Kitabı oku: «Internationales Strafrecht», sayfa 23

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Anmerkungen

[1]

§ 359 Nr. 6 StPO wurde durch das Gesetz v. 9.7.1998 (BGBl. I 1998, 1802) in die StPO eingefügt; vgl. zum Gesetzgebungsverfahren: Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (BT-Drucks. 13/3594); Beschlussempfehlung des BT-Rechtsausschusses (BT-Drucks. 13/10333); vgl. zur früheren Diskussion bzgl. einer Wiederaufnahme analog § 79 BVerfGG: BVerfG NJW 1986, 1425 f. (Pakelli); OLG Koblenz GA 1987, 367.

[2]

Marxen/Tiemann Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 3. Aufl. 2014, Rn. 23.

[3]

Marxen/Tiemann Rn. 29 f.; SK-StPO/Frister Vor § 359, 20 ff.

[4]

Marxen/Tiemann Rn. 279; SK-StPO/Frister § 359, 75.

[5]

BT-Drucks. 13/10333, S. 3 f.

[6]

In diese Richtung: LG Ravensburg NStZ-RR 2001, 115.

[7]

Dagegen aber: Marxen/Tiemann Rn. 279; Meyer-Goßner/Schmitt-Meyer-Goßner § 359 Rn. 52; HK/Weiler, § 359 Rn. 21; für eine analoge Anwendung des § 79 Abs. 1 BVerfGG: Satzger Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 670 ff., 681; Jokisch Gemeinschaftsrecht und Strafverfahren, 2000, S. 208 ff., 229.

[8]

A.A. Burhoff/Kotz/Amelung/Werning Teil B, Rn. 1137.

[9]

Für eine enge Auslegung der Norm plädieren: KK-StPO/Schmidt § 359, 40; Maur NJW 2000, 338; KMR/Eschelbach § 364, 219; SK-StPO/Frister § 359, 75; Meyer-Goßner/Schmitt-Meyer-Goßner § 359, 52.

[10]

Vgl. Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht, 2002, S. 835, 869; ebenso: Ambos ZStW 115 (2003), 583, 589; Marxen/Tiemann Rn. 285; Zehetgruber ZIS 2016, 52, 56.

[11]

Zu demselben Ergebnis gelänge man, indem man zwar die Befolgungspflicht (Art. 46 EMRK) auch auf Seiten des Vertragsstaates auf den Bf. beschränkt, dafür aber die Berücksichtigungspflicht (Art. 1 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG) extensiv interpretiert, so dass diese auch „repressiv“ zur Aufhebung anderer, ebenfalls konventionswidriger Urteile oder Maßnahmen verpflichtet. Der nächste denkbare Schritt wäre dann, dies auch hinsichtlich derjenigen Urteile zu verlangen, die gegen andere Staaten ergehen. Denkbar ist dieser Weg allerdings nur über Art. 1 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG, nicht über Art. 46 EMRK.

[12]

Für eine weite Auslegung auch: Weigend StV 2000, 384, 388 Fn. 60-61; Marxen/Tiemann Rn. 285; Ambos ZStW 115 (2003), 583, 589, Zehetgruber ZIS 2016, 52, 55; in diese Richtung auch Burhoff/Kotz/Amelung/Werning Teil B, Rn. 1140.

[13]

LR/Gössel § 359 StPO, 192, 194; Meyer-Goßner/Schmitt-Meyer-Goßner § 359, 52; vgl. BT-Drucks. 13/10333, S. 3 f.; im Gesetzgebungsverfahren wurde eine Ausweitung des § 359 Nr. 6 StPO diskutiert, später aber ganz bewusst nicht aufgenommen.

[14]

Anderer Ansicht aber: KK-StPO/Schmidt § 359, 40.

[15]

Ebenso: Ambos ZStW 115 (2003), 583, 591; Weigend StV 2000, 384, 387, 388 Fn. 60 f.

[16]

Für eine extensive Auslegung: Kühne StV 2001, 73, 74; in Anlehnung an § 337 Abs. 1 StPO: Maur NJW 2000, 338; Weigend StV 2000, 384, 387, 388; für einen strengeren Prüfungsmaßstab als vor Eintritt der Rechtskraft: Marxen/Tiemann Rn. 280.

[17]

BVerfG NJW 2000, 1480; LG Ravensburg NStZ-RR 2001, 115, 116.

[18]

OLG Frankfurt Beschl. v. 29.6.2012 – 1 Ws 3/12, BeckRS 2012, 15152 m. Anm. Jahn JuS 2013, 273.

[19]

OLG Bamberg Beschl. v. 5.3.2013 – 1 Ws 98/13, BeckRS 2013, 05389.

[20]

KK-StPO/Schmidt § 359, 40.

[21]

OLG Stuttgart NStZ-RR 2000, 243 f.

[22]

OLG Stuttgart NStZ-RR 2000, 243 f.; hierzu auch Burhoff/Kotz/Amelung/Werning Teil B, Rn. 1142.

[23]

Ebenso Marxen/Tiemann Rn. 283; Meyer-Goßner/Schmitt-Meyer-Goßner § 359, 52; SK-StPO/Frister § 359, 76.

[24]

A.A. jedoch BVerfG NJW 2000, 1480 unter Hinweis auf § 360 Abs. 1 StPO.

[25]

Umfassend zu den Einzelheiten des Wiederaufnahmeverfahrens: Marxen/Tiemann Rn. 54; Burhoff/Kotz/Amelung/Werning Teil B, Rn. 1053 ff.

[26]

Marxen/Tiemann Rn. 289.

Teil 2 Kontrollausschüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen

Inhaltsverzeichnis

A. Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC)

B. Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter (CAT)

561

Der auf UN-Ebene am 19.12.1966 geschlossene Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR; International Covenant on Civil and Political Rights, ICCPR) und die UN-Anti-Folterkonvention vom 10.12.1984 (UNCAT) sind wichtige Bestandteile im System eines weltweiten Schutzes der Menschenrechte. Materiell haben sie auch für das Strafrecht erheblichen Bedeutungsgehalt.

562

In diesem Kapitel werden mit dem UN-Menschenrechtsausschuss (HRC) und dem UN-Anti-Folter-Ausschuss (CAT) die Kontrollgremien dieser beiden Übereinkommen vorgestellt, die für den Verteidiger über ein Individualbeschwerdeverfahren zugänglich sind.

Teil 2 Kontrollausschüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen › A. Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC)

A. Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC)

Teil 2 Kontrollausschüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen › A. Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC) › I. Rechtliche Grundlage

I. Rechtliche Grundlage

563

Der UN-Menschenrechtsausschuss (Human Rights Committee – HRC)[1] ist kein internationales Gericht, sondern ein quasi-richterliches Vertragsorgan der Vereinten Nationen, das im Jahr 1976 als Kontrollgremium zur Überwachung des am 19.12.1966 zur Zeichnung aufgelegten Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) ins Leben gerufen wurde und institutionell der UN-Generalversammlung zugeordnet ist.[2] Der seinerseits auf eine UN-Resolution zurückgehende – auch als Zivilpakt bezeichnete – IPBPR ist das wichtigste Rechtsinstrument der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte. Er enthält zahlreiche für das Strafverfahren relevante Garantien und Freiheitsrechte (Art. 6–27 IPBPR):[3]

564



565

Hinweise zur Auslegung dieser Rechte ergeben sich aus der Entscheidungspraxis des HRC bei der Behandlung von Individualbeschwerden[20], den Allgemeinen Erklärungen (General Comments)[21] sowie aus den Stellungnahmen des HRC zu den von den Vertragsstaaten periodisch vorzulegenden Berichten über die nationale Menschenrechtssituation (Concluding Observations), wobei einige Vertragsstaaten dieser Pflicht unvollkommen, überhaupt nicht oder nur sehr verspätet nachkommen.[22] Zudem ist eine beständige Rechtsprechungslinie des HRC mitunter nicht feststellbar.[23]

566

Des Weiteren enthält der IPBPR Vorschriften über die Aufgaben und die Zusammensetzung des HRC (Art. 28–45 IPBPR). Das HRC kontrolliert seit dem 20.9.1976 die Einhaltung der im IPBPR geschützten Rechte und Freiheiten durch die Vertragsstaaten. Außerhalb des Staatenberichtverfahrens[24] befasst sich der Ausschuss mit Individualbeschwerden/Mitteilungen (communications), in denen Einzelpersonen die Verletzung eines durch den IPBPR garantierten Rechtes durch einen Vertragsstaat geltend machen. Genau hier eröffnet sich für den Strafverteidiger und seinen Mandanten ein möglicher Rechtsbehelf, um einen Rechtsverstoß nach Erschöpfung der nationalen Rechtsbehelfe auf internationaler Ebene geltend zu machen (zum Konkurrenzverhältnis der auf internationaler Ebene bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten, Rn. 234, 608).

567

Die Zuständigkeit des HRC für die Prüfung solcher Mitteilungen ergibt sich aus dem am 19.12.1966 zur Zeichnung aufgelegten (Ersten) Fakultativprotokoll (FP)[25] zum IPBPR und der Verfahrensordnung des Ausschusses (Rules of Procedure) vom 11.1.2012.[26] Die BR Deutschland hat sowohl den Zivilpakt als auch die beiden[27] Zusatzprotokolle gezeichnet und ratifiziert.[28]

568

Das HRC setzt sich aus 18 unabhängigen, gewählten Experten auf dem Gebiet des internationalen Menschenrechtsschutzes zusammen (Art. 28 IPBPR; Rules 11-22). Es tritt regulär dreimal im Jahr zu einer jeweils dreiwöchigen Sitzung am Sitz der Vereinten Nationen in New York oder Genf zusammen (Rule 2). Unterstützt wird der Ausschuss durch ein beim UN-Hochkommissar für Menschenrechte eingerichtetes Sekretariat, das auch die eingehenden Beschwerden beantwortet. Die Sitzungen des HRC werden im Interesse seiner Funktionsfähigkeit von Arbeitsgruppen (working groups) vorbereitet, die sich mit der Zulässigkeit der eingehenden Individualbeschwerden befassen und Vorschläge für die Arbeit im Ausschuss erarbeiten (Rules 62, 95).

Teil 2 Kontrollausschüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen › A. Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC) › II. Zulässigkeit einer Individualbeschwerde (admissibility)

II. Zulässigkeit einer Individualbeschwerde (admissibility)

1. Beschwerdefähigkeit/Beschwerdegegner

569

Eine Beschwerde zum HRC kann nur eine natürliche (Einzel-)Person (individual) einlegen, die der Hoheitsgewalt (jurisdiction) eines Staates untersteht, der sowohl den IPBPR als auch das (Erste) Fakultativprotokoll vom 19.12.1966 (FP) gezeichnet und ratifiziert hat (Art. 1 FP, Rule 84 Abs. 3).[29] Juristische Personen, Personengruppen[30], NGOs[31], Vereinigungen und organisatorische Zusammenschlüsse sind nicht berechtigt, eine Beschwerde in eigener Sache zum HRC zu erheben.[32]

570

Beschwerdegegner ist der Vertragsstaat, der für die vom Bf. behauptete Verletzung eines im IPBPR garantierten Rechtes verantwortlich ist.[33]

2. Beschwerdebefugnis/Beschwerdegegenstand

571

Der Bf. muss hinreichend substantiiert behaupten und darlegen, durch ein hoheitliches Handeln oder Unterlassen des Vertragsstaates oder durch ein diesem Staat zurechenbares nichtstaatliches Handeln oder Unterlassen selbst, unmittelbar und gegenwärtig in einem eigenen, ihm durch den IPBPR garantierten Recht (konkret) verletzt (worden) zu sein (personally and directly affected; Art. 2 FP, Rule 96 lit. b).

572

Prüfungsmaßstab im Verfahren vor dem HRC und zugleich tauglicher Gegenstand der Beschwerdebefugnis sind allein die Garantien des IPBPR. Die Einhaltung anderer menschenrechtlicher Garantien, der allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts oder gar die abstrakte Vereinbarkeit einer nationalen Rechtslage mit den Vorgaben des IPBPR kann der Ausschuss nicht überprüfen.[34] Beschwerden, die offensichtlich kein durch den IPBPR garantiertes Recht betreffen, werden als unzulässig zurückgewiesen (Art. 3 FP).

573

Hat der Staat, gegen den sich die Beschwerde richtet, anlässlich der Ratifizierung des IPBPR materielle Vorbehalte (substantive reservations) hinsichtlich einzelner Garantien erklärt[35], so kann der Ausschuss die betreffende Frage nicht vor diesem Hintergrund prüfen.

574

Hinweis

Die BR Deutschland hat bezüglich folgender Garantien des IPBPR einen (inhaltlichen) Vorbehalt erklärt: Art. 14 Abs. 3 lit. d (Anwesenheit des Beschuldigten in der Verhandlung vor dem Revisionsgericht); Art. 14 Abs. 5 (kein Rechtsmittel gegen Berufungsurteil, in dem der Angeklagte erstmals verurteilt wird/kein Rechtsmittel bei Verurteilung wegen geringfügiger Straftat zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe); Art. 15 Abs. 1 (keine Anwendung eines neueren, milderen Gesetzes auf Alttaten). Die ebenfalls erklärten Vorbehalte hinsichtlich Art. 19, 21 und 22 haben für das Strafverfahren keine Bedeutung.

575

Für das nicht hoheitliche Handeln von Privatpersonen ist ein Vertragsstaat nur verantwortlich, wenn ihm dieses Handeln als staatlich veranlasst zugerechnet werden kann (z.B. bei der sog. „Hörfalle“) oder den Staat eine positive Schutzpflicht zur Verhinderung des drohenden Schadens an den durch die Bestimmungen des IPBPR geschützten Rechtsgütern trifft.

576

Der von einem Vertragsstaat zu gewährleistende persönliche Schutzbereich der durch den IPBPR verbürgten Rechte erstreckt sich auf alle Personen, die – wenigstens zum Zeitpunkt der behaupteten Verletzung – seiner Herrschaftsgewalt unterstehen[36], also neben eigenen Staatsangehörigen auch auf Ausländer und Staatenlose (Art. 1 FP).

577

Örtlich ist der Schutzgehalt der Garantien des IPBPR grundsätzlich auf das Territorium des jeweiligen Vertragsstaates beschränkt (Art. 2 Abs. 1 IPBPR).[37] Für (die Verhinderung drohender) Verletzungen eines durch den IPBPR geschützten Rechtes außerhalb seines Territoriums ist ein Staat nur verantwortlich (Schutzpflicht), wenn diese Verletzungen eine notwendige und vorhersehbare Konsequenz des Handelns seiner eigenen Organe – auf dem eigenen Staatsgebiet – sind (z.B. im Falle der Abschiebung oder Auslieferung). Gleiches gilt, wenn die einen Verstoß gegen den IPBPR hervorrufenden Handlungen – eigener oder fremder staatlicher Organe – im Ausland seiner Kontrolle unterliegen (z.B. bei Einsätzen von Soldaten im Ausland) – sei es mit oder ohne Zustimmung des ausländischen Staates.[38]

578

In zeitlicher Hinsicht kann das HRC grundsätzlich nur Beschwerden berücksichtigen, deren Gegenstand sich auf den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des FP bezieht (ratione temporis).[39] Stichtag für die BR Deutschland ist der 25.11.1993. Nach der Spruchpraxis des HRC sind jedoch auch solche Beschwerden, in denen der Bf. eine Verletzung des IPBPR durch ein zwar nach Inkrafttreten des IPBPR, aber vor Inkrafttreten des FP geschehenes staatliches Handeln behauptet, ausnahmsweise zulässig, wenn sich auch nach dem fraglichen Zeitpunkt eine (noch) fortdauernde Beschwer des Bf. feststellen lässt (continuous effects bzw. continuing violation; z.B. Inhaftierung infolge eines unfairen Verfahrens; bestätigendes Urteil eines Rechtsmittelgerichts[40]; Aberkennung von Minderheitsrechten[41]).

579

Vor Einlegung der Beschwerde ist allerdings zu prüfen, ob von dem Vertragsstaat, gegen den sich die Beschwerde richtet, ein erweiterter Vorbehalt hinsichtlich der Kontrolltätigkeit des HRC für Geschehnisse, die vor dem Inkrafttreten (für diesen Staat) des IPBPR und des FP stattgefunden haben, und deren zukünftige Auswirkungen erklärt worden ist.[42]

580

Hinweis

Wegen eines solchen bei der Hinterlegung der Beitrittsurkunde erklärten Vorbehalts sind auch Beschwerden gegen Deutschland bzgl. Verletzungen des IPBPR ausgeschlossen, deren Ursprung aus einer Zeit resultiert, zu der das FP – für die BR Deutschland – noch nicht in Kraft getreten war.[43]

581

Gegen eine auf ihn anwendbare – ihn also nur mittelbar in seinem durch den IPBPR geschützten Recht betreffende (not actually/adversely affected) – abstrakte gesetzliche Regelung kann sich der Bf. wenden, wenn diese entweder self-executing ist oder ihre Vollziehung bezogen auf den Bf. aufgrund einer gefestigten Staatspraxis außer Zweifel steht und aus diesem Grund bereits von einer persönlichen, gegenwärtigen Betroffenheit des Bf. auszugehen (imminent effect) oder aber das Abwarten des behördlichen Vollzugsaktes für den Bf. unzumutbar ist.[44]

582

Sonstige zukünftig drohende Verletzungen eines im IPBPR geschützten Rechtes begründen eine (bereits) gegenwärtige Betroffenheit des Bf., wenn der Eintritt der Verletzung – z.B. bei der Abschiebung in einen anderen Staat – hinreichend wahrscheinlich ist (real risk/as to render imminent a violation).[45]

583

Ein Wegfall der Opfereigenschaft des Bf. (Beschwer) kann durch nachträglich eintretende Umstände – insbesondere durch eine staatliche Wiedergutmachung – eintreten.[46] Der Bf. verliert sein Recht auf Einlegung einer Individualbeschwerde allerdings nicht schon dadurch, dass er das Staatsgebiet des betreffenden Vertragsstaates verlässt.[47]

3. Vertretung

584

Abzugrenzen von der unzulässigen Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen ist die Vertretung einer verletzten und daher beschwerdebefugten Person (Rule 96 lit. b), die grundsätzlich möglich ist; ein Vertretungszwang vor dem HRC besteht allerdings nicht.

585

Als vom Verletzten gewählter Vertreter kommt jede natürliche oder juristische Person oder Organisation in Betracht, also auch und gerade Rechtsanwälte. Der Vertreter – auch der Verteidiger[48] – muss seine Vertretungsbefugnis gegenüber dem HRC durch die Vorlage einer Vollmacht oder schriftlichen Erklärung der verletzten Person nachweisen (authorization).

586

Hinweis

Vorgelegt werden sollte eine Vollmacht, die sich ausdrücklich auf das Verfahren vor dem HRC bezieht und in einer Arbeitssprache des HRC[49] abgefasst ist.

587

Die Einlegung einer Beschwerde in Vertretung des Verletzten ist auch dann möglich, wenn dieser aufgrund äußerer Umstände (z.B. Tod, Inhaftierung) nicht in der Lage ist, eine andere Person mit der Initiierung des Verfahrens vor dem HRC in Schriftform zu beauftragen. Als befugt zur (schriftlichen) Autorisierung eines Dritten als Vertreter des Verletzten werden vom HRC allerdings nur nahe Angehörige, Familienmitglieder (close family connection) oder Personen akzeptiert, die – objektiv nachvollziehbar – in einer näheren Beziehung zum Verletzten stehen (apparant links/close relationship).

588

Andere Formen des Nachweises einer Bevollmächtigung kommen nur ausnahmsweise in Betracht, etwa für den Fall, dass eine Person bereits in der Vergangenheit als Anwalt/Verteidiger für den Verletzten aufgetreten ist. Die Gründe, aus denen eine schriftliche Bevollmächtigung nicht beigebracht werden kann, sind in der Beschwerdeschrift darzulegen.

589

Kann der Verletzte aufgrund der konkreten Umstände des Falles eine andere Person nicht mit der Einlegung der Beschwerde beauftragen, kommt anstelle einer Vertretung im oben beschriebenen Sinne auch eine Beschwerde im Namen des angeblichen Opfers (communication on behalf of an alleged victim) in Betracht.[50] Die in diesem Fall als Bf. (author) – und nicht als Vertreter des mutmaßlichen Opfers (s.o.) – auftretende Person muss allerdings mit dem angeblichen Opfer in einer engen Beziehung stehen (sufficient link), die darauf schließen lässt, dass das angebliche Opfer der Einlegung der Beschwerde zustimmen wird (Angehörige, Familienmitglieder). Die Gründe, wegen derer ein Handeln des Bf. für das mutmaßliche Opfer notwendig ist, sind in der Beschwerdeschrift hinreichend darzulegen.[51]

590

Die als Bf. (author) für das mutmaßliche Opfer auftretende Person kann in der Beschwerde zugleich auch die Verletzung eigener Rechte geltend machen.[52]

591

Fällt der Grund für die Verhinderung des Verletzten an der ausdrücklichen Autorisierung der „für ihn“ auftretenden Person vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens weg, so muss der Verletzte das für ihn angestrengte Verfahren übernehmen bzw. die für ihn als Bf. (author) aufgetretene Person als Vertreter autorisieren und unverzüglich eine entsprechende Erklärung gegenüber dem HRC zur Fortsetzung des Verfahrens abgeben.

592

Stirbt der Bf. im Laufe des Verfahrens (z.B. durch die Vollstreckung der Todesstrafe), so können die nahen Angehörigen das Verfahren fortführen und sollten diesen Willen auch ausdrücklich gegenüber dem HRC erklären.[53] Je nach Bedeutung des Falles kommt auch eine Fortführung des Verfahrens von Amts wegen oder auf einen entsprechenden Antrag des Verteidigers hin in Betracht.

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