Preis, wenn sie tot ist?«, fragte Abbie.
Die Frau grinste höhnisch. »Nö. Wünschte ich hätte das gewusst, bevor ich die erste Gruppe getroffen habe. Wie auch immer, Entschuldigung fürs Aufhalten. Bitte dankt eurem Sohn für seinen Dienst. Ich war mal mit einem Soldaten zusammen. Liebe diese Uniformen.«
»Wird gemacht«, sagte Rube, tippte an seinen Hut und bewegte sich auf sein Pferd zu. Die Frau ließ die Zügel knallen und startete die Straße herunter, suchte bereits die Felder nach anderen Reisenden und die Straßen nach Staubwolken ab. Sie warteten bis sie außer Sicht war, um sich zu beratschlagen.
»Ein Preis auf meinen Kopf? Wollt ihr mich verarschen? Warum zur Jersey würde er so etwas tun?«
Rube strich über seinen Bart. »Er versucht sich bei Seiner Königlichen Hoheit dem Zweitgeborenen einzuschmeicheln. Wenn er Euch sicher heimbringt, ist ihm eine lukrative Allianz mit dem neuen gemeinsamen Königreich garantiert. Sehr raffiniert, eigentlich.«
»Raffiniert?«, zischte Abbie. »Diese Frau hat an diesem Morgen irgendeine arme Dame erschossen, weil sie wie ich ausgesehen hat!«
»Du musst zustimmen, Rube, dass dies nicht ist, was wir dachten, was es sein würde«, fügte Rutha hinzu.
»Wir müssen es so schnell wie möglich jenseits des Schleiers schaffen«, sagte Abbie. »Je schneller wir von Gardenia City wegkommen, desto besser.«
»Ihr habt Recht. Lasst uns etwas Entfernung zwischen uns und hier bringen; wir können später herausfinden, wie wir über die Berge kommen. Die Geschichte, die Ihr geschaffen habt, wird gut funktionieren, Abbie; wir werden dabei bleiben. Hat der Bruder einen Namen?«
»Äh, Sajek?«, spuckte Abbie aus.
Das Paar nickte. Sie wandten sich ihren Pferden zu, aber Abbie legte eine Hand auf Rubes Arm.
»Danke für … ich danke Ihnen dafür, dass Sie mich verteidigt haben.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wenn ich hierbei versage, kann ich genauso gut tot sein. Alles hängt hiervon ab.«
»Ich weiß, wie Sie sich fühlen«, sagte Abbie, während sie ihren Hut wieder aufsetzte.