Kitabı oku: «Internationales Strafrecht», sayfa 9

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2. Zeitpunkt

179

Für die Erschöpfung des nationalen Rechtsschutzes kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, zu dem die Beschwerde beim Gerichtshof eingeht (date of introduction of the application).

180

Unter bestimmten Voraussetzungen verlangt der EGMR vom Bf. sogar die Erschöpfung eines vom Vertragsstaat erst nach der Einlegung der Individualbeschwerde geschaffenen Rechtsbehelfs, mit dessen Hilfe der behauptete Konventionsverstoß auf nationaler Ebene effektiv geltend gemacht werden kann.[175]

181

Der Gerichtshof hat die Möglichkeit, den betroffenen Staat in einem Piloturteil (Rn. 478) zur Einrichtung einer Rechtsschutzmöglichkeit für die Geltendmachung eines bestimmten Verstoßes gegen die Konvention anzuhalten, wenn weitere vergleichbare Beschwerden zu erwarten sind.[176] Richtet der jeweilige Staat einen entsprechenden Rechtsbehelf ein, so kann der EGMR auch bereits anhängige Beschwerden für unzulässig erklären (Art. 35 Abs. 1 EMRK), sofern der Rechtsbehelf selbst effektiv erscheint und die jeweiligen Bf. nicht (etwa durch einen Fristablauf) von der nachträglichen Geltendmachung des Verstoßes auf nationaler Ebene abgehalten werden.[177]

182

Steht die endgültige innerstaatliche Entscheidung noch aus, ist eine bereits vorher erhobene Beschwerde zum EGMR grundsätzlich verfrüht und daher unzulässig. Der EGMR lässt es ausnahmsweise genügen, dass die Entscheidung erst kurz nach Einlegung der Beschwerde, spätestens aber bei Entscheidung über deren Zulässigkeit vorliegt.[178]

Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › B. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde › VII. Frist

VII. Frist

183

Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung bzw. der Beendigung des Eingriffs (dazu sogleich noch, vgl. Rn. 184) erhoben werden (Art. 35 Abs. 1 EMRK). Diese 6-Monats-Frist dient nicht nur den Interessen des beklagten Staates (eine einmal ergangene staatliche Entscheidung kann vom Betroffenen nicht zeitlich unbegrenzt in Frage gestellt werden), sondern liegt auch im Interesse der Rechtssicherheit allgemein. Auch die Einhaltung der Beschwerdefrist überprüft der Gerichtshof daher von sich aus – also unabhängig davon, ob der betroffene Vertragsstaat eine entsprechende Rüge erhoben hat oder auf die Einhaltung dieser Frist verzichtet.[179] Zu beachten ist, dass diese Frist nach Inkrafttreten des 15. Protokolls zur EMRK (CETS 213) künftig von sechs auf vier Monate verkürzt wird.

1. Fristbeginn

184

Da der Bf. zuvor den nationalen Rechtsschutz erschöpft haben muss, beginnt die Frist in der Regel mit dem Tag, an dem die endgültige und vollständige innerstaatliche Entscheidung über das beschwerende Ereignis ergeht. Wegen des Erfordernisses der Rechtswegerschöpfung auf nationaler Ebene ist dies in der Regel – aber nicht notwendigerweise die Entscheidung eines Rechtsmittel- bzw. Verfassungsgerichts.[180] Dass die Verfassungsbeschwerde keinen effektiven Rechtsbehelf zur Rüge einer überlangen Verfahrensdauer im Zivilprozess darstellt, muss inzwischen bekannt sein, so dass ihre Einlegung die Frist nicht mehr hemmt. Strittig ist allerdings, wann die Frist zu laufen beginnt, wenn der Bf. neben der Länge des zivilgerichtlichen Verfahrens auch noch andere Punkte vor dem BVerfG rügen möchte.[181]

185

Unwirksame Rechtsbehelfe – wie z.B. Petitionen, Amnestie- oder Gnadengesuche (s.o.) – bleiben bei der Festlegung des Fristbeginns außer Betracht. Durch sie kann der Bf. weder den Beginn der Beschwerdefrist zu seinen Gunsten verschieben noch eine „verfristete“ Beschwerde heilen.[182] Das gleiche gilt für die (zweckwidrige) Einlegung eines offensichtlich unzulässigen oder zur Abhilfe der Konventionsverletzung völlig ungeeigneten, also offenkundig ineffektiven innerstaatlichen Rechtbehelfs.[183] Ist jedoch zweifelhaft, ob ein innerstaatlicher Rechtsbehelf zur Abhilfe der Konventionsverletzung geeignet ist, kann dem Betroffenen nicht angelastet werden, dass er zunächst die innerstaatliche Bereinigung des Konventionsverstoßes versucht hat. Auch wenn dieser Rechtsbehelf als unzulässig abgewiesen wird, beginnt ausnahmsweise die Frist erst mit dessen Erledigung, allerdings nur, wenn dessen völlige Ineffektivität für den Betroffenen nicht bereits vorher ersichtlich war.[184] Es kann auch gegen die zu diesem Zeitpunkt letzte nationale Entscheidung innerhalb der 6-Monats-Frist Beschwerde eingelegt und parallel der (zweifelhafte) nationale Rechtsweg erschöpft werden. Auf diese Vorgehensweise sollte der EGMR hingewiesen werden. Der Gerichtshof lässt die Beschwerde dann i.d.R. ruhen, bis der nationale Rechtsweg erschöpft ist.[185]

186

Sieht das nationale Recht eine Zustellung oder eine andere Art der förmlichen Bekanntgabe der (letztinstanzlichen) Entscheidung gegenüber dem Bf. vor, so beginnt der Lauf der Frist nicht schon mit der Verkündung der Entscheidung, sondern erst mit deren Zugang beim Bf. oder seinem Rechtsvertreter.[186] Wird die Entscheidung beiden zugestellt, so kommt es auf den (früheren) Zeitpunkt der Zustellung beim Rechtsvertreter an; zumindest ist aus Vorsichtsgründen zu raten, von dem früheren Datum auszugehen.[187]

187

In deutschen Fällen geht der EGMR von dem Datum des Zugangs der BVerfG-Entscheidung aus (siehe auch § 30 Abs. 3 BVerfGG).[188]

188

Ist gegen das beschwerende staatliche Handeln kein (effektiver) Rechtsbehelf statthaft, so beginnt die Frist von dem Tag an zu laufen, an dem sich die staatliche Maßnahme ereignet und beendet wird (date of the act)[189] bzw. an dem die betroffene Person von ihm tatsächlich Kenntnis erlangt oder hätte erlangen müssen.[190] Wird dem Bf. später klar bzw. hätte ihm später klar werden müssen, dass ein von ihm eingelegtes Rechtsmittel nicht geeignet ist, um die Maßnahme anzugreifen, so neigt der EGMR dazu, für den Fristbeginn auf diesen (späteren) Zeitpunkt der Kenntnis bzw. des Kennenmüssens abzustellen.[191]

189

Bei einem konventionswidrigen Dauerzustand beginnt die Einlegungsfrist erst mit dessen Beendigung.[192] Vorgänge, die bereits sechs Monate vor der Einlegung der Beschwerde beendet waren, berücksichtigt der EGMR dann aber nicht. Bei einer Entscheidung über die Dauer der Untersuchungshaft lässt der EGMR die 6-Monats-Frist mit dem Ende der Untersuchungshaft beginnen.[193] Bei Abschiebungen kommt es nicht etwa auf das Ergehen der Ausweisungsverfügung, sondern auf den Vollzug der Abschiebung an.[194]

190

Der Tag, an dem der Bf. vom beschwerenden Ereignis Kenntnis erlangt bzw. an dem die endgültige Entscheidung über den beschwerenden Akt er- bzw. ihm zugeht, werden nicht auf den Lauf der Frist angerechnet (Ereignisfrist).[195]

191

Der Beginn der Frist kann gehemmt sein, wenn der Bf. für die eingetretene Verzögerung eine ausreichende Erklärung liefert, etwa die Behinderung durch Gefängnisbehörden. Eine nur vorübergehende Verhinderung ist unbeachtlich, wenn dem Bf. danach noch ausreichend Zeit bleibt, die Frist zu wahren. Ein schlechter Gesundheitszustand stellt i.d.R. keine ausreichende Erklärung dar.[196]

192

Macht der Staat geltend, dass die Beschwerde verspätet eingelegt worden sei, so hat er den (vermeintlich früheren) Zeitpunkt des Zugangs bzw. der Kenntniserlangung darzulegen.[197] Legt hingegen der Bf. den Zeitpunkt des Zugangs bzw. der Kenntniserlangung nicht näher dar, nimmt der EGMR an, dass der Bf. an dem Tag Kenntnis erlangte, an dem die letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung erging.[198]

2. Fristende

193

Für die Einhaltung der 6-Monats-Frist kommt es weder auf das Datum der Beschwerde noch auf den Eingang der Beschwerde bei der Kanzlei des Gerichtshofs, sondern auf die Absendung bzw. Aufgabe der Beschwerde (date of dispatch of the document) an,[199] deren Datum durch leserlichen Poststempel oder durch eine Urkunde nachzuweisen ist.[200] Etwaige Fristverlängerungen, die für die Einlegung von Rechtsbehelfen im nationalen Recht vorgesehen sind, bleiben bei der Berechnung der Beschwerdefrist unberücksichtigt.[201]

194

Fristwahrend ist nach der 2014 geänderten Rule 47 Abs. 1, Abs. 5 nur noch die Einreichung des vollständig ausgefüllten, vom EGMR auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten, Beschwerdeformulars zusammen mit den erforderlichen Kopien per Post.[202] Eine Ausnahme von diesem Formerfordernis nach Rule 47 wird der EGMR nur gemäß Rule 47 Abs. 5 Nr. 1 bei angemessenen Erklärungen für die Nichteinhaltung machen.[203] Dieses strikte Formerfordernis gilt nicht nur für Beschwerden, die durch einen Anwalt beim EGMR eingelegt werden, sondern auch der nicht anwaltlich vertretene Betroffene hat das Formular vollständig und mit den erforderlichen Nachweisen beim EGMR einzureichen.[204]

195

Entscheidend für die Fristwahrung ist das Datum des Poststempels.[205] Das Datum ist durch leserlichen Poststempel oder durch eine Urkunde nachzuweisen (Rn. 264 f.). Der Gerichtshof kann entscheiden, dass ein anderes Datum gilt, wenn er dies für gerechtfertigt hält (Rule 47 Abs. 6 lit. b), etwa bei Zweifeln an der Datierung.[206] Auf den Eingang beim EGMR kommt es nur an, wenn sich nicht feststellen lässt, wann das Schreiben aufgegeben wurde bzw. wenn Schreiben rückdatiert wurden.[207]

196

Die Frist wird nach Kalendermonaten berechnet, ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Länge.[208] Wie im deutschen Recht (vgl. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Var. 1 BGB) endet die Frist an dem Tag, der durch seine Zahl dem Tag des maßgebenden, die Frist auslösenden Ereignisses entspricht (Beispiel: Zustellung der letzten nationalen Gerichtsentscheidung am 15.5.; Fristbeginn am 16.5.; Fristende am 15.11. oder, nach Verkürzung der Beschwerdefrist auf vier Monate, am 15.9.). Wegen einer missverständlichen Formulierung in einem EGMR-Urteil waren vorübergehend Zweifel aufgetreten, ob die Frist einen Tag später, bei obigem Beispiel also statt am 15.11. erst am 16.11., endet.[209] Diese Zweifel sind durch die seither ergangene Rechtsprechung ausgeräumt.[210]

197

Zu beachten ist, dass der EGMR die etwa in Deutschland geltende Wochenend- und Feiertagsregel (vgl. § 193 BGB) nicht anerkennt. Fristen können daher auch am Wochenende oder an einem Feiertag ablaufen.[211]

198

Soweit ersichtlich, hat der EGMR den Fall bisher nicht entschieden, dass sich ein Datum als Fristablauf errechnet, dass es im Kalender nicht gibt (Beispiel: Maßgebendes Ereignis, z.B. Zustellung der letzten nationalen Gerichtsentscheidung, am 30.8.; Frist beginnt am 31.8. und würde am 30.2. des nächsten Jahres enden). Schon aus Vorsichtsgründen sollte davon ausgegangen werden, dass der EGMR dies so handhaben wird wie in § 188 Abs. 3 BGB geregelt, dass also die Frist am letzten Tag des Monats abläuft (also statt am „30.2.“ am 28.2. oder 29.2.; statt am „31.4.“ am 30.4. usw.).

199

Verfristete Beschwerden kann der Gerichtshof als fristgerecht behandeln, wenn der Bf. für die eingetretene Verzögerung eine ausreichende Erklärung liefert.[212] Es handelt sich dabei jedoch um Härtefallklauseln (Rule 47 Abs. 5 Nr. 1).[213]

Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › B. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde › VIII. Form

VIII. Form[214]

1. Inhalt der Beschwerde und sonstige Formvorgaben

200

Obwohl die Konvention eine bestimmte Form der Beschwerde nicht vorschreibt, ergeben sich formale Anforderungen aus der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (Rules of Court) v. 14.11.2016 und den auf Rule 32 beruhenden Verfahrensanordnungen (Practice Directions; PD). Die Nichteinhaltung der dort genannten formalen und inhaltlichen Vorgaben führt zwar nicht per se zur Unzulässigkeit der Beschwerde[215], kann jedoch zur Folge haben, dass die Beschwerde weder registriert noch geprüft wird (vgl. auch § 17 PD-I). Deshalb müssen die nachfolgenden Formvorschriften tunlichst beachtet werden.

201

Die Beschwerde ist direkt an den Gerichtshof zu richten.[216] Sie muss schriftlich auf dem Postweg bei der Kanzlei eingereicht und vom Bf. oder seinem Vertreter unterzeichnet sein (Rule 45 Abs. 1; siehe auch §§ 9, 13 PD-I).[217]

202

Das ausgefüllte Beschwerdeformular ist per Post an folgende Adresse zu senden:


Registrierungsstelle des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Europarat 67075 Strasbourg-Cedex Frankreich

203



204



205

Die (Individual-)Beschwerde[222] ist grundsätzlich unter Verwendung des u.a. im Internet zur Verfügung gestellten Beschwerdeformulars zu erheben (Rule 47 Abs. 1). Im Moment läuft außerdem ein Pilotprojekt für ein elektronisches Beschwerdeformular in Schweden und den Niederlanden.[223]

206

Hinweis

Das Beschwerdeformular (Application form) mit entsprechenden Erläuterungen (Notes for filling in the application form) sowie diverse Merkblätter für die Einreichung von Individualbeschwerden sind auf der Homepage des EGMR (www.echr.coe.int, Applicants) in zahlreichen europäischen Sprachen, auch auf Deutsch, abrufbar.

207

In der Beschwerdeschrift sind anzugeben (die Reihenfolge ergibt sich aus dem Beschwerdeformular):


der Name, das Geschlecht, die Staatsangehörigkeit, der Beruf, das Geburtsdatum und der Geburtsort und die Adresse (einschließlich der Telefonnummer) des – unmittelbar betroffenen – natürlichen Bf.; bei juristischen Personen der vollständige Name, das Datum der Errichtung oder der Eintragung im Register, soweit vorhanden die amtliche Registernummer und die offizielle Adresse (Rule 47 Abs. 1 lit. a),
ggf. der Name, der Beruf und die Adresse (einschließlich Telefon- und Faxnummer sowie Email-Adresse) seines Vertreters (Rule 47 Abs. 1 lit. b).

208

Der Gerichtshof befasst sich nicht mit einer anonym erhobenen Individualbeschwerde (Art. 35 Abs. 2 lit. a EMRK). Nichtorganisierte Personengruppen, die keine vertretungsbefugten besonderen Organe haben, müssen die Personalien ihrer Mitglieder anführen, deren Rechte als verletzt geltend gemacht werden.[224] Weltanschauliche Vereinigungen und Kirchen können die Rechte ihrer Mitglieder aus Art. 9 EMRK (Religionsfreiheit) aus eigener Befähigung geltend machen, ohne die Namen der Mitglieder zu nennen.[225] Die Angabe der Personalien der sie vertretenden Personen und der Nachweis ihrer Vertretungsbefugnis genügen. Gleiches gilt bei Vereinen und anderen juristischen Personen.

209

Rule 47 Abs. 4, § 12 PD-I sowie die PD-RfA[226] sehen jedoch vor, dass der Bf. in außergewöhnlichen, hinreichend (schriftlich) begründeten Fällen die Geheimhaltung seiner Identität (vor der Öffentlichkeit) beantragen kann. Dabei sollte der Bf. angeben, ob die Rechtssache unter seinen Initialen oder unter einem Einzelbuchstaben (z.B. X, Y, Z) geführt werden soll. Vor der Regierung des betroffenen Vertragsstaates wird die Identität des Bf. jedoch nicht geheim gehalten. Wird die Beschwerde durch die Kanzlei auch dem Vertragsstaat übermittelt, dessen Staatsangehörigkeit der Bf. besitzt (vgl. Rn. 434), so erfolgt insoweit in der Regel keine Geheimhaltung der Identität des Bf.; dies handhabt der Gerichtshof jedoch abweichend, wenn der Bf. sich gerade gegen eine Abschiebung oder Auslieferung in sein Heimatland wehrt und die Gefahr besteht, dass er auch wegen seines Parteivortrages Verletzungen von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK für den Fall seiner Rückkehr zu erwarten hat;[227] in solchen Fällen empfiehlt sich, frühzeitig zu beantragen, dass der Heimatstaat nicht verständigt wird. In der Regel führt ein Antrag auf Anonymisierung auch dazu, dass Beschwerdeakten vertraulich behandelt werden; auch dies sollte nach Rule 33 Abs. 3 frühzeitig beantragt werden.[228]

210

Anzugeben sind auch:


die Vertragspartei(en), gegen die sich die Beschwerde richtet, d.h. der betroffene Staat bzw. die betroffenen Staaten (Rule 47 Abs. 1 lit. d),

211

Sollen spezielle Aspekte des Rechts auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK überprüft werden, genügt es nicht, sich allgemein auf Art. 6 EMRK zu berufen:

212

„The Court observes that, although the right to a hearing within a reasonable time is a specific aspect of the right to a fair trial, complaints about the length of the proceedings cannot be considered mere substantiations of complaints about unfair proceedings but rather constitute independent complaints. Accordingly, a complaint about unfair proceedings does not automatically include a complaint about their length. The Court further has held that a citation in full of the relevant parts of Article 6 § 1 of the Convention may exceptionally qualify as an admissible length of proceedings complaint. (…) The Court finds that these submissions do not qualify as a succinct statement of an alleged violation of the applicantʼs right to a hearing within a reasonable time, as required by Rule 47 § 1(e) of the Rules of Court, and that the Court can therefore not examine the length of the proceedings before the domestic courts.[233]

213

Enthalten muss die Beschwerde außerdem Angaben hinsichtlich



214

Hinweis

Da die durchschnittliche Dauer eines Verfahrens vor dem EGMR nach wie vor mehrere Jahre beträgt, sollte eine etwaige Dringlichkeit bzw. Brisanz der Beschwerde bereits in diesem frühen Stadium deutlich gemacht werden, verbunden mit der Anregung einer vorrangigen Behandlung (Rule 41), ggf. in Kombination mit dem Antrag auf Erlass einer vorläufigen Maßnahme (Rule 39).

215

Der Beschwerde beigefügt werden muss außerdem


eine Aufstellung aller einschlägigen Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen oder Schriftstücke, die sich auf den Gegenstand der Beschwerde beziehen bzw. vom Gerichtshof als Beweismittel berücksichtigt werden sollen und als Anlage in Kopie beigefügt sind (List of Documents); die Entscheidungen und sonstigen Unterlagen sind nach Datum durchgehend nummeriert aufzuführen und ihrer Art (z.B. Schreiben, Anordnung, Urteil etc. jeweils mit der entscheidenden Behörde bzw. Gericht) und Inhalt nach kurz zu beschreiben (vgl. Rule 47 Abs. 3.2),
Erklärung über die Richtigkeit der Angaben (Declaration),
Unterschrift des Bf. bzw. des Verfahrensbevollmächtigten (Signature), Rule 47 Abs. 3 Nr. 1.

216

Über jede gegenüber den Angaben in der Beschwerdeschrift nachträglich eintretende Änderung sowie über jeden für die Prüfung der Beschwerde erheblichen Umstand ist der Gerichtshof zu informieren (Rule 47 Abs. 7). So sind beispielsweise Änderungen der Adresse mitzuteilen; andernfalls riskiert der Bf. eine Streichung seiner Beschwerde nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 lit. a EMRK.[238]

217

Werden Beschwerden im Namen von mehreren Beschwerdeführern erhoben, die unterschiedliche Sachverhalte betreffen, so ist ein separates Beschwerdeformular für jeden einzelnen Beschwerdeführer einzureichen (§ 14 PD-I). Bei mehr als fünf Bf. hat der Bevollmächtigte zusätzlich eine Tabelle einzureichen, die die nötigen persönlichen Informationen über die einzelnen Bf. ausweist; ein Tabellenvordruck befindet sich auf der Homepage des EGMR (§ 15 PD-I).[239]

218

Der Beschwerde als Anlage beizufügen sind Kopien (§ 10 PD-I; keine Originale[240], keine CDs oder DVDs) aller einschlägigen Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen oder sonstigen Entscheidungen, die sich auf den Gegenstand der Beschwerde beziehen (Rule 47 Abs. 3 lit. a). Der Bf. hat ferner – jeweils in Kopie – alle Unterlagen und Entscheidungen beizubringen, welche die Erfüllung der in Art. 35 Abs. 1 EMRK genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen belegen, Rule 47 Abs. 3 lit. b (d.h. Nachweise für die Erschöpfung aller zumutbaren innerstaatlichen Rechtsbehelfe[241] und die Einhaltung der Beschwerdefrist). Ebenfalls mitzuteilen sind alle Schriftstücke, die der Gerichtshof als Beweismittel berücksichtigen soll (z.B. Protokolle, Zeugenaussagen).

219

Wird die Beschwerde vom Verfahrensbevollmächtigten des Bf. unterzeichnet, so muss ihr eine vom Bf. und vom Bevollmächtigten persönlich unterzeichnete Vollmacht (authority to act) beigefügt werden (Rule 45 Abs. 3 Nr. 1 lit. d).[242] Der Bf. bevollmächtigt den Vertreter auf Seite 3 des Beschwerdeformulars und unterzeichnet die Bevollmächtigung; der Vertreter unterschreibt ebenfalls auf Seite 3 des Beschwerdeformulars.[243] Weitere Unterschriften sind auf Seite 13 des Beschwerdeformulars erforderlich.

220

Hinweis

Die Kanzlei bittet darum, die Beschwerdeschrift einschließlich ihrer Anlagen weder mit Heftklammern noch mit Tesafilm oder auf sonstige Art und Weise miteinander zu verbinden. Stattdessen sollten die Seiten (einschließlich der Anlage) durchgehend nummeriert werden.[244]

221

Die Beschwerde muss lesbar geschrieben sein und sollte vorzugsweise auf einer Schreibmaschine bzw. mit Hilfe eines PC erstellt werden; dies ermöglicht eine schnellere Bearbeitung durch den Gerichtshof.[245]

222

Enthält die erhobene Beschwerde nicht sämtliche erforderlichen Angaben, so erhält der Bf. die Mitteilung, dass seine Beschwerde nicht die Voraussetzungen der Rule 47 erfüllt, die Akte nicht eröffnet und die Dokumente nicht behalten wurden.[246] Eine Fristwahrung kann danach nur erreicht werden, wenn eine vollständig neue Beschwerde mit allen erforderlichen Unterlagen eingereicht wird – und zwar auch dann, wenn vorher bereits Unterlagen an den Gerichtshof gesendet wurden.[247]

223

Solange die Beschwerde dem betroffenen Vertragsstaat noch nicht mitgeteilt worden ist[248], kann die Kommunikation des Gerichtshofs mit dem Bf. oder seinem Vertreter (und umgekehrt) entweder in einer der beiden Amtssprachen des Gerichtshofs (Englisch und Französisch; Rule 34 Abs. 1) oder in der Amtssprache eines Vertragsstaates (Rule 34 Abs. 2)[249] erfolgen. Dies gilt sowohl für die Einreichung von Schriftsätzen als auch für mündliche Erklärungen. Die Beschwerde darf also in deutscher Sprache verfasst werden. In Deutschland lebende Ausländer können die Beschwerde aber auch in ihrer Heimatsprache erheben, soweit es sich bei dieser Sprache um die Amtssprache eines Unterzeichnerstaates der EMRK handelt.

224

Die (erste) Antwort des Gerichtshofs erfolgt in der Regel in der vom Bf. für seine Beschwerde gewählten Sprache durch einen mit dieser Sprache vertrauten Mitarbeiter der Kanzlei; nicht selten kommt es aber auch schon in diesem Stadium zu einer Korrespondenz auf Englisch oder Französisch, was beim Empfänger je nach sprachlicher Affinität ggf. Übersetzungskosten verursacht.[250]