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Die Anfänge als Unternehmer
Der Startschuss der Laufbahn als Selbstständiger erfolgte 1965 – und es war nicht zuletzt die Lawinensuche, durch die Schröcksnadel in die Tourismusschiene gelenkt wurde. Durch Kontakte und auf Empfehlung nahm er an einem Symposium für Lawinensicherheit im Schweizer Dorf Mürren teil. Er sollte dort seine Förster-Sonde vorführen – und traf dabei auf Universitätsprofessor Leo Chavanne. Der hatte sich bereits dem Konzept der Pistenleitsysteme verschrieben und inspirierte damit auch Schröcksnadel. Doch wie sollte der Innsbrucker die Lizenz und den Start ins Unternehmertum finanzieren? Ein Darlehen über 10.000 Schweizer Franken legte die Schiene, Chavanne vertraute darauf, dass der damals 24-jährige Tiroler das Geld zurückzahlen würde. Der Rest ist Teil einer Erfolgsgeschichte, die sich von Mitteleuropa aus (Deutschland-Ableger Sitour 1974) bis in die USA (1984) und Kanada (1985) erstreckte und die mit der Firma feratel (seit 1978; touristischer Anbieter, u. a. Panorama-Fernsehen, Reservierungsplattform) eine Fortsetzung fand.
Juni 2021: „Ich verfolge die sogenannte Polsterzipfel-Methode. Man kann nicht gleich den ganzen Polster haben, sondern muss ihn an einem Zipfel nehmen und langsam, nach und nach zu sich ziehen. Dann hast du am Schluss den ganzen Polster.“
Peter Schröcksnadel im Abschieds-Interview mit der Austria Presse Agentur.
Schröcksnadels Rollenspiel
Zwischen Retter und Vermarkter, zwischen Traditionalisten und Modernisierer
„Angestrebt habe ich das Präsidentenamt nicht. Aber es war eine Aufgabe, und mich interessieren Aufgaben, nicht das Geld. Wenn Geld die Motivation ist, wirst du nie was.“
Der 18. Mai 2021, kurz vor 20 Uhr. Nervös streiften Vertreter der österreichischen Landesskiverbände durch ein Hotel im Salzburger Vorort Anif. Viel galt es an diesem Abend zu besprechen, denn vier Wochen später stand die Wahl des neuen Skiverbandspräsidenten an. Die wollte vorbereitet sein, um eine Kampfabstimmung tunlichst zu vermeiden. Im Idealfall stünde bei der Länderkonferenz am 19. Juni 2021 in Villach nur ein Kandidat zur Wahl – die dann keine mehr wäre, sondern eine bloße Legitimation des von allen Interessensgruppen goutierten Chefs. Für die Ehrenamtlichen aus den Bundesländern, die das Prozedere durchführten, war das ein ungewohntes Szenario. Denn über drei Jahrzehnte hatte sich die Wahl des ÖSV-Obersten als Nebenschauplatz erwiesen, ein nüchtern abzuhandelnder Programmpunkt jeder dritten der jährlichen Länderkonferenzen, da die Amtszeit des Präsidenten drei Jahre umfasst. Ein bloßes Abnicken also.
Rückblende
Am 20. Juni 1987, drei Jahre vor seinem Antritt, galt Peter Schröcksnadel im Bregenzer Hotel „Mercure“ bereits als unumstrittener designierter Nachfolger von Arnold Koller nach dessen 15 Jahre andauernder Amtszeit. Und am 23. Juni 1990 wurde der Tiroler schließlich, wie erwartet, einstimmig zum neuen Präsidenten gewählt – für, wie sich dann zeigte, damals unvorstellbare zehn Amtsperioden und ein Jahr Corona-Nachschlag: 2020 wurde die Wahl ausgesetzt, Sckröcksnadel wollte den Verband im schwersten Jahr „nicht im Stich lassen“.
Bis zum Jahr 2020 war die Nominierung Peter Schröcksnadels also eine Randnotiz. Kaum jemand maß diesem Standardprozedere viel Bedeutung bei. Allein das Thema auf den Tisch zu bringen, wäre einer Majestätsbeleidigung gleichgekommen, einem Frontalangriff auf den Langzeitpräsidenten. Und als das Thema schließlich doch unvermeidbar wurde, als Schröcksnadel vor dem 80. Geburtstag stand und eine Neuwahl unabdingbar schien, da war die Büchse der Pandora bereits geöffnet. Jetzt kochte über, was über Monate, über Jahre nicht vorbereitet worden war: Schröcksnadels Nachfolge. Schröcksnadel selbst meinte zu seinem möglichen Abgang in den Jahren zuvor meist gar nichts, wohl wissend, dass das auf ihn zugeschnittene Funktionärsprofil kaum jemand erfüllen könnte: „Wenn es einen Besseren gibt als mich, dann soll der Präsident sein.“ Er wolle keinen bezahlten, sondern einen ehrenamtlichen Nachfolger, wie er selbst einer ist. Nur der sei unabhängig. Und einer, der „300 Tage im Jahr“ verfügbar wäre, am besten also privat ungebunden.
Nachfolgetendenzen
Nervös warteten an diesem 18. Mai 2021 auch Journalisten vor dem Anifer Hoteleingang, um in der Sitzungspause wieder vor den Konferenzsaal zu treten und mögliche Tendenzen für die Schröcksnadel-Kandidatin Renate Götschl oder für deren Opponenten Michael Walchhofer zu erhaschen oder zumindest Stimmen enttäuschter Funktionäre. Noch nie in der Sportgeschichte Österreichs hatte eine Wahl dermaßen viel Aufsehen erregt. Und ein wenig hatte sich Schröcksnadel den Wirbel selbst zuzuschreiben, denn immer wieder gab der 79-Jährige in den Monaten vor seinem endgültigen und terminisierten Abgang im Juni Wasserstandsmeldungen in der Öffentlichkeit ab. Seine Neutralität zu Beginn („Die Entscheidung treffen die Landesverbände“) wich schon bald einer offenen Positionierung gegen Michael Walchhofer. Der Zauchenseer hatte im Vorfeld klargemacht, dass er im Skiverband allerhand umkrempeln und den Verband modernisieren wolle, was Schröcksnadel so nicht stehen lassen wollte: „Der hatte viele Jahre Zeit, sich einzubringen, so oft hat man ihn nicht gesehen.“
Die Front zum Salzburger Landesverband tat sich auf, der Heimat des Ex-Abfahrtsweltmeisters Walchhofer und zudem Gastgeber der Ski-WM 2025 in Saalbach. Als Schröcksnadels Abschied nahe war, opponierte auch Bartl Gensbichler, der Landespräsident, offen gegen das Langzeit-Oberhaupt aus Tirol: „Der Präsident, glaube ich, ist in dieser Sache nicht verhandlungsbereit. Er hat sich für Renate Götschl positioniert.“ Außerdem habe Gensbichler das Gefühl, dass Schröcksnadel im Hintergrund auch jetzt noch weiter die Fäden ziehen wolle. „Ich bin einfach überzeugt, dass die wirtschaftliche Kompetenz von Michael Walchhofer weit über der von Renate Götschl steht“, so Bartl Gensbichler. Schröcksnadel geriet ob des medial geäußerten Widerspruchs außer sich, die präsidiale Nonchalance und Überparteilichkeit wich einer Wut: „Das nenne ich undankbar!“ – eine Anspielung darauf, dass er den Salzburgern mit Saalbach eine WM beschert hatte, indem er bei der Vergabe des Weltverbands FIS seine über Jahre gepflegten Kontakte spielen ließ.
Dabei wäre Schröcksnadel jahrelang dazu angehalten gewesen, einen Erben zu suchen. Wollte er das nicht? Konnte er nicht? Oder war das Anforderungsprofil – politisch und finanziell unabhängig, sportaffin und ehemals unternehmerisch tätig – zu komplex? „Entweder ich darf einen Nachfolger aussuchen oder nicht. Jetzt wird mir vorgeworfen, ich habe keinen gesucht. Wenn ich einen suche, heißt es: ‚Das darf er nicht‘. Meine Meinung ist: Ich habe das gute Recht, jemand zu suchen.“ Tatsache war: Schröcksnadel hatte im Hintergrund immer wieder mögliche Nachfolger gesucht, aber vergebens. Der Vorarlberger Hotelier Patrick Ortlieb, Abfahrts-Olympiasieger 1992, war Schröcksnadels ursprünglicher Kandidat im Jahr 2019 gewesen. Aber dessen politische Vergangenheit allein (im Nationalrat für die FPÖ) disqualifizierte ihn für dieses Amt. Es folgte der Kärntner Klaus Pekarek, ehemals Generaldirektor einer Versicherung. Und Ex-Slalom-Ass und ORF-Experte Thomas Sykora. Und Kitzbühels Ski-Club-Präsident Michael Huber. Alles sagten ab.
Gekämpft wurde mit harten Bandagen
Im Mai 2021 entspann sich ein Richtungskampf, ein Glaubenskampf. Hier der Westen mit den Verbündeten Tirol und Vorarlberg. Dort die Aufmüpfigen – Salzburg, Oberösterreich, das Burgenland. Michael Walchhofer zog sich schließlich zurück. Und zuletzt scheiterte auch Schröcksnadels Not-Variante, die Ex-Weltmeisterin Renate Götschl. Die Steirerin tröstet sich nun mit der Rolle als Landespräsidentin ihres Heimatbundeslands. Niederösterreichs Präsident Wolfgang Labenbacher zauberte schließlich einen Vorschlag aus dem Hut, der wohl schon länger vorbereitet in der Schublade lag. Lange nach Mitternacht dieses 18. Mais ging der 69-Jährige im Zuge der Patt-Situation mit seinem Vorschlag in die Diskussionsrunde: Karl Schmidhofer, bis zu diesem Zeitpunkt steirischer Präsident. „Ich habe mich stundenlang auf diese Sitzung vorbereitet und mir schon im Vorfeld eine Lösung überlegt“, zitierten ihn die „Niederösterreichischen Nachrichten“. Der Kompromiss-Kandidat sei als finaler Schachzug geplant gewesen – was Schröcksnadel ahnte und erzürnte. Aber sechs Landesverbände stimmten zu, Tirol und Vorarlberg schließlich auch.
Es war eine Wahl, die alle Parteien, also auch die opponierenden Salzburger und Oberösterreicher, Sympathien kostete. Schröcksnadel gestand vor seinem Abgang: „Wie das gelaufen ist, da bin ich enttäuscht.“ Seine Mitschuld am Wirbel verneinte er: „Die Landesverbände fingen an zu streiten, da lief es aus dem Ruder.“ An sich selbst wollte Schröcksnadel deswegen nicht zweifeln: „Wenn nach 30 Jahren ein Vakuum entsteht, ist eine Diskussion normal. Es lief gegen Tirol und Vorarlberg, so etwas kann nicht gut ausgehen, wenn der größte Verband praktisch ausgeschlossen wird.“ Ein wenig sah man sich bei diesen Worten an ein Klischee erinnert, das Schröcksnadel mit seiner Tiroler Herkunft immer wieder bediente: das des Aufmüpfigen, des Unbequemen, der seine Landesfahnen hochhält. Ins Bild passt, dass der Tiroler am 20. Februar 1999 anlässlich des Todestages des Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer mit dem „Ehrenzeichen des Landes Tirol“ ausgezeichnet wurde. Ein symbolträchtiger Akt.
Letztlich wurde es also doch ein Politiker, einer aus dem Nationalrat, auch wenn Karl Schmidhofer seine politische Funktion nach der ÖSV-Wahl umgehend aufgeben wollte. Vielleicht war dieses Anforderungsprofil der politischen Unabhängigkeit ja auch nur ein Vorwand, denn selbst wenn es nur wenige wissen: Mit seiner auferlegten Regel hatte Schröcksnadel selbst zweimal gebrochen, denn Anfang des Jahrtausends machte er sich für Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner stark, die gegen Heinz Fischer antrat, dann auch für Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel. War das ein Fehler? Schröcksnadel weicht bei diesem Thema aus: „Ich war zumindest nie aktiv in der Politik. Und als Heinz Fischer gewonnen hat, habe ich auch ihm gratuliert, dann war die Sache erledigt.“
Politisch neutral
Schröcksnadel positionierte sich nicht gerne politisch, sein Unternehmertum ließ allerdings klare Schlüsse zu: „Ich bin ein progressiver Konservativer, genau aus der Mitte, bin aber nie für eine Partei eingetreten. Ein Türkiser ich aber nicht. Für mich war immer wichtig, dass der Verband nicht parteipolitisch geführt wird.“ Möglicherweise rührt die offen geäußerte politische Abneigung gegenüber Türkis daher, dass Karl Schmidhofer von Kanzler Sebastian Kurz als ÖSV-Präsident forciert wurde.
„Ich übergebe ein gemachtes Haus“, erklärte Peter Schröcksnadel bei der versöhnlichen Übergabe-Pressekonferenz wenige Wochen nach dem Entscheid vor laufenden Kameras. Doch den Haustürschlüssel, um beim Bild zu bleiben, wollte Schröcksnadel auch nach seinem Abgang nicht ganz abgeben. Zumindest wollte er wohl einen „Ersatzschlüssel“, um sein Kind, den Skiverband, weiter bemuttern zu können. „Ich habe ihn schwach übernommen, jetzt ist er stark.“ Und das sollte er auch bleiben. Wie zum Beweis kramte der Tiroler beim Abschied noch Zahlen hervor: dass er dem Skiverband im Corona-Jahr ein Plus von zwei Millionen Euro beschert habe, dass die Landesverbände einen Nachwuchs-Bus bekämen, dass man 500.000 Euro extra ausschütten wolle. Abschiedsgeschenke. Den Athleten bot er unverhohlen sein Netzwerk an, auch seinem Nachfolger Karl Schmidhofer und dessen Vorstandsteam stünde er mit Rat und Tat zur Seite, „wenn man mich fragt“. Denn Schröcksnadel verstand sich als Tausendsassa, wenn es um den Verband ging. Und tatsächlich – Rollen hatte er in den vergangenen Jahren viele eingenommen.
Marcel Hirscher
„Leute, ich helfe euch“
Training auf der Reiteralm: Grande Finale, 50 cm Neuschnee. Ein Training hätte normalerweise nicht stattgefunden, also half ich mit. Ich schaufelte eine Stunde – und auf einmal tauchte Peter Schröcksnadel auf. Da sah er mich schaufeln und sagte: „Das habe ich überhaupt noch nie gesehen, da helfe ich gleich mit.“ Erst hat uns der Schröcksi Peter mit seinen fast 80 Jahren eine Stunde geholfen, dann habe ich geil trainiert. Das ist sinnbildlich für den Mann, der sich einfach hinstellt – egal ob Präsident, ob alt oder jung – und sagt: „Leute, ich helfe euch.“ Und das finde ich megageil.
Der Stabilisator
Auf Bitte von Generalsekretär Klaus Leistner, seinem bis zum letzten Tag seiner Amtszeit treuen Gefolgsmann, trat Schröcksnadel Anfang der 1980er-Jahre in Aktion, wurde in der Folge Breitensportreferent, später Vizepräsident und 1990, unmittelbar vor der alpinen Heim-WM 1991 in Schladming, Präsident. „Angestrebt habe ich das nicht“, beharrt er. Aber es war eine Aufgabe, „und mich interessieren Aufgaben, nicht das Geld. Wenn Geld die Motivation ist, wirst du nie was. Es funktioniert nicht, wenn du etwas nicht gern tust. Ein Skifahrer gewinnt nicht wegen dem Geld.“ Das weiß er, der Senioren-Skiweltmeister aus Leidenschaft. Und mit 49 Jahren begann der Tiroler, den Skiverband umzukrempeln.
Als Peter Schröcksnadel bei der Länderkonferenz des Österreichischen Skiverbandes in Baden am 23. Juni 1990 schließlich sein Amt antrat, wurde das Budget für den Leistungssport im ÖSV vorerst mit 44 Millionen Schilling veranschlagt. Am 5. Oktober 1990 meinte die Austria Presse Agentur erstmals: „Er geht mit einem Budget in bisher nie gekannter Größenordnung in die Saison: 47,6 Millionen Schilling werden in die sechs Sparten investiert.“ Dass allein 29 Millionen in den Alpinbereich flossen, erklärte sich für den Tiroler nicht nur aus seiner Leidenschaft heraus: „Die Nordischen können nur mit Mitteln finanziert werden, die wir über die Alpinen bekommen“, machte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel auf einen Zustand aufmerksam.
Heute liegt das Budget zwischen 50 und 60 Millionen – in Euro. Auch der Österreichische Fußball-Bund, das zweite Zugpferd der weit über 60 österreichischen Fachverbände, bewegt sich in dieser Sphäre. Schröcksnadel: „Du musst einmal den Verband so weit bringen, dass er wirtschaftlich so gut dasteht.“ Deshalb brauche es im ÖSV auch keinen Wirtschaftsmanager: „Es ist ja alles da. Das ist wie in einer Firma, da rede ich dem Vorstand auch nicht drein als Aktionär.“ Das ist eine Ansage an Karl Schmidhofer, seinen Nachfolger. Dass der ab der Saison 2021/22 in ein „gemachtes Haus“ einziehe, dafür sorgte Schröcksnadel in den Monaten und Wochen vor seinem Abgang: Verträge mit Großsponsoren und zuletzt der Fernseh-Vertrag – wie immer mit dem ORF als Hauptpartner – wurden verlängert. Schröcksnadel: „Das ist mein Abschiedsgeschenk.“
Die jährliche Bekanntgabe der Budgetzahlen entfiel zu Beginn des Jahrtausends, „weil diese so gut waren. Jetzt sind wir bei 60 Millionen Euro in der Saison ohne Großereignis, hatten im Vorjahr trotz Corona einen Gewinn von 2 Millionen – und das ohne Zuschauer.“ Angesichts des nahenden Abgangs bekräftigte Schröcksnadel: „Die Situation ist jetzt anders als früher, denn da musste man alles aufbauen, Partner suchen. Das brauchst nimmer, du brauchst deshalb keinen Obermanager. Wenn ich heute tot umfalle, ist alles da.“
Eva-Maria Brem
Direkt, nüchtern, abgebrüht
Der Präsi, so nennen viele aktive und ehemalige Athleten Peter Schröcksnadel.
Für mich war diese Bezeichnung immer verbunden mit Dankbarkeit, Respekt und ebenso aus dem Bewusstsein heraus, dass der Präsident, 1941 geboren, einer für die Athleten meines Alters großelterlichen, beharrlichen und liebenswürdigen Generation entstammt.
Bei unserem letzten Gespräch, das wir führten, war der Präsi noch ÖSV-Präsident, und wahrscheinlich wird er das auch auf ewig bleiben. Gefühlt werden viele Generationen beim Präsidenten zuallererst an die Person Peter Schröcksnadel denken.
Dem Grundsatz folgend, dass private Gespräche auch privat bleiben sollen, kann ich hier lediglich umrisshaft ausführen, dass Peter und ich ein spannendes Telefongespräch führten. Ich habe ihn angerufen und ihm meine Sicht der Dinge dargeboten und meine daraus resultierende Entscheidung mitgeteilt. Die Antworten vom Präsi, obwohl ich ihm in diesem Gespräch keine Fragen stellte, hätte ich eigentlich vorausahnen können. Peter denkt anders als viele von uns, und er handelt anders. Er ist ein Mensch, der immer in Optionen und möglichen Alternativen, die niemand sonst zuvor wahrgenommen hat, denkt und danach agiert. Dabei erweckt er stets den Anschein, als sei diese Charaktereigenschaft einfach ein Talent von ihm. Ich würde es sogar als mehr als ein Talent betiteln und so weit gehen und behaupten, dass unter all seinen Eigenschaften und Eigenarten diese die charakteristischste der Person Peter Schröcksnadel darstellt. Zumindest habe ich ihn meistens genau so erlebt. Aber dazu später mehr. Ich befinde mich also in einer Situation, in der mein Gefühl längst für ein Karriereende entschieden hat, während der Präsi mir Alternativen aufzeigt, die für mich keineswegs realistisch sind. Wir diskutieren ein wenig und als ich glaube, meinen Standpunkt weitestgehend klargemacht zu haben, hat der Präsi eine weitere gut gemeinte Idee. Natürlich freut und ehrt es mich auch ein wenig, dass Peter meine Mitteilung nicht einfach kommentarlos hinnimmt, sondern sich in der Sekunde seine eigenen Gedanken dazu macht. Wohl um die Situation für mich persönlich nicht noch weiter in die Länge zu ziehen, bringe ich als finales Argument: „Von einer stolzen Tirolerin zu einem stolzen Tiroler, lass mich dir doch bitte Folgendes einfach sagen …“ Mein Herz klopft ein wenig, das Gesagte ist mir einfach so rausgerutscht. Der Präsi bringt danach keine weiteren Ideen mehr und wir reden noch ein wenig übers Fischen, bevor wir uns verabschieden.
Ich war nun also die zweite Athletin (nach einer Teamkollegin im Jahr 2015), die den Präsi einen stolzen Tiroler genannt hatte. Nach dem Gespräch frage ich mich, warum das passiert ist. Ich komme zur Schlussfolgerung, dass es wohl am Umstand liegen könnte, dass man in einer Diskussion mit Peter und seinem analytischen, nüchternen Denken mit Argumenten, die die eigenen Gefühle widerspiegeln, wohl nicht sehr weit kommt bzw. ein Stück weit aneinander vorbeiredet, missverstanden wird und missversteht.
Jahre zuvor hatte ich eine ähnliche Erfahrung gemacht. Ich war mit einer ungerechten und verfahrenen Vertragssituation konfrontiert und verzweifelt. Alle meine Mühen, eine Einigung zu erzielen, waren vergeblich, und so wagte ich es, den Präsi um Hilfe zu bitten. Er zeigte mir eine Möglichkeit auf, die mein Problem lösen würde. Für Peter war’s damit erledigt. Dass ich mich damit nicht wohlfühlte und die Lösung nicht die war, die ich wollte, besprachen wir nur kurz und knapp, weil dabei die Ideale und Wertvorstellungen einer jungen Frau auf die nüchterne und abgebrühte Lebenserfahrung eines erfahrenen Geschäftsmannes trafen. Wenn man den Präsi als Athlet:in um Hilfe bittet, kann man sich sicher sein, dass man diese Hilfe auch auf die eine oder andere Weise bekommt. Ob man mit dem Ergebnis nachher zufrieden ist oder nicht, ist ohne Belang. Hätte man das Problem selbst lösen können, hätte man dies ohnehin getan, und ansonsten begibt man sich bewusst in die Obhut und unter die Führung eines weitaus lebenserfahreneren Mannes. Wenn man also die Feuerwehr zu einem Brand bestellt, kann man ihr auch nicht auftragen, wie es sich gut und richtig für einen selbst anfühlen würde, dass dieser Brand gelöscht wird. So ähnlich, so denke ich, nimmt der Präsi diese Löschaktionen wahr, zu denen er, wahrscheinlich nicht nur von mir, gerufen wurde.
Wenn man das große Ganze des Prof. Peter Schröcksnadel mit all seinen Unternehmen, Ämtern etc. betrachtet, mutet es fast schon banal an, dass er Athleten seine Hilfe angeboten hat. Seine erfolgreichen Unternehmen und seine Lebensleistung hat er Athleten gegenüber nie raushängen lassen. Im Gegenteil, all das war nie ein Thema. Das einzige Thema war jenes der ÖSV-Präsidentschaft, und hierbei traf ein Manager Zeit seines Lebens auf Jugendliche und Athleten im jungen Erwachsenenalter, die nachfolgend Generation für Generation Kinder ihrer jeweiligen Zeit mit eigenen Wertvorstellungen waren. In dieser Konstellation der Zusammenarbeit kann man also, positiv formuliert, von Entwicklungs- und Lernmöglichkeit in riesigem Ausmaß für alle Beteiligten ausgehen. So musste der Präsi im Zuge meiner Generation erfahren, dass erfolgreiche Athletinnen dieselben Rechte einforderten wie sie ihre männlichen Kollegen hatten. Für ihn war das vermutlich überraschend, für die Athletinnen in ihrem Generationenverständnis ganz selbstverständlich.
Eine weitere Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte beschreibt auch, dass es im modernen Management nicht nur um nackte Zahlen, sondern begleitend dazu auch um eine Vielzahl sogenannter Softskills geht. Der Präsi war und ist Zeit seines Lebens ein Unternehmer, Macher und Netzwerker. Mit manchen Gefühlswelten junger Erwachsener und der zunehmenden Bedeutung von Kommunikation, so stellte es sich mir dar, kann er wenig anfangen. Als Peter beispielsweise in einem Interview 2017 lapidar meinte, wenn es bei arrivierten Athletinnen nicht mehr geht, es eben vorbei ist und man eben aufhören und einfach gehen müsse, war das Gesagte, obwohl er keine Namen nannte, vermutlich verletzend für so manche Athletin. Athleten besitzen jedoch häufig die Fähigkeit, solche oder so ähnliche Kritiken in Motivation umzuwandeln. Ob der angemessenere Weg, solchen Unmut kundzutun, anstelle in der Öffentlichkeit nicht das ein oder andere persönliche Gespräch gewesen wäre, bleibt von jedem und jeder selbst zu bewerten.
Einst (2016), als der Präsi aus eigener Initiative einen Schminkkurs für Athletinnen organisierte, war den meisten weiblichen Beteiligten bereits im Vorfeld klar, dass dieses Vorhaben, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt, wohl eher eine schräge als eine gute Optik erzeugen würden. Ein Beispiel von gut gemeint und schlecht getroffen. Natürlich gelangte der Schminkkurs an die Öffentlichkeit, ebenso wie der angebliche Grund dafür. Als mutmaßliches Vorbild für die Initiative diente Lindsey Vonn. Peters Entscheidungen waren für Athletinnen oft schwer nachvollziehbar, weil sie, so wie in diesem Fall, divergente Signale sendeten. Einerseits sollten wir Athletinnen also amerikanisch aussehen und auftreten, andererseits durften wir uns aber keineswegs in irgendeiner Form divenhaft oder allzu fordernd verhalten.
So, wie es eigentlich nicht zu den Aufgaben eines Präsidenten gehört, jederzeit für Probleme von Athleten ansprechbar zu sein, so gehören auch vorher erwähnte Beispiele nicht zum Kernaufgabenfeld eines Präsidenten. Sie zeigen jedoch, dass der Präsi sein Engagement für den Skiverband als mehr als einen Job, mehr als ein Ehrenamt und durchaus persönlich wahrgenommen und ausgefüllt hat.
Die Hauptziele, einen Verband wirtschaftlich, sportlich und in der allgemeinen Wahrnehmung vorbildhaft aufzustellen, dürften den Mittelpunkt seines 31-jährigen Wirkens und Bemühens für den ÖSV dargestellt haben. Als unbestritten gilt dabei, dass der Geschäftsmann Schröcksnadel den Verband finanziell und wirtschaftlich erfolgreich aufgebaut, geführt und an seinen Nachfolger übergeben hat. Just in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit wurde der Nationencup bei den Alpinen von den Schweizer Konkurrenten gewonnen, während in den Jahren von 1990 bis 2019 immer die Österreicher siegreich waren. Der Präsi hat nie einen Hehl daraus gemacht, weder öffentlich noch in internen Mannschaftssitzungen, dass der Nationencup für ihn von besonderer Bedeutung ist. Wird der Nationencup in 31 Jahren also neunundzwanzigmal gewonnen, ist daraus zu schließen, dass im sportlichen Bereich grundsätzlich sehr vieles richtig und gut gemacht wurde. Ebenso gilt es jedoch anzumerken, dass sich die Auswirkungen von sportlichen Systemen oft nicht sofort in Ergebnissen zeigen. Es ist davon auszugehen, dass es einige Jahre dauert, bis ihre Wirkung in Resultaten sichtbar wird.
Was den Menschen Peter Schröcksnadel, weit weg und über den Österreichischen Skiverband hinaus, ausmacht, können wohl nur private oder enge Vertraute und Wegbegleiter wiedergeben und beschreiben. Als eine erfolgreiche, spannende und willensstarke Persönlichkeit habe ich ihn als Präsi erleben dürfen. Lehrreich hat er mir einige wichtige Lektionen fürs Leben mitgegeben. Seine Direktheit, Nüchternheit und Abgebrühtheit, mit gefühlt aussichtslosen Problemen von Spitzensportlern umzugehen, haben mir gezeigt, dass man Erfahrung und Weitblick zwar Zeit geben muss, diese Lehrjahre aber auch verkürzen kann. Man kann aus dem Erlebten einer älteren Generation, den Erkenntnissen eines langjährigen Geschäftsmannes und aus den Erfahrungen eines Mannes, der sich mit Leib und Seele dem Sport und einem Verband verschrieben hat, unendlich viel lernen.