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Speziell zur deutschen Sicherungsverwahrung ergangene Urteile und Entscheidungen des EGMR:


Homann (E), 9.5.2007, Nr. 12788/04, NJW 2008, 2320 m. Anm. Meyer-Mews (regelmäßige gerichtliche Überprüfung einer Sicherungsverwahrung erforderlich, Art. 5 Abs. 4 EMRK; Pflicht zur Entbindung des bisherigen Pflichtverteidigers; Angemessenheit der Wochenfrist nach § 311 Abs. 2 StPO)
M. (U), 17.12.2009, Nr. 19359/04, NJW 2010, 2495 m. Anm. Eschelbach = NStZ 2010, 263 = StV 2010, 181 (nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die zur Tatzeit geltende gesetzliche Höchstfrist hinaus; Verstoß gegen Art. 7 und Art. 5 EMRK)
Kallweit (U), 13.1.2011, Nr. 17792/07, EuGRZ 2011, 255 = NJOZ 2011, 1494; Mautes (U), 13.1.2011, Nr. 20008/07; Schummer (U), 13.1.2011, Nr. 27360/04 u. 42225/07, Jendrowiak (U), 14.4.2011, Nr. 30060/04, DÖV 2011, 570 (Ls.), O.H. (U), 24.11.2011, Nr. 4646/08; Kronfeldner (U), 19.1.2012, Nr. 21906/09, Schutzpflicht des Staates vor gefährlichen (zur Entlassung anstehenden) Straftätern, die im Verdacht stehen, erneut Straftaten zu begehen, rechtfertigt keine präventive Unterbringung (Sicherungsverwahrung), wenn diese gegen Art. 5 oder Art. 7 EMRK verstößt; Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK kommt nur bei einer therapeutischen Unterbringung in einer Klinik o.ä. in Betracht; im Urteil Kronfeldner nur Verletzung von Art. 5 EMRK festgestellt, Art. 7 EMRK nicht geprüft)
B. (U), 19.4.2012, Nr. 61272/09, EuGRZ 2012, 383 (nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung; Verstoß gegen Art. 5 und 7 EMRK); ebenso Haidn (U), 13.1.2011, Nr. 6587/04, NJW 2011, 3423
Graf (E), 18.10.2011, Nr. 53783/09 (Unterbringung gemäß § 63 StGB bei Schuldunfähigkeit – § 20 StGB – in einer Klinik; kein Verstoß gegen Art. 5 EMRK); ebenso: Frank (E), 28.9.2010, Nr. 32705/06
Grosskopf (U), 21.10.2010, Nr. 24478/03, EuGRZ 2011, 20 (Sicherungsverwahrung, die im Urteil angeordnet wird, verstößt nicht gegen die EMRK; gerechtfertigt gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a EMRK); ebenso: Schmitz (U), 9.6.2011, Nr. 30493/04, NJW 2012, 1707; Mork (U), 9.6.2011, Nr. 31047/04 u. 43386/08, NJW 2012, 2093; Reiner (U), 19.1.2012, Nr. 28527/08
Schönbrod (U), 24.11.2011, Nr. 48038/06 (lange Zeit – zehn Monate – eines „Schwebezustandes“ nach Ablauf der Strafhaft und vor Entscheidung über den Vollzug der Sicherungsverwahrung zur Prüfung der Gefährlichkeit des Betroffenen; in dieser Zeit Freiheitsentziehung kraft Richterrecht; willkürlich, damit Verstoß gegen Art. 5 EMRK)
Rangelov (U), 22.3.2012, Nr. 5123/07 (Verstoß gegen Art. 14 EMRK, wenn einem Ausländer eine Therapie verweigert wird, da er ohnehin ausgewiesen werden soll, und er dadurch nicht die Chance bekommt, als therapiert und ungefährlich zu gelten, so dass die Sicherungsverwahrung nicht mehr vollzogen würde); ähnlich, im konkreten Fall jedoch kein Verstoß, Ostermünchner (U), 22.3.2012, Nr. 36035/04
K. (U), 7.6.2012, Nr. 61827/09 (Konventionswidrigkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung, die aufgrund eines neuen, insoweit rückwirkenden Gesetzes möglich wurde; Verstoß auch dann, wenn gegen den Betroffenen ursprünglich eine andere Maßregel (Unterbringung wegen damals festgestellter Schuldunfähigkeit) verhängt worden war, und wenn auch nach damaliger Rechtslage ursprünglich Sicherungsverwahrung hätte verhängt werden können, aber nicht verhängt wurde); ebenso: G. (U), 7.6.2012, Nr. 65210/09; S. (U), 28.6.2012, Nr. 3300/10
Dörr (E), 22.1.2013, Nr. 2894/08 (keine Verletzung von Art. 5 EMRK; Freiheitsentziehung auf Grundlage älterer Gutachten nicht willkürlich)
S. (U), 28.6.2012, Nr. 3300/10, JR 2013, 78 (lange Zeit zwischen Anordnung und Vollzug der Sicherungsverwahrung lässt den von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a EMRK geforderten Kausalzusammenhang zwischen Strafurteil/Schuldfeststellung und Freiheitsentzug nicht automatisch entfallen)
Tomeo (E), 19.3.2013, Nr. 27081/09 (Konventionswidrigkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung, die aufgrund eines neuen, insoweit rückwirkenden Gesetzes möglich wurde, wegen Einigungsangebot von der Liste gestrichen)
H.W. (U), 19.9.2013, Nr. 17167/11 (Nichteinhaltung der Prüffristen für Erforderlichkeit der Fortdauer der Sicherungsverwahrung/Nichteinholung neuer Erkenntnisse über Gefährlichkeit als Verstöße gegen Art. 5 EMRK)
Glien (U), 28.11.2013, Nr. 7345/12 (Verletzung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EMRK durch die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere gesetzliche Höchstdauer von 10 Jahren hinaus)
Müller (E), 10.2.2015, Nr. 264/13 (vorbehaltene Sicherungsverwahrung; gerechtfertigt nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a EMRK)
Bergmann (U), 7.1.2016, Nr. 23279/14, EuGRZ 2016, 352 (keine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EMRK durch die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere gesetzliche Höchstdauer von 10 Jahren hinaus infolge der Änderung von Wesen und Zweck der Sicherungsverwahrung; Sicherungsverwahrung kann nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK gerechtfertigt sein, auch wenn kein Zustand i.S.d. §§ 20, 21 StGB, sondern nur eine Störung i.S.d. § 1 ThUG vorliegt; diese Sicherungsverwahrung stellt dann keine Strafe i.S.d. Art. 7 EMRK dar)
Petschulies (U), 2.6.2016, Nr. 6281/13 (keine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK durch die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung bei Unterbringung in einer betreuten Einrichtung, die an ein psychiatrisches Krankenhaus angeschlossen ist)
W.P. (U), 6.10.2016, Nr. 55594/13 (Störung i.S.d. § 1 ThUG in einem Altfall der Sicherungsverwahrung führt zur Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK)
Ilnseher (U), 2.2.2017, Nr. 10211/12 u. 27505/14 (keine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 und 7 Abs. 1 EMRK durch die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung gegen Heranwachsenden; Verurteilung nach Jugendstrafrecht wegen Mordes; Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK); von der GK zur Entscheidung angenommen, 29.5.2017

Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › IX. Spruchkörper des Gerichtshofs

IX. Spruchkörper des Gerichtshofs

1. Einzelrichter, Ausschüsse, Kammern, Große Kammer

48

Der Gerichtshof besteht derzeit – der Anzahl der Vertragsparteien entsprechend – aus 47 Richterinnen und Richtern, die sich auf insgesamt fünf Sektionen (Sections) verteilen. Die Sektionen werden auf Vorschlag des Präsidenten (Art. 25 lit. b EMRK) für die Dauer von drei Jahren durch das Plenum gebildet (Rule 25 Abs. 1).

49

Innerhalb der Sektionen werden Einzelrichter (Single Judge) ernannt, Ausschüsse (Committee) mit drei Richtern und Kammern (Chamber) mit sieben Richtern gebildet. Sämtliche Spruchkörper des Gerichtshofs tagen ständig (Rule 21 Abs. 1 Satz 1). Lediglich im August findet ferienbedingt eine Sitzungspause statt.

50

Deutsche Richterin am EGMR ist seit dem 1.1.2011 Prof. Dr. Dr. h.c. Angelika Nußberger, frühere Direktorin des Instituts für Ostrecht an der Universität zu Köln. Sie löste die frühere Verfassungsrichterin Dr. h.c. Renate Jaeger (2004-2010) ab. Deren Vorgänger waren Prof. Dr. Georg Ress (1998-2004), Prof. Dr. Rudolf Bernhardt (1981-1998) und Prof. Dr. Herrmann Mosler (1959-1980).

51

Die allgemeinen Qualifikationsanforderungen und das Wahlverfahren für die Richter ergeben sich aus Art. 21 ff. EMRK. Die Richter werden für jeden Staat aus einer von diesem Staat vorgelegten Vorschlagsliste von drei Kandidaten mit der Mehrheit der Stimmen von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für neun Jahre gewählt (Art. 22, 23 Abs. 1 Satz 1 EMRK). Die Wiederwahl ist nicht (mehr) zulässig (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EMRK).

52

Endet die Amtszeit (durch Zeitablauf oder gemäß Art. 23 Abs. 2 EMRK mit der Vollendung des 70. Lebensjahres), so bleibt der Richter bis zum Amtsantritt des Nachfolgers im Amt. Darüber hinaus bleiben Richter in den Rechtssachen weiter tätig, mit denen sie bereits befasst sind (Art. 23 Abs. 3 EMRK).[63] Nach Inkrafttreten des 15. Protokolls (CETS 213) dürfen Bewerber auf der Vorschlagsliste der Vertragsstaaten für das Richteramt künftig das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

53

Jeder Richter ist Mitglied einer Sektion, deren Zusammensetzung sowohl in geographischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Vertretung der Geschlechter ausgeglichen sein und den unterschiedlichen Rechtssystemen der Vertragsparteien Rechnung tragen soll (Rule 25 Abs. 2). Scheidet ein Richter vor Ablauf des Zeitabschnitts, für den die Sektion gebildet wurde, aus dem Gerichtshof aus, so wird er durch seinen Nachfolger als Mitglied der Sektion ersetzt (Rule 25 Abs. 3).[64]

54

Der Einzelrichter (Single Judge) kann eine Beschwerde (endgültig) für unzulässig erklären oder im Register streichen, „wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann“ (Art. 27 Abs. 1 EMRK). Der für einen Vertragsstaat gewählte Richter (sog. „nationaler Richter“) darf dabei nicht als Einzelrichter über Beschwerden entscheiden, die diesen Staat betreffen (Art. 26 Abs. 3 EMRK).

55

Die aus drei Richtern bestehenden Ausschüsse (Committee) (Art. 26 Abs. 1 EMRK) werden aus dem Kreis der Mitglieder jeder Sektion – mit Ausnahme ihres Präsidenten – im Rotationsverfahren für zwölf Monate gebildet (Rule 27 Abs. 2). Ein Ausschuss darf neben einer (endgültigen) Entscheidung über die Zulässigkeit auch über die Begründetheit einer Beschwerde befinden, letzteres allerdings nur auf der Grundlage einer „gefestigten Rechtsprechung“ (well-established case-law) des Gerichtshofs (Art. 28 EMRK). Zur weiteren Prüfung übermittelt der Ausschuss die Beschwerde einer Kammer, falls eine Entscheidung nach Art. 28 EMRK nicht getroffen werden kann (Rule 53 Abs. 6)

56

Im Übrigen hat die mit sieben Richtern besetzte Kammer (Chamber) über die Begründetheit von Beschwerden zu entscheiden. Ihr gehört neben dem Sektionspräsidenten von Amts wegen der für den als Partei beteiligten Staat gewählte „nationale Richter“ an (Art. 28 Abs. 2 EMRK). Ist der für eine Vertragspartei gewählte Richter – wegen Ausschluss, Befangenheit (vgl. Rule 28), Rücktritt, Tod oder aus einem anderen Grund – nicht in der Lage, an der Verhandlung über eine Beschwerde teilzunehmen, so kann der betreffende Vertragsstaat an seiner Stelle einen anderen Richter des Gerichtshofs oder eine andere Person benennen, die in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen der Kammer teilnimmt (sog. ad hoc-Richter; Art. 26 Abs. 4 EMRK/Rule 29 Abs. 1 lit. b).

57

Es gibt weder Kammern für spezielle Fragestellungen noch eine regionale Verteilung der Beschwerden auf einzelne Spruchkörper.

58

Die mit 17 Richtern besetzte Große Kammer (Grand Chamber, Art. 26 Abs. 4, 5 EMRK; Rule 24) entscheidet als übergeordneter Spruchkörper erstinstanzlich und abschließend über Individualbeschwerden, wenn eine Kammer die Rechtssache an sie abgibt, weil diese ihrer Ansicht nach eine schwerwiegende Auslegungsfrage der Konvention aufwirft oder die zu treffende Entscheidung zu einer Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs führen kann (Art. 30 EMRK). Künftig kann die Abgabe an die Große Kammer nicht mehr durch Widerspruch einer Partei verhindert werden, Art. 3 des 15. P-EMRK (CETS 213).

59

Als Kontrollinstanz entscheidet die Große Kammer, wenn eine der Parteien die Verweisung der Rechtssache an sie beantragt (Art. 43 EMRK; siehe Rn. 335). Auch für die Erstellung der advisory opinions im Rahmen des durch das 16. Protokoll zur EMRK (CETS 214) neu geschaffenen Vorabentscheidungsverfahrens wird die Große Kammer zuständig sein.

60

Das Plenum des Gerichtshofs (Plenary Court) nimmt rein organisatorische und administrative Aufgaben wahr und erlässt die für die Einlegung und Behandlung der Individualbeschwerde maßgeblichen Rules of Court (Art. 25 lit. d EMRK).

2. Ausschluss/Befangenheit eines Richters

61

Ein Kammermitglied kann an der Prüfung einer Beschwerde nicht teilnehmen (Rule 28 Abs. 2), wenn es


an der Rechtssache ein persönliches Interesse hat,
an der Rechtssache vorher mitgewirkt hat – sei es als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter, Rechtsbeistand oder als Berater einer Partei oder einer an der Sache interessierten Person, sei es als Mitglied eines Gerichts, einer Untersuchungskommission oder in anderer Eigenschaft,
als ad hoc-Richter (Rule 29) oder über seine Amtszeit hinaus über die Beschwerde entscheiden soll und seine sonstige politische, administrative oder berufliche Tätigkeit mit den Grundsätzen einer richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht zu vereinbaren ist,
sich zu der Sache öffentlich, über die Medien etc. in einer Art und Weise geäußert hat, die seine Unparteilichkeit objektiv in Zweifel zieht,
oder sonst ein berechtigter Zweifel an seiner Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit besteht.

62

Sieht sich ein Richter als befangen an und will er deswegen von sich aus nicht an der Behandlung der Beschwerde teilnehmen, so hat er den Präsidenten seiner Kammer entsprechend zu informieren, der ihn dann von der Teilnahme an der Rechtssache freistellt (Rule 28 Abs. 3). Bei Zweifeln an der Unparteilichkeit eines Kammermitglieds entscheidet die Kammer nach Anhörung des Betroffenen, in dessen Abwesenheit (Rule 28 Abs. 4).[65] Ist der nationale Richter betroffen, muss er durch einen ad hoc-Richter nach Rule 29 Abs. 1 lit. c ersetzt werden.

63

Einen speziellen Rechtsbehelf zur Geltendmachung eines Befangenheits- oder Ausschlussgrundes in der Person eines Richters sehen weder die EMRK noch die Rules of Court vor. Der Bf. bzw. der Verteidiger sollte bei berechtigten Zweifeln an der Unparteilichkeit eines Richters ein schriftliches Ablehnungsgesuch an den Präsidenten der Kammer bzw. der Sektion richten und dieses entsprechend begründen.

3. Kanzlei

64

Die Kanzlei („La plume de la Cour“)[66] unterstützt die Arbeit des Gerichtshofs. Sie führt die Korrespondenz mit den Beschwerdeführern, nach der Zustellung auch mit den Regierungen der betroffenen Staaten, und legt Akten über die Beschwerden an (Rule 17 Abs. 2), die grundsätzlich öffentlich sind (Rule 33). Die Mitarbeiter der Kanzlei sorgen auch für die Vervollständigung dieser Akten. Den Juristen der Kanzlei obliegt außerdem die erste Einschätzung der Erfolgsaussichten der Beschwerde.[67]

65

Sind die Akten vollständig, weist der bearbeitende Jurist die Beschwerde vorläufig einem Entscheidungsorgan zu. Außerdem bereitet die Kanzlei auf Anweisung des (richterlichen) Berichterstatters[68] (siehe Rn. 300) auch Entscheidungs- und Urteilsentwürfe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs vor.[69] Zu den Aufgaben der Kanzlei gehört ferner die Öffentlichkeitsarbeit. Sie sorgt für die Zugänglichkeit der Rechtsprechung und verbreitet auch aktuelle Informationen und Statistiken zur Tätigkeit des Gerichtshofs.[70]

Anmerkungen

[1]

Der Text der EMRK nebst Ratifikationsstand und die Verfahrensordnung des EGMR sind über die Homepage des Gerichtshofs (www.echr.coe.int) erhältlich.

[2]

Die Konvention ist von 47 Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert worden und am 1.2.1989 (für Deutschland: 1.6.1990) in Kraft getreten (BGBl. II 1989, 946). Die beiden (Änderungs-)Protokolle vom 4.11.1993 (CETS 151, 152) hat Deutschland ebenfalls gezeichnet und ratifiziert. Zur Arbeit des CPT: Lettau ZfStrVo 2002, 195 ff.; Puhl NJW 1990, 3057 ff.; Alleweldt EuGRZ 1998, 245 ff.; ausführlich: Cernko Die Umsetzung der CPT-Empfehlungen im deutschen Strafvollzug, S. 12 ff.; Kicker The European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (the CPT), in: de Beco (Hrsg.), Human Rights Monitoring Mechanisms of the Council of Europe, S. 43 ff.

[3]

Siehe etwa: EGMR Burga Ortiz v. Deutschland, Entsch. v. 16.10.2006, Nr. 1101/04 (Auslieferung), Dougoz v. Griechenland, Urt. v. 6.3.2001, Nr. 40907/98 sowie Modarca v. Republik Moldau, Urt. v. 13.11.2012, Nr. 37829/08 (Haftbedingungen); Tekin Yildiz v. Türkei, Urt. v. 10.11.2005, Nr. 22913/04 (Hungerstreik).

[4]

Auf Art. 24 Abs. 3 GG kam es dabei nicht an, vgl. Schweitzer/Dederer Rn. 1170.

[5]

BVerfG NJW 2009, 1133, 1134; hierzu siehe auch Schweitzer/Dederer Rn. 826, 835.

[6]

BGBl. II 1952, 686, 953; 1954, 14.

[7]

Zur Geltung der lex-posterior-Regel im Verhältnis zur EMRK: Kühne StV 2001, 73, 74 f.; Weigend StV 2000, 384, 387.

[8]

Hierzu siehe auch Zehetgruber ZIS 2016, 52 f.

[9]

BVerfGE 111, 307 = NJW 2004, 3407 (Görgülü) = JZ 2004, 1171 mit Anm. Klein; siehe zu diesem Beschluss auch: Cremer EuGRZ 2004, 683; Esser StV 2005, 348 ff.; Gaede HRRS 2004, 387; Kühne GA 2005, 195 ff.; Meyer-Ladewig/Petzold NJW 2005, 15; LR/Esser EMRK Teil II, 251 ff.; zur Anklage der Richter am OLG Naumburg wegen Rechtsbeugung (§ 339 StGB): OLG Naumburg NJW 2008, 3585; Lamprecht NJW 2007, 2744.

[10]

Vgl. Esser StV 2005, 348, 352 ff.; Meyer-Ladewig/Petzold NJW 2005, 15, 18 f.

[11]

Abgesichert wird diese Pflicht dadurch, dass die Nichtberücksichtigung als Verletzung des jeweils betroffenen (parallelen) Grundrechts i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) vor dem BVerfG gerügt werden kann (dazu Rn. 14).

[12]

BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307, 321, 323 f. = NJW 2004, 3407 (Görgülü); BVerfG NJW 2009, 1133, 1134; NJW 2015, 1083, 1085; BGH NJW 2001, 309, 311. Eine ähnliche Berücksichtigungspflicht gilt im Bereich des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) v. 24.4.1963 und der diesbezüglichen Rechtsprechung des IGH, vgl. BVerfG NJW 2014, 532 f.

[13]

Vgl. BVerfGE 111, 307, 317; 128, 326, 371; BVerfG NJW 2008, 2978, 2981; NVwZ 2016, 1079 = EuGRZ 2016, 311, 313 f.

[14]

Vgl. auch BVerfGE 112, 1, 25 f.; Schweitzer/Dederer Rn. 829, 1174.

[15]

Vgl. BVerfGE 111, 307, 327; 128, 326, 370 f.; BVerfG NJW 2015, 1083, 1085; EuGRZ 2016, 311, 314.

[16]

EGMR Glien v. Deutschland, Urt. v. 28.11.2013, Nr. 7345/12, § 124; Bergmann v. Deutschland, Urt. v. 7.1.2016, Nr. 23279/14, § 163.

[17]

Vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 82, 106, 115; 83, 119, 128; NJW 2001, 2245, 2246; BGHSt 45, 321, 329; 46, 93 = NJW 2000, 3505, 3507.

[18]

BVerfGE 111, 307, 323.

[19]

BVerfGE 111, 307, 329.

[20]

Hierzu vgl. Burhoff/Kotz/Geipel Teil B, Rn. 1 ff.; speziell zur Anhörungsrüge im Revisionsverfahren (§ 356a StPO): Burhoff/Kotz/Junker Teil A, Rn. 2022 ff.

[21]

Vgl. BVerfG Beschl. v. 4.5.2015, 2 BvR 2169/13, 2170/13, krit. hierzu Esser NJW 2016, 604, 607 f.

[22]

Vgl. BVerfGE 128, 326, 366 ff.; 131, 268, 295 f.; 134, 33, 60; BVerfG NJW 2015, 1083, 1085; BVerfG EuGRZ 2016, 311, 313 f.; Schweitzer/Dederer Rn. 1172.

[23]

So Schweitzer/Dederer Rn. 1172; zu den Grenzen dieses faktischen Vorrangs siehe Rn. 10.

[24]

Zur Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes vgl. Schweitzer/Dederer Rn. 241 ff.

[25]

Vgl. BVerfGE 111, 307, 317 = NJW 2004, 3407 m.w.N.

[26]

BVerfG NJW 2009, 1133, 1134; NJW 2005, 1567; BVerfGE 10, 271, 274; 34, 384, 395; 41, 126, 149; 64, 135, 157; Limbach EuGRZ 2000, 417, 418.

[27]

Für Bayern: BayVerfGH 57, 144, 150; hierzu: Lindner BayVBl. 2009, 65, 72 f.

[28]

Ebenso Meyer-Ladewig/Brunozzi Art. 46, Rn. 35.

[29]

Durch das am 1.11.1998 in Kraft getretene 11. Protokoll zur EMRK (BGBl. II 1995, 578; II 1998, 2582; BR-Drucks. 42/95; Erläuternder Bericht, EuGRZ 1994, 328 ff.; BT-Drucks. 13/858; Schlette ZäöRV 56,2 (1996) 905 ff.; ders. JZ 1999, 219 ff.; Meyer-Ladewig NJW 1995, 2813 ff.; ders. NJW 1998, 512 f.; Meyer-Ladewig/Petzold NJW 1999, 1165 f.) wurde die Europäische Kommission für Menschenrechte (EKMR) abgeschafft und der früher nur bei Bedarf tagende Gerichtshof durch einen ständigen Gerichtshof ersetzt (Art. 19 Satz 2 EMRK). An die Stelle des ursprünglich zweistufigen Verfahrens, das eine Beschwerdemöglichkeit allein zur EKMR vorsah, ist die direkte Anrufung des EGMR im Wege der Individualbeschwerde getreten (Art. 34 EMRK). Eine Vorprüfung der Beschwerde findet nicht mehr statt.

[30]

Das Europäische Übereinkommen vom 5.3.1996 über die am Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (CETS 161; BGBl. II 2001, 358) hat praktisch nur eine geringe Bedeutung. Es regelt die Verpflichtung der Vertragsstaaten, den Einzelnen bei der Einlegung und Verfolgung einer Beschwerde vor dem EGMR nicht zu behindern und räumt den am Verfahren vor dem EGMR Beteiligten Befugnisse und Erleichterungen ein, die für die Ausübung ihrer Rechte bzw. für die Wahrnehmung ihrer Funktionen, Aufgaben und Pflichten vor dem EGMR notwendig sind.

[31]

Die aktuelle Fassung der VerfO (Rules of Court), Stand 14.11.2016, ist noch nicht im BGBl. veröffentlicht (vgl. zuletzt Rules v. 7.11.2005, BGBl. II 2006, 693), aber über www.echr.coe.int erhältlich.

[32]

Für die Verfahren der Individual- und Staatenbeschwerden graphisch veranschaulicht bei Schweitzer/Dederer Rn. 1198.

[33]

Die EMRK steht einer solchen abstrakten Gutachtertätigkeit des EGMR insgesamt sehr restriktiv gegenüber (Art. 47 EMRK; Rules 82-90).

[34]

Zugänglich sind alle Zulässigkeitsentscheidungen des EGMR seit November 1998, ferner alle Zulässigkeitsentscheidungen der Kommission seit 1986 und vereinzelt ausgewählte Entscheidungen aus den Jahren 1955-1986; künftig werden auch die vom EGMR im Rahmen des Verfahrens nach dem 16. P-EMRK abgegebenen advisory opinions veröffentlicht werden.

[35]

Http://www.echr.coe.int/Documents/HUDOC_Manual_2016_ENG.pdf.

[36]

Die Verkaufsbedingungen und das Bestellformular sind auf der Homepage des EGMR (www.echr.coe.int) zu finden.

[37]

Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 78 (2008 bis Mitte 2010 – Teil I), NStZ 2011, 120 (2008 bis Mitte 2010 – Teil II); NStZ 2012, 554 (2010 bis 2011 [Teil 1]); 619 (2010 bis 2011 [Teil 2]); Hagmann/Oerder StRR 2014, 84 (für das Jahr 2012).

[38]

Thienel ÖJZ 2016, 10; ÖJZ 2015, 1020; 1078; ÖJZ 2014, 539; 590; 643; ÖJZ 2013, 654; 718; 766; ÖJZ 2012, 540; 595; 654; ÖJZ 2011, 116; 256; 450 jeweils thematisch geordnet zur Rechtsprechung des EGMR im Vorjahr.

[39]

Martin/Will/Hentrei German Yearbook of International Law (GYIL) 51 (2008), 547; Braasch/Glocke GYIL 50 (2007), 629; Herrmann/Linde GYIL 49 (2006), 477; Franzen/Müller GYIL 48 (2005), 429; Müller GYIL 47 (2004), 760; Goedecke GYIL 46 (2003), 606; Wendel GYIL 45 (2002), 584; Blanke/Eberling GYIL 44 (2001), 724; Blanke/Boldt GYIL 43 (2000), 430.

[40]

Siehe www.bmjv.de (Themen – Menschenrechte/EGMR/Ausgewählte Entscheidungen des EGMR und Rechtsprechungsberichte); www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/Dokumente_auf_Deutsch (letzte Aktualisierung: Juli 2015); ferner: BMJ EuGRZ 2007, 615; EuGRZ 2006, 705 ff.; EuGRZ 2005, 449 ff.

[41]

Siehe ferner: BMJV EuGRZ 2007, 615; EuGRZ 2006, 705; EuGRZ 2005, 449.

[42]

Hierzu: Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht, 2002.

[43]

Die nachfolgenden Zahlen sind dem vom Gerichtshof herausgegebenen Jahresbericht (Annual Report) sowie dessen offizieller Analyse (Analysis of Statistics) und den statistischen Informationen auf der Homepage (www.echr.coe.int) zu entnehmen.

[44]

Insgesamt wurden 1.926 Fälle durch Urteil entschieden; demnach wurde ein signifikanter Anteil an Beschwerden verbunden.

[45]

Aufteilung der aktuellen Zahlen nach Staaten: Ukraine (22,8 %), Türkei (15,8 %), Ungarn (11,2 %), Russland (9,8 %), Rumänien (9,3 %), Italien (7,8 %), Georgien (2,6 %), Polen (2,3 %), Aserbaidschan (2,1 %), Armenien (2,0 %), restliche 37 Staaten (14,4 %).

[46]

Stand: 31.12.2016, vgl. Analysis of statistics 2016, S. 12 (abrufbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/Stats_analysis_2016_ENG.pdf).

[47]

EuGRZ 2014, 121.

[48]

Vgl. ECHR Annual Report 2015, S. 5.

[49]

Davon waren 676 (2015: 789) gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

[50]

Damit stieg die Zahl der neu eingegangenen Beschwerden, anders als noch 2014 und 2015, an.

[51]

Bemerkenswert war die Zahl der erledigten Verfahren im Jahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr: Im Jahr 2012 konnten 87.879 Beschwerden erledigt werden, was einen Anstieg von 68 % gegenüber dem Jahr 2011 bedeutete.

[52]

Vgl. „Analysis of statistics 2016“, S. 5 (abrufbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/Stats_analysis_2016_ENG.pdf)

[53]

Vgl. „The ECHR in facts & figures 2015“, S. 6 (abrufbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/Facts_Figures_2015_ENG.pdf).

[54]

Vertiefend dazu: LR/Esser EMRK Teil II, 269 ff.

[55]

46 Staaten hatten das Protokoll bis zum 15.9.2007 ratifiziert; allein die Ratifikation durch Russland stand lange Zeit aus. Erst am 15.1.2010 gab Russland seine jahrelange Blockade auf, da es nach langen Verhandlungen mit dem Europarat seine Interessen bei der Reform des Straßburger Gerichtshofs gewahrt sah. Demnach ist bei Verfahren gegen Russland auch ein eigener Vertreter des Landes unter den Richtern, was aber ohnehin schon vor der Reform durch das 14. P-EMRK mit dem nationalen Richter gewährleistet war und für den Einzelrichter auch für Russland ausgeschlossen bleibt. Zudem ist immer ein Vertreter Russlands an der Begutachtung der Umsetzung von Urteilen des EGMR gegen Russland beteiligt.

[56]

Zum 16. Protokoll: Hoffmann/Kollmar NVwZ 2014, 1269; Zimmermann EuGRZ 2015, 153 ff.; Hummer FS Dauses, 2014, S. 167 ff.

[57]

Vgl. zu diesem Problemkreis: LR/Esser EMRK, Art. 6, 518 ff.; Wita Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung vor Aburteilung der Anschlusstat; BVerfG NJW 2005, 817 = NStZ 2005, 204; ThürVerfGH NStZ-RR 2004, 44; OLG Stuttgart NJW 2005, 83; OLG Zweibrücken NStZ-RR 2005, 8; LG Duisburg NStZ-RR 2005, 9; OLG Köln NStZ 2004, 685; OLG Hamm NStZ 2004, 685; OLG Düsseldorf NJW 2004, 790; OLG Jena StV 2003, 574; OLG Celle StV 2003, 575; OLG Nürnberg NJW 2004, 2032; OLG Hamburg NStZ-RR 2004, 139 (Widerruf einer Gnadenentscheidung); AG Lüdinghausen NJW 2005, 84 (Verlängerung der Bewährungszeit); zur Bedeutung des EGMR-Urteils im Fall Böhmer für die deutsche Rechtspraxis: Neubacher GA 2004, 402; Pauly StV 2003, 85; Peglau NStZ 2004, 248; ders. ZRP 2003, 242; Krumm NJW 2005, 1832; vgl. aber auch: LG Bückeburg NStZ 2005, 168, 170.

[58]

Zur Thematik eingehend, mit Schwerpunkt auf dem Völkerstrafrecht: Rochner Strafvollstreckung und Strafvollzug im internationalen Strafrecht – Zu den rechtsstaatlichen Problemen der Vollstreckung der Strafen der internationalen Strafgerichte (2014).

[59]

Pöschl Recht des Angeklagten auf Vertretung (2015). Siehe auch: Esser Strafverteidigung bei Abwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung der Berufungsinstanz – Die menschenrechtliche Perspektive, in: Strafverteidigervereinigungen (Hrsg.), Vom Bedeutungsverlust der Hauptverhandlung – Texte und Ergebnisse des 38. Strafverteidigertages Dresden 2014, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen, 2015, S. 61.

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