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Kitabı oku: «Der Geldkomplex», sayfa 7

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Die anderen schimpfen wie wahnsinnig, daß ich sie zu dieser Fahrt verlockt habe. Es hat gleich ein heilloser Sturm eingesetzt, und sie liegen alle todkrank in ihren Kabinen. Der «Steward», der nicht an Passagiere gewöhnt ist, rupft seelenruhig Hühner, anstatt sie zu bedienen.

Ich selbst werde nie seekrank, mir wird höchstens schlecht, wenn — — — — aber die Zeiten sind ja glücklich vorüber.

Über das Deck, soweit von einem solchen die Rede sein kann, geht eine Sturzsee nach der anderen. Bei der Kajütentreppe ist ein kleiner geschützter Raum, und da sitze ich auf einem Liegestuhl, den man mit Stricken festgebunden hat. Ganz allein, und dieses Alleinsein koste ich in vollen Zügen aus. Es ist, als sei die ganze Welt versunken und nichts zurückgeblieben als Himmel, Meer und Geld.

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Seit ich von unterwegs den letzten etwas flüchtigen und durchgerüttelten Gruß an Dich abschickte, ist mehr als eine Woche vergangen. Wir sind immer noch an Bord. Durchschnittlich jeden anderen Tag legen wir in irgendeinem Hafennest an, um zu löschen, oder weil die Kühe einen Ruhetag brauchen. Diese Tiere können nämlich an der Seekrankheit sterben, und das Wetter ist andauernd stürmisch. Ich habe dem Kapitän verschiedentlich angeboten, alle zwanzig zu kaufen und sie dann an der nächsten Landungsstelle auszusetzen, damit wir nun einmal vom Fleck kommen — nicht meinetwegen, denn von mir aus könnte die Reise ewig dauern, aber die anderen sind so ungeduldig. Er wollte jedoch nicht darauf eingehen.

Ob wir jemals ankommen oder am Ende noch mit dieser Baracke untergehen?

Es ist ja klar, daß das Geld mich immer noch foppen will. Seit es mir nicht mehr entrinnen kann, kommt immer wieder eine Situation zustande, die ein intensives Ausgeben unmöglich macht. Entweder war keine Zeit mehr wie in Genua oder keine Gelegenheit wie jetzt. Und ich habe doch so sehr das Gefühl, es müßte endlich einmal ein Exempel statuiert werden, damit es mich als Herrin anerkennt. Die Taschen meiner Begleiter und meine eigenen — ich habe einen Reisemantel mit vielen und geräumigen Taschen — platzen vor Geldscheinen, und sie werden nicht weniger, es ist manchmal, als ob sie mich höhnisch angrinsten: «Gib uns doch aus, wenn du kannst.»

Diese Art zu reisen ist hoffnungslos billig, und, wie schon erwähnt, ich kann nicht einmal die Kühe kaufen, weil der Kapitän so halsstarrig ist.

Wir haben alles versucht, um einen protzigen Ton einzuführen, es gelingt nur halb. Zu Tisch machen wir Toilette, die Herren im Smoking — aber das kostet nichts und ist einigermaßen deplaciert. Die Leute halten uns für mehr als übergeschnappt, schon weil wir überhaupt mit ihnen gefahren sind. Sie haben sonst nie Passagiere erster Klasse, und es ist ihnen nur lästig, weil sie lieber Eßvorräte in den Kabinen aufbewahren. Das Leben ist doch verdreht — kaum ist man aus dem Sanatorium heraus, so halten einen alle für verrückt.

Dabei müssen wir uns dem Bordkomment fügen, um zehn Uhr früh zu Mittag essen und um fünf zu Abend. Extramahlzeiten werden nicht serviert. Es geht uns also ähnlich wie dem hungernden Araber, der einen Sack Perlen in der Wüste fand... Der beklagenswerte Gottfried hat zum Beispiel immer noch keinen Mantel, weil sich damals in der Eile nichts Passendes fand, und muß elend frieren oder sich an Deck in eine Wolldecke einwickeln.

Nach dem Souper telegraphieren wir. Der Funkapparat ist der einzige Luxusgegenstand auf unserem Dampfer.

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Monte Carlo Zwei Briefe von Dir habe ich hier bekommen — sei nicht böse, daß ich nicht schrieb, aber ich denke, Du wirst wenigstens einige Funktelegramme erhalten haben.

Wir sind nicht, wie zu erwarten stand, mit Mann und Maus untergegangen, sondern tatsächlich eines Tages in Barcelona angekommen, und die Kühe wurden noch in unserer Gegenwart gelöscht. Das ganze Schiff, und wir mit, interessierte sich zuletzt ausschließlich für ihr Befinden, so daß es fast zu einem neuen Komplex wurde.

Dann aber haben wir alle weiteren Reisegedanken buchstäblich über Bord geworfen, in Barcelona nur gefrühstückt, und sind mit dem nächsten Zug nach Monte gefahren. Es war wie eine plötzliche Erleuchtung, daß wir dahin müßten. Und die Fahrt ging ohne jeden Zwischenfall vor sich. Nichts streikte, kein Zug entgleiste, kein Hotel ging in Flammen auf.

Hier bin ich vollkommen und wunschlos glücklich, Maria, mir ist, als hätte ich die Heimat gefunden und alles, was dazugehört. Man wohnt nicht, man ist im Hotel, und am Spieltisch gibt es keine Vergangenheit, keine Zukunft und keine Gegenwart mehr, keine Spannungen und keine Gedanken. Denn ich muß bemerken, das Jeu hat für mich nichts Aufregendes, es wirkt im Gegenteil beruhigend, man sieht nur Geld, hört nur Geld, fühlt nur Geld, und das ist gerade das, was mir not tat. Einmal gehört es mir, einmal nicht, es rollt fort, schiebt sich wieder vor mich hin — es muß sich passiv verhalten, kann sich keine eigenen Launen mehr leisten, sondern muß sich denen des Roulette fügen. Und ich tyrannisiere es, denn ob ich spiele, und wie hoch, oder wieder aufhöre, steht in meiner Macht.

Übrigens spielen nur Henry und ich. Gottfried darf nicht ins Kasino, weil er noch nicht mündig ist, und Baumann geht von Tisch zu Tisch und sammelt Material, um eine Abhandlung über Geldkomplexe zu schreiben. Meiner, behauptet er, sei jetzt erst auf dem Höhepunkt angelangt. Aber das interessiert mich nicht mehr.

Morgen schreibe ich weiter, ich habe vor, einen Tag auszusetzen. Die anderen wollen einen Ausflug machen, und um des lieben Friedens willen gehe ich mit. Wozu eigentlich? Landschaft und dergleichen gibt es überall. Ich will hier nur Geldluft atmen.

Und dann muß ich mich endlich einmal um Gottfrieds Paletot kümmern, er behauptet, allein könne er solche Einkäufe nicht machen. Man hat ihn neulich schon für einen Selbstmörder gehalten, weil er frierend in den Anlagen herumschlich.

Vorige Woche haben wir enorm gewonnen, aber die letzten Tage ebenso arg wieder verloren, und ich habe sicherheitshalber an den melancholischen Bankdirektor telegraphiert. Er muß mir jetzt auch endlich die Abrechnung über die eingetroffenen Gelder schicken.

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Das war vorgestern. Unser Ausflug verlief sehr nett, aber der Mantelkauf wurde darüber wieder versäumt. Dieser Mantel geht mir allmählich auf die Nerven. Hätte man doch lieber den ganzen Gottfried zu Hause gelassen.

Heute früh nun saßen wir arglos beim Frühstück und waren gerade besonders aufgelegt, mit neuen Kräften weiterzuspielen. Für Henry war ein ganzer Haufen Briefe angekommen. Er wollte sie unbesehen in die Tasche schieben, aber ich beredete ihn törichterweise, sie aufzumachen. Gleich der erste enthielt eine lästige Nachricht, nämlich, daß die Terraingeschichte wackelt. Der Professor hat sein Kapital herausgezogen. Mir fiel dabei aufs Herz, daß ich ihm meine Rechnung immer noch nicht gezahlt habe und er sich vielleicht dafür rächen will. Ich fühlte mich damals einfach unfähig, gleich wieder Rechnungen zu zahlen und mich mit Gläubigern zu beschäftigen.

Henry sah sorgenvoll aus und wollte von den anderen Briefen nichts mehr wissen. Es war aber einer von Lukas dabei, und ich bat ihn, wenigstens den noch zu lesen. Er tat es, und seine Miene verfinsterte sich noch mehr: «Was soll das nun wieder heißen — Lukas bittet mich, zu veranlassen, daß du sofort zurückkommst.»

Wir ergingen uns in Vermutungen, was es bedeuten könne... Ist es am Ende wirklich ein Racheakt des Professors wegen der unbezahlten Rechnungen? Lukas erwähnt auch die Terraingeschichte und scheint ganz aus dem Häuschen. Hat er vielleicht in unserer Abwesenheit auf eigene Hand angefangen zu spekulieren und kann ohne uns nicht damit fertig werden? Will er uns nur aus liebevoller Fürsorge aus der Spielhölle fortlocken... Oder aber hat der Miterbe Unheil angerichtet, etwa die Stadt in Brand gesteckt?

In keinem von diesen Fällen leuchtet mir ein, weshalb meine persönliche Betätigung nötig sein sollte. Gerade jetzt hier abbrechen, wo die Beziehung zwischen dem Pflichtteil und mir anfängt, sich zu einer wahrhaft herzlichen zu gestalten. Es benahm sich schon manchmal, als ob es mich wirklich gern hätte und bei mir bleiben wollte, denn es kam immer wieder, wenn wir auch noch so leichtsinnig setzten. Nur gerade die allerletzten Tage...

Schmerzlich genug, daß Henry abfahren will — ich bleibe hier. Mögen die Terrains wackeln, der Miterbe alles auf den Kopf stellen, der Professor... mit Geld läßt sich ja alles wieder arrangieren, zum Beispiel, indem man seine Rechnungen zahlt, die Terrainsache stützt usw.

P. S. Henry ist abgefahren und depeschiert wie ein Wahnsinniger, ich möchte sofort nachkommen. Schreib also wieder an die alte Adresse: Nervenheilanstalt und so weiter. — Ich hätte wahrhaftig nicht gedacht, daß ich sie noch einmal wiedersehen würde.

24

Ja, Maria... wie soll ich Dir das erzählen, damit Du es nicht für einen dummen Witz hältst. Eigentlich ist es auch einer, aber das Schicksal hat ihn gemacht, nicht ich. Höre nur: Die Bank hat falliert — ausgerechnet unsere Bank.

Wir hatten uns ja alles mögliche ausgemalt, was geschehen sein könnte, aber auf diesen phantastischen Gedanken war keiner von uns gekommen.

Jetzt verstehen wir auch, weshalb der Direktor so melancholisch war und gerne reisen wollte, daß er keine weiteren Summen und keine Abrechnung schickte und das Geld sich während der Reise manchmal noch ironisch benahm. «Es» hat natürlich alles vorausgewußt. Wie ich diesem Ereignis gegenüberstehe, wirst Du fragen.

Aber das weiß ich selbst noch nicht recht. Es hat mich wohl überrascht, und ich wollte lieber, es wäre nicht geschehen. Ich habe vorläufig gar keine Lust, darüber nachzudenken. Es wirkte gerade in diesem Moment so absolut kinematographisch, und Du weißt ja, wenn das Leben filmt, ist man immer noch ganz lustig. Wir sind auch einstweilen noch so von der Finanzstimmung in Monte erfüllt, daß sich selbst über die ersten dunklen Stunden ein festlicher Schimmer legte.

Lukas empfing mich natürlich mit tragischer Miene und einigen vorwurfsvollen Bemerkungen über unseren kurzen Aufenthalt. Es stört ihn, daß wir dort jeuten und jubilierten, während hier die letzte Chance einer sicheren Zukunft in die Brüche ging. Und der alte Zank beginnt von neuem:

«Es hätte ja doch nicht gereicht.»

«Es hätte gereicht, wenn Sie eine Leibrente...»

«Nein, wenn du sofort Goldshares...», unterbricht Henry.

«Ja, natürlich, und Sie dem Herrn Alramseder...»

«Ist nicht mehr nötig, denn Alramseder hat ausgejobbert», bemerkte Henry feierlich, und endlich kann ich wieder zu Wort kommen, um einen vernichtenden Trumpf auszuspielen:

«Hätten Sie, Lukas, nur telegraphiert, anstatt einen Brief zu schreiben, aus dem niemand klug werden konnte... so wäre der ganze Schaden überhaupt wieder gutgemacht. Es ist einzig und allein Ihre Schuld, daß ich heute wieder ohne wirtschaftliche Basis dastehe...»

«Stimmt», sagt Henry, und Lukas ist einen Augenblick sprachlos.

«Meine Schuld...?»

«Allerdings, denn drei Tage vorher hatten wir schwindelhafte Summen gewonnen, und hätten wir damals aufgehört...»

«Oder wären dageblieben, um weiterzuspielen», ergänzt Henry, und Lukas erklärt auf das bestimmteste, er würde morgen abfahren, es sei ihm unmöglich, noch länger unter einem Dach mit uns zu bleiben und mit anzuhören, was wir alles getan «hätten». Baumann dagegen gedenkt geradezu analytische Orgien zu feiern.

Dann habe ich den Miterben aufgesucht. Er saß mit einer Flasche Rotwein vor dem Hotel, äußerte keinerlei Überraschung, mich hier zu sehen, und blickte ziemlich verstört drein. Nachdem wir eine volle halbe Stunde schweigend dagesessen hatten, erzählte er mir, daß sein Wolfshund vorgestern plötzlich gestorben sei. Er mutmaßt nun, man habe das Tier vergiftet, und hat eine bedeutende Summe als Preis für die Auffindung des Täters deponiert — sämtliche verfügbare Polizisten sind schon eifrig an der Arbeit.

Dann kam sein Auto, er ließ den toten Hund hineinlegen und fuhr ab, um in der nächsten Stadt das Tier sezieren und die Todesursache feststellen zu lassen. Der Hotelbesitzer kam heraus und schüttelte mir ergriffen die Hand. Er soll der einzige hier im Städtchen sein, der durch den Bankkrach nicht ruiniert ist, und erzählte mir, es habe sich herausgestellt, der verendete Hund sei überhaupt kein Hund, sondern ein zahmer Wolf gewesen, den irgendein Teufelskerl aus einer Menagerie gestohlen und meinem Herrn Gemahl verkauft habe.

Ob diese Geschichte wahr ist, oder ob sie zu den pittoresken Mythen gehört, mit denen man uns hier umgibt, möchte ich dahingestellt sein lassen. Ich muß sagen, daß mich nichts mehr in Erstaunen zu setzen vermag.

Gegen Abend des nächsten Tages kam der Gemahl zurück und war etwas enttäuscht, denn die tierärztlichen Autoritäten haben festgestellt, der «Hund» sei eines natürlichen Todes gestorben. Somit hat man die Verfolgung des Mörders wieder eingestellt, und der Hotelbesitzer mag erleichtert aufgeatmet haben.

Dann ist er zornerfüllt abgereist, wohin, weiß man nicht. Wir haben uns wortkarg, aber doch herzlich voneinander verabschiedet, und Gott allein weiß, ob unsere Wege sich in diesem Leben noch einmal kreuzen oder ob wir uns scheiden lassen.

Er weiß vielleicht auch, wie sich nun die Dinge weiter entwickeln werden. Ich selbst habe keine Ahnung.

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Für Deinen Brief und Deine Teilnahme herzlichsten Dank.

Nur keine übertriebene Sorge — ich befinde mich im ganzen recht wohl.

Unser Dasein steht hier natürlich im Zeichen des Bankrotts, und auch das hat seinen Charme.

Henry ist ebenfalls schwer betroffen, denn seine Terraingesellschaft ist im Zusammenhang mit der Bank vollständig aufgeflogen. Er rechnet viel, ist aber voller Zuversicht, daß sich gerade auf diesen Zusammenbruch hin ganz neue Gründungsperspektiven eröffnen.

Auf jeden Fall bleiben wir hier. Wir fühlen uns allmählich immer mehr mit diesem Ort verwachsen...

Unter der Bevölkerung herrscht eine trübe und erregte Stimmung, jeder Tag bringt neue Hiobsposten von verkrachten Unternehmungen, schurkischen Aufsichtsräten, die durchgebrannt sind oder sich noch rasch erschossen haben, ruinierten Aktionären und dergleichen mehr. Man fraternisiert mit anderen Mitverkrachten und ist beständig von Leuten umringt, die über Hypotheken, Bodenwerte, Aktien, gestohlene Depositen, sichere und unsichere Papiere reden. Die ganze Atmosphäre hat eine kapitalistische Note bekommen, die ungemein wohltuend ist. Unsere Popularität ist ins ungeheure gestiegen, wir gelten zum mindesten für Millionäre, weil wir unsere Verluste mit Würde tragen, und haben schrankenlosen Kredit. So läßt sich‘s ganz gut leben.

Lukas ist nicht mehr da. Und Baumann hofft immer noch, mich einmal weiteranalysieren zu können, aber ich glaube, es ist nicht mehr nötig. Denn mein Geldkomplex...

Ich gehöre jetzt selbst zu den Gläubigern — der verkrachten Bank natürlich —, und das gibt dem Geld gegenüber einen ganz anderen Gesichtspunkt. Wer weiß, ob es mich nicht doch noch respektieren lernt, wie es eben nur Gläubiger respektiert, und auf ebenso unwahrscheinliche Weise wiederkehrt, wie es sich verabschiedet hat.

Leb wohl, ich will mit Gottfried zum Schneider. Es schadet meinem Ansehen, daß er immer und immer noch ohne Überzieher herumläuft. Und um vier Uhr muß ich zu einer Gläubigerversammlung.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
110 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain