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EVOLUTION UND TRAINING

Aus evolutionärer Sicht sind Pferde Säugetiere. Sie gehören zur Familie der Equiden und zur Ordnung der Perissodaktylen (Unpaarhufer). Aus ökologischer Sicht sind sie Pflanzenfresser und können – abhängig vom Lebensraum – fleischfressenden Beutegreifern zum Opfer fallen. Aus ethologischer Sicht sind Pferde soziokognitive Tiere mit ihren eigenen spezifischen und individuellen Merkmalen. Sie daher nur als Beute oder als Tier zu begreifen, das „kämpft oder flieht”, ist eindeutig zu vereinfachend und hindert uns daran, sie so zu sehen, wie sie wirklich sind.

Viele moderne Trainingsmethoden konzentrieren sich jedoch auf eben dieses vereinfachte Konzept vom Pferd als fliehendem und reaktivem Tier, das kontrolliert werden muss, wenn wir eine sichere und effiziente Interaktion wünschen. In Wirklichkeit werden Pferde erst aufgrund ihres Zusammenlebens mit Menschen zu Kampf- oder Fluchttieren. In der Geschichte von der Begegnung mit den Esperia-Ponys gibt es zum Beispiel keine Anzeichen einer Fluchttendenz. Es besteht keine Notwendigkeit dafür. Wir sollten uns also fragen, warum Hauspferde das Bedürfnis haben, so viele reaktive Verhaltensweisen zu zeigen.

Alle Pferde werden als kognitive Wesen geboren. Ihre kognitiven Fähigkeiten ermöglichen es ihnen, sich selbst, ihre eigenen Aktionen, sich untereinander, ihre Umgebung und ihren sozialen Kontext zu verstehen. Dies ändert sich oft in der Koexistenz mit dem Menschen. Das liegt nicht nur daran, dass Tiere in einem Kontext aufwachsen, in dem die typischen Elemente einer soziokognitiven Umgebung verschwinden, sondern auch daran, dass sie beginnen, menschliche Zwecke zu erfüllen und behavioristisch auf Reize zu reagieren, ohne Informationen richtig zu verarbeiten. Es ist nicht überraschend, dass wir in der Folge ein unberechenbares Fluchttier sehen. Pferde als Fluchttiere zu betrachten ist eine tief verwurzelte Gewohnheit, die viele Aspekte unseres Verhaltens und unserer Einstellung zu ihnen beeinflusst. Dies geschieht in einem breiten Spektrum von Situationen.

Hier ein einfaches Beispiel: Jemand führt ein Pferd auf ein Feld. In dem Moment, in dem das Halfter abgenommen oder das Seil vom Halfter gelöst wird, galoppiert das Pferd davon. Wenn das Pferd nicht wegläuft, wird ihm häufig ein „freundlicher“ Schlag auf den Rumpf gegeben oder ein Arm wird geschwenkt, um es zum Loslaufen zu ermutigen. Aber warum sollte es loslaufen? Und wenn es nicht wegläuft, warum haben so viele von uns das Bedürfnis, diese Reaktion auszulösen? Vielleicht als Symbol für Freiheit? Dies ist nur einer der vielen Momente, in denen Pferde in ihrem Zusammenleben mit uns dazu gedrängt werden, ein reaktives Verhalten zu zeigen.

Aufgrund dieser Überzeugungen und Gewohnheiten basieren viele der in der Welt des Pferdesports existierenden Theorien (seien es wissenschaftliche Erkenntnisse oder populäre Überzeugungen) auf der Idee eines Verhaltensmodells, das stark vom Kontext beeinflusst wird, den der Mensch für Pferde geschaffen hat, und den Erfahrungen, die er sie gezwungen hat zu durchleben. Dadurch dass heftige Reaktionen deutlich sichtbar sind, verstärkt sich die Annahme, dass Pferde strenge und klare Regeln benötigen, um Verwirrung zu vermeiden – dass sie den Menschen brauchen, der die Verantwortung übernimmt.

VOR DEM VERGNÜGEN KOMMT DAS VERGNÜGEN

Frühling in den Niederlanden – ein heißer, trockener Wind im April 2014. Ich verlasse das Haus, um nach draußen zu gehen und die Pferde auf der Koppel zu beobachten; mir Zeit zu nehmen, ihren inneren Zustand zu verstehen.

Ich nehme eine Bürste und einen Striegel mit. Zurzeit massiere und putze ich die Pferde, um ihnen zu helfen, ihr Winterfell zu verlieren. Sie beobachten sich gegenseitig, stehen ganz gemütlich nah beieinander und wissen, dass sie alle in den Genuss eines solchen Pflegemoments kommen. Ich habe auch einen Sattel, eine Satteldecke und ein Halfter dabei. Die anderen männlichen Herdenmitglieder stehen um uns herum, während ich Falò massiere und striegele, Sparta die Satteldecke und Fulmine den Sattel auflege und das Halfter auf dem Rücken von Topazio platziere. Wir verschmelzen in derselben Erfahrung, vermischen uns – gleichen uns an. Dann zieht Sparta den Sattel von Fulmines und das Halfter von Topazios Rücken. Während der Sattel einfach dort liegen bleibt, wo er hingefallen ist, sammle ich das Halfter vom Boden auf, lege es auf Falò und massiere ihn weiter. Dann hebe ich den Sattel auf und lege ihn sanft auf Spartas Rücken, während ich seinen Nacken kraule und er seine Freude darüber ausdrückt, indem er den Kopf leicht anhebt und die Oberlippe bewegt. Dann nehme ich alles von Sparta wieder herunter und lege die Decke auf Falò. Den Sattel setze ich am Boden ab, während Topazio auf uns zukommt, und mir seinen Rücken hinhält, damit ich ihn in der Schweifgegend striegeln kann. Ich striegele ihn, dann nehme ich den Sattel vom Boden und lege ihn vorsichtig auf den Rücken von Falò, befestige ihn, aber locker. Ich entferne mich, um Sparta weiter zu putzen, der das Horn des Sattels erforscht und daran knabbert, während Falò wiederum fast eingeschlafen ist.

Dann putze und massiere ich Fulmine und Topazio, während Falò anfängt, sich um uns herum zu bewegen, alle im selben offenen Raum, alle ruhig, entspannt und unbeschwert, alle interessiert am Genuss und an der Erfahrung. Ich ziehe den Gurt des Sattels fest und setze mich auf Falò, nur um auf seinem Rücken zu sitzen und dabei den Wind zu geniessen, der an meinem Haar, den Mähnen und den Schweifen der Pferde zieht, während ich weiterhin seinen Rücken striegele, seine Mähne mit meiner Hand kämme und die anderen Pferde massiere, die sich wiederum um mich und Falò herum bewegen.

Die Bewegung der Gruppe bringt uns nach und nach in die Nähe des Tores der Pferdeweide. Ich steige von Falò ab, löse den Gurt und nehme den Sattel ab, indem ich ihn von seinem Rücken gleiten lasse und ihn auf dem Rücken von Fulmine ablege. Ich lege Sparta die Decke auf und beim Ausziehen des Halfters drehe ich mich, um es Topazio auf den Rücken zu legen.

Als Nächstes nehme ich alles vorsichtig von ihren Rücken und lege die Gegenstände auf den Boden, wo die Pferde alle, noch eingenommen von der angenehmen Erfahrung, beginnen, in einem inneren Zustand der Ruhe alle Materialien zu erkunden. Ich schließe mich ihnen an und ein paar Minuten später öffne ich das Tor und sie gehen alle gleich entspannt raus, um ein bisschen zu grasen.

Ich mache so einfache Dinge.

Tatsächlich werden Pferde zu hilflosen und reaktiven Tieren in einer Beziehung, in der sie nicht berücksichtigt werden. Wenn wir ihre Bedürfnisse erfüllen, ihr Potenzial entwickeln und ihre Lebensqualität verbessern wollen, müssen wir unseren Ansatz ändern. Statt sich ausschließlich auf ihr physisches Potenzial zu konzentrieren und darauf, wie man dieses nutzen kann (in Übereinstimmung mit der verzerrten Sichtweise, die der Mensch von Pferden hat, versucht er, sie schneller laufen und höher springen zu lassen, sie ihre Beine höher heben zu lassen, extrem lange Strecken zu traben usw.), müssen wir Möglichkeiten schaffen, dass Pferde ihr eigenes Leben und ihren Lebensraum erleben und verstehen können – bis hin zu den kleinsten Details – und Raum schaffen für einen interspeziesistischen Dialog.

Kognition ist natürlich
WAS IST KOGNITION?

Was versteht man unter Kognition in Bezug auf Pferde? Und was ist mit diesem Begriff im Allgemeinen gemeint?

Kognition ist zusammengefasst die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, das Gelernte anzuwenden, die eigenen Vorlieben aufgrund der eigenen Erfahrung zu ändern und mit der Außenwelt in Dialog zu treten, um eine subjektive Realität aufzubauen. Es ist sowohl die Art und Weise, wie die Welt wahrgenommen wird, als auch das Wissen, das aus dieser Wahrnehmung abgeleitet wird (d. h. mentale Repräsentationen der Welt). Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Problemlösung und Entscheidungsfindung sind Schlüsselelemente innerhalb der kognitiven Prozesse. Der Versuch, die geistigen Fähigkeiten von Tieren (einschließlich menschlicher Tiere) zu verstehen und zu erklären, führt häufig zu Diskussionen, da es mehrere sehr unterschiedliche Definitionen von Erkenntnis gibt, die sich darauf beziehen, wie Menschen, einschließlich Wissenschaftler, die Welt betrachten. Die anthropozentrische Sichtweise zum Beispiel stellt die menschliche Intelligenz und Erkenntnis an die Spitze einer Pyramide und tendiert dazu, die Fähigkeiten anderer Tiere mit denen menschlicher zu vergleichen. Das Fachgebiet Kognitive Ethologie hingegen betont den Wert verschiedener Erkenntnisformen, nicht hierarchisch oder nach einer besseren / schlechteren Perspektive, sondern in Bezug auf unterschiedliche evolutionäre Anpassungen, sowohl als Spezies als auch als Individuum. Nehmen wir ein Beispiel, um diese Unterschiede und ihre Folgen zu erklären: Der Gebrauch der Sprache und die Fähigkeit, mathematische Probleme zu lösen, sind Teil der für den Menschen typischen kognitiven Prozesse. Für viele ist es interessant, die Existenz dieser Prozesse auch bei Pferden zu verstehen (z. B. Zahlen, Symbole oder das Alphabet erkennen zu können) und die erhaltenen Ergebnisse dann als Beweis für die Intelligenz von Pferden zu verwenden.

Wenn wir einem Pferd jedoch das Zählen beibringen, bringen wir ihm oft einfach einen Trick bei (was durchaus auch bei wissenschaftlichen Studien vorkommt) und erstellen ein irreführendes Bild seiner wahren Fähigkeiten und seiner individuellen und artspezifischen Bedürfnisse. Wenn ein Ergebnis durch Belohnungen über Futter erzielt wird, reduzieren wir außerdem das Wesen des Tiers auf den Futtertrieb, da dieser den Fokus vom tatsächlichen Verständnis des Pferdes für einen Kontext ablenkt.


Ein Fohlen erkundet ein ihm noch unbekanntes Objekt.


Diese Schülerin analysiert einen Augenblick von persönlichem Wachstum durch die Pferde.

Das Erlernen des menschlichen Alphabets ist für ein Pferd nicht von Interesse. Es ist nur für den Menschen erfreulich, ein Pferd für eine solche Aufgabe auszubilden. Was für ein Pferd interessant ist, ist seine Umgebung zu verstehen, seine räumliche Vorstellung, die sozialen Dynamiken, Problemlösungen, oder Konfliktvermeidung (oder Post–Konflikt–Verhalten).

Ein Pferd braucht dafür keine Belohnung, denn eine Belohnung für exploratives Verhalten, das sowieso inneres Bedürfnis und Motivation ist, wäre ein Widerspruch in sich. Die aus dem explorativen Verhalten resultierende Zufriedenheit ist eine intrinsische. Sie gehört dem Pferd und wird durch die Möglichkeit, Information zu erarbeiten ausgelöst.

Der Versuch, Intelligenz zu beweisen, indem Verhaltensprognosen aus der menschlichen Welt erstellt werden, oder der Versuch, Fähigkeiten zu vergleichen, anstatt verschiedene kognitive Fähigkeiten zu verstehen, führt zu Verwirrung im Bewusstsein dessen, was tierische Kognition wirklich bedeutet. Es schafft auch Filter in unserer Fähigkeit, den inneren Wert eines bestimmten Tiers, eines Individuums zu erkennen.

KOGNITION DES PFERDES

In der Natur ist ein Pferd ein kognitives Tier, weil das Leben in freier Wildbahn die kognitiven Fähigkeiten bewahrt. Die Wahrnehmung von Pferden wurde auch durch den Evolutionsprozess geprägt, sowohl durch Umweltherausforderungen als auch durch die komplexe soziale Dynamik der Pferde. Tatsächlich hat jede Spezies und jedes Individuum innerhalb dieser Spezies ihre eigenen kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten. Fledermäuse und Spinnen haben zum Beispiel eine speziell entwickelte räumliche Wahrnehmung, die es ihnen ermöglicht, in ihrer Umgebung zu navigieren und zu jagen. In Animal Cognition in Nature (1998) geben Balda, Kamil und Peppenberg an:

Wir haben die Theorie, dass Tiere einfache Wesen sind, die nur auf Reize reagieren, passiv lernen und Konditionierungsprogrammen mechanisch folgen können, längst aufgegeben.

Calisto und Francesco entdecken gemeinsam ein Halfter.

Leider hat sich dieses Konzept in der heutigen Gesellschaft in Bezug auf Pferde und Pferdeartige noch nicht durchgesetzt. Denken Sie zum Beispiel an Situationen wie die, dass ein Pferd in einen neuen Lebensraum umzieht. Von vielen Pferden wird erwartet, dass sie sich sofort anpassen, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben oder Möglichkeiten zu schaffen, diese neue Umgebung zu erkunden und kennenzulernen. Obwohl neue Orte voller Informationen für Pferde sind, sehen wir diese Elemente nicht als Lernmöglichkeiten. Aufgrund der Ablehnung dieses Dialogprozesses durch den Menschen leben viele Pferde in einer verschwommenen Realität voller Situationen und Beziehungen, an die sie sich gewöhnen, die sie aber nicht wirklich und vollständig verstehen können. Sogar der Sattel ist für die meisten Pferde ein unbekanntes Objekt.

Wir müssen nicht nur das Erkundungs-Bedürfnis des Pferdes anerkennen – etwa eine neue Umgebung –, sondern uns auch klarmachen, dass der Prozess der Informationsbeschaffung ganz dem Pferd gehört. Es kommt jedoch häufig vor, dass wir keine praktischen Ergebnisse sehen oder keinen konkreten Beweis für diesen Akquisitionsprozess haben, da eines der Merkmale des kognitiven Lernens die Latenz ist. Das Ergebnis des kognitiven Prozesses ist nicht immer unmittelbar erkennbar: Was verarbeitet wurde, kann später verwendet werden, und eventuell auch nur, wenn die Umstände dies erfordern. Selbst wenn es nicht möglich ist, die Ergebnisse dieses Ausarbeitungsprozesses sofort zu überprüfen, können wir Raum für Lernprozesse schaffen.

Dies ist ein Problem, das auch andere Tiere betrifft. Denk an eine Katze, die zum ersten Mal nach draußen geht. Zuerst sitzt sie an der Tür, auf der Schwelle zwischen ihrer sicheren Umgebung und dem Unbekannten, und nimmt sich Zeit, die Situation zu beobachten und sich ein Bild davon zu machen. Der menschliche Begleiter ist oft ungeduldig, weil er eine Handlung und ein Ergebnis sehen möchte. Er unterbricht deshalb diesen kognitiven Prozess und versucht, die Katze zum Rausgehen zu überreden. Wir müssen stattdessen lernen, solche Augenblicke des Lernens zu erkennen und zu respektieren.


Alles und jeder kann ein aktiver Teil einer Lernerfahrung und Beziehung werden. Jedes Element eines Kontextes, lebend oder nicht, kann ein Hauptdarsteller werden und die kognitive Karte dieses Augenblicks, dieses Lernens, dieser Beziehung bereichern.

KOGNITION UND WOHLBEFINDEN

Obwohl das Verständnis für die tierische Kognition ein wichtiges Thema und ein entscheidendes Element für die Förderung der Lebensqualität von Pferden ist, ist darüber noch wenig bekannt. Wir müssen den kartesischen und performativen Ansatz im wissenschaftlichen Kontext loslassen, da er zu reduktionistisch ist und oft im Dienst der Welt des Pferdesports steht: Dieser Ansatz konzentriert sich darauf, wie man ein Pferd trainiert und seine Leistung steigert, anstatt seine Wünsche richtig zu interpretieren und seine soziokognitiven Fähigkeiten zu bewahren. Gesundheit, Wohlbefinden und Kognition sind eng miteinander verbunden. Sprechen wir Pferden ab, ein Bewusstsein zu haben, oder ignorieren wir, dass sie kognitive Wesen sind, ignorieren wir ihr tiefes und angeborenes Bedürfnis zu verstehen, was um sie herum geschieht. Wir ignorieren, dass sie ihre Umgebung verstehen, ihre eigenen Erfahrungen machen und sich ausdrücken möchten. All dies zu vernachlässigen erzeugt Spannungen aus mentaler, emotionaler und physischer Sicht. Je länger wir die Pferdekognition aus einer anthropozentrischen – also einer auf den Menschen zentrierten – Perspektive betrachten, desto weniger können wir die reale emotionale, soziale und mentale Wahrnehmung des Tiers verstehen. Daher ist eine Analyse und Interpretation unter einem völlig neuen Gesichtspunkt erforderlich.

WAS IST EINE KOGNITIVE UMGEBUNG?

Pferde, die in einem sozialen Kontext und in einer angereicherten natürlichen oder naturnahen Umgebung leben, leben in einem Umfeld, das ihre Erfahrung und ihr Lernen in der Gesellschaft fördert, zu der sie gehören. Die Dynamik von Interaktion, Beobachtung und Informationsverarbeitung ist kontinuierlich: Sie wird auf der Weide, während eines Spaziergangs, in einem Augenblick des gemeinsamen Stillstehens und bei der Beobachtung der Wahrnehmung eines anderen Pferdes implementiert.

Wie bei anderen Arten haben auch Pferde, die in einem vertrauten oder familienähnlichen Kontext leben, ihre eigene kulturelle Übertragung. Die Tatsache, sich zu kennen, Augenblicke miteinander erlebt zu haben, und die Freiheit zu haben, sich auszudrücken, gibt Pferden aus einer Familie oder einer familienähnlichen Gruppe eine detaillierte Lesart, die es ihnen ermöglicht, auf Absichten des anderen zu reagieren, indem sie sich gegenseitig beobachten.

Es können sich auch verschiedene soziale Interaktionen entwickeln, wie etwa eine Vorkonfliktdynamik (in der ein Pferd sich zwischen zwei andere Pferde stellt, die kurz vor einem Konflikt stehen), affiliatives Verhalten (Verhalten, das den Gruppenzusammenhalt stärkt) und gemeinsame Entdeckungen. Sie berücksichtigen die soziale Dynamik und garantieren folglich einen kognitiven Kontext.

Pferde können Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Jüngere Pferde können lernen, indem sie Ältere und Erfahrenere beobachten. Ebenso kann ein erwachsenes Pferd von einem jüngeren lernen. Diese Dynamik wird als „soziales Lernen in einem soziokognitiven Kontext“ bezeichnet. Zusammenleben bedeutet in diesem Zusammenhang, Erfahrungen auszutauschen und verschiedene Ausdrücke zu lernen, in einer Art Dialog, in dem jede Beziehung einzigartig ist und sich ständig weiterentwickelt. Der Reichtum dieser Erfahrungen hängt von den einzelnen beteiligten Pferden ab. In ähnlicher Weise verringern sich die Bedingungen für soziokognitives Lernen, wenn die Umgebung zu dynamisch, zu wettbewerbsorientiert wird oder wenn es keine Elemente gibt, die das gemeinsame Erleben unterstützen. Erfahrungsaustausch ist entscheidend, um eine kognitive Umgebung zu schaffen, die die Möglichkeit bietet, sowohl den Kontext als auch einander besser zu verstehen. Das gilt nicht nur für ein junges Pferd, sondern für jedes Pferd und für jede Beziehung. Es ist jedoch auch wichtig zu verstehen, dass das Zusammenstellen mehrerer Pferde nicht automatisch bedeutet, dass ein sicheres soziales Umfeld geschaffen wird. Die meisten Pferde in unserer Gesellschaft haben keine familiären Bindungen oder familienähnlichen Gruppen in ihrem Lebensraum und wachsen nicht zusammen auf.

Ein Augenblick stiller Eintracht einer Gruppe von Konik-Junggesellenpferden in den Niederlanden.

ERHALTUNG SOZIOKOGNITIVER FÄHIGKEITEN

In demselben Umfeld zusammenzuleben ist nicht dasselbe, wie gemeinsam Erfahrungen in einem soziokognitiven Zusammenhang zu machen, insbesondere wenn kontinuierlich soziale Veränderungen stattfinden. In vielen Situationen sind Pferde eher damit beschäftigt, sich zu verteidigen, als sich gegenseitig kennenzulernen und zu verstehen. Der Mensch kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Tiere Erfahrungen austauschen können, beispielsweise durch das gemeinsame Erkunden eines Ortes. Viel zu oft sind Pferde stattdessen einer anderen Dynamik ausgesetzt. Pferdebesitzer betreten Koppeln und Paddocks meist, um ihr Pferd aus der Gruppe herauszuholen, statt dort Zeit mit dem Pferd zu verbringen und genau zu beobachten, in welcher Umgebung und in welcher Situation die Pferde leben.

Die Kognition von Pferden kann nur in einem Kontext garantiert werden, in dem ihre ethologischen Bedürfnisse respektiert werden und in dem sie ihre Persönlichkeiten und Wünsche ausdrücken können, ohne ständig Druck, Verstärkung, Konditionierung und menschlichen Anforderungen ausgesetzt zu sein. Dies allein reicht jedoch nicht aus.

Um Kognition und kognitive Strukturen zu schützen, müssen alle Elemente beseitigt werden, die zu reaktiven Erfahrungen führen können, wie z. B.:

•vorzeitiges Absetzen von Fohlen;

•soziale Isolation;

•unter Druck oder Leistungsangst leben;

•Verhaltenstraining;

•in einer unbekannten Gruppe leben, häufig umziehen bzw. häufige Veränderungen (auch mit gleichbleibenden Pferdepartnern);

•die Verwendung von Gebissen, Sporen, Hufeisen;

•kein Raum für explorative Augenblicke im Umgang mit dem Menschen;

•ergebnisorientierter menschlicher Monolog, ohne dass das Pferd sich subjektiv einbringen kann.

Kognitive Fähigkeiten zu bewahren, bedeutet, einen kognitiven Kontext sicherzustellen, in dem ein Pferd leben wird. Einen Kontext, in dem die spezifischen ethologischen Bedürfnisse der Pferde respektiert werden, wo sie sich aber auch selbst ausdrücken können, ihre Umgebung verstehen und wo sie nicht unaufhörlich in ihrer Interaktion mit Menschen Druck und Erwartungen ausgesetzt sind. Viele Pferde leben vom Moment der Geburt an in Stresssituationen. Das vorzeitige Absetzen von Fohlen, die soziale Isolation, das Leben in unbekannten und instabilen Gruppen, das Verhaltenstraining und der auf Leistung ausgerichtete Lebensstil des Menschen wirken sich erheblich auf die kognitiven Strukturen und die Gesundheit des Pferdes aus.

Da die soziale Kognition stark durch die Wahrnehmung jedes einzelnen Pferdes bedingt wird und von allen genannten Elementen abhängt, muss man lernen, sich in Pferde und in die Situation, in denen sie sich befinden, hineinzudenken. Wir müssen einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgen, um eine Beziehungsdynamik zu verstehen, da diese mit einer Methode weder erfasst oder erreicht werden kann. Das wäre, als würde man eine Methode für eine glückliche Mensch-Mensch-Beziehung finden wollen.

Auch wenn viele sicher schon versucht haben, dies in einer Formel festzuhalten, muss jede einzelne Beziehung am Ende erlebt werden. Und genau darin liegt die Schönheit von Beziehungen. Jede gesunde Beziehung ist eine einzigartige Interaktion in ständiger Weiterentwicklung. Mit jeder neuen Erfahrung, wachsen die Beteiligten und erwerben neue Möglichkeiten, die Welt zu sehen und zu verstehen. Eine Beziehung, die auf Kognition beruht, kann in keinem Handbuch erklärt werden, als wäre sie eine Maschine oder eine mathematische Gleichung. Sie erfordert ein Bewusstsein für all die Variablen innerhalb der Beziehungsdynamik.

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