Kitabı oku: «Vom Drachen zur RegioTram», sayfa 5
Richtungen

Die Zahl vor dem Schrägstrich gibt die Anzahl der schnellfahrenden Züge (Schnell- und Eilzüge bzw. vergleichbare), die danach die der Personenzüge an. Es sind nur die an Werktagen außer Samstagen verkehrenden Züge aufgeführt, nicht saisonal oder nur an einzelnen Tagen verkehrende. Züge, die nur bis Hann. Münden oder Ihringshausen verkehren, werden der Richtung Göttingen zugerechnet, solche, die nur bis Guntershausen fahren, der Richtung Frankfurt. Außerdem: 1914 : 14 Züge Kassel Hbf – Kassel-Wilhelmshöhe, 1925 : 9.
Quelle: Kursbücher
Tab. 5: Reisezüge ab Kassel Hbf in ausgewählten Jahren
5. 4. Die ‚alten‘ Strecken –
Verkehrsexplosion und Beschleunigung
Netz und Verkehrsleistung der Eisenbahnen im Deutschen Reich unterlagen in diesen Jahren einem enormen Wachstum. Sein Schwerpunkt lag nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Zunahme der Beförderungsleistungen erfolgte schneller als die des Streckennetzes. Allerdings wurden in dieser Zeit überwiegend Nebenbahnen gebaut, Strecken, die nicht für große Beförderungsleistungen konzipiert waren. Die Zunahme des Verkehrs fand also in erster Linie auf den älteren Strecken statt, es ist gegenüber den in Tab. 2 angegebenen Durchschnittswerten auf vielen Linien von einem weitaus höheren Wachstum auszugehen. So verkehrten täglich von Kassel Richtung Frankfurt 1880 sechs Reisezüge pro Tag, 1914 bereits 21. Vergleichbar war die Entwicklung auf den anderen von Kassel ausgehenden Hauptstrecken. Zusätzlich zu berücksichtigen sind folgende Entwicklungen: Auf der Waldkappeler Bahn fuhren 1914 etwa 10 Reisezugpaare, weiterhin war seit ca. 1910 ein Verkehr mit den damals neu eingeführten Akkumulatortriebwagen zwischen Kassel-Wilhelmshöhe und dem Hauptbahnhof mit etwa 15 Zugpaaren eingerichtet (Tab. 5). Schließlich gab es für den bahninternen Arbeitertransport zwischen der Hauptwerkstätte, dem späteren Ausbesserungswerk, sowie dem Rangierbahnhof und dem Hauptbahnhof ca. 24 Zugpaare.91 Die Auswirkungen des Verkehrswachstums bündelten sich in besonderem Maße in den Bahnknoten.
Beim Fernreiseverkehr etablierte sich zusätzlich zu den von Anfang an bestehenden Kernrelationen Westfalen – Thüringen und Frankfurt – Norddeutschland die Verbindung Frankfurt – Berlin über Nordhausen – Halle. Kassel bildete selbst grundsätzlich kein Ziel von Fernreisezügen, lediglich in Tagesrandlage begannen und endeten einige hier.92 Im Gegensatz dazu war der Nahverkehr um Kassel in erster Linie auf den Hauptbahnhof ausgerichtet, die oben genannten Triebwagenkurse sprechen dafür, dass die Eisenbahn auch innerstädtische Verkehrsaufgaben wahrnahm.
Güterbahnhof

Quelle: Schmidt, Verkehrsentwicklung Kassels (wie Anm. 94), S. 108 – 109.
Hinweis: Beim Frachtaufkommen des Rangierbahnhofes handelt es sich in erster Linie um Frachten der Kasseler Industriebahn.
Tab. 6: Frachtaufkommen [t] der Kasseler Güterbahnhöfe und des Bahnhofs Ihringshausen 1895 bis 1925 in Fünfjahresintervallen
Auch beim Güterverkehr ist auf den schon 1880 vorhandenen Strecken in und um Kassel von einer Vervielfachung zwischen 1880 und dem Ersten Weltkrieg auszugehen – waren es 1872 etwa 20 Güterzugpaare gewesen, die in Kassels Bahnhöfen täglich zu behandeln waren (vgl. Tab. 3), so belief sich allein der Eingang an Güterzügen zur rangierdienstlichen Behandlung im Rangierbahnhof am 23. November 1912, als zu Planungszwecken Zählungen durchgeführt wurden, auf 66. Diese dürften im Schnitt größere Lasten als die Züge 1872 gehabt haben. Hinzu kamen am gleichen Tag 16 ohne Behandlung durchlaufende Züge. Wie beim Personenverkehr wirkte der Eigenverkehr der um die Jahrhundertwende zur Großstadt avancierenden Stadt Kassel steigernd auf den insgesamt abzuwickelnden Verkehr.
Tab. 6 zeigt ein rasant steigendes Frachtaufkommen der im Stadtgebiet gelegenen Bahnhöfe zuzüglich der Station Ihringshausen mit ihrem umfangreichen Versand dank der Braunkohlenbergwerke.93 Ein zunehmender Teil dieser Frachten dürfte über die in der Zeit in großer Zahl entstandenen Gleisanschlüsse angefallen sein. Sie wurden schwerpunktmäßig in den Industriebezirken von Bettenhausen sowie im Ahnatal, außerdem östlich von Bettenhausen bei der Papierfabrik angelegt. In zwei Fällen wurden Anschlussbahnen mit zahlreichen Nebenanschließern angelegt: In Kassel-Bettenhausen die Bettenhäuser Industriebahn und im Ahnatal die Kasseler Industriebahn. Erstere, vom Bahnhof Kassel-Bettenhausen ausgehend, geht auf die Initiative der Firma Salzmann zurück und wurde 1901 angelegt, letztere war ein städtisches Unternehmen, gegründet 1905, zunächst zur Anbindung des Schlachthofes gedacht, bald aber auch von zahlreichen Unternehmen im Ahnatal genutzt.94 Schließlich diente die kurze, am 1. August 1895 eröffnete Staatsbahnstrecke von Kassel-Bettenhausen zum Kasseler Hafen bald als Ausgangspunkt zahlreicher Gleisanschlüsse. Insgesamt rarer blieben Gleisanschlüsse in der Region. 1883 erhielt die Braunkohlengrube Freudental in Oberkaufungen einen Anschluss, 1902 legte der Pächter des Rittergutes Wülmersen einen u. a. mit Blick auf die Verfrachtung von Rüben zur Zuckerfabrik in Warburg an.95 Vor allem landwirtschaftliche Bezugs- und Absatzgenossenschaften richteten Anschlüsse ein oder legten Niederlassungen direkt an Bahnhöfen an. Industrielle Anschlüsse wie etwa der der Glasfabrik in Immenhausen blieben selten.
Es wurde nicht nur mehr sondern auch schneller befördert. Beim Güterverkehr ist die Beschleunigung mangels Fahrplanunterlagen schwer fassbar, anders beim Reisezugverkehr dank der öffentlichen Fahrpläne. Betrug die höchste zulässige Fahrgeschwindigkeit für Reisezüge 1875 noch 75 km/h, auf ausgewählten Strecken auch 90 km/h, so waren seit 1904 allgemein 100 km/h zulässig, unter besonders günstigen Voraussetzungen konnte auch schneller gefahren werden. Die Höchstgeschwindigkeit auf Nebenbahnen, anfangs nur 30 km/h, durfte seit 1904 bis zu 50 km/h betragen.96
5. 5. Ausbauten und Ausbauprojekte
Zunächst erfolgten größere Veränderungen am Hauptbahnhof. Um 1900 wurden die Bahnsteig- und Gleisanlagen neu gestaltet. Auf die bisher an den Bahnsteigen vorhandenen Drehscheiben wurde verzichtet und der gesamte Bahnsteigbereich räumlich so geordnet, dass sechs Bahnsteigkanten mit näherungsweise gleichlangen Gleisen zur Verfügung standen zuzüglich eines weiteren kurzen Bahnsteiges. Die drei Hauptzwischenbahnsteige besaßen eine nahezu gleiche Breite.97 Zwar bedeutete dieser Ausbau eine wesentliche Steigerung der Leistungsfähigkeit des Bahnhofes, genügte aber nicht angesichts der bald danach einsetzenden sehr starken Verkehrszunahme. 1900 betrug die Zahl der täglich im Hauptbahnhof stattfindenden Zugfahrten 125, 1906 schon 206. Häufig waren in einem Gleis zwei oder gar drei Züge zur Abfahrt nacheinander aufzustellen. Bei der Belegung des Bahnhofs war zusätzlich zu berücksichtigen, dass neben Reisezügen auch Post- und/oder Eilgüterzüge hier behandelt wurden. Die Fracht letzterer – vor allem Vieh, leichtverderbliche Lebensmittel, Eilstückgut – wurde in dem neben dem Hauptbahnhof gelegenen Güterbahnhof Oberstadt abgefertigt.98 Nachdem die Idee einer Verlegung des Hauptbahnhofes nach Kassel-Wilhelmshöhe zwecks Neubau als Durchgangsbahnhof wegen der damit verbundenen Kosten, aber auch wegen Einsprüchen der Stadt verworfen worden war, erfolgte ein erneuter, nun wesentlich weiter gehender Ausbau bis 1913. Er umfasste vor allem folgende Maßnahmen:
Vermehrung der Anzahl der Bahnsteigkanten auf 12 durch Verbreiterung des Personenbahnhofes nordwärts auf das bisher vom Güterbahnhof in Anspruch genommene Areal bei gleichzeitiger Verlängerung des Empfangsgebäudes in diese Richtung;
• Anlage eines Postbahnhofes auf der Fläche der ins Gleisdreieck verlegten Werkstätten;
• Abbruch des Güterbahnhofes Kassel Oberstadt und Neuanlage nordwärts vom bisherigen Standort auf einer Fläche, die teilweise durch Aufschüttung gewonnen wurde;
• Schaffung je einer zusätzlichen Einfahrt aus den Richtungen Warburg und Wilhelmshöhe, und zwar so, dass einlaufende Züge niveaufrei – auf einer Überführung bzw. in einem Tunnel – die Gleise der Gegenrichtung queren konnten.
Mit dem Ausbau verbunden war eine Neugestaltung der Sicherungsanlagen. Nicht behoben wurde der Mangel an Abstellgleisen, unverändert mussten in großem Umfang Züge zur Wartung und Reinigung an den Bahnsteigen abgestellt werden.99
Im Rangierbahnhof war es schon in den 80er Jahren zu einem Umbau gekommen als Folge des Überganges aller ihn berührenden Strecken in Staatseigentum. Der nächste Umbau in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts stand dann im Zusammenhang mit dem starken Verkehrswachstum. Zunächst wurde bis 1901 eine eingleisige, als Nebenbahn betriebene Strecke zwischen Kassel-Wilhelmshöhe und Kassel Hbf neben die vorhandene Strecke angelegt. Das entlastete vor allem den bestehenden Abschnitt Kassel-Wilhelmshöhe bis zur Zufahrt zum Rangierbahnhof. Etwa in der Mitte entstand als Kreuzungsstation der Bahnhof Kassel-Kirchditmold. Um zu vermeiden, dass Güterzüge in der wichtigen Verkehrsrelation Westfalen – Thüringen im Rangierbahnhof die Fahrtrichtung zu wechseln hatten, wurde 1902 eine neue Zufahrt von Nordwesten her geschaffen, ausgehend von Obervellmar. Im Gegenzug entfiel die alte Zufahrt im Süden des Rangierbahnhofes. Drei Jahre später erfolgte die Vollendung einer zweigleisigen Güterzugstrecke zwischen dem Südkopf des Rangierbahnhofes und Kassel-Wilhelmshöhe.100
Im Herbst 1912 trat, ausgehend vom Ruhrgebiet, die sogenannte ‚Transportkrise‘ ein. Durch weiträumige Stockungen im Verkehr kam es zu wochenlang andauernden Schwierigkeiten bei der rechtzeitigen Wagengestellung sowie umfangreichen Beförderungsverzögerungen in allen Verkehrsbereichen. In diesem Zusammenhang wurden erhebliche Unzulänglichkeiten des Rangierbahnhofes deutlich. Er wies um 1910 einen Wageneingang von ca. 4.000 Achsen/Tag auf. Nun eingeleitete systematische Untersuchungen zeigten eine Fülle von Mängeln – z. B. unzureichende Zahl der Zugbildungsgleise, fehlende Stationsordnungsgleise, Zersplitterung der Zugbildung auf vier Ablaufanlagen mit daraus folgendem umfangreichen internen Wagentausch (Eckverkehr). Zweifel an der Qualität der Planungen, die zur Entstehung einer solchen Anlage geführt hatten, liegen nahe. Erschwerend bei der Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen wirkte sich aus, dass sich der Rangierbahnhof nicht mehr im ‚freien Feld‘ befand, sondern durch andere Bahnanlagen und auch Siedlungen in seinen Ausdehnungsmöglichkeiten Begrenzungen ausgesetzt war. Erste, 1913 vorgelegte Planungen, die auf die Schaffung eines Bahnhofes mit zwei Zugbildungsanlagen und die Verlegung der Stückgutanlage nach Norden abzielten, stießen nicht auf die Billigung des Ministeriums. Kriegsbedingt wurde die weitere Planungstätigkeit 1916 eingestellt. Allerdings sind in diesen Jahren einige kleinere Verbesserungen an der bestehenden Anlage vorgenommen worden, auch erhielt sie ein neues Abfertigungsgebäude.101

23: Das Empfangsgebäude des Kasseler Hauptbahnhofes um 1900; DGEG-Archiv
Ein ganzes Bündel von Baumaßnahmen betraf die Kasseler Eisenbahnwerkstätten. Der Rangierbahnhof hatte beim Bau zwei Betriebswerkstätten bekommen – je eine für die Lokomotiven der BME und für die der Staatsbahnen. Unverändert befanden sich damals noch Haupt- und weitere Betriebswerkstätten im Hauptbahnhof. 1888 wurden im preußischen Landtag die Mittel bewilligt für den Bau einer Betriebswerkstätte im Gleisdreieck mit einem großen Rechtecklokschuppen zwecks mittelfristiger Zusammenfassung dieser Einrichtungen in Kassel an einem Standort. Dieses erfolgte dann in Phasen. Noch 1895 bestanden neben der neuen Betriebswerkstätte im Gleisdreieck je eine im Rangierbahnhof und im Hauptbahnhof. Die beiden letztgenannten dürften um 1900 geschlossen worden sein. Um 1910 maß der mittlerweile mehrfach erweiterte Lokschuppen im Gleisdreieck ca. 100 x 100 m. Die Zahl der Lokstände in diesem Schuppen belief sich 1914 auf 88! Der Rangierbahnhof und der Hauptbahnhof waren durch direkte Zufahrten erreichbar. Im Kontext mit dem großen Ausbau des Hauptbahnhofes um 1910 bekam die Betriebswerkstätte außerdem einen 15 ständigen Ringlokschuppen um eine 20 m-Drehscheibe im Osten des Komplexes. Dieser Schuppen diente vor allem zur Unterbringung damals neuer und im Unterschied zu den älteren deutlich längerer Schnellzuglokomotiven. 1914 erfolgte eine Erweiterung dieses Ringlokschuppens. 1917 beheimatete die Betriebswerkstätte 215 Lokomotiven und dürfte damit eine der größten Dienststellen ihrer Art bei den preußischen Staatsbahnen gewesen sein.102 Städtebaulich hatte die Anlage der Betriebswerkstätte im Gleisdreieck eine unangenehme Folge: Bislang gab es noch eine Wegeverbindung zwischen den damaligen Dörfern Rothenditmold und Kirchditmold. Diese fiel nun als öffentlicher Weg der Werkstätte ersatzlos zum Opfer und blieb lediglich für innerdienstliche Belange erhalten.103

24: Prinzipskizze des Hauptbahnhofes nach dem zweiten Ausbau mit den beiden zusätzlichen Einfahrten; Slg. Lutz Münzer
Im späten 19. Jahrhundert fand in Kassel – wie allgemein im deutschen Eisenbahnwesen – die Trennung der Haupt- von den Betriebswerkstätten statt. Bereits 1895 existierte westlich des Rangierbahnhofes eine große Wagenwerkstätte, erreichbar von der Stadt her durch einen Fußgängersteg, der den Rangierbahnhof überspannte und für Nicht-Eisenbahner gesperrt war. Die Fläche an dieser Stelle befand sich seit den frühen 70er Jahren in Bahneigentum. Da der Rangierbahnhof kleiner als anfangs geplant ausfiel (vgl. S. 24), war sie zunächst nicht für Bahnzwecke genutzt worden. Im Rahmen des großen Ausbaus des Kasseler Hauptbahnhofes erfolgte nun die Verlegung der bislang noch dort verbliebenen Werkstättenteile auf das Gebiet westlich des Rangierbahnhofes und hier die Anlage eines umfangreichen Gebäudekomplexes, in den bereits bestehende Gebäude wie ein ehemaliger Lokomotivschuppen der BME oder die eben genannte Wagenwerkstätte eingegliedert wurden.104
Auch abseits des Knotens Kassel fanden vor dem Ersten Weltkrieg größere Bahnhofsumbauten statt:
Die Anlage des Bahnhofes Hümme als Inselbahnhof hatte schon wenige Jahre nach Inbetriebnahme zu Kritik Anlass gegeben. Der stark gewachsene Verkehr und die Notwendigkeit von Gleisüberquerungen zu Bahnsteigen auf Schienenniveau gaben Anlass dazu, in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts den Bahnhof völlig umzugestalten, Lokomotivstation, Empfangsgebäude mit Güterschuppen und Stellwerke neu zu bauen – sämtlich als Zweckbauten in Ziegelbauweise – und einen schienenfreien Zugang per Tunnel zu den durchgehenden Gleisen der Hauptbahn Warburg – Kassel anzulegen.105 Der Bahnhof Guntershausen wurde bislang im „Richtungsbetrieb“ befahren – auf der Ostseite rollten die Züge nordwärts, auf der Westseite südwärts, erst am südlichen Bahnhofskopf erfolgte die Trennung nach Richtungen. Nun fand ein Wechsel zum „Linienbetrieb“ statt – zukünftig fuhren auf der Westseite alle Züge der MWB, auf der Ostseite die Züge von und nach Bebra. Damit wurde es möglich, auf beiden Seiten je ein Überholungsgleis anzulegen. Für den Militärverkehr in der Relation Bebra – Gießen blieben am Südkopf des Bahnhofes die Gleisverbindungen zwischen beiden Seiten erhalten. An jedem Bahnhofskopf entstand ein Stellwerk, jedes in Ziegelbauweise.106 Weiterhin kam es zu einem großen Ausbau des Bahnhofes Kassel-Bettenhausen um 1910, wohl als Folge des umfangreichen Güterverkehrs dank Expansion der Industrie östlich der Fulda. Der Bahnhof erhielt damals den bis in die Gegenwart gegebenen Zuschnitt, auch die heute noch vorhandenen Stellwerke an den Bahnhofsköpfen.

25: Eisenbahnnetz im Knoten Kassel nach 1905; Zeichnung Lutz Münzer
Schließlich fanden in diesen Jahrzehnten diverse Ausbauten anderer Stationsanlagen in der Region statt. Zum Teil ging es um die Anlage von Überholungsgleisen, die mit der starken Zunahme des Güterverkehrs, der mit wesentlich geringeren Geschwindigkeiten als der Reisezugverkehr abgewickelt wurde, zunehmend erforderlich wurden.107 So wurden nördlich des Haltepunktes Rengershausen 1914 zwei Überholungsgleise angelegt, ihre Herstellung wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg abgeschlossen.108 Der Haltepunkt Lamerden bekam 1912 ein Güterzugüberholungsgleis für Züge Richtung Warburg.109 Mitte der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts erfolgte der Ausbau des bisherigen Haltepunktes Immenhausen zur Haltestelle mit Güterabfertigung.110 Mehrfach vergrößert werden musste der Bahnhof Helsa an der Waldkappeler Bahn wegen des allgemein wachsenden Güterverkehrs der Bahn und dadurch zunehmender Länge der Güterzüge sowie wegen der in Helsa auf der Südseite des Bahnhofes stattfindenden Steinverladung. Für sie waren Anfang des 20. Jahrhunderts täglich 15 bis 20 Wagen bereitzustellen. 1908 kam es zu einer größeren Kapazitätserweiterung. Weniger voran gelangten in Helsa Verbesserungen der Einrichtungen für die Reisendenabfertigung, erforderlich u. a. wegen des Ausflugsverkehres und des Verkehres zu einem Militärgenesungsheim. Planungen einer Wartehalle begannen 1909 und versandeten dann in den Nöten des Ersten Weltkrieges.111 Kurz vor dem Ausbruch des Krieges begannen in Ihringshausen umfangreiche Baumaßnahmen, die auf die Beseitigung schienengleicher Bahnübergänge und die Verbesserung der Bahnanlagen u. a. durch Anlage eines per Tunnel erreichbaren Inselbahnsteiges abzielten. Wegen des Krieges sind die Arbeiten eingestellt worden.112

26: Die Betriebswerkstätte im Gleisdreieck kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Die Skizze ist nach Süden orientiert; Slg. Lutz Münzer
5. 6. Ein Eisenbahndirektionspräsident und das Bahn-Sozialwerk
Im Rahmen des Überganges zum Staatsbahnsystem hatte der preußische Staat 1880 die regionale Gliederung seines Streckennetzes neu gestaltet. Es gab nun 11 Direktionen, denen jeweils mehrere Betriebsämter unterstanden, die wiederum für eine oder mehrere Strecken zuständig waren. In Kassel existierte je ein Betriebsamt für die Strecken (incl. abzweigender Bahnen) Richtung Hagen, Erfurt, Hannover und für die MWB. An die Stelle dieser Gliederung trat 1895 eine mit 20, bald sogar 21 Direktionen, und eine davon hatte ihren Sitz in Kassel. Die „Königliche Eisenbahn-Direktion Cassel“ umfasste vor allem Strecken im nördlichen Hessen, im Eichsfeld, in Südniedersachsen sowie in Ostwestfalen.113
Erster Präsident der neuen Direktion war Franz Ulrich. Er regte an, dass sich, hervorgehend aus den damals zahlreich vorhandenen, aber hinsichtlich der Mitglieder ständischem Denken verhafteten Geselligkeitsvereinen von Eisenbahnern 1896 ein „Eisenbahnverein Cassel“ ableitete. Dessen Ziel bildete die Wahrnehmung der Interessen aller Eisenbahner, gleich in welcher Dienststellung, insbesondere im sozialen Bereich. Es ging um Unterstützung im Falle von Krankheit und Dienstunfähigkeit, die Schaffung von Erholungseinrichtungen, Fortbildung und Unterhaltung bis hin zur Förderung des gerade von Angehörigen der unteren Ränge umfangreich betriebenen Gartenbaus mit Kleintierhaltung. Die Idee der Eisenbahnvereine stieß rasch weiträumig auf ein reges Echo bei den preußischen Eisenbahnern. 1904 gründeten die bereits 268 Eisenbahnvereine auf Einladung der Vereine in Kassel und Frankfurt in Kassel als Dachorganisation den Verband der Eisenbahnervereine, den Vorgänger des späteren Bundesbahn-Sozialwerkes. Dieses wurde 1997 in die Stiftung Bahn-Sozialwerk überführt.114
6. Kriege und Krisen – 1914 bis 1945
6. 1. Eisenbahn im Ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg war der Eisenbahnkrieg schlechthin. Stärke und Ausrüstung der eingesetzten Streitkräfte erreichten einen nie zuvor gegebenen Umfang, und das Kraftfahrzeug eignete sich für den Einsatz im Kriegswesen erst in begrenztem Rahmen. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg war das preußische Kriegsministerium, dem mit bestimmten Ausnahmen das Militär des gesamten Reiches unterstand, stets in die Entwicklung des Eisenbahnnetzes einbezogen gewesen und hatte auch Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Strecken genommen. Bei Streckenneubauten waren stets die Anforderungen, die aus militärischer Sicht gestellt wurden, zu berücksichtigen. In den meisten Fällen unterschieden sie sich nicht von den aus ziviler Perspektive notwendigen Gegebenheiten. Wurden zusätzliche Anlagen wegen militärischer Vorgaben erforderlich, so hatte die Militärverwaltung dafür aufzukommen. Beim Bau der Nebenbahn (Kassel –) Obervellmar – Wolfhagen – Volkmarsen lagen seitens des Militärs keine Forderungen vor. Für eine Durchgangsnebenbahn war das ungewöhnlich.115
Für den Aufmarsch des Heeres bestanden, bei gleichzeitiger Einstellung des zivilen Verkehres, auf zweigleisigen Strecken starre Fahrpläne mit einer 20-minütigen Zugfolge an jeweils 20 Stunden/Tag. Gefahren wurde mit einer Grundgeschwindigkeit von 30 km/h, die Militärzüge besaßen einheitlich eine Stärke von 110 Achsen.116
Die Region berührten beim Aufmarsch, der in vollem Umfang mit der Mobilmachung am 1. August 1914 einsetzte, zwei Transportlinien:
• Die schwere Artillerie für die 2. Armee wurde, von Halle herkommend, über den Rangierbahnhof Kassel nach Warburg und weiter über Hagen zum Ausladeort Aachen transportiert;
• aus Richtung Erfurt wurden Verbände des XI. und XII. Armeekorps sowie Reserven über Guntershausen – Gießen zu ihren Ausladeorten in der Eifel und im Saarland befördert.
In Kassel bzw. Guntershausen hatten alle Transporte die Fahrtrichtung zu wechseln.117
Nach Abschluss des Aufmarsches ist der zivile Verkehr recht schleppend wieder aufgenommen worden, mit Sicherheit hat es in Kassel wie auch in anderen großen Städten und Verdichtungsräumen des Deutschen Reiches durch die fehlende Berücksichtigung der zivilen Verkehrsbedürfnisse zwischenzeitliche Versorgungsengpässe und Produktionseinschränkungen gegeben. Die Reisezugfahrpläne unterlagen dauerhaften Kürzungen – so verkehrten auf der Kassel-Naumburger Kleinbahn während des Krieges grundsätzlich nur noch drei Zugpaare. Die Bedingungen für die Eisenbahn allgemein und nicht zuletzt für die bei ihr Beschäftigten verschlechterten sich im Laufe des Krieges zunehmend. Sowohl bei der Staatsbahn wie auch bei der Kleinbahn wurde in erheblichem Umfang Personal zum Kriegsdienst eingezogen, viele kamen dabei um.118 Ersatz fand in begrenztem Maß durch Einstellung von Frauen statt, was die Bahnen, bislang reine Männerdomänen, vor ganz neue Fragen stellte. So waren auf dem Rangierbahnhof 1916 erst einmal Toiletten für Frauen bereitzustellen.119 Die Unterhaltung von Anlagen und Fahrzeugen sowie die Betriebsabwicklung litten unter der wachsenden Verknappung an Material – z. B. Kohlen, Schmierstoffe, hochwertige Metalle – und am Personalmangel durch die Einziehungen zum Militär. Hinzu kam die sinkende Leistungsfähigkeit des Personals durch die spätestens seit dem ‚Kohlrübenwinter‘ 1916/1917 unzulängliche Ernährung. Auch im Werkstättensektor gab es Restriktionen: Z. B. bat die Kassel-Naumburger Kleinbahn am 3. April 1918 beim Maschinenamt Kassel der KED Kassel um sofortige Ausleihe einer Lok, da eine eigene Maschine sich seit einem Jahr wegen einer Kesselreparatur, die in Friedenszeiten nur wenige Wochen Zeit beanspruchte, in einer auswärtigen Werkstätte befand und nun eine weitere Lok schadhaft sei. Unterbliebe die Ausleihe, so sei der mit ca. 1.000 Arbeitern besetzte Abendzug, dessen Beförderung zwei Maschinen erforderte, vom Ausfall bedroht. Die Lokomotive wurde geliehen – obwohl die Staatsbahn selbst mit Engpässen zu kämpfen hatte.120

27: Aufmarschrouten im Ersten Weltkrieg in und um Kassel; Zeichnung Lutz Münzer
Generell erschwerte der im Kontext mit der erweiterten Rüstungsproduktion stark wachsende Berufsverkehr die Situation. Ausbauten an den Anlagen kamen weitgehend zum Erliegen – mit zeittypischen Ausnahmen: Im Norden des Rangierbahnhofes ließ sich die Verlegung von drei neuen Gleisen mit Hinweis darauf, dass sie die Abfuhr kriegswichtiger Produkte aus dem demnächst zu bauenden Werk Mittelfeld der Firma Henschel erleichtere, durchsetzen. Zwischen Beantragung und Bewilligung verging im Januar 1917 gerade eine Woche!121 Sicher zügig genehmigt und gebaut wurde auch ein Anschlussgleis zu einer nahe der Söhrebahn errichteten Pulverdepotanlage im gleichen Jahr.122
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