Kitabı oku: «Die Piccolomini», sayfa 6
Fünfter Auftritt
Kellermeister mit Neumann vorwärts kommend. Bediente gehen ab und zu.
Kellermeister
Der edle Wein! Wenn meine alte Herrschaft,
Die Frau Mama, das wilde Leben säh',
In ihrem Grabe kehrte sie sich um! —
Ja! Ja! Herr Offizier! Es geht zurück
Mit diesem edeln Haus – Kein Maß noch Ziel!
Und die durchlauchtige Verschwägerung
Mit diesem Herzog bringt uns wenig Segen.
Neumann
Behüte Gott! Jetzt wird der Flor erst angehn.
Kellermeister
Meint Er? Es ließ' sich vieles davon sagen.
Bedienter. (kommt.)
Burgunder für den vierten Tisch!
Kellermeister
Das ist
Die siebenzigste Flasche nun, Herr Leutnant.
Bedienter
Das macht, der deutsche Herr, der Tiefenbach,
Sitzt dran.
(Geht ab.)
Kellermeister. (zu Neumann fortfahrend)
Sie wollen gar zu hoch hinaus. Kurfürsten
Und Königen wollen sie's im Prunke gleichtun,
Und wo der Fürst sich hingetraut, da will der Graf,
Mein gnäd'ger Herre, nicht dahintenbleiben.
(Zu den Bedienten.)
Was steht ihr horchen? Will euch Beine machen.
Seht nach den Tischen, nach den Flaschen! Da!
Graf Palffy hat ein leeres Glas vor sich!
Zweiter Bedienter. (kommt)
Den großen Kelch verlandt man, Kellermeister,
Den reichen, güldnen, mit dem böhm'schen Wappen,
Ihr wißt schon welchen, hat der Herr gesagt.
Kellermeister
Der auf des Friedrichs seine Königskrönung
Vom Meister Wilhelm ist verfertigt worden,
Das schöne Prachtstück aus der Prager Beute?
Zweiter Bedienter
Ja, den! Den Umtrunk wollen sie mit halten.
Kellermeister. (mit Kopfschütteln, indem er den Pokal hervorholt und ausspült)
Das gibt nach Wien was zu berichten wieder!
Neumann
Zeigt! Das ist eine Pracht von einem Becher!
Von Golde schwer und in erhabner Arbeit
Sind kluge Dinge zierlich drauf gebildet.
Gleich auf dem ersten Schildlein, laßt mal sehn!
Die stolze Amazone da zu Pferd,
Die übern Krummstab setzt und Bischofsmützen,
Auf einer Stange trägt sie einen Hut,
Nebst einer Fahn', worauf ein Kelch zu sehn.
Könnt Ihr mir sagen, was das all bedeutet?
Kellermeister
Die Weibsperson, die ihr da seht zu Roß,
Das ist die Wahlfreiheit der böhm'schen Kron'.
Das wird bedeutet durch den runden Hut
Und durch das wilde Roß, auf dem sie reitet.
Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer
Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaisern
Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.
Neumann
Was aber soll der Kelch da auf der Fahn'?
Kellermeister
Der Kelch bezeugt die böhm'sche Kirchenfreiheit,
Wie sie gewesen zu der Väter Zeit.
Die Väter im Hussitenkrieg erstritten
Sich dieses schöne Vorrecht übern Papst,
Der keinem Laien gönnen will den Kelch.
Nichts geht dem Utraquisten übern Kelch,
Es ist sein köstlich Kleinod, hat dem Böhmen
Sein teures Blut in mancher Schlacht gekostet.
Neumann
Was sagt die Rolle, die da drüber schwebt?
Kellermeister
Den böhm'schen Majestätsbrief zeigt sie an,
Den wir dem Kaiser Rudolf abgezwungen,
Ein köstlich unschätzbares Pergament,
Das frei Geläut' und offenen Gesang
Dem neuen Glauben sichert wie dem alten.
Doch seit der Grätzer über uns regiert,
Hat das ein End', und nach der Prager Schlacht,
Wo Pfalzgraf Friedrich Kron' und Reich verloren,
Ist unser Glaub' um Kanzel und Altar,
Und unsre Brüder sehen mit dem Rücken
Die Heimat an, den Majestätsbrief aber
Zerschnitt der Kaiser selbst mit seiner Schere.
Neumann
Das alles wißt Ihr! Wohl bewandert seid Ihr
In Eures Landes Chronik, Kellermeister.
Kellermeister
Drum waren meine Ahnherrn Taboriten
Und dienten unter dem Prokop und Ziska.
Fried' sei mit ihrem Staube! Kämpften sie
Für eine gute Sache doch – Tragt fort !
Neumann
Erst laßt mich noch das zweite Schildlein sehn.
Sieh doch, das ist, wie auf dem Prager Schloß
Des Kaisers Räte Martinitz, Slawata
Kopf unter sich herabgestürzet werden.
Ganz recht! Da steht Graf Thurn, der es befiehlt.
(Bedienter geht mit dem Kelch.)
Kellermeister
Schweigt mir von diesem Tag, es war der drei-
Undzwanzigste des Mais, da man eintausen-
Sechshundert schrieb und achtzehn. Ist mir's doch,
Als wär' es heut, und mit dem Unglückstag
Fing's an, das große Herzeleid des Landes.
Seit diesem Tag, es sind jetzt sechzehn Jahr,
Ist nimmer Fried' gewesen auf der Erden —
(An der zweiten Tafel wird gerufen:)
Der Fürst von Weimar!
(An der dritten und vierten Tafel:)
Herzog Bernhard lebe!
(Musik fällt ein.)
Erster Bedienter
Hört den Tumult!
Zweiter Bedienter. (kommt gelaufen)
Habt ihr gehört? Sie lassen
den Weimar leben!
Dritter Bedienter
Östreichs Feind!
Erster Bedienter
Den Lutheraner!
Zweiter Bedienter
Vorhin, da bracht' der Deodat des Kaisers
Gesundheit aus, da blieb's ganz mäuschenstille.
Kellermeister
Beim Trunk geht vieles drein. Ein ordentlicher
Bedienter muß kein Ohr für so was haben.
Dritter Bedienter. (beiseite zum vierten)
Paß ja wohl auf, Johann, daß wir dem Pater
Quiroga recht viel zu erzählen haben;
Er will dafür uns auch viel Ablaß geben.
Vierter Bedienter
Ich mach mir an des Illo seinem Stuhl
Deswegen auch zu tun, soviel ich kann,
Der führt dir gar verwundersame Reden.
(Gehen zu den Tafeln.)
Kellermeister. (zu Neumann)
Wer mag der schwarze Herr sein mit dem Kreuz,
Der mit Graf Palffy so vertraulich schwatzt?
Neumann
Das ist auch einer, dem sie zu viel trauen,
Maradas nennt er sich, ein Spanier.
Kellermeister
's ist nichts mit den Hispaniern, sag ich Euch,
Die Welschen alle taugen nichts.
Neumann
Ei! Ei!
So solltet Ihr nicht sprechen, Kellermeister.
Es sind die ersten Generale drunter,
Auf die der Herzog just am meisten hält.
(Terzky kommt und holt das Papier ab, an den Tafeln entsteht eine Bewegung.)
Kellermeister. (zu den Bedienten)
Der Generalleutnant steht auf. Gebt acht!
Sie machen Aufbruch. Fort und rückt die Sessel.
(Die Bedienten eilen nach hinten, ein Teil der Gäste kommt vorwärts.)
Sechster Auftritt
Octavio Piccolomini kommt im Gespräch mit Maradas, und beide stellen sich ganz vorne hin auf eine Seite des Proszeniums. Auf die entgegengesetzte Seite tritt Max Piccolomini, allein, in sich gekehrt und ohne Anteil an der übrigen Handlung. Den mittlern Raum zwischen beiden, doch einige Schritte mehr zurück, erfüllen Buttler, Isolani, Götz, Tiefenbach, Colalto und bald darauf Graf Terzky.
Isolani. (während daß die Gesellschaft vorwärts kommt)
Gut' Nacht! – Gut' Nacht, Colalto – Generalleutnant,
Gut' Nacht! Ich sagte besser, guten Morgen.
Götz. (zu Tiefenbach)
Herr Bruder! Prosit Mahlzeit!
Tiefenbach
Das war ein königliches Mahl!
Götz
Ja, die Frau Gräfin
Versteht's. Sie lernt' es ihrer Schwieger ab,
Gott hab' sie selig! Das war eine Hausfrau!
Isolani. (will weggehen)
Lichter! Lichter!
Terzky. (kommt mit der Schrift zu Isolani)
Herr Bruder! Zwei Minuten noch. Hier ist
Noch was zu unterschreiben.
Isolani
Unterschreiben,
Soviel Ihr wollt! Verschont mich nur mit Lesen.
Terzky
Ich will Euch nicht bemühn. Es ist der Eid,
Den Ihr schon kennt. Nur einige Federstriche.
(Wie Isolani die Schrift dem Octavio hinreicht.)
Wie's kommt! Wen's eben trifft! Es ist kein Rang hier.
(Octavio durchläuft die Schrift mit anscheinender Gleichgültigkeit. Terzky beobachtet ihn von weitem.)
Götz. (zu Terzky)
Herr Graf! Erlaubt mir, daß ich mich empfehle.
Terzky
Eilt doch nicht so – Noch einen Schlaftrunk – He!
(Zu den Bedienten.)
Götz
Bin's nicht im Stand.
Terzky
Ein Spielchen.
Götz
Excusiert mich!
Tiefenbach. (setzt sich)
Vergebt, ihr Herrn. Das Stehen wird mir sauer.
Terzky
Macht's Euch bequem, Herr Generalfeldzeugmeister!
Tiefenbach
Das Haupt ist frisch, der Magen ist gesund,
Die Beine wollen aber nicht mehr tragen.
Isolani. (auf seine Korpulenz zeigend)
Ihr habt die Last auch gar zu groß gemacht.
(Octavio hat unterschrieben und reicht Terzky die Schrift, der sie dem Isolani gibt. Dieser geht an den Tisch, zu unterschreiben.)
Tiefenbach
Der Krieg in Pommern hat mir's zugezogen,
Da mußten wir heraus in Schnee und Eis,
Das werd ich wohl mein Lebtag nicht verwinden.
Götz
Jawohl! Der Schwed' frug nach der Jahreszeit nichts.
(Terzky reicht das Papier an Don Maradas; dieser geht an den Tisch, zu unterschreiben.)
Octavio. (nähert sich Buttlern)
Ihr liebt die Bacchusfeste auch nicht sehr,
Herr Oberster! Ich hab es wohl bemerkt,
Und würdet, deucht mir, besser Euch gefallen
Im Toben einer Schlacht als eines Schmauses.
Buttler
Ich muß gestehen, es ist nicht in meiner Art.
Octavio. (zutraulich näher tretend)
Auch nicht in meiner, kann ich Euch versichern,
Und mich erfreut's, sehr würd'ger Oberst Buttler,
Daß wir uns in der Denkart so begegnen.
Ein halbes Dutzend guter Freunde höchstens
Um einen kleinen, runden Tisch, ein Gläschen
Tokaierwein, ein offnes Herz dabei
Und ein vernünftiges Gespräch – so lieb ich's!
Buttler
Ja, wenn man's haben kann, ich halt es mit.
(Das Papier kommt an Buttlern, der an den Tisch geht, zu unterschreiben. Das Proszenium wird leer, so daß beide Piccolomini, jeder auf seiner Seite, allein stehen bleiben.)
Octavio. (nachdem er seinen Sohn eine Zeitlang aus der Ferne stillschweigend betrachtet, nähert sich ihm ein wenig)
Du bist sehr lange ausgeblieben, Freund.
Max. (wendet sich schnell um, verlegen)
Ich – dringende Geschäfte hielten mich.
Octavio
Doch, wie ich sehe, bist du noch nicht hier?
Max
Du weißt, daß groß Gewühl mich immer still macht.
Octavio. (rückt ihm noch näher)
Ich darf nicht wissen, was so lang dich aufhielt?
(Listig.)
– Und Terzky weiß es doch.
Max
Was weiß der Terzky?
Octavio. (bedeutend)
Er war der einz'ge, der dich nicht vermißte.
Isolani. (der von weitem achtgegeben, tritt dazu.)
Recht, alter Vater! Fall ihm ins Gepäck!
Schlag die Quartier' ihm auf! Es ist nicht richtig.
Terzky. (kommt mit der Schrift)
Fehlt keiner mehr? Hat alles unterschrieben?
Octavio
Es haben's alle.
Terzky. (rufend)
Nun! Wer unterschreibt noch?
Buttler. (zu Terzky)
Zähl nach! Just dreißig Namen müssen's sein.
Terzky
Ein Kreuz steht hier.
Tiefenbach
Das Kreuz bin ich.
Isolani. (zu Terzky)
Er kann nicht schreiben, doch sein Kreuz ist gut
Und wird ihm honoriert von Jud und Christ.
Octavio. (pressiert zu Max)
Gehn wir zusammen, Oberst. Es wird spät.
Terzky
Ein Piccolomini ist nur aufgeschrieben.
Isolani. (auf Max zeigend)
Gebt acht! Es fehlt an diesem steinernen Gast,
Der uns den ganzen Abend nichts getaugt.
(Max empfängt aus Terzkys Händen das Blatt, in welches er
gedankenlos hineinsieht.)
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Illo kommt aus dem hintern Zimmer, er hat den goldnen Pokal in der Hand und ist sehr erhitzt, ihm folgen Götz und Buttler, die ihn zurückhalten wollen.
Illo
Was wollt ihr? Laßt mich.
Götz und Buttler
Illo! Trinkt nicht mehr.
Illo. (geht auf den Octavio zu und umarmt ihn, trinkend)
Octavio! Das bring ich dir! Ersäuft
Sei aller Groll in diesem Bundestrunk!
Weiß wohl, du hast mich nie geliebt – Gott straf' mich,
Und ich dich auch nicht! Laß Vergangenes
Vergessen sein! Ich schätze dich unendlich,
(ihn zu wiederholten Malen küssend)
Ich bin dein bester Freund, und, daß ihr's wißt!
Wer mir ihn eine falsche Katze schilt,
Der hat's mit mir zu tun.
Terzky. (beiseite)
Bist du bei Sinnen?
Bedenk doch, Illo, wo du bist!
Illo. (treuherzig)
Was wollt Ihr? Es sind lauter gute Freunde.
(Sich mit vergnügtem Gesicht im ganzen Kreise umsehend.)
Es ist kein Schelm hier unter uns, das freut mich.
Terzky. (zu Buttler, dringend)
Nehmt ihn doch mit Euch fort! Ich bitt Euch, Buttler.
(Buttler führt ihn an den Schenktisch.)
Isolani. (zu Max, der bisher unverwandt, aber gedankenlos in das Papier gesehen)
Wird's bald, Herr Bruder? Hat Er's durchstudiert?
Max. (wie aus einem Traum erwachend)
Was soll ich?
Terzky und Isolani. (zugleich)
Seinen Namen drunter setzen.
(Man sieht den Octavio ängstlich gespannt den Blick auf ihn richten.)
Max. (gibt es zurück)
Laßt's ruhn bis morgen. Es ist ein Geschäft,
Hab heute keine Fassung. Schickt mir's morgen.
Terzky
Bedenk' Er doch —
Isolani
Frisch! Unterschrieben! Was!
Er ist der jüngste von der ganzen Tafel,
Wird ja allein nicht klüger wollen sein
Als wir zusammen? Seh' Er her! Der Vater
Hat auch, wir haben alle unterschrieben.
Terzky. (zum Octavio)
Braucht Euer Ansehn doch. Bedeutet ihn.
Octavio
Mein Sohn ist mündig.
Illo. (hat den Pokal auf den Schenktisch gesetzt)
Wovon ist die Rede?
Terzky
Er weigert sich, das Blatt zu unterschreiben.
Max
Es wird bis morgen ruhen können, sag ich.
Illo
Es kann nicht ruhn. Wir unterschrieben alle,
Und du mußt auch, du mußt dich unterschreiben.
Max
Illo, schlaf wohl.
Illo
Nein! So entkömmst du nicht!
Der Fürst soll seine Freunde kennenlernen.
(Es sammeln sich alle Gäste um die beiden.)
Max
Wie ich für ihn gesinnt bin, weiß der Fürst,
Es wissen's alle, und der Fratzen braucht's nicht.
Illo
Das ist der Dank, das hat der Fürst davon,
Daß er die Welschen immer vorgezogen!
Terzky. (in höchster Verlegenheit zu den Kommandeurs, die einen Auflauf machen)
Der Wein spricht aus ihm! Hört ihn nicht, ich bitt euch.
Isolani. (lacht)
Der Wein erfindet nichts, er schwatzt's nur aus.
Illo
Wer nicht ist mit mir, der ist wider mich.
Die zärtlichen Gewissen! Wenn sie nicht
Durch eine Hintertür, durch eine Klausel —
Terzky. (fällt schnell ein)
Er ist ganz rasend, gebt nicht acht auf ihn.
Illo. (lauter schreiend)
Durch eine Klausel sich salvieren können.
Was Klausel? Hol' der Teufel diese Klausel —
Max. (wird aufmerksam und sieht wieder in die Schrift)
Was ist denn hier so hoch Gefährliches?
Ihr macht mir Neugier, näher hinzuschaun.
Terzky. (beiseite zu Illo)
Was machst du, Illo? Du verderbest uns!
Tiefenbach. (zu Colalto)
Ich merkt' es wohl, vor Tische las man's anders.
Götz
Es kam mir auch so vor.
Isolani
Was ficht das mich an?
Wo andre Namen, kann auch meiner stehn.
Tiefenbach
Vor Tisch war ein gewisser Vorbehalt
Und eine Klausel drin von Kaisers Dienst.
Buttler. (zu einem der Kommandeurs)
Schämt euch, ihr Herrn! Bedenkt, worauf es ankommt.
Die Frag' ist jetzt, ob wir den General
Behalten sollen oder ziehen lassen?
Man kann's so scharf nicht nehmen und genau.
Isolani. (zu einem der Generale)
Hat sich der Fürst auch so verklausuliert,
Als er dein Regiment dir zugeteilt?
Terzky. (zu Götz)
Und Euch die Lieferungen, die an tausend
Pistolen Euch in einem Jahre tragen?
Illo
Spitzbuben selbst, die uns zu Schelmen machen!
Wer nicht zufrieden ist, der sag's! Da bin ich!
Tiefenbach
Nun! Nun! Man spricht ja nur.
Max. (hat gelesen und gibt das Papier zurück)
Bis morgen also!
Illo. (vor Wut stammelnd und seiner nicht mehr mächtig,
hält ihm mit der einen Hand die Schrift, mit der andern
den Degen vor)
Schreib – Judas!
Isolani
Pfui, Illo!
Octavio, Terzky, Buttler. (zugleich)
Degen weg!
Max. (ist ihm rasch in den Arm gefallen und hat ihn entwaffnet, zu Graf Terzky)
Bring ihn zu Bette!
(Er geht ab. Illo, fluchend und scheltend, wird von einigen Kommandeurs gehalten, unter allgemeinem Aufbruch fällt der Vorhang.)
Fünfter Aufzug
Szene: Ein Zimmer in Piccolominis Wohnung. Es ist Nacht.
Erster Auftritt
Octavio Píccolomini. Kammerdiener leuchtet. Gleich darauf Max Piccolomini.
Octavio
Sobald mein Sohn herein ist, weiset ihn
Zu mir – Was ist die Glocke?
Kammerdiener
Gleich ist's Morgen.
Octavio
Setzt Euer Licht hieher – Wie legen uns
Nicht mehr zu Bette, Ihr könnt schlafen gehn.
(Kammerdiener ab. Octavio geht nachdenkend durchs Zimmer. Max
Piccolomini tritt auf, nicht gleich von ihm bemerkt, und sieht
ihm einige Augenblicke schweigend zu.)
Max
Bist du mir bös, Octavio? Weiß Gott,
Ich bin nicht schuld an dem verhaßten Streit.
– Ich sah wohl, du hattest unterschrieben;
Was du gebilliget, das konnte mir
Auch recht sein – doch es war – du weißt – ich kann
In solchen Sachen nur dem eignen Licht,
Nicht fremdem folgen.
Octavio. (geht auf ihn zu und umarmt ihm)
Folg ihm ferner auch,
Mein bester Sohn! Es hat dich treuer jetzt
Geleitet als das Beispiel deines Vaters.
Max
Erklär dich deutlicher.
Octavio
Ich werd es tun.
Nach dem, was diese Nacht geschehen ist,
Darf kein Geheimnis bleiben zwischen uns.
(Nachdem beide sich niedergesetzt.)
Max, sage mir, was denkst du von dem Eid,
Den man zur Unterschrift uns vorgelegt?
Max
Für etwas Unverfänglich's halt ich ihn,
Obgleich ich dieses Förmliche nicht liebe.
Octavio
Du hättest dich aus keinem andern Grunde
Der abgedrungnen Unterschrift geweigert?
Max
Es war ein ernst Geschäft – ich war zerstreut —
Die Sache selbst erschien mir nicht so dringend —
Octavio
Sei offen, Max. Du hattest keinen Argwohn —
Max
Worüber Argwohn? Nicht den mindesten.
Octavio
Dank's deinem Engel, Piccolomini!
Unwissend zog er dich zurück vom Abgrund.
Max
Ich weiß nicht, was du meinst.
Octavio
Ich will dir's sagen:
Zu einem Schelmenstück solltest du den Namen
Hergeben, deinen Pflichten, deinem Eid
Mit einem einz'gen Federstrich entsagen.
Max. (steht auf)
Octavio!
Octavio
Bleib sitzen. Viel noch hast du
Von mir zu hören, Freund, hast jahrelang
Gelebt in unbegreiflicher Verblendung.
Das schwärzeste Komplott entspinnet sich
Vor deinen Augen, eine Macht der Hölle
Umnebelt deiner Sinne hellen Tag —
Ich darf nicht länger schweigen, muß die Binde
Von deinen Augen nehmen.
Max
Eh' du sprichst,
Bedenk es wohl! Wenn von Vermutungen
Die Rede sein soll – und ich fürchte fast,
Es ist nichts weiter – Spare sie! Ich bin
Jetzt nicht gefaßt, sie ruhig zu vernehmen.
Octavio
So ernsten Grund du hast, dies Licht zu fliehn,
So dringendern hab ich, daß ich dir's gebe.
Ich konnte dich der Unschuld deines Herzens,
Dem eignen Urteil ruhig anvertraun,
Doch deinem Herzen selbst seh ich das Netz
Verderblich jetzt bereiten – Das Geheimnis,
(ihn scharf mit den Augen fixierend)
Das du vor mir verbirgst, entreißt mir meines.
Max. (versucht zu antworten, stockt aber und schlägt den Blick verlegen zu Boden)
Octavio. (nach einer Pause)
So wisse denn! Man hintergeht dich – spielt
Aufs schändlichste mit dir und mit uns allen.
Der Herzog stellt sich an, als wollt' er die
Armee verlassen; und in dieser Stunde
Wird's eingeleitet, die Armee dem Kaiser
– Zu stehlen und dem Feinde zuzuführen!
Max
Das Pfaffenmärchen kenn ich, aber nicht
Aus deinem Mund erwartet' ich's zu hören.
Octavio
Der Mund, aus dem du's gegenwärtig hörst,
Verbürget dir, es sei kein Pfaffenmärchen.
Max
Zu welchem Rasenden macht man den Herzog!
Er könnte daran denken, dreißigtausend
Geprüfter Truppen, ehrlicher Soldaten,
Worunter mehr denn tausend Edelleute,
Von Eid und Pflicht und Ehre wegzulocken,
Zu einer Schurkentat sie zu vereinen?
Octavio
So was nichtswürdig Schändliches begehrt
Er keinesweges – Was er von uns will,
Führt einen weit unschuldigeren Namen.
Nichts will er, als dem Reich den Frieden schenken;
Und weil der Kaiser diesen Frieden haßt,
So will er ihn – er will ihn dazu zwingen!
Zufriedenstellen will er alle Teile
Und zum Ersatz für seine Mühe Böhmen,
Das er schon innehat, für sich behalten.
Max
Hat er's um uns verdient, Octavio,
Daß wir – wir so unwürdig von ihm denken?
Octavio
Von unserm Denken ist hier nicht die Rede.
Die Sache spricht, die kläresten Beweise.
Mein Sohn! Dir ist nicht unbekannt, wie schlimm
Wir mit dem Hofe stehn – doch von den Ränken,
Den Lügenkünsten hast du keine Ahnung,
Die man in Übung setzte, Meuterei
Im Lager auszusäen. Aufgelöst
Sind alle Bande, die den Offizier
An seinen Kaiser fesseln, den Soldaten
Vertraulich binden an das Bürgerleben.
Pflicht – und gesetzlos steht er gegenüber
Dem Staat gelagert, den er schützen soll,
Und drohet, gegen ihn das Schwert zu kehren.
Es ist so weit gekommen, daß der Kaiser
In diesem Augenblick vor seinen eignen
Armeen zittert – der Verräter Dolche
In seiner Hauptstadt fürchtet – seiner Burg;
Ja im Begriffe steht, die zarten Enkel
Nicht vor den Schweden, vor den Lutheranern
– Nein! vor den eignen Truppen wegzuflüchten.
Max
Hör auf! Du ängstigest, erschütterst mich.
Ich weiß, daß man vor leeren Schrecken zittert;
Doch wahres Unglück bringt der falsche Wahn.
Octavio
Es ist keinWahn. Der bürgerliche Krieg
Entbrennt, der unnatürlichste von allen,
Wenn wir nicht, schleunig rettend, ihm begegnen.
Der Obersten sind viele längst erkauft,
Der Subalternen Treue wankt; es wanken
Schon ganze Regimenter, Garnisonen.
Ausländern sind die Festungen vertraut,
Dem Schafgotsch, dem verdächtigen, hat man
Die ganze Mannschaft Schlesiens, dem Terzky
Fünf Regimenter, Reiterei und Fußvolk,
Dem Illo, Kinsky, Buttler, Isolan
Die bestmontierten Truppen übergeben.
Max
Uns beiden auch.
Octavio
Weil man uns glaubt zu haben,
Zu locken meint durch glänzende Versprechen.
So teilt er mir die Fürstentümer Glatz
Und Sagan zu, und wohl seh ich den Angel,
Womit man dich zu fangen denkt.
Max
Nein! Nein!
Nein, sag ich dir!
Octavio
Oh! öffne doch die Augen!
Weswegen, glaubst du, daß man uns nach Pilsen
Beorderte? Um mit uns Rat zu pflegen?
Wann hätte Friedland unsers Rats bedurft?
Wir sind berufen, uns ihm zu verkaufen,
Und weigern wir uns – Geisel ihm zu bleiben.
Deswegen ist Graf Gallas weggeblieben —
Auch deinen Vater sähest du nicht hier,
Wenn höhre Pflicht ihn nicht gefesselt hielt.
Max
Er hat es keinen Hehl, daß wir um seinetwillen
Hieher berufen sind – gestehet ein,
Er brauche unsers Arms, sich zu erhalten.
Er tat so viel für uns, und so ist's Pflicht,
Daß wir jetzt auch für ihn was tun!
Octavio
Und weißt du,
Was dieses ist, das wir für ihn tun sollen?
Des Illo trunkner Mut hat dir's verraten.
Besinn dich doch, was du gehört, gesehn.
Zeugt das vefälschte Blatt, die weggelaßne,
So ganz entscheidungsvolle Klausel nicht,
Man wollte zu nichts Gutem uns verbinden?
Max
Was mit dem Blatte diese Nacht geschehn,
Ist mir nichts weiter als ein schlechter Streich
Von diesem Illo. Dies Geschlecht von Mäklern
Pflegt alles auf die Spitze gleich zu stellen.
Sie sehen, daß der Herzog mit dem Hof
Zerfallen ist, vermeinen ihm zu dienen,
Wenn sie den Bruch unheilbar nur erweitern.
Der Herzog, glaub mir, weiß von all dem nichts.
Octavio
Es schmerzt mich, deinen Glauben an den Mann,
Der dir so wohlgegründet scheint, zu stürzen.
Doch hier darf keine Schonung sein – du mußt
Maßregeln nehmen, schleunige, mußt handeln.
– Ich will dir also nur gestehn – daß alles,
Was ich dir jetzt vertraut, was so unglaublich
Dir scheint, daß – daß ich es aus seinem eignen,
– Des Fürsten Munde habe.
Max. (in heftiger Bewegung)
Nimmermehr!
Octavio
Er selbst vertraute mir – was ich zwar längst
Auf anderm Weg schon in Erfahrung brachte:
Daß er zum Schweden wolle übergehn
Und an der Spitze des verbundnen Heers
Den Kaiser zwingen wolle —
Max
Er ist heftig,
Es hat der Hof empfindlich ihn beleidigt;
In einem Augenblick des Unmuts, sei's!
Mag er sich leicht einmal vergessen haben.
Octavio
Bei kaltem Blute war er, als er mir
Dies eingestand; und weil er mein Erstaunen
Als Furcht auslegte, wies er im Vertraun
Mir Briefe vor, der Schweden und der Sachsen,
Die zu bestimmter Hilfe Hoffnung geben.
Max
Es kann nicht sein! kann nicht sein! kann nicht sein!
Siehst du, daß es nicht kann! Du hättest ihm
Notwendig deinen Abscheu ja gezeigt,
Er hätt' sich weisen lassen, oder du
– Du stündest nicht mehr lebend mir zur Seite!
Octavio
Wohl hab ich mein Bedenken ihm geäußert,
Hab dringend, hab mit Ernst ihn abgemahnt;
– Doch meinen Abscheu, meine innerste
Gesinnung hab ich tief versteckt.
Max
Du wärst
So falsch gewesen? Das sieht meinem Vater
Nicht gleich! Ich glaubte deinen Worten nicht,
Da du von ihm mir Böses sagtest; kann's
Noch wen'ger jetzt, da du dich selbst verleumdest.
Octavio
Ich drängte mich nicht selbst in sein Geheimnis.
Max
Aufrichtigkeit verdiente sein Vertraun.
Octavio
Nicht würdig war er meiner Wahrheit mehr.
Max
Noch minder würdig deiner war Betrug.
Octavio
Mein bester Sohn! Es ist nicht immer möglich,
Im Leben sich so kinderrein zu halten,
Wie's uns die Stimme lehrt im Innersten.
In steter Notwehr gegen arge List
Bleibt auch das redliche Gemüt nicht wahr —
Das eben ist der Fluch der bösen Tat,
Daß sie, fortzeugend, immer Böses muß gebären.
Ich klügle nicht, ich tue meine Pflicht,
Der Kaiser schreibt mir mein Betragen vor.
Wohl wär' es besser, überall dem Herzen
Zu folgen, doch darüber würde man
Sich manchen guten Zweck versagen müssen.
Hier gilt's, mein Sohn, dem Kaiser wohl zu dienen,
Das Herz mag dazu sprechen, was es will.
Max
Ich soll dich heut nicht fassen, nicht verstehn.
Der Fürst, sagst du, entdeckte redlich dir sein Herz
Zu einem bösen Zweck, und du willst ihn
Zu einem guten Zweck betrogen haben!
Hör auf! ich bitte dich – du raubst den Freund
Mir nicht – Laß mich den Vater nicht verlieren!
Octavio. (unterdrückt seine Empfindlichkeit)
Noch weißt du alles nicht, mein Sohn. Ich habe
Dir noch was zu eröffnen.
(Nach einer Pause.)
Herzog Friedland
Hat seine Zurüstung gemacht. Er traut
Auf seine Sterne. Unbereitet denkt er uns
Zu überfallen – mit der sichern Hand
Meint er den goldnen Zirkel schon zu fassen.
Er irret sich – Wir haben auch gehandelt.
Er faßt sein bös geheimnisvolles Schicksal.
Max
Nichts Rasches, Vater! Oh! bei allem Guten
Laß dich beschwören. Keine Übereilung!
Octavio
Mit leisen Tritten schlich er seinen bösen Weg,
So leis und schlau ist ihm die Rache nachgeschlichen.
Schon steht sie ungesehen, finster hinter ihm,
Ein Schritt nur noch, und schaudernd rühret er sie an.
– Du hast den Questenberg bei mir gesehn;
Noch kennst du nur sein öffentlich Geschäft —
Auch ein geheimes hat er mitgebracht,
Das bloß für mich war.
Max
Darf ich's wissen?
Octavio
Max!
– Des Reiches Wohlfahrt leg ich mit dem Worte,
Des Vaters Leben dir in deine Hand.
Der Wallenstein ist deinem Herzen teuer,
Ein starkes Band der Liebe, der Verehrung
Knüpft seit der frühen Jugend dich an ihn —
Du nährst den Wunsch – Oh! laß mich immerhin
Vorgreifen deinem zögernden Vertrauen —
Die Hoffnung nährst du, ihm viel näher noch
Anzugehören.
Max
Vater —
Octavio
Deinem Herzen trau ich,
Doch, bin ich deiner Fassung auch gewiß?
Wirst du's vermögen, ruhigen Gesichts
Vor diesen Mann zu treten, wenn ich dir
Sein ganz Geschick nun anvertrauet habe?
Max
Nachdem du seine Schuld mir anvertraut!
Octavio. (nimmt ein Papier aus der Schatulle und reicht es ihm hin)
Max
Was? Wie? Ein offner kaiserlicher Brief.
Octavio
Lies ihn.
Max. (nachdem er einen Blick hineingeworfen)
Der Fürst verurteilt und geächtet!
Octavio
So ist's.
Max
Oh! das geht weit! O unglücksvoller Irrtum!
Octavio
Lies weiter! Faß dich!
Max. (nachdem er weitergelesen, mit einem Blick des Erstaunens auf seinen Vater)
Wie? Was? Du? Du bist —
Octavio
Bloß für den Augenblick – und bis der König
Von Ungarn bei dem Heer erscheinen kann,
Ist das Kommando mir gegeben —
Max
Und glaubst du, daß du's ihm entreißen werdest?
Das denke ja nicht – Vater! Vater! Vater!
Ein unglückselig Amt ist dir geworden.
Dies Blatt hier – dieses! willst du geltendmachen?
Den Mächtigen in seines Heeres Mitte,
Umringt von seinen Tausenden, entwaffnen?
Du bist verloren – Du, wir alle sind's!
Octavio
Was ich dabei zu wagen habe, weiß ich.
Ich stehe in der Allmacht Hand; sie wird
Das fromme Kaiserhaus mit ihrem Schilde
Bedecken und das Werk der Nacht zertrümmern.
Der Kaiser hat noch treue Diener, auch im Lager
Gibt es der braven Männer gnug, die sich
Zur guten Sache munter schlagen werden.
Die Treuen sind gewarnt, bewacht die andern,
Den ersten Schritt erwart ich nur, sogleich —
Max
Auf den Verdacht hin willst du rasch gleich handeln?
Octavio
Fern sei vom Kaiser die Tyrannenweise!
Den Willen nicht, die Tat nur will er strafen.
Noch hat der Fürst sein Schicksal in der Hand —
Er lasse das Verbrechen unvollführt,
So wird man ihn still vom Kommando nehmen,
Er wird dem Sohne seines Kaisers weichen.
Ein ehrenvoll Exil auf seine Schlösser
Wird Wohltat mehr als Strafe für ihn sein.
Jedoch der erste offenbare Schritt —
Max
Was nennst du einen solchen Schritt? Er wird
Nie einen bösen tun. – Du aber könntest
(Du hast's getan) den frömmsten auch mißdeuten.
Octavio
Wie strafbar auch des Fürsten Zwecke waren,
Die Schritte, die er öffentlich getan,
Verstatteten noch eine milde Deutung.
Nicht eher denk ich dieses Blatt zu brauchen,
Bis eine Tat getan ist, die unwidersprechlich
Der Hochverrat bezeugt und ihn verdammt.
Max
Und wer soll Richter drüber sein?
Octavio
Du selbst.
Max
Oh! dann bedarf es dieses Blattes nie!
Ich hab dein Wort, du wirst nicht eher handeln,
Bevor du mich – mich selber überzeugt.
Octavio
Ist's möglich? Noch – nach allem, was du weißt,
Kannst du an seine Unschuld glauben?
Max. (lebhaft)
Dein Urteil kann sich irren, nicht mein Herz.
(Gemäßigter fortfahrend.)
Der Geist ist nicht zu fassen wie ein andrer.
Wie er sein Schicksal an die Sterne knüpft,
So gleicht er ihnen auch in wunderbarer,
Geheimer, ewig unbegriffner Bahn.
Glaub mir, man tut ihm Unrecht. Alles wird
Sich lösen. Glänzend werden wir den Reinen
Aus diesem schwarzen Argwohn treten sehn.
Octavio
Ich will's erwarten.