Kitabı oku: «Sagen und Legenden aus Steyr und Umgebung», sayfa 3
Der seltsame steinerne Kopf
Gleich hinter dem Eingangstor des Gasthauses der Frau Maria Löbl, Enge Gasse 5, welches Haus den Herren Josef und Heinrich Bucsek gehört, ist rechts oben im Mauerwinkel ein überlebensgroßer steinerner Kopf angebracht, der wegen seiner Seltsamkeit bei jedem, der ihn betrachtet, Staunen und Kopfschütteln erregt, und der Betrachter fragt sich, welche Bewandtnis es mit diesem rätselhaften Kopf wohl haben mag. Dieser fremdartig anmutende Kopf ist gewiss seine dreihundert Jahre alt, wenn nicht noch älter; Halskrause und die hohe Mütze, die über den Kopf gestülpt ist, verweisen diese sonderbare Figur in eine alte, längst verklungene Zeit. Im Anblick dieses großen steinernen Kopfes fragt man sich unwillkürlich, welche Bedeutung dieses Unikum eines Kopfes wohl gehabt haben mochte und aus welchen Gründen man ihn am Eingang dieses Hauses angebracht hat.
Von dem merkwürdigen Kopf, der da oben schweigsam im Mauerwinkel sitzt und den niemand zu deuten vermag, sind allerhand sagenhafte Geschichtlein im Umlauf gewesen, heute aber fast vergessen.
So wurde früher folgendes Geschichtlein erzählt: Vor langer Zeit regierte in der Steyrburg ein gar streitbarer Burggraf, der sowohl mit dem Bürgermeister der Stadt Steyr als auch mit dem Stadtrichter, mit den Ratsherren und den Bürgern aus verschiedenen Gründen beständig im Streite lag und mit allen diesen Herren sozusagen in Feindschaft lebte. Man beschloss, dem hohen Herrn da droben in der Burg etwas ganz Besonderes anzutun. So ließ man von ihm, der gerade kein Adonis gewesen sein wird, von einem Bildhauer ein naturgetreues Kopfbildnis in Stein anfertigen und dort anbringen, wo es sich heute noch befindet. Einst, wie gesagt wird, ist das Haus Enge Gasse 5 ein Eckhaus gewesen und war sicher so eingerichtet, dass man diesen Kopf von der Gasse aus recht schön hat sehen können. Die Leute werden über dieses Monstrum, das es für eine Spottfigur ansahen, gelacht haben. Und der Burgherr, wenn er durch eines der Stadttore geritten kam, wird es auch gesehen und sich geärgert haben, wenn er durch das untere Burgtor den Berg hinaufritt zur Burg. Und das war eben der Zweck des Kopfes mit dem nicht gerade schönen Angesicht. So das sagenhafte Geschichtlein.
Im Gegensatz dazu wird der besagte steinerne und etwas komische Kopf, der da in der Mauer steckt, von anderen als der Kopf eines Hofnarren oder als der eines schauspielerischen Komikers bezeichnet. Oder sollte der Kopf den einstigen Besitzer des Hauses Michael Aidn darstellen? Wer weiß es? – Vielleicht? – Michael Aidn, ein reicher protestantischer Handelsherr, der von 1585 bis 1586 Stadtrichter und von 1595 bis 1597 Bürgermeister der Stadt Steyr war, baute sich das schöne Aichetschlössl und kaufte sich in Steyr mehrere Häuser, unter anderen auch das Haus Enge Gasse 5, und zwar im Jahre 1567. Er verkaufte es vier Jahre vor seinem Tode, im Jahre 1596, an einen anderen Bürger der Stadt. Ob Aidn das Haus barockisieren ließ und ob der seltsame Kopf schon damals in der Mauer stak, ist nicht bekannt, aber es wäre möglich.
Bevor das Haus Enge Gasse 5 in bürgerliche Hände kam, soll das Haus zur Burg gehört haben. Es soll vor langer Zeit das Absteigequartier für fahrende Sänger, Spielleute, Schauspieler, Puppenspieler, Gaukler, Possenreißer usw. gewesen sein, die, merkwürdig gekleidet, ihre Lieder zur Fiedel, Laute, Harfe, Quer- und Rohrpfeife sangen, Musik- und allerlei Kunststücke sowohl in der Burg als auch in der Stadt vortrugen. Obwohl diese Art von Leuten damals als »ehrlos« galt, wurde sie doch von den Steyrern in der Burg und in der Stadt mit Freuden empfangen und ihre Vorträge und Kunststücke verschiedenster Art gerne gehört und gesehen; brachten sie doch Abwechslung in das eintönige Leben des Alltags. Und so mag vielleicht der besagte merkwürdige Kopf in dem genannten Haus am Fuße der Burg und innerhalb der Tore der Stadt eine Art Schild für die in Steyr ankommenden Leute dieser Art gewesen sein.
Von dem sonderbaren steinernen Kopf wird auch gesagt, dass er den Kopf des Bauernführers im Bauernkrieg des Jahres 1626, Stefan Fadinger, darstellen soll. Dieser war am 31. Mai des genannten Jahres mit 40.000 Bauern von Kremsmünster nach Steyr gekommen. Er hielt sich bis zum 5. Juni in Steyr auf und führte neben dem damaligen Stadtrichter Wolfgang Madlseder bei einer Ratssitzung in Steyr den Vorsitz. Zum Gedenken und zur Erinnerung an diesen berühmten Zeitgenossen soll sein steinernes Abbild als Kopf mit Halskrause und hoher Mütze im Haus Enge Gasse 5 angebracht worden sein. – Das klingt zwar unwahrscheinlich, wird aber erzählt.
Und so ist auch das Haus Enge Gasse 5 mit seinem seltsamen steinernen Kopf in das Gespinst der Sage verwoben.
Die Kapuzinerkirche in Steyr
Auf der Hochfläche links der Leopold-Werndl-Straße, dort, wo die sogenannte Werndl-Villa steht, stand von 1620 bis 1786 die Kapuzinerkirche. Die heutige Werndl-Villa, im Laufe von rund 180 Jahren etwas umgestaltet, war das Klostergebäude der Patres Kapuziner. Die Kirche, im Jahre 1786 abgebrochen, stand vor dem Gebäude der jetzigen Werndl-Villa. Zum Großteil stehen noch die Mauern, mit denen Kirche, Kloster und Garten umschlossen waren. Von den Patres Kapuzinern, ihrer Kirche und ihrem Kloster erzählen Geschichte und Legende manche interessante Begebenheiten.
Schon viele Jahre vor 1600 und im ersten Viertel Jahrhundert nach diesem Zeitpunkt war der größte Teil der Bevölkerung protestantisch geworden. Wie Jakob Zetl, der Steyrer Färbermeister und katholische Ratsherr in seiner Steyrischen Chronik schreibt, sollen um diese Zeit nur noch achtzehn Bürgerfamilien in Steyr katholisch gewesen sein. Alle Kirchen der Stadt waren in den Händen der Protestanten. Michael Aidn, ein reicher Handelsherr und vielfacher Hausbesitzer, von 1585 bis 1586 Stadtrichter und von 1595 bis 1597 Bürgermeister und ein eifriger Protestant, war Verwalter der Stadtpfarrkirche in Steyr.
Seit 1605 gab sich der Abt Johann Wilhelm I. von Garsten viele Mühe, von dem Magistrat Steyr wenigstens die Bruderhauskirche und die Spitalkirche für die katholische Bevölkerung zu erhalten. Es gelang ihm nicht. Wollten die Katholiken in der Pfarrkirche Gottesdienst halten, so hing das immer von dem guten Willen des Magistrates ab, der fast zur Gänze aus Protestanten bestand. Als der Burggraf Georg Freiherr von Stubenberg, der ein Protestant war, von seinem Posten schied, erhielt Georg Siegmund von Lamberg, des Kaisers Mathias I. geheimer Rat und der Kaiserin Annas Obersthofmeister, das Steyrer Burggrafenamt. Dieser war Katholik, ließ 1616 die Burgkapelle neu herrichten und stellte sie den Katholiken für ihre gottesdienstlichen Handlungen zur Verfügung.
Als Abt Wilhelm 1614 gestorben war, wählten die Garstner 1615 den Benediktiner-Mönch von Melk Abt Anton II. (Spindler von Hofegg). Der war energisch, gewandt, vertraut mit den schwierigsten Geschäften, weise und beredsam; er machte den protestantischen Herren das Leben ein wenig sauer. Er verlangte vom Magistrate energisch die Schlüssel zur Bruderhauskirche und zur Spitalkirche, die ihm auch ausgefolgt wurden. Er fragte nicht lange und richtete beide Kirchen zum Gebrauch des Gottesdienstes ein. Außerdem betrieb er mit Eifer die Errichtung eines Kapuzinerklosters und einer Kirche in Steyr.
Schon am 1. Oktober erschien aus Prag ein kaiserlicher Befehl an den Landeshauptmann Wolf Wilhelm von Volkersdorf, nach welchen den Kapuzinern erlaubt wurde, in Steyr ein Kloster und eine Kirche zu erbauen, mit der Beifügung, die Erbauung derselben nicht zu hindern, sondern zu fördern. Der Landeshauptmann erließ am 16. Jänner 1616 einen Befehl an die Stadt Steyr, demgemäß zu handeln, wogegen sie aber Vorstellungen machte, den Bau aber nicht hindern konnte. Auch die Kaiserin Anna schrieb an den Magistrat, den Kapuzinern bei dem Bau mit Materialien an die Hand zu gehen. Sie schickte selber 4000 Gulden, auch der Burggraf Freiherr von Lamberg und der Abt von Garsten gaben reichlich Beiträge.
Zuerst waren zwei Kapuziner angekommen, denen der Burggraf das Gartenhaus im Hofgarten, dem jetzigen Schlosspark, zur Wohnung einräumte. Nach und nach kamen mehrere, die im Kirnerischen Hause in Pyrach, in der Nähe des Ketzerfreithofes, wohnten. Der Bau des Klostergebäudes, 1615 begonnen, wuchs schnell empor und war 1617 vollendet. Die Grundsteinlegung der Kirche wurde festlich begangen; es donnerten die Kanonen. Außer anderen hohen Persönlichkeiten wurde auch der Magistrat eingeladen, der aber aus begreiflichen Gründen nicht erschien. Der Färbermeister Zetl meinte spottend: »Vermutlich hat ihnen vielleicht die Luft nicht getaugt.«
Als man zum Bau der Kirche den Sand gegenüber dem Pfarrmayrhöfl ausgrub, kamen die Arbeiter auf einen großen Haufen Totengebeine, von denen zur Nachtzeit etliche Karren voll durch den Hundsgraben zur Enns gefahren und dort hineingeworfen wurden. Es waren die Gebeine von Erwachsenen und Kindern jeden Alters. Die Leute ergingen sich in Vermutungen, aus welcher Zeit diese Gebeine wohl stammen könnten. Die einen meinten, sie könnten von Gefallenen eines Krieges sein, während andere meinten, es könnten die Gebeine der zum Tode verurteilten Waldenser oder Wiedertäufer sein. Jakob Zetl aber schreibt in seiner »Steyr’schen Chronik«, dass man in den Krieg Kinder nicht mitzunehmen pflegte und die Wiedertäufer seien »mit Haut und Haar zu Aschen verbrandt und kain Bein übrig geblieben.« Eher glaubte er »dass in Infektions-Zeiten ain Hauffen verstorbener an dissem Orth zusamben in ein Gruaben geworfen worden, deren gebein disse gewesen.« Und lakonisch in seiner damals üblichen, mitunter recht unverständlichen Schreibweise: »Wer Ess aber nicht glauben will, kan am Jüngsten Tag in der Allgemeinen Aufferstehung weither nachfragen und die wahre Uhrkundt (Urkunde) einhollen.« Im Jahre 1620 stand auch der Bau der Kirche fertig da. Sie wurde der hl. Büßerin Magdalena geweiht. Vor der Kirche wurde das hohe hölzerne Ordenskreuz aufgestellt, Kloster und Kirche von einer Mauer umfangen.
Die Kapuziner waren ein Zweig der Franziskaner und hatten den Namen von ihrer Kopfbedeckung, der Kapuze. Sie spielten in den damals recht unruhigen Zeiten im kirchlichen Steyr eine nicht unbedeutende Rolle. Sie wurden sozusagen als Missionäre nach Steyr berufen. Ihre nicht gar große Kirche war eine Zeit lang Mittelpunkt des katholischen Lebens in dieser von religiösen Wirren schwer heimgesuchten Stadt.
Am Karfreitag des Jahres 1621 ging zum ersten Male eine Bußprozession von der Kirche der Kapuziner aus. Sie nahm ihren Weg durch den Hundsgraben, zog durch das Neutor in die Stadt hinein, den Stadtplatz hinunter, wieder herauf und kehrte, den Pfarrberg hinaufziehend und das Gilgentor passierend, zurück zur neuen Kirche, die draußen vor den Toren der Stadt lag. Als nach dem Bauernkrieg im Jahre 1626 und in Durchführung der Gegenreformation die Katholiken wieder das volle Verfügungsrecht über ihre Stadtkirchen bekamen, verlor die Kirche der Kapuziner allmählich ihre Bedeutung. Kaiser Joseph II. hob im Jahre 1786 das Kloster auf, das Gebäude und der Garten wurden an einen Herrn Eberstaler verkauft und die Kirche abgebrochen. Da kann man wohl sagen: Nichts besteht, alles verändert sich und vergeht.
Der abergläubische Müller
Das in Zwischenbrücken über dem Steyrflusse gestandene Objekt XII., das viele Jahre der Steyr-Daimler-Puch AG gehörte und zur Kraftübertragung mittels elektrischen Stromes diente, wurde 1965 abgebrochen. An der Stelle dieses kleinen Elektrizitätswerkes stand über sechshundert Jahre eine uralte, ziemlich große Mühle; sie stand auf der durch den Zusammenfluss der Enns und Steyr gebildeten spitzen Landzunge.
Michael Heindl kaufte im Jahre 1832 diese Mühle, die im Laufe der Zeit viele Besitzer, darunter Adelige, einen Stadtrichter und sogar einen Herzog, gehabt hatte. Die Müllerfamilie Heindl gab der Mühle den bis zum Schluss gebräuchlichen Namen Heindl-Mühle. Die, wie gesagt, ziemlich große Mühle war zum Teil auf mächtigen hölzernen Rammpfählen über dem smaragdgrünen Wasser der Steyr erbaut, wie auf einem alten Bilde noch zu sehen ist. Mehrere große unterschlächtig angetriebene Wasserräder plätscherten und klapperten von früh morgens bis spät abends und auch des Nachts. Diese Mühle mag neben den damals hölzernen Brücken über der Enns und der Steyr eines gewissen romantischen Reizes nicht entbehrt haben.
Neben der Getreidemühle gab es noch eine Schleiferei, an der die unterschiedlichsten Werkzeuge und Waffen geschliffen wurden. Auch war der Mühle noch eine Säge angeschlossen. Da hatten Müllerburschen, Schleifergesellen und Holzarbeiter reichlich Arbeit und Verdienst.
Einst hauste und werkte in der Mühle ein in seinem Wesen ganz eigentümlicher Müller, ein etwas geldgieriger und eigenartiger Kauz. Der Besitz der Mühle und der anderen angeschlossenen Werke brachten ihm nicht wenig Geld ein. So sammelte er blanke Silbergulden und harte Taler, die er in einer mit Eisenbändern beschlagenen, schweren hölzernen Truhe verwahrte. Aber sie wurde nicht voll. Daran waren seiner Meinung nach die schlechten Zeiten schuld und die um vieles ältere Spitalmühle gegenüber am jenseitigen Ufer der Steyr, die ihm so viel Konkurrenz mache; das Klappern des Wasserrades jener Mühle tat ihm in den Ohren wehe. Das war immer seine Klage. Es ist das alte Lied: Wer viel hat, hat noch immer nicht genug; er möchte noch mehr haben. Da hörte er von einem Zaubermittel, das rasch reich mache. Dieses Zaubermittel sei, wie ihm gesagt wurde, eine Holunderstaude, auf die sich einmal ein Bienenschwarm mit jungen Bienen und ihrer Königin zum ersten Male niedergelassen habe. Eine solche Staude müsse er ober der Tür der Mühle anbringen. Geldgierig und abergläubisch, wie der Müller war, verschaffte er sich eine solche Zauberstaude und tat, wie ihm gesagt wurde.
Dieses Zaubermittel brachte ihm zwar nicht schnell mehr Reichtum als er ohnehin schon hatte, sondern etwas anderes. Die Leute, die an der Mühle vorbeigingen und die Holunderstaude ober der Tür sahen, schüttelten die Köpfe und – wie es damals war – vermuteten dahinter ein Teufelswerk.
Davon erfuhr auch die Müllerzunft. Sie verklagte den Zwischenbrücken-Müller beim Magistrat Steyr, dass er aus dem Grunde Zauberei betreibe, damit das Mahlen besser gelinge und er daher mehr Geld verdiene. Die Müllerzunft, bei der er, wie es scheint, ohnehin nicht gut angeschrieben war, wollte ihn ausstoßen. Doch das Stadtgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Er musste 50 Reichstaler zahlen und außerdem einen Revers unterschreiben, in Hinkunft sich keines solchen Zaubermittels mehr zu bedienen. Wo ist der Zwischenbrücken-Müller? Wo ist die Heindl-Mühle? Beide existieren längst nicht mehr.
Das »Blut-Gassl«
Ein Haus in Steyr mit einer schönen Vorderwand ist das Haus der Frau Leonore Ecke, Enge Gasse Nummer 11. Die ganze Vorderwand dieses zweistöckigen Hauses ist mit den herrlichsten Kratzputzmalereien bedeckt. Der Beschauer sieht in einer Reihe unten und in einer Reihe oben je acht mystische Drachentiere, links und rechts an der Schauseite zwischen den Fenstern Doppelspiralen und Rauten, uralte Symbole und andere figurale Zier. Zwischen diesem Hause Nummer 11 und dem Hause Nummer 9 des Herrn Josef Stigler führte in alter, längst vergangener Zeit ein schmales Gässchen von der Enge Gasse zum Ennskai, der ennswärts entlang dem Flusse noch die alte Stadtbefestigungsmauer hatte. Dieses Gässchen, das zwischen den zwei genannten Häusern zum Ennskai hinunterführte, hieß einst das »Blut-Gassl«. Der größte Teil dieses Gassls ist wohl noch vorhanden, aber für den Verkehr nicht mehr benutzbar. Dieses merkwürdige schmale Gässchen ist vor langer, nicht mehr feststellbarer Zeit in das Haus Nummer 9, Enge Gasse, einbezogen worden und verbaut. Der Eingang in dieses Gässlein wäre auf der rechten Seite des Stiglerhauses, ist aber, wie gesagt, verbaut und der Durchgang ist heute nicht mehr möglich; man kennt aber noch sehr gut, dass von hier aus das besagte Gassl zum Kai führte.
Wie kam dieses Gassl zu dem Namen Blut-Gassl? In diesem Gassl ist vor langer Zeit, wie die Sage erzählt, ein Graf erschlagen oder erstochen worden. Ob es ein Burggraf oder ein anderer Graf gewesen, das weiß die Sage nicht mehr. Als man ihn fand, lag er in einer großen Blutlache und war tot. Die Mörder waren entflohen und man hat nie erfahren, wer die Täter waren. Lange Zeit war ein großer Blutfleck zu sehen. Und von da an erhielt das enge finstere Gassl den etwas gruselig klingenden Namen »Blut-Gassl«. Name und Gassl sind heute fast vergessen und nur ganz wenige wissen noch davon. Wie das Blut-Gassl ursprünglich hieß, ist nicht mehr bekannt.
Das Pestkreuz aus dem Jahre 1786
Die Stadt Steyr ist im Laufe vieler Jahrhunderte in kürzeren und längeren Zeitabständen von der schrecklichsten aller Krankheiten, der Pest, heimgesucht worden. Gar oft heißt es in alten Chroniken, dass die »erschröckliche Pestilenz einen großen Haufen frommer und böser Leut’ hinweggerafft hat«. Daher hatte die Stadt in und um Steyr mehrere Pestfriedhöfe, in denen die von dieser pestilenzischen Seuche hinweggerafften Personen männlichen und weiblichen Geschlechts begraben wurden.
So war einer dieser Pestfriedhöfe außerhalb der Stadt gegenüber dem einstigen Kapuzinerkloster auf der Anhöhe, wo jetzt die alte Bertholdi-Kapelle steht. Ein anderer Pestfriedhof befand sich in der Ortschaft Gmain. Als die Opfer der Pest in den Jahren 1541 und 1542 den kleinen, schmalen Friedhof bei der Pfarrkirche überfüllten und man eine größere Ansteckung von den Leichnamen fürchtete, wurde hinter dem Bruderhaus, im sogenannten Weichselgarten, ein neuer Friedhof errichtet. Doch auch dieser erwies sich bald zu klein und reichte in den Pestjahren 1569 und 1570 nicht mehr aus. – Manche Pestsäule, manche Pestkapelle, mancher Bildstock mit Bildern und Statuen der Pestpatrone erinnern uns an diese gar oft grassierende hässliche Krankheit. Auf einen dieser Pestfriedhöfe sei hier besonders hingewiesen. Etwas außerhalb der Stadt Steyr, unweit der St. Anna-Kirche, nahe am linken Ufer des Steyrflusses, lag eine Wiese. Auf dieser Wiese wurden hauptsächlich die im Pestjahre 1713 an der Seuche Verstorbenen begraben.
Zeiten und Menschen sind vergangen, die Pest ist nicht wieder gekommen. Der Friedhof verfiel im Laufe der Zeit; nichts deutete mehr darauf hin, dass diese Wiese einst ein Pestfriedhof gewesen. Einzig ein altes, aus Sandstein gearbeitetes, einen und einen halben Meter großes, schweres, barockes Kreuz stand noch windschief, halb in die Erde gesunken, einsam und verlassen mitten in der grünen Wiese. Am Kreuze stand die erhaben gemeißelte, aber schon arg verwitterte Inschrift in der Schreibweise jener längst vergangenen Zeit:
Hier ligt begraben R. P. Franziskus Sorer S. J., Rektor der Jesuiter C. U. Steyr, welcher in der Pest sein Geist aufgegeben hat. – Dießer hat den pesthaften gedienet u. biettet alle um ein Gebett. Anno 1786.
Allgemein wird angenommen, dass im Jahre 1713 die Pestperiode in unserem Heimatlande ihr Ende gefunden hat. Dass die Pest viele Jahre später noch einmal in Steyr verheerend auftrat und neben vielen Leuten auch den oben genannten Priester im Jahre 1786 hinwegraffte, das beweist die Inschrift an dem vorhin genannten Steinkreuz.
Vor 1900 kam ein geschäftstüchtiger Mann und erbaute sich auf der Wiese, in welcher die an der Pest Verstorbenen ruhten, ein Wohnhaus und einen Kalkofen; bei Erdaushuben kamen Gebeine jener Toten zum Vorschein. Als man noch einen Wagenschuppen erbaute, stand das Steinkreuz im Wege; es wurde an die hinten aufragende Felswand gestellt. Dort blieb es viele Jahre stehen. Es wurde von Unkraut und Schlingpflanzen so überwuchert, dass man es nicht mehr sehen konnte und es so den Blicken der Vorübergehenden entzogen blieb.
Da erbarmte sich im Jahre 1952 der Pfarrer der Kirche St. Anna, Herr Geistlicher Rat J. Lugmayr, des alten barocken Steinkreuzes. Er nahm einen starken Karren und mit tatkräftiger Hilfe Jugendlicher wurde das schwere Kreuz von seinem wüsten Standplatz genommen, mit harten Kräften auf den Karren geladen und zur Annakirche gefahren, wo es mitten in der schönen Blumenanlage an der mit Efeu grün übersponnenen, hohen Straßenwand aufgestellt wurde. Nun hat das schwere Steinkreuz aus dem Pestjahr 1786 endlich den passenden Platz gefunden, zur Freude derer, die der Bitte, so in der Inschrift steht, nachkommen wollen.