Kitabı oku: «Die Vampirschwestern 1 – Das Buch zum Film», sayfa 2
Der Sarg im Wohnzimmer
Elvira Tepes stellte die vampwanische Topfpflanze ab und ging glücklich durch ihr neues Heim. Endlich waren sie in Deutschland angekommen, in einem ganz normalen Haus. Alles war nach ihrem Geschmack eingerichtet: die Küche, das Bad, überall diese herrlich sauberen Fußböden. Mit einem Strahlen lief sie ins Wohnzimmer und …
„Ahhh! Was macht ihr da?“ Elviras gute Laune war im Keller. Dort, wo Mihai eigentlich seinen Sarg hätte abstellen sollen. Stattdessen stand er da, wo normalerweise ein Sofa stehen sollte. Und als wäre das nicht genug, streute Daka überall Heimaterde auf den nagelneuen weißen und superflauschigen Teppich.
Daka sah nur kurz auf. „Wir verteilen Heimaterde, was denn sonst?“
Elvira seufzte. „Daka, Mihai, bitte! Wir hatten das doch alles besprochen. Der Sarg kann auf keinen Fall ins Wohnzimmer! Und die Heimaterde sammelt ihr bitte sofort wieder ein!“
Sie zog ein rotes Katzenklo aus einem der Kartons. „Für die Heimaterde habe ich doch extra das Katzenklo bestellt. Ich weiß ja, dass ihr ohne sie nicht leben könnt. Und in so ein Katzenklo kann man schön die Heimaterde einfüllen, seine Füße reinstellen und auftanken.“
„Das ist doch ’n Witz …“, brummte Daka.
Mihai drückte seinen Rücken durch. „Ich stamme aus dem ältesten Vampirgeschlecht der Welt. Ich brauche meine Heimaterde und meinen Sarg – und kein Katzenklo.“
Elvira reagierte nicht – sie sammelte die Heimaterde ein und versuchte verzweifelt, ihren neuen Wohnzimmerteppich zu retten. Mihai konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
„Lach nicht!“, herrschte Elvira ihn an. Fehlte nur noch, dass er sie El Virus nannte, was er immer tat, wenn sie wütend war.
Doch Mihai meinte nur: „Entschuldige, aber wenn du plötzlich die perfekte Hausfrau spielst, muss ich einfach lachen – das ist so … so deutsch!“
Daka unterdrückte ein Kichern.
Elvira sprang auf. „Okay, wie ihr wollt. Dann fliegt doch einfach durch die Gegend, werft mit Heimaterde um euch und beißt am besten noch ein paar Menschen. Ihr werdet schon sehen, wo das hinführt. Immerhin gibt es in Deutschland immer noch Vampirjäger.“
Mihai schüttelte verächtlich den Kopf. „Vampirjäger. So ein Gumox!“
Elvira deutete mit spitzem Finger auf den Sarg, dann auf Mihais Familienwappen. Es sah aus wie eine Vampirfratze: ein weit aufgerissener Mund, aus dem vier spitze Eckzähne ragten. An den Zähnen klebte Blut. Echtes Blut. Anklagend zeigte Elvira auf den Wohnzimmertisch, wo ein verrosteter Kerzenleuchter mit roten Kerzen stand, der von Spinnweben überzogen war. Dichten Spinnweben. Dann deutete sie auf Mihais Volperfluxi. Ein ausgestopftes transsilvanisches Stacheltier. Sehr tot.
„So geht das wirklich nicht. Hier haben die Häuser Fenster. Da kann jeder hineinschauen. Das muss ganz nullachtfünfzehn deutsch aussehen. So wie das jetzt hier aussieht, können wir nicht mal Opa Gustav einladen.“
Das hätte Elvira nicht sagen sollen. Sofort horchte Mihai auf. „Wie bitte? Dein Vater weiß immer noch nicht Bescheid?“
Elvira schüttelte betreten den Kopf. „Äh, nein. Noch nicht. Oma Rose hat ihm auch nichts gesagt.“
„Aber das war ausgemacht!“, rief Mihai empört.
Daka hielt sich sonst gern raus aus den Streitigkeiten ihrer Eltern, aber jetzt verschränkte sie wütend die Arme vor der Brust. „Du tust ja so, als müssten wir uns verstecken! Wieso denn? In Bistrien haben wir doch ganz normal gelebt – auch du als Mensch!“
„Erstens“, kam Elvira in Fahrt, „Bistrien ist eine unterirdische Vampirstadt. Man lebt in Stalaktitenhöhlen und schläft in Särgen – normal finde ich das nicht. Und zweitens hat mich Mihai immer beschützt. Und drittens sind wir jetzt in Deutschland. Hier kann man nicht mit den letzten Sonnenstrahlen aufstehen und in der Gegend herumfliegen.“
„Ja und jetzt?“, rief Daka. „Sollen wir uns für immer im Keller verstecken?“
„Nein, natürlich nicht“, beruhigte Elvira ihre Tochter. „Ihr sollt euch hier wohlfühlen. Deutschland ist unser neues Zuhause! Aber ihr müsst schon auf euch aufpassen.“
Daka rollte genervt mit den Augen und Mihai fragte scharf: „Und was machen wir mit Opa Gustav?“
„Opa muss es natürlich wissen. Ich wollte ja schon … aber der richtige Zeitpunkt war einfach noch nicht da. Aber ihr habt recht. Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben. Wir sagen es ihm, okay? Gleich, wenn die beiden kommen.“ Elvira ging auf ihren Mann zu, nahm seine Hand und sah ihm tief in die Augen. Dann deutete sie mit ihrem spitzen Finger nach unten. „Aber der Sarg, Schatz, der muss in den Keller! Bitte, ja?“
„Du meinst es wirklich ernst. Also gut. Aber das Wappen bleibt! Und mein Volperfluxi auch!“, brummelte Mihai. Er konnte seiner Frau einfach keine Bitte abschlagen. Auch nicht, wenn er dafür mitsamt seiner Ehre in den Keller ziehen musste.
In diesem Moment betrat Silvania das Wohnzimmer. Entsetzt sah sie sich um. „Schlotz zoppo! Was macht denn der Sarg im Wohnzimmer?“
Daka zeigte nur stumm nach oben. Zeit, die Fliege zu machen.
Vampire in Bindburg
Wenig später herrschte wieder Frieden im Haus der Familie Tepes. Oder zumindest davor. Elvira und Mihai standen Arm in Arm vor ihrem neuen Heim. Oma Rose und Opa Gustav waren im Anmarsch.
„Omaaaa! Opaaaa!“, riefen Daka und Silvania und flogen fast auf ihre Großeltern zu. Tatsächlich konnte Silvania Daka gerade noch daran hindern abzuheben.
„Goldene Regel Nummer eins: Kein Fliegen bei Tageslicht. Fehlt nur noch, dass du flopst“, zischte Silvania ihr zu.
Flopsen war eine Art schnelles Rennen. Vampire konnten so superschnell von einem Ort zum anderen gelangen, ohne dass ein menschliches Auge folgen konnte. Aber das funktionierte nur über kurze Entfernungen und war extrem anstrengend. Außerdem lautete die sechste goldene Regel, die ihre Mutter für das Leben unter Menschen aufgestellt hatte: Kein Einsatz übernatürlicher Kräfte – wie zum Beispiel Flopsen.
Oma Rose tat so, als hätte sie nichts bemerkt, und rief übertrieben laut: „Hallooo, ihr Schnuckelputzelchen!“
Opa Gustav, der nicht so tun musste, als hätte er nichts bemerkt, weil er nichts bemerkt hatte, fasste seine Enkelinnen an den Schultern und sagte: „Mein Gott, seid ihr groß geworden. Lasst euch anschauen, Mädchen. Na so was, richtige junge Damen.“
Silvania lächelte unsicher und Daka rollte genervt mit den Augen. In diesem Moment kam Dirk van Kombast mit einer Mülltüte aus seinem Haus. Ein raffinierter Vorwand, um mal wieder nach den neuen Nachbarn zu sehen, wie er fand.
„Oh, Dirk. Hallo!“, rief Opa Gustav.
Ungläubig sah Dirk van Kombast Opa Gustav an. „Ach, Sie! Guten Tag, Herr Wagenzink.“
Während Oma Rose weiterging, hielt Opa Gustav noch ein Schwätzchen mit Dirk van Kombast. Schließlich hatte er 42 Jahre lang in einem Autohaus gearbeitet und wusste, wie man Kontakte pflegte. „Wie geht’s der werten Frau Mama?“
„Leider keine Änderung“, antwortete Dirk van Kombast bedrückt.
„Schlimme Sache das …“, sagte Opa Gustav und nickte bedauernd. Dirk van Kombast seufzte und nickte auch.
„Trotzdem. Gute Besserung“, wünschte Opa Gustav aufmunternd. Herr van Kombast bedankte sich und ging wieder in sein Haus. Kopfschüttelnd flüsterte Opa Gustav den Tepes’ zu: „Tragischer Fall. Das war Dirk van Kombast. Seine Mutter war einst die schönste Frau Bindburgs. Sie sah aus wie ein Engel …“
Oma Rose räusperte sich – sie war früher schließlich auch nicht von schlechten Engeln gewesen, mit ihren langen rotblonden Haaren. Doch Opa Gustav redete einfach weiter, wenn auch immer leiser: „Doch. Wie ein Engel. Aber eines Tages hat man sie im Nachthemd auf dem Altar der alten Bindburger Kirche sitzend vorgefunden. Völlig wirr, zerzaust und mit grässlich leerem Blick. Sie hat wochenlang keinen Ton von sich gegeben. Keinen Pieps.“ Opa Gustav machte eine bedeutungsschwere Pause.
Silvania bekam ein wenig Angst.
Daka bekam ein wenig Langeweile. „Und dann?“, fragte sie.
„Und dann“, flüsterte Opa Gustav, „dann hat sie plötzlich behauptet, Vampire hätten sie gejagt. Sie seien mit ihr herumgeflogen und hätten sie auf dem Kirchturm ausgesetzt.“ Wieder machte Opa Gustav eine Pause und starrte seine Tochter und ihre Familie mit durchdringendem Blick an. Mihai sah auffordernd zu Elvira und Elvira erschrocken zu ihrem Vater.
Daka grinste. „Vampire? Hier in Bindburg?“
„Ja, genau. Vampire!“, bestätigte Opa Gustav und dann lachte er wild und hielt sich zwei Finger an den Mund, als seien es Eckzähne. „Vampire in Bindburg! So was kann sich auch nur eine Frau ausdenken!“ Empört boxte ihm Oma Rose in die Seite. „Aua!“, rief er, doch Oma Rose lächelte nur zuckersüß.
Mihai versuchte, Elvira mit seinem Blick ein Zeichen zu geben. Doch Elvira schüttelte ihre roten Locken und sagte drohend: „Nein! Nicht jetzt!“
Opa Gustav bekam davon nichts mit. „Na ja, jedenfalls ist sie prompt im Irrenhaus gelandet und bis jetzt nicht mehr herausgekommen.“
Noch einmal gab Mihai Elvira mit den Augen ein Zeichen, aber die schüttelte wieder nur den Kopf. Oma Rose sah die Verzweiflung ihrer Tochter und schaltete sich ein. „So, Gustav! Jetzt lass mal die alten Schauergeschichten. Wir freuen uns jedenfalls sehr, dass wir euch endlich hier bei uns haben.“
Oma Rose umarmte Elvira und Mihai trat blitzschnell vor, um Opa Gustav eine Kopfnuss zu verpassen. Doch Opa Gustav riss schnell seine Hände vor die Stirn und grinste stolz: „Ha! Spitzenreaktion, was?“
Mihai war beeindruckt. Auch wenn Opa Gustav keine Ahnung hatte, wer sein Schwiegersohn war, so kannte er doch den typisch transsilvanischen Gruß. Lachend schüttelten sich die beiden Männer die Hände.
„So, jetzt gehen wir aber mal rein. Ich bin schon sehr neugierig“, sagte Oma Rose.
Oma Rose sollte nicht enttäuscht werden. Auch wenn sie ihre Tochter und ihre Familie schon öfter in Bistrien besucht hatte und um deren Geheimnisse wusste, war sie auf so viel vampwanischen Einfluss doch nicht gefasst gewesen. Elvira bemerkte ihre Blicke und nahm schnell den Kerzenständer vom Wohnzimmertisch. „Puh“, machte sie. „Der gehört unbedingt poliert.“
Opa Gustav starrte Mihais Familienwappen an. „Äh, was ist denn das für ein Bild?“
Mihai setzte stolz zu einer Antwort an: „Das ist unser Familienwap…“
„Moderne Kunst. Mihais Cousin dritten Grades ist ein berühmter Künstler“, unterbrach Elvira ihn und erntete dafür einen wütenden Blick von Mihai. Entschuldigend zuckte Elvira mit den Schultern.
„Aha. Davon verstehe ich nichts, aber Rose, du bist doch die Kunstexpertin“, wandte sich Opa Gustav an seine Frau. Oma Rose liebte Kunst und arbeitete seit acht Jahren als Museumsführerin im Kunstpalais Bindburg.
„Ach, ich finde es wunderbar! Ganz wunderbar, Mihai“, säuselte Oma Rose. „Du hast einfach ein Händchen für das Besondere“, fügte sie dann mit Betonung auf Besondere hinzu und sah ihre Tochter eindringlich an.
Ein Zimmer für zwei
Für die Vampirschwestern ging der erste Tag in Deutschland zu Ende. Die Nacht kam und mit jedem Strahl des Mondes wurden Silvania und Daka wacher. Silvania nutzte die Zeit, um ihre Sachen auszupacken und ihren riesigen Klamottenberg in den Schrank zu räumen. Dann sortierte sie ein paar Zeitschriften auf ihrem Bett. Zufrieden blickte sie sich um. Ihr neues Reich gefiel ihr – bis zu der Grenze, wo Dakas Zimmerhälfte begann. Überall standen da noch die Umzugskisten. Daka hatte erst ganz wenig ausgeräumt, darunter das Foto von ihrer alten Klasse und das Poster ihrer absoluten Lieblingsband Krypton Krax. Das hing genau über ihrem Schiffschaukelsargbett, in dem Daka gelangweilt herumlümmelte.
Silvania war genervt. Erstens, weil Elvira ihnen versprochen hatte, dass sie jeder ein eigenes Zimmer bekommen würden. Zweitens, weil Elvira ein paar Klobrillen aus Bistrien mitgebracht hatte, die sie dort günstig erstanden hatte. Drittens, weil es genau 250 Klobrillen waren, die jetzt in dem Zimmer lagerten, das eigentlich Silvanias hätte sein sollen. Sie seufzte. „Ich bin gleich fertig mit Einräumen und du?“, fragte sie betont freundlich, denn sie wollte sich nicht gleich in der ersten Nacht mit Daka streiten.
„Kein Bock“, antwortete Daka.
Silvania versuchte, sich nicht aufzuregen, und blätterte in ihrer Pferdezeitschrift. Ihr Blick blieb an einem Poster von einem reitenden Mädchen hängen. Begeistert riss sie es raus und hielt es über ihr Bett. „Daka, wie findest du das? Ist das nicht zensatoi futzi?“
„Total peinlich!“, befand Daka und flopste sich an eine schwere Eisenkette, die oben an der Zimmerdecke hing. Kopfüber baumelte sie an der Kette und grinste zufrieden. Das hatte sie sich schon die ganze Fahrt über gewünscht. Gepflegt abhängen.
Silvania fand das gar nicht lustig. „Spinnst du? Komm da sofort wieder runter. Wenn dich jemand sieht!“
„Ha! Wer soll mich denn hier sehen? Dann müssten unsere Nachbarn schon im zweiten Stock am Fenster vorbeifliegen. Das können Menschen aber nicht! Mal abgesehen davon hängen Menschen doch auch gern ab! Und überhaupt, ich kann hier fliegen und flopsen, so viel ich will. Ich darf mich bloß nicht erwischen lassen.“ Mit einem schwungvollen Salto hob Daka ab und landete KNAUTSCH! auf Silvanias Strohhut. „Hoppla!“
„Pass doch auf, Daka. Den brauch ich noch!“ Wütend riss Silvania ihrer Schwester den Hut weg.
Die flopste zurück auf ihr Bett und nahm Karlheinz aus seinem Aquarium. Liebevoll streichelte sie ihn. „Nicht wahr, Karlheinz, du verstehst mich! Ich muss schließlich für meinen Trans-Europa-Flug trainieren.“ Karlheinz antwortete zwar nicht direkt, aber er kroch verständnisvoll auf Dakas Hand herum. „Wenn ich nämlich 2000 Kilometer am Stück draufhab, dann flieg ich zurück nach Bistrien. Hier bleib ich keinen Tag länger als nötig.“
Silvania versuchte immer noch, ihren eingedellten Strohhut zu retten. „Sei doch nicht so negativ, Daka. Es ist so schön hier in Deutschland. Sieh’s mal so: Wir sind Halbvampire. Halb Mensch, halb Vampir. Jetzt haben wir 12 Jahre als Vampire gelebt. Hier können wir endlich mal unsere menschliche Seite ausprobieren.“
„Ich will aber kein Mensch sein. Ich will ein Vollblutvampir sein!“
„Also, ich finde Menschsein toll. Endlich können wir richtige Mädchen sein. Wir können uns schminken, eine beste Menschenfreundin finden und vielleicht sogar süße Jungs kennenlernen. Zum Beispiel dieser Nachbar, der sah doch voll gut aus!“
„Bäh, dieser uralte Komposttyp? Überhaupt, Menschenjungs. Die interessieren mich so was von gar nicht. Der einzige Mann, der mich interessiert, ist Murdo. Und der ist in Bistrien.“ Daka blickte leicht verträumt zu ihrem Krypton-Krax-Poster auf.
Silvania sah extrem genervt zu Daka. „Murdo Dako ist 20, also auch uralt, und außerdem Rockstar. Der weiß doch gar nicht, dass es dich gibt! Und jetzt räum dein Zeug endlich mal ein, aber rapedadi. Vielleicht lernen wir schon morgen in der Schule neue Freunde kennen. So können wir die hier ja nie reinlassen.“
„Ich will keine neuen Freunde. Ich hab schon welche.“
Daka streichelte wieder Karlheinz, der wohlig pupste.
„Pfui, Karlheinz. Igitt!“ Angewidert verzog Silvania das Gesicht.
Dann war Schlafenszeit, obwohl es mitten in der Nacht war. Silvania und Daka hatten ihrer Mutter versprochen, sich den Schlafgewohnheiten der Menschen anzupassen. Hellwach lagen sie in ihren Betten und versuchten, müde zu werden. Ein bisschen klappte es sogar. Nach einer Weile zumindest.
„Boi noap, kleine Vampirschwester“, flüsterte Silvania, denn auch wenn sie manchmal stritten, hatte sie Daka wirklich gern.
„Boi noap, große Menschenschwester“, murmelte Daka.
Nach einer noch längeren Weile brummte Daka: „Silvania, schläfst du schon?“
„Ja.“
„Ich auch.“
Tanz der Vampire
Genau wie ihre Töchter hatten auch Elvira und Mihai nicht vor, im Streit ins Bett zu gehen. Wobei ins Bett nicht ganz stimmte, denn Mihai hatte unten im Keller seinen Sarg aufgestellt und mit roten Laken frisch bezogen. Er war nur noch ein bisschen beleidigt, dass er im Keller schlafen musste. Nachdem er sich den Keller so gemütlich wie möglich eingerichtet hatte, nahm er eine rote verschnörkelte Schachtel aus einer Umzugskiste und öffnete sie. In der Schachtel krabbelte sein ganzer Stolz: seine Rennzeckensammlung! In Transsilvanien war der Zeckenrennsport sehr beliebt unter Vampiren und auch Mihai Tepes teilte diese Leidenschaft. Vorsichtig nahm er Fidel und Napoleon aus der Schachtel – das waren seine zwei schnellsten Zecken! Mihai setzte sie an den Rand der Kühltruhe und feuerte sie aus vollem Herzen an. Fidel und Napoleon kamen fast gleichzeitig am anderen Ende der Kühltruhe an, und bevor sie hinunterstürzten, legte Mihai sie wieder in ihre Schachtel – nicht ohne sie mit getrockneten Blutkrümeln zu belohnen. Nach diesem Rennen fühlte sich Mihai in seinem Keller schon ein ganzes Stück heimischer. Zufrieden zündete er ein paar Kerzen an und legte gerade eine Platte auf sein Grammofon, als seine Frau eintrat.
„Gemütlich, mein Mihai“, sagte Elvira und an ihren Worten erkannte Mihai, dass auch sie nicht mehr über Särge im Wohnzimmer, Heimaterde auf Teppichen oder Opa Gustav reden wollte.
Mihai schaltete das Grammofon an und eine mitreißende vampwanische Melodie erklang.
„Darf ich bitten?“, fragte Mihai seine Frau. Elvira sah ihm tief in die Augen, nahm seine Hand und die beiden tanzten. Sie bewegten sich so, als befänden sie sich auf einem festlichen Ball mit Parkettboden, Lichterglanz und Orchester und nicht in einem Keller mit Sarg, Grammofon und Kühltruhe.
Vor dem Haus im Lindenweg mit der Nummer 23 wunderte sich nur eine schwarze Katze über die gedämpften Töne der vampwanischen Rumba, die kreisend in den Nachthimmel aufstiegen wie ein Vogel, der ihren scharfen Krallen entwischt war. Und so endete ein fast normaler Tag im friedlichen Bindburg, wo es nie wieder ganz normal sein sollte, seit die Familie Tepes aus Transsilvanien zugezogen war.
Elviras radikale Regeln
Am nächsten Morgen wachte Elvira gut gelaunt auf. Sie hatte in ihrem neuen Bett herrlich geschlafen. Frisch duftendes Bettzeug, eine weiche Matratze und diese Ruhe! Ihren Mann hatte sie gestern Nacht mit einem Kuss in seinen Sarg verabschiedet. Er hasste den Waschmittelgeruch der Bettwäsche und konnte in einem normalen Bett kein Auge zumachen. Auch jetzt schlief er sicher noch oder er war gerade erst richtig eingeschlafen. Doch da hatte sich Elvira getäuscht.
Mihai war schon eine ganze Weile wach, sie hörte ihn unten im Wohnzimmer sein Lieblingslied summen:
Transsilvania
Wuzzpogoi, oista snips, flopso, flugo!
Milobom job, rodna fantazyca!
job enzero inima naz, Transsilvania!
Das hieß:
Transsilvanien,
herumtollen, verrückt sein, flopsen, fliegen!
Wir lieben dich, du schöne Heimat!
Du bist für immer in unserem Herzen, Trans-
silvanien!
Vampwanisch war eine der ältesten und kompliziertesten Sprachen der Welt und Elvira beherrschte nur ein paar der wichtigsten Ausdrücke wie „Fumpfs“, was „Mist“ hieß, oder „Gumox“, was „Unsinn“ oder „Quatsch“ bedeutete. Für ihr Leben in Transsilvanien war das ausreichend gewesen, denn in Transsilvanien, auch Siebenbürgen genannt, gab es viele deutschstämmige Menschen und Vampire. Auch ihr Mann und ihre Töchter sprachen sehr gut Deutsch, was die Eingewöhnung hier in Deutschland leichter machen würde. Dennoch wusste Elvira, dass ihre drei vampirischen Familienmitglieder ihre Hilfe brauchten, um sich dem Leben in Deutschland anzupassen. Deswegen hatte sie die sieben goldenen Regeln aufgestellt. Sie ahnte, dass sie die Einhaltung dieser Regeln ständig überwachen musste. Schnell schwang sie sich aus dem Bett und flitzte ins Bad. Anschließend klopfte sie an das Zimmer der Vampirschwestern. „Aufstehen, Fledermäuschen! Zeit für die Dentiküre!“
Im Zimmer stopfte sich Daka ihr Kissen über die Ohren. „Hmpf, es ist doch helllichter Tag.“
Silvania dagegen stand brav auf und ging ins Bad. Dort nahm sie eine Zahnfeile, die ihr eine Kosmetikerin in Bistrien mitgegeben hatte, und begann, ihre Eckzähne schön rund zu feilen. Es quietschte fürchterlich. Noch dazu sah sie ihr Spiegelbild leicht verschwommen, sodass sie immer wieder mit der Zunge nachfühlen musste, ob ihre Zähne schon kurz genug und rund waren. Nach einer Weile schlurfte auch Daka schlecht gelaunt ins Bad.
„Hier, ich bin fertig“, sagte Silvania und gab ihr die Feile. „Siebte goldene Regel: Regelmäßige Dentiküre, sonst werden unsere Eckzähne zu lang!“
„Pah, goldene Regel. Das sind fiese radikale Regeln, die Mama uns da aufgebrummt hat.“ Daka begann missmutig, ihre Eckzähne zu feilen. Sie war im Spiegel noch verschwommener zu erkennen als ihre Schwester. „Bäh, das Geräusch ist echt grauslich!“
Dennoch feilte Daka weiter und im Gegensatz zu Silvania trug sie am Ende ihre Eckzähne spitz. Wenn sie schon kurze Eckzähne haben musste, dann sollten sie wenigstens scharf und spitz sein. Dagegen konnte Elvira nix sagen.
Aber Elvira hatte an diesem Tag eine Menge zu sagen. Ständig verstieß eins ihrer Familienmitglieder gegen eine ihrer goldenen Regeln. Als Elvira das Küchengeschirr in die Schränke räumte, kam Daka mit der Küchenmaschine an. Leider nicht angelaufen, sondern angeflogen!
„Daka! Erste goldene Regel für das Leben in Deutschland: Kein Fliegen bei Tageslicht!“
„Schon gut“, grummelte Daka. In diesem Moment krabbelte eine Ameise über den Esstisch und Daka ließ sie gedankenverloren auf ihrem Finger herumlaufen, um sie dann in den Mund zu stecken.
„Daka! Zweite goldene Regel: Keine lebenden Mahlzeiten. Auch keine Snacks!“, schimpfte Elvira.
„Ups!“ Genervt verdrehte Daka die Augen. Diese radikalen Regeln konnte doch kein Vampir aushalten.
Silvania dagegen kannte die goldenen Regeln auswendig und hatte sich fest vorgenommen, sie einzuhalten. Schließlich wollte sie ein richtiger Mensch werden und einen Menschenfreund haben.
Draußen im Nachbargarten hatte Silvania Dirk van Kombast gesehen. Er lag in einer Badehose auf einer Luftmatratze und sonnte sich. Sonnen fand Silvania zwar eklig, aber warum nicht ein bisschen Zeit an der frischen Luft verbringen? Wenn die Menschen das so machten, wollte sie das auch! Schnell nahm sie ein paar Gartenmöbel und brachte sie auf die Terrasse. Doch sie hatte vergessen, sich mit Sonnencreme einzuschmieren, und schon war ihre Mutter mit ihrem spitzen Finger zur Stelle.
„Dritte goldene Regel: Keine pralle Sonne!“ Elvira zeigte auf Dirk van Kombast, auf dessen nackter Brust ein Kreuz an einer Kette glitzerte. „Vierte goldene Regel: Keine Kreuze!“ Dann erblickte Elvira noch etwas anderes bei ihrem Nachbarn – Dirk van Kombast hatte zwei Knoblauchkränze an seiner Haustür aufgehängt. Noch bevor Elvira darüber nachdenken konnte, was das zu bedeuten hatte, rümpfte Silvania die Nase und würgte. „Fünfte goldene Regel: Kein Knoblauch!“, fügte Elvira hinzu.
„Puh, bestimmt nicht!“ Silvania hielt sich die Nase zu. Von wegen frische Luft, dieser Knoblauchgestank war ja widerlich!
Elvira ging zurück ins Haus, um nach ihrem Mann zu sehen. Mihai sollte Bilder aufhängen. Obwohl sie ihm einen Hammer reichte, drückte er die Nägel einfach mit seinem Finger in die Wand. „Die goldenen Regeln gelten auch für dich, Mihai. Sechste Regel: Kein Einsatz übernatürlicher Kräfte, also keine Hypnose, kein Flopsen und keine Superkräfte!“
„Jawohl, Frau General Radikal!“ Mihai lachte und nahm Elvira den Hammer aus der Hand.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.