Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo 1: Sternenstaub», sayfa 3
»Um es in deinen Worten auszudrücken: Lass es mich so sagen. Mir fällt keine bessere Antwort ein. Und ebenso wenig Pounder.«
Grimmige Zufriedenheit blitzte in Bulls Augen auf. »Mir auch nicht. Also sind es Außerirdische.«
»Und das schmeckt dir nicht?«
»Besser als Russen oder Chinesen oder irgendwelche andere Menschen.«
»Aber?«
»Ich frage mich, verdammt noch mal, was wir hier draußen mit der STARDUST treiben.«
»Wir sehen nach, was auf dem Mond los ist.«
Bull prustete laut los. »Schwachsinn. Das könnte eine unbemannte Sonde besser. Aber wir haben keine mehr. Sie sind auf unerklärliche Weise ausgefallen, ohne Ausnahme. Genauso wie unsere Mondstation. Und von den Stationen der Russen und Chinesen hat man auch nichts mehr gehört.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Rhodan, obwohl er die Antwort längst kannte.
»Ganz einfach: Wieso schickt uns Pounder zum Mond? Er ist ein harter Knochen, ja, und ich habe ihn mehr als einmal, sagen wir, unschöne Dinge genannt. Aber Pounder ist weder dumm, noch ist er ein Mörder. Wenn er uns losschickt, dann nur, weil er sich eine Chance ausrechnet. Weil er etwas weiß, was wir nicht wissen … nur: was?«
Rhodan antwortete nicht gleich. Er hatte eine Ahnung. Nicht deutlich genug, um sie auszusprechen, aber stark genug, um ihm Hoffnung zu geben, um auf diesem Irrsinnsflug sein Leben zu riskieren, der sich hochtrabend »Mission« nannte.
Rhodan zuckte die Achseln. »Wir werden es herausfinden, alter Freund. Und jetzt schlaf! Ich würde es mir nie verzeihen, wenn du den entscheidenden Moment verpassen würdest, weil du unausgeschlafen bist …«
Bull musterte seinen Kameraden schweigend. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, ließ es aber sein. Er kannte Rhodan. Er würde nichts mehr aus ihm herausquetschen.
Bull löste die Injektion aus.
Rhodan sah seinen Freund noch einige Momente nachdenklich an, dann schaltete er Frontdisplay und Kabinenbeleuchtung aus.
Im Licht der Sterne rasten Rhodan und seine schlafenden Kameraden dem Mond entgegen.
4.
Lesly Pounder betrat sein Büro kurz vor der Morgendämmerung, eine Stunde bevor die STARDUST in die Umlaufbahn des Mondes einschwenken würde. Der Flight Director der NASA wusste nicht, ob ihre Mission gelingen konnte. Er wusste nur, dass er mit Rhodan seinen besten Mann hinausgeschickt hatte – und, was immer geschah, ihm selbst auf lange Zeit keine Ruhe mehr vergönnt sein würde. Vielleicht niemals wieder.
Er verzichtete darauf, das Licht einzuschalten, und trat an das große, umlaufende Fenster. Sein Büro saß auf der Spitze des Kontrollturms von Nevada Fields, einem vierzigstöckigen Gebäude, dessen Form eine Rakete nachahmte. Sein Bau hätte ihm damals, vor fast zwanzig Jahren, beinahe den Kopf gekostet. Der steigende Meeresspiegel hatte die NASA gezwungen, das Kennedy Space Center in Florida aufzugeben. Aber statt die Aktivitäten der NASA komplett in das Johnson Space Center nach Houston zu verlagern, hatte Pounder den Bau von Nevada Fields erzwungen. Eine Entscheidung von bemerkenswerter Weitsicht, wie sich mittlerweile herausgestellt hatte.
Doch damals hatte man Pounder Verschwendung vorgeworfen, Größenwahn. Pounder hatte es nicht gekümmert. Ebenso wenig wie die heftige Kritik daran, zehn Prozent des ohnehin zu knapp bemessenen Budgets für Projekte zu verwenden, die jenseits konventioneller Vorstellungen angesiedelt waren.
Lesly Pounders Lebenswerk war, den Vorstoß der Menschheit ins All voranzutreiben. Pounder war zu alt, um selbst zu den Sternen zu fliegen. Seine Knochen würden der wechselnden Belastung von Andruck und Schwerelosigkeit nicht standhalten. Er war gezwungen, anderen den Vortritt zu lassen. Aber er würde alles tun, um diesen anderen den Flug zu ermöglichen – und er würde verflucht sein, wenn er es tagaus, tagein wie eine Höhlenmaus aus der stickigen Enge eines Kommandobunkers tat.
Pounder war nur deswegen Flight Director der NASA geblieben, weil sich niemand anderes gefunden hatte, der die Führung der finanzschwachen Weltraumagentur hätte übernehmen wollen.
Im Osten hellte sich der Himmel auf. Nevada Fields lag in einem der zahlreichen Hochtäler, die den Staat von Nord nach Süd durchzogen. Am Boden waren sie flach und knochentrocken, beinahe schon eine Mondlandschaft, wären da nicht die hartnäckigen Josuapalmen gewesen, die der Kargheit trotzten. Stieg man die Hänge hinauf – und Pounder tat es oft, er war der Erde verbunden, auch wenn sein Sehnen den Sternen galt –, lösten knorrige Kiefern die Josuapalmen ab, und erreichte man schließlich, schwitzend und keuchend, einen Gipfel, reichte der Blick in der klaren Luft weit in die Ferne. Oder, legte man den Kopf in den Nacken, in das Universum, das am Himmel in unwirklich anmutender Pracht funkelte.
Dort oben, zwischen den Sternen, absolvierte die STARDUST in diesen Augenblicken ihren Bremsanflug auf den Mond. Pounder fragte sich, was Rhodan und seinen Männern in diesem Moment wohl durch den Kopf ging. Was …?
»Tatsächlich, eine beeindruckende Aussicht«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Sie sind zu beneiden, Pounder.«
Lesly Pounder wartete einen Moment, bevor er sich langsam umdrehte. Er war nicht erschrocken. Er war es nicht mehr, seit der Wagen mit seiner Frau und seinen Kindern vor langer Zeit in Florida von einer Straße abgekommen war. Der Sumpf hatte sie verschluckt und erst nach zwei Jahren wieder freigegeben. Seitdem gab es nichts mehr, was Pounder hätte erschrecken können.
Ein Mann saß an seinem Schreibtisch, hatte es sich lässig auf dem Drehstuhl bequem gemacht. Er war klein, beinahe ein Zwerg. Er war alt, mindestens so alt wie Pounder. Seine Haare genügten nur noch für einen weißen Haarkranz, und trotzdem hatte sein Gesicht eine jugendliche Straffheit, die unerklärlich war. Sie wirkte natürlich, hatte nichts von der künstlichen Steifheit eines Liftings, wie sie bei vielen Menschen zu beobachten war.
»Setzen Sie sich doch, Pounder!«, forderte der Mann ihn auf und zeigte gönnerhaft auf den Besucherstuhl, als gehöre das Büro ihm, als sei nicht er der Eindringling, sondern Lesly Pounder.
»Ich sollte die Militärpolizei rufen und Sie in hohem Bogen aus dem Fenster werfen lassen, Mercant«, sagte Pounder. »Ich bin gespannt, ob Sie dann auch noch lächeln.«
»Ein interessantes Experiment«, entgegnete Mercant. »Vorausgesetzt, die Militärpolizei folgt Ihren Befehlen, Pounder.« Er deutete auf das Telefon, das am Rand der Tischplatte lag. »Wollen Sie einen Versuch wagen?«
Pounder überlegte. Allan Mercant war ihm ein Rätsel. Seit einem knappen Jahr schnüffelte er in Nevada Fields herum. Er hielt jedem, der es wollte, und allen Übrigen seinen Ausweis unter die Nase: Homeland Security. Es genügte, um seinem Gegenüber, wenn nicht Angst, so wenigstens Respekt einzuflößen.
Ansonsten tat Mercant … nichts. Er war einfach vor Ort, tauchte an den unmöglichsten Stellen von Nevada Fields auf und gab sich für gewöhnlich als liebenswürdiger älterer Mann mit unbegrenzter Kapazität und Zeit für ein Schwätzchen.
Was war seine Funktion? Pounder konnte es nur vermuten. Mercant musste ein Aufpasser sein. Oder er diente als Täuschung, zog mit seinem auffälligen Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich, während die eigentlichen Agenten von Homeland Security ungestört und unerkannt ihrer Arbeit nachgingen. Pounder hatte sich schon mehr als einmal gefragt, ob sie nicht einem Betrüger aufgesessen waren. Ein Verrückter, der sie mit Andeutungen und einem perfekt gefälschten Homeland-Security-Ausweis zum Narren hielt und sich aufspielte. Aber das konnte nicht sein: Pounders Versuche, mehr über Mercant herauszufinden, waren gescheitert. Soweit es das Netz anging, existierte Mercant nicht. Und das konnte nur eines bedeuten: Mercant arbeitete tatsächlich für das mächtigste Ministerium der Vereinigten Staaten.
Und jetzt, kurz bevor die STARDUST den Mond in einer Mission erreichte, die womöglich über das Schicksal der Menschheit entschied, hatte sich dieser Mann in seinem Büro breitgemacht.
Pounder schöpfte tief Atem, ging zur Tür und schloss sie. Er war ein stolzer Mann. Doch in seiner Natur lag eine zweite Eigenschaft, die noch stärker war als sein Stolz: Neugierde. Pounder ließ sich im Besucherstuhl nieder. »Was wollen Sie von mir, Mercant?«
»Mit Ihnen sprechen.«
»Weshalb?«
»Weil mir die gegenwärtige Lage Sorgen macht.«
Pounder konnte ein Auflachen nicht unterdrücken. »Überlassen Sie das mir. Es sind meine Männer da oben.«
Mercant schwieg für einen Augenblick. Er sah Pounder mit einer Ernsthaftigkeit an, die nicht zu seinem jovialen Gesicht passen wollte. Dann sagte er: »Es sind auch meine.«
»Was bilden Sie sich ein?« Pounder beugte sich vor. »Nur weil Homeland Security glaubt, es sei nicht an Recht und Gesetze gebu…«
»Ich spreche weder im Namen noch im Auftrag von Homeland Security«, schnitt ihm Mercant das Wort ab. »Ich bin zu Ihnen als Mensch gekommen. In der STARDUST fliegen Menschen dem Ungewissen entgegen.«
Pounder zögerte. Mercant klang ehrlich. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Rhodan ist mein bester Mann. Die Crew der STARDUST ist so sicher, wie es nur menschenmöglich ist.«
»Was das angeht, würde ich mich an Ihrer Stelle vor vorschnellen Schlüssen hüten.« Mercant blinzelte. »Aber dazu später mehr. Meine Sorgen gelten nicht nur den vier Menschen in der STARDUST, sie gelten der gesamten Menschheit.« Mercant beugte sich vor. »Pounder, wir stehen am Abgrund.«
Pounder musterte sein Gegenüber. Was wollte Mercant von ihm? War er verrückt geworden? Oder war er es schon immer gewesen, und die Aura des Geheimnisvollen, mit der Mercant sich umgab, hatte ihn getäuscht? »Sie vergeuden Ihre Energien, Mercant«, sagte er. »Die Menschheit hat von ihrem Anbeginn am Rande des Abgrunds gelebt. Und wie Sie sehen, leben wir immer noch.«
»Ja. Aber ich fürchte, wir stehen in diesem Augenblick derart nahe am Abgrund, dass ein kleiner Schubs genügt, um uns unwiderruflich stürzen zu lassen. Der geringste Auslöser genügt.«
Pounder verstand. Zumindest glaubte er es. »Sie spielen auf die Mission der STARDUST an? Ich versichere Ihnen, Sie …«
Mercant schüttelte den Kopf. »Nicht die STARDUST. Ich rede von hier. Der Erde.« Er tippte mit dem Knöchel auf den Schreibtisch. »Pounder, ich weiß, dass Sie mich nicht ausstehen können. Und Sie haben gute Gründe dafür. Niemand mag Geheimdienstleute. Man kann ihnen nicht trauen. Aber, ich bitte Sie, Pounder, versuchen Sie, die Dinge für einen Augenblick anders zu sehen. Sehen Sie mich an. Ich bin ein Veteran wie Sie. Ich bin seit Jahrzehnten in meinem Fach. Ich habe vieles mitgemacht, ich habe vieles gemacht. Einiges davon hätte ich besser gelassen und für so manches werde ich eines Tages in der Hölle braten müssen, sollte es eine geben. Aber was immer ich tat, ich habe viel gelernt, viele Menschen kennengelernt. Man redet miteinander. Vertrautheit entsteht, manchmal entwickeln sich Freundschaften, manchmal bleibt es bei Zweckbündnissen. Ein Netz webt sich, das nicht greifbar ist und doch real. Man erfährt Dinge, die nirgends niedergeschrieben oder gespeichert sind.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Pounder. Mercants Worte behagten ihm nicht. Und das umso mehr, da er spürte, dass sie zutrafen: Er und Mercant waren sich ähnlicher, als er es sich eingestehen wollte.
»Die mit Großrussland assoziierte Volksrepublik Iran steht im Begriff, eine neue Offensive gegen den Irak zu eröffnen.«
Pounder runzelte die Stirn. »Das ist alles, was Sie mir mitzuteilen haben? Die wievielte ist es? Die fünfzehnte? Die zwanzigste? Wen interessiert das schon?«
»Die dreiundzwanzigste«, antwortete Mercant. »Aber es wird die letzte sein. Der Iran plant den Einsatz von taktischen Atomwaffen. Zufällig kenne ich die Pläne des irakischen Generalstabs. Sie sehen für diesen Fall einen Gegenschlag vor: die Auslöschung Teherans mit strategischen Atomwaffen.« Als Pounder nichts entgegnete, fuhr Mercant fort: »Wissen Sie, was das bedeutet? Die Überschreitung einer Schwelle, von der es kein Zurück gibt. Aus dem Stellvertreterkrieg wird ein heißer zwischen Großrussland und den USA werden. Beide Seiten verfügen über mehrere zehntausend Atomsprengköpfe.«
Mercants Stimme besaß einen Tonfall von erzwungener Beiläufigkeit, die Pounder davon überzeugte, dass der Geheimdienstmann die Wahrheit sprach. Aber wieso erzählte er das ihm, dem Zivilisten, dem Träumer von den Sternen? Und wieso ausgerechnet in diesem Augenblick?
»Das ist noch nicht alles«, sagte Mercant. »Meine Kontakte beim chinesischen Geheimdienst berichten mir, dass die Regierung für den Fall einer atomaren Auseinandersetzung zwischen den USA und Großrussland die Rückholung Taiwans zum chinesischen Mutterland plant. Die USA werden zu beschäftigt sein, um Taiwan zu schützen. Nur: Die Invasion kann nicht gelingen. Taiwan hat im Geheimen eigene nukleare Kapazitäten entwickelt. Greift die Volksrepublik an, kommt es unweigerlich zu einem weiteren atomaren Krieg.«
»Das sind beunruhigende Informationen … sollten sie zutreffen«, sagte Pounder vorsichtig. »Aber wieso teilen Sie das ausgerechnet mir mit? Ich bin lediglich Leiter einer heruntergekommenen, von Budgetkürzungen halb erdrosselten zivilen Raumfahrtbehörde, die sich aus irdischen Scherereien heraushält, so gut es geht.«
»Eben. Und ich bin ein alter, der Führung suspekter Geheimdienstler, den man der Einfachheit halber auf einen Posten abgeschoben hat, der ungefähr die Wichtigkeit des US-Botschafters in San Marino hat. Niemand erwartet von uns beiden weltbewegende Dinge – und genau deshalb können wir beide es schaffen, die Welt zu ändern. Wenn wir zusammenhalten.«
»Ich verstehe nicht, was Sie mir damit …«
»Die STARDUST fliegt zum Mond, um dort Kontakt zu Außerirdischen herzustellen. Haben Sie etwa im Ernst geglaubt, Sie könnten das vor mir verbergen?« Mercant lächelte. »Ich weiß Bescheid. Homeland Security weiß Bescheid. Von mir haben Sie nichts zu befürchten. Aber was das Ministerium angeht, liegen die Dinge anders. Die Männer und Frauen dort, in der Regierung, sind kleinkariert. Ihr Horizont ist eng, auf die Erde und ihre Streitigkeiten fixiert, die sie in ihrer Beschränktheit für einen unabänderlichen Teil der menschlichen Natur halten. Diese Menschen haben Angst vor dem Fremden. Sie können nicht anders, als in Kategorien von Bedrohung und Invasion zu denken, von Auge um Auge, Zahn um Zahn und vom Kampf Volk gegen Volk. Sie sind bereit zu handeln, wie es ihnen ihre Ängste diktieren. Jedes Mittel ist ihnen recht.«
»Es mag sein, dass es solche Menschen gibt«, gestand Pounder zu. Er hatte in seiner langen Karriere seine Erfahrungen mit Kleinkariertheit gemacht. »Aber Sie lassen sich zu voreiligen Schlüssen hinreißen, Mercant. Wenn zutreffen würde, was Sie behaupten, wieso hätte der Präsident dann den Flug der STARDUST befohlen?«
»Aus genau diesem Grund. Es geht nicht um eine friedliche Kontaktaufnahme. In der Vorstellung dieser Menschen kann es sie nicht geben. Nein, die STARDUST befördert eine Bombe, um die Fremden auszulöschen.«
»Das … das ist …« Pounder brachte den Satz nicht zu Ende. Er blickte zu Mercant, versuchte verzweifelt in dessen Miene zu lesen. Einen Hinweis darauf zu finden, dass der Geheimdienstmann seine Worte nicht ernst meinte, dass es sich bei dieser Begegnung nur um einen bösen Scherz handelte.
Er fand den Hinweis nicht.
»Das Bodenfahrzeug der STARDUST ist präpariert«, sagte Mercant. »Homeland Security hat einen nuklearen Sprengsatz in dem Fahrzeug untergebracht. Er kann durch einen Funkimpuls gezündet werden. Bleibt der Funkimpuls aus, bringt ein Zeitzünder den Sprengsatz zur Explosion.«
Pounder wollte widersprechen, aber er fand keine Worte. Er dachte an die vergangenen Wochen, die plötzliche Bereitschaft, mit der man ihn in Washington empfangen hatte. Die Regierung hatte ihm beinahe unbegrenzte Mittel zur Verfügung gestellt, um die STARDUST auf den Weg zu bringen. Minister und Beamte, die ihn seit Jahren ignorierten, hatten sich Zeit für ihn genommen, ihn hofiert und …
Mercant sagte die Wahrheit. Der Sprengsatz existierte.
»Was können wir tun?«, fragte Pounder.
»Sie müssen Ihre Mannschaft warnen, Pounder. Ohne dass ein Außenstehender Verdacht schöpft. Sie sind ein alter Fuchs, Sie können mir nicht erzählen, dass Sie das nicht hinbekämen. Ich wette, Sie haben einen geheimen Kode mit Rhodan vereinbart. Warnen Sie ihn!«
Pounder sah auf die Uhr. In kurzer Zeit würde die STARDUST in die Umlaufbahn einschwenken, die sie über die erdabgewandte Seite des Mondes führen würde. Im Schatten des Mondes würde keine Kommunikation möglich sein. Er musste sich beeilen.
Pounder ging zur Tür. Als er den Griff in der Hand hielt, wandte er sich noch einmal an Mercant. »Einverstanden, ich warne Rhodan«, sagte er. »Aber was ist mit Ihnen? Was werden Sie unternehmen?«
»Ach, nichts weiter.« Mercant lächelte flüchtig, als beendeten sie ein belangloses Gespräch bei einer Grillparty. »Vielleicht führe ich das ein oder andere Gespräch unter alten Freunden …«
5.
Eine Sekunde.
Eine Lichtsekunde trennte sie nach drei Flugtagen von der Erde, knapp 300.000 Kilometer.
Die kurzen Verzögerungen in der Kommunikation, nicht länger als ein Pulsschlag, ließen die Männer der STARDUST nicht vergessen, dass ein Abgrund der Leere sie von der Heimat trennte.
Perry Rhodan, Reginald Bull, Eric Manoli, Clark Flipper – sie alle waren jetzt aus dem künstlichen Tiefschlaf erwacht, sie alle verfolgten mit wachen Sinnen ihre Annäherung an den Mond.
Sie verspürten keine Angst. Der Tiefschlaf hatte ihnen eine Ausgeruhtheit und Gefasstheit mitgegeben, die sie noch zwei, drei Stunden begleiten würde. Ein Gefühl von grenzenloser Stärke, als könnte man es mit dem gesamten Universum aufnehmen. Es war ihr Panzer, der einzige Schutz, den die vier Männer hatten, die in ihrer winzigen Blechzelle durch den Weltraum rasten und tatsächlich unendlich verletzlich waren. Ein winziger Defekt, ein unerkannter Programmfehler, die Kollision mit einem Partikel kosmischen Treibguts oder eine einzige Fehlentscheidung konnten ihr Ende bedeuten.
Rhodan wandte den Blick vom Statusdisplay ab, das durchgehend Grünwerte anzeigte und besah sich seine Mannschaft. Flipper hatte etwas von seiner alten unerschütterlichen Zuversicht zurückgewonnen. Eine gute Nachricht hatte ihn erwartet, als er aufgewacht war. Man hatte die Signale eines SOS-Senders aufgefangen, der zu Beths Gruppe gehörte, und war dabei, seine Position zu bestimmen. Eine Rettungsmannschaft würde aufbrechen. Vielleicht würde sie Beth noch rechtzeitig erreichen. Vielleicht. Flipper klammerte sich an die Hoffnung.
Manoli lag gefasst wie immer auf der Konturliege. Sein Atem war regelmäßig, er regte sich nicht. Rhodan fragte sich, ob er Manoli jemals außer sich erleben würde. Er konnte es sich nicht vorstellen – und wenn er darüber nachdachte, wollte er es auch nicht.
Bull hatte das Visier des Helms heruntergeklappt, und Rhodan verfolgte die Bilder, die über das integrierte Display flimmerten. Sie waren seitenverkehrt für den Betrachter von außen. Bull folgte drei Nachrichtenkanälen gleichzeitig – Rhodan glaubte Panzer und auf ihren mobilen Abschussrampen drohend erhobene Raketen zu erkennen und Männer, die wütende Reden hielten –, den größten Teil aber nahm ein Simulationsspiel ein. Rhodan verfolgte, wie sein Freund innerhalb kürzester Zeit ein Sternenreich erschuf, das große Teile der Milchstraße umfasste. Seine Zentralwelt war die Erde, die Bull »Terra« nannte. Sein Freund, der nichts von unnützem Grübeln hielt, lenkte sich ab.
Und wie kam er selbst, Rhodan, klar? Er hörte in sich hinein. Er fühlte eine merkwürdige Zuversicht. Ihm war, als stünde er am Rand eines Abgrunds, von dem es kein Zurück gab. Wollte er leben, musste er springen, musste er sein altes Leben abstreifen. Ohne auch nur zu erahnen, wie sein neues Leben aussehen mochte. Sollte es überhaupt eines für ihn geben.
»T minus 59 Minuten«, gab das Kontrollcenter durch. Es war eine nüchterne, gefühllose Durchsage, die von einer Maschine hätte stammen können. Aber sie tat es nicht. Einen Augenblick – nein, zwei Augenblicke später, die Lichtsekunde, die sie von der Erde trennte, sorgte dafür – sagte dieselbe Stimme voller Leben: »Gib es auf, Reg! Gegen mich kommst du sowieso nicht an. In der Zeit, in der du eine Flotte baust, erobere ich die halbe Galaxis!«
Bull klappte das Visier des Helms zurück. Er grinste. »Ist ja auch kein Wunder, Raimond. Du hast ja immer eine verfluchte Sekunde Vorsprung!«
Raimond, so hieß der Techniker, natürlich. Rhodan hatte seinen Namen vergessen, es gab buchstäblich Hunderte von seinem Schlag in Nevada Fields. Viel zu viele, um sich alle Namen einzuprägen, für Rhodan jedenfalls. Ihm waren lediglich die wichtigsten präsent. Wie etwa der ehemalige Technische Leiter des Shuttle-Projekts. Bernhardt, ein deutschstämmiger Amerikaner mit einem hitzigen Temperament, das Pounder wie einen umgänglichen Kumpel erscheinen ließ, hatte bis zu seinem tragischen Unfalltod mit einer Hingabe am Raumfahrtprogramm gearbeitet, die sogar noch die Pounders in den Schatten gestellt hatte. Rhodan zweifelte keine Sekunde daran, dass er ohne Bernhardts unermüdlichen Einsatz die Erde niemals verlassen hätte.
Bull dagegen kannte alle Namen. Alle. Nicht nur die der Techniker. Bull kannte sie bis hin zur letzten Aushilfsputzkraft. Und mit jedem dieser Menschen schien Bull mühelos den richtigen Ton zu treffen.
»Du auch, Reg!«, hielt der Techniker dagegen. »Die Lichtsekunde trennt uns in beide Richtungen. Pass nur auf! Wenn Pounder mitbekommt, wie es um deine Physik steht, lässt er ein Shuttle klarmachen und jagt es hinter euch her, um dich abführen zu lassen!«
»Nur zu! Dann bin ich wenigstens raus aus dieser Büchse!«
»Klar! Und sobald du …« Raimond brach ab. Lange Sekunden verstrichen, dann sagte er teilnahmslos. »Bremsphase beginnt in dreißig Sekunden. Mannschaft in Position!«
Über 300.000 Kilometer trennten Rhodan von Nevada Fields, aber er konnte sich ausmalen, was geschehen war. Pounder hatte das Kontrollcenter betreten, und die Hundertschaft Techniker, die eben noch mit den Füßen auf den Tischen ihrem Dienst nachgegangen war, saß jetzt kerzengerade vor ihren Displays. Der alte Knochen verstand keinen Spaß. Dienst war Dienst und eine todernste Sache.
»Zehn Sekunden bis zur Bremsphase. Fünf, vier, drei, zwei, eins, null!«
Mit einem brutalen Schlag setzten die Triebwerke der STARDUST ein. Der Andruck presste die Astronauten mit dem Neunfachen ihres Gewichts in die Konturliegen. Rhodan schloss die Augen, konzentrierte sich auf die bunten Schleier, die auf den Netzhäuten tanzten, um den Schmerz zu vergessen. Es gelang ihm nicht vollständig. Drei Flugtage in Schwerelosigkeit hatten bereits genügt, damit der Körper begann, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen.
Rhodan stellte sich vor, wie sich die STARDUST dem Mond näherte, ein flammender Stern, der einem Beobachter selbst mit dem bloßen Auge nicht verborgen bleiben konnte. Wie ihre Fahrt stetig dahinschmolz und schließlich auf dreieinhalb Kilometer pro Sekunde herabsank, einen Wert, der es dem Schwerefeld des Mondes erlauben würde, das winzige Raumschiff einzufangen und in einen Orbit zu zwingen. Die STARDUST würde den Mond einmal umrunden, um unter erträglicher Belastung für die Besatzung ihre Fahrt abzubauen. Und natürlich zur Aufklärung. Die STARDUST sollte das Gelände vor der Landung sondieren, insbesondere die abgewandte Seite des Mondes, die seit dem Ausfall aller lunaren Satelliten wieder so rätselhaft war, wie sie es für die längste Zeit der Menschheitsgeschichte gewesen war. Dann, nach der geglückten Umkreisung, würde die STARDUST den Landeanflug beginnen und bei Armstrong Base niedergehen.
Die Bremsphase endete. Rhodan und die übrigen Männer stöhnten erleichtert auf und genossen die wohltuende Schwerelosigkeit.
Zehn Sekunden später zündeten die Steuerdüsen der STARDUST und warfen das Schiff in einer präzisen Bewegung herum.
Vor der Cockpitscheibe, zum Greifen nahe, hing der Mond.
Das Manöver war eine Vergeudung von wertvollem Treibstoff, und dazu eine doppelte: Die STARDUST würde vor dem Landeanflug erneut umschwenken müssen. Doch Bull hatte es durchgesetzt. »Ihr setzt unsere STARDUST auf eine … eine zickige Diva von Rakete, schießt uns zum Mond und dann gönnt ihr uns noch nicht einmal einen Blick?« hatte sich der Freund bei der ersten Flugbesprechung empört.
Und Pounder, der sonst mit derselben Zuverlässigkeit, mit der jeden Morgen die Sonne aufging, auf einen Angriff mit einem Gegenangriff reagierte, hatte Bull mit einem Blick bedacht, in dem Rhodan Respekt zu lesen glaubte, und war in seinem Programm fortgefahren, als wäre nichts geschehen. Aber als Rhodan einen Tag später den Ausdruck des Flugplans in den Händen gehalten hatte, war Bulls Manöver in ihm aufgeführt gewesen.
Der Mond wurde zusehends größer. Bald nahm er die gesamte Cockpitscheibe ein. Bull schaltete die Kabinenbeleuchtung aus. Die Displays dimmten automatisch herunter. Fahles Mondlicht flutete in die STARDUST.
Pounder meldete sich. Ein Räuspern, dann: »Meine Herren, alles in Ordnung?«
»Ja, Sir.« Rhodan als Kommandant übernahm es zu antworten.
»Alle Flug- und Diagnosewerte liegen innerhalb der Toleranzen«, sagte Pounder, als hätte er Rhodan nicht gehört.
»Das freut mich zu hören.«
»Ich habe eine Nachricht für Clark Flipper. Die Rettungsmannschaften haben einen weiteren Notruf in Morsekode aus dem Annapurna-Massiv aufgefangen. Es ist zu unregelmäßig, um von einem automatischen Sender zu stammen. Jemand in der Gruppe von Mr. Flippers …«, Pounder zögerte, als er nach dem passenden Begriff suchte, »… von Mr. Flippers Gefährtin ist offensichtlich noch am Leben.«
»Danke!«, antwortete Flipper. »Das ist eine gute Nachricht.« Clark sagte es steif, aber Rhodan entgingen nicht die Tränen, die in seine Augenwinkel traten.
»Das dachte ich mir«, sagte Pounder. Und dann, nach einer Pause, die mehr als eine Sekunde maß, fuhr er fort: »Übrigens, Rhodan, ich muss Sie enttäuschen. Sie haben Ihre Wette verloren. Der Ausbruch des Mount St. Helens ist ausgeblieben.« Pounder räusperte sich. »Ich sehe, meine Herren, dass Sie in vierzehn Sekunden in den Schatten des Mondes treten. Wir sprechen uns wieder, wenn Sie aus ihm hervortreten. Pounder, Ende.«
Pounder hatte kaum zu Ende gesprochen, als Bulls Kopf herumruckte. »Eine Wette, Perry? Ich wusste nicht, dass Pounder wettet …«
Rhodan sah auf die Instrumente. »Später, in Ordnung?«, sagte er. »Jeden Augenblick …«
Dunkelheit erfüllte schlagartig die STARDUST, als sie in den Schatten des Mondes traten. Der Trabant schirmte sie vom Licht der Sonne ab, verschluckte ihre eigenen Funkwellen – sowie die von der Erde kommenden.
Der Ticker am unteren Rand des Cockpits, über den unablässig die Diagnosewerte von der Bodenstation gelaufen waren, fror ein, dann erschien eine Warnmeldung: »Verbindung abgebrochen!«
Die Männer der STARDUST hielten den Atem an. Sie warteten darauf, dass etwas – irgendetwas – passierte. Sie horchten in sich hinein und versuchten sich zu sagen, dass ihnen die Einsamkeit nichts ausmachte, dass die Nabelschnur der Kommunikation, die sie mit der Erde verbunden hatte, nur die Illusion von Sicherheit vermittelt hatte. Es nichts ausmachte, dass sie nicht mehr bestand.
Die Sekunden verstrichen.
Nichts geschah.
Bull holte tief Luft. »Verdammt, Perry! Weich mir nicht aus! Du und eine Wette! Du wettest nie. Und Pounder, der staubtrockene alte Knochen, weiß nicht einmal, was eine Wette ist. Raus mit der Sprache! Was ist da …«
Mit einem Schlag, der die Luft aus Bulls Lungen presste, setzten die Triebwerke der STARDUST unvermittelt ein und schwenkten das Schiff herum. Bull brüllte auf, als die Triebwerke entgegen dem Flugplan hochfuhren. Sein Brüllen brach ab, ging in ein Gurgeln über, als seine Lungen gegen den mörderischen Andruck kämpften. Er lag schräg in der Konturliege, den linken Arm in einem unmöglichen Winkel fixiert.
Rhodan ignorierte es. Er rief die Triebwerksdaten auf. Durch die tanzenden Schemen auf seiner Netzhaut gelang es ihm, sie abzulesen. Die STARDUST bremste mit Vollschub ab.
Rhodan wuchtete den rechten Arm herum, schlug gegen eine Sensorfläche auf der Innenseite der Lehne. Ein Piepsen bestätigte Rhodan den Kontakt. Ein Joystick schob sich aus der Lehne. Rhodan zwang die Hand hoch, sein behandschuhter Daumen und Zeigefinger schlossen sich um den Knüppel, rasteten ein.
»Fehlfunktion Bordcomputer«, brachte er hervor. »Reinitialisiere!« Rhodan presste Daumen und Zeigefinger zusammen. Die Displays wurden schwarz. Im selben Augenblick setzten die Triebwerke der STARDUST aus. Gnädige Schwerelosigkeit kehrte zurück.
Und trügerische. Die STARDUST fiel dem Mond entgegen. Ihre Geschwindigkeit war zu gering, um sie länger in einer Umlaufbahn zu halten.
Bull stöhnte vor Schmerz. Aus dem Augenwinkel verfolgte Rhodan, wie sich Manoli von seiner Liege befreite und sich zu Bull abstieß. »Schulter ausgerenkt«, verkündete er. Und dann, ohne ein weiteres Wort, schossen seine Beine vor und rammten gegen Bulls Schulter, während der Arzt sich an den Lehnen der Konturliege festhielt. Bull brüllte vor Schmerz auf.
»Und wieder eingerenkt«, verkündete Manoli ungerührt. Er holte eine Einwegspritze aus einer Tasche. »Das wird den Schmerz nehmen, Reginald. Wenigstens etwas.« Manoli injizierte das Schmerzmittel und Bulls Stöhnen verstummte. Der Arzt nickte ihm noch einmal zu, kehrte eilig wieder auf seine Liege zurück und schnallte sich an.
Die Cockpitdisplays blieben dunkel.
»Initialisierung gescheitert«, sagte Rhodan. »Initialisiere Backup-Rechner eins.«
Schwärze auf den Displays.
»Initialisierung gescheitert«, sagte Rhodan. »Initialisiere Backup-Rechner zwei.«
Schwärze.
»Initialisierung gescheitert«, sagte Rhodan. »Initialisiere Backup-Rechner drei.«
Schwärze.
»Initialisierung gescheitert«, sagte Rhodan. »Initialisiere Backup-Rechner vier.«
Schwärze.
»Initialisierungen gescheitert. Übernehme in Manuellsteuerung.«
»Wie soll das gehen?«, rief Manoli. »Wir haben keine Werte!«
»Höhe ist 360 Kilometer, Sinkgeschwindigkeit 1,8 Kilometer pro Sekunde«, stellte eine Stimme fest, in der unterdrückter Schmerz mitschwang. Sie gehörte Bull.
»Woher willst du das wissen?«
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.